Beiträge von Maximus Decimus Meridius

    Hassen war wohl doch der falsche Ausdruck gewesen. Wenn er etwas erreicht hatte, dann das, dass sich Iulia nun Sorgen machte. Wunderbar, hatte er sich wieder etwas eingebrockt. Meridius atmete durch und sah sie unverändert an.


    "Hass ..."


    Er schüttelte den Kopf.


    "Nein, so wollte ich es nicht gesagt haben. Es ist wohl mein Schicksal, dass ich so viel zu tun habe. Vater ist früh von uns gegangen, ich hatte immer zu führen und zu koordinieren. Vielleicht sollte ich einfach auch mal abgeben. Und wenn dann eben hier keine große Feier stattfindet oder keine große Zeremonie, dann findet eben keine statt..."


    Etwas ruhiger gestimmt und nachdenklich sprach er weiter.


    "Mir fällt ein, dass wir noch ein Orakelweihrauch haben. Es war ein Hochzeitsgeschenk von Flavius Prudentius Balbus. Kannst Du Dich erinnern? Jetzt wo unter Deinem Herzen ein Kind herranwächst, könnten wir es nutzen."

    Sie schien überrascht und begeistert. Aber im Grunde brauchte man dafür auch kein Prophet zu sein, um diese Reaktion zu erwarten. Es war Sommer, Rom war ein Moloch, in der ganzen Stadt lag eine drückende Schwüle, welcher man kaum entkommen konnte. Jeder, welcher entsprechende Möglichkeiten hatte, verließ die Stadt um aufs Land zu ziehen. Alleine aus dem Senat kannte Meridius mehre Dutzend Senatoren, welche in den letzten Tagen mit Abwesenheit glänzten.


    "Sehr schön. Dann werde ich alles nötige in die Wege leiten. Wann möchtest Du abreisen? Wir könnten dies schon in den nächsten Tagen machen. Je eher, desto besser eigentlich."


    Er lachte. Der Gedanke war schön. Er würde Zeit finden um endlich einmal wieder zu lesen, was ihm Spaß machte, um sich den Pferden, dem Sport, Spaziergängen und Ausritten zu widmen, und natürlich seiner Gattin. Der Vorzug einer Schwangeren war, dass sie nicht mehr schwanger werden konnte. Vor seinem inneren Augen spielten sich schon leidenschaftliche erotische Szenen ab ...

    "Du könntest ja versuchen auf einem der schnelleren Schiffe mitzufahren. Alexandria ist der größte Hafen im Osten. In keinem anderen Hafen laufen so viele Schiffe ein. Du hast doch sicher noch Beziehungen aus Deiner Zeit in der Regionalverwaltung, oder? Ich bin mir sicher, dass Du in einer schnellen Kuriergaleere mitreisen kannst. Damit dürftest Du schnell unterwegs sein."


    Er hielt einen Moment inne.


    "Ich werde Dir das Schreiben in Dein Officium bringen lassen."

    Meridius wünschte dem Flavier das Beste. Seiner Heimat in diesem Zusammenhang ebenfalls. War der Kerl nicht unbeschreiblich jung? Und hatte dennoch so viel erreicht bisher. Nun gut, er war Patrizier, im Kreis der alten Eliten bekam er die entsprechenden Posten und Beziehungen schon mitgeliefert, auch wenn er unter den neuen Eliten dadurch umso mehr Anfeindungen auf sich nehmen musste. Doch wieviel Erfahrung brachte er mit um eine Provinz zu leiten? Praetor Urbanus in Rom zu sein war keine wirklich Herausforderung, denn die großen Zeiten des Senats und der Republik waren längst vorbei. Man erhielt die Krümel, welche der riesige Apparat des Kaisers übrig ließ. Eine Provinz zu leiten war jedoch anspruchsvoller, auch wenn Meridius zugestehen musste, dass der Flavier mit Hispania wohl eine der am meist romanisierten Provinzen erhalten würde. Nichts desto trotz war es seine eigene Heimat. Er würde Verus wohl einmal wieder schreiben müssen ...


    Meridius nickte und verstand. Besonders eilig hatte er es sowieso nicht. Kein Kommando, kein weiteres Amt, die Senatssitzungen waren überschaubar und der Tag war bisher recht angenehm gewesen.


    "Kein Problem."


    antwortet er und sah sich dann in dem Officium um.


    "Herrscht zur Zeit ein großer Andrang?"


    fragte er den Beamten um ein wenig zu plaudern.

    Titus hatte sicher recht. Es konnte nicht schaden, wenn er ihm zumindest einen Brief mitgab, in welchem er ihn mit den nötigen Vollmachten ausstattete. Menas wusste zwar Bescheid, aber es schadete nicht das ganze zu unterstreichen.


    "Du trägst doch sicher den Sigelring der Decima. Zusammen mit einem Schreiben meinerseits dürfte das kein Problem werden. Ich werde mich gleich nachher hinsetzen und ein entsprechendes aufsetzen."


    Er wurde nachdenklich.


    "Die Reise wird eine ganz schöne Weile dauern."

    Titus ging mit seinen Schlussfolgerungen schon weiter, als es Meridius überhaupt geplant hatte. Von mehreren Reisen war gar nicht die Rede und als seinen Vertreter in geschäftlichen Handelsangelegenheiten hatte er ihn gar nicht vorgesehen gehabt.


    "Nein, nein, Du bist zu schnell..."


    winkte er ab.


    "Darum geht es mir gar nicht. Du reist für die factio aurata nach Alexandria um Dich um die Wagen, Gespanne, Aurigae und Sklaven zu kümmern. Einer muss ja darauf achten, dass Dich sich keinen faulen Lenz machen. Ich vertraue da gut und gerne auf meine Verwandtschaft.


    Worum ich Dich jedoch in diesem Zusammenhang bitten möchte, und damit würden wir nun zum Geschäftlichen kommen ..."


    Er hielt einen Moment inne.


    "... wäre, dass Du Dir die Lage dort unten mal genauer anschaust. Einfach schauen. Mit offenen Augen. Dich umsehen. Sehen, was dieser Ioshua Hraluch in Alexandria für eine Geschäftsmann ist. Dich umhören, welchen Ruf er genießt, wie groß seine Geschäfte sind. Alles sehr dezent natürlich. Ich geh da gerne auf Nummer sicher, auch wenn ich weiß, dass er Hoflieferant des Kaisers ist und mir bisher immer zuverlässig die besten Stoffe geliefert hat. Doch hier geht es um keine Lieferung, sondern um eine Investition. Wenn Du verstehst was ich meine..."

    "So ist es!"


    Meridius nahm Platz, lehnte sich zurück und wartete einen Moment. Dann fuhr er fort, nahm dabei eine konzentrierte Haltung ein und betonte seine Worte so, dass es gleich klar wurde, dass es um eine Menge Geld gehen würde.


    "Fangen wir mit dem Geschäftlichen an. Dieser Araber, Tylusier, Iude, was auch immer, Ioshua Hraluch, Partner in spe, welcher auch das Rennen veranstaltet ist daran interessiert seine Geschäfte auszudehnen. Er denkt daran unter die Reeder zu gehen und auch einen Fernhandel zu betreiben. Ich habe vor, als stiller Teilhaber in dieses Geschäft einzusteigen. Habe ich schon erwähnt, dass er auch Pferde züchtet? Nicht? Gut, er tut es!


    Die Möglichkeiten, welche sich uns eröffnen sind enorm. Zum einen können wir in das Geschäft mit Alexandria einsteigen und Du weißt, wie viele Waren - vor allem Getreide - aus diesem Handelszentrum im Osten nach Ostia verschifft werden. Ich möchte mir ein Stück von diesem Kuchen abschneiden, wenn es möglich ist."

    Es waren keine Dämonen und der Senator hatte nichts an sich, was annähernd wie eine Beelzebul oder Engel der Finsternis aussah. Er erhob sich gerade vom Boden, nickte Titus zu und ging zu einer Schale mit erfrischendem Wasser, in welcher er seine Hände und Arme wusch, sich dann den Nacken und das Gesicht bespritzte und mit einem kleinen Leinentuch trockenrieb. Unter der Soldatentunika, welche er hin und wieder zu tragen pflegte, war zu erkennen, dass er sich seit seinem Abschied von den Legionen beinahe täglich fit gehalten hatte.


    "Gut dass Du kommst."


    Er deutete Titus an, dass er Platz nehmen könne.


    "In der Tat habe ich noch einige Dinge anzusprechen, die zum einen mit der factio aurata zu tun haben, zum anderen aber auch geschäftlicher Natur sind. Doch nimm erstmal Platz."


    Er warf das Tuch zu der Schale und der Sklave, welcher sich im Hintergrund gehalten hatte, trug die Waschutensilien ab. Der Senator hatte in der Zwischenzeit seinen Schreibtisch erreicht.

    Man hätte annehmen können, der Senator habe sich zu diesem Zeitpunkt an seinem Schreibtisch befunden um einige Dokumente zu studieren, oder aber er trinke gerade von seinem hispanischen Wein aus Tarraco oder widme sich einer seiner Leidenschaften, dem Sammeln von Keramik. Doch dem war nicht so. Aus dem Inneren des Officiums kam ein Stöhnen und Ächzen, tief wurde eingeatmet, dann wieder ausgeatmet und eine gepresste Stimme zählte langsam auf L. Dann war es plötzlich leise. Decimus Verus hörte für eine kleine Ewigkeit gar nichts, bis schließlich aus dem Inneren des Raumes ein kräftges 'Herrein' ertönte.


    Der Senator hatte sich seinen täglichen Leibesübungen hingegeben, zu welchen neben 50 Liegestütz auch mehrere Übungen zur Kräftigung der Bauch- Rücken- und Gesäßmuskulatur dienten. Im Grunde ein spärlicher Ausgleich, wenn man es mit einem Besuch im Gymnasion verglich, doch er hatte für einen solchen Besuch heute keine Zeit. Das Gymnasion würde er an einem anderen Tag wieder aufsuchen. Vielleicht morgen!

    Der Senator erhob sich von seinem Platz, schob den Stuhl, welchen er aus seiner Zeit bei den Legionen immer mit sich führte (Legatenstuhl - Feldausführung) an den schweren Zedernholztisch zurück und durchschritt den Raum, bis er an dem kleinen Tischchen angekommen war, auf welchem sich die Karaffen mit Wein befanden. Es war eine seiner Eigenarten, dass sich in allen Räumen, in welchen er sich längere Zeit befand, immer Karaffen mit Wein vorhanden sein mussten. So gab es im Hause nur für diese Aufgabe einen Sklaven, welcher die Gefässe den ganzen Tag über austauschte und dafür sorgte, dass der gute Tropfen (Marke Hauswein aus dem eigenen Landgut in Tarraco) ständig frisch blieb.


    Nachdenklich führte er das Glas zum Mund und nahm einen Schluck. Er war sich noch nicht ganz sicher, was er mit der Stadtwohung in Col. Agrippinensium anfangen sollte, welche er vor Jahren für seine Gattin erworben hatte, als er Legatus Legionis der Legio IX Hispana gewesen war und mit dieser auch seinen Standort nach Colonia verlegte. Tausende von Sesterzen hatte er aufgewand, um sich abseits des Legionslagers ein Liebesnest mit Marmorsäulen, teuren Mosaiken und Springbrunnen einzurichten. Monatelang zogen sich die Hausbesichtigungen hin, bis er ein Objekt gefunden hatte, welches seiner Vorstellung entsprach und noch länger dauerten die Umbau- und Restaurationsarbeiten. Wie es das Schicksal dann jedoch wollte, wurde dieses Liebesdomizil nie bezogen, er wechselte noch bevor seine Gattin die Räume beziehen konnte auf einen anderen Posten. Was also sollte jetzt mit diesem Bau geschehen? Col. Agrippinensium war fern, der Unterhalt verschlang zwar kein Vermögen, war jedoch in jeder Hinsicht ein unnützer Luxus. Die Habitatio würde niemand aus seiner Familie auf absehbare Zeit bewohnen, von Iulia ganz zu schweigen.


    Er stellte das Glas ab, fuhr sich mit seiner rechten Hand durch das Haar und gähnte dann müde. Die Tage, oder besser gesagt: die arbeitsverlorenen Nächte wurden immer länger. Es war Zeit, dass er ins Bett kam.

    Ich kann erstaunlicherweise beide Seiten verstehen.

    a) Spaß darf mal sein.


    b) das ist ein Insiderspaß, über den jedoch nicht alle lachen können, weil schlicht nicht alle dabei waren.


    So, mir persönlich wäre es jedoch lieber, alle Leute würden weiter-simmen. Dann haben nämlich alle was davon. ;)

    Es war spät am Abend, genauer schon fast mitten in der Nacht, als der Senator nach einem langen Arbeitstag noch über den Unterlagen saß und die Zukunft seiner Besitztümer plante. Lucius und auch sein noch ungeborener Sohn (er war sich sicher, dass es ein Sohn werden würde, denn er hatte davon geträumt, und in diesem Traum war ihm seine Mutter erschienen) sollten, wenn sie eines Tages an seine Stelle treten würden über genügend Besitztümer verfügen, um sich für die Zukunft der Familie keine großen Sorgen machen zu müssen. Für Auskommen sollte gesorgt sein. Nocheinmal sah er sich die Karte genau an und dachte scharf nach. Vor allem durch die Teilhabe an den Handelsgeschäften des Tylusiers Ioshua Hraluch erweiterte sich der mögliche Markt um ein Gewaltiges. Die factio hatte gerade Wagen nach Alexandria geschickt um dort an einem Rennen teilzunehmen. Dies war zudem jedoch eine Möglichkeit, um vor allem mit Hilfe des Tylusiers die Kontakte in den Handel mit Getreide zu intensivieren, und auch um die Pferdezucht um teure Zuchthengste und Zuchtstuten zu erweitern. Zusammen mit seinen Erwerbungen auf Sizilien und den Landgütern in den Albanern Bergen würde sich die Wirtschaftskraft, welche bisher in Hispania um Tarraco gebündelt war, vergrössern und auf mehrere Schultern verteilen. Sollte in einer der Regionen ein schlechte Ernte, ein Erdbeben, ein Schicksalsschlag der Götter, eine Erhebung oder gar ein Bürgerkrieg die Einkünft schmälern, lagen die anderen immer noch so weit entfernt, dass von dort saftige Gewinne zu erwarten waren. Eine Missernte in Sizilien bedeutete automatisch einen Preisanstieg des Getreides in Hispania und Alexandria. Eine Missernte in Alexandria hingegen ließ die Landgüter bei Tarraco und Agrigentum zu Goldgruben werden. Zufrieden legte er die Karte auf den Tisch. Es galt jetzt nur noch alles notwendige mit dem Tylusier unter Dach und Fach zu bringen und Titus damit zu beauftragen, im Rahmen seiner Reise nach Alexandria die Fühler entsprechend der Geschäfte auszustrecken. Der Erwerb einer Habitatio in Alexandria war dafür der erste Schritt ...


    Meridius war unruhig auf und ab gegangen, legte sich die Worte zurecht, welche er seiner Schwester oder Nichte an den Kopf werfen wollte, wenn sie eintrafen. Er hatte schlichtweg nicht die Energie, noch die Zeit sich um alles zu kümmern. Oder tat er hier schon wieder jemandem Unrecht? Hatte er übertrieben reagiert? Er wurde unsicher, wirkte aber immer noch geladen, als seine Gemahlin zu ihm trat. Der Tölpel von Sklave hatte also nichts anderes gewusst, als eine Schwangere zu schicken.


    "Mmm, ja."


    seine Stimme rutschte irgendwo zwischen Erregung, Aufgebrachtheit und gleichzeitiger Abkühlung, Besänftigung und Zuwendung hin und her. Bei seiner Schwester wäre er vermutlich strenger geblieben, seiner schwangeren Gattin konnte er den aufgebrachten Tonfall jedoch keinesfalls antun.


    "Genauer habe ich den Sklaven losgeschickt um nach irgeneiner Frau im Haus zu suchen, oder irgendjemanden, der sich für das hier zuständig fühlt."


    Bei dem Wörtchen 'das' wies er mit einer ausgreifenden Handbewegung auf den Hausaltar hin.


    "Ich habe irgendwie das Gefühl, dass die Götter in letzter Zeit ein wenig kurz kommen. Und ICH kann mich darum nur beschränkt kümmern. Der Senat kommt schon zu kurz, die aurata kommt zu kurz, die Geschäfte kommen zu kurz, und selbst die Familie kommt zu kurz. Habe ich irgendwann einmal in den letzten Tagen Maximian gesehen? Meine Nichte? Meine Schwester? Nein. Ich hasse dieses Leben. Ich hasse es, alles immer selbst anleiten zu müssen. Wozu unterhalte ich einen Heerstaat an Sklaven und diesen Halbgott von Verwalter, wenn man morgens hier reinspaziert und dann kein Feuer für Vertumnus brennt? Sind uns die Götter gleichgültig? Wozu wurde meinen Verwandten in großer Zahl der Weg in den Cultus Deorum bereitet, wenn nachher keiner da ist? Muss ich noch einen Priester kaufen, damit im Hause des Senators die religiösen Tage eingehalten werden?"


    Er hatte eher in einem Monolog vor sich hingesprochen, als direkt seine Gattin gemeint. Als ihm jedoch die Worte ausgingen, sah er zu ihr, und ein sorgender Blick legte sich auf seine Stirn.


    "Entschuldige, dass ich Dich damit behellige. Nur wenn die Götter uns nicht wohlgesonnen sind, kommt Livianus nicht aus dem Krieg zurück, bereitet dieser Avarus unserer Familie die Schande und heiratet Lucilla nie, was noch schlimmer ist, wie wenn er sie endlich doch noch heiratet, und Dein Kind ..."


    Er brachte den Satz nicht zu Ende.


    "Es muss was geschehen. Ich weiß nicht was, aber es muss."

    "Sehr gut!"


    Meridius erhob sich. Er hatte gehofft, dass die Antwort so ausfallen würde und sie tat es auch.


    "Bevor Du abreist, melde Dich bei mir. Dann geb ich Dir noch die letzten Instruktionen und genügend Geld um für die Unkosten aufzukommen."


    Er dachte nach.


    "Das wäre dann auch schon alles gewesen. Sehen wir uns bei der cena?"


    fragte er noch beiläufig, als er sich schon auf den Weg zur Türe machte. Er wartete die Antwort gerade noch ab ... [ ehe er verschwand ]

    "Du wirst alleine unterwegs sein."


    Meridius schmunzelte.


    "Es ist nicht nötig einen ganzen Stab damit zu betrauen, zumal Arius und die anderen beiden Lenker schon auf dem Weg sind. Es werden eine Menge Testfahrten sein und eben diese Spiele. Falls Du jedoch nicht alleine reisen willst, kannst Du Dir natürlich eine Reisebegleitung suchen. Das ganze ist jedoch kein Urlaub. Nicht dass Du auf falsche Gedanken kommst..."


    Er sah seinen Verwandten an.


    "Also machst Du es? Kann ich mich auf Dich verlassen?"

    Der Senator hatte das atrium betreten und war dann auf die kleine Nische zugegangen, in welcher sich das Familienheiligtum befand. Die Statuen und Ahnenfiguren befanden sich auf ihrem Platz, der kleine Altar und die Pfännchen waren noch warm von dem Opfer, welches er heute morgen - wie jeden Morgen - seinen Ahnen gebracht hatte. Ein paar Schnittblumen und Blüten dienten dem Ambiente.


    Meridius sah sich um. Die Vertumnalia hatte man anscheinend vergessen und beinahe stieg ihm Galle hoch. Dieser Haushalt war bei weitem nicht der kleinste und er entsann sich, dass so gut wie jede Frau in seiner Familie irgendwann in ihrem Leben in den Cultus Deorum eingetreten war. Nichts desto trotz kam es des öfteren vor, dass die heiligsten Tage nur widerwillig gefeiert und begangen wurden. War er zu rücksichtsvoll? Zu nachgiebig? Ein Fluch wollte sich schon auf seine Lippen schleichen, als er dann doch beschloss, statt dessen die Haussklaven zur Schnecke zu machen, da gerade kein weibliches Wesen seiner Familie greifbar war.


    "Was zum Henker..."


    setzte er an. War er nicht jahrelang Legatus Legionis gewesen? Konnte er sich an seinem Stützpunkt bequem zurücklehnen? Hatte er nicht jeden Tag sechstausend Mann zu führen gehabt? Hatte er nicht an des Kaisers statt eine Provinz zu verwalten gehabt? Saß er nicht immer noch im Senat, lenkte die Betriebe, führte Gespräche, eine Factio, und kümmerte sich rund um die Uhr um Klienten? Sollte er auch noch den Hausaltar versorgen? Der Kragen platze ihm.


    "Du da!"


    brüllte er einen Sklaven an.


    "Schaff mir meine Frau her! Oder meine Schwester, oder Nichte!
    Ist mir scheißegal! Aber ich hab die Faxen jetzt dicke!"

    Der Senator hatte nichts weiteres zu besprechen und so verabschiedete er seinen Besucher, nicht ohne noch ein wenig mit ihm zu plaudern und ihm zuzusichern, dass er sich wieder melden würde, wenn sich etwas ergeben hätte.


    "Octavius ..."


    schloss er


    "ich danke Dir für Deinen Besuch."


    Dann geleitete er ihn in das Atrium, von wo ihn ein Sklave nach draussen führte.

    "Ich werde einmal mit Senator Prugitius darüber reden, was wir in Deinem Fall am Besten tun können. Ich kenne ihn noch aus meiner Zeit bei der Legio I Traiana Pia Fidelis, wo ich unter seinem Kommando in seinem Stab diente. Er wae auch mein Vorgänger als Statthalter von Germanien, wir sehen uns des öfteren im Senat und haben auch in der Academia miteinander zu tun. Ich bin mir sicher, dass sich ein Posten bei einer Legion finden lässt. Ansonsten wirst Du in der Tat auf Deinen Verwandten zurückgreifen müssen."


    Er räusperte sich, wie wenn er noch etwas sagen wollte, tat es dann aber nicht. Er hatte vergessen, was er noch ansprechen wollte.