• Bibulus wollte zwar nicht erscheinen, dafür aber der Praefectus Urbi, der mal seinen Pflichten als Kommandeur nachging und alle Abteilungen und Einheiten kontrollierte. So halt auch hier im Verhörraum. Nach einem knappen Klopfen trat er ein, bis jetzt konnte er von der wache vor der Tür nur soviel erfahren, dass eine Frau auf dem Sklavenmarkt festgenommen wurde.


    "Salvete! was führt denn dieses entzückende Mädchen in unsere Gemäuer, Miles?"

  • Noch bevor Tacitus eine Antwort erhielt, platzte jemand herein...er befürchtete Industrius aber nein, es war der Praefectus Urbi. Sofort erhob sich der Terentier, nahm Haltung an und salutierte wie es auch sein Kollege machte der noch da stand.


    "Salve Praefectus Urbi Octavius Victor! Princeps Prior Peltrasius Bibulus, gab mir den Befehl sie festzunehmen und zu verhören, da sie auf dem Sklavenmarkt für Aufsehen gesorgt hatte und anscheinend den Sklavenhändler störte, als dieser seine Ware verkaufen wollte!"

  • Wie ein Mädchen, dass von seinem Vater ausgeschimpft wurde, saß Valentina schweigend da und ließ die Standpredigt über sich ergehen. "Ich wollte nur helfen..." Gab sie nocheinmal kleinlaut zu Protokoll und senkte dann wieder den Blick.


    Die Frage wann sie denn endlich wieder gehen durfte verkniff sie sich. Auf den Boden starrend, ihren Blick hinter den ins Gesicht hängenden Haare verborgen, wartete Valentina nun aufgebend auf ihr weiteres Schicksal. Den hereinkommenden Mann beachtete sie gar nicht weiter.

  • "Das kann ich gut verstehen nur überlege Dir in Zukunft wem Du hilfst...ich glaube kaum dass der Sklavenhändler seine Ware sterben oder zusammenbrechen lassen würde...und dann noch vorallem bei so einem Prachtexemplar..das kann ich mir kaum vorstellen. Natürlich war es gut gemeint aber es hat gestört, überleg' Dir bitte zweimal was Du tust."


    Tacitus sprach möglichst leise damit der Präfekt nicht alles hören würde....dieser würde den Miles noch als zu großzügig abstempeln. Dann wendete er sich letztendlich seinem Kommandeur zu und sah ihn an.


    "Ich denke kaum dass sich ein längerer Aufenhalt im Carcer lohnen würde Praefectus! Natürlich habe ich das nicht zu entscheiden aber so ist es denke ich das beste!"

  • Für Valentina war es als würde der Soldat sie ausschimpfen. Und dementsprechend hielt sie den Kopf gesenkt. Warum musste man denn überlegen, wenn man jemandem helfen wollte? Sollte sie jemals in die Lage kommen, dass sie diesem Mann hier helfen müsste, sollte sie dann auch zuerst überlgen und am Ende vielleicht besser weitergehen? Ja, das würde sie tatsächlich machen.


    Was man gerade mit ihr tat, bestärkte Valentina darin, dass diese Welt zugrunde ging. Niemand durfte mehr nett sein und niemand durfte mehr dem anderen helfen ohne Schwierigkeiten zu bekommen. Erst als der Mann sich von ihr abwandt und mit jemand anderem sprach, drehte auch sie den Kopf und sah den zweiten Mann mit traurigen Augen an. Sagte aber nichts. Vermutlich hatte er über ihr weiteres Schicksal zu bestimmen.

  • Zitat

    Original von Lucius Terentius Tacitus
    "Ich denke kaum dass sich ein längerer Aufenhalt im Carcer lohnen würde Praefectus! Natürlich habe ich das nicht zu entscheiden aber so ist es denke ich das beste!"


    Nunja, auf den ersten Blick machte die Festgesetzte nicht den Eindruck einer militanten Sklavenbefreierin, von daher war Victor ganz zufrieden damit, dass Tacitus nicht gleich mit Folter, Schmerzen und Schreien drohte. Das liess sich bestimmt schnell beenden hier, aber Victor liess es sich nicht nehmen, der Quintilierin den Kopf zu waschen.


    "Nun junge Dame, ich hoffe du lässt dir insofern den Besuch bei uns hier insofern eine Lehre sein, dass du dich in Zukunft nicht mehr am Eigentum andere Leute vergreifst. Ich weiß für dich wohl ein unpassendes Beispiel, aber wie würdest du dich fühlen, wenn jemand wildfremdes zu dir kommen würde, um deinen Hund zu füttern, weil er ihn zu mager findet? Sklaven sind nun einmal Sachwerte und keinen Personen. Sie schlecht zu behandeln mag ja moralisch verwerflich sein, ist aber das Recht des Besitzers. Soweit die gesetzliche Seite. Miles!"


    Der Praefectus Urbi winkte Tacitus beseite.


    "Ich glaube ja nicht, dass ich bei ihr irgendwas bewirkt habe, aber lass sie laufen. Vergiss aber nicht vorher ihren Namen und ihre Adresse zu notieren. Weitermachen."


    Mit einem Lächeln und einem Kopfschütteln über das Verhalten und die Ansichten mancher Leute, schaute Victor nochmal zu Valentina, dann verabschiedete er sich um weiterzukontrollieren.


    "Vale, werte Dame!"

  • Auf die Befehle des Praefecuts Urbi hin, nickte Tacitus und als er gehen wollte nahm der Miles Haltung an und salutierte.


    "Vale, Praefectus Urbi Octavius Victor!"


    Dann wandte er sich an die Frau und stellte sich an das andere Ende des Tisches vor sie.


    "Gut...dann nenne mir Deinen Namen und sage mir wo Du wohnst und dann darfst Du auch sofort wieder gehen, wir werden Dich rausbegleiten."


    Der Terentier nickte dem anderen Miles kurz zu und sah dann wieder die Fremde an.

  • Für Valentina war es geschmacklos einen Menschen, auch wenn er Sklave war, mit einem Hund zu vergleichen. Noch kam hinzu, dass sie diese Tiere nicht besonders mochte. Sie wollte nicht verstehen, wie man so über alles hinwegsehen konnte, was einen Menschen ausmachte. Man gehörte nunmal niemand und sollte das Recht haben über sein Leben selbst und frei bestimmen zu können.


    Doch das alles lies sie sich nicht anmerken. Statt aufzubrausen oder etwas zu erwiedern, sah sie nur wieder zu Boden und ließ die Strafpredigen über sich ergehen. Sie verabschiedete sich auch nicht von dem Mann, als er ging. Die erste Regung war erst wieder zu erkennen, als der Miles sie nach ihrem Namen und ihrer Adresse fragte.


    Valentina hob den Kopf und sah den Mann mit einem Blick an, der mehr sagte als tausend Worte. Sie fragte ihn im stillen ob das denn alles nötig war und warum er sie nicht gehen ließ? Sie hatte doch nichts getan. Aber Valentina wusste, dass sie auch von ihm keine Hilfe oder gar Zustimmung erwarten konnte. Sie hatte wieder einmal alles falsch gemacht. Deswegen senkte sie wieder den Kopf und betrachtete ihre Hände "Mein Name ist Valentina." Und sie nannte ihm die Wohnadresse.

  • Als Tacitus die Informationen bekam, sah er zu dem anderen Miles und bedeutete ihm das zu berichten bevor sich der Terentier wieder zur Frau wandte und sie ansah. Er fragte sich warum sie nun nicht aufstand aber dann merkte er, dass der Präfekt diese Befehle ja nur ziemlich leise ausgesprochen hatte und die Frau das wohl nicht gehört haben konnte...wieder schmunzelte der Miles und räusperte sich.


    "Steh' auf, ich begleite Dich zum Tor und dann darfst Du auch sofort wieder gehen."

  • Auf den Befehl hin, stand Valentina auf. Sie strich ihre Gewandung mit beiden Händen glatt und eine Haarsträhne fand ihren Platz hinter ihrem Ohr. Kurz sah sie auf folgte dem Soldaten dann aber in gebührendem Abstand zum Tor.
    Während sie hinter ihm herging fragte sie sich warum er se ständig angelächelt hatte. Lachte er sie etwa aus? Amüsierte er sich über ihre Situation? Valentina nahm ihren Mut zusammen und verlieh ihren Gedanken Worte. "Warum tut ihr das?"

  • Am Tag nach dem großen Rattenbeißen führte ich das erste Verhör mit unseren neuen Gefangenen durch. Zwei Soldaten holten ihn aus dem Carcer und lieferten ihn in dem kahlen und trostlosen Raum ab, den wir für die Verhöre benutzten. (Es gab noch einen anderen, aber ich bevorzugte diesen hier.) Gefesselt wurde der Gefangene auf einen Hocker gedrückt, dann bauten die Soldaten sich neben der Türe auf und ich begann meine Fragen zu stellen. Ich saß hinter einem massiven Tisch, und vor dem einzigen Fenster, an der Seite des Zimmers hatte auch noch ein Immunis, der alles interessante mitschrieb, seinen Platz.
    Von Anfang an gab ich vor, wir seien ganz sicher, dass unser Gefangener der gesuchte Messermörder war, und jetzt bloß noch an den Hintergründen des Verbrechens interessiert. In Wirklichkeit hatten wir ja nur Indizien, die für seine Schuld sprachen. Ich war nicht besonders zimperlich, und ließ die Soldaten dem Gefangenen auch mal eine verpassen wenn er nicht mitzog. Der Mann war Abschaum, echt das Letzte (und zudem hatte er mir ein blaues Auge geschlagen), da hielten sich meine Skrupel in Grenzen. Aber schön war diese Aufgabe trotzdem nicht. Beileibe nicht.
    Es blieb nicht bei dem einen Verhör. Danach steckte ich den Mann wieder in Einzelhaft, aus der ich ihn noch viele Male zu den verschiedensten Tages- und Nachtzeiten in den Verhörraum zerren ließ. Irgendwann würde er schon weich werden, irgendwann würde ich dieses verdammte Geständnis aus ihm rausbringen...!

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    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • Viele Verhöre waren es, die Sadales durch zustehen hatte. Doch irgendwann war auch sein Willen gebrochen, und er gab mehr und mehr Antworten auf die vielen Fragen des Centurios. So konnten die Urbaner nach und nach folgendes Bild des Verbrechers und seiner Tat gewinnen:


    ER, der in der Subura unter dem Namen Sadales Polxemidas bekannt war, stammte aus dem Städchen Lanuvium in den Albaner Bergen. Er zählte 33 Jahre und kam aus dürftigen Verhältnissen. Seine Eltern waren arme Kleinbauern gewesen, deren bescheidener Hof sich gegen die Konkurrenz der großen Latifundien nicht hatte behaupten können. Sadales Polxemidas war nicht sein richtiger Name. Er hatte ihn angenommen, als er nach Rom ging, es war zu vermuten, dass er da bereits in kriminelle Aktivitäten verwickelt war, doch zu diesem Punkt hüllte er sich in Schweigen.
    Tatsächlich war er römischer Bürger, seine Eltern hatten ihn Gnaeus Varius Burrus genannt. Sadales war der Name eines Gladiators, der es vor 20 Jahren in Lanuvium zu lokaler Berühmtheit gebracht hatte, Polxemidas hieß der Held einer Reihe von Schundgeschichten, die (noch immer) monatlich erschienen.


    In Rom hatte er als Tagelöhner gearbeitet, als Hafenarbeiter, Fuhrknecht und Rausschmeißer. Er trank zuviel und verwettete mehr als er sich leisten konnte. An einem heißen Sommertag vor eineinhalb Jahren – dem Wahltag ANTE DIEM VIII KAL SEP DCCCLVIII A.U.C. - hatte der Vermieter der Insula, in der er zu der Zeit gehaust hatte, ihn, sowie einen Bekannten namens Strepitus, wegen Mietschulden herausgeworfen. Gegen Mittag dieses Tages hatten die beiden Männer in der Subura auf einem Platz am Fuße des Viminal herumgelungert, einen Beutel Wein geleert und die Vorübergehenden um Almosen angebettelt.
    Verwundert hatten sie einen offensichtlich reichen Mann erblickt, der ohne Leibwächter, in einer purpurgesäumten weißen Toga seines Weges kam: Caius Octavius Cato. Sie hatten ihn angebettelt, er hatte verächtlich abgelehnt. Sadales und Strepitus waren ihm gefolgt, um sein Geld an sich zu bringen.


    In einer stillen Gasse hatten sie ihn niedergestochen. Hier präsentierte Sadales zuerst eine Version, der zufolge er nur Schmiere gestanden hatte. Strepitus habe den Octavier ermordet. Strepitus sei übrigens im letzten Sommer an einem Sumpffieber verschieden.
    Doch Sadales verwickelte sich in Widersprüche. Nach weiteren Befragungen gab er, zermürbt von der Haft, schließlich an, dass er und sein Kumpan den Octavier gemeinsam getöten hatten. Er, Sadales, habe das Opfer mit einem Messer in den Rücken gestochen, darauf habe der Octavier sich umgedreht und zur Wehr gesetzt. Strepitus habe ihn dann mit einem Stich ins Herz getötet. (Weitere Nachforschungen nach jenem Strepitus würden ergeben, dass er tatsächlich an einer Krankheit gestorben war.)


    Nach dem Mord hatten sie dem Opfer die Geldbörse abgenommen. Sadales hatte ausserdem seine Tasche, die ihm bei dem kurzen Kampf entglitten war, vom Boden aufgehoben. Dabei musste er den Wettschein verloren haben, anhand dessen die Urbaner ihm später auf die Spur kommen gekommen waren. Durch sich nähernde Schritte waren die Räuber vertrieben worden, bevor sie den Toten vollständig ausrauben konnten. Das Geld hatten sie aufgeteilt, Sadales hatte seinen Anteil beim nächsten Rattenbeißen auf Ultor gesetzt und so vervielfacht. Bei seiner Festnahme war diese Summe aber schon längst verbraucht.
    Alles in allem zeigte der Gefangene sich während der Verhöre als ein abgestumpfter Gewalttäter mit verrohtem Wesen. Er machte die Römer der reichen Oberschicht für das Elend der Armen im Allgemeinen und seine persönliche Misere im Besonderen verantwortlich, und bereute seine Tat nur insofern, als sie ihn in den Carcer der CU geführt hatte.

  • Während der langen Reihe von Verhören, die ich mit diesem Kerl durchführte, geschah etwas seltsames. Ich begann ihn zu verstehen... ein wenig jedenfalls. Nicht, dass er mir dadurch weniger verworfen, weniger widerlich vorgekommen wäre. Nicht, dass das etwas an seiner Schuld geändert hätte. Aber mir wurde bewusst, dass der Hass, den er gegen die reichen Römer hegte, seine Wurzel in der Armut hatte, und in den demütigenden Umständen, die mit ihr einhergingen. Sadales, beziehungsweise Varius Burrus, sah sich im Recht, dafür dass er den Octavier getötet hatte, nicht weniger als ich mich im Recht fühlte, dafür dass ich in dieser einen Nacht vor den Toren der Stadt den Brutalo erstochen hatte, der die kleine Camilla hatte umbringen wollen.
    Ich begann mich zu fragen, welche Umstände dazu vonnöten sind, dass unsere allseits gepriesenen Tugenden im Handeln eines Menschen bestehen können. Oder dass sie überhaupt verinnerlicht werden. Und... und überhaupt stellte ich mir mal wieder viel zu viele unnötige Fragen. Ich war unheimlich erleichtert, als Varius Burrus endlich den Mord gestand, und ich die Verhöre benden konnte.


    Danach sorgte ich dafür, dass er in eine bessere Zelle verlegt wurde und ordentliches Essen bekam. Denn ich wollte, dass er, wenn er bei der Verhandlung auftrat, nicht zu schwach und ausgezehrt erschien – das könnte Mitleid wecken, was im schlimmsten Fall Einfluss auf das Urteil haben könnte.
    Gleich im Anschluß schrieb ich einen Brief an die Gens Octavia, um sie zu informieren und zur Anklage zu ermuntern. Und meinem Kommandanten würde ich auch gleich noch Bericht erstatten.

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