[Officium II] Princeps Praetorii

  • "Danke, großer Princeps Praetorii", erwiderte Witjon Massulas Begrüßung und Aufforderung sich zu setzen. Er hätte gelacht, wenn Massula ihn nicht gleich nach dem Punkt seines Kommens gefragt hätte.


    "Tja, also ich will mich kurz halten. Mein Freund Domitius Massula." - Witjon hielt es wohl für angebracht, seinen mittlerweile langjährigen Kollegen im Ordo Decurionum und der Freya Mercurioque mit Cognomen anzusprechen und ihn obendrein Freund zu nennen - "Ich bin auf der Suche nach einer Beschäftigung." Kurze Pause, kurzes Räuspern. "Einer Beschäftigung, die meines Status als Eques Imperii gerecht wird. Da dachte ich, dass es in der Provinzverwaltung vielleicht etwas zu tun gibt."

  • Zitat

    Marsus: "Ich bin auf der Suche nach einer Beschäftigung. Einer Beschäftigung, die meines Status als Eques Imperii gerecht wird.


    Ei, das war ja auch ein unhaltbarer Zustand. Ein arbeitsloser Eques Imperii. Dem musste auf jeden Fall abgeholfen werden. Ich legte die Fingerspitzen zusammen und beugte mich vor. "Wie, hast du etwa Langeweile, Marsus?" Es ist schlimm mit mir, aber solche Bemerkungen kann ich mir nur bei drohender Lebensgefahr verkneifen.


    "Wir haben momentan einen Haufen vakante Posten für einen Eques. Aber weil der amtierende Legatus mir nicht erlaubt, sie an nachfragende Ritter zu verteilen, musst du dich wohl an ihn selbst wenden. Wenn du einverstanden bist, eile ich zu ihm und frag ihn, ob er Zeit für dich hat. Er ist im Augenblick zwar etwas knötterig, aber sehr wahrscheinlich wird er sich einen Duccius nicht entgehen lassen".

  • Witjons Schmunzeln wurde wieder breiter. Massula war ein echter Scherzkeks.


    "Der arme Mann", kommentierte er daraufhin die Knötterigkeit des Legaten. Was hatte der denn nur zu meckern? Es gab doch nichts schöneres, als einer ganzen Provinz vorzustehen. Oder? "Dann lock' ihn mal mit meinem Namen raus aus seiner Knötterhöhle." Hoffentlich klappte das auch. Wenn der Statilius nicht so ein arroganter Römerarsch war wie Laetilius Fecenianus, sollte Witjons Nomen Gentile allerdings tatsächlich seine Wirkung zeigen.

  • Witjon aß Nüsse und trank ein paar Schlucke von dem ihm Angebotenen. Wenige Sekunden später kam Massula dann schon wieder herein und gab ihm einen Wink, dass er eintreten könne. Das lief ja wie am Schnürchen hier. Grüne Welle quasi.

  • Ich war aufgestanden und um meinen Schreibtisch herumgegangen. Der Statilier hatte ja mal eine Entscheidung getroffen, schoss es durch meinen Kopf. Ob Marsus noch genau so aussehen würde wie vorher? Natürlich!


    "Komm rein, Marsus und setz dich!"

  • Witjon trat breit lächelnd ein. Er mochte die Arbeitsatmosphäre hier. Alle waren so locker und gut gelaunt. Meistens zumindest. "Grüß dich, Massula. Na, wie stehen die Dinge?" Er setzte sich und streckte die Beine aus. Dann sah er sich beiläufig im Raum um. Viel hatte sich scheinbar nicht geändert, soweit er sich entsinnen konnte. Alles beim Alten.

  • Ich grinste breit: "Beschissen, wie immer. Aber du siehst, dass meine Lachmuskeln noch nicht mumifiziert sind wie ehedem bei Fabius Vibulanus, der sein Dienstleben lang Posca getrunken hatte".


    Ich blickte ihn durchdringend an. Oder das, was ich für durchdringend hielt. Dann schüttelte ich den Kopf. "Dä Witjon is jetz Procurator! Dat hältste im Kopp nit us. Över du bes noch janz".

  • "Posca, ne dat is nix för mi. Fese Plörre", kommentierte nur noch bedingt erinnern konnte. Viel hatte er arbeitstechnisch nicht mit ihm zu tun gehabt und privat erst recht nicht. Aber Massula hatte da offenbar prägende Erfahrungen machen dürfen.


    Im Folgenden hielt Witjon Massulas Blick stand und war froh, als dieser schließlich weiter Scherze machte, während er seine - wie Witjon meinte - freudige Überraschung über Witjons Ernennung kund tat. "Tja, kannse mol sehn. Ech ben noch janz on nu ben ech hi. Wat willse maken?" Er lächelte bescheiden.


    "So, wi stonn de Denge inne Profintz? Wat has du för mi? Gebt et Ärjer ore wat jutes to vermelde?“

  • Ja, da war er und ganz war er auch noch. Immerhin etwas. Und er machte den Eindruck, als sei er mit seiner Norne komplett im Reinen. Er schien auch nach Arbeit zu geiern.


    "Wat häste dann füe dat Dingens jezaal? Isch mösch ens wette, dat de Jung do drin disch afjezock hätt. Obdes jlövs ode nit, isch han minge Rischte füe ummesuns jekräht, weil isch den Jung do drin esu lang mit Hü un Hott jequäl han, bisse mit alle Viere am Abwinke wor".


    Ich rieb mir das Kinn und schob ihm einen Becher hin."Trink erz emol jet. Un jetz willste jet donn, nä? Loss misch ens lure ... Nä, wat Jutes hammer definativ nit. Do is noch de Lex Prowincilis. De Driss dabei is dat et die imme noch nit jibb. Un dann hammer noch dat Dingen mit de Akrominsore. Die Choos fliesch övens noch in irjenden Eck eröm un is am Flenne. Un isch brösch noch en Scriba, över mir han keen Knöpp mi in de Kass. Hes du en Idee, wie mer Knöpp in de Kass kräje künnte?"

  • "To fil, fil to fil", sagte Witjon mit einer Spur Bedauern in der Stimme. "Over du wes ja föraf och sun her Scriba, da kunnste den och lahn quäln." Er zuckte die Schultern. Die Kohle war nun weg und er hatte den Posten. Jammern brachte ja nichts.


    Auf Massulas Aufforderung hin grinste Witjon und trank nun tatsächlich ein paar Schlucke, während der Princeps Praetorii seine Probleme darlegte. Witjon schürzte daraufhin erstmal nachdenklich die Lippen."Hmm", machte er wenig hilfreich, bevor er fragte: "Wat is den met de Akrominsore lus? Sin do emmer no nit jenough vun do?" Damit bezog er sich zwar nur auf eins der vielen Probleme, die so vor ihm dargelegt worden waren, aber er ging da lieber Stück für Stück an die Dinge heran. Und nach der Lex Provincialis fragte er lieber nicht, das konnte nur ein großer Batzen Arbeit sein, den er sich nicht gleich selbst aufhalsen wollte.

  • Ich kratzte mich hinterm Ohr und nahm auch erst mal einen Schluck. "Nä, et sin imme noch nit jenuch, odde, wenn de dat jenau wisse wills: die sin all fort. Övve ich saach dir dat jetz lieve op Ladäng: Wir haben ne Menge ausgebildet und die Civitates haben gierig zugegriffen. Außer Mogontiacum. Dort meinen einige Leute immer noch, sie könnten auf die Agrimensoren der Legio zurückgreifen. Aber erstens ist die Legio weg und zweitens, wenn sie wieder da ist, wird sie sich darin gefallen, der Civitas eins zu husten. Ich hör das schon: ... öch, öch, öch".


    Ich ließ mein Hüsteln in ein Kichern übergehen: "Den Göttern sei Dank, gibt es ja immer noch was zum Lachen. Ich freu mich schon wie ein Hund auf den Tag, an dem die Steuern erhoben werden. Dann wird der Quaestor in Mogontiacum heiße Sauböhnchen schwitzen, wenn er merkt, dass er keine Katasterkarten hat". Dann schlug ich mir die Hand auf die Stirn. "Ach, Kuhscheiße, wir haben ja jetzt einen Procurator Civitatium, dessen Pflicht es ist, mir genau diesen Spaß zu verderben".

  • Wenn Massula zur Erklärung sogar lieber zu Latein wechselte, musste es ja eine etwas komplizierte Geschichte sein, die er zu erklären hatte. Und so in etwa war es auch. Mogontiacum hatte sich keinen der Provinz-Agrimensores gesichert? Das konnte Witjon ja fast nicht glauben. Was hatten die denn in der Verwaltung angestellt, nachdem er den Duumvirsposten geräumt hatte? Ungläubig runzelte er die Stirn. Öch, öch, öch, na super. Witjon gefiel das ganz und gar nicht.


    Aber Massula sprach unbekümmert weiter, er schien das ganze sogar erheiternd zu finden. Und schließlich kam er auch zu dem Punkt, der ihn in dieser Sache offensichtlich so erleichtert reden ließ: Witjon war der Verantwortliche. Na klasse.
    "Richtig", sagte er und zwang sich zu einem Lächeln. "Da kommt ja offenbar einiges an Arbeit auf mich zu", stellte er fest und zog eine Grimasse. "Aber unserem Quaestor traue ich sowieso nicht so recht über den Weg. Hat wohl lieber seine Sesterzen gehortet, statt in vernünftige Vermesser zu investieren, die ihm später das Eintreiben erleichtern." Er rollte gespielt genervt mit den Augen.


    Im Geiste machte Witjon nun eine Notiz, dass er sich dieser Agrimensoresgeschichte besser als erstes zuwenden sollte. Dann wischte er diesen Punkt mit einer entsprechenden Geste von sich und kam auf Massulas weitere Anmerkungen ein. "Einen Scriba kann ich dir jetzt leider auch nicht so zackig aus dem Ärmel zaubern, tut mir leid", merkte er zunächst an. "Aber was ist denn noch mit der Lex Provincialis? Gibt es noch Unklarheiten?" Er erinnerte sich, dass da noch ein, zwei Punkte ohne Einigung geblieben waren. Damals, als dieser Quintilier Procurator Civitatium gewesen war. Aber das war doch sicherlich bis heute aus der Welt geschafft worden...

  • Belustigt schaute ich Marsus an: "Du machst dir Sorgen um die Maloche, die auf dich zukommt? Kannst du gleich wieder vergessen. Schau, ich bin der Princeps Praetorii einer Provinz, die es gar nicht gibt. Und du bist der Procurator Civitatium derselben Geisterprovinz. Wir können also nach Hause gehen und ein Bier trinken".


    Ich legte meine Hände flach auf den Tisch und hob sie dann wieder hoch: "Siehst du was, Witjon? Nö. Ich spreche von der Lex Provincialis Germaniae Superioris. Es gibt keine, wie du siehst. Du wirst mir jetzt vorhalten, dass wir uns wegen der Lex Provincialis, Sermo, du und ich, richtig rumgestritten haben, damals. War aber eine Luftnummer. In der Lex Provincialis steht bloß, Artikel I, dass die Einrichtung einer Provinz durch eine separate Lex Provincialis beschlossen wird. Und das ist schlicht vergessen worden. Die Provinz Germania Superior ist gar nicht erst eingerichtet worden. Wir können also wirklich ein Bier trinken gehen".


    Draußen ging ein mittelschwerer Schneeschauer nieder. "Keine Angst, deswegen bricht jetzt nichts zusammen, wir tun einfach so, als ob wir das nicht wüssten und pfeifen uns eins, so wie ich das auch schon die ganze Zeit getan hab. Das macht uns jetzt auch null Arbeit, das muss sowieso der neue Kaiser machen, oder?"

  • Erst sah Witjon sein Gegenüber einfach nur verständnislos an. Was redete der denn da? Die Provinz...gab es doch? Aber ein Bier trinken gegangen, ja das wäre er jetzt wirklich gern. "Ich verstehe nicht...", murmelte er irritiert, aber Massula sprach schon weiter und setzte zu einer Erklärung an.


    Und dann begriff Witjon langsam. "Nö", äffte er Massula nach, als dieser die Hände hoch hob. Im Folgenden erlebte er den allseits bekannten Aha-Effekt. "Das ist ja ein Kracher", stellte er erst einmal fest und glotzte den Domitier ziemlich überwältigt an.


    Darüber musste Witjon jetzt erstmal einen Augenblick nachdenken. Besonders, als Massula so lapidar sagte, dass dafür sowieso nur der Kaiser zuständig sei und sie ja gar keine Arbeit damit haben würden. Witjon runzelte angestrengt die Stirn. "Ist das so?", fragte er schließlich und sah Massula mit einem großen Fragezeichen im Gesicht an. "Und was, wenn nicht?" Er kratzte sich grübelnd am vollbärtigen Kinn. "Naja, aber eigentlich...wir sind ja kaiserliche Provinz...die kann wohl nur der Kaiser per Gesetz einrichten. Wer sollte das auch sonst tun?"

  • Zitat

    Marsus: "Naja, aber eigentlich...wir sind ja kaiserliche Provinz...die kann wohl nur der Kaiser per Gesetz einrichten. Wer sollte das auch sonst tun?"


    "Du hast recht, der Kaiser. Aber der Kaiser hat's eben verpennt, was mich bei diesem Kaiser nicht weiter wundert. Bleibt zu hoffen, dass die Götter uns bald einen ordentlicheren Kaiser schenken. Der braucht ja dann nur ein kaiserliches Edikt loszulassen. Das einzige, was zu tun ist, wäre ein Schreiben an die kaiserliche Kanzlei vorzubereiten, das der Legatus Augusti nach seiner Rückkehr dann abschickt. Mach ich dann".


    Der Schneeschauer war inzwischen erlahmt und ließ kurz die Sonne durch, die ein grelles Licht durch das Fenster warf. "Das Einzige, was man mir vielleicht anhängen kann, wäre, dass ich ohne gesetzliche Grundlage gehandelt habe. Aber ich sagte ja schon: wir stellen uns erst mal dumm und tun so, als wäre alles in Ordnung. Irgendwer muss den Kram ja erledigen".


    "Bleiben zunächst mal die Agrimensoren, falls es keine weiteren Überraschungen gibt. Da brauchen wir bloß ein Briefchen an die Civitas Mogontiacensis schicken, dass sie sich mal ihre Katasterkarten abholen sollen. Ich bin da ja nur zufällig drauf gekommen, weil die tatsächliche Fläche meiner Obstplantage kleiner ist, als amtlich angegeben. Da bin ich zum Quaestor gewetzt und wollte in die Formae Einsicht nehmen. Aber der Quaestor meinte, Mogontiacum hätte keine Katasterkarten, sowas Komisches hätten sie noch nie gehabt. Dann hab ich festgestellt, dass die Abgüsse der Formae für Mogontiacum einsam und allein hier in der Regia im Officium des gewesenen Regionarius herumstehen und Staub fangen. Alle anderen Civitates haben die ihren längst abgeholt".

  • Mach ich dann klang in Witjons Ohren wie der liebliche Gesang einer Elfe. Er nickte daraufhin ernst, denn die Erwähnung des Kaisers und das Urteil, das Massula in seine Erläuterungen einflocht, war nicht unbedingt zum Spaßen. Allerdings erinnerte es Witjon an den Sieg bei Vicetia und gab ihm Hoffnung, dass diese Lex Provincialis wohl nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen würde.


    Der Sonnenschein tat nun sein Übriges und Witjon lächelte leicht, wobei er Massula beruhigend entgegnete: "Ach, keine Sorge. Der Legatus Augusti Pro Praetore ist doch Inhaber des Imperiums. Da du in seinem Namen gehandelt hast, ist das alles schon durch Annaeus' Amtsgewalt gedeckt. Naja, zumindest bis zum offiziellen Beitritt der Provinz zu der Rebellenfraktion in diesem leidigen Konflikt. Aber die seitdem ergangenen Beschlüsse wird der Cornelius wohl rückwirkend zu bestätigen wissen. Hoffe ich zumindest." Jetzt grinste er sogar leicht. War ja im Grunde genommen auch egal. Getan ist getan, da gab es nicht mehr viel zurückzudrehen. Zumindest was die faktischen Dinge anging. Gesetze konnten möglicherweise noch angefochten werden. Aber darüber musste Witjon sich jetzt tatsächlich nicht den Kopf zerbrechen.


    "Ach, dir selbst ist das aufgefallen? Klar, nach der Auflösung der Regiones ist das wohl alles erstmal liegen geblieben und zugestaubt. Wie gut, dass die Provinzhauptstadt so etwas Marginales nicht auf die Kette kriegt", ätzte Witjon. "Na, dann werde ich den Quaestor mal freundlichst zu mir zitieren. Wenn du also nicht noch mehr Arbeit für mich hast, werde ich das direkt mal in Angriff nehmen."

  • Zitat

    Marsus: "Wenn du also nicht noch mehr Arbeit für mich hast, werde ich das direkt mal in Angriff nehmen."


    Der Sonnenstrahl verschwand wieder, weil der Wind die Wolkenlücke ins Nirgendwo vertrieben hatte und dann an den Läden zu rütteln begann. "Schön, soweit ich sehen konnte, hat Sermo sonst weiter nichts herumliegen lassen. Im übrigen, wenn du den Quaestor herzitierst, dann denk dran, dass die Sache mit den Formae für Mogontiacum dann irgendwann auch Geld kosten wird. Nämlich das Gehalt eines Agrimensors. Und das muss der Ordo Decurionum letztlich bewilligen. Da können wir uns dort mal wieder herrlich mit Dreck beschmeissen".


    Der Wind hatte eine neue Wolkenlücke gefunden und jagte den zugehörigen Sonnenstrahl im Eilmarsch am Fenster vorbei. "Ich hab da zufällig einen Skythen aufgegabelt, der bis hundert zählen kann. Dem kann die Legio dann das Feldmessen beibringen, wenn sie zurück ist und der Ordo eine Stelle für einen Agrimensor abgenickt hat".


    "Nicht, dass du auf komische Gedanken kommst, ich hab eben nur die Arbeit mit dir brüderlich geteilt. An sich verteilt der Statilier die Arbeit", ich grinste, "wenn er da ist".

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