Beiträge von Maximus Decimus Meridius

    Es war Land. Meilenweit nichts als Land. Und je näher sie kamen, umso eher wurde ihnen bewusst, wo sie gelandet waren. Die letzten Zweifel verflogen, als weiße Segel in der Sonne blitzten, die allmählich größer wurden, bis die Schiffe deutlich zu erkennen waren. Es waren zwei ägyptische Flussschiffe, wie sie auch in Küstennähe eingesetzt wurden und die Besatzungen winkten der Fortuna freundlich zu.


    "Siehst Du das?"


    rief Meridius seinem Cousin zu.


    "Ägyptische Schiffe, zweifelsohne. Und die Männer sehen auch aus wie Ägypter. Ihre Frisuren, genauso, wie man sie in Rom manchmal sieht. Und ihre Lendenschürze..."


    Die Art sich zu kleiden unterschied sich von der römischen, den größten Unterschied erkannte man jedoch an der natürlichen Hautfarbe. Alle Seemänner der beiden anderen Schiffe waren mit einem bronzenen Ton überzogen, manche waren dunkel, einige schwarz.


    "Also Ägypten."


    Die Kornkammer des Imperiums. Land der vielen Schätze. Land der Pharaonen, welche schon herrschten, als es Rom noch gar nicht gab.

    Die Frauen. Meridius schüttelte den Kopf, konnte sich jedoch ein Lachen nicht verkneifen. Die Auswahl würde auf Cyprus nicht allzugroß sein, aber immer noch besser als hier an Bord oder in den Weiten des Hades. Mussten sie nur noch Land finden. Die Müdigkeit und Ermattung übergehend, ging der Senator nach vorne und übernahm den "Ausguck". Bisher hatte ihn ein Kreter innegehabt, welcher nun eine Mütze Schlaf nehmen wollte.


    Mare Internum. Stunden vergingen. Meridius wollte sich schon wieder ablösen lassen, als er in der Ferne etwas entdeckte, was wie ein Streifen von Küste aussah. Erst glaubte er seinen Augen nicht zu trauen, rief einen Seemann herbei, welcher seinerseits zwei andere Männer hinzuzog. Letztlich war man sich dann jedoch einig, dass es Land sein musste. Möwen und andere Seevögelt bestätigten den Eindruck und auch der Kapitän beschwor, dass es Land war. Wenig später ließ es sich nicht mehr leugnen. Der Küstenstreifen wurde breiter, erstreckte sich bald von einem Horizont bis zum anderen und auch dem letzten wurde klar, dass es nicht Cyprus sein konnte, wo sie gelandet waren. Es konnte nur Africa sein. Die weite Küste Africas.


    Sim-Off:

    --> Chora tes Alexandreias

    Zitat

    Original von Prudentia Callista
    soo, ich werd vom 12.1. bis ungefähr 19.2.09 unterwegs sein, couch surfing in deutschland.


    Ich hab auch ne couch, Lindsey ;)


    Wünsche allen einen guten Rutsch. Bin zwei Tage nicht aktiv,
    dann aber wieder voll da.

    Die Frage war nicht leicht zu beantworten. Für einen Gott schon und einen Erzähler auch, aber nicht für die Männer, welche mehrere Tage gegen den Sturm angekämpft hatten und dabei von ihrem ursprünglichen Kurs abgekommen waren. Die Planung hatte vorgesehen, südlich von Kreta zu bleiben und dann entweder nördlich oder ebenfalls südlich Cyprus zu passieren. Der Sturm hatte die Fortuna jedoch gen Süden gedrückt. Als das Segel noch hielt mit einer immensen Geschwindigkeit und Kraft, nachdem es gerissen war und auch der Mast über Bord ging zwar etwas schwächer, aber beständig. Die Riemen des Schiffes und die Seeleute hatten dem Willen Poseidons nichts entgegen zu setzen gehabt.


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    So stocherten sie nun vor der Küste Afrikas dahin, ohne die Küste selbst zu sehen - war die Entfernung doch noch zu groß und die Sicht zu schlecht - schöpften abwechselnd Wasser aus dem leckgeschlagenen Schiff und ruderten erst gen Westen, ehe der Kapitän entschied nach Süden einzuschwenken. Vom Wellengang her musste irgendwo südlich Cyprus liegen. Dachten sie. Doch entgegen ihres orientierungslosen Gefühls befanden sie sich viel südlicher als sie für möglich gehalten hätten.


    "Jetzt fehlt nur noch, dass die Sonne rauskommt und uns die Haut verbrennt."


    meinte einer der Seemänner, welcher sich an einem Riemen abquälte.


    "Oder noch schlimmer - ein Piratenschiff!"


    fügte ein anderer hinzu und spuckte dann aus.


    "Hört mir mit dem Blödsinn auf!" herrschte sie der Kapitän an.


    "Wir haben es bis hierher geschafft. Wir schaffen es auch weiter. Cyprius muss irgendwo vor uns liegen. Und wenn wir es gefunden haben, suchen wir den nächsten Hafen, lassen das Schiff überholen, verproviantieren uns neu und dann geht es ab nach Antiochia."


    'Dein Wort in der Götter Ohr.' dachte Meridius und sah auf das Meer hinaus. Küste, wo warst Du nur?


    "Was machst Du als erstes, wenn Du wieder an Land bist?"


    wollte er von Mattiacus wissen und sah ihn dabei mit einem hoffnungsvollen Blick an. Immerhin konnten sie jetzt wieder daran glauben, tatsächlich bald Erde unter den Füßen zu haben.

    Rettung brauchten sie in der Tat. Doch gerade dann, als die Not am Größten war, schien Neptun ein Einsehen zu haben. Der Sturm ließ nach, die Wellen brachen zunächst nicht mehr gegen das Schiff, ließen dann in ihrer Gewalt nach, auch wenn sie immer noch kräftig waren, der Sturmregen ließ nach und auch der Wind, der alles übertosende und gewaltige Sturmwind verschwand. Das Wetter klarte auf, die Sicht nahm wieder zu, so dass sie schon nach wenigen Stunden an diesem verhangenen Nachmittag viel weiter sehen konnten. Zumal die Wellen sich nicht mehr haushoch türmten und die Sicht quasi auf Null einschränkten.


    "Ja!!!!!" schrien die Männer. "Gepriesen sei Neptun!", "Hurra! Neptun!" "Wir haben es geschafft!" "Den Göttern sei dank!"


    Meridius atmete tief durch. Auch wenn sie immer noch Wasser schöpften, hatte sie doch nun wieder eine Aussicht auf Rettung. Sie waren noch am Leben. Sie hatten wieder die Kontrolle. Das Schiff gehorchte ihnen wieder, auch wenn es weidwund geschlagen war. Oh, Fortuna. Er hatte den Namen nicht umsonst gewählt. Er würde der Göttin einen Altar errichten, sobald er wieder Land unter den Füßen hätte.


    "Hat einer eine Ahnung, wo wir sind?"


    fragte Sextus und blickte auf die See hinaus. Rund herum war nichts als Wasser. Weit und breit kein Land in Sicht. Nichts als Wellen ...


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    Neptuns Backen. Meridius musste lachen. Trotz oder gerade wegen der Gefahr in der sie alle schwebten. Er war froh, dass Mattiacus mit dabei war, auch wenn er sich Vorwürfe machen würde, sollte ihm etwas zustossen.


    "Es wird schon!" verstärkte er noch einmal.


    Einfach wurde es jedoch nicht. Der Sturm hielt an, schaukelte das kleine Schiff wie eine Nusschale wohin er wollte und hatte die Reisegesellschaft schon längst von ihrem Kurs abgebracht. Welche Stunde des Tages war gerade? Welchen Tag hatten sie überhaupt? Und wo befanden sie sich? Meridius konnte es nicht sagen. Er wusste nur, dass sie alle schon lange nichts mehr getrunken hatten, dass das Süßwasser entweder über Bord gegangen war, oder zu Ende gegangen war. Den letzten Rest hatten die Männer bereits vor Stunden aufgeteilt. Was nun kam, war warten.


    In der Tat hatte der Sturm schwer gewütet. Etwa zwanzig Meilen nördlich ihrer eigenen Position waren zwei kleinere Corbita gesunken, vom Schicksal der beiden Schiffe hatten sie jedoch nichts bekommen. Und selbst wenn, sie waren ausser Lage helfend einzugreifen.


    Erschwerden kam hinzu, dass der letzte Rest an Halbschlaf, in welchen sich die Männer abwechselnd flüchteten, vollends unmöglich wurde, als Wasser durch das Heck in das Schiff eindrang. Hatten sie bisher unter Deck relativ sicher den Sturm über sich ergehen lassen, stand der Boden schon bald bis zu den Knöcheln unter Wasser, so dass sie alle mit anzupacken hatten.


    "Raus mit dem Wasser!" brüllte der Kapitän, trieb die Männer weit über ihre Grenzen. "Schöpft um euer Leben!" schrie ein anderer und nackter Überlebenswille schwor die Gemeinschaft zusammen. Nicht einer ließ sich hängen. Sie alle wuchsen über sich hinaus...

    Die Situation war in der Tat alles andere als erfreulich. Aber es blieb ihnen nichts anderes übrig, als auszuharren und darauf zu hoffen, dass die Fortuna den Sturm heil überstehen würde.


    "Wir müssen in jedem Fall durchkommen. Livianus wartet auf uns."


    sprach Meridius in einem Tonfall, der eher einem trotzigen Knurren glich. Als das Schiff für einen Moment auf dem Rücken einer Welle schwebte, zog er sich zu Mattiacus herrüber, schwang das Seil um einen Pfosten und band sich selber fest. Natürlich das Messer griffbereit, sollte das Schiff untergehen und sie sich lösen müssen.


    Einige Stunden verbrachten die Beiden so nebeneinander, die anderen Mitreisenden taten es ihnen nach. Der Kapitän hatte irgendwann das Unterdeck selbst aufgesucht und nachgefragt, welche Fracht man über Bord werfen könne, und nach kurzem Überlegen hatte Meridius alle Kisten freigegeben, bis auf jene, welche die Karten und die Münzen enthielten. Kleidung, Nahrung, Waffen konnten sie sich wieder kaufen. Die Karten jedoch waren unentbehrlich. Mit Wehmut sah er zu, wie die Seeleute mit ihrer letzten Kraft die Fracht an Deck brachten. Es blieben ihm und Mattiacus nichts anderes übrig, als selbst mit anzupacken. So saßen sie schließlich an die Planken gebunden und mussten sich eingestehen, dass ihre Planung einen derben Rückschlag erhalten hatte. Die Fortuna jedoch vermittelte den Eindruck um einige Last erleichtert, agiler über die Wellen zu tanzen. Wie es schien, würden sie es überstehen.


    "Wir werden es schaffen."


    sprach der Senator und versuchte die anderen Reisenden aufzumuntern.


    "Hätte Neptun uns vernichten wollen, würde er nicht so lange warten."


    Einige der Männer stimmten zu. Die Stimmung besserte sich.

    Eine gewisse Standfestigkeit und eine grundlegende Härte gegenüber sich selbst war Bedingung, wenn man mitten in diesem Sturm nicht wie ein Häuflein Elend in irgendeiner Ecke des Schiffes kauern wollte. Dem Erbrechen näher als jemals zuvor, wankte Meridius mehr, als dass er schritt. Nur in Etappen konnte er die Schritte von der Türe bis zu seinem Verwandten zurücklegen. Hier unter Deck sah es beinahe noch schlimmer aus als oben. Kreuz und quer lagen all die Dinge, welche nicht sorgfältig verstaut worden waren durcheinander herum. Man konnte den Seeleuten danken, dass die schweren Kisten, Seesäcke und Fässer gut vertaut waren. Ein Blick in die Gesichter der Reisenden reichte um zu verstehen, dass sie sich nach Land sehnten. Sextus, der Veteran aus der II. hatte schon einiges erlebt. Wie die meisten hier. Doch einen solchen Seegang erlebte man nicht alle Tage. Schon gar nicht, wenn man selten zur See fuhr.


    "Ich weiß es nicht."


    sprach der Senator und hielt sich an einem Gurt fest.


    "Du hattest doch nicht etwa vor, hier Dein Testament zu schreiben?"


    Offensichtlich hatte er seinen Humor trotz der Ernsthaftigkeit der Lage nicht verloren. Er deutete mit einem Nicken auf den Tintenfleck und hustete dann. Das Seewasser hatte ihn durch und durch durchnässt, die Kleidung hing wie Blei an seinem Körper.


    "Sie zurren oben gerade alles doppelt und dreifach fest. Wenn es jedoch so weitergeht, werden wir wohl das Schiff leichter machen müssen und Teile unserer Fracht über Bord werfen müssen.


    Wir treiben irgendwo in diesem verdammten Meer herum. Nichts als Wellen, Haushoch, ich weiß nicht einmal mehr, in welcher Richtung die Küste liegt. Ich schwöre Dir, wenn wir hier raus kommen, reise ich nie wieder mit dem Schiff. Gute römische Straßen, gebaut von römischen Ingenieuren, mit dem Schweiß römischer Legionäre. Wir hätten reiten sollen ..."


    Er spuckte aus. Nicht, weil es seine Worte unterstrichen hätte, sondern weil er den salzigen Geschmack der See loszuwerden gedachte, welcher in seinem Mund brannte. So viel Seewasser wie heute hatte er zuvor nie geschluckt. Nicht einmal beim Wettschwimmen mit Praetorianus oder Livianus, als sie in ihrer Jugend darum wetteten, wer sich am weitesten von der Küste entfernte.


    "Ich hasse es. Zum Glück sind wir nicht in Küstennähe. Die Wellen würden uns sonst gegen irgendeine Klippe werfen und das wäre das Ende."

    Welle um Welle stürzten die Wassermassen auf die Fortuna ein. Zum Glück für alle Männer an Bord schaffte diese es jedoch immer wieder, sich über den Wellen zu halten. Sie hob sich, nur um wenig später in halsbrecherischer Manier nach unten in den Schlund des Meeres zu stürzen. Gewaltige Mauern türmten sich auf. Würde ihr Schiff nur einmal den Takt verlieren, oder gar quer zu einer Welle stehen ... nicht auszudenken, was geschehen konnte.


    "Senator, Du musst unter Deck gehen!" schrie der Kapitän und wies zur verschlossenen Türe des Schiffaufbaus. "Es wird zu gefährlich!"


    Kaum hatte er es ausgesprochen, bockte das Schiff kurz auf, ächzte als würden die Planken gleich brechen, legte sich schräg in eine der graugrünen Mauern, so dass die halbe Mannschaft auf die andere Seite des Schiffes geschleudert wurde. Ein Schlag von Wasser schwappte über das Deck. Ein elender Körper ging über Bord.


    "Mann über Bord!" "Mann über Bord!" Meridius blickte in die Richtung, in welche die Seeleute wiesen, konnte auf einer Welle einen Mann erkennen, der hilflos dem Schiff zuwinkte und dann in der Nacht verschwand.


    "Geh jetzt nach unten!" brüllte der Kapitän, seine Stimme verriet, dass er nicht mehr auf Standesunterschiede achtete, sondern unbedingten Gehorsam forderte. Sein Schiff befand sich im Überlebenskampf. Er alleine hatte das Kommando.


    Als Meridius mit letzter Kraft die Türe aufstemmte, sich selbst in das Innere des Schiffes zog und die Türe wieder von Innen schloß, traf ein erneuter Schlag das Schiff. Langsam, beinahe wie in Zeitlupe bäumte es sich auf, als überlegte es, ob es zerbrechen sollte, oder aber den Kampf fortführte. Zum Seelenheil aller entschied es sich jedoch für letzteres. Gut gebaut und gut geführt hatte es keinen Grund, sich vorschnell auf den Grund des Meeres befördern zu lassen.

    Immer stärker hoben die Wellen die Fortuna an um sie wenig später in Täler zu stürzen, welche unerfahrenen Seeleuten und ungeübten Seereisenden in Angst und Schrecken versetzen konnten. Der Wind nahm an Stärke zu, zerrte an dem Segel der Navis Actuaria, die Wellen hatten bereits Höhen erreicht, welche einen ausgewachsenen Mann daneben wie einen Zwerg erschienen ließen. Den Göttern sei gedankt, zeigte sich der Rhodesier wenig beeindruckt. Er stand am Steuer des Schiffes, schrie Befehle, jagte seine Männer über das Deck, von denen wundersamer Weise bis dahin noch keiner über Bord gegangen war. Wohin Meridius auch sah, er sah nur bedrohliche Wellen. Den Kontakt zur Küste hatten sie längst verloren, Irgendwo auf der einen Seite musste doch bald Griechenland auftauchen, auf der anderen Seite war nichts als Meer. Und wie ihm schien trieb sie der Wind auf dieses hinaus, unerbittlich. Die Fortuna ächzte, die Dielen und Barren knarrten und stöhnte, die Taue waren zum reißen gespannt, und als das Segel dann tatsächlich riß, entschied der Kapitän die Fetzen einzuholen und sich treiben zu lassen.


    "Vor uns liegt das Meer... Wir lassen uns jetzt mit den Wellen tragen ... sobald der Sturm dann nachlässt ... werden wir erneut Segel setzen ... und den Kurs wieder korrigieren ... Die Ruderer werden versuchen zu verhindern ... dass unser Schiff queer kommt ... Sollte das passieren, Senator ... dann halten sie sich an etwas fest, das nicht untergehen kann ..."


    Die Worte des Kapitäns waren laut, durchschnitten das Tosen der See jedoch nur in Wortfetzen, so dass Meridius gerade einmal die Hälfte verstand, jedoch genug um zu wissen, dass der Erfolg der Reise jetzt davon abhing, dass der Sturm bald nachließ und die Fortuna vor allem durchhielt. Warum um alles in der Welt hatte er sich auf diese Mission eingelassen? Und wieso waren sie nicht früher gesegelt? Würde er seine Iulia jemals wieder sehen? Und selbst wenn sie in Antiochia ankamen, würde es ihnen gelingen Livianus zu finden und zu befreien?


    Meridius empfand keine Angst. Er war Soldat und hatte Menschen sterben sehen. Sein Testament hatte er gemacht und sein Sohn war versorgt. Er hatte jedoch noch nicht vor zu gehen. Und er hatte auch nicht vor, klein beizugeben. Und so blieb er an Deck des Schiffes, band sich neben den Kapitän und verfolgte den Höhepunkt des Kampfes zwischen dem Schiff und dem Meer aus nächster Nähe.

    Die Fortuna hatte Messana verlassen und begab sich um die Südspitze Italias herum auf Kurs Richtung Antiochia. Der Wind stand günstig, auch wenn die See rauh war, was jedoch zu dieser Jahreszeit keine Überraschung darstellte. Zur Zufriedenheit des Kapitäns lag sie jedoch gut im Wasser und seine Zufriedenheit drückte er auch gegenüber dem Senator aus. Der Bau und Kauf des Schiffes hatte sich gelohnt. Schon jetzt - so betonte der Rhodesier - konnte er mit gutem Recht behaupten, wisse er, dass die Fortuna auch schweren Stürmen standhalten würde. Der Probe aufs Exempel wollte Meridius jedoch lieber aus dem Weg gehen und so nickte er lächelnd, starrte weiter hinaus auf das Meer und beobachtete die ferne Küstenlinie Italias. Schon bald würde sie abbrechen, würden sie rund um sich nur noch Wasser sehen, ehe die Küste Griechenlands auf linker Seite auftauchen sollte.


    Der Senator wollte sich gerade abwenden um auf die andere Seite des Gefährts zu wechseln, als sein Blick an etwas hängen blieb, das im Wasser auf und ab tanzte. Hatte er gerade einen Arm gesehen? Einen Kopf? Er blickte in die Richtung, doch eine hohe Welle verdeckte das Objekt, falls es denn anwesend gewesen war. Die Fortuna senkte sich nun selbst in einTal und schon hatte Meridius das Etwas aus den Augen verloren. Aus den Augen aus dem Sinn sagt ein Sprichwort.


    Doch seine Augen hatten sich nicht getäuscht und hätte er nur ein wenig mehr Verbissenheit und Neugier besessen (die er freilich ansonsten auch besaß, welche jedoch in Folge des Seegangs gedämpft war und dem puren Willen so bald als möglich wieder an Land treten zu können gewichen war - was man einer Landratte nicht verdenken konnte) so hätte er in der Tat eine Leiche ausgemacht, einen erschlagenen Kämpfer, mit einer Stichwunde in der Brust und einem schweren Schlag über dem Schädel, vom Seewasser aufgedunsen, unnatürlich verfärbt, ein Opfer für Neptun, unsägliches Ende eines Zusammentreffens mehrerer Schiffe an einer viel entfernteren Stelle. Die Classis hatte unter Piraten gewütet, Pluto eine reiche Ernte eingefahren. Die Strömung des Meeres verteilte die Opfer des Meeres bisweilen hunderte Meilen weit.


    "Ich wäre froh, wenn wir schon in Antiochia wären."


    sprach der Senator zu Mattiacus, welcher sich ebenfalls gerade über die Reeling beugte. Er sah nicht gerade frisch aus, dachte Meridius, hatte jedoch selbst keine Ahnung, welche Gesichtsfarbe sein eigenes Haupt angenommen hatte.

    Da kein Priester an Bord war, hatten es die Reisenden natürlich schwer, den Willen der Götter zu interpretieren. Sie mussten sich daher auf die einfachen und deutlichen Zeichen besinnen, welche für sie von Bedeutung sein konnten. Ob zum Beispiel der Wind für sie günstig sein würde, oder wie sich die See verhalten würde. Stemmten sich die Wellen ihnen entgegen, oder trugen die Wellen sie umso schneller ans Ziel? Im Hafenbecken selbst war dies natürlich nicht auszumachen und so wurde das Lamm Neptun geopfert, weiteres Räucherwerk zog über das Deck und die Glaubensgemeinschaft der Seeleute tat das ihrige, um den Gott zu besänftigen.


    Die Fortuna verließ den Hafen. Der Wille der Götter würde sich sowieso erst auf ihrer Reise offenbaren. Frohen Mutes und voller Optimismus blähte sich das Segel im vollen Wind auf. Das Schiff hatte zwar gegen die Wellen zu kämpfen, stieg schwer, hatte aber wenigstens den Wind. Neptun konnte also nicht gegen sie sein.


    "Welchen Kurs werden wir nehmen?"


    fragte der Senator den Kapitän.


    "Entlang der afrikanischen Küste oder entlang Asias?"


    Der Kapitän musste eine Entscheidung treffen. Er dachte einen Moment nach, blickte in die Wolken und entschied sich dann für die nördliche Strecke. Sie würden dann zwar mit den Winden aus nordwestlicher Richtung zu kämpfen haben, doch würden sie nicht ständig auf die Küste zugetragen. Sollte ein Sturm auftauchen, würden sie zumindest nicht gegen die Klippen geworfen, die sich entlang des Weges erstreckten. Und Stürme waren um diese Jahreszeit immer möglich.


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    Sim-Off:

    --> Restliche Provinzen

    Die Beiden waren an Bord gekommen. Der Kapitän bestand vor der Weiterfahrt darauf Neptun ein Opfer zukommen zu lassen. Meridius hieß diese Maßnahme gut, würde ein positives Opfer den Seeleuten und Reisenden Mut machen und die kommenden Strapazen leichter ertragen lassen. Neptun entschied über Wohl und Wehe auf den Meeren, die Fortuna beschwor zwar die Glücksgöttin, befand sich jedoch auf Wasser und damit in den Gefilden des Gottes.


    So stieg wenig später aus einem Becken an Bord des Schiffes ein Feuer auf, während sich jeder Mann an Bord eingefunden hatte, um an der Zeremonie gläubig und betend teilzunehmen. Der Senator selbst übernahm als Besitzer des Schiffes und als Verantwortlicher der Mission das Opfermesser und erhob seine Stimme:


    "Erhabener Neptun! Sohn des Saturn, Herrscher der Meere, Erschütterer der Erde und Herr der Tiefe. Schenke uns Deine Gnade und Hilfe. Um Deine Gnade und Dein Wohlwollen bitten wir.
    Schenke unserem Schiff eine sichere Überfahrt, geleite uns unter Deinem Schutz, schenke uns gute Winde und bewahre uns vor den Stürmen des Meeres, vor den Räubern der See.
    Zertrümmere unser Schiff nicht, lass keinen der Gläubigen zu Schanden werden, so Du zürnen solltest, verschone uns."


    Das Feuer loderte, als Räucherwerk hinzugegeben wurde und ehe das Messer an das Opfer gesetzt wurde, fuhr der Senator fort:


    "Wir bringen Dir, großer Neptun, dieses Opfer!
    Nimm es in Deiner Huld an!"


    Blut floss.

    Messana lag an einer strategisch günstigen Stelle. Beinahe am nordöstlichsten Zipfel der Insel Sicilia gelegen, überwachte die Stadt die schmale Meeresenge, welche das Mare Internum mit dem Mare Siculum verband. Italia, besser gesagt Rhegium war auch von Messana aus durchaus zu sehen, blickte man statt dessen jedoch ins Landesinnere der so fruchtbaren Insel, erhob sich in der Ferne der bekannteste Vulkan der Insel, Aetna Mons. Hin und wieder war er aktiv, der letzte folgenschwere Ausbruch im Jahre 709 ad urbe condita
    hatten dazu geführt, dass sich im fernen Rom der Himmel verdunkelte und es Missernten bis nach Aegyptus hinein gab. Dieses fruchtbare Sicilia hing also sehr wohl von der Gunst der Götter ab, genau so sehr wie die Macht Roms von jedem einzelnen Getreidehalm abhängen konnte, der aus Alexandria oder aber Messana nach Ostia transportiert wurde.


    Nicht umsonst hatten ionische Seeräuber die Stadt schon sehr früh besiedelt und in der Umgebung für Angst und Schrecken gesorgt, später plünderten die Karthager die Stadt, ehe sie von Dyonisus dem I aus Syrakusae erobert wurde und noch vor dem ersten großen Krieg gegen die Karthager zu einem der Verbündeten Roms aufstieg. Messana war einer der ausschlaggebenden Gründe gewesen, weshalb es zum Kampf um Sicilia gekommen war, Tausende römischer Soldaten schlugen sich in der Folgezeit um die kleine Kornkammer im Mittelmeer und tränkten den Boden mit ihrem Blut.


    Der Hafen lag sicher hinter einer sichelförmigen Landzunge, der Leuchtturm zeigte den Schiffen schon von weitem die Gefahr an, in die man sich begab, wenn man bei schlechtem Wetter alzu forsch entlang der Küste steuerte.


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    Meridius war bereits einmal hier gewesen, in Folge seiner Ambitionen auf der Insel mehrere Landgüter zu erwerben, ausser in Agrigentum hatte er dann letzlich seine Sesterzen für sich behalten und sie in der Tarraconensis investiert. Die Menschen auf Sicilia selbst waren ihm freundlich erschienen, es war ein Schlag von Menschen, der sehr vielschichtig war, sich aus ehemaligen Phöniziern, Karthagern, Griechen und weiß der Geier noch wem zusammensetzte. So genau hatte er sich jedenfalls damals nicht damit beschäftigt.


    Auch heute würde das Schiff nur kurz anlegen, genauer im Hafen liegen bleiben, bis ein kleines Boot die beiden Männer herangerudert hatte, die zusteigen sollten um die Mannschaft zu komplettieren. Zudem würden sie hier letzte Nachrichten aus dem Osten erhalten, vorausgesetzt der Informant in Palmyra hatte etwas herausgefunden und dem Senator geschrieben.

    Kaum hatte die Fortuna die Küste aus den Augen verloren, nahm sie neuen Kurs Richtung Süden. Messana war der Hafen, den sie erreichen wollte. Dort, so hatte man abgemacht, würden noch zwei weitere Personen zusteigen. Der erste war ein Grieche, welcher den Osten schon bereist hatte, sich in Parthien einigermaßen auskannte und die Sprache sprach. Der zweite ein ebenfalls nützlicher Mann, Schiffskoch von Beruf. Der Kapitän des Schiffes zeigte sich sichtlich zufrieden, bedeutete doch dies, dass auch die Mannschaft während der Reise gut speisen würde.


    "He, Du da!" rief er einen Matrosen an, welcher das Segel straffte. "Sieh zu, dass die Seile immer gespannt sind."


    Wollten sie schnell und zügig vorran kommen, war höchste Disziplin gefragt. Schon oft hatte er das Mittelmeer befahren, die Route nach Alexandria war ihm vertraut, ebenso der nördliche Weg, welcher an der Küste Asias verlief. Welchen Weg sie letztlich nehmen würden, hing wohl auch davon ab, wie sich das Wetter verhielte.


    Ein merkwürdiges Gefühl. Seine letzte Fahrt. Er hatte sich vorgenommen, danach in den Ruhestand zu gehen. Die Bezahlung durch den Senator war üppig, sicher auch dem Umstand geschuldet, dass es ein gefährliches Unternehmen war, bei dem sie alle auch sterben konnten. Wenn er also jetzt die Münzen nicht nahm, würde er nie dazu kommen, sich einen kleinen Flecken Erde kaufen zu können. Was wenn er den Senator einfach im Osten ablud? Dann die Mannschaft überzeugte, was sicher ein leichtes war, und vorzeitig wieder absegelte? Die Gefahr für ihn selber würde dadurch minimiert. Doch war es auch unehrenhaft. Und sollte der Senator dann doch zurückkehren, würde er ihn mit Sicherheit suchen und vernichten. Schnell verscheuchte er den Gedanken wie er gekommen war.


    Gerade rechtzeitig, so dass sich seine nachdenkliche Mine wieder aufhellte, als der Senator nachdem er mehrere Stunden geschlafen hatte, wieder auf das Deck trat. Die Sonne war herausgekommen, es war für die Jahreszeit ein prächtiger Vormittag. Vereinzelte Wolken zogen am Himmel in eine andere Richtung, ein Zeichen dafür, dass der Wind heute noch wechseln konnte. Doch sicher war dies nicht.


    "Wann werden wir Messana erreichen?"


    fragte Meridius seinen Kapitän und beobachtete, wie sich ein paar Männer der Seemannschaft in eine Ecke des Schiffes zurückgezogen hatten und würfelten. Das Schiff lag gut im Wind, durchstieß die Wellen mit einer Leichtigkeit, die einen Seefahrer nur erfreuen konnte.


    "Bis heute Abend in jedem Fall, Dominus!" antwortete der Rhodesier, warf einen angestrengten Blick zum Himmel, als ob er den Wind und die Wolken abschätze und nickte dann bestätigend. Meridius war zufrieden.


    "Sehr gut. Je schneller es geht, umso besser. Die meisten meiner Männer sind Landratten, es wäre nicht gut, wenn wir ewig an Bord herumhingen."


    Der Kapitän verstand. Bis Messana konnte er eine schnelle Überfahrt garantieren. Was jedoch danach kommen würde, wussten alleine die Götter.


    Sim-Off:

    --> Provincia Italia

    Am Geld durfte die Mission keinesfalls scheitern und so hatte der Senator in der Tat schon seit Wochen die entsprechenden Summen und Münzen aufgetrieben. Er nickte auf die Frage seines Verwandten, während die Seeleute gerade die letzten Taue an der Pier lösten und das Schiff vom Land abstießen. Ein klares Signal gab zu verstehen, dass die Reise nun begann. Sanft schwebte das Schiff noch zwischen Land und Wasser, nahm dann jedoch zunehmend Fahrt auf. Mit gleichmäßigen Bewegungen beschleunigten die Ruderer die Fortuna, sie würden sie bis aufs Meer hinaus rudern, wo der Wind seinen Teil dazu beitragen würde. Um die Tarnung vollends perfekt zu machen, sollten sie erst nach Westen fahren, bis sie ausser Sicht der Küste waren und erst dann nach Süden schwenken.


    "Im Orient wird man vermutlich mit Geld mehr erreichen können, als mit jedem anderen Mittel."


    sprach Meridius und fügte wenig später hinzu:


    "Ich geh in die Kajüte. Wir sind die Nacht über geritten, ich muss ein wenig Schlaf nachholen. Wenn es etwas wichtiges gibt, weckt mich bitte."


    klopfte Mattiacus auf die Schulter und wandte sich dann um.