- Officium XVII

  • Es war dem Herrn der Welt in der Tat noch nicht untergekommen, dass Annaeus Florus mit irgendetwas Zeit verschwendet hätte. Und der Kaiser hatte natürlich auch keinen Grund gesehen, die Angelegenheit in irgendeiner Form heraus zu zögern. Gut gelaunt betrat er also das Officium wo die anderen bereits warteten.


    "Ah ja, die Annaeer. Florus, gut dich zu sehen. Ich sehe, du hast den Weg noch gefunden? Und du bist Annaeus Vindex, den dein Verwandter Florus mir so angepriesen hat?"


    Er hatte vergessen, wie genau die beiden verwandt sein mochten. Der Herr der Welt suchte in den Gesichtern nach Ähnlichkeiten, wurde aber nicht wirklich fündig. Wie auch immer.

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  • Ich folgte Florus einfach, denn er kannte ja alle Wege. Ohne ihn wäre ich hier sicherlich auch vollkommen aufgeschmissen gewesen.

    Nun stehen wir in einem Raum, der äußerst geschäftig wirkt, dabei aber gleichzeitig auf eine interessante Art gemütlich. Es vergeht einige Zeit, in der sich Florus mit den Beamten austauscht, als sich Schritte nähern. Der Kaiser!


    "Ja, mein Kaiser. Es ist mir eine Ehre, dich... ich meine EUCH kennenzulernen", sage ich und versuche verzweifelt zu entscheiden, wie ich mich verhalte. Letztlich entscheide ich mich dafür, meine Arme hinter meinem Rücken zu verschränken, damit sie nicht ohne Zweck an meiner Seite herabhängen.

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  • Der Augustus lächelte huldvoll.

    "Vortrefflich. Und du brauchst mich natürlich nicht mit "Euch" anzureden. Was auch immer man dir im wunderbaren Osten so für Sitten beigebracht hat, hier geht es ganz römisch zu. Apropos. Ich höre von deinem Verwandten hier, du seiest auch sonst ganz ordentlich in der Welt herum gekommen?"

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  • Augustus, es ist auch gut dich wieder zu sehen. Ja, ich habe dieses Officium sogar ein wenig vermisst, wenn ich ehrlich bin. Ich wohl nicht gemacht um zu rasten.


    Der Umgangston zwischen dem Kaiser und mir war locker, fast schon freundschaftlich und ich hoffte, dass Vindex sich dadurch eher beruhigen liess.


    Das ist Servius Annaeus Vindex. Er kommt aus einem anderen Zweig unserer Gens, welcher in Pergamum ansässig ist. Es besteht also keine direkte Verwandtschaft zwischen uns. sagte ich dann noch, als ich den forschenden Blick des Kaisers sah.


    Dann liess ich Vindex mit dem Herrn der Welt reden. Schliesslich ging es hier um ihn.

  • "Ja, ich habe euer, nein, dein Reich bereist bis ich dann vor einigen Wochen hierher nach Rom kam. Achaea, Aegyptus, Gallia, Germania. Und natürlich Asia."


    Meine Nervosität war mir hoffentlich nicht anzusehen, wusste ich doch, dass sie sich immer an meinen Händen zeigt.

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  • "Eine schöne Auswahl. Auch in die weniger angenehmen Ecken, wie Gallia und Germania hat es dich also verschlagen. Freiwillig machen das gar nicht so viele, will mir scheinen. Nun. Willkommen im Palast, Vindex." sagte der Kaiser und zwinkerte Florus zu. "Du hattest ja deine Erfahrung mir Germania ausreichend gemacht, als man dich da gar sehr lange postiert hatte, nicht wahr." Das war eher eine Feststellung. Der Augstus fragte sich immer noch, wie es gekommen war, dass man den bedauernswerten Florus dort oben fast vergessen hatte. Nun ja.

    "Du, Vindex hast wie dein nicht so direkter Verwandter gleichfalls Ambitionen, dem Gemeinwohl in den öffentlichen Ämtern zu dienen, erinnere ich mich richtig?"

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  • "Das stimmt, mein Kaiser. Auch deswegen habe ich diese langen Reisen auf mich genommen: ich wollte die Welt und das Reich in so vielen Facetten wie möglich kennenlernen und die Erfahrungen aus den verschiedenen Winkeln mitnehmen und letztlich zum Wohle aller anwenden." Ich zögere kurz, fahre dann aber fort. "Mit dem Wohle aller, das muss ich zugeben, meine ich in erster Linie meine Heimat. Aber ich bin noch jung und kann hoffentlich dereinst viel mehr bewirken."

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  • In erster Linie sein Heimat... Wo diese wohl sein mochte.

    "Und deine Heimat siehst du in Pergamon oder in Rom? Ich könnte es kaum jemandem verübeln, der nicht mit diesem Phänomen einer Stadt etwas, sagen wir fremdelt. Was aber sicher ist, dass Erfahrungen, die man rund um den Erdkreis sammelt sicher an vielen Stellen anwendbar sind. Insofern bisher alles richtig gemacht würde ich sagen."

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  • War ich in ein Fettnäpfchen getreten? Hatte ich den Herrn der Welt beleidigt? Ich lasse ihn ausreden und antworte dann sofort.


    "Also ich, nun... ich kam erst vor kurzer Zeit hier an und bin noch immer überwältigt von Rom, daher fällt es mir schwer es als Heimat zu bezeichnen. Die Stadt ist einfach noch groß und wirkt trotz vieler vertrauter Elemente tatsächlich ein wenig... fremd. Daher muss ich gestehen: meine Heimat bleibt bis auf Weiteres Pergamon, Herr."

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  • "Ah." nun das war natürlich normal. "Ich bin mir sicher, du wirst dich daran gewöhnen. Und in der Zwischenzeit? Was unternimmst du, um diesem Gefühl der Fremdartigkeit zu entgeen zu wirken? Rom hat viel zu bieten. Manche würden sogar sagen, mehr als Pergamon." meinte der Kaiser mit einem Augenzwinkern.

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  • "Allein ob der Größe der Städte stimmt das wohl. In der Zwischenzeit, nun... ich wurde kürzlich zum Aedituus des Aesculapius-Tempels auf der Tiberinsel ernannt und werde dort einige administrative Veränderungen vornehmen, um die Angestellten zu entlasten und den gesamten Prozess für die Heilsuchenden angenehmer zu gestalten."


    Ich merke, dass ein wenig Stolz in meiner Stimme mitschwang, obwohl ich noch gar nichts erreicht hatte.

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  • Aedituus des Aesculapius ah ja.

    "Und direkt administrative Veränderungen vornehmen. Ja, der Enthusiasmus der Jugend. Aber gut. Wenn man gute Ideen hat, werden diese nicht besser dadurch, dass man mit ihnen hinterm Berg hält. Nun, welche Verbesserungen hast du denn eingebracht?

    Das würde dem Augustus vielleicht einiges über die Persönlichkeit des Anwärters in Spe sagen.

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  • "Nun, aktiv ändern konnte ich in der kurzen Zeit noch nichts. Ich plane aber eine Umstrukturierung des Zugangs zum Tempel für die Kranken, damit diese auch Heilung finden können, wenn sie danach suchen. Gleichzeitig muss aber auch ein neuer Anreiz für die Händler geschaffen werden, sodass die Kranken ihre Gaben nicht am anderen Ende der Stadt erstehen müssen. Vielerorts gibt es gute Lösungen für die Problematik, hier mag es vielleicht der Lage des Tempels geschuldet sein, dass es nicht herausragend gut funktioniert. Und meiner bescheidenen Meinung nach sollte es das in Rom."

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  • Wiederum nickte der Augustus anerkennend. "Sicher. Dieser Tempel einer, der der Bevölkerung von Rom... besonders am Herzen liegt. Ein gutes Funktionieren ist also im Interesse der ganzen Stadt, in der Tat."

    Obwohl Händler nah an einem oder in einem Tempel nicht universell positiv beurteilt werden würden, bewies Vindex einen gesunden Pragmatismus. Gut.

    "Nun, erinnere ich mich richtig, dass du auch daneben ein Tirocinium absolvierst, oder verwechsele ich da was?"

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  • "Er liegt den Menschen nicht nur am Herzen, sondern auch an einer sehr prominenten Stelle. Daher ist es der Reputation des Tempels und dann folglich der Stadt mit Sicherheit zuträglich, wenn sich der Zustand bessert."


    Der Kaiser stellt sich als unfassbar angenehmer Gesprächspartner heraus. Ich werde Florus später danken müssen, dass er dieses Treffen ermöglicht hat.


    "Leider nein, mein Kaiser, ich würde gerne eines absolvieren, konnte bislang nur noch keinen Patron finden. In Pergamon habe ich damals eines absolviert, doch war es wenig fruchtbar und die beiden Städte unterscheiden sich erheblich."

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  • Ich entschied mich nun kurz, mein Schweigen zu brechen und einzuhaken:


    Natürlich könnte ich ihm auch diese Möglichkeit geben, aber ich finde es nicht gut, wenn man im Familienkreis seine politische Ausbildung absolviert. Deswegen werde ich dieses Angebot nur im äussersten Notfall machen.

  • Der Kaiser kontne sich nicht vorstellen, dass jemand, der die Protegierung von Florus genoss es sonderlich schwer haben würde einen Tirociniumsplatz zu ergattern. Aber natürlich verstand er, dass es für die Annaeer optimalere Varianten gab, als dass Vindex sich von Florus unterrichten ließe.


    "Nun, ich bin mir sicher, ihr werdet fündig. Ich bin ein großer Anhänger der Institution des Tirocinium Fori, in der Tat. Man lernt in der Praxis am schnellsten und besten. Besonders was die Politik angeht. Gibt es, Vindex, vielleicht noch inrgendein Interessengebiet, das dich außer dem Dienst bei Aesculapius besonders reizt?"

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  • Ich versuche nicht herumzudrucksen, als mich der Kaiser mit dieser Frage direkt trifft. Aber ich brauche auch einen Moment, um meine Antwort zu formulieren.


    "Die Verwaltung und die Politik, mein Kaiser. Sobald ich dazu bereit bin, und natürlich mit deinem Segen, möchte ich dereinst Statthalter in Asia sein. Das war nun schon seit über zehn Jahren mein großer Traum, wegen dem ich dein Reich bereist habe. Ich habe dort den ein oder anderen Plan."

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  • Letzteres war natürlich ein ehrgeiziges Ziel.

    "Nun, Asia wäre natürlich ob deiner Heimat ein logisches Ziel nicht wahr? Und ein Interesse für Politik und Verwaltung sind da natürlich Grundvoraussetzungen. Aber es gibt natürlich keinen besseren Ort, um beides zu lernen als diese Stadt hier. Du wirst hier damit jede Menge Spaß haben." Der Augustus grinste aufmunternd.

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  • Ich muss ein wenig lachen ob des Grinsens des Kaisers. Er scheint Humor zu haben, das hatte Florus so nicht erwähnt. Aber es freut mich umso mehr.


    "Nun, vielleicht haben wir eine andere Definition von Spaß, aber es wird in jedem Fall lehrreich und spannend, soweit bin ich sicher."

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