In Sorge um ihren Bruder wirkt Helena für einen Moment so zerbrechlich wie ein Gefäß aus dünnem Glas und es scheint, als wäre alle Stärke aus ihr gewichen, doch schon im nächsten Augenblick scherzt sie wieder und in ihren Augen liegt ein faszinierendes Glühen. Obwohl sie erzählt hat, dass die beiden lange Zeit voneinander getrennt waren, so kommt es Vic doch vor, dass die Geschwister ein ziemlich inniges Verhältnis zueinander haben. Er überlegt, ob sich Amatia wohl auch so sorgen würde, wenn sie wüsste, wie Sev und er manchmal im Circus Macimus um die Kurven brettern, aber irgendwie ist das nicht vergleichbar. Nichteinmal Vio würde so an der Bahn stehen. "Das mit der Kaiserin wird wohl eher nichts mehr, auch wenn du nicht die erste Iulia in der Loge wärst und dich sicherlich auch recht gut darin machen würdest. Aber wer weiß, wohin dein Weg in Rom dich führen wird, wenn er gut gelaunt ist, dann läd der Augustus manchmal Gäste zu sich ein. Senatoren, Konsule, Staatsmänner, du musst nur den richtigen Mann heiraten, der bringt dich überall hin."
Auf der Zielgeraden fegen die beiden Gespanne heran und Victor schaut mit Argusaugen auf die Bahn hinab. Dareios liegt eine Pferdelänge vorn, kann sich jedoch nicht vor Hermes und Constanius setzen, da diese auf der Innenbahn fahren und ihn je näher sie der Kurve kommen nach außen drängen. Kurz sieht es so aus, als würde Hermes winken und Victor ist sich ziemlich sicher, dass es nicht nur so aussieht. "Heeermeeees! Mach keine Faxen, geh in die Kurve! Die Zügel enger halten und verlager verdammt noch mal dein Gewicht mehr nach Innen!" Der Wagen rauscht um die Kurve und wird von Dareios Gespann wieder etwas nach Innen gedrückt. Erst auf der Geraden schafft es Hermes wieder nah an die spina ran. Victor schüttelt den Kopf und grummelt vor sich hin. "Mann, Mann, Mann."
Als er sich seiner Begleitung wieder bewusst wird, ist ihm die Situation etwas unangenehm. "Öhm... tschuldigung." Er räuspert sich verlegen. "Ich kann einfach nicht zusehen, wenn der Junge sich dermaßen um die Kurve schiebt. Die Kurve am anderen Ende schafft er meist ganz gut, aber hier unten die Konkave ist sein größtes Problem. Er geht viel zu weit in die Kurve rein und kommt nicht nah genug an die Wendemarke ran. Dabei hat er schon den besten Hengst, den wir haben. Ich hatte schonmal erwähnt, dass das schnellste Pferd nach Außen muss, oder? Nach Innen dagegen muss das stärkste Pferd, denn dort ist die Fliehkraft am größten und dieses Pferd sorgt dafür, dass das ganze Gespann auf der Bahn bleibt." Er schaut dem Wagen nach und deutet auf die Bahn. "Und siehst du, jetzt fängt er an, die Pferde zu hetzen. So schafft er es zwar meist, einen guten Vorsprung herauszuholen, aber am Ende muss er diesen wieder aufgeben, weil die Pferde nicht mehr können. Nuja, das ist alles nicht so einfach."