Cubiculum | Manius Flavius Gracchus

  • "Aristides!"
    griff sogleich Gracchus das Wort seines Freundes auf, unfähig dies länger in sich zu halten. Er packte Aquilius erneut bei den Schultern und ein übermäßig erfreutes Glänzen trat in seine Augen, zudem ein euphorisches Lächeln seine Lippen kräuselte.
    "Er lebt! Er lebt, Caius! Einen Brief hat er gesandt aus Parthia, ob der Meldung in der Acta Diurna besorgt - und zu Recht. Doch er lebt, ein wenig angeschlagen ob der Kämpfe, doch befindet er sich wohl und nichts wird ihn abhalten können, letzten Endes nach Rom zurück zu kehren. Oh, Caius, ist das nicht eine gar wundervolle Nachricht nach all dieser Tristesse, nicht erbaulicher hätte die schönste, wohl formulierteste und umschweifigste Schrift der Welt mir scheinen können, denn Marcus' Worte, von üblicher Direktheit und Simplizität geprägt, auf dem fahlen Pergament."
    Keine Nachricht der letzten Tage, kein Ereignis hatte ihn mehr in Entzücken versetzen können, als jene Worte aus dem fernen Parthia. Was war ein Sitz im Senat, was war ein Platz im Collegium Pontificium noch wert, wenn in der Ferne sein Vetter nicht wie befürchtet, wie längst geglaubt dem Tode Anheim gefallen war?
    "Darauf möchte ich mit dir anstoßen, Caius, eine Amphore leeren, zwei und mehr, bis ich das Glas nicht mehr halten kann und dass mich mein Kopf in Tagen noch daran erinnert, dass nichts so wertvoll ist, wie das Leben selbst, dass jeder Tag ein Stück denjenigen gehören mag, welche im Leben bedeutsam sind, denn allzu leicht werden diese daraus entrissen. Keine Arbeit, keine Pflicht könnte dem Gespräch, der Zeit mit dir voran stehen, Caius, niemals. Niemals wieder."
    Als wären sie zwei Vettern, welche nichts weiter waren denn Vettern, legte Gracchus Aquilius einen Arm um die Schulter und führte ihn mit sich zum Peristyl der Villa hin.



    /Link eingefügt

  • "Er lebt? Ich wusste es ..." seufzte ich erleichtert - sicher, ich war mir fast sicher gewesen, dass es ein Zeichen des Mars gewesen war, diese Kinder vor dem Tempel spielen zu lassen, aber ein Rest Ungewissheit hatte sich eben immer eingeschlichen, sobald ich darüber nachdachte. Im Deuten von Omen war ich einfach noch nicht so geübt, da ich sie selten bisher gesehen hatte. "Keine bessere Nachricht hättest Du mir heute überbringen können, Manius, und darauf lohnt es wahrlich, zu trinken, bis wir beide nicht mehr können," fügte ich an, grinste vorfreudig - Felix würde toben, wenn er seinen dezimierten Weinvorrat sehen würde, aber Wein war eben zum trinken da - und heute gab es mehr als nur einen Grund, sich am Rebensaft gütlich zu tun. So folgte ich ihm nur zu gerne ins peristylium ...

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    ~ Salambo ~



    Einer nubischen Liebesgöttin gleich schwebte das Kammerkätzchen Salambo des Abends, wie befohlen, in das Schlafgemach ihres Herren. Samtig glänzte ihre dunkle Haut, seidig ihre Locken, und es umwehte sie ein dezenter Duft von Zimt und Narde. Beinahe hätte sie 'Pfirsich' gewählt, doch glücklicherweise hatte sie noch Erkundigungen eingezogen, welchen Duft die Gemahlin des Dominus bevorzugte - das war wohl ebenjener - und das hatte sie gerade noch vor den fatalen Fehler bewahrt, den selben zu benutzen!
    Fein geschnitzte Elfenbeinreifen zierten ihre schlanken Handgelenke und die Fesseln, kontrastierten mit dem tiefen Kakaoton ihrer Haut. Um ihr linkes Handgelenk war außerdem die Haut einer weißen Schlange gewunden, gezeichnet mit dem Veve des des großen Loa Wedo Danbala. Salambo hatte ihre Sache gründlich gemacht. Auch im Tempel der Iuno war sie heute schon gewesen, und hatte dort Fruchtbarkeit erfleht.


    Das dünne, lachsrote Gewand schmiegte sich um ihren geschmeidigen Körper, als sie ehrerbietig zu ihrem Gebieter trat, es ließ die straffen, fraulichen Formen der Nubierin erahnen, lockte den (interessierten) Beobachter zu dem Versuch den feinen Stoff mit den Augen zu durchdringen, und war dabei doch nicht zu unzüchtig geschnitten.
    Vor allem aber lag ein Strahlen in Salambos Augen, als sie sie auf ihren neuen Herren richtete, ein Glanz der von ihrer Freude sprach, ihm zu Diensten sein zu dürfen, von Bewunderung und Dankbarkeit, von glücklicher Unterwerfung und von dem unbedingten Wunsch ihm in allen Dingen gut zu dienen.
    Sich verneigend stellte die Nubierin auf einem Tischchen ein verziertes Silbertablet ab, auf dem sich einige Speisen und Leckereien befanden. Sie hatte sich ausbedungen, dem Herren einen kleinen Happen zum Nachtmahl bereiten zu dürfen, und all ihr Wissen um aphrodisische Speisen in dessen Zubereitung einfließen lassen.


    So verströmten dort nun kleine Spiesse mit zart gebratenem, kräftig gewürztem Schildkrötenfleisch ihren Duft, und sattgelbe Safransosse lud dazu ein, sie hineinzutunken. Um den dann hoffentlich auftretenden Durst zu löschen, stand ein Krug mit goldenem Falerner dabei, der reichlich mit dem Extrakt der segensreichen Stendelwurz versetzt war. Tiefrote Granatapfelschnitze und pikantes Ingwergebäck standen ausserdem bereit.
    Wenn das alles nicht ausreichen sollte, die Sinne des Dominius zu entflammen, dann wüsste Salambo auch nicht mehr weiter.
    "Nun mein Gebieter bin ich ganz Dein...", schnurrte das Kammerkätzchen (was in jeder Hinsicht der Wahrheit entsprach) und schloss, die Augen verführerisch auf den zu Verführenden gerichtet, mit langsamen, kalkuliert lasziven Bewegungen die Türe des Cubiculums...

  • Eine halbe Ewigkeit - so schien es ihm - wartete Gracchus bereits in seinem Cubiculum. Nicht etwa, da Salambo zu spät war, sondern einzig ob der Tatsache wegen, dass er seit einer kleinen Ewigkeit versuchte, sich mit jenen Ereignissen abzufinden, welche er des Mittages in Bewegung hatte gebracht. Würde man sich der sprichwörtlich kalten Füße bedienen wollen, so waren jene Gracchus' ein einziger Eisklotz. Es würde nicht funktionieren, dessen war er sicher, es war eine törichte Idee gewesen, mochte er sie auch noch so lange durchdacht und für logische Konsequenz befunden haben. Er würde die Sklavin fortschicken, unverrichteter Dinge, unberührt, ihr ob ihres guten Willens und ihrer früheren Verbundenheit mit seiner geliebten Base einen Platz im flavischen Haushalt zugestehen, doch dies würde alles sein. Seinen eigenen Leibsklaven Sciurus hatte Gracchus bereits vor einiger Zeit hinfort geschickt, unmöglich würde ihm sein in dessen Antlitz sich mit Salambo zu beschäftigen. Was jedoch ihn beim Eintreffen der Sklavin erwartete, dies überstieg seine gesamte Vorstellungskraft, denn nicht wie eine Sklavin betrat sie sein Gemach, sie erschien eines fernen, exotischen Numens gleich, und es gereichte wahrlich dazu, Gracchus' Lippen in Erstaunen zu öffnen, seine Brauen - beide zugleich - anzuheben und in solcher Miene erstarren zu lassen. Seine diesbezügliche Erfahrung mit Frauen begrenzten sich auf eine Lupa zur Entdeckung der eigenen Männlichkeit und seine Gemahlin, welche kaum je sich in irgendeiner speziellen Weise hatte um seine Aufmerksamkeit bemüht - doch selbst all die übrigen Relationen betreffend hatte kein Mensch je in solcher Weise sich ihm dargeboten, ihm angeboten. Da er sich seines Staunens wurde bewusst, presste er seine Lippen fest aufeinander, dass nur eine schmale Linie noch zu sehen war, und musterte Salambo eingehend, während sie die Türe schloss, seinem Blick nicht auswich. Was tat er? Er musste sich eilen, sie fort zu schicken, ehe es zu spät war. Noch immer saß unschlüssig er auf der Bettkante, denn wo sonst sollte sein Kind gezeugt werden, selbst wenn es ein Bastard würde sein? Was, bei allen Göttern, so schoss augenblicklich ihm durch den Sinn, würde ohnehin dies für ein Kind werden? Dunkles Haar und dunkle Augen, geschmückt mit der bronzenen Haut Salambos oder seiner eigenen, hellen römischen? Was machte über ein Geschöpf er sich Gedanken, welches weder gezeugt war, noch welches ohnehin nicht sein Kind würde sein? Ein kleiner Bastard, sein kleiner Bastard, geboren aus flavischem Blute, verdammt zu sklavischem Leben. Caius hatte seinen Bastard angenommen, zu seinem Sohn gemacht, einem Flavier. Was bestimmte einen Flavier? Der Name, die Herkunft, das Blut? War Furianus nicht Flavier, obgleich fern der Familie als Sohn eines unbedeutenden Mannes erwachsen? War Quintus Flavier gewesen, als solcher geboren, doch der Familie entrissen, fern ihrer aufgewachsen als Sohn einer unbedeutenden Magd? Würde Caius' Sohn Flavier sein, als solcher gezeugt und erzogen, doch Sohn einer unbedeutenden Fischerin? Weshalb nicht konnte Antonia ihm einfach nur den Erben gebären, dessen er bedurfte, ohne ihn all diese Pein durchleiden zu lassen? Leise räusperte sich Gracchus, versuchte die Trockenheit aus seiner Kehle zu vertreiben, welche sich dortig hatte eingenistet.
    "Setze dich zu mir."
    Aus Verlegenheit, nicht da er tatsächlich Hunger verspürte, griff Gracchus nach einem der kleinen Fleischspieße, welche die Sklavin hatte in dem Ensemble auf dem kleinen Tisch hatte angerichtet, tunkte ihn in die Soße und aß einen Bissen, welcher zugegebenermaßen ihm durchaus mundete.

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    ~ Salambo ~



    Ihr Auftritt hatte seine Wirkung nicht verfehlt, stellte Salambo zufrieden fest. Sich sinnlich in den Hüften wiegend durchschritt die Nubierin wiederum den Raum, auf ihren Gebieter zu, aus dessen Miene und Gebaren sie jedoch eine gewisse - nein, eine gewaltige - Unsicherheit herauslesen konnte. Wie unterschiedlich waren doch die Flavier in ihrem Wesen! Blitzschnell überlegte sie - welche Strategie war wohl hier die angemessene? Offenbar musste sie das Heft in die Hand nehmen. Zu schnelles Vorgehen mochte ihn verschrecken, zu zaghaftes jedoch dazu führen, dass er es sich womöglich doch noch anders überlegte. Das wäre fatal!


    Sie beschloss alles auf eine Karte zu setzen, und öffnete im Gehen lächelnd, mit einer lasziven (und routinierten) Geste die Spangen, die ihr Gewand auf den Schultern zusammenhielten. Leise raschelnd glitt der Stoff von ihren schlanken Schultern, bei jedem Schritt etwas tiefer, und enthüllte Stück für Stück ihres geschmeidigen Leibes, der schlank, jedoch kurvenreich sich dem Blick des Betrachters darbot, mit festen Brüsten, einer schlanken Taille, langen kräftigen Schenkeln und einem strammen, zu zwei perfekten Halbkugeln gewölbten Hinterteil. Der feine Schimmer des Duftöles verlieh ihrer Haut im Kerzenschein einen dunkelgoldenen Glanz. Wie ein hingegossener roter Fleck blieb das Kleid auf dem Fußboden zurück, und mit vollkommener Selbstverständlichkeit trat Salambo splitterfasernackt - bis auf ihren Schmuck - vor Flavius Gracchus. Sie beugte sich zu dem Tischchen, hob anmutig die Karaffe, und liess den angereicherten Wein in einem vollendeten Bogen in den Glaspokal hineinfliessen, so dass der Flavier zugreifen konnte wenn er wollte.


    Katzenhaft liess sie sich dann neben ihm auf dem Bettrand nieder, ihn unverwandt ansehend, und legte ihm, zum ersten Mal Körperkontakt aufnehmend, die Hand auf die Brust, kosend und ohne Scheu."Wenn ich so kühn sein darf, Gebieter...", schnurrte Salambo, und liess unter den langen Wimpern einen glutvollen Blick aufflammen, verstärkte dann den Druck, um den Flavier sanft aber nachdrücklich hinunter auf das Laken zu drücken. So ein schöner Mann, und in seiner Verlegenheit wirklich hinreissend! Wie glücklich sie sein konnte, dass er sie erwählt hatte! Mit einem sphinxhaften Lächeln auf den vollen Lippen kam das Kammerkätzchen über ihn. Und wurde zum Tiger!

  • Den Becher voll zu schenken war vergebliche Mühe, denn Gracchus hatte keine Chance mehr, auch nur einen Schluck daraus zu trinken - vorerst. Auch die übrigen Speisen blieben unbeachtet, denn Salambo kam bereits über ihn wie ein Sturm im Sommer über ein unbedarft im Mare Internum schipperndes Fischerboot. Kühn war kein Ausdruck für ihre Art - und verlegen keiner für die seine. Bereits öffnete sich Gracchus' Mund leicht, um leisen Protest zu erheben, doch Salambos Lippen verschlossen ihn, ihre Finger hielten ihn umgriffen, ihr Körper drückte den seinen hinab auf das Bett, und wahrlich, sie schien dies zu genießen. Nicht wie Antonia lag sie da, ließ ihn gewähren als wäre das furchterregendste Geschöpf er auf Erden, sie verlangte nicht einmal von ihm, etwas zu tun, er kam nicht einmal dazu, etwas zu tun. So schloss er die Augen, ließ sie gewähren, versuchte gleichsam sich zu entspannen, sich selbst zu erregen, nicht ihr Gesicht vor sich zu sehen, nicht an die Sklavin zu denken, die ebenso wenig ihn in Stimmung versetzte wie seine Ehefrau, obgleich auch sie einen makellos schönen, einen ästhetisch wohlgeformten Körper aufwies, welchen durchaus mit Freude er könnte goutieren - so er im Sinne hatte, ein Kunstwerk zu betrachten. Indes verfehlte die Liebeskunst der Kundigen nicht ihr Ziel, Gracchus' Herz pumpte alsbald aufgeregt, seine Finger glitten über ihren Leib, suchend wanderten seine Lippen über ihre Haut, sog seine Nase den feinen Odeur nach Zimt und Narde ein, sein Körper regierte auf ihr Spiel, seine Gedanken tauchten ab in die ureigensten Tiefen des Mannseins, bis dass endlich er sie auf dem Lager herumwälzte und der Natur ihren Lauf ließ, ungeachtet dessen, wer das Bett mit ihm teilte, seinen Drang an ihr befriedigend.


    ~~~


    Schweißperlen glänzten auf Gracchus' Stirne, als erschöpft er neben Salambo sich niedersinken ließ, auf den Rücken, die Decke betrachtend.
    "Sa-lam-bó"
    , es rollte über seine Zunge, durchstreifte den Raum und ließ ein langes o in der Stille nachhallen.
    "Du kannst jetzt gehen. Sciurus hat nebenan dir ein Lager gerichtet."
    Er hatte ihr dies Lager zugestanden, nicht nur, dass sie nicht einem Sklaven sich würde hingeben und nicht im Dreck würde hausen während sie des Abends sich ihm hingab, sondern gleichsam, dass sie um die Annehmlichkeiten ihres Privilegs würde wissen. Dennoch wollte Gracchus des Nachts nicht in seinem Schlafgemach sie wissen, denn trotz allem war sie immer noch nur eine Sklavin. Wie nicht anders zu erwarten, folgte Salambo der Aufforderung, wie bei jeder sie dies tat, und bis Sciurus die Gemächer seines Herrn betrat, schlief Gracchus bereits - unruhig, doch tief.

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  • Vor dem Erfolg hatten die Götter den Schweiß gesetzt und Iuno war diesbezüglich keine Ausnahme. Selbstverständlich wusste sie vom Wunsche des Mannes nach einem Erben und sie erinnerte sich auch an die Sterbliche, die ihren Beistand erbeten hatte. Iuno war zudem beeindruckt von der Mühe, die sich die Frau gab, um ihren Herrn zu gefallen.


    Und doch erfüllte sich sein Wunsch nicht. Nicht an diesem Abend.

  • Tages um Tages Ende wiederholte das Spiel sich in Gracchus' Schlafgemach, nicht immer gleich, nicht immer anders, doch immer bestehend aus Salambo und ihm selbst, in beständigem Versuch, in beständigem Verlangen, ein Kind zu zeugen - einen Bastard ohne jede Zukunft und doch gleichsam Garant für Zukunft. Jeden Abend da die Pflicht erfüllt war, schickte Gracchus die Sklavin fort, verkroch sich in seiner Decke, zog sich mehr und mehr von Sciurus zurück, da ihm das Verlangen verging, Salambo es ihm entriss, so dass er allmählich Nacht um Nacht allein verbrachte, die Kälte des Winters in sich tragend, die Kälte der Einsamkeit sich auf sein Gemüt schlug, denn einsam, dies war er geworden - nicht durch Salambo denn durch die zurückliegenden Meditrinalia.


    ~~~ Gefangen in Morpheus' Reich ~~~


    Mauvefarben erstreckte der endlose Himmel sich in die indefinible Weite, überzogen von rosefarbenen, flauschigen Schäfchenwolken, welche der laue Wind zerfranste und zerfaserte in lustigem Spiel, so dass in immer neuer Konstellation sie umeinander tanzten. Behutsam strichen seine Finger über die raue Rinde der Tempelsäule, hinter welcher verborgen er lauerte, ertasteten den weichen Überzug aus Moos und die kantigen Risse im Mantel des Baumes, ohne gleichsam dessen gewahr zu sein. Der Tempel der Vesta war dies, welcher über ihm sein blätternes Dach entfaltete, unter dessen Arkaden er stand, zur Rostra hin blickend, aus deren Schiffsspitzen menschliche Leiber wuchsen, in grün- oder graufarbener Haut, bekrönt mit medusenhaftem Haar oder wogenden Algen, manche von ihnen mit Schuppen im Gesicht, manche mit Tentakeln statt Armen und wieder andere nur mit Schlitzen anstatt der Augen. Viel mehr jedoch als auf diesen seltsamen Gestalten lag sein Augenmerk auf dem Geschehen, welches auf der Bühne selbst stattfand, wurde gänzlich von diesem im Banne gehalten. Cena pro uno - ein Abendmahl für einen allein in Zweisamkeit. Vergnüglich unterhielt Caius sich mit Aurelius, wieder und wieder trug der Wind ihr offenes, fröhliches und darum um so unerträglicheres Lachen zu ihm herüber, und gegenseitig steckten die köstlichen Speisen sie sich in den Mund, berührten einander ihre Lippen und sanken ob dessen in Verklärung hinab. Noch lachte das Volk auf dem Forum, noch scherzten die Schatten über dies Possenstück, noch trugen all die Mimen gute Miene zum bösen Spiel. Aus den Schatten erwuchsen Rosensträucher, aus kleinen sanften Knopfaugen in ihren zarten blauen Blütenköpfen noch immer alles beäugend, zur Kline wandelte die Rostra sich, auf welcher Aurelius und Caius gemeinsam lagen, beieinander lagen im heimischen Garten, in seinem eigenen Reich, ihre Leiber einander berührten, ihre Hände über den Körper des Gegenübers glitten, die Lippen aufeinander gepresste, die Zungen eng umschlungen. Nicht mehr verborgen, lateral zu ihnen stand er nun, zwischen den glucksenden und tuschelnden Rosen, blickte auf sie hinab, wie sie sich ihrem Verlangen ergaben.
    "Caius!"
    suchte den Vetter er zu erreichen, doch jener reagierte nicht, strafte nur ihn mit Missachtung, längst zu tief in seiner Verzückung gefangen.
    "Caius!"
    Nieder beugte er sich, um jenen an der Schulter zu rütteln, fort zu reißen von Aurelius, doch griff nur er durch sie hindurch, blass war seine eigene Gestalt, fahle Silhouette aus diversifiziertem Nebel, nicht konnte er sie erreichen, nicht seinen Geliebten schützen, nicht zu ihm hin durchdringen.
    "Caius, der mundus, pass auf!"
    Unweigerlich näherte die Kline dem Tor zum Hades sich, gezogen von unsichtbarer Kraft, glitt zu auf die alles in sich vernichtende Grube, deren Abschluss längst offen lag. Verzweifelt versucht die Kline er zu halten, seinen Vetter zu halten, ihn zu greifen, zu bewahren, zu schützen, doch zu tief gefangen im Liebesspiel waren Caius und Aurelius, um um sich herum das Fortbestehen der Welt zu bemerken. Zu spät öffneten sie ihre Augen als der gierige Schlund sie verschlang, und selbst dann lag kein Bedauern in ihrem Erkennen, keine Reue, nur Trunkenheit von Liebe, Erfüllung und tiefste Satisfaktion. Mit einem leisen Rülpsen schloss der mundus sich als sein Mahl er hatte beendet, hinterließ nur tiefe Schwärze und Leere um ihn herum.
    "Caius!"
    Verzweifelt wollte dem Vetter er nachstürzen, denn welchen Sinn noch hatte das Leben ohne ihn, doch der mundus blieb ihm verschlossen, keinen digitus bewegte der ihn schließende Stein sich, so sehr er auch daran zog und rüttetet. Desperat ließ schließlich er seinen Kopf auf den graufarbenen Granit hinab sinken. Vom blassen Himmel regneten seine Tränen hinab und füllten sukzessive die Welt um ihn mit einem salzigen Ozean, doch er spürte nicht, wie das Wasser um ihn herum stieg, langsam ihn umschloss und er schließlich darin ertrank.

    ~~~

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  • Nicht den schlimmsten Tartaros-Qualen kam die allabendliche, selbst gesetzte Pflicht mit Salambo gleich, doch erinnerte es Gracchus bisweilen an die sinnlose Arbeit des Sisyphos, obgleich er noch immer der Hoffnung war erlegen, dass irgendwann innerhalb der nächsten Wochen und Monate sich der Lohn für alle jene Mühe in Form eines Nachkommen würde zeigen. Je öfter die Sklavin des Abends in seinem Bette lag, desto mehr Routine zog in ihr Spiel, desto eher konnte Gracchus sich dazu überwinden, sich ihr zu ergeben, schlussendlich in ihr sich zu erleichtern. Doch noch immer schickte jeden Abend er sie hinfort, blieb allein zurück und träumte von leichteren Tagen.


    ~~~ Gefangen in Morpheus' Reich ~~~

    Zart gewandte Schlieren zogen sich durch die fade Lichtlosigkeit, umgarnten ihn mit dürren Schlingen, leckten mit ihren rauen Zungen über seine bloße Haut. Er schwebte inmitten brüchiger Devastation, hangelte sich entlang einer kaskadierenden Strömung aus Furcht, welche schlussendlich in ein Fass ohne Boden hinab stürzte, dessen endlose Tiefe dem mundus cereris war gleich. Rostfarben tropfte das Zittern auf seine bleichen Arme hernieder, mit abominablem Schlurfen verschlang ihn der gierige Schlund, zog immer länger seinen tauben Körper, welcher sich in wildem Geringe verformte, ein endloser Faden wurde, ein Riss nur in der Unendlichkeit. Grauenvolles Lachen begleitete jene Reise, ließ vibrieren das feine Garn und ertönen die Symphonie der unabwendbaren Schicksalshaftigkeit. Ein Maßstab, hölzern und faulig, reihte sich an seine Seite, zwei gewaltige Pranken, rau und kräftig, zogen ihn stamm, und nah in der Ferne blitze das silbrige Schimmern eines scharf geschliffenen Messers auf.
    "Du wurdest gewogen, du wurdest gemessen und du wurdest für nicht gut genug befunden."
    Drohend schob die Klinge sich näher, setzte an seinem Halse ihre Kälte an. Ein schneller Schnitt nur, und unweigerlich war der Faden durchtrennt.

    ~~~

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  • ~~~ Gefangen in Morpheus' Reich ~~~

    Warm und geborgen umfasste die Höhle aus schillerndem Eis die Szenerie, einem delektablen Theaterstück gleich spiegelte sich der Lauf des Lebens auf dem gefrorenen Wasser, flog in bruchstückhaften Bildern dahin, verschwamm, um sich neu zu ordnen, erschuf sich wieder und wieder in endlosem Zyklus, in mannigfaltiger Manier. Ein Käfer schob seinen trägen Leib über den rauen Grund, schwarzfarben und der Kopf dem eines zottigen Hundes gleich, wurde sich zu spät erst des drohenden Schattens gewahr, welchen sein Fuß auf ihn hinab warf, welcher über ihm schwebte. Ein Knurren nur entfleuchte unter seinem bloßen Fuße und als er ihn hob, war von dem Tier nurmehr das Abbild einer Rose geblieben, gepresst ihre Blüte, in feierlichem Opfer die Blätter zerstreut. Schon aus der Ferne sah er sie kommen, ihre Spiegelung, denn längst hatte er sie erwartet, sie herbei gesehnt und erhofft. Er pflückte die duftende Rose aus den blaufarben schimmernden Schichten des Eises herab und steckte sie ihr ins dunkle Haar.
    "Die Welt ist im Wandel inbegriffen."
    Konvex bog sich die Sonne durch den purpurfarbenen Himmel, wölbte sich gierig und fraß die fliehenden Schatten auf, welche ihre zaghafte Silhouette in das Sirren der Wogen warf, gleich der blaufarbenen Blume einem Mythos entsprungen.
    "Der Wandel ist ein Muss."
    Leuchtend erhob sie sich, filigran, einer schimmernden Libelle gleich, zog ihn mit sich hinfort auf den Rücken eines gewaltigen Adlers, welcher stolz seinen Kopf erhob und seinen matten, ratternden Schrei in die Welt hinaus stieß, um zu verkünden, welch Kleinod er auf seinen Schultern trug. Sanft wiegend hoben und senkten sich seine Schwingen, wirbelten die Partikel der Luft umeinander, unterlegten ihre Worte mit dem Hintergrundrauschen des Lebens, dem pochenden Herzen gleich, welches die Körpersäfte in immerwährendem Ausgleich durch die Maschinerie der Existenz im Flusse dahin trieb.
    "Das Spektakulum dürfen wir nicht verpassen."
    Einsam strebte ein wuchtiger Baum seine verdorrten Äste in den Himmel zu ihnen hinauf, ein einziger Apfel daran hing - prall, rotfarben und saftig - aus welchem ein Wurm sich schlängelte, seine Flügel breitete in den Äther und an ihnen vorbei in die Unendlichkeit entflog. Müde winkte das Gewächs ihm hernach, winkte vielleicht auch zu ihnen, sich näher heran zu ihm zu gesellen, sich niederzulassen in seinem fransigen Schatten oder dem weichen Nest seiner Krone, gleichwohl etwaig suchte er sie hinfort zu wischen, bat die Flucht zu ergreifen vor ihm, der er gierig sich nach ihnen verzehrte. Indes unbeachtet blieb er, selbst als zu Asche er zerfiel, welche auf Tausenden kleinen Füßen sich aus dem Staube begab.
    "Das Leben ist eine Inszenierung. Die Seele ein Spiegel der Welt."
    Wie regenbogenfarbene Lichtflecken tanzten ihre Worte über die weichen, weißfarbenen Federn, strichen über das großmütige Tier hinweg wie gleichsam über seine Seele. Betörend der Schall dieser Harmonie, berauschend ihr Satzgefüge und unwiderstehlich die Klangfarbe ihrer Stimme. Unwirklich. Wie eine Explosion zerteilte sie den Raum in sich selbst, in pantheistischer Manier erfüllte sie die Szenerie mit all ihrem Sein, in sich, durch sie und aus ihr heraus war das Wort geboren, war das goldfarbene Lied entsprungen und das blasse Licht entstanden.
    "Ihr, die mich liebt,
    warum seid ihr so fern?
    Ihr, die mir lauscht,
    warum hört ihr mich nicht an?"

    Getragen sanken ihre Worte, harmonisch schwebend, nach Bedeutung suchend, gleichsam in Bedeutsamkeit vergehend, in Tonlosigkeit verebbend.
    "Ich. Ich. Du. Du. Liebe. Leben. Leid. Lust. Es ist alles gleich. Wir vergehen in den Gefühlen."
    Überwältigend waberte die inspirierende, wogende Motivik, schimmerte in sonatenhaft dahinfließender Akkordig und zog sich in feister, symphonischer Kaskade auseinander. Er tauchte ein in ihre Erhabenheit, durchschwamm ihre Sinne und badete in ihrem Sein, sich aalend in ihrer Existenz, bis dass die Welt sich zusammen zog und in einem Schwall der Verheißung sich zurück in ihre Schale ergoss.
    "Das Theater der Seele. Sei willkommen."
    Willkommen in den Straßen einer Stadt, deren fensterlose Häuser aufmerksam ihre Augen auf sie hinab richteten, aus deren Brunnen Weihrauch empor plätscherte und die Luft mit süßlichem Odeur erfüllte, einer Stadt gleich der Blüte Roms, nichts ließ daran Zweifel, nicht die verfallenen Bauwerke an ihrem Ende, nicht der Wüstensand auf ihren Foren, nicht das Gebäude gleich der Akropolis in ihrer Mitte. Sie waren Zuhause, gleichsam wie der Ort nichtig war.
    "Kupido."
    Sie nahmen Platz auf einer Bank aus Marmor, weich wie ein federngefülltes Kissen und er nahm ihre filigranen Finger in seine Hände.
    "Du bist aller Anfang"
    , erkannte er neidlos in barem Erstaunen.
    "Wenn nur dich ich könnte in meinem Herzen tragen, mein Herz wollte ich tragen zu dir. Wenn dein Licht würde die Stille erleuchten, Schweigen wollte ich auf immer."
    Fassungslos berührte er ihre zarte, beinah luzide Haut, hinter deren Membran eine ganz eigene Welt aus sich selbst heraus erstrahlte, in schillernden Tönen sich erhob. Laut lachte er auf, befreit von allem Zweifel, aller Defatigation und jeglichem Defätismus, er lachte wie es im Leben nicht möglich war, in jener Welt, die selbst sich Realität betitelte, er lachte, bis sein Lachen die Existenz erfüllte und es in Weinen überging, bis der Wind sein Lachen war, welcher seinen weinenden Donner hinfort trug, bis die Stille sein Lachen war, welche durch sein Weinen der Bäume wurde durchdrungen, bis der Fluss in seinem Lachen rauschte und seinen Weinen vom Himmel plätscherte.
    "Kalliope"
    , tanzte er mit ihr hinfort. Hinfort getragen von den weichen Schwingen der Nacht durchstreiften sie die farblose Unendlichkeit in all ihrer Couleur. Ein Mann, eine Frau, reichte den Kelch der Verzückung, teilte sich und zerfiel zu zweien. Schwarzfarben ihre Haut, glatt, ölig und ohne Makel, angedeutet nur ihre Form, ihre Augen opak. Sie beide reichten die Frucht sich und nahmen sie, davon zu Kosten die süße Verlockung, das güldene Fleisch, der Götter Mahl.
    "Die Ewigkeit. In diesen Gefilden vergeht nichts. Es währt in perpetuum. Lass uns gemeinsam verschmelzen. In der Endlosigkeit. Die den Göttern vorher bestimmt ist."
    Süß schmeckte die weiche Frucht, süß die Berührung ihrer Finger, einem Traume gleich, ohne Zweifel, der es war ohne dies zu zeigen.
    "Äonen."
    Die Götterspeise selbst in seiner Hand führte er sie zu ihrem Munde, legte behutsam das güldene Fleisch zwischen ihre Lippen, ließ nicht ab, sondern strich in sanfter Berührung über ihre Schläfe, die zarte Haut, die ephiphane Erscheinung, welche unter seinen Fingern sich bereits löste.
    "Unwirklich"
    , hauchte er, tat es nicht, gleich, lüftete allmählich Morpheus doch seine Schwingen.

    ~~~


    Ein schnelles Blinzeln erhellte die Welt, ließ das allmorgendliche Licht durch die Vorhänge Gracchus' Wimpern in seine Augen fallen und überzeugte schlussendlich seinen Geist vom Ende der Nacht. Ein ausgiebiges Gähnen echappierte ihm, zu spät erst hob er die Hand, um mit deren Rücken das endlose Loch seines Rachens zu bedecken, gleichsam erinnerte er sich eines essentiellen Details der nächtlichen Wanderung.
    "Äonen"
    , rezitierte er und blickte zu seinem Sklaven, welcher bereits dampfendes Wasser aus einer Kanne in die Waschschale goss. Dernämliche reagierte indes in keinster Weise und da auch Gracchus bereits in diesem Moment hatte darum vergessen, was an jenem Ausdruck bedeutsam gewesen war, gleichwie an dessen Sinn, so strich er die Decke bei Seite, um die Nacht hinter sich zu lassen und dem Tag sich zu ergeben, erneut in Vergessenheit.

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  • Nach einem ausgiebigen Frühstück in einer Ecke des Atrium, von wo aus ich wie allmorgendlich das Kommen und Gehen des Dienstpersonals und der Klienten beobachten konnte - Strichlisten zu führen hatte ich mir immer wieder vorgenommen, dann aber immer auf eine Wachstafel vergessen, fasse ich einen Entschluß.


    Es ist nicht mehr viel Zeit, tempus fugit, und wenn ich in Rom bin und nicht in Flaviobriga, dann heißt das nicht, daß ich auf die elementarsten und lebensnotwendigsten Dinge verzichten könnte, ohne die ein 19jähriger nun mal nicht leben kann. Also in die Hände gespuckt - latürnich nur symbolisch - und auf die Sandalen gemacht.


    Mir eine letzte Olive in den Mund steckend hatsche ich gemächlich durch die Flure und Zimmer, bis ich vor Onkel Gracchus' Suite stehe. Es ist schon hell, also dürfte kein Anlaß bestehen, nicht zu erwarten, daß mein Onkel I schon aus den Federn ist.


    Ich trommele leise mit meinen Fingern an die Tür - tataramtata - und hoffe, daß einer seiner Sklaven mich hört. Aber Onkel Graccus nicht, wenn eben doch Anlaß besteht, den Morgen nicht zusammen mit dem Hahn zu begrüßen.

  • Obgleich es eine Zeit gegeben haben mochte, in welcher Gracchus in den Tag hatte hinein gelebt und gleichsam hatte hinein geschlafen - eine äußerst kurze, dafür um so beschämendere Episode seines Lebens - verließ seit langem er im Sommer mit den Strahlen der Sonne sein Bett und eilte im Winter, da das Himmelsgestirn selbst sich erst spät am Horizont wollte zeigen, ihr bereits voraus, um in frühen Stunden das Tagwerk zu beginnen. Zugleich oblag ihm in Abwesenheit Felix' die Aufwartung der flavischen Klientel über sich ergehen zu lassen, ihre Sorgen und Nöte zu hören und einige Entscheidungen zu treffen, wenn auch zumeist nur von marginaler Natur. Ein kleines Frühstück folgte hernach, äußerst spärlich, da sein Magen selbst nach den ersten Stunden des Wachens noch gegen allzu viel allzu feste Nahrung zu rebellieren neigte, im Anschluss daran widmete er sich oftmals ein wenig literarischen Studien, bevor er das Haus verließ, seine pontificische und senatorische Pflicht zu erfüllen. Dies jedoch bedingte zumeist zuvor, dass erneut in sein Cubiculum er sich begab, um sich noch einmal mit einer für den Tag angemessenen Toga umhüllen zu lassen, da er diese nach dem Empfang der Klientel zumeist noch einmal abzulegen pflegte. So kam es, dass als Lucanus am Morgen an der Türe zu Gracchus' Cubiculum klopfte, jener inmitten des Raumes stand, die Arme zur Seite hin ausgebreitet, und von zwei Sklaven mit der Masse von Stoff wurde umschlungen. Sein Leibsklave Sciurus öffnete die Türe, öffnete sie noch ein Stück mehr, um dem jungen Verwandten Platz zum Eintreten zu verschaffen und teilte seinem Herrn mit einem knappen "Dein Neffe Lucanus, Herr." die Identität des Besuchers mit. Über denjenigen Sklaven, welcher gerade feinsäuberlich eine Falte der Toga über seine Schultern drapierte, hinweg blickend, wandte Gracchus seine Aufmerksamkeit jenem Großneffen zu, über dessen Verwandtschaftsgrad er nicht wollte genauer nachdenken, da er glaubte, dies würde nur unweigerlich zu grauen Haaren auf seinem Haupte führen müssen, für welche noch immer er nicht bereit war - solange mindestens nicht, bis die Ehe mit Antonia ihm endlich einen Erben würde bescheren.
    "Guten Morgen, Lucanus. Hast du dich gut akklimatisieren können in den vergangenen Tagen?"
    Ob des Todes seiner Schwester, der Sorge um seinen Bruder und den derangierenden Ereignissen um Caius hatte Gracchus seinen jungen Verwandten beinahe völlig aus den Sinnen verloren, schalt in diesem Augenblicke sich selbst für dies Versäumnis.

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  • Sciurus hört mich, öffnet mir die Tür und kündigt mich an. Der, dem ich angekündigt werde, steht mitten im Raum, wie ein Springer, der theatralisch seinen Arme zur Seite spreizt, gleich sie nach vorne streckt um sich in die nassen Fluten tief unter ihm zu stürzen. Mit der Masse Stoff, die Onkel Gracchus von seinen SKlaven umgehängt und drapiert bekommt, wäre das allerdings weniger zu empfehlen, außer ihm ist wenig daran gelegen, wieder an die luftreiche Wasseroberfläche zu gelangen.


    Guten Morgen, ebenso, Onkel Gracchus. Du siehst gut aus, ich hoffe Du hast gut geschlafen - und ich störe gerade nicht?


    Onkel Graccus sieht allerdings nicht so gut aus und so gut konnte er auch nicht geschlafen haben. An ihm scheinen ein ganzes Bündel an Sorgen zu zupfen und auf den Magen zu schlagen. Ein wenig zu bleich ist seine Haut und ein wenig zu kontrasierend dunkel seine Augenränder. Ein zweifellos deplorabler Anblick, der sich mir bietet. Zart, zerbrechlich wie weißer, glasierter Ton, bemalt mit hellen, pastosen Farben. Liebeskummer? Frauensorgen? Gelds ...? Nein. Ein wenig Aufheiterung wird ihm guttun.


    Vielen Dank, die Dinge entwickeln sich, bedächtig und stetig. Ich arbeite jetzt für Onkel Aquilius und vielleicht bekomme ich auch eine Anstellung in der Schola, mir wird also absehbar nicht langweilig. :)


    Und das soll auch so bleiben.

  • Da er nicht glaubte, dass die Frage nach seinem Schlaf für Lucanus tatsächlich könnte von Interesse sein, war Gracchus' Antwort nicht definitiv der gänzlichen Wahrheit verhaftet. Seit er seine Tage mit der Sklavin Salambo beendete, um herauszufinden, ob der Zeugung eines Kindes er fähig war, lagen auch die darauffolgenden Nächte zumeist schwer auf seiner Seele.
    "Mein Schlaf war durchaus erquickend, und du störst ..."
    Mitten im Satz blieb Gracchus' Blick an einem kleinen Tisch hängen, auf dessen runder, rotfarbener Kirschholzplatte ein eisernes Messer lag.
    "Die secespita, Tor!"
    fuhr den Sklaven vor sich er an, holte mit der Hand aus und zog sie mit dem Rücken über die Backe des Mannes, welcher submiss sich duckte und nach dem Messer griff. Umständlich hob jener hernach die Togafalten an und platzierte das Messer in der ledernen Scheide, welche am Gürtel Gracchus' Tunika angebracht war. Ein tiefes Seufzen echappierte dessen Kehle, ehe der Anwesenheit seines Neffen er sich wieder wurde vollends gewahr.
    "Verzeih. Du störst in keinster Weise."
    Ein nachdenkliches, doch gleichsam affirmatives Nicken geleitete Gracchus' nächste Worte, während die Sklaven die letzten Falten des Gewandes sorgsam drapierten.
    "Die Beschäftigung unter Caius' Ägide wird dir von äußerst großem Nutzen sein. Als tresvir capitalis wird er viel in Rom herum kommen und so auch du mit ihm, desgleichen wirst du auf diese Weise nicht nur die Vorzüge der Stadt kennen lernen, sondern ebenso ihre abominablen Seiten, welche doch gleichsam Teil ihrer sind. Iovis und Veiovis - auch die Götter leben in Gegensätzen, und diese Stadt bildet keine Ausnahme, selbst da zum Zentrum der Welt sie sich hat empor erhoben."
    Gracchus indes hatte kaum eine Vorstellung von den abominablen Seiten der Stadt, da das Gegensätzlichste, dessen er je war in Rom gewahr geworden, sein Zwillingsbruder war gewesen, denn seine eigenen Amtzeiten hatten ihn nur durch Archive und Officien geführt.
    "So du trotz dieser favorablen Entwicklung dennoch etwas bedürfen solltest, so kannst du dich weiterhin jederzeit auch an mich wenden."
    Bei all dem Pomp, mit welchem die schöne Roma einen Menschen zu umgarnen wusste, und all dem Gräuel dem vis-à-vis, war es schlussendlich stets die Familie, auf welche man sich konnte verlassen. Gleichsam war es dieser Tage die Familie, welche mit jedem verstreichenden Mond bröckelte, welche brach unter dem fortwährenden Schrecken des Todes, so dass es Gracchus um so mehr Anliegen war, zusammen zu halten, was von ihr übrig war, gleich welcher Zweige. Eben diesem Gedanken folgend, streifte ein Gedanke seine Sinne.
    "Apropos, es ist nicht mehr weithin bis zu den Saturnalia. Die Sklaven dieses Haushaltes haben die Feiertage zu ihrer freien Verfügung, in der Villa selbst sorgen für diesen Zeitraum käufliche Freie für einen geregelten, wenn auch äußerst eingeschränkten Ablauf des Alltages. Zudem ist es Teil der Familientradition, nach dem öffentlichen Opfer und dem Festakt am Nachmittag des ersten Feiertages gemeinsam mit den mit uns besonders eng verbundenen Sklaven zu speisen."
    Die diffizilste Angelegenheit im Zuge der Saturnalia war für Gracchus nicht etwa, sich mit dem Gedanken abzufinden, mit der Sklavenschaft zu speisen oder sich an den folgenden Tagen die Sandalen selbst zu schnüren, es war die Hilflosigkeit, eigenhändig ein Geschenk für seinen Leibsklaven Sciurus zu beschaffen, da Sciurus der einzige war, welcher für solcherlei Aufgabe wäre tauglich, doch er ihn kaum darum bitten konnte.

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  • Ich warte, bis Onkel Gracchus seinen delektablen Monolog an den Großneffen im Raum - mich in höchsteigener Person - gebracht hat. Oder meint er irgendjemand unbestimmtes? Erwartet er, daß ihm jemand zuhört, ihm darauf Antwort gibt? Sein Personal arbeitet schweigend, kein Wort, vielleicht sind sie es gewöhnt, nicht zuzuhören ob des hervorquellenden Schwalles an fatigablen Gedanken, die in Schleifen, Bögen, Ästchen, Hölzchen und Stöckchen emanieren ... wenn er nicht gleich auf den Punkt kommt, schlafe ich wieder im Stehen ein. -.^


    Schon bei unserer ersten Begegnung war ich fast am wegbüseln, damals schob ich es aber auf die lange Reise und den kaum erholsamen Schlaf, wahrscheinlich aber war es der ätherische Singsang, in dem mein geliebter Onkel - und keiner möge sich erdreisten, an meiner wahren und aufrichtigen Liebe zu einem meiner anvunculi und besonders zu meinen avunculi magni duo zu zweifeln! Ich fang' an, auch schon so gedrexelt zu denken! Hermes hilf!


    Aber man soll den Morgen vor dem Ende der Nacht nicht beklagen, er kommt von selbst auf mein Thema, eine gute Ein- und Überleitung, die ich wie ein Ertrinkender im Wort- und Gedankenmeer zu ergreifen suche:


    "Genau über die Saturnalien möchte ich mit Dir sprechen, Onkel Gracchus. Bei uns daheim haben meine Mutter und ich alle Menschen eingeladen, die wir kannten - und im Grunde hat dann das ganze Dorf miteinander gefeiert. Jeder hat etwas mitbebracht, wir haben einen ganzen Tag und eine ganze Nacht gegessen, getrunken, getanzt und gelacht." (Und manche noch andere "ge-"Dinge, aber das führt auf Hölchen und Stöckchen ...) "Ich wollte fragen, ob wir nicht hier in der villa Flavia auch eine solche Einladung veranstalten könnten? Ein großes Fest, das uns, die wir wohl alle von Trauer und Einsamkeit heimgesucht sind" (inzwischen hatte ich doch über Ecken und Eckchen mitbekommen, daß nicht nur ich einen Todesfall zu beklagen hatte, sondern daß der Tod einige Mitglieder unserer gens mit einer unaufschiebbaren Einladung bedacht hatte - außerdem scheint mir Onkel Gracchus ziemlich einsam zu sein, keine Frau, keine Freunde, die ihn besuchen, von Sorgen ablenkendes negotium, aber wenig zerstreuendes otium) "ablenkt und wieder in das Leben hineinführt. Außerdem kenne ich noch so wenige Gleichaltrige" (vor allem Mädchen - Mädchen. Man sieht zwar andauernd welche auf den Straßen, das Mädchen vom Sklavenmarkt und natürlich Bridhe, aber das ist etwas ganz anderes, das ...), setze ich vorsichtig, meine Absichten vorsichtig enthüllend fort. (Und, lieber Onkel solltest vielleicht auch Dich an die Brüste einer Frau werfen. Frauen sind zwar generell nervig, aber sie haben durchaus auch Vorteile :).)


    "Es wäre auch ein Zeichen an die anderen, daß die gens Flavia sich nicht unterkriegen läßt, Onkel Aquilius könnte seine glorreiche Wahl feiern und ich glaube nicht, daß die, die wir betrauern, wollen, daß wir wie Trauerklö ... äh ... daß wir uns von unserer Trauer von den Forderungen der Gegenwart ablenken lassen."

  • Wahrlich mochte es überaus wenige Menschen geben, welche tatsächlich Gracchus' Worte in all ihrer ausschweifenden Fasson goutierten, doch ihn selbst hatte dieser Gedanke bisweilen nie behelligt, gegenteilig, er war sich dessen nicht einmal gewahr. Die Toga schlussendlich in der Gesamtheit der stofflichen Masse um seinen Körper drapiert, wandte seinem Neffen er sich zu, hob eine Hand, um während des Redeflusses des jungen Mannes seine Unterlippe nachdenklich zu kneten und seinen Vorschlag zu antizipieren. Ein Saturnalienfest im Beisein außerfamiliärer Gäste würde bedeuten, dass jener Abend nicht in gar übermäßiger Unmäßigkeit würde enden, wie er dies bisweilen in Jahren zuvor hatte getan. Andererseits würde er dies in Abwesenheit Aristides' ohnehin vermutlich kaum, da Gracchus nicht mit Aquilius allein wollte in Unmäßigkeit enden und dies würde darob zu verhindern wissen, da mit dem rechten Weinpegel er würde durchaus zu prekären Taten befähigt sein, welche im Nachhinein sich als überaus blamabel konnten erweisen. In Aristides' Beisein mochte dies etwa dazu führen, dass die drei Vettern durch Rom strauchelten und dem pater patriae auf dem Forum Augustum einen aus Pergament gefalteten pilleus auf das steinerne Haupte setzten - ein dummer Jungenstreich, doch Aristides würde nie alt genug werden, um sich nicht an solcherlei zu delektieren, Aquilius nie alt genug, ihm dabei nicht zur Seite zu stehen, und Gracchus nie alt genug, seinem älteren Vetter in seiner Trunkenheit überall hin zu folgen - in Aristides' Absenz jedoch mochte dies dazu führen, dass Caius und Gracchus sich Dingen hingaben, welche ihnen beiden das Genick würde brechen. Auf seinen Bruder Lucullus wollte Gracchus in dieser Hinsicht nicht hoffen, auf seine Gemahlin noch weniger, und auch auf Sciurus war an diesem Abend kein Verlass, würde sich jener doch nach dem Mahl seinem eigenen, sieben Tage im Jahr währenden Leben hingeben. Je mehr Gracchus über die anstehenden Feiertage sinnierte, desto mehr wurde er sich dessen gewahr, dass ohnehin nicht viel Familie am Tische übrig blieb, nachdem auch seine Schwester Minervina vor Wochen bereits sich auf eines der Landgüter hatte zurück gezogen. Zudem mochte gerade ob dessen auch für Antonia die flavische Runde ein wenig ennuyant werden. Langsam ließ Gracchus seine Hand sinken.
    "Womöglich könnten wir den claudischen Haushalt laden, Antonia wäre dies gewiss agreabel, allfällig auch den aurelischen, in Hinblick auf Caius' Zukunft. Das ganze Dorf indes mag ein wenig extensiv werden."
    Ein prüfender Blick taxierte Lucanus. Ohne den Staub und die Defatigation der Reise, in ein adäquates Gewand gekleidet, erweckte er einen durchaus vielversprechenden Eindruck, auch seine Umtriebigkeit sprach für ihn. Zu geeigneter Zeit würde er mit ein wenig familiärer Nachhilfe den passenden Status erlangen, um der Politik Roms zu Diensten sein zu können.
    "Ich bin mir jedoch nicht dessen gewahr, ob aus diesen Familien auch Angehörige deines Alters derzeit in der Stadt weilen."
    Claudia Epicharis mochte etwaig Lucanus an Jahren näher sein als sie Gracchus dies war, womöglich auch eine der jungen Aurelia, zwischen welchen Aquilius seine Wahl traf, doch er hatte sie nie aus diesem Blickwinkel betrachtet, um sich dessen sicher zu sein.

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  • Onkeleins kann ich richtig beim Nachdenken, beim Er- und Abwägen zusehen. Als würden seine Gedanken durch die stete Stimulation der Unterlippe - wieso eigentlich nicht auch der Oberlippe? - stimuliert werden und im Fluß gehalten werden. Die Claudii, die Aurelii, nun das ließ sich gut an. Antonia? Onkel Gracchus Flamme oder die von Onkel Aquilius? Oder beiden - So nehmet auch mich zur Genossin an: Ich sei, gewährt mir die Bitte, In eurem Bunde der Dritte!' Oder so vielleicht.


    "Dorf - das war hinsichtlich Roma nostra aeterna eher metaphorisch gemeint, auch wenn hier im Haus wirklich viel Platz ist. :)" Ich stelle mir ein Kommen und Gehen wie auf den Kaiserforen vor, Mahlzeitenjäger, Schürzenjäger, Almosenjäger ... "Ich habe zwei junge Iulier kennengelernt, Iulius Cincinnatus und Iulius Labeo, ob ich diese vielleicht offiziell einladen könnte? Und den Rector der Schola, ein Mitglied der Aelier?"


    Immerhin hatte der Mann mich eingestellt und sich für mich interessiert - ohne unwichtigerweise auf seine besichtigenswerte Sammlung von militaria hinzuweisen ...


    "Du scheinst meinen Vorschlag agre... gut zu heißen. Das freut mich wirklich, ich hänge mich gerne in die Vorbereitungenh hinein, mit dem Koch wollte ich sowieso bei Gelegenheit sprechen, es scheint Probleme mit der Qualität der Sklavenspeisung zu geben ..." Um es mal euphemistisch auszudrücken. -.^

  • Viel Platz hatte Gracchus noch nie in der Villa bemerkt. Zwar gereichte es durchaus, seiner Gemahlin nicht allzu häufig zu begegnen, doch war die Stadtvilla der Flavier verglichen mit den Gütern auf dem Land doch beinahe ein wenig beengend, obgleich sie für den überwiegenden Bevölkerungsanteil Roms sicherlich zu einem Palast konnte gereichen. Indes, Freiraum gegenüber war er ohnehin stets ein wenig indifferent, sein eigenes Wesen war zu beengt, um viel Raum zu okkupieren, selbst sein Cubiculum, in welchem eben sie standen, war karg nur eingerichtet, kaum wohnlich. Er schätzte Ästhetik, er konnte in Schönheit schwelgen und darin zergehen, doch es war nie ihm gegeben, jene zu schaffen, so dass er die stille Harmonie der Simplizität gegenüber dem Chaos unbotmäßig arrangierter Kostbarkeiten präferierte. Der Gedanke jedoch, das flavische Territorium willkürlich mit Fremdlingen zu bevölkern, erschien ihm wahrhaft gräulich, insbesondere an einem Fest wie den Saturnalia.
    "Iulier?"
    Aus dem patrizischen Zeige stammend, ohne Zweifel, doch war dieser seit langem der Belanglosigkeit anheim gefallen, die senatorischen Mitglieder jenes bereits weit über das beste Alter hinaus, die Jugend kaum daran interessiert, sich um den Staat verdient zu machen, wie ein solch großer Name dies würde bedingen. Zudem in keinster Weise familiär mit der Flavia verbunden, auch im Ausblicke nicht, und darüber hinaus äußerst weitreichend, eine Einladung dem Haushalt gegenüber konnte die Gästeschar leicht über das Doppelte hinaus extendieren.
    "Es sollte doch bei einem familiäres Fest bleiben. Was hältst du davon, deine Freunde am zweiten Tage der Saturnalia zu laden?"
    Wie umfassend eine Einladung zu diesem Tage auch würde ausgesprochen werden, die Wahrscheinlichkeit, dass allzu viele Gäste würden erscheinen, war gering, da wohl den meisten Bewohnern der Stadt der vorangegangene Festtag noch allzu tief in den Knochen würde stecken. Gracchus selbst war, wie er wusste, dabei keine Ausnahme, denn obgleich er sich im festen Glauben daran, ob des übermäßigen Weinkonsumes des Vortages sein Leben lassen zu müssen, ein jedes Jahr nach den Saturnalia fest vornahm, diesen Fehler im nächsten Jahr nicht noch einmal zu begehen, so war die Ambiance der Festtage doch ein jedes Jahr zu verlockend, um diesem Vorsatz länger Beachtung zu schenken, womit die Misere annual wieder ihren Anfang nahm.
    "Ob der Qualität der Sklavenspeisung wegen brauchst du dich indes nicht zu bemühen, gib nur einem der vilici Bescheid."

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  • Ohhja, wir sitzen im trauten Familienkreis um den großen Topf mit Saturnalien-Familien-Puls herum und delectiren uns an Ciceros Paradoxa Stoicorum, die Straton von einem Lesepult aus vorliest und dann reihum abgewechselt wird. Wir engagieren einen alten Auletes, der uns mit anspruchsvoller Musik dieses Italikers Ludovicus Nonus unterhält. Und zuletzt zünden Lichter an, fassen wir uns alle an den Händen und sagen uns, wie lieb wir uns doch haben - und gehen dann früh schlafen. Oh Trimalchio, Du Schutzheros aller Feste, hilf! Orgien, wir wollen Orgien, Onkel Gracchus, keine traute Transuseligkeit!


    Und was er jetzt mit den Iuliern hat ... Als ob die Teutonen vor den Toren Roms stünden und er noch nicht sein Bad in Eselsmilch beendet hätte, als ob irgendwelches Getier mit mehr als zwei Beinen in seinem cubiculum fangen spielt.


    Am zweiten Tag! Als ob am zweiten Tag irgendwer zu irgendwas in der Lage wäre, außer an einer leichten Brühe zu nippen und zu stöhnen.


    "Hm, ja. Ist sicher eine gute Idee", sage ich unbestimmt zu irgendwas.

  • Dass sich Lucanus nicht in Widerworte ergab und jegliche Vorschläge gut zu heißen schien, nahm Gracchus zufrieden zur Kenntnis, denn obgleich zuviel der Submission einem Flavier nicht eben gut zu Gesichte stand, so waren die Traditionen der Saturnalia nichts, was all zu dynamischer Wandlung konnte unterliegen, gleichsam wie das Mahl der Sklaven nichts war, worum ein Flavier sich sollte bemühen. Da vor Lucanus sich nun ein Senator und Pontifex in Komplettierung - zumindest rein äußerlicher Natur - befand, strebte jener dem Ausgang und damit auf seinen Großneffen zu.
    "Möchtest du weiters noch etwas mit mir besprechen, Lucanus?"
    Es war Gracchus nicht eilig, das Haus zu verlassen, doch ein tiefgehend oder weitschweifendes Gespräch wollte ungern nur er weiter in seinem Cubiculum führen.

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