[Forum Augustum] Templum Martis Ultoris

  • Braune, offene Augen. In diesem Detail ähnelte er meinem Freund Marcus sehr, der sich auch nie scheute, seinem Gegenüber in die Augen zu blicken. Es hatte auch eine Zeit gegeben, in der ich mich in Marcus' Augen verloren hatte - aber diesen Gedanken vertiefte ich hier nicht unbedingt.
    "Eigentlich ist es mir gleich. Ich reise gern, und da die meisten Tribunate dann doch etwas weiter entfernt stattfinden, wird es in jedem Fall eine Herausforderung, ob nun Germania, Aegyptus oder wo auch immer man es sich sonst noch vorstellen mag. Allein Hispania muss nicht unbedingt sein, ich kenne meine Heimat schon recht gut, da wäre mir etwas Neues dann doch lieber. Hast du einen Favoriten?" Seltsam, wie es mit diesen Aureliern war, ich fand bisher fast alle sympathisch. Sie hatten etwas sonniges an sich, etwas lebendiges, das den Flaviern oft genug fehlte, wir waren viel mehr ein argwöhnischer Schlag Menschen, gesegnet und verfliucht mit dem Kaiserblut zugleich.


    "Ihr hattet also einen recht unangenehmen Streit - das kommt in den besten Familien einmal vor und ich denke auch nicht, dass das ein Dauerzustand werden wird. Dafür ist Marcus ein zu aufrichtiger Mann, der Streit meines Wissens nach nicht besonders mag. Verwechsle das nicht mit Sanftheit oder allzu großer Nachgiebigkeit, er wird seine Meinung vertreten und Dir sicherlich auch immer sagen, warum er eine bestimmte Meinung gefasst hat. Warum lädst Du ihn nicht einfach einmal auf ein Essen ein, fernab der villa und auch fern seiner Pflichten? Wenn ich abends vom Tempel nach Hause komme, habe ich nicht mehr unbedingt den Kopf frei für die Sorgen meiner Umgebung, und das ist auch selten eine gute Gelegenheit, sich entspannt kennenzulernen. Dein Onkel hat viele Pflichten übernommen, und nicht zuletzt auch die, für die Familie in Rom zu sorgen. Das ist eine große Verantwortung, allen gerecht zu werden, und leisten kann so etwas im Grunde kein Mensch. Vielleicht kann ich Dir einen Hinweis geben, was Du tun kannst, wenn Du mir ein bisschen mehr verrätst, warum ihr euch überhaupt gestritten habt?" versuchte ich es nochmal - es schien ein ernstes Problem zu sein, wenn er schon von alleine wieder darauf kam, obwohl er es eigentlich zuvor abgelehnt hatte, genaueres zu sagen.

  • Ursus schüttelte den Kopf. "Nein, ich habe keinen Favoriten. Mein ewiger Favorit ist Rom. Wenn ich schon fort muß, ist es im Grunde egal, wohin. Griechenland müßte jetzt nicht unbedingt sein nach der langen Zeit in Athen." Ansonsten war er ja für alles offen.


    Als Aquilius dann weitersprach, verdüsterte sich seine Miene immer mehr. Immerhin verlangte der Flavier nun auch noch dafür Verständnis, daß Corvinus so schrecklich viele Pflichten hatte und darauf saß wie eine Glucke auf ihrem Ei! "Ja... Natürlich. Der arme Corvinus, der so schrecklich geplagt ist von diesen schrecklich vielen Pflichten. Vor allem von den Pflichten der Familie gegenüber. Und niemand nimmt ihm auch nur einen Hauch davon ab."


    Seine Worte kamen viel schärfer, als er beabsichtigt hatte. Er bemerkte es, aber da waren sie schon herausgesprudelt. "Bitte verzeih...", entschuldigte er sich sofort, denn Aquilius konnte nun wirklich nichts dafür. "Ich habe schon zu viel gesagt." Er zwang sich wieder zur Ruhe und sprach dann weiter. "Nein, ich fürchte, so ein Essen würde nichts weiter einbringen als weiteren Streit. Aber ich danke Dir trotzdem für Deinen Rat." Aufrichtig... Zumindest ihm gegenüber war Corvinus alles andere als aufrichtig.

  • Ich runzelte die Stirn, nicht wegen seinen Worten zum Tribunat, aber doch sehr viel mehr wegen dem folgenden - konnte es sein, dass hier der Groll wirklich begraben lag? Wie eifersüchtig und zornig der junge Aurelier geklungen hatte, nicht gerade etwas, was man hören wollte oder überhaupt anhöre konnte, ohne dass es einen dabei kalt überlief. Aus solchen Gefühlen entstand selten etwas Gutes.
    "Das ist es also. Du zürnst ihm, ob mit oder ohne Grund, das kann ich nicht beurteilen ... aber damit hast Du wohl recht, auf dieser Grundlage kann sich kein Gespräch entwickeln. Letztendlich will ich deise Details auch nicht wissen, denn gesagt hat mir Deine Haltung, der Klang Deiner Stimme genug. Kann es sein, dass Du Dich aus dem ausgeschlossen fühlst, was Dein Onkel tut? Wenn es wirklich der Fall ist, würde ich mir an Deiner Stelle überlegen, warum Du dieses Gefühl hast - und vor allem auch, ob es wirklich begründet ist. Zorn ist nicht rational, und wenn du als Amtsträger Erfolg haben willst, darf Dir Dein Zorn nicht im Weg stehen. Zu leicht wird man dadurch angreifbar und offenbart sich den falschen Personen."


    Dass er sich entschuldigte, nahm ich mit einem Nicken zur Kenntnis, und damit war es für mich auch erledigt, wirklich beleidigt hatte er mich damit ja nicht. "Was würdest Du denn gerne für Deine Familie tun, hast Du eine konkrete Idee? Denn einen Vorschlag in der Hinterhand zu haben verschafft Dir bei allen Diskussionen eine bessere Ausgangsposition."

  • Ursus atmete tief durch. Aquilius fragte nach Dingen, die er einem Konkurrenten nicht gerne sagen wollte. Auch wenn er den Flavier für einen netten Kerl hielt, er kannte ihn doch praktisch gar nicht. Trotzdem entschloß er sich nun zur Offenheit. Wenn es ein Fehler war und Aquilius dieses Wissen doch einmal als Waffe gegen ihn nutzte, würde er den Rest seines Lebens damit fertig werden müssen. Ein nicht unbeachtliches Risiko. "Ich fühle mich nicht nur ausgeschlossen, sondern massiv ausgebremst. Denn er verweigert mir die Möglichkeit, im relativ geschützten Bereich der Familie Erfahrungen zu sammeln, die mir bei der Amtsausübung nur nützlich sein könnten. Jetzt werde ich meine Anfängerfehler gleich in der Öffentlichkeit machen müssen, das ist ungleich härter als in der Familie und hat weiterreichende Folgen. Und nun sage mir, ob mein Zorn nicht begründet ist?"


    Weiterhin zwang er sich zur Ruhe. Nur seine blitzenden Augen verrieten, daß der Zorn immer noch in ihm schwelte. Es war eben einfach noch zu frisch, um abgekühlt zu sein. Er wußte ja nur zu gut, daß er sich solchen Zorn im Amt nicht erlauben durfte und war daher obendrein noch zornig darüber, daß er immer noch zornig war.


    "Nein, ich habe keine Idee. Die Finanzen verwaltet schon Cotta. Ich habe keine Ahnung, was es überhaupt noch an Aufgaben gibt. Woher sollte ich eine Ahnung davon haben?" Wäre er in Rom geblieben, statt nach Athen zu gehen, würde er es wissen. Denn dann wäre er ganz automatisch in alles eingebunden worden. Doch sein Vater hatte unbedingt gewünscht, daß er nach Athen ging. Und als gehorsamer Sohn war er natürlich gegangen.


    "Er behauptet, ich sei zu unreif und nicht verantwortungsbewußt genug, um solche Aufgaben zu übernehmen. Außerdem fürchtet er, daß ich so werde wie Sophus oder gar Cicero. Vielleicht ist es das, was mich noch am meisten wurmt an all dem, was er mir vorwirft. Denn er kann mich nicht besser kennen als ich ihn. - Aber sage mir, wenn er das alles tatsächlich von mir glaubt, warum hält er mich dann für die Kandidatur geeignet? Mit Logik jedenfalls kann ich mir das nicht erklären." Eher damit, daß Corvinus ihn im Amt scheitern sehen wollte, damit ihm ein für alle mal eine Ämterlaufbahn verwehrt blieb.

  • Ich lauschte dem Sermon des Zorns aufmerksam und behielt ihn dabei im Blick. Er schien von seinen Worten und der Richtigkeit seiner Wahrnehmung so überzeugt, dass man seiner Mimik sehr genau ablesen konnte, wie es ihm erging - dieses offene Buch würde er wohl im Amt erst einmal zu schließen lernen müssen, aber für mich war das nicht ganz so sehr von Belang wie die Worte selbst.
    "Hast Du Dir schon einmal überlegt, dass diese Dinge vielleicht nicht aus böser Absicht geschehen sind, sondern schlichtweg aus dem fehlenden Wissen heraus, was Deine Bedürfnisse sind? Du sagst selbst, ihr kennt euch kaum, und konntet euch bisher nicht unbedingt kennenlernen. Mir würde es schwerfallen zu erraten, was sich einer meiner Neffen wünscht, wenn er es mir nicht irgendwann selbst sagt. Das mag für Dich in Deiner Situation, in der Du ja auf jeden Fall etwas tun möchtest, sicherlich auch einmal aussehen, als würde man Dir keine Aufmerksamkeit zugedenken, aber ich denke nicht, dass Corvinus in schlechter Absicht handelte, es würde mich jedenfalls sehr erstaunen."


    Einige Momente ließ ich vergehen, bevor ich meinen Gedanken weiterführte: "Letztendlich kann es Dir im Augenblick nur nützen, dass Deine familiären Verpflichtungen noch gering sind - denn es wird Dir erlauben, Dich ganz auf Dein Amt zu konzentrieren, und das wiederum wird zu vermeiden helfen, dass Du Fehler begehst. Was könnte Dir Corvinus derzeit ermöglichen? Allenfalls die Arbeit als scriba personalis, und ich stelle mir das bei einem decemvir litibus iucandis als ausgesprochen langweilig und enervierend vor. Dass er Deine Kandidatur stützt und Dich darin ermutigt, spricht für mich eine ganz andere Sprache als für Dich, wie mir scheint: Ich denke, er ist davon überzeugt, dass Du es schaffen kannst. Denn alles, was Du verbockst, um es einmal ganz klar zu sagen, wird auf Deine gens zurückfallen, und das wünscht sich kein Haushaltsvorstand. Wo Du also zu sehen glaubst, dass Dich jemand in die Irre schicken will, sehe ich jemanden, der an Dich glaubt und bereit ist, dies auch zu vertreten. Hast Du es schon einmal aus diesem Blickwinkel bedacht?"

  • Ursus hörte durchaus aufmerksam zu. "Natürlich habe ich überlegt, daß er es vielleicht nicht aus böser Absicht tut. Aber gerade, als ich dieser Möglichkeit Raum gab, ..." Er brach ab und schüttelte den Kopf. "Hör zu, ich will nicht, daß Du irgendwie zwischen die Stühle gerätst. Du bist sein Freund, das soll auch so bleiben. Ich weiß ja, wie dumm und kindisch das alles für Dich klingen muß. Ich bin einfach noch zu aufgewühlt, um die Situation richtig wiederzugeben. Es war ein böser und unnötiger Streit. Ich weiß nicht, ob ich ihm vertrauen kann, Aquilius. Ich kenne ihn nicht genug. Das sagte ich ja vorhin schon. Deshalb habe ich Dich nach ihm gefragt." Es war ein Fehler. Ein großer Fehler. Er hätte Aquilius nicht so viel von sich offenbaren sollen, nicht so einseitig. So mußte er ihn doch auch für unreif, ja geradezu für ein trotziges Kind halten. Doch nun war es zu spät. Er hatte sich zu sehr von seinem Zorn und seinen Gefühlen leiten lassen.


    "Ich hätte damit nicht anfangen sollen. Es sollte in der Familie bleiben, wo es hingehört. Wäre ich nicht so unglaublich zornig, nicht nur auf ihn, auch auf mich selbst, dann hätte ich sicherlich nicht darüber geredet." Zumal er längst nicht alles gesagt hatte. Das kindische Weglaufen von Corvinus und auch die Tatsache, daß er Fragen schlicht ignoriert hatte, hatte Ursus unter anderem nicht erwähnt. Er konnte seinen Verwandten nicht derart in den Schmutz ziehen, egal wie zornig er auf ihn war. Außerdem tat es auch nicht wirklich etwas zur Sache. "Ich kann Dich nur bitten, die ganze Sache für Dich zu behalten."

  • "Du hast mein Wort, Aurelius Ursus, dass diese Sache bei mir bleibt - denn letztendlich stehe ich hier als ein Priester des Mars, nicht als der Freund des Aurelius Corvinus. Was immer euch entzweit hat, ist eure Sache und letztendlich müsst ihr beiden das auch unter euch bereinigen, in aller Ruhe, wenn sich die Gemüter beruhigt haben. Wenn Du Dir nicht sicher bist, was Du von ihm zu halten hast, ist es denke ich der beste Weg, Du versuchst es herauszufinden. Einen Zorn mit Dir herumzuschleppen, den Du nicht mehr loswirst, ist jedenfalls keine Lösung, das wird nur immer mehr, und mehr. In solchen Fällen gehe ich meistens trainieren, körperliche Anstrengung hilft auch, einen klaren Kopf zu bekommen."
    Ruhig blickte ihn ihn an, und die Worte, die ich gesprochen hatte, waren ernst gemeint, als hätte ich einem völlig Fremden einen ebensolchen Rat erteilen müssen - letztendlich war er mir fremd, aber ein gewisser Teil von mir entdeckte an diesem jungen Mann auch etwas Vertrautes. Noch immer war der Altarraum mit der mächtigen Statue des Mars gut gefüllt, und meine collegi waren ebenso gut beschäftigt, ihren Aufgaben nachzukommen - ich warf einen Blick zum Tempeleingang und betrachtete den Stand der Sonne.
    "Was hältst Du von einem Ausflug zu den Thermen? Die Zeit meiner Pflicht endet für diesen Tag recht bald, und ich habe dringend mal wieder etwas Ertüchtigung nötig, wenn man den ganzen Tag nur herumsteht, braucht man einen ausgleich."

  • Ursus lächelte unwillkürlich. Seine Wut hatte er erfolgreich wieder unterdrückt und er nickte. "Was meinst Du, warum ich seit Stunden durch die Stadt renne wie ein Irrer? Weil ich den Zorn loswerden wollte. Und irgendwann fand ich mich hier wieder..." Er blickte sich um. Vielleicht war es doch kein Fehler gewesen? Waren seine Schritte gelenkt worden zu eben diesem Gespräch und das Gebet eigentlich überflüssig? Vielleicht sollte er sich das Gebet sparen und lieber bei nächster Gelegenheit opfern als Dank?


    "Die Thermen sind sicher keine schlechte Idee", nickte er und fühlte sich durchaus erleichtert durch die Versicherung von Aquilius, daß dieses Gespräch vertraulich bleiben würde. "In den letzten Tagen war ich nicht mehr dort, aber normalerweise gehe ich täglich hin. - Ich habe nicht vor, ein Dickbauch zu werden", versuchte er zu scherzen.


    Seit der schmählichen Niederlage gegen Marsus hatte er tatsächlich recht ernsthaft trainiert. Was ja auch nicht schaden konnte, besonders im Hinblick auf ein Tribunat. Als Soldat sollte man körperlich fit sein. Als Offizier noch mehr.


    Aquilius sah auch so aus, als würde er überaus regelmäßig trainieren. Er hatte einen Körper, auf den selbst ein Gott neidisch werden konnte.

  • "Ich glaube nicht, dass Du so bald in die Verlegenheit kommen wirst, Dir neue togen machen lassen zu müssen wegen gewachsenem Körperumfang," meinte ich recht trocken und schmunzelte dann. Wirklich, der junge Aurelier schien mir alles andere als in Gefahr, demnächst wie ein Teig auseinander zu gehen, aber das wusste er schätzungsweise schon selbst. Ich winkte mir einen camillus heran und sagte ihm, er möge meinen collegi Bescheid geben, dass ich gegangen sei - es wäre ungehörig gewesen, sie nun während ihrer Arbeit zu stören - um mich dann dem Aurelier wieder zuzuwenden.
    "Dann lass uns aufbrechen, bevor noch irgendwer auf die Idee kommt, irgendein eiliges, wichtiges und dringendes Anliegen an mich zu haben, das am besten schon gestern erledigt worden wäre," sagte ich grinsend und schritt ihm voran auf den Tempelausgang zu, den Worten gleich Taten folgen lassend. Ich freute mich auf einen kleinen Ausflug in die Thermen, da ich nicht allzu oft dazu kam, öffentlich und ausführlich zu baden - meistens war ich dazu abends zu müde und begnügte mich mit einem kurzen Bad in der villa, um dann ins Bett zu fallen.

  • Ursus lächelte und seine Augen blitzten nun aus Amüsement und nicht mehr vor Zorn. "Meinst Du wirklich, diese reichen noch eine Weile? Spannen sie nicht schon ein wenig?" Er drehte sich halb herum, wie um Aquilius einen prüfenden Blick darauf werfen zu lassen.


    Die Wut fiel immer mehr von ihm ab. Langsam kam der echte Ursus zum Vorschein, der lebenslustige und tatendurstige. "Es wird doch hoffentlich keiner wagen, Dich zu stören, wenn Du eine wichtige, eilige, dringende Angelegenheit mit einem Aurelier zu besprechen hast." Etwas, worauf Ursus es ganz bestimmt nicht ankommen lassen wollte. Daher beeilte er sich, Aquilius zu den Thermen zu folgen.

  • Brutus hatte das große Forum überquert und stand nun im Schatten der riesigen Säulen. Hier war der Tempel des Mars Ultor, dem er ein Opfer versprochen hatte mit der Bitte um eine glückliche Reise nach Aegyptus. Heute nun wollte er dieses Versprechen einlösen.
    Ein wenig verwirrt suchte er einen der Priester, der ihm vielleicht weiterhelfen konnte.

  • | Memmius Vennonius Strabo


    Strabo war hier der beste Priester. Zumindest hielt er sich für den Besten. Ein wenig herrisch war er darob, doch vernachlässigte er nicht seine Pflichten.
    Als nun wieder ein Römer den Tempel des Mars betrat und reichlich verwirrt aussah, seufzte er und setzte sich in Bewegung, um den Mann zu fragen, was er wollte. Es war doch erstaunlich, wie wenig manche Römer über den korrekten Ablauf eines Opfers wussten. Aber dafür war er, Strabo, ja schließlich da. Damit er die Unwissenden führen konnte - und das tat er ausgesprochen gern, weil er ebenso gern die Hosen an hatte!
    "Salve, Bürger", sagte er und blieb vor dem Fremden stehen, um ihn anzuschauen. Seine Stimme war sehr tief, seine Gestalt muskulös und kräftig. Strabo hob fragend die Brauen.

  • Brutus neigte sein Haupt ehrfürchtig vor dem Priester, der ihn ansprach. Er wirkte ein wenig streng und herrisch, schien aber sonst kein schlechter Mensch zu sein.
    "Salve Sacerdos," grüßte er den Mann. "Mein Name ist Publius Iunius Brutus, ich würde Mars gerne ein Opfer bringen," begann er. Der Mann musste denken, er habe einen Barbaren vor sich, was ja auch nicht allzu weit hergeholt war. "Ich habe Mars geschworen, ihm ein würdiges Opfer darzubringen, als Dank dafür, dass er stets meine Wege bewacht hat. Und ich möchte ihn bitten, mich auch in Aegyptus nicht im Stich zu lassen. Ich habe bei dem Opfer an ein Schaf gedacht, oder gibt es ein Opfer, das Mars besonders gefällt?" fragte er.

  • Es war nicht so, dass Vala sich mit den Göttern nicht verstand. Ganz und garnicht, man könnte sein Verhältnis zu den Göttern eher als abgeklärt betrachten. Wie jeder einigermaßen berechenbare Mensch opferte er vor allem den Göttern wenn er etwas wollte. Und wenn er längere Zeit zufrieden war, was selten vorkam, dann opferte und betete er vor allem um den Draht nicht abreißen zu lassen.


    Heute zum Beispiel war Theiwaz dran, oder Mars, wie die Römer ihn nannten. Früher hatte Vala so gut wie jeden Tag zu Theiwaz gebetet, besonders in den Zeiten in denen man davon ausgehen musste am nächsten Tag vom Feind geweckt zu werden, egal wer das zu der Zeit nun auch immer gewesen war. Natürlich hatte er auch zu den anderen gebetet (nur an Wodan hatte er sich nie alleine getraut, der war einfach ein zu großer Brocken für einen kleinen Wurm wie den jungen Vala), Frigg um das Mädel von letzter Nacht eben NICHT schwanger werden zu lassen, Donar für gutes Wetter und Frija für Essen.
    Frija war ihm nicht allzu hold gewesen, Donar erwies sich jedes Mal als doch sehr launisch und Frigg... nun, in den meisten Fällen hatte er nie erfahren ob er sich nun erfolgreich fortgepflanzt hatte oder nicht. Oft war das Mädchen sowieso kurz danach verreckt, wie so viele andere. Und wenn er es schon geschafft hatte Nachwuchs zu zeugen der mitsamt Mutter überlebte hatte sich normalerweise schon wer anders dem Mädchen angenommen. Und er lebte noch, was darauf schließen ließ, dass Theiwaz einen gewissen Narren an ihm gefressen hatte.


    Er hatte alle zehn Männer, die er erschlagen hatte (was selbstverständlich maßlos übertrieben war. Drei waren sowieso kurz vorm Verrecken, vier hatte er nicht alleine erschlagen und die drei anderen hätten beinahe IHN umgebracht und nicht umgekehrt), dem Kriegsgott geweiht. Vor jeder Schlacht (oder eher: Scharmützel) hatte er sich mit anderen an Theiwaz gewandt um Beistand zu erbitten, und im Gegensatz zu vielen anderen hatte der Kriegsgott Vala verschont. Warum auch immer. Oft genug war Vala Hel von der Klinge gesprungen, die Götter schienen sich wirklich einen Scherz mit ihm zu erlauben.


    Nichtsdestotrotz: er fühlte eine gewisse Verpflichtung gegenüber dem Kriegsgott, auch wenn Theiwaz ihm in seiner Funktion als Politiker nicht großartig helfen konnte: man dachte aneinander.


    "Oh grooter Diwaz..", rief Vala den Kriegsgott in der Sprache seiner Ahnen an (er kam garnicht auf die Idee, es hier in Rom anders machen zu müssen, wenn er sich eh schon sein ganzes Leben darin an ihn gewandt hatte), nachdem er von einem Tempeldiener entsprechend gereinigt wurde (denn das war irgendwie überall gleich. Kein Volk betrachtete es als tolerabel wenn man die Götter mit dreckigen Pfoten anrief), "..Vadder d's Krigs, do Wachdr ü' Rekt u' Sitt, dä do oppasst op de Krigr u' de Thing, di roop ik a un' opper ditte Vieh."


    Das winselnde rotpelzige Stück Hund, in dessen Fell sich Valas Hand unnachgiebig gegraben hatte wurde mit einem Ruck vorgezogen und auf den dafür vorgesehenen Platz gezerrt, wo ihm mit wenigen gekonnten Handgriffen der Garaus gemacht wurde.


    "Sta mi bi inne Sett vonne Kamp un' Strit, sta mi bi inne Sett vonne Pine un' Lid, sta mi bi u' to winne' op mine Fiende! Groote Diwaz, ik roop di a', neem ditte Opper an un' gunn mi dine Schuul. Wi et war', un' wie et ewe sine so'."


    Jetzt galt es. Die Römer hatten die seltsame Angewohnheit, ihren Opfertieren in die Gedärme zu gucken um festzustellen ob der angerufene Gott das Opfer auch angenommen hatte. Das war für Vala recht befremdlich, aber keine unüberbrückbare Hürde. In seiner Heimat hätte er dem Vieh einfach die Kehle durchgeschnitten und es dann in einem See oder einem Moor versenkt. Hier gab es weder das eine, und beim anderen hätten ihn die Vigiles sicher verhaftet wenn er die städtischen Teiche mit toten Tieren besetzte.
    Er öffnete der toten Töle einfach die Bauchdecke und warf einen Blick hinein, ohne wirklich zu wissen worauf er achten musste. Was hatte der alte Sack nochmal gesagt? Unregelmäßigkeiten? Wie bei Loki sahen denn die regelmäßigen Innereien aus?
    Diese Frage klärte sich relativ fix: von innen sahen alle Viecher gleich aus, ob Mensch oder Tier. Und Vala hatte schon haufenweise menschliche Innereien betrachten dürften, meist nicht freiwillig, und Theiwaz sei Dank noch nie seine eigenen. Ein Gefriemel war das, nicht mehr feierlich.. nun wünschte er sich doch ein Moor dabei, was war das hier? Eine verdammte Schlachterei? Nun.. wenn der Gott es hier so wollte, würde er es bekommen. Fragte sich nur, ob Theiwaz, oder Mars, oder Teutates, oder wie-auch-immer dieses Opfer überhaupt annahm... und wodurch er es Vala zeigen würde.

  • Heute gab es also Hund. Das war eher selten im Tempel des Mars und der Kriesgott verstand erstmal kein Wort. Aber nur solange, bis er seinen piscis babelensis richtig getuned hatte. Dann war er ganz Ohr für die Worte dieses offenbar germanischstämmigen Römers. Da erklärte sich dann auch, wie er auf die Idee mit dem Hund gekommen war. Wolf war in Rom schließlich schwierig zu beschaffen, wenn man nicht gerade gute Kontakte zum Circus hatte. Was der gute Mann wollte, war auch dann wieder eher das übliche Standardprogramm - da taten sich Römer und Germanen wohl nicht allzu viel. Beistand und Schutz waren schnell notiert und Mars war gespannt, wann der Kerl wohl wieder in die Schlacht ziehen würde.


    Während er die Eingeweide des Hundes durchsuchte, lief übrigens eine Menge Blut heraus, was gemeinhin ein gutes Zeichen war. Eine Stimme aus einer undefinierbaren Quelle irgendwo innerhalb des Kopfes des Germano-Römers teilte diesem zudem mit, dass er seine Sache gut gemacht hatte. Da blieb Mars ganz konventionell, denn gewöhnlicherweise verriet niemand, wenn er leise Stimmen in seinem Kopf hörte, um nicht für verrückt erklärt zu werden. Zumal die Stimme diesmal auch noch in einer Sprache gesprochen hatte, die die meisten Römer gar nicht verstehen würden.

  • Schon als er über die Stufen der Curia Iulia trat, hatte Gracchus vergessen, worüber genau der Senat an diesem Tage hatte debattiert, nur die Meldungen über kleinere, harmlose Grenzscharmützel irgendwo im Osten hafteten standhaft in seinen Sinnen. Harmlos mochten sie sein für das Imperium Romanum, unbedeutend für Rom und den Frieden des Reiches – und doch mochten allfällig ein oder zwei Legionäre ihr Leben dabei lassen, deren Todesnachricht den Senat nicht einmal würde erreichen ob ihrer Unwichtigkeit. Der Gedanke jedoch, ein ganz bestimmter Legionär könnte an den Grenzen des Reiches sein Leben lassen, wühlte Gracchus derart auf, dass er vor der Curia seinen Sklaven sandte, ihm Speltkekse und Wein zu besorgen – von exquisiter Qualität selbstredend, doch dies musste nicht erst erwähnt werden – und ihn auf dem Forum Augustum vor dem Tempel des Mars Ultor wieder zu treffen. Alexandria et Aegyptus war keine östliche Provinz, und doch hatte Faustus nicht nur von Überfällen an der Grenze des Reiches berichtet, sondern auch, dass die Legion ins Innere der Wüste würde vorstoßen, dem sagenumwobenen, schrecklichen Volk der Acephali sich zu stellen. Selbstredend würde Faustus als Tribun nicht an vorderster Front kämpfen – obgleich Gracchus sich seinen Heroen dort konnte besonders gut vorstellen, mehr noch im Alleingang eine Schneise in die feindlichen Reihen schlagend –, doch es hatte schlussendlich auch schon Kaiser gegeben, welche in den hinteren Reihen des Schlachtfeldes von einem feindlichen Speer waren getroffen und davon dahingerafft worden. Als Gracchus in der milden Wintersonne vor dem Tempel verharrte, gedankenverloren die Zierarbeiten an den Exedra musterte, schalt er sich innerlich einen rechten Narren, da er ob des Wohlbefindens eines Geliebten sich sorgte, mit welchem er kaum mehr als eine lange Nacht und ein viel zu kurzes Wiedersehen hatte verbracht. Und doch, wenn er nur an diese unendlich vergnügliche Nacht zurück dachte, an das drängende Sehnen hernach, den Zwiespalt zwischen dem was er war und dem was er wollte, der grauenvoller war als je zuvor, die schlaflosen Nächte ob des Missens, die wonnevollen Träume der Erinnerung, die überschwängliche Freude über die Nachricht und das Zerfließen im Angesicht der lieblichen Worte, dann wusste er, dass wohl ihn überkommen hatte, was noch aus jedem Menschen einen Narren machte, und ein entrücktes Lächeln kräuselte seine Lippen, welches erst dort wieder verschwand als Sciurus mit den Opfergaben an ihn herantrat. Seines Handelns und seiner Überzeugung wieder gänzlich sicher – ohnehin hatte er schlussendlich schon ob weitaus weniger gewichtiger Angelegenheiten als das unversehrte Leben eines Menschen geopfert – trat Gracchus die lange Treppe zum Tempelgebäude empor hinauf, welche ihm noch immer aus seiner Zeit als Commentarius war vertraut als wäre dies erst gestern gewesen, was indes mehr der Unveränderlichkeit des gewaltigen Tempels an sich war geschuldet, dessen Säulen sich wohl noch in Jahrhunderten würden dem Himmel entgegenrecken, als des geringen Zeitabstandes in Gracchus' Leben, welcher immerhin bereits länger als die Existenz seines Sohnes währte. Nachdem er die Schwelle des Eingangs hatte überschritten, wusch er sich sorgfältig seine Hände in dem kühlen Wasser im Becken neben der Türe, streifte nicht nur allfällig vorhandenen Schmutz von seiner Haut, sondern auch jegliche Bedenken von seinem Geiste, ehedem er sich der cella hin zu wandte und mit Sciurus' Hilfe eine Falte seiner Toga über das Haupt sich legte. Das Innere des aedes war leer wie sooft bei den großen Tempeln Roms, opferten die einfacheren Bürger doch weit öfter an den Schreinen in Roms Straßen oder dem häuslichen Altar, selten indes in den gewaltigen Tempeln, welche stets dazu gereichten, den einzelnen Menschen seiner Bedeutungslosigkeit zu erinnern. Warm und goldfarbenen schimmerten die Flammen der Kerzen und Öllampen zur Seite, tauchten die von den schlimmsten Feinden Roms erbeuteten Waffen und Schilde in ein glanzvolles Licht, das diese ein wunderbares Lied zu singen schienen von glorreichen Siegen und dem Ruhm eines unschlagbaren Imperium. Bisweilen dauerte Gracchus, nie Teil dieser Streitmacht gewesen zu sein, doch wusste er gleichsam zu gut, dass er weder mit Sieg, noch Ruhm in einer solchen Position dem Imperium würde dienen können. Streng und doch gütig blickte das gewaltige Standbild des Mars auf Gracchus hinab, und jener war fest davon überzeugt, dass der Gott dies ihm würde nachsehen, schlussendlich war er nicht nur erster Krieger, sondern auch Vater aller Römer, und würde darob wissen, welche seine Söhne besser nicht im Kampf ihre Pflicht taten, sondern in Rom, zum Wohle der Götter.

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  • Die Arme zur Seite, die Handflächen empor und den Kopf in den Nacken gelegt, dass sein Blick den des göttlichen Abbildes erreichte begann Gracchus mit seiner Billte.
    "Mamarce, Vater aller Römer, Mars pater, Herr des Krieges, hier stehe ich, un..bedeutender Deiner Söhne, um Deine Gunst zu bitten für die Männer der Legio XXII Deiotariana und unter ihnen im Besonderen für Faustus Decimus Serapio, Sohn des Marcus Decimus Livianus, Tribunus Angusti..clavius der Legio XXII. Nimm diesen Wein, Mamarce, und führe dafür des Faustus Deicimus Serapios Schild, dass kein feindli'her Hieb ihn zu treffen vermag!"
    Ein kurzer Blick nur zu Sciurus genügte, dass dieser eine tönerne Amphore seinem Herrn anreichte, aus welcher dieser die rubinrotfarbene Köstlichkeit in die steinerne Vertiefung des Altars goss, von wo die Flüssigkeit mit leisem Gurgeln durch das schmale Loch hin abfloss - aus Erfahrung wusste Gracchus, dass dort unter dem Altar in einem Raume, welcher ebenerdig unter dem erhöhten aedes lag, eine große, hölzerne Wanne stand, und dass das ungustiöse Gemisch, welches im Laufe des Tages darin aus den verschiedensten Sorten geopferten Weines entstand mit reichlich Wasser verdünnt noch an die Armen und Bedürftigen wurde ausgegeben. Doch im Moment der Handlung war dies fern seiner Gedanken, nebensächlich gleichsam, war die Essenz des Opfers doch bereits in jenem Augenblick der profanen Welt enthoben als die Flüssigkeit den Stein berührte.
    "Nimm diesen Spelt, Mamarce, und führe dafür des Faustus Decimus Serapios Gladius, dass ein jeder seiner Hiebe seine Feinde zerteilt und zerschmettert!"
    Sorgfältig, als wären sie von großem Wert, legte Gracchus die Speltkekse in eine der goldenen Schalen zu Füßen des steinernen Mars - nicht lange nach seinem Opfer würde einer der Tempelsklaven kommen und die Schüssel leeren, die Kekse zu den Gaben für die Armenspeisung legen. Speltkekse und verwässertes Weingemisch - Gracchus konnte schwerlich sich vorstellen, wie ein Mensch für solcherlei konnte dankbar sein, doch auch an dies dachte er diesen Augenblickes nicht.
    "Nimm diese Münzen, Mamarce, und erfülle dafür des Faustus Decimus Serapios Geist mit Deinem Hauch, dass er tapfer und be..sonnen seine Männer gegen die Feinde Roms führen möge!"
    Gracchus achtete nicht auf die Anzahl der Münzen, welche Sciurus ihm reichte, noch auf deren Gewicht oder Wert, konnte er doch sich versichert sein, dass es nicht zu wenig war, was er auf dem Altar ablegte.
    "Mamarce, Herr des Krieges, Vater aller Römer, nimm mein Opfer, das ich Dir, Mars, gebe mit Freue, und schütze dafür Faustus Decimus Serapio, Sohn des Marcus Decimus Livianus, der in Aegyptus Tribunus Angusti..clavius der Legio XXII Deiotariana ist, sowie all jene Männer unter seinem Kommando!"
    Er wollte bereits seine Bitte schließen, als ihm ein weiterer Gedanke kam.
    "Wenn Du ihn gesund und wohlbehalten zurück nach Rom führst, Mamarce, so will ich einen Eber schla'hten, Dir zur Ehre, dies gelobe ich, Manius Flavius Gracchus, Dir, Vater aller Römer, bei meinen Ahnen!"
    Ein wenig eigennützig war dies letztlich schon, schlussendlich würde es allem voran bedeuten, dass Faustus überhaupt nach Rom käme. Gracchus ließ Blick wie Hände sinken und ließ noch einige Augenblicke die Atmosphäre auf sich wirken, ehedem er sich umwandte und langsam den Tempel verließ, an den Stufen hinab gedankenverloren mit der Linken seinen Nacken rieb, der ein wenig steif war vom Blick empor zu der göttlichen Statue. Er wusste, dass seine Bitte Wunsch würde bleiben, denn schlussendlich war Faustus Soldat und alle Legionen fern Roms.

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  • Antoninus in voller Rüstung und heute besonders herausgeputzt war über das Forum Augustum gelaufen. Er ging die die Stufen hinauf an der Statue des Augustus vorbei. Als er vor der ersten Säule stand auf denen das Vordach des Tempels ruhte. Nahm er den Helm ab und klemmte ihn unter den Arm. Er war lange nicht her gewesen wenn genau wusste er nicht mal mehr und der Umastand war ihm dann doch unangenehm. Denn Mars hatte ihn reich beschenkt und jetzt sah er es an der Zeit sich mal wieder zu bedanken. Die Nägel unter den Calcea klapperten leicht auf den Steinen bis er vor dem Altar auf einen Priester traf. „Salve ich bin Lucius Antoninus von den Iulia. Ich würde gern mit dem verantwortlichen Priester sprechen.“

  • Priscus ging an der Quadriga vorbei, die vor dem Tempel des Mars Ultor stand und Augustus darstellte. Tief beeindruckt ging er die Stufen hinauf, langsam und andächtig. Als er die letzte Stufe erklommen hatte, atmete er einen Moment durch und ließ den Lederbeutel von der Schulter gleiten. Ein Mann kam ihm entgegen, der scheinbar erleichtert aus dem dunklen Inneren kam. Vielleicht hatte Mars sein Gebet ja bereits erhört.


    Als Priscus über die Schwelle trat und sich seine Augen an das halbdunkel gewöhnt hatten, legte er seinen Beutel neben das Wasserbecken, das gleich am Eingang stand. Mit bewussten Bewegungen tauchte er seine Hände ein das Becken und wusch seine Hände und Arme, nicht nur, um etwaigen Schmutz abzuwaschen, sondern auch, um sich symbolisch zu reinigen. Dann richtete er seine Toga, zupfte noch eine Falte gerade und bedeckte mit einem Zipfel sein Haupt. Aus dem Beutel nahm er eine kleine Amphore und ein leinenes Bündel. Dann drehte er sich der Statue zu, die man im Schein der Öllampen und Kerzen am Ende des Raumes sehen konnte. Entlang des kurzen Weges, den er ging, standen die Statuen der unsterblich gewordenen Feldherren, erbeutete Waffen und andere Dinge, denen Priscus jedoch keine große Achtung schenkte. Sein Blick war auf die große Statue gerichtet, die Mars Ultor darstellte.


    Vor dem Altar machte Priscus halt. Er streckte die Hände in Richtung des Himmels, die Händflächen nach oben. Einen Moment lang besann er sich, suchte nach den richtigen Worten, um seiner Bitte Ausdruck zu verleihen. Der Wichtigkeit des Anlasses gemäß hatte er sich das Wesentliche schon zurechtgelegt. Mit kräftiger Stimme begann er. „Mars Pater, großer Krieger, Beschützer des Herdes und der Soldaten, unbezwingbarer Schlachtenlenker. Ich bin Titus Iunius Priscus, ich bin heute gekommen, um dir meine Gaben zu bringen und deinen Segen zu erbitten. In wenigen Tagen werde ich mich in einer deiner Legionen zum Dienst melden, auf dass meine Pflichterfüllung dir zum Gefallen gereiche.“ Mit diesen Worten streute er etwas Weihrauch, den er ebenfalls noch mitgebracht hatte, auf das Kohlebecken. Sogleich erfüllte der Wohlgeruch das Innere des Tempels und stieg zur Statue hinauf. „Nimm diesen Weihrauch als meine Gabe an, stärke dafür meinen Körper, damit meine Feinde nie über mich triumphieren mögen.“
    Dann nahm er die kleine Amphore mit dem teuersten Wein, den er sich hatte leisten können, goss ihn in eine flache Patera und hielt diese in der Hand. „Nimm diesen Wein, ich opfere ihn dir als Gabe, möge er dir als Ersatz für mein Blut gereichen, bewahre mich vor Verletzung und Tod.“ Mit diesen Worten goss er langsam den roten Wein in die Vertiefung des Altars und sah zu, wie die Flüssigkeit leise gluckernd abfloss. Der Gott hatte die Gabe angenommen, wenn auch nur symbolisch.
    Wieder blickte Priscus zur Statue. „Mars Pater, nimm diesen Kuchen von mir an, gib meinem Geist dafür die Nahrung, um nicht zu verzagen und jede Anstrengung und Entbehrung mit Vertrauen an dich zu ertragen. Lass Mut und Stärke meine Begleiter sein, wenn ich dem Adler folge!!“ Mit spitzen Fingern zog er die Zipfel des Bündels auseinander und legte die Stücke des süßen Kuchens vorsichtig in eine der dafür vorgesehenen Schalen. Zum Schluss legte er noch eine Handvoll Münzen dazu und richtete seinen Blick auf das Abbild des Gottes.
    „Diese Münzen nun nimm für deinen Segen, den du mir zuteil werden mögest, schenke mir Kraft und Gesundheit für die nächsten zwanzig Jahre meines Dienstes. Nimm diese meine Gaben, die ich gerne gebe, mit Wohlwollen an. Ich gelobe, die Waffen meines ersten Feindes, den ich erschlage, dir zum Geschenk zu machen und dir am Ende meiner Dienstzeit einen Stier zu opfern, wie es sich geziemt.“
    Damit war das Gebet beendet, Priscus drehte sich nach rechts und trat vom Standbild des Gottes zurück. Er hoffte, dass er nichts vergessen hatte und der Gott sein Gebet erhörte. Als er das Innere verließ, spürte er sich merklich erleichtert. Nun konnte er sich auf den Weg nach Mantua machen.



  • Der Kriegsgott verfolgte die Vorgänge im Tempel mit Wohlgefallen. Nur selten besannen sich junge Männer noch auf alte Tugenden und baten den Gott vor dem Dienstantritt um Beistand und gelobten ein Opfer für das Ende des Dienstes. Umso mehr würde Mars den Weg dieses Mannes persönlich verfolgen.

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