[Forum Iulium] Templum Veneris Genetricis

  • Es zeigte sich nun, dass es durchaus hilfreich gewesen war, dass Carbo in relativ kurzer Zeit hintereinander beide große Hauptformen des Opferns mit eigenen Augen kennengelernt hatte, wie Caesoninus wohlmeinend erfreut feststellte, wo ja sie beide vor zwei Tagen zusammen im Namen des Norikers ein kleines, unblutiges Opfer vollzogen hatten, während er gestern Zeuge eines großen blutigen hatte sein können.


    So war es nicht weiters verwunderlich, dass er die wesentlichen Dinge erkannte und benennen konnte, während die Stücke mit daran verhaftetem Detailwissen falsch oder gar nicht erkannt wurden. Caesoninus befand die Zeit nun also für richtig die Rätsel aufzulösen.
    Fangen wir also mit dem ersten Gegenstand an.“ Er hob das Weihrauchsteinchen hoch.
    Den Weihrauch hast du richtig erkannt und benannt. Er wird zu Anfangs eines Opfers verbrannt, um eine Brücke von unserer zu der der Götter zu schlagen.
    Caesoninus legte den Stein auf den Tisch zurück und griff nach dem Tuch.
    Das ist das mallium latum. Mit ihm trocknet der Opferherr seine Hände nach der Handwaschung ab, die nach der Darbringungsformel durchgeführt wird, doch dazu an jenem Tag mehr, an dem wir die großen und blutigen Opfer behandeln werden. Heute gilt es nur einmal sich mit diesen Gegenständen vertraut zu machen und sie zu verinnerlichen, als erste Berührungspunkte zum großen Themenkomplex des Opfers. Denn das Opfern ist eine Wissenschaft für sich. Es gilt vieles zu beachten, doch keine Angst, wir fangen klein an. Heute soll es einzig und alleine um diese Gegenstände hier gehen und um die Frage, was Opfern überhaupt ist. Noch einmal zur Wiederholung. Der Weihrauch wird am Beginn eines jeden Opfers angezündet, um das Tor zu den Göttern zu öffnen und dabei wird Ianus angerufen. Das mallium latum ist zur Handwaschung nach der Darbringungsformel nötig. Alles behalten?
    Als diese Punkte geklärt waren, griff er nach dem Messer und hielt es hoch.


    Das ist das culter, das Opfermesser. Du kannst theoretisch jedes Messer hierfür hernehmen, oder aber auch spezielle, eigens für den Opferritus angefertigte. Diese bestehen gewöhnlich ganz aus Knochen, oder geschliffenem Stein. Für gewöhnlich trägt von den Opferdienern der sogenannte cultrarius dieses Messer und ersticht auch am Ende das Opfertier damit, doch alles der Reihe nach. Zur rechten Stelle im Opfervorgang streicht der Opferherr, NICHT der cultrarius!!, mit dem culter dem Opfertier vom Kopf bis zum Schwanz und entkleidet es so symbolisch. Dann, etwas später im Verlauf, wird der cultrarius mit dem Opfermesser in der Hand den Opferherrn formelhaft fragen: „Agone?“, woraufhin dieser mit „Age!“ antwortet. Dann wird es endlich vom cultrarius erstochen.


    Caesoninus machte eine Pause und sah Carbo kurz an.
    Ich weiß, das war jetzt etwas viel auf einmal, also ich wiederhole“ und in langsamer Sprache wiederholte Caesoninus zuerst noch einmal das culter, um anschließend dann alle drei bisherigen Gegenstände der Reihe nach zu repetieren. Dann kam die Schale an die Reihe.
    Eine gemeine Schale wird, wie du richtig erkannt hast, zum auffangen des ausspritzenden Blutes verwendet. Es gilt als gutes Omen, wenn viel Blut fließt und als schlechtes, wenn wenig kommt. Auch darf nichts verspritzt werden. Doch daneben gibt es noch einen weiteren Schalentypus, den der speziellen Opferschale, der patera. Auf diese werden die entnommenen Organe gelegt für die Eingeweideschau, ebenfalls eine eigene Kunst.
    Die Schale wurde zurückgelegt und die Zwiebel emporgehalten.
    Diese Zwiebel steht in Vertretung für alle weiteren möglichen unblutigen Opfer. Jedem Gott sind andere Dinge heilig, diese Zwiebel hier z.B. ganz besonders für Venus, neben Lauch oder Heilkräutern. Bei unblutigen Opfern sind sie das Hauptereignis, bei blutigen Opfern bilden sie die Voropfer, doch die laufen nach dem gleichen Schema ab, wie die kleinen Darbringungen.
    Caesoninus legte die Zwiebel zurück und ergriff die gefaltete Toga.
    Zur Toga sei gesagt, dass sie ganz weiß sein sollte. Außerdem zieht sich der Opferherr bei Beginn der Kulthandlung einen Zipfel seiner Toga über das Haupt, so ist es im lateinischen Ritus üblich. Im griechischen Ritus hingegen bedeckt er es durch einen Lorbeerkranz. Frauen tragen ihre Haare offen.
    Das war vorerst alles nötige. Als letztes lagen dann noch die Sandalen auf dem Tisch. Sie ergriff Caesoninus nicht, sondern zeigte nur auf sie. „Die Sandalen sind hier, um dir einzuprägen, dass du sie bei einem Opferakt weglassen sollst. Komm barfuss, das zeugt von Demut und stimmt die Götter gnädig. Mit der Toga zusammengenommen kann man nochmal sagen, dass man als Mann barfuß und mit weißer Toga kommt und sich mit ihr verhüllt. Im griechischen Ritus dagegen Kränze. Frauen die Haare generell offen.
    Sehr gut, wir sind einmal durch. Sieh dir jetzt kurz noch einmal stumm alle Gegenstände an und erinnere dich an das Gesagte. Dann wiederhole ich noch einmal.


    Und so gab er seinem allerersten Schüler im Leben eine kurze Weile, um alles Revue passieren zu lassen, ehe Caesoninus noch einmal den Weihrauchstein ergriff und noch einmal der Reihe nach jeden Gegenstand erklärte.

  • Carbo saß auf seinem Platz und folgte aufmerksam dem Unterricht. Dinge wie das Weihhrauchsteinchen kannte er ja schon, daher waren die weniger interessant für ihn. Doch andere Sachen wie das Culter, oder das Mallium Latum erregten da schon größere Aufmerksamkeit.
    Als der Aedituus nach Erklärung des Culters ansetzte, um alle Gegenstände noch einmal zu wiederholen, stöhnte Carbo innerlich etwas auf, doch er hörte weiter zu. Das folgende mit der Schüssel fand er auch interessant und als Caesoninus das Wort „Patera“ erwähnte, rief Carbo freudig aus: „Die kenn ich! Als ich Magister Vici war, habe ich für die Laren jeden Morgen Trankopfer über einer Patera vollzogen!


    Es freute ihn, dass er hierbei auch einmal etwas zum Unterricht beisteuern hatte können. Die Zwiebel als nächstes kannte er natürlich wieder, auch wenn es nach viel Arbeit klang sich alle Vorlieben für jede einzelne Gottheit merken zu müssen. Was da wohl noch auf ihn zukommen mochte?
    Das mit der Kleidung fand er allerdings wieder interessant.


    Als sie alles durch hatten, lag es an Carbo sich noch einmal jeden der Gegenstände durchzudenken. Mittlerweile fand er die Unterrichtsmethode von Caesoninus gar nicht mehr so schlecht, denn allmählich wurden ihm diese Gegenstände wirklich vertraut und das Gesagte fing an verinnerlicht zu werden. Dann nochmal eine Runde zuhören für sämtliche Gegenstände.

  • Nachdem noch ein letztes Mal alle Gegenstände in der letzten Wiederholung durchbesprochen worden waren, war es endlich an der Zeit die heutige Lektion schön langsam zu beenden. Caesoninus war zufrieden mit dem heutigen Lernfortschritt. Nicht, dass sie groß ins Hauptthema heute eingestiegen wären (das hatte er auch gar nicht vorgehabt) heute war der Tag ganz dem ersten beschnuppern von kultischen Gegenständen eines Opferrituals vorbehalten gewesen, quasi als erste -nächstes Mal schon vertraute- Ankerpunkte und erste Puzzlestücke des Themenkomplexes, der nach weiteren Lektionen immer mehr ein Gesamtbild ergeben würde. So würde Carbo nach und nach in die Materie finden, ohne von ihr erschlagen zu werden.


    Gut, dann beenden wir die heutige Lektion. Ich bitte dich diese Gegenstände heute mit zu dir zu nehmen und sich ihren Sinn einmal pro Tag ins Gedächtnis zu rufen und das jeden Tag bis zu unserem nächsten Treffen.“ Dabei fiel Caesoninus noch etwas ein: „Achja eins noch, unsere nächsten Treffen werden in der Domus Iulia am Esquilin stattfinden, da ich nach der Amtsübernahme nicht mehr Aedituus dieses Tempels sein werde. Denn genauen Termin teile ich dir per Brief mit. Wärst du so nett mir hier deine Adresse aufzuschreiben?“ Caesoninus schob dem Noriker eine Wachstafel hin.
    Danach war ihr erstes Treffen auch schon wieder zu Ende.

  • Für das, dass es dieses Mal nur um ein paar Gegenstände gegangen war, fühlte sich Carbos Kopf ziehmlich angefüllt an. Doch irgendwie war er doch enttäuscht, als Caesoninus verkündete, dass die heutige Lektion schon wieder zu Ende sein sollte.
    Naja, man musste ja beim ersten Mal nicht gleich übertreiben. So war Carbo schon umso mehr gespannt, als der Iulier ihm eröffnete, er solle die heute behandelten Gegenstände mit nachhause nehmen und dass die nächsten Treffen zudem bei Iulius Caesoninus zuhause stattfinden würden. Weil er dann nicht mehr Aedituus, sondern Vigintivir wäre? Schon etwas gewagt sowas vor der Wahl herumzuposaunen, doch andererseits konnte man das ja auch als besonderes Selbstvertrauen auslegen.


    Als Carbo dann die Wachstafel gereicht wurde, kritzelte er rasch seinen Namen und die Adresse der Taverna Apicia drauf. „Hier hast du sie zurück. Na dann, Gaius Iulius, freue ich mich bereits auf unser nächstes Treffen und ich verspreche ich werde bis dahin fleißig lernen. Vale bene!
    Und mit diesen Worten sammelte Carbo die Dinge auf dem Tisch auf und verließ den Tempel.

  • Bisher hatte ich noch keine eigene öffentliche Opferung für die Gunst der Götter zu einem politischen Amt durchgeführt. Sodass ich verständlicherweise sehr nervös war, ob es mir gelinge ohne rituelle Fehler durchzukommen


    Im Vorfeld bereitete ich mich deshalb sehr gut darauf vor. Nahm zum Beispiel bei anderen Opferungen teil. Notierte mir dort die wesentlichen Abläufe. Klar, die Vorgehensweise war identisch, doch gab es Abweichungen bei den Gaben. Hier konnte ich also meine eigene persönliche Note einbringen lassen. Ein wenig von den starren Vorschriften absehen.


    Es war also so weit. Ich schritt die Stufen empor, ging durch den Säulengang, sah mich dabei um, nahm jedoch kaum etwas wahr, so sehr konzentriert war ich und erreichte letztendlich meine vorerst letzte Etappe. Das Innere roch wunderbar nach Weihrauch. Es erinnerte mich immer wieder an die gemeinsame schöne Zeit mit meinen Eltern vor unserem eigenen Hausaltar als wir die Laren ehrten. Ach ja,…

  • In gebührendem, aber nicht übermäßigem Abstand folgte Synnove ihrem Herrn. Es war ihr durchaus bewusst, worum es hier und heute gehen sollte, wenn auch natürlich nicht im Detail. Eine huldigende Handlung an die Götter, oder besser einen Gott der Römer, einem, von dem sich ihr Herr besondere Hilfe erhoffte. Weshalb seine Wahl auf ausgerechnet diesen Gott - es war anscheinend eine Göttin - und seinen Tempel gefallen war, wusste sie ebensowenig, wie was sich Gracchus davon erhoffte oder gar, wie es hier ablaufen würde.

    Die Germanin kannte sich in der Götter- und Glaubenswelt der Römer so gut wie gar nicht aus, diese hatte sie bislang, bevor sie nach Rom gekommen war, schlicht nicht interessiert. Soweit sie es aber verstand, war es eine Form der Fulla oder der Frigg, welche die Römer hier verehrten. Und daher nahm die junge Frau die Sache entsprechend ernst.

    Gekleidet war sie in eine vollkommen weiße Tunica, die Haare trug sie schlicht und offen, so rein und natürlich wie eben möglich.

    In ihren Händen hielt sie einen Korb voller exotischer, bunter Blüten, die sie ihrem Dominus bei Bedarf anreichen würde.

  • Da stand ich nun am Fuße der wunderschönen Göttin Venus. Ich blickte nach oben und inspizierte ihren wohlgeformten, bildhübschen, erotischen Körper. Die Proportionen waren ein Sinnbild für die weibliche Schönheit. Vollkommen und Erhaben. Es hätte auch ein Abbild von Synnove sein können.


    Ich erhob meine Hand, um meine liebe Synnove und den anderen zu signalisieren, dass ich bereit war mit dem Ritual zu beginnen.


    Ich atmete einmal ganz tief ein und ganz ruhig aus. "O, herrlichste Venus! Du bist die Personifizierung aller Schönheit. Die Hüterin der Gärten und ihren Früchten. Herrin der Liebe, Lust und Leidenschaft. Du sorgst für unseren Fortbestand. Du lässt uns Menschen zueinander finden und lieben." So wie Synnove und mich.


    "Ich bitte dich, lass die Leidenschaft in mir brennen. Erleuchte die Herzen der anderen. Lass sie teilhaben. Teilhaben auf meinem Weg zum Amt des Vigintivirat."


    Synnove streckte mir das Körbchen entgegen und ich nahm nach und nach die jeweiligen Blüten heraus. Der Duft denen sie umgab roch süßlich wie wilder Honig. "Um dir zu bezeugen, gebe ich dir den weißen Lotus. Er steht für die Reinheit und die Perfektion deiner. Ich gebe dir den blauen Lotus. Er steht wiederrum für die Weisheit und die Ausdauer. Ich gebe dir den roten Lotus. Er steht für die Liebe, die Leidenschaft, dem Mitgefühl und dem reinen Herzen.


    Wenn du mir hilfst, dann gelobe ich dir, weitere Gaben dir zu geben. Viele Gaben!" Es gab noch reichlich anderen Lotus in den Farben Gelb, Purpur und Rosa. Und jetzt? Ach ja...

  • Durchaus interessiert verfolgte die junge Germanin das, was ihr Dominus dort vor ihr tat. Er schien sehr ehrfürchtig und sagte recht deutlich, was er sich erhoffte. Soweit war dies auch ihr vertraut, ähnliches würde man auch in ihrer Heimat tun. Aber eben doch völlig anders. Zunächst einmal fand sie es recht seltsam, dass die Römer der Meinung waren, sich in so einem Gebäude, an einem solch künstlich geschaffenen Ort vor einem von ihnen geschaffenen Bildnis, der Göttin besonders nah zu sein.

    Doch dem konnte nicht so sein, denn dies war ein Ort, der von Menschen geschaffen wurde, und den Göttern war man nur in der Natur, an heiligen Orten besonders nahe. Das wusste man doch!


    Noch besser wurde es, als ihr Dominus ausführte, wofür die Göttin stand und dann die mitgebrachten Blüten opferte. Synnove bezweifelte stark, dass diese lächerlichen Gaben irgendetwas bewirken würden. Eine Opfergabe, das wusste sie, hatte etwas Wichtiges und Wertvolles zu sein. Sicher nicht nur, wenn auch hübsch anzuschauende, Blüten. Es war vermutlich keine gute Idee, einem Gott etwas darzubieten, was für einen selbst kein wirklicher Verlust war, so zumindest ihre Meinung.

    Im Falle dieser Göttin, die wohl für Liebe, Lust und Fruchtbarkeit stand wäre bei einem Mann von Gracchus' Reichtum vielleicht ein Hengst angemessen gewesen. Oder zumindest dessen Penis, den man mit Lauch in ein Tuch („lin ok lauk“) gewickelt hier symbolisch hätte darbieten können. Aber diese unwissenden Römer gingen wohl lieber den einfachen, feigen Weg. Wie so oft.

    Synnove schwieg und wartete ab. Selbst wenn sie ihrem Dominus natürlich jede Gunst der Götter gönnte.

  • Ich wandte mich nach rechts und sah Synnove wie angewachsen stehend. Sie war wohl überwältig gewesen von dem was hier geboten wurde. Ich lächelte und ging zurück hinaus zum Vorplatz. Dort warteten bereits einige meiner weiteren Sklaven und mir unbekannte Schaulustige sowie der Opferherr. Gut!


    Einer meiner Hausdiener hielt ein kleines weißes Zicklein fest. Dieses versuchte sich zu lösen, um durch die Menschenmenge zu entfliehen. Doch es war gefangen.


    Ich ging die Treppen hinab zum Tier. Versuchte das Zicklein durch meine bloße Aura zu beruhigen. Es war zart, blütenweis und lebendig. Ich sah keine Kratzer, keiner Wunden, nichts. Perfekt war es. Und als wäre Venus mir tatsächlich wohlgesonnen gewesen beruhigte es sich. Sodass ich schließlich zum Becken ging und mich wusch. Den Saft von letzter Nacht wegspülte.


    Mein Hausdiener rief endlich "Favete linguis!" Es wurde still. Nicht einmal die Vögel, die den Tempel umflogen waren zu hören. "Diese wunderschöne, reine und vollkommende Zicklein gebe ich dir für deine Unterstützung auf meinem Weg zum Vigintivir."


    Zack, dann ging alles sehr schnell. Die Kehle wurde mit einem scharfen Messer durchtrennt und Unmengen von Blut tropfte auf dem Boden. Mir ging durch den Kopf, ob Synnove nicht allzu sehr Alpträume erleben würde. Dann wurde auch schon der reglose Körper geöffnet und die Eingeweide entnommen.

  • Ich sah zu wie das kleine Zicklein bis zum letzten Atemzug verstummte. Es blutig nur mit einem Messer in der Hand ausgeschlachtet wurde.


    Ich biss mir leicht auf die Zunge, um zu spüren, ob es wahr war. Ja, war es. Ich spürte eine rege Freudigkeit, Lust und ein Verlangen nach mehr. Es gefiel mir, zuzusehen wie ein Tier dem Hades zum Fraß vorgeworfen wurde. Ich war so sehr in Begeisterung, dass ich den Ausruf… "Litatio!" vom Opferherren nicht wahrgenommen hatte. Nur Synnove könnte mich von meinen sadistischen Gedanken entreißen.

  • Schweigend folgte Synnove ihrem Herrn aus dem Tempel, dabei durchaus darauf bedacht, möglichst anmutig, ehrfürchtig und feierlich zu wirken, wie es den Umständen eben angemessen schien. Auch wenn die Römer einiges anders machten, ging es immer noch um die Gunst der Götter, und damit war schließlich nicht zu spaßen, ob es nun ihre Götter waren oder die der Germanen.

    Dennoch war sie überrascht, als sie des kleines Zickleins gewahr wurde. Offensichtlich war die Sache mit den Blüten nur ein Vorspiel gewesen. Gut für ihren Dominus, wie sie fand. Sie stellte sich ein wenig abseits und schaute dem Geschehen zu. Beeindruckt, immerhin war dies hier ein Opfer, welches man nicht alle Tage sah, aber nicht schockiert.

    Es wurde getan, was getan werden musste, während die Umstehenden schweigend zusahen, gespannt, was das Opfer zeigen würde.

    Nur einmal wagte die Germanin den Blick hinüber zu ihrem Dominus, und war überrascht, was sie dort sah. Gracchus schien ergriffen. Nein, mehr als das. Er war fasziniert, wie gebannt starrte er auf das tote Tier und die Innereien. So sehr, dass er nicht mehr zu reagieren schien, als man auf sein Handeln wartete.


    Synnove wagte es nicht, ihn anzusprechen, also trat sie im Halbdunkel vorsichtig einen Schritt an ihn heran und legte eine Hand auf seinen Unterarm um dort leicht zuzudrücken. Hoffentlich würde es ihn wecken. Was war nur los?

  • Weiterhin in Gedanken versunken, sah ich wie Blut aus den Mündern tropfte und wie ich mit einer Gerte in der Hand inmitten einer Blutlache befand. Blutverschmiert gab ich laut zu erkennen, dass ich der Herr über das alles hier war.


    Ein dunkler Schatten kam auf und umhüllte mich. Nimm mich, Hades! Lass mich einer deiner Folterknechte werden! Doch zu meinem Bedauern wurde es warm und ein kleines Licht tat sich vor mir auf. Ich blickte hinein... "Was? Was? Synnove, warum nur? Warst du nicht eben dort? Nun hier bei mir? Was ist passiert? Erkläre es mir?" Es war wohl leider nur ein Traum. Er gefiel mir. Ich möchte zurück! Nur wie? Wie kann ich die Pforte öffnen? Musste ich weitere blutige Opfer vollbringen, um das Erlebte wieder zu erfahren? Ich war überfragt. Ich war vielleicht zu schwach. Ich muss weg. "Wir sollten gehen. Sag bitte meinem Vater von dem allen hier nichts, bitte." Ich brauchte einen Ausgleich, weil mein Verlangen nach mehr gestillt werden musste. "Und bevor ich es vergesse. Heute Abend kommst du wieder in mein Zimmer. Sei pünktlich, nackt und über mein Bett gebeugt."


    Verwirrt, zerrissen, angetan und geladen ging ich von dannen.

  • Ein kleines Opfer zum Start einer Wahlkampagne


    Bevor ein richtiger Wahlkampf angefangen werden konnte, sollte die Gunst der Götter erworben werden. Im Falle eines Annaeus, verheiratet mit einer Iulia, Sohn einer Iulia, gab es dazu wohl keinen besseren Ort, als den Tempel der Venus, Stammmutter der Iulii.


    So zog an diesem Morgen ein kleiner, aber immer grösser werdender Zug von der Domus Annaea zum Tempel der Venus Genetrix. Angeführt wurde er von Lucius Annaeus Florus Minor, gekleidet in blendend weisse Toga, ohne den senatorischen Streifen, denn heute ging es nicht um den "Senator" sondern um den "Bürger" Annaeus Florus Minor.

    Begleitet wurde ich von meiner Frau, Iulia Stella. Ihre morgendliche Übelkeit hatte sich zum Glück gelegt, so dass die Gefahr eines Wiedersehens mit dem Frühstück nicht bestand. Wer es wusste, konnte langsam einige leichte Rundungen um den Bauch der jungen Frau erkennen.

    Ebenfalls mit von der Partie, jedoch hinter dem Paar, waren meine versammelten Klienten und je länger der Zug unterwegs war, desto mehr auch andere Bürger, welche sich dem Zug anschlossen, entweder weil sie von anderen darüber informiert wurden, dass hier ein möglicher Tribunus Plebis die Göttin um ihre Gunst anflehen möchte, oder weil sie wissen wollten, was passierte.


    Sim-Off:

    Mitstreiter erwünscht und willkommen.

  • Der Start der neuen Wahlkampagne kam gerade rechtzeitig für mich. Die morgendlichen Schübe von Übelkeit und Erbrechen waren abgeebt und ich konnte seit einigen Tagen wieder ohne Probleme Nahrung aufnehmen und behalten. Dazu kam, dass erst Leute die mich wirklich sehr gut kannten bemerken konnten, dass mein Bauch etwas mehr an Umfang hatte als sonst. Geschickt gewählte Kleidung half dabei, dies noch etwas vor der Öffentlichkeit zu verbergen. Das Augenmerk sollte auf meinem Mann liegen, nicht auf mir. Stolz schritt ich Hand in Hand neben ihm her. Sklavinnen trugen hinter uns die unblutigen Gaben für Venus Genetrix, welche wir opfern wollten um die Gunst der Götter für sein nächstes Amt zu erbitten.

  • Nun war es soweit, das erste Mal das Lurco seinen Patron unterstützen konnte. Vielleicht war es nicht viel, aber manchmal half schon die Anwesenheit von Personen die felsenfest hinter einem standen, um einen das Gefühl von Sicherheit zu geben. Von der Domus Anaea ausgehend schritten sie zum Tempel der Venus Genetrix. Lurco war schlicht und würdevoll gekleidet. Es war schön zu sehen, wie viele Personen seinem Patron bereits folgten. Lurco war ebenso auf die Zeremonie der Göttin neugierig, denn Venus hatte er noch nie um Beistand gebeten. Für seinen Patron würde er heute genau dies tun und er würde ihm auch sonst auf jede Art beistehen, die ihm möglich war.

  • Angetan mit einer sorgfältig gelegten Toga, reihte ich mich in die Schar der Klienten ein, die Senator Florus Minor folgten, um den Beistand der göttlichen Venus Genetrix durch ein Opfer zu erbitten. War sie doch die Stammmutter der Annaea wie der Iulia. Vorneweg schritt das würdevolle Paar, mein Patron in einer blendendweißen Toga, an seiner Seite Iulia Stella im Ehrenkleid der Matrona.

    Der Morgen war schön und versprach, sonnig und klar zu werden. Weiteres Volk schloss sich unserem Zug zum Tempel an.

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    SODALIS FACTIO VENETA - FACTIO VENETA

    KLIENT - LUCIUS ANNAEUS FLORUS MINOR

  • Auch ich war heute Teil des Zugs und ging hinter Florus und Stella her. Ich war wie immer schlicht aber ordentlich gekleidet und frisiert. Neugierig ließ ich meinen Blick über die anderen Mitglieder des Zuges schweifen. Manche wie Purgitius Lurco kannte ich gar nicht, aber andere Teilnehmer wie Furius Saturninus dafür bereits umso besser.


    Nur kurz blieb mein Blick an ihm haften, was mir ein wenig die Röte ins Gesicht trieb, ehe ich meinen Blick wieder nach vorne heftete. Ich versuchte mich auf die heutige Aufgabe zu konzentrieren, aber meine Gedanken wanderten immer wieder zu dem jungen Mann einige Schritte hinter mir.

  • In der unbekannten Masse der Menschen, welche sich immer mehr dem Zug anschlossen, war auch ich, zusammen mit meinen Brüdern der Kreuzwegbruderschaft anwesend. Die Verbindung zwischen den Annaei und der Bruderschaft war zwar nicht allgemein bekannt und sollte dies auch nicht werden, doch diese Gefahr war verschwindend gering. Niemand wusste, wer von den Bürgern im Zug hinter dem Senator zu welcher Bruderschaft, Gruppierung, Factio oder Societas gehörte. Niemand interessierte sich heute dafür.


    Heute ging es um das Opfer zur Findung der Gunst der Götter für einen Wahlkampf, mehr nicht, aber auch nicht weniger.

  • Der Zug näherte sich dem Tempel und stiess dabei auf einen zweiten, ganz ähnlichen Zug, welcher sich von einer anderen Seite demselben Tempel näherte. Dieser wurde von Seius Ravilla angeführt. Es war immer sinnvoll, solche Opfer gemeinsam zu tätigen und da Ravilla und ich schon mehrmals miteinander zu tun gehabt hatten, er auch schon an einem anderen Opfer mit von der Partie war, welches die Gens Annaea ausgerichtet hatte, so hatten wir uns zu diesem Termin verabredet.

  • Klienten besaß Ravilla in Rom bislang nicht, doch findig hatte er sich einen Zug adretter Zeitgenossen gemietet, um optisch nicht hinter dem Senator zurückzufallen. Ebenfalls dabei war die Sklavenschar, welche ihn aus der Heimat nach Roma begleitet hatte und für sein Wohlergehen sorgte.


    Als Sohn eines ehrwürdigen Priesterhauses aus dem Osten war Ravilla heute in einer Weise herausgeputzt, die für manch Römer nur schwer zu ertragen war, doch ging er mit leicht verschleiertem Blick wie auf weichen Wolken und die Blicke erreichten seine Wahrnehmung nicht. Neigend zu tranceähnlichen Zuständen war das Geleit von Anaxis vonnöten, der sich aufmerksamer als üblich um den tiefreligiösen Herrn zu kümmern ersucht war. Ein misstrauischer Blick des Sklaven gen bewölktem Himmel offenbarte, dass dieser die Ursache des mentalen Schleiers weniger in göttlichem Wirken, als in Ravillas Wetterfühligkeit zu sehen geneigt war, doch ließ er nichts Entsprechendes verlauten.


    "O Annaeus Florus Minor mein", sprach Ravilla voll Pathos, als er in Reichweite normaler Stimmlautstärke kam. "Gegrüßt seist du an diesem besonderen Tage und möge die Göttin ihre zarten Hände behütend um dich und die Liebste schließen."


    Nach dem segensreichen Gruß vereinten beide Züge sich zu einem, der in erhabener Stimmung dem Tempel zustrebte.

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