Cubiculum | Manius Flavius Gracchus

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    Phoebus, der die Aufgabe, bei Antonia anzuklopfen, auf die raetische Kammerdienerin delegiert hatte, war noch immer mit der Aufgabe betraut, Gracchus von der Ankunft eines Mannes zu unterrichten. Und zwar von niemandem Geringeren als einem gewissen Claudius Nero (dessen Namen er noch nie vernommen hatte).
    Er klopfte an der Türe des Gracchus an, hörte irgendetwas, was genausogut ein „Herein“ wie irgendetwas anderes hätte sein können, und trat ein. „Herr?“, fragte er in seiner typisch quäkenden Stimme, die sein jugendliches Aussehen nur noch mehr betonte. „Im Atrium wartet ein Mann auf dich, namens Claudius Nero. Er will dich und deine Frau sprechen in religiösen und familären Angelegenheiten.“ Dies war schon alles, was der wortkarge Sklave von sich gab.

  • Ob der fortwährenden Kälte in seinem Inneren nahm Gracchus die Dienste des Medicus Cosmas dieser Tage überaus häufig in Anspruch, dass bereits die Spuren des Aderlasses sich vermehrt auf seinem Arm zeigten, doch obgleich diese Prozedur für Ausgleich und Harmonie in seinem Leibe sollte Sorge tragen, fühlte Gracchus sich nurmehr wie erschlagen, völlig leer und kalt. So dies sich abwenden ließ, mied er, das Haus zu verlassen, verkroch sich in seinem Cubiculum, dem lethargischen Nichtstun zu fröhnen, verspürte gar nur wenig Bedürfnis, mit seinem Sohn sich zu beschäftigen, wollte er jenem doch den desolanten Anblick seines Vaters ersparen. Als der Sklavenjunge in das Zimmer trat, lag Gracchus halb dösend auf einer Kline nahe einer Feuerschale, suchte nach Cosmas' Behandlung die Kräfte in sich zu finden, welche jener angeblich durch seine Prozedur in ihm erweckte, und räumte dabei ein wenig in seinem Gedankengebäude auf. Bis zur Erwähnung des Namens des Besuchers hörte er indes nur mit halber Aufmerksamkeit zu. Claudius Nero - er glaubte sich an einen Vetter seiner Gemahlin dieses Namens zu erinnern, konnte indes kein Gesicht damit verbinden - es reichte Gracchus derzeit gänzlich, mit jenen Namen etwas verbinden zu können, deren Träger es wert waren, sich ihrer Namen zu entsinnen - staatspolitisch aktive, respektive bedeutsame Männer also. Er brummte ein wenig unwillig, ließ sich jedoch schlussendlich von Sciurus empor helfen, welcher noch einmal einen Blick über seinen Herrn warf, dass dieser präsentabel war.
    "Ein Vetter Antonias?"
    fragte er seinen Leibsklaven währenddessen. "Ein Neffe, Sohn des Marcus Claudius Verus, erst seit kurzem in der Hauptstadt", antwortete Sciurus ohne Zögern, hatte er doch bei der ersten Nennung des Namens sich bereits dessen Herkunft ins Gedächtnis gerufen - obgleich er nicht über alle Claudier war informiert, so doch über all jene Verwandten der Gemahlin seines Herrn, welche derzeitig in Rom weilten.
    "Neffe ... nun denn."
    Im Grunde war es einerlei. Dass seine Gemahlin dem Besuch würde bewohnen, ließ Gracchus indes darauf hoffen, religiöse und flavisch-familiäre Angelegenheiten kurz zu halten, und hernach, wenn Antonia mit ihrem Neffen sich in claudisch-familiären Erinnerungen und Neuigkeiten würde verlieren, sich vorzeitig würde zurückziehen können.

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    Diomedes war alles andere als erfreut, dass ihm noch zusätzlich Arbeit an den Kopf geworfen wurde, aber der gutmütige Klotz konnte nicht allzu lange auf Phoebus böse sein. Der arme Junge hatte ja auch sonst so viel zu tun. Vor allem, da ja nun Wahlzeit war, und Kandidaten in Rom umher rannten, als ob es kein Morgen gäbe. Angeblich hatten die Consule schon die Wahltermine ausgehängt – dass es da zu gewaltigen Anläufen bei den Häusern von Senatoren geben würde, war abzusehen.
    Diomedes klopfte also an Gracchus‘ Türe an und wartete darauf, hineingebeten zu werden, bevor er eintat und brummte: „Salve, Herr. Ein Publius Aurelius Imbrex wartet im Atrium. Er will als Vigintivir kandidieren und sich scheinends deiner Unterstützung vergewissern.“

  • Noch kurze Zeit zuvor hatte Gracchus ein heißes Bad genossen in den hauseigenen Thermen, so dass sein Haar noch feucht schimmerte, als der Sklave den Raum betrat, während eine namenlose Sklavin sich der Pflege seiner Fingernägel widmete. Es erschreckte Gracchus ein wenig, dass bald schon wieder Wahlen anstanden, erinnerte ihn dies doch beständig an den unermüdlichen Fluss der Zeit.
    "Der Wahlen wegen? Augenscheinli'h scheint es sich noch nicht herumgesprochen zu haben, dass ich im Senat meine Stimme ni'ht mehr erhebe."
    "Womöglich möchte er sich nur deiner Stimme bei der Abstimmung sicher sein", warf Sciurus ein, der wie stets den Posten als Schatten seines Herrn einnahm.
    "Wie ist er mit Aurelius Corvinus verwandt?"
    "Weitläufig."
    "Gibt es einen Grund, ihn nicht zu empfangen?"
    "Keinen ehrlichen, Herr." Missmutig verzog Gracchus das Gesicht, ließ schlussendlich einem Seufzen freien Lauf.
    "Nun denn, dann eile dich."
    Diensteifrig nickte die Sklavin, feilte flink noch den Nagel des kleinen Fingers der Linken, um sich hernach mit gesenktem Kopfe zurück zu ziehen, ihrem Herrn Platz zu machen, das Cubiculum zu verlassen.

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  • ~~~ Gefangen in Morpheus' Reich ~~~

    Endlos schien der sandige Weg durch das karge, desolate Land, jeder Schritt nurmehr devastierende Qual, jeder Schritt nurmehr deletärer Kampf, sein Leib durchbohrt von den Schwertern der Spalier stehenden Schatten, die jeden Tropfen Leben ihm mit maliziösem Grinsen extorquierten. Sein Geist nurmehr Fetzen aus Defätismus, Defatigation und Desperation, längst in der Amentias Armen gefangen, sehnte sich schon von Ferne her nach dem verführerisch silbrig blitzenden Wasser des Stromes, welches derart hypnotisierend war, dass kein Hader, kein Zweifel noch konnte seine Aufmerksamkeit gewinnen, und zielstrebig, doch ohne Sinn, er einen Fuß vor den anderen setzte, nurmehr einen einzigen Gedanken mit der ihn Umfassenden teilend, nurmehr der reißende Fluss. Die Brücke schien endlos, die Schritte schwer, doch trieb die Erwartung ihn voran, unermüdlich gegen alle Barrieren in sich, gegen jeden Stich, gegen jedes Reißen, jedes Bersten. Sternen gleich funkelten die Lichtreflexionen auf der spiegelnden Oberfläche des Wassers, lockend, Glanz verheißend, wie das Schimmern von Tränen in seinen eigenen Augen, das Schimmern der Hoffnung auf den lösenden Augenblick. Noch einmal die Wahnsinnige küssend, suchten seine Füße den festen Rand des Steines, breiteten seine Arme zu Flügeln sich aus, und die Sinne längst voraus ließ den Leib im angespanntem Sprunge er folgen, die Hände voran, gierig nach dem schlängelnden Strom. Eisig kalt umfasste das reißende Nass seine Haut, wohlige Arme der Lethe, strömte in seine Kehle als den Mund er öffnete, zu atmen, drang ein in seine Adern, füllte jede Pore in ihm aus, bis dass er eins war mit den wogenden Fluten. Nichts blieb mehr an Empfinden, keine Agonie aus Algesie, kein Erstarren in Kälte, nur Leichtigkeit geboren aus Vergessen.

    ~~~


    Das Wasser in seiner Kehle raubte Gracchus jeden Atem, ließ ihn ersticken im eigenen Leib, dass er keuchend empor fuhr, die Augen weit aufgerissen, schwer die warme Luft des Raumes in seine Lungen sog, und erst allmählich sich dessen wurde gewahr, dass er nicht im Hades war gewandelt, dass er nicht im Strom der Lethe war versunken. Stumm und reglos stand sein Leibsklave Sciurus neben der Türe, war auf das rabiate Erwachen seines Herrn hin nur von seinem Schemel aufgestanden, längst an dessen Albträume gewohnt. Langsam sank Gracchus' Leib nach vorn, bis dass seine Stirne die Decke berührte, während seine Augen sich wieder schlossen.
    "Warum nur habe ich dem kein Ende gesetzt, als das Ende so greifbar war?"
    , flüsterte er leise, ohne eine Antwort zu erwarten, die doch gleichsam aus seinem Inneren entgegen ihm schallte, die doch laut in ihm widerhallte, die Furcht, die wie stets zu mächtig gewesen war.

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  • ~~~ Gefangen in Morpheus' Reich ~~~

    Rotgoldfarben loderte die glühende Sonne kurz vor der Linie des Horizontes, tauchte die ewige Stadt in einen Schimmer aus flüssiger Lava, einem Guss aus Vulcanus' Händen gleich, während über ihr der Himmel in Flammen stand. Unter ihm gierte die zerklüftete Brandung des tarpeischen Felsens, die schäumenden Staubwogen zu hartem Stein erstarrt, die todbringende Gischt aus scharfkantigen Felsentrümmern deletär wie vor tausenden Jahren, selbst die in die eisigen Fluten sich stürzenden Sturmmöwen nurmehr ein reminiszenter Schatten auf steinigem Bruch. Eisig durchschnitt der kalte Wind in seiner Strömung vom Plateauufer des Capitolium her die honigfarben zitternde Luft, legte sanft sich um seinen Nacken, der liebkosenden, hartherzigen Hoffnung gleich, während in seinem Rücken die konturlosen Schemen seiner Familie sich wanden, ihre dürren Arme reckten nach seinem Leib. Zischend und säuselnd und raunend flossen die flüsternden Stimmen ihrer Enttäuschungen um ihn herum, drückten und stießen ihn fort aus ihrer Mitte, fort zum kluftigen Felsgestein, zur rissigen Kante der grausamen Klippe. Einen zeitlosen Herzschlag verharrte er auf der Schnittlinie, balancierend zwischen Versagen und Abschied, doch das Drängen aus dem Hintergrund war zu begierig, der Sog der Tiefe zu verlockend, als dass nicht der Sturz, das Fallen längst vorherbestimmt war. Ein ephemerer Augenblick folgte, freier Fall in inhärent zwingender Dynamik, während die Schnitterin ihr Werkzeug an den dürren Faden hob, und das graufarbene Felsenmeer bereitwillig seine Fluten öffnete, ihn in sich aufzunehmen, seinen Leib zu zerschmettern, zu zerbersten. Nurmehr fallen und nichts, das bleibt. Nichts bleibt. Nichts.

    ~~~

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  • ~~~ Gefangen in Morpheus' Reich ~~~

    Einer schweren, samtenen Decke gleich hatte der dunkle Himmel sich gelegt über die ewige Stadt, in einer changierenden Marmorierung aus Purpur und Mauve, nur gelegentlich durchbrochen von einem goldfarbenen Riss, der kündete von einer fernen Sonne, und tauchte die scharfen Gesteinsspitzen am Grunde des tarpeischen Felsens in ein blutrotes Meer aus verlorener Erinnerung. Weich umflossen die Schatten der Flut die steinernen Brocken, verwischten die harten Konturen des kluftigen Felsgesteins zu einem zarten Saum verlockenden Vergessens. Er brauchte nicht hinter sich blicken, die larvae seiner Ahnen zu spüren, eisigen Spitzen in seinem Nacken gleich, die geifernd und meckernd und schreiend ihre Enttäuschung hinabspieen auf ihn, sein Selbst bedeckten mit ätzendem Hauch. Zurück nur Versagen, nur Misserfolg, Scheitern und Schmach, voraus das wohlige Glitzern der zerklüfteten Gischt. Ein Zaudern wie stets, ein feines, seidenes Seil aus verbliebener Hoffnung, welches mit den Lebenden ihn verband, ihn auf der dünnen Linie der einschneidenden Bruchkante hielt, schwankend in der aufkommenden Dunkelheit, anthrazitene Flamme tanzend im himmlischen Hauch. Ein Blick nur zurück, eine Hand hinfort gestreckt dem fragilen Faden hernach, im schwachen Willen fortzubestehen, doch gehässig das Lachen der längst Verblassten, hämisch der Schnitt mit ihren scharfen Krallen, blitzender Klinge gleich, welcher die letzte Leine in hoffnungsvolle Zuversicht kappte. Dem Ertrinkenden gleich ruderten seine Arme in luftleerem Raum, seine Kehle erfüllt von stummem Schrei, während sein Leib den ehernen Felsentrümmer entgegen fiel, welches bereitwillig seine graufarbenen Arme ausbreitete, gierig, seinen Leib zu zerschmettern, zu zerbersten. Nurmehr fallen und nichts, das bleibt. Nichts bleibt. Nichts.

    ~~~

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  • ~~~ Gefangen in Morpheus' Reich ~~~

    Den endlosen Tiefen der Unendlichkeit gleich umschmeichelte das dunkle, blaufarbene Gewölk die ewige Stadt, umfloss die Perle der Welt mit schimmernder Finsternis und diffusen Schatten, durchbrochen einzig von eisigblaufarben glitzernden Flammen im Zenit des nächtlichen Firmaments, Leuchtfeuer der Nacht, welche niemals verglühten. Am Grunde des tarpeischen Felsens indes wartete kaum erkennbar das weich lockende Bett aus spitzem Steingetrümmer, umspült von sanft wogenden Fluten staubigen, schattigen Kieses, konturlos indifferent. Süßer Duft nach verblasstem Regen lag in der kaum bewegten Luft, flüsternd raschelten die Blätter der unweit verharrenden Baumkreaturen, kündeten von einer längst vergangenen Zeit voller tobendem Sturz und gierigem Blut. In seinen eigenen Bahnen indes lag nurmehr Sehnsucht nach einer Welt, die seiner eigenen Zeit folgte, stetig floss im Strom seiner selbst, nicht in Belanglosigkeiten eilte, seine Spur nicht verwehte wie eine Hand voll Asche im Wind. Doch um ihn herum hasteten die Schatten der Welt umher, streiften seine Schultern, rissen an ihm ohne dessen gewahr zu sein, legten ihre seidenen Fäden um seinen Leib, umwanden ihn gleich einer Spindel, bis dass in ihrem Netz er heillos gefangen war. Unermüdlich zogen sie eilend, in dem Pott aus Leben zu schwimmen, der auf dem Forum war aufgestellt, Fischen gleich sich darin zu tummeln, mit jeder ihrer Bewegungen an ihren Fasern ziehend und zerrend, dass unweigerlich dem Drängen sein Leib musste folgen, dem endlosen Platze näher rückte, der spitzen Bruchkante des Felsens entgegen. Verzweifelt stemmten seine Füße sich in den staubigen Grund, lehnte sein Körper sich zurück, dem sicheren Plateau entgegen, die Stärke der Götter in seinem Rücken wissend, doch das Getümmel drunten im Tal war zu wirr, war zu verheddernd, dass das Aufbegehren von Erfolg war gekrönt. Einen Herzschlag nur balancierte er über dem flimmernden Abgrund, ehedem mit einem letzten Ruck die Fäden an seinem Leibe rissen, ihn hinab zogen, den gierigen Spitzen des kluftigen Felsgesteins entgegen zu fallen, welche sehnsüchtig seiner gierten, seinen Leib zu zerschmettern, zu zerbersten. Nurmehr fallen und nichts, das bleibt. Nichts bleibt. Nichts.

    ~~~

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  • ~~~ Gefangen in Morpheus' Reich ~~~

    Ein fahles, blaugraufarbenes Licht umfasste die ewige Stadt, ohne Glanz und ohne Schimmer, einem trüben Schleier aus faserigem Nebel gleich, welcher mit seinen endlosen Armen alles Profane dieser Welt verhüllte. In Eintönigkeit ließ es den tarpeischen Felsen unter ihm verharren, in staubig und felsigem Grau, glitzernd die schäumende Gischt seiner grenzenlosen Indulgenz, funkelnd die wogenden Fluten seiner deletären Nachsicht, die schroffen Kanten umhüllt vom zarten Himmelsatem, die Konturen verwischt zu einem Meer aus weicher Sanftmütigkeit. Nichts bewegte sich um ihn herum, kein Wind wehte, kein Laut schlich sich durch die Luft, niemand hatte sich eingefunden, ihn zu drängen, ihn zu stoßen, ihn zu treiben. Die Zeit schien in einem einzigen Augenblick gefangen zu verharren, so dass er gänzlich allein war mit sich selbst, dem erhabenen Fels und dem Ende. Sachte trat er an den zerklüfteten Rand der Klippe, als könnten seine Schritte eine Spur hinterlassen auf dem Gestein, die Zehen bereits in dem luftigen Nichts über dem Felsengrunde schwebend, die Fersen im staubigen Bruch verharrend. Tief aus seinem Innersten erklang eine ferne Melodie, ein Lied aus alten und neuen, aus niemals gelebten Tagen, Symphonie all jener Dinge, welche er hatte versäumt zu tun, die nun sich erhob Fanfaren gleich, auf ihren Schwingen ihn hinfort zu tragen. Langsam streckte er die Arme von seinem Leibe, balancierten ihn auf der scharfen Kante zwischen festem Gestein und zerklüfteten Fluten, während die hehren Töne der Vergangenheit zu der Kantate seines Lebens anschwollen. Als seine Hände den Zenit der körperlichen Hülle hatten erreicht, beugte er furchtlos seinen Oberkörper vornüber, neigte seinen Blick hinab, dass getrieben von den Kräften der Erde sein Leib dem Felsenmeer entgegen fiel - fiel, und fiel, darauf zu zerschmettern, zu zerbersten. Nurmehr fallen und nichts, das bleibt. Nichts bleibt. Nichts.

    ~~~

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    Nachdem Phoebus schon bei Piso angefragt hatte, und von jenem eine positive Antwort erhalten hatte, bewegte sich Phoebus zum Cubiculum des Gracchus und klopfte dort an. Auf einen Ton wartend, der ihm signalisieren würde, einzutreten, machte er schlussendlich die Türe auf und stellte sich vor Gracchus hin.
    „Dominus Gracchus? Vor der Türe steht eine Frau, Flaviana Brigantica, einst Bridhe. Sie lässt Fragen, ob du abkömmlich wärst. Es geht offenbar um Geschäftliches und um ihren Sohn.“ Wenn er nein sagen würde, müsste Bridhe wohl sich an Piso als Anlaufstelle versuchen. Aber was zerbrach er sich eigentlich darüber den Kopf? Es war doch eigentlich egal, zumindest ihm konnte es egal sein.

  • Eine mit glattem Leder überzogene Liege war inmitten des Raumes aufgestellt worden, auf welcher in seiner gänzlichen Nacktheit Gracchus auf dem Bauche lag, sich von einem namenlosen Sklaven massieren ließ. Das warme Öl schimmerte sanft auf den Hügeln der unscheinbaren Muskulatur, bildete kleine Seen in den Tälern dazwischen, bis das der Sklave mit seinen Händen dort hindurch wischte, mit kräftigem Druck die duftende Flüssigkeit in die Haut des Patriziers knetete.
    "Mhm"
    , war die Antwort, welche Gracchus auf die Frage des Sklavenjungen zu geben wusste. Flaviana Brigantica - dieser Name sagte ihm nichts, außer dass die Frau oder einer ihrer Vorfahren augenscheinlich ein Sklave des Hauses gewesen war, wiewohl der Name Bridhe ersteres ließ vermuten. Er stöhnte auf, als der Masseur seine Daumen ihm in die oberen Nackenmuskeln presste. "Ihr Sohn ist der Abkömmling deines Vetters Caius", warf Sciurus von seinem Platz neben der Türe ein und brachte damit einen regelrechten Erdrutsch im Inneren seines Herrn in Bewegung.
    "Caius' Sohn?"
    Mit der Linken stützte Gracchus sich auf der Liege auf und drückte sich empor, dass er den Kopf über die Schulter zur Türe konnte wenden.
    "Bringe sie in mein Arbeitszimmer, ich werde sie empfangen."
    Während der Namenlose die Muskulatur ein wenig noch ausstrich und hernach begann, das restliche Öl von Gracchus' Leib abzuschaben, stieg in diesem ein gewisses Maß an Unruhe empor, glaubte er doch, Caius hätte seinen Sohn und dessen Mutter mit sich genommen, dass allfällig gar er die beiden nun hatte geschickt. Nachdem der Sklave sein Werk hatte beendet, verging noch eine geraume Weile, bis dass Gracchus angemessen gekleidet und hergerichtet war, ehedem er das Cubiculum in Richtung seines Arbeitszimmers verließ.



    edit: Link eingefügt

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    Der Sklavenbengel, kein Auge habend für die inhärente Ästhetik des nackten Körpers, wandte seinen Kopf leicht ab und schwieg lauthals, als der Schmierige den Herren informierte. Wofür Phoebus auch sehr dankbar war. Er war kein Redenschwinger. Er verwendete Worte wie Salz, sparsam, gerade genug, damit die Speise nicht ungesalzen war, aber nicht so mengenreich, dass das Essen versalzen und somit ungenießbar war.
    Schließlich war Gracchus aufgeklärt, dank Sciurus. Er würde sie empfangen. Im Hinterkopf dachte sich Phoebus noch, was jetzt nun passieren würde, wenn Bridhe sich entschließen würde, zu Piso zu gehen. Dann würde wohl Gracchus in seinem Arbeitszimmer warten, bis er versauert war. Nun ja, es würde ihm obliegen, die Nachricht zuzustellen. Was kümmerte er sich eigentlich darüber? Er würde das tun, was man ihm auftrug, nicht auch um ein iota mehr.
    Er nickte und eilte aus dem Raum, wieder zur Porta hin.

  • Einem düsteren, alles verschlingenden Loch gleich hing die nachtblaue Düsternis bereits vor den Fensterflächen, wurde im Raum vertrieben von den goldfarbenen Flammen mehrerer Öllampen, deren konturloser Schein sich sanft um die Ecken und Kanten schmiegte, die Welt viel weicher ließ erscheinen als sie dies war. Wieder einmal hatte Gracchus an diesem Abend es geschafft, sich frühzeitig nach dem familiären Mahl zu verabschieden und seinen Sohn zu Bett zu bringen - da Antonia dieser Tage nicht allzu wohl sich befand, übernahm er vermehrt diese allabendliche Pflicht - und somit neuerlich dem anstehenden musikalischen Abend mit Piso zu entgehen. Durch einen aleatorischen Zufall - dessen genaue Art und Weise er bereits wieder hatte vergessen - hatte Gracchus erfahren, dass sein Vetter nicht nur die Lyra spielte, sondern zudem auch dazu sang, und obgleich Gracchus sich dem kultischen Gesang etwa im Zuge seiner salischen Pflichten nur allzu bereitwillig hingab, so war ihm doch überaus mulmig zumute bei dem Gedanken daran, sein Timbre würde durch die Villa schallen, ihn somit zweifelsfrei als Verursacher der Lautmalerei kennzeichnen, wiewohl er die übermäßige Präsenz seinen sprachlichen Makels fürchtete, von welchem er glaubte, dass dieser bei unbotmäßiger Lautstärke sich nur noch deutlicher würde abzeichnen. Nach einigen Bechern Wein vermutlich würden all diese Gedanken sich in eine stille Ecke Gracchus' Gedankengebäude verkrümeln und nicht weiter ihn behelligen, doch im Vorhinein waren sie gänzlich erdrückend präsent und belastend. Aus diesem Grunde war Gracchus durchaus ein wenig froh, auf direktem Wege von der Lesestunde im Cubiculum seines Sohnes sein eigenes Schlafgemach erreicht zu haben, um dort noch ein wenig den ausklingenden Tag zu genießen. "Herr, vor dem Essen traf ein Bote aus Baiae ein. Er brachte einen Brief von Flavia Epicharis", begann Sciurus als Gracchus es auf einem breiten, ledernen Stuhl sich hatte gemütlich gemacht.
    "Von Epicharis?"
    , horchte er erfreut auf.
    "Was zögerst du noch, lies!"
    So geheißen tat der Sklave dies, las die Zeilen aus Baiae vor, währenddessen in Gracchus' Antlitz Freude und Gram miteinander rangen. Dass Marcus und Epicharis in Baiae es sich gut gehen ließen, erleichterte sein Herz, wiewohl die Erwähnung Agrippinas' Einladungen ein wenig ihn ließ schmunzeln - kurios war zweifelsohne das passende Wort für die Gesellschaften Marcus' Mutter. Die Frage nach Antonias' Wünschen ein weiteres Kind betreffend indes jagte Gracchus einen kühlen Schauer über den Rücken, wiewohl ein schlechtes Gewissen durch den Geist, hatte er doch seiner Ansicht nach seine Pflicht zu einem Erben erfüllt, und obgleich nie mit Sicherheit konnte bestimmt werden, dass Minor tatsächlich das Erbe der Familie würde antreten - seine eigenen Eltern hatten immerhin sechs Kinder in die Welt gesetzt, von welchen nur zwei noch am Leben waren und er als einziger für einen Nachkommen hatte bisherig Sorge getragen -, so mochte er nicht über dieses albtraumhafte Szenario sinnieren, wiewohl er auch niemals hatte darüber nachgedacht, was Antonia diesbezüglich sich mochte wünschen. Auch die Einladung nach Baiae gedachte er zu ignorieren und nicht erst an seine Gemahlin zu übermitteln, war er selbst der Stadt am Meer doch überaus abgeneigt, nicht nur Agrippinas, sondern insbesondere ihrer Lebendigkeit und Ausgelassenheit wegen - und ein wenig auch ob der Furcht, sich selbst gehen zu lassen.
    "Ich werde Morgen eine Antwort verfassen"
    , kündigte er abschließend dem Sklaven an, denn für eine adäquate Formulierung war er bereits zu müde und unkonzentriert, gleichsam war es Aufgabe Sciurus', diese Absicht seines Herrn sich zu merken, da dieser sie allfällig am nächsten Tage schon wieder würde vergessen haben. Die Gedanken indes, die Worte und Sätze, welche er Epicharis wollte mitteilen, manifestierten sich bereits in seinem Gedankengebäude und hingen dort noch präsent, bis dass er sich endgültig zu Bett begab.

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  • ~~~ Gefangen in Morpheus' Reich ~~~

    Es war eine schlichte Bühne, auf welcher er sich befand, weitläufig, karg und gesäumt von dem sandigen Strande Baiaes, überzogen vom filigranen Hauch lieblicher Schäfchenwolken am lauen Himmelsblau, in einer sanften Rundung hin abfallend zu dem harrenden Publikum, einer Schar aus Epicharis. In allen betörend scharfen Details spiegelte sich ihr Antlitz auf den zahllosen Gesichtern wieder, manches mal ungeduldig, manches abwartend, manches vertieft ins Gespräch mit sich selbst, manches sinnierend der unsichtbaren Sonne am Himmel zugewandt, manches in befreiendem Lachen gefangen. Wo auch sein Blick in diesem endlosen Meere sich hinwandte, es war Epicharis, welche ihn auffing. Hinter ihm stand aufgereiht sein Ensemble, bestehend aus seinem Vetter Piso an der Lyra in doppelter Ausführung, sowie Sciurus, welcher in Händen ein kleines Tamburin hielt. Der Sklave pochte mit der Fläche seiner Hand auf das pergamentene Trommelrund und rief mit seiner befehlsgewohnten Stimme ein "favete linguis et audite!" in die Menge aus Epicharis, welche daraufhin verstummte, erwartungsvoll sich ihm zu widmen. Der erste Piso hob seine Lyra, nickte ihnen allen zu und zählte ein: "Eins, und zwei, und drei ...", um hernach sanft in die Saiten zu greifen, dass der zweite Piso sich einreihte, während Sciurus noch darauf wartete in den Rhythmus mit einzufallen. Einige Takte klang die Melodie, sodann war es an Gracchus, mit dem stimmlichen Part einzusetzen.


    "Epi - charis,
    wann kommst du zurück nach Rom?
    Epi, Epi,
    wann werden wir uns wiedersehn?


    Ohne dich in diesem Haus,
    ohne Liebe ein und aus,
    ist das Leben doch so fad!
    Oh Epi - charis,
    warum musstest du nur geh'n?
    Epi, schöne Epi,
    es ist Zeit für ein Wiederseh'n!


    Epi, ich misse dich,
    denk doch an diese eine Nacht.
    All die Träume, die wir hatten,
    sind verschluckt von dunklen Schatten,
    lass' mich flüstern in dein Ohr:
    Epi - charis,
    so klopfe doch an unser Tor!"


    Lieblich säuselten die Klänge der pisonischen Lyrae durch den Äther, wogten über die schwankenden Epicharis hinweg, umfassten den Raum zwischen Zentrum und Horizont, die Ewigkeit zwischen Rom und Baiae, bis dass mit dem Gesang er wieder einsetzte.


    "Oh, Epi, sieh, ich leide,
    weil ich Marcus dich so neide,
    ich vermisse dich so sehr!
    Oh, Epi - charis,
    es ist Zeit für ein Wiedersehn!


    Nun wogte er selbst im Hauch der Melodie, einem Schilfrohr im Winde gleich, einer Alge am Meeresgrund, im einen Augenblicke Epicharis so fern, im nächsten ganz nah.


    "Ohne dich in diesem Haus,
    ohne Liebe ein und aus,
    ist das Leben doch so fad!
    Oh Epi, ich miss' dich so sehr,
    wo ich auch schau' sind deine Augen,
    doch es gibt keinen Blick wie deinen,
    komm schon, Epi, kehr zurück!


    Epi - charis,
    wär's nicht schön in Rom zu sein?
    Epi, Epi,
    sag nicht, ich hätt' es nicht versucht."


    Die letzten Töne verklangen, versickerten sukzessive im granulären Grund, während unter den Epicharis stürmische Begeisterung aufbrandete, jubelnde Euphorie, welche sich drängend ihm entgegen neigte, der er ob diesen Zuspruchs ein wenig unbehaglich sich fühlte, weit mehr noch als, da er zum Dank ob des überschwänglichen Applauses seinen Kopf neigte, unter sich er seinen Leib in gänzlicher Blöße entdeckte. Ob dessen in leichte Panik versetzt stolperte er zurück, prallte gegen Piso und Piso, welche aufmunternd ihn wieder nach vorn drückten, zur freudigen Epicharis hin, verpassten mit einem Male ihm gar einen solch gewaltigen Stoß, dass er willenlos der erwartungsvollen Menge entgegen fiel ...

    ~~~


    "[size=7]...uaa[/size]aahhhh!"
    , schreckte Gracchus in seinem Bett empor, was augenblicklich hatte zur Folge, dass auch Sciurus von seinem Schemel neben der Türe aufsprang, zu ihm trat. "Es war nur ein Traum, Herr", mühte er - längst an derartige Szenen gewöhnt - sogleich, jedweden Befürchtungen zuvor zu kommen. Mit einem Seufzen sank Gracchus zurück in sein Kissen, ehedem die übermäßige morgendliche Erregung ihm wurde bewusst, er die Decke ein wenig anhob.
    "Mutunus Tutunus ..."
    , murmelte er leise und obgleich der Sklave neben ihm keinerlei Regung von sich gab, fühlte Gracchus sich bemüßigt, diesen Zustand augenblicklich zu rechtfertigen, denn noch immer halb in Morpheus' Armen gefangen sah er in Sciurus einen Zeugen der nächtlichen Geschehnisse, hatte dieser doch die Trommel auf der Bühne geschlagen.
    "In den Traumwelten scheint mein Vetter manches mal überaus … anziehend ..."
    , suchte er seine eigene Verlegenheit zu begründen, obgleich an seinem Vetter Piso ihn tatsächlich nicht das geringste konnte erregen, nicht im Wachen und auch nicht im Schlaf. Sciurus indes, welcher selbstredend keinerlei Schimmer hatte, wovon sein Herr sprach, vermutete hinter dem Vetter den fernen Aquilius, denn dass Gracchus von jenem träumte war nicht ungewöhnlich, ob dessen er nur verständig nickte.
    "Lege dich zu mir und hilf mir den Gedanken zu vertreiben"
    , forderte Gracchus seinen Sklaven auf, welcher ohne ein Wort seine Tunika über den Kopf sich zog und unter die Decke zu seinem Herrn schlüpfte, seiner Pflicht nachzukommen, während dieser vergeblich suchte den in jederlei Hinsicht überaus verstörenden Albtraum aus seinen Gedanken zu verbannen.

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  • ~~~ Gefangen in Morpheus' Reich ~~~










    ~~~


    Als Gracchus am frühen Morgen erwachte, fühlte er sich leer, unendlich leer.

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  • II-III


    ~~~ Gefangen in Morpheus' Reich ~~~

    Der Himmel war erleuchtet in hellem Türkis, gepudert mit feinen Flöckchen aus flauschigem Wolkenstaub, changierte am fernen Horizont bis zu einem pastelligen Azur und verschmolz dort mit dem matten Ozeanblau des endlosen Meeres. Mit sanftem Flügelschlag glitten über ihm auf den milden Strömen der Winde lieblich Seevögel dahin, erhaben ihre fedrigen Schwingen im Sonnenlichte glänzend, während spiegelgleich unter ihm die nassglatten, stromlinienförmigen Leiber kecker Delfine durch die schaumbekrönten Wellen pflügten. Nach salziger Frische schmeckte der laue Lufthauch, der liebevoll über seine Haut strich, seinen Leib liebkoste, welcher unerschütterlich in festem Stande auf den Planken des gewaltigen Seglers ruhte, dem Schwanken der stetigen Strömung folgend als wäre dies ein klandestiner Tanz. In freudiger Erregung glitt sein Blick hinweg über die nahe Küste, an deren goldsandigen Strande die saftiggrünen Blätter der Palmenbäume sich wiegten in homogener Melodie, die zugehörigen Blüten weithin leuchtend in pittoreskem Rosé, frischem Zitronatzitronengelb und mattem Mauve, und endlich trieb in seinen Fokus das schmale, ersehnte Ruderboot, an dessen Bug er harrte einem jungen Gotte gleich: Hephaistion-Faustus, einen Fuß auf der niedrigen Brüstung, die heroische Brust unter dem in der Sonne flammenden linothorax, das Haupte stolz emporgereckt der Welt entgegen, gekrönt durch den güldenen Helm, auf welchem die Strähnen der crista frohlockend im Winde wehten, Siegesbannern gleich. Als müsse vor solcherlei Pracht das Haupte sie neigen, versank instantan hinter Hephaistion die rotgoldfarbene Abendsonne im brennenden oceanos, umrahmte die virile Silhouette mit feuriger Corona, was die Glut in seinem eigenen Inneren nur mehr noch entfachte, während die beschwingten Meeressäuger den Ruderschlag des Bootes geleiteten, in freudigem Rufe es grüßten und gar liebliche Sprünge und Salti vollführten. Nichts konnte noch länger ihn halten, nicht der Gedanke an verbotenes Land, nicht der an die Perniziösität dieser Liaison, nicht derjenige an die Umarmung der Tiefe, dass er laut dem Winde seine Sehnsucht anvertraute,
    "Hephaistion!"
    , hinaus auf die Planke trat und in kräftigem Sprung den Fluten des Meeres sich entgegen warf.
    "Aton!"
    erscholl noch in der Schwebe zwischen Fliegen und Schwimmen der ersehnte Ruf als auch Faustus dem Nass entgegen sich reckte, der heroische Leib dem seinen gleich in die wogenden Fluten hinab tauchte, die Strömung zwischen ihnen zerteilte, und getragen von den geschmeidigen Schatten der Delfine durchpflügten sie den Ozean, bis dass endlich ihre Lippen sich fanden, sich berührten und verschmolzen inmitten der indigoblaufarbenen Flut. Die Sinne erfüllt von Liebesschwüren, Hoheliedern auf den ersehnten Geist, drang doch nur leises Glucksen über seine Lippen, unverständliches Gurgeln aus seiner Kehle, drang zeitgleich ein das salzige Meer in seine Lungen, in seinen Leib. Vergessen ward der oceanos im Liebestaumel, der nicht sich verleugnen ließ, vergessen war die Realität im Traume, die nicht sich verhehlen ließ! Sturmfluten gleich brach das ungnädige Meer über ihm zusammen, entriss aus den haltenden, flehentlich fassenden Armen ihn und zog unermüdlich seinen Leib hinab in den gierigen Schlund der Tiefe, ihn dort zu zermahlen zwischen scharfem Strömungsgeflecht. Nicht drang der Name des Heroen noch über seine Lippen, nicht noch ein letzter verzweifelter Laut - nur ein stummer Schrei empor zu den Sternen, deren funkelndes Schimmern ihn längstens nicht mehr errichte, nur ein glanzloser Augenblick, bis dass die tiefe, lichtlose Düsternis ihn umhüllte mit ihrem gnädigen Schleier aus Vergessen und Traumlosigkeit.

    ~~~

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  • I-V

    ~~~ Gefangen in Morpheus' Reich ~~~

    Nebulöse, ultramarinviolettfarbene Schlieren mäanderten durch den dunklen, schwarzblaufarbenen Urgrund, welcher den unbarmherzigen Fluten eines Oceanos gleich ihn umfasste, sachte in seinen kalten Armen ihn wiegte, sukzessive in einer Wallung aus Hochgenuss die einzelnen Schichten seiner Haut von den Muskeln schälte und penibel all jene seidenen Fäden trennte, welche seinen maroden Leib zusammen hielten. Fern klagten die grauenvollen Essenzen seines Geistes, sangen ein blechernes Lied aus längst vergangener Zeit, waren doch nicht stark genug, ihn seines Lebens zu erinnern, dem fernen, trügerischen Horizont der Hoffnung, dass er letztlich bereitwillig sich löste, zerfiel in bedeutungslose Einzelteile, die bleiche Haut zu trockenem Staube zermahlen, das faulige Fleisch verbrannt in ätzendem Feuer zu graufarbenem Rauch, die abgeschabten Knochen verbleibend als beinerner Scheiterhaufen, Residuum seiner selbst. Getragen von einem Rinnsal aus Reminiszenz zerflossen die hauchdünnen Partikelspuren dieser Rudimente, stürzten hinab in unendliche Tiefen der grimmig emergierenden Bedeutungslosigkeit, hinter sich schleifend an den zarten Fasern seiner Existenz das Skelett eines Lebens - zersplittert, zerfranst, zerflossen, auseinandergerissen durch naturgewaltige Kraft, zerstört, zerrissen, zerronnen. Dumpf ertönte das Klirren der Knochen, als endlich das bleiche Gerippe aufschlug auf sandigem Grund, der beinerne Verstand quälend über die scharfkantigen Körner hinweg sich zog, in seinen getrübten Augen nurmehr das ferne Glitzern, das Blinken der nächtlichen Sonne auf unerreichbarem Glanz. Staubtrocken seine Kehle, kein kläglicher Laut mächtig genug, ihrer devastierenden Dürre zu echappieren, kein Röcheln, kein Stöhnen, nur schweigende Stille als auch die letzte Hülle unter der sengenden Glut der Eiswüste verdorrt.

    ~~~


    Er hatte geglaubt, die dem Sommer adhärente Verve würde die Kälte aus seinem Inneren vertreiben, würde den eisigen Hauch aus seinen Knochen spülen, die Taubheit aus seinem Fleische absentieren lassen, doch als Gracchus an diesem frühen Morgen nach einer hitzigen, schwülen Nacht unter dem dünnen Laken erwachte, klebte der Schweiß des Sommers auf seiner Haut, umfasste die Feuchtigkeit hitziger Luft seine Kehle - doch in ihm verharrte noch immer die moribunde Dunkelheit des Winters und hielt ihn in eisigem Griff. Er drehte sich zur Seite, die bedrückenden Gedanken in pastelligen Traumwelten abzustreifen, doch fand er keinen Schlaf mehr bis dass er nicht mehr weiter konnte retardieren, aufzustehen.

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  • II-XVIII

    ~~~ Gefangen in Morpheus' Reich ~~~

    Bleich und blass sanken seine knöchernen Finger auf den Grunde des Meeres, durchpflügten die goldfarbenen Körner des Sandes einem Bauern gleich, der im schlammigen Sumpf nach nahrhaften Früchten suchte. Tanzende Wirbel hoben sich um seine fahle Haut, sanken nach ihm hernieder als legten sie sich zurück zu sterben, erneut tausende Jahre in Schlaf zu sinken, zu vergessen, was ihre Träume erweckte. Brocken aus Fels, schartige Messer mit stumpfer Klinge und Münzen so trüb, dass ihr Herr unter nebligem Schleier verborgen blieb, war alles, was in den Resten sich fand - kein Knochen, kein Blut, kein Fleisch.
    "Manius"
    , säuselte leise ihre melodische Stimme durch die wogenden Wellen.
    "Manius"
    , lockte ihr süßer Klang zwischen einem Vorhang aus schimmernden Tropfen. Bleich und blass streckte er seine knöchernen Finger durch den Regen, unfähig die Wolken zu teilen, und wie seine Füße im Schlamm starr verharrten, suchte er hastigen Schrittes ihr zu folgen.
    "Manius"
    , lachte glockenhell ihre Stimme, an deren Erinnerung entlang er sich wollte retten, dem knotigen Seil im okeanos gleich, doch schien sie nicht Richtung, nicht Ursprung zu kennen, überall zu beginnen und nirgends zu enden.
    "Manius"
    , drang nun das bittere Flehen nach Hoffnung, verzweifelt in seiner Couleur, endgültig in seinem Sterben, dass Tränen in seinen Augen sich sammelten, der Welt zarten Schimmer verliehen und gütigen Schleier des Vergessens versprachen, doch hallte in seinen Ohren ihr letzter Schrei nach, dass er nurmehr suchte dem zu entkommen. Bleich und blass strichen seine knöchernen Finger durch die milchigen Fasern des Nebels, zerteilten den Schleier der Erinnerung und verwischten das Vergessen, und endlich legte die Leichtigkeit sich über ihn, durchzog seinen Atem gleich der frischen Brise des stürmischen Meeres. Nichts konnte noch ihn belangen, nichts konnte noch in tangieren, keine Schuld, eine Pflicht, keine Ehre, da längst ohnehin alles verloren war.
    "Manius"
    , hauchte sie gütig ihren Abschied auf seine Wangen, ehedem er zufrieden zurück in traumlose Gefilde fiel.

    ~~~

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  • Mit halb geschlossenen Augen lag Gracchus auf der Cline unter dem Fenster, lauschte konzentriert Sciurus' Lesung Ciceros Abhandlung de natura Deorum, als ein zaghaftes Klopfen an der Türe den Sklaven ließ verstummen. Raschelnd legte Sciurus das Pergament zur Seite und erhob sich von seinem Hocker, herauszufinden wer seinen Herren in dessen Mußestunden störte. Dies Geschehen gänzlich ignorierend vollzog Gracchus den letzten Gedankengang Velleius' nach, bis dass Sciurus nach einem leisen Wortwechsel die Türe schloss und sich räusperte. "Herr, deine Base Vera ist in den morgendlichen Stunden verstorben."
    "Hm"
    , brummte Gracchus nur wenig betrübt ohne die Augen zu öffnen, hatte er doch seiner Base nicht sonderlich nahe gestanden, hatte sie selbst während ihres kurzen Aufenthaltes in Rom kaum kennen gelernt. "Möchtest du, dass ich deinen Vetter Piso bei den notwendigen Vorkehrungen zur Aufbahrung und Bestattung unterstütze, Herr? Seine persönlichen Sklaven scheinen mir für solcherlei Belange nicht sonderlich geeignet." Es war überaus selten, dass Sciurus gegenüber seinem Herrn sich ungefragt über die Tauglichkeit eines anderen Sklaven äußerte - so sie in Gracchus' Besitz standen war es ohnehin er, der sie sanktionierte oder substituierte, so sie dies nicht taten gab es für gewöhnlich wenig Spielraum, insbesondere wenn die Sklaven ihren Herren einigermaßen nahe standen - indes war es nicht dies seltene Ereignis, welches Gracchus ließ aufmerken.
    "Piso? Weshalb Piso?"
    hakte er noch immer ein wenig träge nach. "Als ihr nächster Verwandter hier wird für gewöhnlich diese Aufgabe ihm zufallen. Selbst wenn ihr Vater nach Rom kommt wird es einige Tage dauern."
    "Hier?!"
    Gracchus' Stimme war nun erfüllt von Vigilanz und sein Oberkörper fuhr so ruckartig empor wie seine Augen sich zur Gänze öffneten.
    "Sie ist hier ver..storben? In diesem Haus?"
    Latente Panik schwang nun in seinen Worten, welche für den Sklaven nicht gänzlich war nachvollziehbar. "Ja, Herr."
    "Aber sie hatte Rom do'h verlassen, ist zurück nach Ravenna - vor Mo..naten schon!"
    "Sie wollte es, Herr. Doch ihr Zustand verschlechterte sich, so dass die Abreise sich stets verzögerte. Vor einigen Wochen dann war sie bereits nicht mehr ansprechbar."
    "Vor einigen Wochen ..."
    , repetierte Gracchus stockend, beinahe tonlos.
    "Weshalb beri'htest du mir solcherlei nicht?"
    Vorwurfsvoll suchte er den Blick des Sklaven, welcher ihn stumm erwiderte. Selbstredend hatte er davon berichtet, vermutlich mehrmalig in der Woche, doch Gracchus hatte es vergessen, verdrängt allfällig, nicht nur wie so vieles nurmehr, sondern wie das Sterben um ihn seit jeher nur allzu bereitwillig. Kraftlos ließ er seine Schultern hängen, stützt seine Ellenbogen vor sich ab und vergrub sein Gesicht zwischen den Händen.
    "Er wird mich um..bringen"
    , murmelte er leise. "Herr?"
    "Cnaeus Aetius, er wird mich umbringen."
    "Aber du kannst doch nichts dafür, dass ..."
    "Nein?!"
    Gracchus fuhr empor, stand hastig auf und wusste im gleichen Augenblicke nicht wohin mit sich.
    "Es ist doch einerlei! Es ist die zweite seiner Tö'hter, die dieses Haus unter meiner Ägide hat be..treten, und die zweite, deren Lei'hnam in dieser Zeit vor den Toren dieser Stadt be..graben wird! Ganz zu schweigen davon, dass er mi'h schon vor Jahren nur allzu gerne hätte umgebra'ht, allein der gemeinsame Ursprung unseres Blutes ihn da..malig davon abhielt."
    Verzagt ließ er zurück auf die Cline sich sinken, von seinen eigenen Worten herniedergedrückt und ungeachtete dessen, dass die Tatsachen in ihnen - und somit in ihm - nicht gänzlich der Wahrheit entsprachen. Obgleich der Sklave niemals würde verstehen können, was familiäre Verpflichtungen, welche aus Traditionen herrührt - mochten sie auch noch so absurd sein -, bedeuteten, sprach er leise weiter, allfällig auch nicht mehr zu dem Sklaven, sondern mehr zu sich selbst.
    "Ich weiß ni'ht einmal mehr, was in diesem Hause vor sich geht. Mag ich auch ni'ht darauf eingewirkt haben, dass sie gestorben ist, doch ich habe auch nichts dagegen unter..nommen, wie dies meine Pflicht wäre gewesen."
    Neuerlich barg er den Kopf zwischen seinen Händen, raufte buchstäblich sich die Haare.
    "Dieser Fluch an meinen Händen ist weit älter als meine Fehler in Achaia. Dieser Flu'h ist so alt wie ich selbst."
    Er wagte nicht auszusprechen, was er dachte, dass er selbst der Fluch war, dass er erst mit ihm selbst würde enden, und doch glaubte er die Worte laut und deutlich zwischen den Mauern schwingen zu hören, so dass er hastig suchte, sie mit tatsächlichen Lauten zu überdecken.
    "Wo ist Piso? Hat er seinen Vater bereits benachri'htigt?"
    "Er ist in dem Zimmer der Toten, ihre Schwester Nigrina ist ebenfalls dort. Eine Nachricht wird unter Berücksichtigung des Todeszeitpunktes das Haus vermutlich noch nicht verlassen haben." Ohnehin würde er es nicht verhindern können, wiewohl die Aussicht irgendetwas zu tun Gracchus regelrecht paralysierte. Er wollte nicht aufstehen - nimmermehr am besten - nicht den Larven und Lemuren entgegentreten, welche der Tod zweifellos hatte angelockt, nicht der rastlosen Gaia Veras, und auch nicht Piso oder Nigrina unter die Augen - sein familiärer Beistand würde seine Pflichtvergessenheit nicht aufwiegen, wiewohl ein weiteres Versäumnis den Tag auch nicht noch widriger würde erscheinen lassen können.
    "Geh' und erkundige dich, ob du ihm behilflich sein kannst."
    Mit keinem Wort erwähnte er eine Ausflucht, welche der Sklave ob seiner eigenen Abwesenheit wegen sollte vorschieben, gänzlich darauf vertrauend, dass Sciurus die rechten Worte würde finden.

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  • ~~~ Gefangen in Morpheus' Reich ~~~

    Es war nicht sein Gedankengebäude - war weit verschlungener, schattiger und trister -, wiewohl er wusste, dass dies sein Gedankengebäude war, gleichwohl das Haus seiner Ahnen, welches damit verschmolz und ihn in sich auffraß, dem gierigen Schlund der Charybdis gleich. Zögerlich setzte er einen Fuß vor den anderen, verschwamm in der trüben Finsternis, stets in Gefahr sich selbst zu verlieren.
    "Manius?"
    fragte er zaghaft in die unheimliche Stille hinein, sich der Anwesenheit seiner selbst zu vergewissern, doch als Antwort traten nur schwere Schritte ihm entgegen, das dumpfe, hohlklingende Tönen genagelter Stiefelsohlen auf steinernem, schroffen Grund.
    "Also bist du doch nur ein Taugenichts wie dein Bruder!"
    fuhr sein Vater ihn unvermittelt, rücklings an, dass er erschrocken herum fuhr.
    "Ein pflichtvergessener Träumer!"
    Es lag alle Verachtung in diesen Worten, welche eine ganze Welt konnte nur aufbringen, und sie triefte über sein Haupt hinweg einem Eimer voll fauligen Wassers gleich, dessen ungustiöser Odeur in jede Pore seiner Haut sich festsetzte, niemals mehr von ihm würde weichen, gleich wie viel die Sklaven würden ihn schrubben.
    "Aber ..."
    "Was aber?! Willst du Pontifex der Christianer werden wie er und dir einen Götzen zusammenträumen, der dir ein heilbringendes Paradies vor die Füße legt? Die Familie zerbricht und es ist deine Schuld, allein deine Schuld, du pflichtvergessener Narr!"
    "Aber ..."
    "Sie hätten wohl besser dich geraubt statt meiner",
    pflichtete aus seinem Rücken sein Bruder mit überheblichem Lachen bei.
    "Vielleicht wärst auch du Pirat geworden, vielleicht Poet - zumindest hätte dann eine starke Hand, meine Hand, die Familie geführt!"
    "Ich habe dich doch geliebt, Manius, wie konnte es nur soweit kommen?"
    Tiefe Traurigkeit sprach aus den Augen Nyretis, die weit mehr als genug für ein vergeudetes Leben war.
    "Aber Mutter ..."
    Hinter ihr, Abbild ihrer selbst, trat der Schatten Minervinas hervor, in deren Augen doch nur Hass loderte, so vernichtend hell wie das Strahlen der Sonne bei direktem Blick.
    "Du hast mich in den Tod getrieben, nur du allein! Warum kannst du nicht sein wie unser Vater?!"
    "Aber ..."
    "Ich habe dir vertraut, Manius, doch sieh nur, wohin es führt, dir Vertrauen zu schenken."
    Leontia wies über den weiten, sandigen Grund des Meers, auf welchem perlmuttfarbene Muscheln und ockerfarbene Seesterne wogten. Mit einer grazilen Handbewegung zog sie sich eine blasse, grünfarbene Alge aus dem Haar.
    "Ist dies der Schmuck, mit welchem du deine Liebsten beschenkst? Oh, Manius, wie konntest du nur?"
    "Aber Leontia ..."
    "Vater hat es immer gewusst! Du bist pflichtvergessen noch über den Tod hinaus! Und es grämt dich nicht einmal, wie rastlos ich leide, denn du hast mein Wohl längst vergessen!"
    Vorwurfsvoll streckte Agrippina das blutige Messer ihm entgegen, dessen Widerschein sich in den Augen Arrecinas spiegelte.
    "Mein Vater hat dir vertraut, deine Obhut war es, in die er mich gegeben hat. Doch während er in Parthia sein Leben riskierte und für den Stolz der Familie kämpfte, hast du nur deine Pflicht von dir geschoben!"
    "Ich werde dich umbringen, Manius Gracchus, mit meinen eigenen Händen werde ich dir deinen Hals umdrehen! Du wirst mir keine weitere Tochter mehr rauben, du nicht, du widerliches Stück Abschaum! Ich hätte dich von den Klippen stoßen sollen als du ein Knabe warst, denn ich hätte der Familie viel Leid erspart! Aber es ist nie zu spät für eine gute Tat!"
    Aetius' Augen glühten vor Wahn und seine fleischigen Hände reckten sich ihm entgegen. Hastig wandte er sich um und suchte er zu fliehen, doch sein Onkel näherte sich von allen Seiten mit gewaltigen Schritten, drohend seinen Schatten über ihn breitend, dass er glaubte darin zu ersticken.
    "Umbringen werde ich dich, qualvoll umbringen!"
    Seine Füße wollten den Dienst ihm versagen, der Atem brannte in seinen Lungen, das Blut pochte in seinem Kopfe, doch so sehr er rannte um sein Leben, so wenig konnte er dem dräuenden Unheil entkommen.
    "Umbringen!"
    polterte hinter ihm die drohende Stimme Aetius', und mit einem Male war vor ihm nurmehr ein gähnender Abgrund, die steilen Klippen der Küste, so jählings, so unvermittelt, dass seine Füße nicht mehr konnten einhalten in ihrem Lauf, dass er stolpernd den Boden unter sich einbüßte und fiel in die endlose Tiefe, verfolgt von dem höhnischen Lachen seiner Familie.

    ~~~


    Gracchus schrie als er auf dem Grund der Felsen aufschlug, zerwühlte die Decke und öffnete atemlos seine Augen. Sciurus stand bereits neben dem Bett, hielt ihn sachte an der Schulter. "Es war nur ein Traum, Herr, doch es ist jetzt Zeit aufzustehen. Die Aufbahrungszeit deiner Base beginnt heute." Leise stöhnte Gracchus auf, er fühlte sich als wäre er einen schroffen, kantigen Felshang hinabgerollt, hatte kaum geschlafen in der zurückliegenden Nacht, und wenn doch, so war er von Albträumen verfolgt worden, von welchen ihm nurmehr Schrecken und Furcht in Erinnerung nachhallten. Langsam und umständlich schälte er sich aus dem Bett, rieb sich die Augen und bereitete sich innerlich vor auf einen grauenvollen Tag.

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