Apollonius mustert für einen Moment seine Schüler und nickt schließlich. Ruhiger Stimme beginnt er seinen ersten Vortrag. Immer wieder läuft er bei seinem Vortrag auf und ab und wirft wachsame Blicke auf seine Schüler, ob sie denn auch aufpassen.
Zwischendrin winkt er seinen Gehilfen, Mercurius, heran, der bei seiner Handbewegung immer die passenden Bilder hochhält, die auf Papyrirollen und großen Tafeln gemalt sind. Ab und an schiebt Mercurius auch eine schwere Steinblatte hervor.
"Der Heilkult des Asklepios
Der Heilkult des Asklepios hat seinen Ursprung beim Gott Asklepios, dem Gott der Medici und Heiler. Obwohl Asklepios schon früh als Schutzherr der Heilergilde galt, wird er doch erst seit 250 nach Gründung Roms [500 vor Christus] als Gott der Heilkunst verehrt. Der Kult des Asklepios geht jedoch bis kurz nach der Zeit der Gründung Roms [7. Jhd. v. Chr.] zurück und seine größte Ausbreitung fand er 300-400 nach Gründung Roms [4.-3. Jhd. v. Chr.]
Kennzeichnend für den Heilkult des Asklepios war die Annahme, dass Krankheit und Gesundheit dem göttlichen Einfluss unterlag. Nur mit Hilfe des Priesterarztes und des Gottes selber war es den Menschen möglich wieder zu gesunden und zu genesen. Gewirkt haben diese Heilpriester an heiligen Stätten des Gottes Asklepios, den Asklepieien.
~Der Gott und seine Kinder~
~Der Gott der Heilkunst~
Wie Prometheus uns das Feuer brachte, so beschenkte uns ein Gott mit der Gabe, dem Leiden der Menschen entgegen zu treten. Der Schutzgott der Heilkunst ist Asklepios (lat. Aesculapius). Asklepios ist der Sohn des Apolls und der sterblichen Frau, Koronis, eine Fürstentochter. Nachdem aus Eifersucht Apoll seine Geliebte tötete, wuchs Asklepios als Findelkind bei dem weisen und gütigen Cheiron, einem Centauren auf, der ihn in der Heilkunst unterrichtete.
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Asklepios
Der Ruhm des Asklepios mehrte sich in den Jahren seines Wirkens. Und sein Ruhm war nicht unbegründet, denn es hieß von ihm, dass er sogar die Toten wieder ins Leben zurückholen konnte. Hades (lat. Pluto), der sich um seine Toten betrogen sah, fand das verständlicherweise nicht sehr amüsant. Auf sein Bestreben hin, streckte Zeus (lat. Jupiter) Asklepios mit einem Blitz nieder. Doch das Wissen über die Heilkunst sollte von uns Sterblichen weitergereicht werden und auch Asklepios hilft uns, von seinem Sternenbild Ophiuchus aus, unserem Streben dem Leid zu entkommen.
Asklepios ist jedoch ein griechischer Gott. Wie kam es, dass auch die Römer diesen Gott als den Ihren anerkannten? Nun, im Jahre 460 nach Gründung Roms [293 v. Chr.], wurde Rom von einer schlimmen Pest heimgesucht. Die Sibyllinischen Bücher gaben Rat und eine Delegation wurde nach Griechenland, Epidauros, geschickt. Asklepios gab ihnen ein göttliches Zeichen und bestieg in Form einer Schlange ihr Schiff. Auf der Tiberinsel, sollte dem Willen der Schlange nach, ein Tempel gebaut werden. Die Pest wurde so vertrieben.
So möget ihr, die ihr die Heilkunst praktiziert, künftig die Schlange als Euer heiliges Tier und den Wanderstab des Asklepios [Äskulabstab] mit der gewundenen Schlange als euer Zeichen sehen.
Zu Erwähnen ist außerdem noch, dass vor der Zeit der Verehrung des Asklepios, dem Gott Apoll die Eigenschaften eines Heilgottes zugeschrieben wurden. Doch nachdem Asklepios diese Aufgabe übernahm, wurde hauptsächlich Asklepios in Zeiten der Krankheit um Rat und Hilfe gebeten.
~Söhne und Töchter des Heilgottes~
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Hygieia und ihr Vater Asklepios
Hygieia (lat. Hygiea), was soviel wie Gesundheit bedeutet, ist die Tochter des Asklepios. Sie steht für Gesundheit und die Abwehr der Krankheiten durch eine gesunde Art zu Leben. Ihr heiliges Tier ist die Schlange. Hygieia wurde auch manchmal als Agathe Theos bezeichnet, die in Rom als Bona Dea verehrt wurde. Die Hygiene bedeutet eine Lebensführung, die ganz der Gesundheit verschrieben ist, von der richtigen Ernährung bis hin zu den äußeren Lebensumständen.
Panakeia war die Personifikation des Heilens und Tochter des Asklepios und Salus. Die Heilung der Panakeia fand durch Heilpflanzen statt. Die nach ihr benannte Pflanze, Panazee, gilt als Heilmittel gegen alle Krankheiten. Sie ist jedoch genauso mysteriös wie Ambrosia, die Frucht der Götter.
Machaon und Podaleiros waren Beide die Söhne von Asklepios. Sie fanden ihre Erwähnung schon in Homers Ilias, wo sie den Zug der Griechen nach Troja begleiteten. Sie wirkten dort als die Ärzte der Griechen und ihrer Mitstreiter. Als Machaon in der Schlacht verletzt wird, läßt ihn der kretische Herrscher vom Schlachtfeld tragen mit den Worten: >Denn ein Arzt ist höher denn viele andre zu achten, Pfeile herauszuschneiden und lindernde Kräuter zu streuen.<
~Asklepieien~
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Überall in Griechenland, Kleinasien und dem römischen Imperium konnten diese Heilzentren gefunden werden. Berühmte Zentren dieser Heiligtümer in Griechenland waren Epidauros, Knidos, Kos, Rhodos und Kyrene.
Die Asklepieien waren Tempelanlagen, ausgestattet mit Bädern, Unterkunftsstätten, teilweise mit Sportstätten und Theaterplätzen. All dies stand den Hilfesuchenden und Kranken in ihrer Genesung zur Verfügung. Besonders wichtig in den Tempelanlagen waren die Liegehallen, in denen der heilende Tempelschlaf vollzogen wurde. Bei Erfolg wurde natürlich eine Spende und somit eine Bezahlung erwartet.
Was machte die Medizin des Asklepiaden aus? Ihre Handlungen waren auf psyche und soma bezogen- Seele und Körper. Die Priester vollzogen eine sorgfältige Befragungen der Kranken [Anamnese]. Die Priesterheiler vermittelten zwischen den Kranken und dem Gott, halfen ihnen bei Gebeten und Opferungen an Asklepios und auch an dessen Töchter und Söhne, Hygieia, Panakeia, Machaon, Podaleiros und Telesphoros. Die Heiler des Kultes vollzogen jedoch auch andere heilende Mittel, wie Bäder. Ihre Kentnissen beruhten auf Erfahrung und anderen Heilerfolgen, so dass sie nicht mit den magischen, abergläubischen und dämonischen Heilpraktiken früherer Zeiten und andere Länder zu vergleichen sind.
Das wichtigste Element der Asklepiadenkultes war jedoch der Tempelschlaf, enkoimesis oder auch incubatio genannt. Dazu legten sich die Kranken in die Liegehalle und warteten darauf, dass ihnen der Gott Asklepios im Traum erscheint und ihnen die Anordnungen zur Heilung verkündet. Diese Träume wurden dann von den Priesterärzten interpretiert und die Therapie, sofern es keine Wunderheilung im Traum war, ausgeführt.
Ein Beispiel für einen solchen Traum möchte ich Euch schildern:
"Euphanes von Epidaouros, ein Knabe. Dieser war steinleidend und schlief im Heiltraum. Da träumte ihm, der Gott trete vor ihn und sage: Was willst Du mir geben, wenn ich Dich gesund mache? Er habe gesagt: 10 (Drachmen). Da habe der Gott gelacht und gesagt, er werde ihn erlösen. Als es Tag geworden, kam er gesund heraus."
Solche Wunderheilungen wurden von der Priesterschaft oftmals auf Steintafeln verewigt, so dass heute noch Zeugnisse der Wirkung dieses Kultes zu finden ist.
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Eine Votivbeigabe eines Erkrankten. Ein Bein mit Krampfadern!"
Apollonius verstummt nach seiner langen Rede. Er gibt den Schülern in seiner Atempause, wo er sich von Mercurius etwas Wasser reichen lässt, die Zeit eventuell Fragen zu stellen.