• Unzählige Male hatte Gracchus in den zurückliegenden Tagen darüber sinniert, wie dies Aufeinandertreffen mochte aussehen, hatte in schillernden Farben sich erdacht was er würde sagen, was Faustus würde ihm entgegnen, wie sie würden agieren, wie die Welt um sie her würde sich wandeln - doch letztlich war die Realität gänzlich different von jedem Gedanken, welcher seiner Phantasie war entwachsen. Es war der Soldat, der alles veränderte, der jede traute Atmosphäre ließ weichen, denn zweifelsohne war er nicht Serapios Vertrauter, da jener die dramaturgische Darstellung, welche bereits zu früheren Zeiten ihr tatsächliches Verhältnis zueinander hatte kaschiert, in Perfektion fortführte als hätten sie erst gestern sich zuletzt gesehen. Schon immer hatte Gracchus große Schwierigkeiten damit, sich in einen anderen Menschen hineinzuversetzen, auch nur eine Ahnung dessen zu erhaschen, was in seinem Gegenüber mochte vor sich gehen, doch die Vollendung, mit welcher Serapio so zwanglos agierte ängstigte ihn beinahe ein wenig, wohl auch, da er selbst glaubte, seine eigene Anspannung und Nervosität mochte trotz aller Versiertheit in der Kunst dieser Art der Illusionierung - erprobt bei unzähligen Reden vor dem Senat oder anderen Gremien, bei Staatsopfern oder auch in Gegenwart seiner Gemahlin - nur allzu deutlich erscheinen.
    "Salve"
    , entgegnete Gracchus den Gruß des so lange Ersehnten und nur in der Art wie er den linken Mundwinkel zu einem schmalen Lächeln hob mochte sein Gegenüber erahnen können, welch enorme Emotionalität darin lag, von welcher sonstig nichts nach außen drang.
    "Ich bin froh, dass du es dennoch einri'hten konntest."
    Es schienen die Worte ihm so unwirklich belanglos, so unvertraut in ihrem Ton, dass auch dies Gracchus ein wenig ängstigte in der Aussicht dessen, dass diese vorgebliche Darstellung des Aton aus Alexandria letztlich doch mochte die Wahrheit seines Lebens sein, dass die Situation nur daher so locker sich präsentierte weil sie so der Realität entsprach, es letztlich überhaupt keinen Grund für Nervosität gab. Im vergeblichen Versuche, zahllose Gedanken in seinem Geist zu sortieren, sich dessen zu entsinnen, weshalb er tatsächlich gekommen war, sich der wahrhaftigen Vergangenheit mit Serapio zu erinnern - mochte sein Geist auch zweifeln, sein Körper entsann sich mit deutlicher Klarheit -, folgte er diesem mit einem Nicken in die Eingeweide der Casa.

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • " Salve." Mehr war nicht zu sagen und zu mehr hatte ich keine Zeit. Serapio betrat die casa. Alles was ich weiter vor hatte, zerschlug sich. Die Bestätigung, das Serapio diesen Mann kannte, erhielt ich ohne Umschweife. Er kümmerte sich rührend um seinen alexandrinischen Freund. Seine kühle abweisende Art mir gegenüber, nahm ich, wie schon die vergangenen Tage, zur Kenntnis. Durchatmen und in Ruhe lassen. Mein geplanter Besuch bei Stella fand heute doch noch statt.

  • Nur nichts anmerken lassen...! Das Blut rauschte mir in den Ohren, und mir war, als müsse die ganze Casa erfüllt sein vom raschen Schlag meines Herzens, das pochte so laut wie eine parthische Kriegspauke! Wenn ich nur dieses kleine, so charakteristische schiefe Lächeln sah... an was das mich alles erinnerte.... Mir wurde heiß und kalt und mein heiteres Lächeln schien mir nur noch eine maskenhafte Grimasse zu sein. Mein Blick ging von Manius zu Massa – hoffentlich hatte er keinen Verdacht geschöpft! Ich wußte nicht ob ich ihm noch trauen konnte, er hatte mir zuletzt eine unberechenbare, fiese Seite von sich gezeigt, und er wußte ja auch viel zu viel über diese meine tragische Liaison. Wie hatte ich mich nur ausgerechnet an seiner Schulter ausheulen können....? Zum Glück hatte ich ihm wenigstens den Namen verschwiegen, sonst wüßte er jetzt genau was gespielt wurde.
    Mit Mühe wandte ich meinen Blick von beiden ab, und richtete ihn statt dessen auf den Durchgang links des Tablinums. Immer schön einen Fuß vor den anderen setzen, Faustus.
    "Hier entlang..." sagte ich, und führte Manius vom offenen Feld herunter in die Deckung meines Officiums.

  • Nach dem etwas desaströsen Theaterauftritt und einer kurzen depressiven Phase war der junge Decimer wieder voller Tatendranges, auch wenn die kommenden Taten nicht geradeungefährlich oder unbedingt nützlich sein würden. Flavus konnte hier in Rom kaum etwas tun, in der Politik gab es zur Zeit kaum arbeit und er fühlte sich einfach nutzlos. Er hasste es, hasste es sogar sehr und so beschloss er sich auf eine Reise zu begeben.


    Er hatte bereits ein Pferd ausgesucht welches ihn begleiten sollte, ebenso würde er sich einen der Sklaven als Hilfe und Schutz mitnehmen, natürlich auch seinen Leibsklaven dabeihaben. Zu dritt würden sie aufbrechen in eine Region die manch Decimer gut kannte und andere mieden, es zog die kleine Gruppe in das ferne Achaia. Flavus wollte dort einige Philosophen und Schulen aufsuchen, sich weiterbilden vor allem in der Rhetorik und natürlich wollte er dort auch einiges an Wissen mitnehmen. Im Atrium hinterlies er noch ein schreiben bevor er die Reise began.



    Liebe Familie,


    ich habe mich auf eine Reise nach Achia begeben, da ich hier in Rom zur Zeit keine richtige Aufgabe für mich finde oder sehe. Ich wollte niemandem etwas davon sagen, denn ich wüsste aufgrund der aktuellen Lage würdet ihr mich eher aufhalten als solch ein Vorhaben gutheißen.


    Mein Leibsklave wird mich ebenso begleiten wie ein weiterer Sklave, ihr werdet ihn sicher kaum missen. Erwartet mich nicht alzubald zurück, ich werde die Zeit dort für einige Studien nutzen und sicher einige Zeit unter den Griechen verweilen.


    Ich hoffe euch ergeht es in der Zeit gut, mögen euch die Götter beistehen.


    Vale bene
    Flavus

  • “Natürlich warten wir!, gab ich fröhlich zurück. “Ich werde heute keinen unnötigen Schritt mehr gehen.“ Es war ein wirklich höflicher junger Mann, dem wir gefolgt waren und ich schaute mich um, als dieser um die Ecke bog. Ich war wirklich sehr gespannt, auch wenn es mir allmählich dämmerte, dass Mutters Brief wahrscheinlich nicht rechtzeitig angekommen war. Doch was hätte ich erwartet wenn es so gewesen wäre? Einen Aufmarsch der Verwandtschaft bereits an den Toren der Stadt? Wie auch immer es war, ich war froh und glücklich angekommen zu sein und auch wenn ich es nicht gerne zugab, so war ich fürchterlich erschöpft.
    “Hier wohnen sie also!“, brachte Muckel hervor und auch er blickte sich um. “Dieser Serapio... wie er wohl so ist?“
    “Er wird sein wie er eben ist“, begann ich leicht fatalistisch, “Und du wirst ihn nicht so nennen! Du wirst einfach still sein und tun als ob du gar nicht da bist!“, wies ich meinen Sklaven gleich darauf noch an. Auch wenn ich mich eigentlich darauf verlassen konnte, dass Muckel sich im Grunde doch zu benehmen wusste, wenn es darauf ankam.
    Nun schnaubte er leicht und wie ich ihn so anschaute, sah er wahrscheinlich genauso körperlich verausgabt aus wie ich selbst. “Kein Problem, ich löse mich eh gleich auf!“, sagte Muckel und tastete nach seiner feuchten Stirn.

  • Hustend von einer Wolke Staub. Die ich aus meinen alten Sachen geschüttelt hatte. War ich im Begriff durchs Atrium zu stiefeln. Was stand da für eine unmögliche Truhe. Schimpfend trat ich dagegen, mir nicht bewusst, dass da zwei fremde Individuen herum lungerten und mir zu sahen. Eine Bewegung in den Augenwinkeln, wer schlich hier herum? Ich drehte mich in ihre Richtung. Der Alte, nein unbekannt. Der Jüngere ohne Bart...ich kniff die Augen zusammen. Ja Beim Barte des Iupiter. " BRÜDERCHEN !!! Mein kleiner Neunmalkluger!" Auf jegliche Etikette zu verzichten. Stürmte ich auf ihn zu und umschlang ihn mit meinen Armen, drückte ihn fest an mich und klopfte etwas vorsichtiger auf seinen Rücken. " Das dich Mutter weggelassen hat." ich sah ihn an, zupfte an seinem Bärtchen, " Wirst erwachsen..." und grinste bis über beide Ohren. Obwohl ich die letzten Tage nichts zu Lachen hatte. Das war alles Nebensache, das was wichtig war stand vor mir.

  • Während sich Muckel noch die Stirn rieb konnte ich nicht umhin festzustellen, dass mir die Füße schmerzten. Und natürlich das Knie, doch war dies ein Schmerz, den ich in der Zwischenzeit schon gut kennen gelernt hatte. Um mich abzulenken blickte ich mich noch ein wenig um, während man tatsächlich die Truhe über die Schwelle schaffte.


    “Ist das unerträglich? Puh...“ Muckel zupfte sich am Kragen seiner Tunika herum, um ein wenig kühlere Luft in den Ausschnitt zu lassen, nur war eben keine solche vorhanden. “Ich habe vom Schleppen Arme wie ein Affe und Rom ist heiß wie eine läufigen Hün...“ Weiter kam mein Sklave nicht, denn ich hatte die Hand gehoben und sah ihn mehr als nur eindringlich an.


    “Ich warne dich!“, ließ ich folgen, um ihn am Weitersprechen zu hindern.


    Mutter hatte sich immer den Mund fusselig geredet, dass ich mit Muckel nicht so umsichtig sein sollte, doch nach all den Jahren hatte ich es einfach aufgegeben meine Nerven aufzureiben. Außerdem war es eine wunderbare Gelegenheit gewesen einmal nicht das zu tun, was Mutter wollte, auch wenn mir diese Form der Auflehnung manchmal nichts als Kummer brachte. Nepomuk sprach einfach wie ihm der Schnabel gewachsen war und manchmal beneidete ich ihn sogar für diese Möglichkeit.


    Dann betrat jemand das Atrium und mein Blick richtete sich auf den weiteren Ankömmling, der meiner Truhe mit den Sammlerstücken einen Tritt versetzte. Ich erkannte ihn sofort und mein Blick hellte sich auf. Ich hätte ihn unter Hunderten wieder erkannt. Massa! Auch Muckel fuhr herum. Ich hatte gar nicht mit ihm gerechnet. Nicht jetzt, nicht hier, obwohl ich wusste, dass auch er in Rom war. Neunmalkluger? Ich lachte, als er auf mich zu stürmte, mich in die Arme schloss und mit auf den Rücken klopfte. Auch ich drückte ihn an mich, froh darüber, ihn nach so langer Zeit wieder zu sehen. Er hatte sich sehr verändert und ich musste mir eingestehen, dass er nun ganz und gar ein Mann war. Doch was hatte ich erwartet?


    “Mutter war aufgeregter als ich und ich wette, sie hat heimlich Abeona geopfert, damit meine ersten Schritte fort von ihr auch gleich wieder zurück führen! Doch es war überfällig.“ Auch ich schaute meinen Bruder an und ich grinste breit, als er mir am Kinn zupfte. “Wenn Bartstoppeln ein Zeichen für das erwachsene Alter sind, dann würde ich lieber auf diese Anzeichen verzichten,“ sagte ich. Ich hasste Bärte und am schlimmsten war der im eigenen Gesicht. “Ich bin auf der Reise nicht zum Rasieren gekommen.“ Irgendwie waren Rückstände in der Körperkultur nicht meine Sache und ich verspürte immer den Drang mich dafür zu entschuldigen, selbst wenn es nun mein Bruder war, den ich über die lange Zeit so schmerzlich vermisst hatte. “Und doch hast du mich wieder erkannt. Wie geht es dir? Hast du Mutters Brief bekommen? Hast du meine Briefe bekommen? Wie lange bist du schon hier? Hast du... ich meine....“ Wieder musste ich lachen und die freudige Fragenflut platzte einfach so aus mir heraus, ehe ich sie abbrechen konnte, einfach um ihn noch mal in die Arme zu schließen und ihn dann anzusehen. Er hatte sich auch sehr verändert und die Classis schien ihm gut zu bekommen.

  • Darin war Mutter gut , einem vom Gehen abzuhalten. Die Erfahrungen hatte ich hinter mir. Ein Glück, dass die Legion einen nicht so ohne weiteres gehen ließ. Mutter hätte es geschafft mich aus Alexandria zurück zu holen. „ Ja, Kleiner. Dafür ist sie Mutter. Es ist ja nicht so, dass wir sie aus unseren Gedanken und unserem Herz streichen. Nur weil wir nicht mehr zu Hause sind.“ Vermissen, naja so richtig nicht. Es gin gut ohne unsere Mutter. Ich hatte mich von ihm gelöst, meine Hand auf seine Schulter gelegt. „ Ein Bad, was hälst du von einem Bad und einer kleinen Erfrischung am Rande? Das Balneum ist bereit einen Reisenden aufzunehmen.“ Ich wies nickend zu seinem Begleiter. „ Du und deine Begleitung ihr könnt mein cubiculum beziehen. Ich muss zurück nach Misenum, war nur auf ein paar Tage hier.“ Ich beugte mich zu ihm und flüsterte ihm mit einem Grinsen zu. „ Sag mal, warum hast du keine attraktivere Begleitung dabei?“

  • Ich nickte zu seinen Worten und verzog ein wenig den Mund, nachdem mein Bruder mich 'Kleiner' genannt hatte. Gut, ich war wirklich kleiner als er und jünger und doch fühlte ich mich inzwischen schon längst als Mann. Dabei würde ich niemals auf die Idee kommen, Mutter aus meinem Herzen zu verbannen, doch ich musste zugeben, dass ich froh war ihren Fängen entkommen zu sein. Auch wenn sie erwartete, dass ich ihr schrieb. Und das würde ich gewiss tun, um sie zu beruhigen und ihr nicht zusätzliche graue Haare wachsen zu lassen. Ich wollte es mir nicht eingestehen, doch langsam wurde sie alt. Massas Hand landete auf meiner Schulter. Ein Bad? Das klang ausgesprochen gut, nach all dem vielen Staub und der dörren Hitze und auch eine Erfrischung würde ich nicht ausschlagen. Aus den Augenwinkeln nahm ich wahr, wie Nepomuk sich regte, doch ich beachtete ihn in diesem Augenblick nicht weiter. “Einen Reisenden?“, hakte ich nach, als Massa sagte, dass das Balneum für einen solchen bereit wäre. “Du meinst für einen Angekommenen!“ Ich grinste dazu. Von Reisen wollte ich nun ersteinmal nichts mehr wissen. Doch sofort horchte ich wieder auf. Massa war nur ein paar Tage hier?


    In meinem Inneren machte sich klammheimlich der Hauch von Enttäuschung breit. So lange Jahre hatten wir uns nicht mehr gesehen und nun standen wir voreinander, nur damit ich feststellen musste, dass dieses Wiedersehen nicht lange währen sollte. Doch so recht hineinfallen lassen in dieses Gefühl wollte ich mich nicht und ich kam auch gar nicht dazu. Warum ich keine attraktivere Begleitung hätte? Ein leises Auflachen entfuhr mir und ich blickte zu Nepomuk hinüber, der die von ihm ebenfalls gehörten Worte mit einer Bittermiene quittierte. “Mutter hat ihn mir geschenkt, gleich nachdem du weg warst,“ sagte ich, ehe auch ich meine Stimme zu nur einem Wispern senkte, das nur mein Bruder hören konnte. “Ich habe einiges versucht, doch er wird einfach nicht hübscher!“ Dann lächelte ich wieder. Nepomuk war einfach ein Fall für sich und das Schönste an ihm war wohl, dass er still war, wenn er nachts schlief.


    Muckel räusperte sich, verschränkte die Arme vor der Brust und wippte auf den Fußballen auf und nieder. “Ein Bad klingt wirklich sehr gut, nur ich werde warten müssen, bis ich offiziell empfangen worden bin. Ich hoffe, Serapio hat nichts gegen eine eine gute Kruste Straßenstaub an seinem Gegenüber,“ brachte ich hervor und blickte an mir hinunter.

  • "Für einen angekommenen Reisenden, ganz genau genommen." erwiderte ich grinsend. Mutter hatte also Angst, dass mein kleiner Bruder sich zu alleine fühlt. Das sie einen alten Sklaven ausgewählt hatte wunderte mich nicht, hatte sie wieder Geld gespart und Cnaeus wurde nicht vom Lernen abgehalten. Was bei einer jungen Sklavin der Fall gewesen wäre.


    " Geh gleich ins Balneum, lass dich von deinem Sklaven, reinigen und entspanne dich. Silas wird dir Bescheid geben, wann Serapio dann Zeit hat für dich. Der Praefect ist ein viel beschäftigter Mann. Rom geht vor Familie." Ich klopfte unbedachter Weise auf seine Schulter. Eine Staubwolke stieg auf. Ein Rückzieher war das beste. " Den kannst du einer der Sklavinnen geben. Die klopft ihn aus." Einen Schritt von Cnaeus blieb ich stehen. " Wie lange warst du unterwegs? Wir setzen uns nachher zusammen. Ich habe noch einen dienstlichen Weg zu erledigen." Einmal in Rom, war gegen eine kurze Inspektion der hier stationierten classis nichts einzuwenden. " Vale, bis später."


    Sim-Off:

    Sorry, den kleinen Bruder total ignoriert -.^

  • Ich starrte wirklich vor Staub und Schmutz und ich konnte mir einen Seitenblick auf meinen Sklaven nicht verkneifen, um zwischen seiner und meiner Kleidung einen Vergleich anzustellen. Muckels Tunika war am Sam grau und einige mattbraune Flecken zeugten vom Wandern in den Straßen. Ein leichtes Seufzen entfuhr mir. Ich sah genauso aus. Der Vorschlag sogleich in das Balneum zu gehen war bestimmt nicht schlecht und Entspannung klang verlockend, auch wenn ich sie in meinen Gedanken gleich mit ein wenig Schlaf in Verbindung brachte. Sollte ich das tun? Ersteinmal baden? Es kam mir so frech vor, gleich nach der Ankunft und ohne Begrüßung des Hausvorstandes gleich an das leibliche Wohl zu denken. Aber wenn er doch so vielbeschäftigt war?
    “Nun, wie lange ich unterwegs war?...Ich war...“ Ich überlegte noch, als auch schon die nächsten Worte von Massa folgten. Doch nicht nur Serapio schien beschäftigt zu sein und wieder war es Enttäuschung, die sich breit machte. Später zusammensetzen? Ich nickte aus einem Reflex heraus und biss mir auf die Unterlippe, während ich mich schalt, dass ich doch kein kleines Kind mehr war, das es nötig hätte nach Aufmerksamkeit zu verlangen. Trotzdem! Wir hatten uns so lange nicht mehr gesehen. Doch er hatte es ja gesagt. Rom geht vor! Rom, Rom, Rom. Von dieser Stadt hatte ich ersteinmal genug gesehen. “Vale!“, sagte ich dann und merkte, dass ich mir ein wenig Frust in der Stimme nicht verkneifen konnte.
    “Dann lass und baden gehen!“, knurrte Muckel, der mir wohl die Anspielungen auf seine Person noch nicht verziehen hatte.
    Ich presste die Lippen aufeinander und schaute meinem Bruder nach. Vielleicht wäre es nicht schlecht.

  • Aus seinem Vale heraus war sehr deutlich zu hören, dass ihm mein Gehen nicht schmeckte. Verständlich, eine Ewigkeit nicht gesehen und gehört. In Rom angekommen, gleich vertröstet, abgeschoben. Ich drehte um, Rom ging nicht gleich unter.
    " Wir gehen baden." Ich gab einen kleinen Imbiss in Auftrag. Wein, Käse, Obst, Oliven. " Wie weit schwimmen wir raus?" fragte ich ihn schelmisch. " Folge mir. " keinen Widerspruch duldend ging ich zum Balneum. Um die Sachen hatte sich der Sklave zu bemühen.

  • Ein Sklavenjunge brachte Verax ins Atrium, dass doch eine gewisse Kühle an diesem heißen Sommertag ausstrahlte. Auch der Honigwein und die Datteln vermochten bei Verax den Eindruck vermitteln, dass er trotz aller Unsicherheit hier am richtigen Orte war. Wenn ein Fremder hier gut bewirtet wurde, dann würde es ein Mitgleid der gens erst recht werden. Und vielleicht war ja auch sein großer und hmm auch alter Bruder Varenus ja doch schon aus der Sommerfrische zurück, dann würde sich das alles sehr schnell aufklären lassen.


    Also setzte er sich und aß ein paar Datteln und wartete.

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    Helvetia Esquilina, Ehefrau von T. Decimus V.


    Silas versuchte einen der Domini im Hause aufzutreiben, doch zu dieser Stunde waren keine zu finden. Dominus Serapio und Dominus Varenus arbeiteten, Dominus Catus war wohl mit einer seiner vielen Liebschaften verschwunden und Dominus Flavus war verreist. Ach ja, da gab es noch Dominus Casca, dieser war wie verschwunden. Somit blieb Silas nur übrig eine Domina zu finden, aber auch das war recht schwierig, denn die meisten Domini waren weiterhin ledig geblieben, nur Varenus hatte eine Ehefrau an seiner Seite. Also entschloss Silas sie aufzusuchen und fand sie schließlich mit den Kindern zusammen im Garten spielend. Er trug die Gegebenheit vor und kurz daraufhin machte sich Esquilina ohne Nachwuchs auf, dem Gast, im Namen der Familie willkommen zu heißen. Als sie dann das Atrium betrat.


    "Salve, Verax!", sagte sie zögern und gab ihn zwei Küsse, jeweils einen auf jede Wange. Denn so wirklich konnte sie ihn nicht erkennen, ob er die Person war, die er zu meinen mag. Die beiden hatten sich nämlich viele Jahre nicht gesehen. Doch dann als sie ihn tief in die Augen blickte. "Du bist es wirklich, Verax! Dein Blick ist unerkenntlich. Lass dich umarmen."

  • Er hatte die sechste Dattel noch nicht ganz zerkaut und sie auch noch nicht mit dem Honigweine heruntergespült, als eine Frau das Atrium betrat, die ganz offensichtlich seine Schwägerin Esquilina war. Sie hatten sich zwar seit knapp 10 Jahren nicht mehr gesehen und die weiteren Schwangerschaften waren auch nicht spurlos an ihr vorübergegangen, aber sie war immer noch die Schönheit, die sein Bruder damals, als Verax selbst noch ein Kind war, geheiratet hatte.


    Obwohl Verax sich in dem Moment, als sie das Atrium betrat, erhob und sich ihr zuwendete, schien sie einen Moment zu zögern und die beiden Begrüßungsküsse waren noch gehauchter als üblich. Dann schaute sie ihm in die Augen und erkannte ihn. Da fiel ihm die Anspannung der letzten Tage von den Schultern und er lächelte, indem er sprach:


    "Esquilina! Welch große Freude Dich wiederzusehen und das hier: im Zentrum der Welt!"


    Er erwiderte ihre Umarmung, aber nur um sie schon bald wieder zu lösen. Erstens gehörten sich zulange Umarmungen mit der Schwägerin nicht und zweitens musste er erbärmlich riechen und aussehen, nach der langen nicht besonders komfortablen Reise.


    "Ich hoffe, ihr seid von meiner Ankunft nicht allzusehr überrascht. Ich hatte eigentlich einen Brief geschrieben, aber in diesen Zeiten... ist er wohl einen anderen Weg gegangen."

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    Helvetia Esquilina, Ehefrau von T. Decimus V.



    Es fühlte sich für Esquilina gut an, die Wärme eines nahen Verwandten zu spüren. Sicher, die Decimer hier in der Casa waren auch alle freundlich gewesen, doch zu niemand hatte sie bisher eine enge Beziehung aufbauen können. Bei Verax war es ganz anders, sie kannte ihn gut, wenn auch sich die beiden viele Jahre nicht gesehen hatten, verblassten jedoch nie die Erinnerungen. "Lieber Verax, aus deinem Munde klingt es so als wärst du froh in Rom zu sein. Ich, nun ja, widerwillig. Ich habe mich zu sehr an das ländliche Leben gewöhnt, fernab von der Stadt, - von Rom! Nur erwähnte es nicht in Gegenwart deines Bruders, er nimmt an, ich hätte mich damit abgefunden. Doch ich möchte ihm damit nicht belasteten, du weißt wie sehr er sich seiner Familie schuldig gegenüber finden kann." Anschließend an die gesagten Worte nahm sie Platz. "Meine Kinder trösten mich über den Schmerz hinweg, wenn auch unser ältestes Kind fehlt, Messalina.", daraufhin verfiel sie kurz in Trauer und einige wenige Tränen kullerten über ihre Wangen. "Vergiss das mit der Post, Varenus meinte, auf diese sei in letzter Zeit kein Verlass, sogar die Prätorianer mussten bereits die kaiserliche Post auf dem Kopf stellen, du siehst, was Rom zu bieten hat, derzeit nur Angst!" Varenus erzählte ihr alles, was die meisten Männer taten, die keine Geheimnisse vor ihre Frau zu haben brauchten.

  • Eine Vielzahl von verschiedenen Gefühlen brach aus seiner Schwägerin heraus. Dies erinnerte Verax freilich an frühere Zeiten. Sie war auch damals schon eher mitteilsam und emotional gewesen. Mit den zarten 16 Jahren von damals hatte er das noch nicht einordnen können, inzwischen nahm er es gelassener auf.


    "Aber ja doch. Ich bin ja genau wegen dieser Größe aus Tarraco weg, um endlich die urbs kennenzulernen.", hatte er noch recht neutral geantwortet. "Sicher. Wenn Varenus spitzkriegen würde, dass Dir Roma nicht gefällt, zieht er nach Misenum oder sonst irgendwohin."


    Dann setzte sich sich und Verax meinte, dass seine Ohren nicht recht hörten. Messalina fehlt? Bedeutete das etwa? Nein, das hätten sie in Hispania doch gehört, aber wenn es echt schlecht um den CP bestellt war? Er grübelte, als Esquilina sich eine Träne verdrückte. "Messalina, was ist mit ihr geschehen?", fragt er mit größtmöglicher Anteilnahme in der Stimme.

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    Helvetia Esquilina, Ehefrau von T. Decimus V.



    Die Begeisterung von ihrem Schwager konnte sie überhaupt nicht nachvollziehen, so toll war Rom nicht gewesen. Wenn auch sie in Rom geboren wurde, doch die Kindheit hingegen erlebte sie größtenteils in Ostia. Einer wirklichen schönen Stadt, klein, strandnähe, vorallem aber wohlriechende Luft, oft süßlich durch die Blütenpracht, nicht wie in Rom, wo es in manchen Ecken wirklich sehr unangenehm roch, dass man sich fast übergeben musste. Aber auch die Hektik war etwas auf dass sie gerne verzichtet hätte, für die Kinder war es besser in einer ruhigen Umgebung aufzuwachsen, ebenso waren die Straßen in Rom zu gefährlich, sogar am Tage. Ihre Tochter Messalina wurde damals auf dem Markt Roms überrannt, immer noch machte sich Esquilina Vorwürfe, wobei sie dafür gar nichts konnte.


    "Was erhoffst du dir von Rom? Tarraco fand ich schon immer die schönere Stadt von beiden." Sie blickte anschließend auf. "Suchst du etwa eine Frau?", grinste sie. Doch die Römerinnen waren vom ganz anderen Schlag, oft übertrieben, hochnäsig und machthungrig. Ein weiterer Grund warum es Esquilina aufs Land zog, sie selbst war leidenschaftliche Mutter, ohne diesen ganz unnormalen Eigenschaften. Für eine Frau gehörte es sich nicht, Männern nachzueifern, auf jeden Fall war es ihrer Ansicht gewesen. Die weitere Äußerung von Verax fand sie absolut nicht lustig, wenn es auch ironisch gemeint war, für sie eher ein bisschen befremdlich. "Dein Bruder würde mich nie verlassen! Er mag eine raue Schale haben, aber innerlich ist er weich wie Eigelb. Er sorgt sich wunderbar um uns, ein lieber Ehemann und Vater."

    Als sich Verax setzte, schaute sie zu ihm hinüber und eine Träne fiel auf dem Boden, dann faltete sie ihre Hände zusammen und blickte diese mit gesenkter Kopfhaltung an. "Messalina ist Vestalin, ganz in der Nähe, hier in Rom. Doch sehe ich sie nimmer! Sie lässt sich nicht blicken, schreibt nur Briefe! Die im Moment rarer werden. Sie hat sich so sehr verändert. Ich erkenne sie gar nimmer wieder. Sogar ihren geliebten Vater, der ihr immer alles bedeutete, vernachlässigt sie. Bei der letzten großen familiären Cena ist sie nicht erschienen."

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