Beiträge von Artoria Medeia

    Der alexandrinische Sklave trat zu Medeia und kniete sich vor ihr nieder. Lächelnd griff Medeia in die Schüssel, die er ihr hinhielt und nahm sich einen Zweig saftiger blauer Trauben. Selig seufzend lehnte sie sich gegen die Lehne der Kline zurück und genoss den Geschmack der Trauben auf ihren zartrosigen Lippen und in ihrem Mund. Mit halbgeschlossenen Augen betrachtete sie Rufus Tun an ihrem Fuß, der erstaunlich lange dort herummachte. Einige Musikanten fingen an zu spielen, fröhlich und wenig kunstvoll, dafür mitreißend. Immer wieder war lautes Lachen oder das Schmatzen der schmausenden Gladiatoren zu hören. Medeia musterte einen der muskulösen Gladiatoren, der vorbei streifte und sich neben eine dunkelhaarige Frau setzte. Da fiel ein Schatten auf sie. Jemand trat zwischen die Fackel, die ihr den Lichtschein schenkte, und Medeia. Langsam hob Medeia ihren Blick und musterte den Mann, der ihr für einen Moment unerkenntlich erschien. Doch dann fiel Licht auf ihn. Medeia, die erst freundlich gelächelt hatte, erbleichte etwas. Ihr Lächeln erstarb und sie sah Aquilius verblüfft an. Sie brauchte einige Herzschläge um den Schock zu überwinden, doch dann lächelte sie. Nicht ganz so strahlend, als wenn sie einen alten und guten Freund begrüßen würde.


    “Aquilius! Das ist ja eine...angenehme Überraschung, Dich in Rom wieder zu treffen.“ Sie sah an Aquilius vorbei und dann bemerkte sie verblüfft Rutger, der ihr schon auf der Vinalia Rustica aufgefallen war. Sie sah zwischen Aquilius und Rutger hin und her, schien jedoch nicht sonderlich überrascht zu sein, dass jene zusammen hier waren. Sie nickte Rutger freundlich zu. „Dann bleibst Du hier in Rom? Oder bist Du nur auf der...Durchreise?“ War da nicht ein Fünkchen Hoffnung heraus zu hören? „Nun...“ setzte Medeia an zu sprechen, doch dann überschlug sich viel. Die Frucht kam geflogen als Medeia gerade Rufus ihren Fuß entziehen wollte. Das Furchtfleisch zerplatzte, Rutger konnte seinen Herren vor der Sauerei bewahren, nur Medeia bekam durchaus noch einiges davon ab. „Äh...“ verblüfft verfolgte Medeia Rutgers Wutausbruch. So bemerkte sie Plautius nicht.


    Doch auch Rufus, der hochroten Kopfes aufgesprungen war, folgte dem jungen Germanen. Dieser sprang auf den zuschlagenden Rutger zu. „Aus dem Weg, Mann! Barius, du widerliches Miststück!“ Rufus schlug auf den völlig verdatterten, schon sehr ramponierten Dicken ein. Einige der Gäste wandten sich um und lachten hämisch über den Geschlagenen und feuerten Rufus an. Medeia richtete sich auf der Kline auf und kopfschüttelnd sah sie sich um. Mit ihrem Daumen strich sie sich etwas Fruchtfleisch von der Wange und sah darauf. „Mango?“ Rufus schlug noch mal auf Barius ein, der laut quieckte. “Aufhören! Hiiiiilfe….ich war…es nicht! Auuuuuuu...hiiiiilfe!“ Erst da ließ Rufus ab und richtete sich auf. Er funkelte Rutger wütend an, als ob dieser genauso an dem Wurf Schuld war und wischte sich über seinen Hinterkopf. Fluchend marschierte er davon ohne jemand noch eines Blickes zu würdigen. Der Geschlagene blieb wimmernd und blutend auf der Kline liegen. Aus seiner Nase floß ein wahrer Strom von Blut und voller Angst starrte er zu Rutger hoch.

    Medeia, die einige Marmorverzierungen an dem Korridor zum Officium studiert hatte, wandte sich um als sie die Schritte nahen hörte. Freundlich nickt sie dem Scriba zu, der sie in das Officium hineinführte. Neugierig sah sich Medeia flüchtig in dem Raum um. Der Amtvorgänger schien das Officium bedeutend aufgeräumter hinterlassen zu haben als ihrer. Lächelnd trat Medeia auf den Aedilis Curulis zu. "Salve, werter Tiberius. Die Glückwünsche möchte ich Dir natürlich ebenso versichern. Aber ich hatte auch keinen Zweifel daran, dass Du die Wahl gewinnen würdest. Du hast schon mit Deiner letzten Amtszeit überzeugt."


    Ihr Blick schweifte über die Aktenberge. "Wie ich sehe, ist die Aktenlage bei Dir auch nicht rosig!" Medeia lächelte dünn, erinnerte sie das durchaus wieder an die Chronikenarbeit der letzten Amtszeit. "Ich bin hier, damit wir uns über unsere Amtszeit absprechen können. Wir sollten einen Plan aufstellen, wie wir die Kontrollarbeiten angehen, die Marktaufsicht, die Tempelinspektionen und natürlich die übliche Arbeit hier in der Basilica angehen. Außerdem denke ich, dass es schon die ein oder anderen Mißstände zu besprechen gilt. Ich hoffe, Du hast gerade Zeit dafür. Ansonsten könnte ich später noch mal wieder kommen!"

    Die Anmerkung über den Lärm der Urbs ignorierte Medeia schlicht weg und hörte dem Architectus Urbi aufmerksam zu. Während er sprach, kritzelte sie etwas mit dem Griffel auf eine kleine Wachstafel. Ein Mhm...mhm...murmelte sie dabei und nickte ab und an. "Minimale Schäden? Nun gut." Sie machte noch einige Zeichen auf die Tafel und sah dann zur Tür. "Quartus!" rief sie. Medeia musste noch ein zweites Mal nach ihrem Scriba rufen, ehe der Mann sich bequemte herein zu kommen. Gelangweilt sah der Mann, dessen Augen tiefe Ringe zierten, in das Officium. Dabei streckte er auch nur den Kopf rein. "Ja...Aedilis?" Medeia unterdrückte ein Augenrollen. "Bring dem werten Architectus Urbi etwas Wein!" Quartus hob fragend seine Augenbrauen. "Verdünnt?" Medeia, die sich schon wieder Detritus zuwenden wollte, sah etwas verblüfft zu ihrem Scriba. "Ja, natürlich, Quartus!" Tief durchatmend wandte sich Medeia wieder ihrem Besucher zu, die Tür schloss sich nicht sehr leise.


    "Nun gut, dann können wir das erst Mal abhacken. Ich werde mir die Taberna in nächster Zeit mal selber ansehen. Sollte der Besitzer die Arbeiten abgeschlossen haben, werde ich Dich natürlich auch informieren, es sei denn Dir wurde das ebenfalls bekannt gemacht. Aber dann kommen wir doch zu den Dingen, die Du besprechen wolltest. Geht es dabei um den Bau der Speicher? Ich habe hier einige Abrisserlasse meines Vorgängers liegen, welche Dir die Bauleitung übertragen hat." Die Tür ging auf und der Scriba kam mit einem Becher Wein herein, den er Detritus hinstellte. Ohne ein Wort zu verlieren verschwand der Mann wieder.



    Kampf gegen die Barbaren


    Während die Zwerge laut brüllend auf die römischen Soldaten zurannten, drangen diese ruhig und in relativ disziplinierter Schlachtformation nach vorne. Die Reihen brandeten aufeinander. Mit der Wucht ihres Angriffes stießen die Kleinwüchsigen auf die Schildreihe wie die Welle auf die Klippen. Viele prallten von den Schilden ab, doch zwei der Kleinen konnten durch die Lücken hindurchstoßen. Ihre Schwerter stießen zu und fanden weiches Fleisch als Ziel. Nur recht kurz kämpften die Soldaten in einer Schlachtformation gegen die Zwerge, die sich tapfer behaupteten, wenn sie auch völlig desorganisiert waren. Doch dann brach die Schildreihe auf und die Soldaten schwärmten aus und fingen an die Zwerge zu umzingeln, etwas was ein römischer Soldat wohl kaum gemacht hätte.


    Die Zwerge und die Soldaten standen sich einzeln gegenüber und breiteten sich in der Arena flächenmäßig weiter aus. Einer der Zwerge stürzte auf einen Soldat vor, rollte sich halb durch den Sand und stieß von unten dem Mann sein Gladius in die Lendengegend. Der Soldat riss vor Schmerz die Augen auf und sackte auf den Boden. Der Sand um ihn herum färbte sich blutrot. An einer anderen Stelle wirbelte ein Soldatengladiator unter der Axt eines Zwerges vorbei und ließ sein Schwert auf den Barbaren zusausen und schlitzte ihm den Hals auf. Der Zwerg fiel auf den Boden und sein Blut, genauso rot wie das des Römers, vermischte sich mit dem seiner Gegner. Die Zwerge kämpften zwar tapfer, doch Stück für Stück wurden sie brutalst nieder gemacht. Einer der letzten Zwerge sah sich zu seinen gefällten Kameraden um, dann drehte er sich um und rannte auf einen der Ausgänge zu. Zwei Römer folgten ihm. Der Zwerg sah sich immer wieder um und an den unteren Rängen konnte man sein lautes Schreien hören, als er rannte.


    Er lief erstaunlich flink direkt auf den Streitwagen zu, rutschte zwischen den nervös tänzelnden Pferden hindurch, sprang über das Geschirr neben Licinius Lucullus (Mactator). Vor dessen Füße warf er sich auf den Boden und hob flehend die Hände. Die Soldaten kamen heran und hoben ihre Gladii, doch Mactator hob die Hand und sie verharrten. Mactator deutete auf Fulmineus, alias Mithridates. Die Soldaten nickten und wandten sich um. Die restlichen Römer, ss waren auch nur noch 4, die den Kampf einigermaßen heil überstanden hatten, rannten auf Mithridates zu. Dessen Pferd stieg und er galoppierte den Soldaten entgegen. Sein Schwert blitzte in der Sonne auf und fuhr herunter. Mit einem Streich köpfte Mithridates den ersten Soldat, stieß dem zweiten seinen Krummsäbel durch die Brust und war an den übrigen vorbei galoppiert.


    Sofort riss Fulmineus sein Pferd herum und galoppierte an einem der beiden letzten Soldaten vorbei, dieser hob sein Schild, doch Fulmineus trat gegen das und ließ wieder sein mörderisches Schwert heruntersausen. Auch dieser war außer Gefecht gesetzt. Der letzte Soldat wich Stück für Stück zurück. Mactator griff nach seinen Zügeln und der Streitwagen setzte sich in Bewegung. Die Pferde galoppierten, Sand wurde aufgewirbelt. Fulmineus wandte sein Pferd wieder um und trabte an. Mithridates und Licinius Lucullus näherten sich einander in berauschender Geschwindigkeit....



    Ödipus- Kreon kehrt zurück oder der Orakelrat


    Akt 1, Zweite Szene


    Kreon tänzelt vor Ödipus und verneigt sich ruckartig. Die Akteure erstarren und sehen wie Statuen über die Zuschauer hinweg. Die Lichter um sie herum erlöschen und sie sind nur noch wie Schemen zu erkennen. Stattdessen wird ein hinterer Teil der Bühne erleuchtet. Ein geisterhaftes Stöhnen ist von dort zu hören. Gestalten kriechen auf den Boden entlang. Sie sehen scheußlich aus mit schwarzen Beulen, blutigen Stellen an ihren Leibern, mageren Gerippen ähnlich. Düstere und schrille Musik begleitet die Pestkranken. Ihr klagendes Leiden wird im singenden Ton vorgetragen.


    Die Pestkranken: “Oh Ödipus, oh König unseres Landes, hilf! So hilf! Warum wurden wir mit diesem Leid geplagt? Die Götter müssen es uns als Strafe geschickt haben. Wir werden sterben müssen...!“


    Die Lichter verlöschen und wie von Zauberhand wird wieder Ödipus angeleuchtet. Ödipus greift zu Kreon und berührt ihn leicht an der Schulter.


    Herrschaftliche- Ödipus:
    „Schwager, sprich, was trugen Dir die Götter auf? Welchen Spruch brachtest Du mit vom Orakel?“


    Fröhliche Maske- Kreon:
    „Gute Kunde bring ich, Ödipus! Denn die Götter sagten uns die Hoffnung voraus. Wenn der Schandfleck des Landes beseitigt ist und die Mörder des Laios, unseres früheren Herrschers, gefunden wird, dann wird die Stadt erlöst werden. Der Ruchlose ist in diesem Lande und es gilt den Mörder zu finden.“


    Ödipus sieht Kreon erstaunt an, tanzt um ihn herum, macht allerlei ratlose Gestiken ehe er die Maske wieder für sich sprechen lässt.


    Herrschaftliche Maske- Ödipus:
    „Doch wo soll ich suchen, wo die Spur aufnehmen? Wo starb Laios, war er im Hause oder war’s im Freien?“


    Fröhliche Maske- Kreon:
    „So sprach das Orakel, dass er starb, nachdem er aufgebrochen war. So kehrte er niemals mehr heim! Zeugen gab es keine, bis auf einen Boten. Dieser sprach von Räubern, die den König angriffen und erschlugen. Doch damals gingen wir dem nicht auf den Grund. Die Rätselsängerin, die Sphinx, brachte uns dazu, es im Verborgenen zu lassen!“


    Ödipus wendet sich an die Zuschauer. Wie einen heiligen Eid schwörend, hebt er die rechte Hand und vollführt einige tanzende Bewegungen dabei.


    Herrschaftliche Maske- Ödipus:
    „So werde ich Licht in das Dunkel tragen. Dieses Gräuel will ich zerstreuen und den Mörder des Laios finden. So steht auf, ihr Kinder und Priester. Den Schandfleck will ich vom Lande nehmen und zu unserer Rettung eilen.“


    Alle samt erheben sich, die Kinder lachen auf und tanzen umeinander. Der Priester tänzelt von der Bühne weg, Ödipus bietet ebenfalls noch eine kunstvolle Tanzeinlage ehe sie alle abreten. Wieder Dunkelheit. Ein Paukenschlag donnert durch das Theater.


    Schrille Flötenmusik erhebt sich, Tibiae gemischt mit den Klängen der Fistula Obliqua, einer Art von Querflöte. Einige Lichter gehen wieder an, grausige Schatten tanzen über die Kulissen und wieder kriechen die Pestkranken über den Boden.


    Die Pestkranken: „Oh weh, zahllos tragen wir das Leiden. Krank ist nicht nur das ganze Volk, es reifen weder die Früchte des Landes noch gebären unsere Frauen Kinder. Zahllos sind die Toten, die Stadt stirbt dahin. Und unbetrauert liegen ihre Söhne am Boden, todverbreitend, unbeweint, Gattinnen dabei und ergraute Mütter!“


    Paukenschlag! Schriller Ton! Ein Wehgeklage und Schmerzensschreie.


    Die Pestkranken: „Doch wird uns Ödipus die Erlösung bringen? Ahnt er doch selber schon, was für ein Verhängnis, ein Schwert des Damokles, über sein Haupt schwebt. Die Träume, die Bilder und seine Erinnerungen überkommen ihn. Doch er verschließt die Augen! Oh weh, wir Armen! Wir siechen dahin. Oh ihr Götter helft und leitet unseren König!“


    Fackeln werden gelöscht. Die Bühne ist für einen Moment in Schwärze gehüllt. Das Wehklagen ist noch etwas länger zu hören ehe auch das erstirbt.

    Einige Männer drängten sich hinter Medeia vorbei. Doch ehe sie angerempelt wurde, trat Medeia auch schon einen Schritt näher an Plautius heran. „Da gibt es nichts zu verzeihen, Centurio! Ich danke Dir!“ Medeia lächelte, ihre grünen Augen funkelten gut gelaunt und sie nahm neben Plautius Platz. Ehe noch die Vorstellung begonnen hatte, beugte sie sich ein wenig näher an ihn heran. „Ich bin schon selber gespannt auf das Stück. Der Dramatiker hat es verboten, dass man bei den Proben dabei sein durfte. Aber ich hörte, dass es mit den neumodischen Pantomimetänzern aufgeführt werden soll. Ich muss zugeben, dass ich ein wenig skeptisch bin. Aber ich bin auch anderes aus Griechenland gewöhnt. Da wäre man über so eine Art Sophokles zu zeigen, sicherlich schockiert!“ Medeia schmunzelte darüber, konnte sie sich die Empörung der alten griechischen Männer, Frauen gab es im Theater seltenst, gut vorstellen. „Das ist natürlich schade!“ erwiderte Medeia auf Plautius Worte über die sich zu Ende neigenden freien Tage in Roma. „Ich hoffe jedoch, Dich bald in Roma wieder zu sehen, Centurio!“ In dem Moment begann die Vorstellung. Alles wurde dunkel und in Medeias Augen war nicht mehr zu lesen.

    Und wie Mactator in den Hähnchenschenkel biss, gierig und hungrig. Er riss die Fleischfasern von dem Knochen und griff nach einem Weinbecher. Als er einen tiefen Schluck nahm, perlte ein winziger roter Tropfen von seinen Lippen ab und über sein Kinn, was ein wenig stoppelig und mit einem Dreitagebart versehen war. Erst als Scintilla den Gladiator direkt ansprach, wandte er ihr den Blick zu. Ausdrucksloser Miene wanderten seine Augen an Scintilla hoch und runter, verharrten an ihren Körperrundungen. „Hohohoho!“ ertönte im Hintergrund. Einige Gladiatoren feuerten einen der Zwerge, die am nächsten Tag auftreten sollten, dazu auf, eine ganze Karaffe Wein auszutrinken. Der Wein lief an dem Mund des kleinen Mannes vorbei und über seine schäbige Tunika hinweg.


    Mactator blinzelte etwas und schien von Scintilla einen Moment überfordert zu sein. Doch dann sah er an ihr vorbei. Sein Blick haftete sich auch Briseis, die immer noch bei Sergius Curio war. Seine Wangenknochen mahlten und er wandte sich abrupt von der Amazone ab. Er lächelte und musterte Scintillas Schlange, die er erst jetzt zu bemerken schien. „Scintilla! Ein schöner Name, passend für eine schöne Frau! Gehört Dir die Schlange? Setz Dich doch!“ Mactator rutschte auf der Liege etwas nach oben, griff nach einem zweiten Becher und ließ ihn sich von einem der Knaben füllen. Freundlich lächelnd, ein Hauch von Melancholie lag in seinen Augen, reichte er Scintilla den Becher.


    Fulmineus tiefes Lachen ertönte vom Rand und er zog eine junge blonde Frau, die verlegen kicherte, auf seinen Schoß. Augenzwinkernd spähte er auch zu Mactator. „Heya, Mactator, wasn fürne scharfe Braut haste da? Ist doch besser als dieses Zickenbiest!“ Er grinste breit und sah zu Scintilla. „Na, Mädel, bist das erste Mal hier, oder? So ein schönes Mädel wär' mir sofort aufgefallen. Besonders Deine Ti...“ Mactator sah zu Fulmineus, strafend und mit gerunzelter Stirn. Fulmineus lachte laut und beendete seinen Satz nicht. Stattdessen vergrub er sein Gesicht in dem Ausschnitt der Blonden auf seinem Schoß. Die gackerte wieder auf, etwas geistlos.

    Der schwarze Gladiator und heute Türsteher sah auf Corvinus herunter. Seine Augen erspähten, trotz des schummrigen Lichtes, das Geld natürlich sofort. Seine schwieligen Hände griffen danach und er steckte das Geld ein. Ein höhnisches Lächeln kam auf sein Gesicht. Er lachte rauh und etwas anzüglich. „Deine Tante? Alte Vetteln kommen hier nicht rein. Und wenn sie jung und schön wäre, dann liegt sie mit Sicherheit schon in den Armen des Fulmineus. Der lässt sich ne heiße Braut nicht entgehen. Aber such sie doch selber. Husch, rein mit Euch ehe ich es mir anders überlege. Uoioooooi....Clodia! Hey, Adras, schau mal! Ihre Sänfte naht.“ Eine dunkelrote Sänfte nahte und nackte eingeölte Sklaven setzten diese vor dem Eingang ab.


    Der Vorhang strich zur Seite und ein schmaler Fuß, eine schlanke wohlgeformte Wade und ein halbnackter Oberschenkel tauchten auf. Die Haut war mit goldenem Öl eingerieben und goldschwarze Muster auf ihre Beine gemalt. Eine dunkelhaarige Frau, Clodia, entstieg der Sänfte. Ein aufregendes Nichts von einem tiefgoldenen Kleid umhüllte ihren üppigen Körper, der golden schimmerte. Ihre Haare waren mit goldenen Nadeln festgesteckt. Ihre Lippen leuchteten tiefrot und ihre Augen waren dunkel von Kohle umrandet. Und wie diese Frau sich bewegte! Genau so, als sie alle Männer um sich herum wahnsinnig machen wollte. Sinnlich und lasziv! Ihre dunklen Augen sahen nach links und nach rechts, sie lächelte genüsslich und ging, ihre Hüften schwingend, auf den Eingang zu. „Mmm....Bodabi, na musst Du an der Tür stehen, mein Stier?“ Ihr Blick schweifte auch über die Männer, die gerade um Einlass kämpften- Detritus, Corvinus, Callidus und Brutus. Sie streifte einen von ihnen und betrat den Ludus. Die Türsteher gafften ihr hinter her. Jetzt war der beste Moment, sich auch als Sklavenhochstapler gut einschmuggeln zu können.

    *Gurrgurrgurr* Nun bemerkte auch Medeia die Taube auf dem Fensterbrett. Diese wackelte, blöde wie manche Tauben nun mal sind, nur mit dem Kopf und starrte in das Officium hinein. Einige Kinder lärmten draußen und eine Frau kreischte laut auf. "Wenn Du kurz verzeihst?" Medeia stand auf und ging schnurrstracks zum Fenster. Die Taube flatterte erschrocken davon und Medeia schloß das Fenster. Der Lärm wurde leiser und mit einem dünnen Lächeln kam Medeia zum Tisch zurück. Seufzend setzte sie sich wieder und griff nach einer der Akten.


    "Nein, werter Octavius, ehrlich gesagt ist Dein Erscheinen mir sogar gerade recht! Es gibt da eine Sache, die mir heute ins Auge sprungen ist!" Das damit eine Spinne auf der Akte gemeint war, verschwieg Medeia jedoch. Es war schließlich arg peinlich, Menschen beim Sterben zu zusehen in der Arena, aber sich vor Spinnen zu fürchten. "Die Taberna Apicia. Mein Amtsvorgänger wollte ihr, aufgrund Deiner Inspektion, die Konzession entziehen. Könntest Du mich bitte darüber aufklären, was mit der Taberna nicht in Ordnung ist?" Medeia hielt die Akte bezüglich des Ediktes in ihren Händen und sah Detritus ruhig an.

    Die Verwirrung des Architectus ignoriernd, schob Medeia einen Aktenstapel zur Seite. Staub wurde aufgewirbelt und Medeia musste leise husten. Mißmutig sah sie auf den Tisch, sich wohl fragend, wie lange die Akten hier schon lagen. Resegniert seufzend sah Medeia auf und lächelte freundlich. "Ich danke Dir, Octavius. Architectus Urbi?" Medeia lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und nickte schließlich. "Ja, ich habe schon einiges von Deinem Wirken gehört. Du scheinst sehr fleißig bei Deiner Arbeit zu sein. Sicherlich bist Du nicht nur zur Gratulation hier. Wie kann ich Dir helfen?" Immer wieder huschten Menschen vor der Tür entlang, das Lärmen von sich unterhaltenden Römern war zu verstehen und schlußendlich auch das Gurren einer Taube, die sich auf den Rand des geöffneten Fensters gesetzt hatte. Diese plusterte sich auf und fing an, sich in aller Ruhe auf der Fensterbank zu putzen.

    Erst kurz gewählt, gerade erst ihr Officium bezogen, hatte sich Medeia gleich aufgemacht zu ihrem Kollegen, Tiberius Vitamalacus. Hocherhobenen Hauptes marschierte sie durch die Flure der Basilica. Dabei ging sie an einigen Wartenden, an Bittstellern und an sich streitenden Menschen vorbei, die die Basilica mit Leben füllten. Der Aedilis Plebis folgte ein Mann im mittleren Alter, der nur ein wenig kleiner als Medeia war. Wenn man ihm auf der Straße begegnen würde, wäre er bestimmt nicht auffällig. Bis auf das leichte Hinken seines rechten Beines. Das war aber nur mit aufmerksamen Auge zu sehen. Er trug seine dunklen Haare kurz, seine Tunika sauber und an seiner Nase hatte er einen Tintenfleck.


    Vor der Tür mit dem Aedilis Cvrvlis aufgemeißelt, blieb Medeia stehen. Der Scriba, der einer der Besucherinnen hinter her gaffte, prallte unsanft gegen Medeias Rücken. Medeia atmete tief ein und sah zu ihrem Scriba. „Quartus, aufpassen, mein Lieber. Man muss mit offenen Augen durchs Leben gehen!“ Kopfschüttelnd drehte sich Medeia wieder um. Quartus, der Scriba rollte mit den Augen und äffte Medeia nach. Medeia wandte sich an den Scriba von Vitamalacus. „Salve, ich bin der Aedilis Plebis, Artoria Medeia. Melde mich bitte dem Aedilis Curulis.“

    Frisch eingezogen und gerade erst angekommen, inspizierte Medeia das Officium des Aedilis Plebis. Ihr Officium! Als erstes riss sie erst mal die Fenster auf. Was für ein Mief hier doch herrschte. Außerdem ging sie zu der Statue am Ende des Officiums und zog das Tuch davon herunter. Darunter erschien das Bildnis des Kaisers. „Na, da muss wohl jemand auf ihn sauer gewesen sein!“ Medeia nahm den Zipfel des Tuches und putzte sorgfältig das Gesicht ihres ehemaligen Arbeitgebers. Prüfend musterte sie ihn, wedelte noch etwas Staub herunter und trat zurück. Zufrieden sah sich Medeia im Officium um und seufzte. Bis sie sich hier wohl fühlte, würde wohl noch einige Arbeit bedürfen. Doch jetzt hatte sie sich den vielen Akten zu widmen, die sich hier in letzter Zeit angesammelt hatten. Grübelnd verschränkte sie die Finger. „Der Scriba!“ murmelte Medeia.


    Just wollte sie sich umdrehen, um zum Vorzimmer zu gehen als die Tür sich öffnete. Wieder mal schien der Scriba es nicht für notwendig erachtet zu haben, Medeia vorzuwarnen. So musterte Medeia den Neuankömmling prüfend. Medeia blinzelte ein oder zwei Mal als der Mann sie als Fräulein ansprach. Sie schwieg und sah sich sicherheitshalber mal nach hinten um. Jemand anderes konnte er wohl nicht meinen. „Salve! Du hast den Aedilis Plebis gefunden. Ich bin der Aedilis Plebis, Artoria Medeia. Wer bist Du und was führt Dich hierher?“ Medeia spähte an den Octavier vorbei, ob der Scriba mal wieder am Morgen Mittagspause machte. Aber der saß ganz unschuldig an seinem Tisch. Medeia deutete Detritus sich zu setzen, trat um ihren Schreibtisch herum und sah ihn erwartungsvoll an.

    Schmunzelnd vernahm Medeia das Mischungsverhältnis. Mit einer Hand deutete sie den Sklaven und diese nickten. Viele Sklaven eilten herbei und holten aus dem Brunnen den Wein hervor, nur ein Wenig von dem bereitgestellten Wasser wurde dazu gemischt und den Gästen gebracht. Zufrieden beobachtete Medeia den Aufmarsch der vielen Sklaven mit all den Essensplatten. Um es den Gästen vorzumachen und sie zum herzhaften Zugreifen zu bewegen, wollte sich Medeia auch gleich zu den Klinen bewegen. Dabei fiel ihr eine der Gäste auf. Lächelnd ging Medeia auf Tiberia Livia zu. „Salve, Tiberia! Es ist mir wirklich eine große Freude und Ehre, Dich in meiner Casa zu begrüßen. Wie ich sehe, hast Du schon meinen Neffen, Artorius Imperiosus, kennen gelernt?“ Medeia lächelte freundlich, nickte ihrem Neffen zu und sah wieder zu Livia. „Ich muss zugeben, werte Tiberia, dass Deine Arbeit für das Imperium mich stets inspiriert hast. Aber wie ich sehe, stürzt sich unser gallischer Koch schon auf das Essen. Vielleicht sollten wir uns auch zu den Klinen begeben ehe er auch die restlichen Speisen ‚gekostet’ hat!“


    Medeia schmunzelte, wenn sie auch nicht mehr ganz so heiter wie am Anfang des Festes wirkte. Der Vorfall im Garten lag ihr da noch zu sehr auf dem Gemüt, scheinbar. Doch für die Meisten war das kaum zu erkennen und so steuerte Medeia auf die Klinengruppe in der Nähe der Bühne zu. Geschmeidig nahm Medeia Platz, wobei sie Tiberia Livia die beste Kline, mit guter Sicht auf die Bühne, überließ. Ein Sklave griff nach Medeias Sandalen, streifte sie ab und wusch sorgfältig ihre Füße. Danach rieb er diese mit wohlriechenden Ölen ein. Lächelnd wusch sich Medeia ihre Hände in der Wasserschale und wandte sich dem Essen zu. Just trat die hagere Griechin, Krysia, auf die Klinengruppe und setzte sich ungefragt dazu. Ihr schwarzes Gewand raschelte und sie tunkte ihre Hände in das kühle Wasser.


    Olympia sah Rutger nur erstaunt an. Scheinbar war sie ein solches Verhalten ihr gegenüber nicht gewohnt und auch bei Rutgers Worten zeigte sich nur Unverständnis auf ihrem Gesicht. Gehorsam, wie es sich für eine gute Sklavin gehörte, folgte sie dem Gast zu den Klinen und setzte sich. Neugierig musterte sie ihn, unterdrückte das jedoch schnell und sah verlegen gen Boden. Ihre Hände hielt sie auf ihrem Schoss gefaltet. Eine Falte des Ärgers über sich selber erschien auf ihrer Stirn. Sie war doch sonst nicht so schüchtern! Schließlich hob sie ihre Augen und sah Rutger fragend an. „Herr? Was hast Du vorhin gesagt? War das Griechisch? Verzeih, möchtest Du etwas Wein?“ Schnell nahm sie einem anderen Sklaven die Weinkaraffe aus der Hand und goss Rutger den Becher voll.


    Neugierig sahen sich das Zwillingspärchen, Fausta und Faustina auf dem Innenhof um. Eigentlich hießen sie nicht so, aber der Name war schick und verlieh ihnen etwas Römisches. Fausta murmelte resigniert. "Das gibs doch nicht! Jetzt stehen wir schon eine halbe Ewigkeit hier rum und keiner hat uns bis jetzt angesprochen!" Faustina lächelte und sah in Richtung der Säulen. Ihr Blick ruhte auf Flavius Milo. "Was meinst Du zu dem?" Fausta, die Kalte und Berechnende von den Beiden, nickte zustimmend. "Ja, der sieht reich aus!" Faustina seufzte. "Und so schnuckelig. Der gefällt mir wirklich. Komm, sprich Du ihn an. Ich trau mich nicht!" Fausta rollte mit den Augen und zog ihre Schwester mit sich. Beide, genau gleich aussehend, traten zu Milo. Fausta trug ein dunkelblaues Gewand und Faustina eine tiefrotes, was gut zu ihren braunen Haaren passte. Faustina lächelte Milo an. Fausta ergriff jedoch das Wort. "Salve? Verzeih, wenn wir Dich ansprechen. Aber wir kennen hier niemanden und..die Anderen sehen so bedrohlich aus. Würdest Du uns vielleicht heute etwas gesellschaftlichen Schutz gewähren. Das ist meine Schwester Faustina und ich bin Fausta!" Beide hübsche jungen Frauen strahlten Milo an.

    Wenn man schon so lange bangen musste, ob man auch das Amt errang, da war man doch gleich auf der Matte, wenn es um das Schwören des Eides ging. So war Medeia schon früh an der Eidesstelle, trat gemessenen Schrittes hoch und lächelte frohen Mutes. Zwar hatte sie den Text schon einmal gesprochen, doch war es immer wieder ein erfüllendes Erlebnis.


    "EGO, ARTORIA MEDEIA HAC RE IPSA DECUS IMPERII ROMANI
    ME DEFENSURUM, ET SEMPER PRO POPULO SENATUQUE
    IMPERATOREQUE IMPERII ROMANI ACTURUM ESSE
    SOLLEMNITER IURO.


    EGO, ARTORIA MEDEIA OFFICIO AEDILIS PLEBIS IMPERII ROMANI ACCEPTO,
    DEOS DEASQUE IMPERATOREMQUE ROMAE IN OMNIBUS MEAE VITAE
    PUBLICAE TEMPORIBUS ME CULTURUM, ET VIRTUTES ROMANAS
    PUBLICA PRIVATAQUE VITA ME PERSECUTURUM ESSE IURO.


    EGO, ARTORIA MEDEIA RELIGIONI ROMANAE ME FAUTURUM ET EAM
    DEFENSURUM, ET NUMQUAM CONTRA EIUS STATUM PUBLICUM ME
    ACTURUM ESSE, NE QUID DETRIMENTI CAPIAT IURO.


    EGO, ARTORIA MEDEIA OFFICIIS MUNERIS AEDILIS PLEBIS
    ME QUAM OPTIME FUNCTURUM ESSE PRAETEREA IURO.


    MEO CIVIS IMPERII ROMANI HONORE, CORAM DEIS DEABUSQUE
    POPULI ROMANI, ET VOLUNTATE FAVOREQUE EORUM, EGO
    MUNUS ARTORIA MEDEIA UNA CUM IURIBUS, PRIVILEGIIS, MUNERIBUS
    ET OFFICIIS COMITANTIBUS ACCIPIO."


    sprach sie feierlich und trat somit ihr Amt an.

    “Du bist ein herzloser Bastard, Mactator!” Eine Frau fauchte die Worte. Mactator, der berühmte und gefeierte Gladiator stand im Halbdunkel und am Rande des Amphitheaters. Schweigend ignorierte er die Frau an seiner Seite. „Wir könnten beide morgen sterben und Du willst wirklich an dieser Feier teilnehmen? Liebst Du mich nicht?“ Mactator hob den Blick und richtete ihn auf die dunkelhaarige Frau. „Red keinen Unsinn, Briseis. Du kennst Deine Rolle morgen! Und da Gorgoneus Mithridates spielt, wird das ein Leichtes sein. Komm mit und feier ein wenig!“ Schritte näherten sich und Fulmineus trat auf die Beiden zu. „Na, Mactator, Du willst doch nicht all die Frauen warten lassen, die nur wegen Dir da sind. Briseis, Schöne, gönnst Du mir heute Deinen geschmeidigen Leib?“ Briseis starrte zu Fulmineus. „Eher schlucke ich Dreck, Bastard!“ Sie spuckte vor Fulmineus auf den Boden und marschierte davon. Fulmineus lachte auf, kalt und sah Briseis hinter her. „Das wird sie noch eines Tages bereuen, das kleine Miststück. Komm, Amicus, lass uns feiern.“ Mactator sah Briseis unzufrieden hinterher, dann folgte er seinem Freund zu den anderen Klinen.


    Die anderen Gladiatoren hoben ihre Becher als die prominentesten Gladiatoren auftauchten. Fulmineus ging schnurstracks auf eine der Frauen zu, schlang einen kräftigen Arm um ihre Taille und küsste sie kräftig und etwas grob. Prompt ließ er sie wieder los und fiel plumpsend auf eine Kline. WEIN her, aber dalli! Hey, Blondiepüppchen, komm doch mal zu mir!“ Auffordernd klopfte er auf den Platz neben sich. Mactator war etwas zurückhaltender. Sein Blick schweifte über die vielen Frauen, die teilweise sehr eifrig drum bemüht waren seine Aufmerksamkeit zu erringen. Vage lächelte Mactator in die Richtung von Scintilla ehe er sich auch auf eine Kline setzte und einen Hähnchenschenkel ergriff.


    Briseis stürmte über den Platz und sah wütend zurück. Doch über ihre Wange liefen einige Tränen. Es schien, dass sie einfach nur weg wollte von dem Ludus. Doch in dem Moment stieß sie wuchtig gegen Sergius Curio. Erschrocken blieb sie stehen, wischte sich die Tränen vom Gesicht und schniefte kurz. Briseis trug auch nur eine kurze Tunika und an ihrem Körper konnte man das viele Training erkennen. Sie war schlank, aber nicht filigran gebaut. Geschmeidig, aber durchaus muskulös. Dabei wirkte sie jedoch immer noch sinnlich und sehr weiblich. Eine wahre Amazone eben. Ihre langen schwarzen Haare flossen um ihre Schultern herum und ihre vollen Lippen zitterten noch leicht durch den emotionalen Aufruhr in ihr. „Verzeih!“ murmelte sie zu Sergius Curio.


    Pumilus spähte über den Platz und wollte gerade seine Anekdote fortsetzen als er seine Domina erblickte. Er erbleichte, staunte und starrte. Aber ihm quollen nicht wegen den vielen schönen Frauen die Augen aus dem Kopf, sondern weil er seine Herrin noch nie so gesehen hatte. Hastig schluckte er ein paar Mal, sein Adamsapfel hüpfte auf und ab und er grübelte darüber nach, ob er jetzt stören sollte. Voyeuristisch besah er sich wie Rufus sich mit seinen Lippen Medeias Wade nährte und an ihr etwas hochstrich. Schnell griff Pumilus nach der Hand von Plautius. „Komm, wir haben Dir noch nicht DIE Sensation hier gezeigt. Siehst Du dort hinten die Ställe? Da sind richtige Elefanten drin! Hast Du schon mal einen Elefanten gesehen?“



    [SIZE=7]Edit: grummel...immerdieserechtschreibfehler...[/SIZE]

    „Äh...öh!“ Es war wohl das erste Mal, dass man Pumilus sprachlos erlebte. Ungläubig sah der kleine Mann zu Plautius hoch. Nahm dieser ihn auf den Arm? Nein, das konnte nicht sein. Pumilus strahlte auf und nickte eifrigst. „Natürlich, Dominus! Das ist ein ganz hervorragendes Geschäft. Wir verstehen schon den Vorteil, den Du darin für Dich siehst. Schließlich hat man nicht alle Tage, Pumilus Maximus, als Führer durch den Ludus Magnus. Wenn ich in aller Bescheidenheit anfügen darf? Ich war früher selber großer Gladiatorenkämpfer und siegreich in mehr als dreißig Kämpfen! Nun, als Nomenklator habe ich mich noch nie geübt, aber das wird mit Sicherheit kein Problem werden. So folge mir doch, werter Dominus!“ Fröhlich, denn nun würde er doch in Reichweite dieser schönen Tänzerin kommen, die er schon auf dem Fest so bestaunt hatte. Die Welt schien mit dem kleinen Ianitor wieder im Reinen zu sein. Plautius hatte bei ihm sofort ein Stein im Brett. „Platz da für den Herren! Aus dem Weg, Du Zwerg!“ grob bahnte sich Pumilus den Weg an Detritus, Callidus und sogar seinem anderen Herren, Corvinus, vorbei, den er im Eifer des Gefechtes nicht bemerkte. Tatsächlich gelang es Pumilus Plautius hinein zu bugsieren. Vielleicht lag es daran, dass Pumilus mit einem der Gladiatoren von der Zwergenarmee verwechselt wurde?


    Einer der schwarzen Türsteher besah sich mit hochgezogenen Augenbrauen die Männergesellschaft, Detritus, Callidus, Corvinus und Brutus, vor der Tür. „Hah, was wollt ihr denn hier? Eure Gewänder sind kurz genug, aber unsere Männer stehen nicht auf so haarige Beine!“ Der Türsteher lachte etwas boshaft und rau auf. Der Andere wiederum witterte ein gutes Geschäft und sah direkt zu dem, der am Reichsten aussah, nämlich der am meisten Leibesfülle hatte- Corvinus. Grinsend streckt er ihm die Hand entgegen, um den notwendigen Obolus zu erhalten. Eine weitere Frau trat vorbei, lächelte Detritus augenzwinkernd an und verschwand hüftschwingend in dem Ludus. Der Geräuschpegel um den Ludus Magnus war recht groß. Immer wieder schimpften Männer oder auch Frauen, die nicht hineingelassen wurden. Manche starrten nur gaffend durch den Eingang oder es wurde sich lauthals über die bevorstehenden Spiele ausgelassen.


    Pumilus bahnte sich an dem vielen Wasser, der über die Beiden besprenkelt wurde seinen Weg und führte Plautius in das Amphitheater. Dabei erklärte er Wortreich und sehr Phantasievoll angebliche Anekdoten aus seinem Gladiatorenleben. „...ja und so schlugen wir ihm den Kopf ab. Ach, erzählten wir Dir vielleicht schon mal die Geschichte von dem Elefanten und dem Kamel? Nun, wir waren auserkoren, das Kamel zu reiten. Und gegen eine Schar von Elefanten mussten wir, Pumilus Maximus, antreten. Mit nur einem mickrigen Haufen von Männern. Unsere Sache stand schlecht. Schlecht? Das ist noch untertrieben! Aussichtslos, von den Göttern verdammt. Aber es sollte sich alles ganz anders zeigen. Doch höre selber, werter Dominus....“ Just kamen sie zu dem Platz mit den Klinen. Schon vom Eingang aus hatte man einen guten Blick über die Gäste. Rufus, der Schulleiter des Ludus Magnus, hatte immer noch Medeias Knöchel in seiner Hand. Seine Lippen streiften ihren Fußrücken und seine Hand glitt an ihrer Wade entlang. Medeia, als ob sie das Ganze nicht bemerken würde, winkte einen jungen alexandrinischen Knaben heran, der ihr eine Schüssel mit Weintrauben reichte.



    Dies Irae- Tag des Zorns


    „Tod, Tod, Tod!“ schrieen einige der Zuschauer und hielten ihre Daumen nach unten. Doch von anderer Seite scholl es im Chor. „Leben, Le-ben, Leeeben, Leben!“ Die Daumen zeigten nach oben. Das Pferd von Fulmineus, alias Mithridates, stieg mit den Vorderhufen empor bei dem lauten Gebrüll. Mithridates riss es herunter, galoppierte von einer Seite zur Anderen und sah zu der Menschenmenge hoch. Die Frau kniete immer noch im Staub und den bunten Mineraliensplittern, den Kopf leicht gesenkt. Langsam sah sie hoch als Mithridates wieder bei ihr und den Zwergen ankam. Der Anführer der Barbaren brüllte etwas zu seiner „Armee“, was die Menschenmasse mit ihrem Gebrüll jedoch weit übertönte. Der Zwerg hob seine Axt und ließ sie auf den Hals der Frau zusausen. Doch kurz vor ihrer Haut verharrte die Axt. Mithridates lachte auf, man sah es an seinem Gesicht und sagte wohl etwas zu der Frau. Die hob ihren Blick und spuckte Mithridates vor die Füße. Der riss an den Zügeln, tänzelte mit dem Pferd an sie heran und trat ihr mit Wucht ins Gesicht, so dass die Frau nach hinten geschleudert wurde.


    Zwei Zwerge rangen die Frau nieder, die jedoch auch von dem Tritt ganz benommen schien. Mithridates hob sein Schwert und die kleine Sklavenhorde brüllte triumphierend auf. Sie sammelten sich um ihren Anführer und schienen ihn Hochzupreisen. Buhrufe und zorniges Gebrüll kamen von den Rängen und das erste Gemüse wurde hinuntergeworfen. Der dicke Praeco trat wieder auf seine Redebühne und hob seine Hände. Nur ein paar wenige von den Rängen in seiner Nähe verstummten etwas. Seine Stimmte trug sich weit, doch nicht bis zu allen Rängen.


    „Siegreich wähnte sich der ruchlose Mithridates, der nur das Leben der ehemaligen Königstochter schonte. Denn sie zum Weibe zu nehmen, war sein Streben. So wollte er sich zum König von Bithynien machen. Doch Rom schickte einen seiner besten Feldherren....Liciiiinius Lucullus!“


    Ein Tor öffnete sich laut rasselnd. Aus der Dunkelheit der Katakomben kam ein großer und prächtiger Streitwagen herausgeschossen. Vier weiße Rösser zogen den Streitwagen, der leuchtend rot bemalt und mit goldenen Verzierungen versehen war. Auf dem Streitwagen stand Mactator, alias Lucullus. Er trug eine schmucke, römische Paradeuniform aus dunkelbraunem Leder mit goldenen Verzierungen. Auf seinem Kopf hatte er einen vergoldeten Helm mit einem breiten roten Pferdehaarbüschel. In seiner rechten Hand trug er ein Pilum und mit der Linken dirigierte er souverän den Streitwagen.


    Aus dem Tor zu den Katakomben traten außerdem etwas weniger als ein Dutzend Männer, die allesamt wie römische Legionäre gekleidet waren. Wenn auch ein wirklicher Soldat sofort erkennen würde, was an dem Kostüm alles falsch war. Diszipliniert in zwei Reihen marschierten sie nach draußen und bildeten eine Schlachtformation. Mactator umrundete die Arena mit seinem Streitwagen. Dabei hob er das Pilum hoch und grüßte die Zuschauer von einem Rangabschnitt zum nächsten. Die Zuschauer jubelten laut bei seinem Anblick. Erst dann kehrte er zurück und vor seine Männer. Posaunen ertönten und Mithridates, der immer wieder in der Mitte auf und ab geritten war, sah zu seinem Kontrahenten. Die Zwerge sammelten sich hinter ihm. Zahlenmäßig waren sie den Römern noch überlegen. Lucullus, bzw. Mactator, hob seine Hand. Die Soldaten marschierten an seinem Streitwagen vorbei und auf die Zwerge zu. Diese stürmten ebenfalls an ihrem Anführer voraus und wie ein chaotischer Haufen auf die „Römer“ zu.



    Beginn der Vorstellung


    Akt 1, Teil 1


    Nachdem das Theater, was durchaus 20 000 Menschen aufnehmen konnte, sich recht gut gefüllt hatte, wurden die Tore, bis auf einem kleinen Zugang geschlossen. Die hinteren Fackeln wurden gelöscht und nur noch die Bühne wurde angeleuchtet. Das Raunen, die Gespräche verstummten als dann das Tuch, welches den Blick auf die Bühne verborgen hatte, weggezogen wurde. Auf der Bühne stand eine große Wand, die kunstvoll bemalt war. Ein Palast war zu erkennen, dahinter Häuserdächer und das Meer. Auf den Stufenrequisiten vor dem Palast saßen Kinder, ein greiser Priester und Jünglinge. Die Darsteller trugen allesamt bunte Gewänder und bemalte hölzerne Masken. Einige Tibiae, eine Doppelflöte, wurde gespielt, unsichtbar fürs Auge. Die Melodie klang getragen und etwas traurig.


    Eine Tür, die auf die bemalte Palastwand gepinselt war, öffnete sich. Tubae wurden im Hintergrund geblasen und Musiker trommelten laut als ein Mann herunter kam. Seine Schritte waren kunstvoll tänzelnd und sein Körper beweget sich wie das Schilf im Wind. Er trug eine prachtvolle Tunika mit goldroten Mustern und eine kurze Toga über seinen Schultern, die von goldenen Spangen an der Tunika festgehalten wurde. Mit anmutigen Gesten bewegte sich der Mann auf die Gruppe von niedergeschlagenen Menschen herunter. Von der Seite traten vier Schauspieler auf. Sie trugen große und imposante Masken, die von ihrem Kopf bis zu ihren Knien gingen und ausdrucksstark verzerrt waren. Eine Maske hatte herunterhängende Mundwinkel, eine Strahlte, eine Dritte sah voll des Hasses aus und die Vierte trug eine Krone und zierte eine herrschaftliche Miene, dies war wohl der Chor.


    König Ödipus, der Mann aus dem Palast, trat auf die kleine Versammlung zu. Er streckte seine Hände aus, tanzte leicht um die Gruppe herum. Die bekrönte Maske trat nach vorne. Laut und fast singen verkündete die Maske den Text des König Ödipus, während der Tänzer, Ödipus, kunstvoll die Gestiken vollführte, sich mal zu den Kindern wandte oder zu dem alten Priester.


    Ödipus: Oh ihr Kinder, was sitzt ihr hier flehend auf den Stufen? Erfüllt von Schmerzgestöhn und Bittgesängen. Ich halte es nicht für Recht von Boten, Kindern, die Kunde zu erfahren. Doch Du, alter Mann, sprich, was erfüllt das Gemüt? Was ist es, Furcht oder Begehren, was euch zu mir führte? Sprecht, denn ich bin kein herzloser Mann!


    Die herrschaftliche Maske tritt zurück und die traurige Maske nach vorne. Der Priester steht auf, läuft auf der Bühne tanzend, aber dabei künstlich gebrechlich wirkend, auf und ab ehe er sich vor die Füße des Königs, der ganz starr steht, wirft.


    Der alte Priester: Oh, Herrscher meines Lande, Ödipus! Du siehst uns voll des Grams und der Trauer. Hat das Volk uns doch geschickt, Dir von der schlimmen Kunde zu erzählen. Die Herden siechen dahin, die Frauen scheinen unfruchtbar zu sein. Und dazu quält uns der feuertragende Gott mit der urverhassten Pest. Das Haus des Kadmos leert sich, dafür füllen sich die Hallen des Plutos mit Gestöhn und Klagerufen. So flehen wir Dich an, oh Ödipus, erlöse die Stadt, wie Du es einst bei der gnadenlosen Sängerin getan hattest. O Bester du der Sterblichen, richte wieder auf die Stadt.


    Flehend die Arme gehoben, erstarrte der Priester. Wieder trat die herrschaftliche Maske vor.


    Ödipus: O arme Kinder. Meine Seele stöhnt um die Stadt und schon viel geweint hab ich um die Leiden meines Volkes. Doch seid gewiss, ich such schon lange nach einer Heilung. Kreon, den eignen Schwager, entsandte ich nämlich zu Suchen nach einem Heilmittel bei Phoibos’ pythischen Häusern. Schon lang ist er fort, doch mit ihm wird der Wille der Götter erfahren werden. Aber da, da kommt er schon...


    Alle Figuren verharren und ein weiterer Schausteller kommt auf die Bühne, er ist genauso schlank wie Ödipus und trägt eine grüne Tunika. Tanzend, sich immer wieder um die eigene Achse wirbelnd kommt er heran und verbeugt sich tief vor des Königs Füßen.