Der Scriba brachte den Mann in den Saal
Der Legatus Augusti wird dich gleich empfangen.
Dann verschwand er.
Der Scriba brachte den Mann in den Saal
Der Legatus Augusti wird dich gleich empfangen.
Dann verschwand er.
Ioshua wartete in dem prächtigen Audienzsaal und fühlte sich dabei unweigerlich an seine Audienz beim Kaiser erinnert, nur daß dieser Saal die kaiserliche Pracht des Palatin missen ließ.
Einige Zeit später schien der Statthalter, welcher nicht hatte verhindern können aufgehalten worden zu sein und so trat er mit einer entschuldigenden Miene in den Raum und schritt auf den - ja was war er denn?? - Tylusier zu. Man hatte ihm zumindest gesagt, dass ein Mensch aus dieser fernen Gegend hier eingetroffen war.
"Salve..."
Mist, der Name war ihm entfallen.
Ioshua drehte sich um und besah den Statthalter als dieser den Saal betrat.
"Shalom, ehrenwerter Gebieter über diese Provinz im Norden des Reiches. Die Götter beschienen mir eine glückliche Hand, daß wir uns begegnen und meine lange Reise, die mich von den Häfen des mare internum bis hinauf hier her geführt hat.
Lass mich dir vorstellen, mein Name ist Ioshua Hraluch, treuer Staatsdiener seiner Majestät Tiberius Annius Otho I."
widerholte er seine Begrüßungsworte, wie er sie so oft in letzter Zeit gesprochen hatte, wenn er hier oben jemanden begegnet war.
"Ob du meinen Namen in Erinnerung haben wirst, vermag ich nicht zu sagen, doch es wechselten einige Briefe zwischen den Provinzen."
Meridius dachte nach und er glaubte sich in der Tat zu erinnern. Ja, so war es. Es rannten ja nicht so viele Orientale in Germanien rum, es konnte in diesem Fall nur dieser Ioshua Hraluch sein.
"Willkommen in Mogontiacum..."
sprach Meridius und lächelte dann.
"Ich hoffe, die Überfahrt war dennoch angenehm. Es ist selten, dass um diese Jahreszeit noch Schiffe diesen Weg auf sich nehmen. Zu dieser Jahreszeit rechnet man ja stündlich mit Schneefällen, bisher sind sie ungewöhnlich lange ausgeblieben."
Er wies seinen Gast mit einer Handbewegung an, Platz zu nehmen.
"Womit kann ich Dir helfen?"
Ioshua lächelte. Es war ein tiefgründiges Lächeln, das viel Raum zur Interpretation bot.
"Für uns Tylusier ist kein Weg zu weit und unsere Schiffe haben uns bisher nie in Stich gelassen. Ihr Römer seid dem Wasser etwas weniger zuträglich. Doch das soll unsere Beziehung nicht schmälern."
Beinahe unterwürfig nahm Ioshua auf den Platz, den ihn der Statthalter gewiesen hatte, Platz. Dabei hätte er dazu gar keinen Grund gehabt. Zuhause war er ein geachteter Mann, verwaltete im Auftrag des Königs einen der reichsten Bezirke des Königreichs und saß an des Königs Beratertisch.
"Ich hoffe, daß ich Dir helfen kann, Senator. Der Luxus Roms färbt sicher nicht so stark auf diese Provinz ab wie es die Propaganda zuweilen lautstark verbreitet. Wem will man es da verdenken, wenn er versucht, an diesem Luxus stärker teilzuhaben und sei es nur in der Form, sich eines standesgemäßen Äußeren hinzugeben.
Dabei kann die Garderobe des Kaisers ohne Frage diesen Anspruch gerecht werden."
Wieder lächelte er den Statthalter an, in Erwartung seiner Reaktion ob des Wortschwalls, der ihm entgegen geschleudert wurde.
Meridius schmunzelte und setzte sich nun ebenfalls. Auf einen Wink hin kam ein Bediensteter angelaufen und servierte Wein. Meridius griff sich das Glas und forderte den Gast auf, es ihm gleich zu tun. Dann stellte er das Tringefäß wieder ab.
"Davon bin ich überzeugt."
Er wartete einen Moment, bis auch der Tylusier einen Schluck genommen hatte.
"Sag, Ioshua, welche Waren bietest Du an?
Und was spricht für die Qualität Deiner Waren?"
Ioshua ergriff ebenso das Glas mit Wein und genehmigte sich einen Schluck. Wer jetzt angenommen hätte, daß Ioshua aufgrund seiner Herkunft keinen Alkohol trank, der mußte unweigerlich einem Irrtum aufgesessen sein. Er trank, in Maßen, aber auch nicht hingebungsvoll zu viel.
Dann stellte er das Glas wieder ab.
"Kleidung, elegante Roben von höchster Qualität. Handgefertigt aus tylusischer Seide. Du willst dich davon selbst überzeugen ? Dein gutes Recht."
Mit einer beiläufigen Handbewegung wunk er den Sklaven herbei, der sich im Hintergrund in der Nähe der Tür aufgehalten hatte. Jenes Geschöpf schleppte eine Holzkiste mit sich, brach diese nun auf und reichte dem Statthalter aus dieser Kiste eine frisch gewebte Seidentunika. Sie wies keinen äußeren Makel auf.
"Ich hörte, der Kaiser hatte bis jetzt noch keinen Grund zum Klagen." bemerkte der Tylusiser spitzbübig.
"Dass Du beim Kaiser ein und ausgehst, weiß ich."
erwiderte der Statthalter und besah sich die Seidentunika. Sie war von hervorragender Qualität, aus einem Stück gemacht, und nicht zusammengestückelt, wie so manch anderes.
"Die Ware sieht gut aus."
Meridius reichte sie zurück.
"Du lieferst auch gewöhnliche Tuniken und Togen?
Und wie sieht es mit Bekleidung für Damen aus?"
Er sah den Mann fragend an.
Ui, dieser Römer schien erstaunlich gut informiert. Was er wohl sonst noch alles wußte ? Oder sein Name hatte sich einfach schon herumgesprochen in Roms Oberschicht und dies auch bis nach Germanien. Immerhin waren seine Erzeugnisse Markenzeichen der luxuriösen Oberschicht.
"Das kommt ganz drauf an, was du unter "gewöhnlich" verstehst, Senator. Ich beliefere keine Bauern und auch keine kleinen Handwerker. Meine Tuniken haben ihren Wert.
Natürlich kommt auch die holde Weiblichkeit nicht zu kurz. Stolae mit eingewebten Perlenverzierereien, eine Zierde für das menschliche Auge."
Ja, die Orientalen. Meridius schmunzelte.
"Nun gut, dann möchte ich einmal Deine Waren sehen.
Wann hättest Du für eine Anprobe Zeit?
Das volle Programm inklusive Anprobe."
"Ich bin hier in Germanien relativ ungebunden. Doch mein Schiff wartet auch nicht ewig. Von daher wäre mir ein rascher Termin wünschenswert.
Für wen soll die Garderobe sein ?"
"Nun, zunächst einmal wäre es für mich."
antwortete Meridius.
"Doch wenn mir gefällt, was ich sehe, besteht durchaus die Möglichkeit, dass auch Aufträge für meine Gemahlin und meinen Sohn hinzukommen. Es ist schwer hier oben bei der Bekleidung eine dauerhafte Qualität zu bekommen, die mit den Stoffen vergleichbar ist, die es in Rom oder Tarraco zu kaufen gibt."
In der Tat hatte er hier auf den Märkten bisher keinen Erfolg gehabt.
"Wäre es denkbar bei Gefallen, einen privaten Schneider zu erhalten über welchen ich quasi immer die neuesten und passgenauen Stücke aus dem Orient erhalten könnte?"
Es war eine hypothetische Frage. Vielleicht hatte der Orientale ja Interesse daran eine Art Filiale zu errichten, welche den Haushalt des Statthalters versorgte.
Er schaute kurz auf. Was der Senator jetzt unter einem privaten Schneider verstand, war ihm nicht ganz klar.
"Fein. Dann könnten wir eigentlich schon gleich maßnehmen."
Er nickte dem Sklaven zu, daß der sich ans Werk machen solle, sobald der Senator es zu ließ.
"Nun, ich beabsichtigte mich sowieso in diesen Breiten mit einer Zweigniederlassung anzusiedeln. Rhabos, mein Geschäftsführer, wird als erstes den Vertrieb übernehmen, obwohl ich ihn nur schwer entbehren kann, bis soweit alles geregelt ist.
Über diesen Weg wird es ein leichtes sein, Senator, Dich stets mit der aktuellsten Mode zu beliefern."
Das Angebot des Orientalen klang gut.
"Sehr schön. Falls mir Deine Arbeit gefällt, wird die notwendige Anprobe dann jedoch in meinem Domus stattfinden. Ich habe eine großzügig eingerichtete Ankleide in der auch alle Dinge vorhanden sind, die man benötigt, wenn man einmal kruzfristig etwas ändern muss. Doch so genau kenn ich mich diesbezüglich nicht aus..."
fügte er hinzu.
"Wir haben dafür unsere Spezialisten."
Er meinte die beiden Sklaven, die für die Garderobe zuständig waren.
"Sehr wohl."
Unverkenntlich gab Ioshua dem Sklaven zu verstehen, daß er sich an die Arbeit machen solle und dieser hantierte mit einem Maßband, wobei er sich nicht gerade geschickt anstellte, und Ioshua fragte sich, warum er ausgerechnet diesen mitgenommen hatte, was man seiner offensichtlichen Mimik auch deutlich erkennen konnte.
Meridius hatte sich für diesen Zweck natürlich von seinem Platz erhoben und war nun froh, dass er die morgendlichen Übungen nicht vernachlässigt hatte. Er war zwar nicht mehr so fit, wie zu seinen besten Zeiten, Körperbau und Muskulatur ließen aber noch immer einen trainierten Soldaten erkennen, der sich schon häufig im Gymnasion abgeplagt hatte.
"Auf wieviele Sesterzen wird eine Toga bei Dir veranschlagt?"
fragte er den Händler.
Der junge Sklave nahm die Maße und notierte sie immer abwechselnd in eine hölzerne Wachstafel. Größe, Taille, Brust, Bizeps, alles wurde vermessen und das war wohl auch so eine Eigenart des Schneiders, man so mächtig und so hoch angesehen der Senator auch war, man kam ihnen so nah ran wie sonst nur deren eigene Gattin.
Auf die Frage des Statthalters machte Ioshua eine geschäftsmäßige Bewegung, als müßte er eine Weile überlegen, ehe er schließlich zur Antwort gab "Die Toga, zu 400 Sz. das Stück."
und verschwieg dabei, daß der Caesar einen höheren Preis zahlte.
Meridius ließ alles über sich ergehen. Allzuoft würde man ja nicht nachmessen müssen, da er glücklicherweise einer der Männer war, die ihr Gewicht und ihre Muskulatur mit relativ wenig Aufwand halten konnten. Und da er sowieso nicht zur Völlerrei neigte, statt dessen mit militärischer Disziplin seinen Tagesablauf plante, brauchte er sich keine Sorgen zu machen. Der Preis indess war nicht ohne.
Sicher, Mogontiacum war nicht Rom und die Lieferwege waren einiges weiter, zumal es sich um die beste Qualität handelte, wenn der Orientale halten konnte, was er versprach.
"Nun, ich denke Qualität hat seinen Preis."
Er hielt inne und blickte dann zu seinem Besucher.
"Stimmt es, dass man im Orient um alles handelt? Ich habe mir erzählen lassen, dass das Feilschen dort eine hohe Kunst sein soll. Es geschieht gewohnheitsmäßig, schon von kleinsten Kindesbeinen an..."
Ioshua sah auf, als der Senator aufs Feilschen zu sprechen kam.
"Nunja, Rom hat die Legionen, wir haben unseren Handel, so ergänzen wir uns dem, was wir gut können."
Mit fragenden Gesichtsausdruck sprach er weiter.
"Es verwundert mich, daß ein Senator und Statthalter einer solchen Provinz einen Gedanken ans Feilschen verschwendet. Ich hatte gedacht, so etwas sei unter der Würde eines römischen Senators."
Daß sie schon längst im "Feilschen" drin waren, wie es der Senator nannte, konnte nur der aufmerksame Beobachter erkennen.
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