Saturnalia Flaviae

  • Erfreut darüber, dass sein Sklave die Rolle des Saturnalienfürstes voller Sorgfalt wahrnahm und endlich der Tradition folgte, hob auch Gracchus seinen Becher, prostete in die familäre Runde und trank sodann den Inhalt in einem einzigen Zug leer. Als er das Gefäß wieder absetzte, schüttelte er sich leicht und atmete tief durch. Dadurch, dass er fortwährend immer wieder an seinem Wein nippte, wurde ihm ständig von dem Burschen mit der Kanne sein Becher aufgefüllt, dies zudem in immer geringerem Verhältnis von Wasser zu Wein. Die Mischung, welche soeben seine Kehle hinabgeronnen war mochte zwar noch nicht an jenes Maß heranreichen, welches er selbst als bedenklich einstufte, doch einen ganzen Becher Wein auf einmal hinabzustürzen, dies war bei Gracchus' diesbezüglicher Konstitution immer ein wenig bedenklich. Als die Bediensteten mit dem neuen Falerner umhergingen und die Becher erneut auffüllten, fühlte sich Gracchus dazu bemüßigt, die Wirkung des Weines zu kommentieren und damit nach den doch eher profanen Saturnaliengedichten die Gesprächsrunde auf Dichtung, Diskussion und Disputation zu lenken.
    "Wusstet ihr darum, dass Lucretius auch um die Wirkung des Weines seine Gedanken kreisen ließ? Er behandelte dies in seinen Betrachtungen über die Natur der Dinge:
    Endlich, warum nur folget, wenn die Wirkung des Weines das Innre trifft und die feurige Glut sich in unseren Adern verbreitet, Gliederschwere? Wir schwanken daher, es schlingern die Beine, stotternd lallet die Zunge, der Geist wird umnebelt, die Augen schwimmen, es hebt sich allmählich das Lärmen und Schluchzen und Zanksucht.
    Und was sonst noch für Folgen in ähnlicher Weise sich zeigen. Wie ist nur all dies möglich, wenn nicht die gewaltige Wirkung, die von dem Weine ausgeht, in dem Leib selbst Wirrnis dem Geiste bringt? Aber was immer imstand ist, Verwirrung und Hindrung zu leiden zeigt hierdurch, dass, wenn sich noch steigert die Kraft, die da einwirkt, alles dem Tode verfällt und künftigen Lebens beraubt ist.

    Ich frage mich, ob der Dichter zur Erkenntnisfindung gar selbst dem Wein in übermäßigem Maße zusprach und ob er sich nach jener Erkenntnis wohl gänzlich dem Wein abwandte?"

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Nero schnupperte kurz an dem Geflügelgerippe und ignorierte es dann. Er war darauf trainiert sich nicht von Fremden füttern und bestechen zu lassen. Dann nahm er wieder brav Position ein.


    Serenus wandte sich an Dido.


    “Ich wette 50 Sesterzen mit dir, daß der Vogel keine 5 Tage in der Villa schafft. Nicht bei den vielen Katzen. Und warte mal ab was diese heimtückischen Katzen erst mit dem Welpen anstellen.”


    Die Ankündigung der neue Weinmischung durch den Sklaven nahm er nur am Rande wahr. Dido und er tranken ja Honigwasser und blieben so nüchtern. Außerdem hatte er später noch ein Attentat auf seinen Vater vor, wenn er etwas betrunkener war. Er hatte sogar schon ein ein entsprechendes Schreiben auf Griechisch verfasst.


    Mit Interesse nahm er das Geschenk von Onkel Furianus zur Kenntnis. Er wandte sich an diesen und machte einen Wink auf dessen Toga.


    "Ich gratuliere dir, Onkel Furianus, zu deiner Ernennung zum Senator. Ich würde mich gerne einmal die nächsten Tage über deine Erfahrungen mit den Plebeiern austauschen. Oma sagte mir, daß man sie hier in Roma viel besser studieren kann als in Baiae. Vermutlich hast du genau dieselben Interessen, denn du bekleidest meines Wissens ein ritterliches Amt, was ja unter dem Niveau eines Patriziers ist. Hast du deine Studien auch Schriftlich festgehalten, so daß ich sie nachlesen könnte. Das ist sicher aufregend. Ich kenne quasi keine Plebeier persönlich. Von dem alten Tempeldiener von den Saturnalien jetzt mal abgesehen, sondern nur Patrizier und Sklaven."


    Die Aufmerksamkeit von Serenus wurde abgelenkt, als ein Diener einen Teller für Dido brachte, der nur wenig gefüllt war.

    "Hallo? Denkst du, daß du zu dick bist oder spart du noch Platz für den Nachtisch auf, daß du nur so eine Mini-Portion bekommen hast?"

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    Dido- die junge Sklavin von Serenus.


    Fast hätte Dido Serenus die Zunge rausgestreckt bei der Ermahnung weniger Eier zu essen, aber ihre vollen Backen hinderten sie einfach daran es zu tun, sonst wäre es sehr blamabel geworden. Und so war es auch zu ihrem Glück, denn Saturnalia hin oder her, alles durfte selbst eine junge Sklavin an diesen Tagen nicht machen. Mühsam schluckte sie ein Eibissen nach dem Anderen runter, bekam ein puderrotes Gesicht, weil sie zu wenig Luft bekam und schluckte dann das letzte Stück herunter, holte tief Luft und wischte sich das Eigelb von der Wange. Gelangweilt betrachtete sie die Schriftrollen die ausgetauscht wurde, mit einem verächtlichen Blick musterte sie den Welpen. Schoßhund, ganz klar. Bei dem Papagei weiteten sich für einen Moment ihre Augen, kurz besah sie sich das krakelende Tier von etwas näher, kletterte auf der Kline hoch und stützte sich auf der Lehne ab. In Dido keimte sofort eine Idee auf. Sie hatte mal bei einem Hahnenkampf in Baiae zugesehen, nur, dass jener Hahn nicht immer gegen einen anderen Hahn angetreten ist, sondern auch gegen Katzen oder Hunde. Vielleicht könnte man den Papagei auf eine Katze loslassen? Wäre bestimmt lustig zu sehen, wer zuerst wem den gar ausmachte.


    Sie grinste und blinzelte schuldbewusst. Erstaunt sah Dido zu Serenus. Die Katzen? Hatte er etwa an ihrem Gesicht erkannt, was sie vor hatte? Sie biss sich auf ihrer Unterlippe herum und sah ihn unverwandt an, nickte langsam und beschloss einfach so zu tun als wäre nichts. Das half in den meisten Fällen. „50 Sesterzen?“ Dido sah Serenus an als ob er ihr vorgeschlagen hätte, der Iuppiterstatue im Tempel Roms die Edelsteine aus den Augen zu klauen. „Wenn Du mir die 50 Sesterzen gibst, dann gerne!“ Sie grinste feist und rutschte an der Kline erneut runter, besah mit selbiger Entrüstung die Zwergenportion auf dem Teller. Dido war zwar klein, konnte aber essen wie mindestens zwei große Männer, so befand sie jedes Mal von neuem, wenn sie großen Hunger hatte. „Der wird bestimmt bald sein Auge verlieren...dieser Schosshund...“ murmelte Dido. Das mit der Andeutung und der Toga verstand sie nicht, es interessierte sie auch nicht. Mehr der kleine Teller, den sie mit einer gewissen Enttäuschung betrachtete. „Ich nehm mir noch nach...“ erwiderte sie auf Serenus. Sie sah von der kleinen Portion auf und grinste wieder breit, unten in der Zahnreihe hatte sie schon eine Zahnlücke, wenn man genauer hinsah konnte man sie entdecken und es gab ihr ein etwas ulkiges Aussehen. „Sag mal, hast Du auch Unterricht im Schwertkampf und wie man Leute verprügelt?“




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    SKLAVE- LUCIUS FLAVIUS SERENUS

  • Mit Respekt und Scheu musterte Leontia den Papagei, erfreut über dieses keineswegs alltägliche, kostbare und repräsentative Geschenk, und zugleich besorgt ob seines großen spitzen Schnabels. Er sieht aus, als würde er jeden Moment versuchen, einem die Augen auszuhacken, dachte sie beklommen, und lächelte Aristides strahlend an. „Was für ein apartes und polyglottes Tier!“ Hoffentlich lässt er mir Sphinx am Leben. „Er hat die Physiognomie eines wahren Philosophen. Und der Baum ist auch wunderschön. Hab tausend Dank, lieber Marcus. Ich freue mich schon darauf, mit ihm zu disputieren… Oder ist es ein Weibchen?“ Das musste sie natürlich wissen, um den passenden Namen zu wählen.


    Mutig streckte sie die Hand aus, um den Vogel am Nackengefieder zu streicheln, zog sie jedoch im letzten Moment wohlweißlich schnell wieder zurück. „Ich glaube, er muss erst ein wenig zur Ruhe kommen.“ Sie betrachtete den Papagei eine Weile, und befand, dass in seinen schwarzen Augen große Klugheit stand. „Du bist Sinnbild der Seele?“, fragte sie ihn schmunzelnd, und bot ihm vorsichtig ein Stück Zucchini an.


    Mehr und mehr fasziniert von dem Tier hätte sie fast vergessen, Aristides sein Geschenk zu überreichen - aber nur fast. Es war leider recht einfallslos, würde ihm aber bestimmt zusagen. Es war nämlich ein Schinken. Kein gewöhnlicher Schinken natürlich, sondern eine Keule vom Besten, was das Gut ihres Vaters zu bieten hatte, eine exquisite Köstlichkeit, nach uraltem Rezept mit Wacholder geräuchert, von Schweinen stammend, die in lichten Eichenwäldern freilaufend gehalten und mit Eicheln gemästet wurden, ein deliziöses Geschmackserlebnis, das förmlich auf der Zunge zerging… „Bona Saturnalia, lieber Marcus.“ Sie lächelte, und überreichte ihm einen mit einer großen grünen Schleife geschmückten Korb, in dem das bodenständige Geschenk weich gebettet lag. „Ich meine mich zu erinnern, dass dies deinen Geschmack trifft.“


    Dann war da noch ein Päckchen, das ihr Vater ihr mitgegeben hatte, es fühlte sich an wie ein handliches Kästchen, und war in goldgeprägtes schwarzes Leder sorgfältig eingenäht. Man würde es aufschneiden müssen, um zu sehen was sich darin befand. Was es wohl sein mochte, fragte sich Leontia neugierig. Höchstwahrscheinlich etwas Unanständiges. „Und dies hier sendet dir Papa“, sagte sie in neutralem Tonfall, „mit besten Grüßen, und, ich zitiere eingedenk euerer letzten Konversation’.“


    Als nächstes war Arrecina an der Reihe. Leontia wartete, bis ihre Nichte Gracchus’ schönes Geschenk hinreichend gewürdigt hatte, und bewunderte derweil den jungen Hund. „Ach wie süß!“, rief sie entzückt aus. „Oh, lass ihn mich auch mal auf den Schoß nehmen, Arrecina, er ist ja so niedlich!“ Und sie kraulte den kleinen Kerl hingerissen hinter den Ohren, reichte dann Arrecina eine flache Ebenholzschatulle. Ein elfenbeinfarbenes breites Seidenband war darum zu einer Schleife gebunden. „Bona Saturnalia, meine kleine Nichte!“ lächelte Leontia, die selber kaum älter war. Doch ihr fiel durchaus auf, dass Arrecina keinen sehr fröhlichen Eindruck machte. Was war denn heute nur mit den anderen Frauen der Gens los? Scheinbar war sie die einzige, die sich hier amüsierte.


    In der Schatulle verbarg sich, auf einem Polster von schwarzer Seide, ein eleganter Elfenbeinkamm. Mit filigranen Schnitzereien und Einlegearbeiten von leuchtendroter Koralle verziert, war er zum Krönen einer Hochfrisur bestimmt. „Ich habe gehört, Korallen sind jetzt groß im Kommen.“, plauderte Leontia. „Ebenso wie Perlmutt. Da bist du sicher froh, rot steht dir ja sehr gut. Aber ich bin wirklich froh, dass Perlen etwas Zeitloses sind, findest du nicht auch?“ Sie lächelte ein wenig affektiert, verzog dann das Gesicht. „Nur, stell dir vor, im Frühjahr werden wir uns wohl auf eine Invasion der Grüntöne gefasst machen. Also ich weiß nicht, manchmal ist das Diktat der Mode wirklich gnadenlos…“


    Da kam die Aufforderung des Rex Bibendi, die Becher auszutrinken, und um der Tradition genüge zu tun, gehorchte auch Leontia. Da sie rein gar nichts vertrug, lachte sie bei Gracchus’ Zitat schon übermäßig heiter, und prostete ihm mit dem neuen Falerner beschwipst zu. „Umsonst klopft der Nüchterne an die Pforte des Musentempels.“, erklärte sie dabei gravitätisch in die mehr oder weniger fröhliche Runde.

  • Sie versuchte etwas vertrautes bei Hannibal zu finden und meinte etwas in seinen Augen zu sehen was ihr bekannt vor kam, aber sie erkannte ihn nicht, fühlte nur eine gewisse Vertrautheit. Vielleicht hätte sie das ihrem Vater sagen sollen, aber dieser war mit den vielen fremden Leuten wieder beschäftigt, so dass sie alleine fast mit Hannibal da saß. Sie hatte den Sinn dieses Festes nicht wirklich verstanden, aber das musste sie auch nicht. Verwundert blickte sie Hannibal an, als dieser von einem Geschenk sprach und einen kleinen Korb bringen ließ. Kindliche Neugier stieg in dem jungen Mädchen auf, auch wenn sie ein wenig Angst hatte. Ihre Augen wurden einen Moment größer als sie den kleinen Welpen erblickte der, als würde er sie kennen, sofort auf ihren Schoß purzelte und seine Schnauze ihr entgegenstreckte. Was hätte sie auch anderes machen sollen, ausser den kleinen in ihre Arme zu schließen. Das erste mal seit dem sie hier war konnte man ein Lächeln auf ihren Lippen erkennen und ihre Finger strichen über das Fell des kleinen Knäuls. „Danke er ist süß,“ sagte sie leise und immer noch in einer nie dagewesenen zurückhaltenden Art die keiner von ihr kannte.


    Ihr Gesicht wurde wohl nur überraschter als ein weiterer Mann mit einem kleinen Beutelchen ankam. Er hatte ihn ihr gegeben und sie schaute den Mann einen Moment lang an und konnte bei ihm aber nichts vertrautes sehen wie bei Hannibal. Es machte sie irgendwann noch irre, das wusste sie. Irgendwann würde sie durchdrehen wenn sie nicht endlich wieder ihr Gedächtnis wieder hätte. Wie lange konnte ein Mensch denn das aushalten? Sicher keine Ewigkeit. „Ich danke auch dir. Bona Saturnalia,“ flüsterte sie auch hier und begann, eine Hand auf dem Rücken des kleinen Argos liegen, das Beutelchen zu öffnen und die wundervollen Schmuckstücke zu Tage zu bringen. Sie waren wundervoll und welches Mädchen hätte sich nicht über sie gefreut. „Vielen Dank,“ kam es noch einmal flüsternd über ihre Lippen.


    Nun war es wieder ihr kleiner Bruder, der ihr so fremd wie alle anderen war, der sie ansprach und sie aus ihren gedanken riss. „Ich weiß nicht was es für einer ist, aber er ist süß, ich denke das ist die Hauptsache und er scheint ein ganz lieber zu sein.“ Wieder dieses leichte Lächeln auf ihren Lippen.


    Doch irgendwann glitt ihr Blick trotz der vielen Ablenkungen wieder zu der Person der sie hier wohl am meisten vertraute auch wenn es für alle Anwesenden niemals nachvollziehbar sein würde. Sie schaute wieder Rutger an und verfing sich in seinen Blicken. Ihre Augen sprachen mit ihm, denn im großen und ganzen war sie meilenweit von ihm entfernt. Ihr Herz brannte danach endlich mit ihm alleine zu sein, ihm Fragen zu stellen und auch endlich zu umarmen. Es war eine scherzende Sehnsucht die das junge Mädchen in sich spürte und immer noch dieser Hilferuf, dass man sie doch hier erlöste und endlich fort von dieser grotesken Vorstellung brachte.


    Die fremde Frau, Flavia Leontia, riss sie förmlich mit ihren Gedanken von Rutger weg und Arrecina schaute sie etwas abwesend an. Nichte? Sie war ihre Tante? Langsam wurden die ganzen Begegnungen für das Mädchen immer schlimmer und sie musste ihre Augen einen Moment schließen, würde sie doch sonst gleich wirklich anfangen zu schreien. „Bona Saturnalia…..Tante,“ versuchte sie das Spiel aller mitzuspielen und nahm das Geschenk von ihr entgegen und reichte ihr dafür den kleinen Argos. „Er heißt Argos,“ sagte sie und hob den kleinen Welpen ihr entgegen. Langsam öffnete Arrecina dann die Schatulle und beförderte einen wunderschönen Elfenbeinkamm zu Tage. Ihre Augen strahlten dabei auch wenn sie die Traurigkeit nicht überspielen konnte. „Danke Tante er ist wunderschön, danke.“


    Dieses Spiel strengte sie immer mehr und mehr an. Es schien ja nicht jeder zu wissen was mit ihr los war und das machte sie immer fertiger. Wieder ging ihr Blick zu Rutger und was würde sie nicht jetzt dafür geben den Platz zu tauschen und sich neben ihn zu setzen. Den kleinen Wirbel um den komischen Vogel hatte sie gar nicht wirklich mitbekommen hing sie doch so sehr in ihren Gedanken fest.

  • Noch mehr Geschenke! Marcus lächelte glücklich wie ein kleiner Junge als er den Korb von Leontia gereicht bekam. Neugierig spähte er in den Korb, roch das wohlduftende Aroma, seine Nasenflügel erbebten und er sog den Duft tief ein, das Wasser lief ihm im Mund zusammen. Strahlend sah er zu Leontia. Was für ein liebes Mädchen! Das würde sein Leben in der Legion wieder um einiges bereichern und so manch einen Abend verschönern.


    „Du ahnst gar nicht, wie ich mich über das Geschenk freue, liebe Base. Herrlich, eurem Schinken trauere ich jedes Mal nach, wenn ich die Ländereien Deines Vaters verlassen hatte.“


    Früher war es doch weitöfters gewesen als noch in letzter Zeit, daß er die Straße von den Latifundien weggeritten war. Aber vielleicht sollte Marcus mal wieder einen kleinen Abstecher nach Ravenna einlegen, es war in der Tat nicht allzu weit von Mantua. Marcus hielt den Korb in seinem Arm wie ein Schatz und sah sich nachdenklich um. Wo konnte er ihn am Besten sicher abstellen? Und da der Apfel nicht weit vom Stamm fällt, wie man bekanntermaßen weiß, tat er seinem Sohnemann gleich und winkte einen der Freien heran.


    „Bring den Korb auf mein Zimmer!“


    Dann wandte er sich um und nahm auch mit Erstaunen das weitere Geschenk entgegen. Die letzte Konversation? Herrje, was war denn das noch mal gewesen? An jenem Sommerabend am Meer erinnerte sich Marcus nur noch vage zurück, der Dunst des Weines hatte sich wie ein fester Schleier um sein Gedächtnis gelegt und wollte ihm nicht offenbaren, was das Gesprächsthema gewesen war. Aber irgendeine hübsche Sklavin hatte ihn ständig von seinen Worten abgelenkt, daran erinnerte sich Marcus noch gut. Vielleicht, weil er am nächsten Morgen mit der Sklavin im Bett erwacht war. Grübelnd betrachtete er das kleine lederne Kästchen von allen Seiten. Vielleicht sollte er das Kästchen besser erst später öffnen, wenn es ihn nicht kompromittieren würde? Doch ehe Marcus zu einem Entschluß kam, trat schon der Weinkönig auf den Plan. Da mußte Marcus nicht zwei Mal gebeten werden. Mit einem Zug leerte er den Becher und streckte ihn dem Freien hin, damit der neue Wein hineingefüllt werden konnte.


    Das Kätschen platzierte er auf seinem Schoss und griff nach einem Stück von dem Kaninchen, schlang es herunter und füllte sich schnell seinen Teller mit dem Schweinseuter, der Wachtel und Hammelfleisch. Mit einem durchaus gesunden Appetit machte er sich über das Essen her und lauschte den Worten von Gracchus. Zwischendrin wusch sich Marcus die Hände in einer Schale, trocknete diese an einem Tuch und griff nach dem Wein.


    „Vortrefflich hat jener Dichter das ausgedrückt. Kennst Du den Mann, Manius? Dann lad ihn doch mal ein, dann kann er vielleicht Deine Frage beantworten? Hach, es gibt wahrlich Menschen, die können begnadet mit Worten umgehen. Wie Du, Manius! Sag, schreibst Du vielleicht auch Gedichte?“


    Marcus lächelte unschuldig. Für einen Moment wirkte er so, als ob er einen Scherz treiben würde. Doch wer ihn gut kannte, bemerkte sofort, daß Marcus keine Ahnung hatte wer Lucretius war. Trotzdem war die letzte Frage mit ernstgemeintem Interesse an Gracchus gestellt und so richtete Marcus seinen Blick auf seinen Vetter, aß dabei ein Stück vom Schweinseuter.

  • "Lucretius hätte sicherlich eine passivere Haltung in seinem Werke eingenommen, anstatt sich mit der Bezeichnung "wir" unter die einzureihen, die dem Wein erlegen sind und solch Erfahrungen machten.
    Cicero hätte seine Werke nicht verfasst, wenn er in der Materie nicht kundig genug gewesen wäre. Sowie auch ein Archimedes sicherlich nicht ein Schauspiel geschrieben hätte, wenn sein Leben doch der Wissenschaft gewidmet war."


    Trug er zu der Frage seines Vetters, der eigentlich sein Onkel war, bei.
    Schon wandte sich der kleine Serenus an ihn - eine Überraschung.
    Der Kleine war schon ein recht seltenes Exemplar, so voller Energie und der übermäßigen Naivität eines Kindes.


    "Nun, schriftlich habe ich es nicht festgehalten, doch du kannst mich in den nächsten Tagen ruhig in meinem Cubiculum besuchen, Serenus. Wir können dann darüber reden. Aber nun hätte ich etwas für dich."


    Sagte er mit einem milden Lächeln und bedeutete sogleich einem Freien, der heute gegen Entgelt die Sklavenrolle im Besitz des Furianus einnahm, durch ein Handzeichen, etwas herein zu tragen.
    Der Mann eilte hinaus und kam kurze Zeit später mit einem kleinen gladius aus Holz, einem kleinen, mit filigranen Arbeiten bestückten, Brustpanzer sowie auch einem Offiziershelm zurück.


    "Das Volk liebt starke Männer und ihre Siege."


    Kommentierte Furianus das Hereintragen der "Rüstung" und war richtig in Schenklaune. Sogleich zog er einen kleinen Siegeskranz aus Kupfer, den er in einem Beutel neben sich hatte, heraus und platzierte diesen auf Serenus kleinen Kopf.


    "Er passt dir. Dann wird der Helm auch passen und du kannst nun gut gewappnet gegen deine Freunde eintreten und über sie, wie ein Imperator triumphieren. Wenn du brav bist, bekommst du von mir später auch Beinschienen und ein für dich passendes scutum."


    Fast hätte sich Furianus nicht beherrschen können und hätte dem kleinen Serenus mit der Hand die Haare zerwühlt. Aber, da er sich selbst noch an dieses von ihm sehr gehasste Ritual der Liebkosung erinnerte, es schien ihm nicht angebracht.

  • Mit einem Lächeln kommentierte Hannibal die Freude von Arrecina. Auch er erfreute sich daran, aber mehr dadurch, dass die Tochter seines Herren ein Lächeln zustande brachte und es auch nicht erzwungen schien. Er musterte sie einen Moment lang aufmerksam und lächelte leicht. „Er ist von Deinem Vater!“ fügte er noch erklärend an. Sein Blick schweifte in seinen Weinbecher als die Flavier sich weiter beschenkten und eine Dankeshymne der Nächsten folgte. Der Wein glitzerte im Licht der vielen Kerzen und zog Hannibals Blick in seinen Bann, langsam leerte er den Becher Schluck für Schluck und ließ auch seine Gedanken dabei schweifen. Was die Flavier sich gegenseitig schenkte interessierte Hannibal nicht sonderlich, früher vielleicht noch mehr, aber mittlerweile fühlte er sich mehr und mehr von dieser Familie distanziert. Als er den Becher geleert hatte, schloss sich Hannibal den schon Essenden an und ließ sich etwas Wachtel reichen, roch an dem würzigen Fleisch und biss ein Stück davon ab. Doch er war nicht ganz bei der Sache, dachte er doch in jenem Moment an Nadia. Er hatte sie ungern an jenem Abend alleine lassen wollen, aber ihm war quasi keine Wahl geblieben.


    In seinem Becher war nicht mehr allzu viel, was er leeren konnte, er nahm den letzten Schluck zu sich und betrachtete den neuen Falerner mit dem gleichen Interesse wie die Geschenke zuvor, er trank nur einen tiefen Schluck von dem vergorenen Traubensaft. Den Worten von Gracchus zollte Hannibal sehr viel mehr Aufmerksamkeit, er lauschte ihm und dachte über die Aussage nach. Seufzend schloss Hannibal die Augen als er die Worte seines Herren vernahm. Er hatte ihm doch von dem Dichter auch einige Zitate aufgeschrieben, aber scheinbar war das nicht bei Aristides angekommen. Hannibals Blick schweifte zur Tür. Vielleicht konnte er sich früher verdrücken, wenn die allgemeine Heiterkeit gestiegen war. Hannibal trank einen tiefen Schluck und beschloss: Er musste etwas gegen seine Langeweile tun, und wenn es darin bestand eine kleine Disputatio zu beginnen, auch wenn die Gefahr bestand, dass Aristides mit daran teilnahm. Doch auch für ihn hatte er mit einem kleinen Gedicht ein paar passende Sätze. „So möchte auch ich ein paar Worte zum guten Tropfen verkünden, wenngleich sie ebenfalls aus fremder Hand und nicht der Meinigen entstammt.“


    „Sagte Horaz an seinen Gönner: Mein trauter Krug, ob Klagen, ob Scherz du birgst, ob Hader oder Liebeswahnsinn oder gefälligen Schlaf du hegest. [...] Du regst die sonst schwerfälligen Geister an durch sanften Zwang, du öffnest der Weisen Herz und zeigst dem heitren Sorgenbrecher ihre Gedanken und tiefe Pläne. Du stärkst mit neuer Hoffnung das bange Herz, leihst Kraft und Mut dem Schwachen in seiner Not, von dir gestärkt, trotz er des Kriegers Schwert und dem Zorne gekrönter Häupter. Dich lasse Bacchus und, wenn sie freundlich naht, auch Venus samt den züchtigen Grazien bei hellem Kerzenscheine fließen, bis vor der Sonne die Sterne bleichen.“ Hannibal hob den Becher mit dem ‚guten Tropfen’ und trank in einem Zug den halben Inhalt leer, wischte sich mit dem Handrücken einige Weinperlen von der Lippe und lächelte leicht. Seine kurze Rezitation war nur der Auftakt gewesen, so sprach er flinker Zunge, noch war der Wein nicht zu schwer für sie, weiter. „Der Wein scheint viel in uns Menschen zu regen, tiefe Gefühle, intensive Momente. Der Wein ist der Rausch der Gefühle. Doch sind Gefühle nicht auch ein Rausch? Sind somit die Gefühle genauso flüchtig wie ein Weindelirium es sein kann? Wie sieht es da mit der Liebe aus? Ist sie, wie manche Dichter behaupten, nur ein Wahn der Gefühle, also mit einem Rausch durch Wein zu vergleichen? Und somit äußerst flüchtig?“ Hannibal lehnte sich zurück und musterte die Runde. Ob wohl Leontia oder Gracchus zuerst eine Antwort dafür parat hatten oder jemand ganz anderes? Einigermassen aufmerksam blickte Hannibal also in die Runde, trank einen Schluck vom Wein.

  • Es blieb gerade genügend Zeit Leontia mit einem schlecht verborgenen Grinsen zu zu prosten, um schließlich einen Schluck Falerner zu Trinken, bevor Gracchus auf Aristides' Frage hin der gute Wein beinahe im Halse stecken blieb. Doch augenscheinlich versuchte sich sein Vetter nur an einem Scherz, selbst Aristides musste schließlich der Name des Titus Lucretius Carus geläufig sein, war er doch einer der Wegbereiter der philosophischen Schriften in lateinischer Sprache und damit auch für Aristides leicht lesbar. So winkte er lachend ab, auch um die zweite Frage seines Vetters zu umgehen. Seine eigenen Gedichte gingen niemanden in dieser Runde etwas an, noch nicht, denn es würde sicherlich noch Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dauern, bis jene Worte ausgefeilt genug waren, um nicht nur seinen eigenen Ansprüchen zu genügen, sondern auch jenen der Öffentlichkeit.
    "Mit Lucretius mag ich mich lieber nicht vergleichen."
    Den Worten seines Neffen Furianus konnte Gracchus dagegen schon nicht mehr folgen, doch er glaube sie als Zustimmung dessen aufzufassen, dass sowohl Lucretius sich dem Weine, als auch Cicero sich seiner Materie gewidmet hatte. Doch wie Archimedes mit seinem Schauspiel in diesen Gedankengang passte, war ihm völlig schleierhaft, konnte sich Gracchus doch auch nicht entsinnen, dass jener jemals ein Schauspiel verfasst hatte. Da Furianus jedoch mit einer solch überzeugenden Ernsthaftigkeit sprach und Gracchus nicht nur die Befürchtung hatte, etwas in seinem Leben verpasst zu haben, sondern gleichsam erste Dunstflecken des Vergessens, ausgelöst durch eben jene so trefflich durch Lucretius beschriebene Wirkung des Weines, in sich selbst auszumachen glaubte, überging er die Worte seines Neffen, erfreut, dass Aristides' wohlgebildeter Sklave sich an der Diskussion beteiligte.
    "Wohl gesprochen, ..."
    Fieberhaft forschte Gracchus in seinen Gedanken nach dem Namen des Sklaven, doch er wollte ihm nicht einfallen, obwhol er das Gefühl hatte, im Laufe des Abends bereits schon einmal darüber nachgedacht zu haben. Doch da der Sklave heute auch kein Sklave war, war sein Name ohnehin nicht von Belang - oder war es umgekehrt? Aus der Entscheidung heraus, dass weiteres Sinnieren über den Namen des Sklaven und die Umkehrung der Stände das Gespräch keineswegs voranbringen würde, schob Gracchus dies erstere gedanklich beiseite und widmete sich jenem zweiten.
    "Allfällig birgt nicht der Wein etwa den Rausch der Gefühle, sondern verdrängt um so mehr die unnachgiebige Rationalität der Gedanken, löst die züchtige Strenge und Befangenheiten des Geistes und lässt somit den sonst vom Bewusstsein so selten wahrgenommenen Gefühlen freien Lauf, auf dass sie die Möglichkeit erhalten, sich im Menschen an die Oberfläche zu kehren. Der Rausch also, die durch ihn versinnbildlichten Gefühle herrschen also möglicherweise gar immer in unserem Inneren vor, erhalten nur kaum Gelegenheit sich nach Außen hin, wie auch im selbst wahrgenommenen und beachteten Inneren, zu zeigen, bis denn der Wein kommt und alle durch den Geist errichteten Schranken und Mauern mit sich hinfortspült. Kein flüchtiges Delirium daher sollen die Gefühle sein, sondern ein tief in uns verwurzelter Zustand der Dauerhaftigkeit. Wie sonst ist zu erklären, dass oftmals immer wieder die gleichen Gefühle und Zustände in der Sorglosigkeit einiger Amphoren Wein zu finden sind? Und Ist nicht die Liebe gar vor allem anderen das einzig beständige aller Gefühle? Freude, Trauer, Wut, Neid, Stolz, Angst, Erheiterung,selbst Verliebtheit, womöglich ohnehin gleichgesetzt der Vernarrtheit, sie vergehen, abgelöst durch neue Gefühlen oder durch den endlosen Fluss der Zeit, doch Liebe, wahre Liebe, ist nicht dazu fähig getrübt zu werden, noch zu vergehen. Denn ist sie vergangen, so war sie nicht, als was sie bezeichnet wurde."
    Gracchus hatte das Gefühl, dass seine Worte bisweilen ein wenig inakkurat anmuteten, doch es war nicht allzu einfach Gedanken zu denken und gleichzeitig in angemessene Worte zu packen, sofern die Gefahr bestand, die Gedanken schneller wieder vergessen zu haben, als dass sie in Sätzen modelliert werden konnten. Zumal das Thema einerseits überaus betrachtenswert, doch andererseits gleichzeitig so schmerzlich war.

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • “Der Mann, dieser Horaz, war ein echt armes Schwein. Wer so viel Zeit hat sich solch komplexe Gedanken über Wein zu machen, der hatte entweder verdammt viel Stubenarrest gehabt oder hatte keine so interessanten Freizeitbeschäftigungen wie Wagenrennen anschauen, selber Ziegenrennwagen zu lenken, Gladiatorenkämpfe zu besuchen oder mit der Steinschleuder Ratten und Tonvasen abzuschiessen. Ich finde Leute, die nichts mit sich anzufangen wissen einfach doof.


    Übrigens kommt mich die Tage mein Kumpel besuchen. Also wundert euch nicht, wenn hier plötzlich die halbe Gens Cornelia aufläuft. Bestimmt bringt er seine dämlichen Schwestern mit. Wir wollen im Garten ein kleines Rennen veranstalten. Nur damit sich niemand wundert, wenn es das ein oder andere Geräusch von dort gibt.”


    Serenus fand, daß diese Ankündigung hier reichte, damit alle wußten, warum die Villa wackeln und was den Mittagsschlaf beenden würde.


    “Hannibal! Ich wünsche im Hinblick auf diesen Besuch, daß sich nach dem Essen bzw. den Saturnalien der Maior Domus einmal umgehend bei mir vorstellt. Es gibt da einige Vorbereitungen zu treffen, vor allem von den Küchensklaven. Ich hätte da auch noch einige Beschwerden über das mangelnde Organisationsvermögen und die sehr dürftige Flexibilität der Sklaven hier in der Villa. Ich möchte vermeiden, daß mein nächster Ausflug in die Stadt eine erneute Frustration darstellt, denn ansonsten lasse ich diesmal Strafen und Beförderungen folgen.”


    Serenus fragte sich ohnehin, wie dieser Haushalt es schaffte zu überleben. Auf der einen Seite schienen alle Sklaven vor einem gewissen Sica zu zittern, welcher der Verwalter von Onkel Senator Selix war. Andererseits war der Sklave wohl nie anwesend, denn Serenus hatte ihn noch nicht zu Gesicht bekommen. Und als Maior Domus und Verwalter sollte er eigentlich bestrebt sein sich auch bei ihn, Flavius Serenus, einmal vorzustellen, denn im Gegensatz zur restlichen Verwandschaft würde Serenus sehr oft in der Villa anwesend sein. Und bis auf die Leibsklaven konnte er denen das Leben sehr schwer machen. Die Sklaven schienen im Wesentlich tun und lassen zu können was sie wollten. Sciurus und Hannibal schienen da noch Ausnahmen zu sein. Sie arbeiteten selbst heute abend und schienen Onkel Gracchus und Papa viel Arbeit abzunehmen und mit zu denken. Der eine als Geschenkehandlanger, der andere als Opfer- und Weinmischungshandlanger. Vielleicht sollte man einen von ihnen zum neuen Maior Domus befördern. Und diesem Haushalt fehlte jemand wie Oma, die sich um alles kümmerte, was ihn betraf.


    Er wandte sich an Dido, nachdem ein Bediensteter freundlicherweise seinen Teller das dritte Mal gefüllt hatte. Und das Mischungsverhältnis beim Honigwasser schien sich schon wieder verändert zu haben. Süßer ging es ja bald nicht mehr.


    “Stimmt, du hast ja gar kein Geld oder etwas von Wert als Wetteinsatz.
    Bislang hatte ich nur Unterricht im Ringen und Wagenlenken. Neben Literatur -vor allem thessalische Geschichten finde ich gut-, Lesen und Schreiben, Sprachen, Astrologie, Geographie und Pflanzenkunde, Mathematik und all solchen Dingen.
    Für Unterricht im Schwertkampf fehlte Oma das Verständnis, zumal ich ja Patrizier bin. Sie meinte, daß mein Papa dafür dann ja seine Legionäre hätte, wenn wir welche brauchen. Oder wir heuern uns Leute an oder in besonders heiklen Fällen würde Onkel Senator Felix diesen Sica losschicken. Der soll in einer ganz berühmten Gladiatorenschule ausgebildet worden sein und dort bereits in der Ausbildung ganz viele Leute getötet haben. Und das nur mit einem Messer und einem Löffel und einem Hund.
    Geprügelt habe ich mich nur ein paar Mal und dabei leider immer verloren. Ich hoffe ja, daß ich hier in Roma neben Ringen noch einen Lehrer im Faustkampf bekomme. Aber mit der Schleuder bin ich verdammt gut. Und ich kann gut angeln.
    Ein alter Sklave in Baiae hat mir heimlich etwas den Kampf mit einem Dolch gezeigt. Das kam aber raus und da hat Oma ihm 50 Peitschenhiebe dafür geben lassen, weil ich da erst 5 Jahre alt war und sie mich noch für zu jung hielt. Aber ich bin ansonsten gut durchtrainiert. Ich laufe jeden Tag 1 ½ Meilen und sehe zu, daß ich fast täglich eine Übungseinheit mit dem Rennwagen hinbekomme. Und Nero muß ja auch bewegt werden. Mit ihm übe ich auch sehr viel. Es war ganz schön Arbeit bis ich ihn auf Kommando auf Sklaven und andere Personen hetzen konnte.”

  • Etwas enttäuscht zuckte Marcus mit der Schulter. Aus der Antwort leitete Marcus mit großer Sicherheit ab, Gracchus schrieb heimlich Gedichte. Vielleicht sammelte er sie in einer kleinen Kiste, die er stets unter sein Bett schob und vor jeden neugierigen Augen verborgen hielt. Marcus grinste in sich hinein und hatte schon den ersten Becher Falerner geleert. Seine Augenbrauen wanderten Zoll für Zoll nach oben als er die Worte seines Sprößlings vernahm. Dadurch unterbrach er sogar sein doch recht gieriges Essen, schluckte den Brocken Hammelfleisch herunter.


    “Im Garten, Lucius, wirst Du mit Sicherheit keine Ziegenrennen veranstalten. Die Rosenbüsche von Deinem Onkel Felix sind ihm viel zu wichtig, als daß ihr da mitten hindurch brettern dürft. Also, verleg das Rennen in den Innenhof, junger Mann.“


    Marcus sah ihn eindringlich an. Diese Marotte mit den Rosensträuchern verstand Marcus nicht, aber manche pflegten mit Inbrunst ihren Fischteich, andere liebten das dornige Gewächs. Jedem das sein. Seufzend nahm er den nächsten Bissen und schlang ihn herunter. Vater sein konnte schon ganz schön anstrengend sein. Die angehende Diskussion über Gefühle, Wein und Liebe waren mit viel zu vielen komplizierten Redewendungen und Ausdrücken gespickt. Marcus verstand nicht wirklich, was Gracchus damit ausdrücken wollte und worauf sein Sklave Hannibal hinaus wollte auch nicht wirklich. So aß Marcus grübelnd weiter. Aber eigentlich wollte er nicht als intellektueller Blindgänger bekannt sein. Mit einer Hand griff er nach dem kleinen Spickzettel, den ihn Hannibal noch heute Morgen geschrieben hatte. Ein Fettfleck blieb an ihm haften als er mit seiner Essenshand ihn auffaltete.


    Wer einmal gefreiet und wieder freiet, der Tor sucht, Kaum dem Schiffbruch entflohn, jetzo den Tod sich im Meer? Nein, das ging nicht. Der Papagei! Aus dem geflochtenen Käfig entfloh ein menschlich beredeter Sittich zum Wald, mit dem Glanz bunten Gefieders geschmückt. Wie er nun immer sich emsig geübt in des Kaisers Begrüßung, blieb er auch jetzt im Gebirg’ immer des Namens gedenk? Warum hatte er nicht vor Leontias Geschenk auf den Zettel geschaut. Herrje, das wäre wirklich was Geistreiches gewesen. Marcus seufzte leise und spickelte weiter. Liebe...Liebe, es mußte doch etwas über Liebe geben auf diesem vermaledeiten Blatt. Ah, da war was zu Liebe. Herrje, sein Fettfleck prangte jetzt ausgerechnet über den ersten Zeilen der Aussage und Marcus hatte seine liebe Not zu erkennen, was Hannibal mit seiner winzigen und sorgfältigen Handschrift dort verfaßt hatte. Marcus ließ den Zettel sinken und sah auf. Er würde wohl in dem Moment improvisieren müßen.


    „Ich glaube, die Liebe ist eher wie ein Kampf. Es geht doch letztendlich darum, daß die Begehrte vom Manne erobert werden soll. Es geht darum, die Frau ins Bett zu holen und dort..ähm ja, dort gewißen Neigungen zu frönen. Die Liebe scheint mir eher so zu sein, wie die Euphorie im Kampf. Manchmal besteht sie noch danach, meist jedoch nicht. Hat man erst mal das Lager geteilt, kann dieses Gefühl ganz schnell schwinden. Vielleicht ist es dann nicht wirklich Liebe, das mag sein. Aber ich glaube, dann gibt es keine wahre Liebe oder wie man das nennen mag. Denn ich kenne niemanden, der sein ganzes Leben lang eine Gespielin alleine nur geliebt hat. Nein, wirklich nicht. Irgendwann flaut das Gefühl einfach ab. Es sei denn, es hat nichts mit dem...ähm...ja ihr wißt schon womit...zu tun. Sondern einfach das Gefühl der aufrechten Ergebenheit, der Loyalität und somit einer Liebe, die auf etwas ganz anderem beruht. Zum Beispiel werde ich meine Mutter immer lieben, doch ist das etwas ganz anderes.“


    Oder?, dachte Marcus grübelnd. Seine Unterbrecher hatte er wenigstens immer noch gerade rechtzeitig ausgesprochen. Über die Lust und das Verlangen wollte er nicht vor seiner Tochter und auch nicht vor seinem Sohn- wobei es ihn da weniger störte- sprechen und schon gar nicht an einem Saturnaliaabend. Aber die lange Rede hatte ihn wieder hungrig gemacht und er ließ sich mittlerweile den dritten gefüllten Teller reichen.

  • Als Flavius Aristides anhub mit den Worten "Die Liebe ist wie ein Kampf…", schluckte Rutger den letzten Bissen Hammelfleisch herunter, fuhr sich mit dem Handrücken über den Mund, und stand, sich das Fett von den Fingern leckend, von der Kline auf. Er zog seine Tunika zurecht, und ging zielstrebig auf eine, ein paar Schritt entfernt stehende, Platte mit gebratenem Kaninchen zu.
    Dort schien er sich erst nicht entscheiden zu können, sah auf das Fleisch, den Kohl - und aus den Augenwinkeln zu dem Sprechenden - riss sich schließlich ein großes Stück Weißbrot von einem Laib herunter, und lud eine Scheibe des saftigen Gebratenen darauf. Die Sauce troff über das Brot und färbte es dunkel. Rutger nahm in die andere Hand ein paar Marillen, kostete eine, und machte sich auf den Rückweg zu seinem Platz, als Flavius Aristides gerade sagte: "…dann gibt es keine wahre Liebe oder wie man das nennen mag."


    Den Blick auf das Essen in seinen Händen gerichtet, ging Rutger ein paar Schritt, dann, als er in der Nähe von Arrecinas Kline war, und im Rücken ihres Vaters, entglitten ihm ein paar Marillen, und rollten über den Boden.
    Er bückte sich, klaubte ruhig die Früchte auf, und als der Flavier bei"...einfach das Gefühl der aufrechten Ergebenheit" angelangt war, war Rutger nahe genug bei Arecina angelangt.
    "Später…im Garten… an der Athenestatue.", raunte er ihr verstohlen zu, hob kaltblütig die letzte Frucht auf, und richtete sich auf. Er rieb sie kurz in der Hand ab, setzte sich wieder auf die Kline, und biss scheinbar genüsslich in das weiche Fruchtfleisch. "…doch ist das etwas ganz anderes.", schloß Flavius Aristides.
    'Fro Ingwe und Frowe Hulda! Freya, du Gnädige, Schutzherrin der Liebenden!! Lass ihn nichts bemerkt haben!!!', flehte Rutger stumm, bekam gerade keinen weiteren Bissen mehr hinunter, und nahm stattdessen doch noch einen tiefen Zug des köstlichen Weines.

  • [Blockierte Grafik: http://img116.imageshack.us/img116/1306/didobr5.jpg]
    Dido- die junge Sklavin von Serenus.


    Leise schmatzend kaute Dido auf einem Stück Wachtelfleisch herum, schluckte es runter und musterte die ganzen Erwachsenen um sich herum. Naserümpfend hörte sie sich das ganze Geschwätz an und grübelte einen Moment über etwas ganz anderes nach. Warum wurden die Leute immer so komisch sobald sie groß waren, mussten ständig mit komplizierten Wörtern ganz einfache Sachen erzählen? Wie das mit der Liebe war, das wusste Dido schon seit zwei Jahren ganz genau. Mit den anderen Kindern hatte sie es bei den anderen Sklaven, bei Kaninchen und bei Pferden gesehen. Es war überall gleich, so gut wie. Somit war das Thema damals für sie erledigt gewesen. Kopfschüttelnd rollte sie mit den Augen und widmete sich viel wichtigeren Dingen, das verspeisen all dieser köstlichen Sachen. Mit ihrer Zunge leckte sie etwas Bratensaft von ihren Lippen und spitzte die Ohren. Ziegenrennen? Ai, das würde fein werden.


    Ihre Augen richteten sich fest auf Serenus als dieser sprach, dabei aß sie unermüdlich weiter. Je länger er redete, desto mehr konnte sie schließlich essen. Ab und zu nickte sie, brummte leise oder machte ein „Mhm! oder ein interessierte: „Aha!“ zwischen den einzelnen Schlücken. Erst dann spülte sie alles mit dem Honigwasser runter und sah ihn grüblerisch an. „Ich kann mich gut prügeln. Dann kann ich Dich ja später mal beschützen und auch jetzt schon vor den anderen Kindern. Die sollen mal kommen, den hau’ ich die Zähne raus, wenn die uns blöd anmachen, jawohl! Angeln? Ui, das ist fein.“ An das mit dem Sklaven erinnerte sich Dido nicht, aber da war sie wohl noch viel zu jung gewesen. Und dass jemand ausgepeitscht wurde, kam nicht selten in der Villa Flavia in Baiae vor. Sie zuckte gleichmütig mit der Schulter. Wer so blöd war und erwischt wurde, ohne eine passende Ausrede zu haben, ja der war halt selber Schuld. „Das ganze Zeug da, das muss ich aber nicht lernen, oder? Diese thessabischen Geschichten und die Mathematik? Und warum fragst Du nicht einfach Deinen Papa, ob er Dir Kämpfen beibringt. Schau doch mal, wenn Du schon ein Holzschwert bekommst, dann musst Du das auch können.“ Dido nickte ernsthaft.


    Dido beäugte neidisch das Geschenk von Furianus an Serenus. Natürlich hätte sie gerne gelernt zu kämpfen, sie war zwar nur ein Mädchen, aber sie wusste, dass sie mehr drauf hatte als die meisten anderen Mädchen. Grübelnd starrte sie auf das Gladius und hob ihren Blick, sah direkt zu Rutger, der sich nach der Frucht beugte und Arrecina etwas zu raunte. Ein Runzeln erschien auf Didos Stirn, sie betrachtete den komischen Mann vorsichtig und aß noch ein Stück Fleisch, kaute und wandte sich dann ab. Der Mann hatte etwas vor, was, das ahnte Dido nicht. Aber die Neugier keimte in ihr auf. Vielleicht war es ja eine Saturnaliaüberraschung, die er mit dem Mädchen da plante. Dido spähte zu Arrecina rüber und lehnte sich zurück. „Hast Du mal schon eine Taube vom Dach geschossen mit der Schleuder?“ fragte sie mit dem 'unschuldigen' Lächeln eines 'Engels'.




    SKLAVE - LUCIUS FLAVIUS SERENUS

  • Sie versuchte sich abzulenken, aber sie wollte es nicht schaffen und ihre Blicke wanderten immer wieder zu diesem Sklaven. Es waren Momente die einen irre werden ließen, denn er war nun einmal der Einzige dem sie vertraute und er schien es zu wissen. Als er sich bewegte, denn sie beobachtete ihn ja förmlich, und dann immer näher kam und etwas fallen ließ hielt sie ihre Luft an und versuchte unbeteiligt zu wirken. Ihr Herz begann auf der Stelle schneller zu schlagen und sie vergas einfach alles um sich herum, nichts zählte mehr, ausser das was er grade von sich gab. Bei den Göttern er wollte sie wieder sehen.
    Im Garten, später……sie wurde blass und dann färbten sich ihre Wangen wieder rötlich. Arrecina schloss ihre Augen, das würde nicht auffallen aber sie dachte nach und freute sich auf später, endlich hatte dieser Tag noch seine gute Seite, endlich würde sie ihn sehen, spüren und mit ihrem reden. Nur hoffte sie, dass es niemand merken würde.
    Sie fragte sich wie sie das hier noch aushalten sollte, aber sie würde sich später einfach damit entschuldigen, dass sie auf ihr Zimmer wolle und stattdessen würde sie in den Garten gehen.

  • Fast unsichtbar schien sie zwischen den anderen zu sitzen und hatte sich eine Kleinigkeit von dem Essen genommen, doch sie beobachtete weiter das Geschehen und Treiben am Tische. Es hatte immer etwas Gutes wenn man still war, denn man fiel nicht auf und hatte mehr davon. Und deswegen konnte sie auch genau beobachten wie Rutger sich Arrecina näherte. Anaxandra wurde immer aufmerksamer und merkte, dass das doch alles gestellt war. Ihr Blick verfolgte jede Bewegung, zwar konnte sie nicht hören was und ob er etwas gesagt hatte, aber sie war nicht dumm.
    Ob sie es sagen sollte? Wusste sie doch, dass dieser Sklave sich ganz sicher dem Mädchen nicht nähern durfte. Als er wieder zurückkam traf ihr Blick den seinen, aber sie sagte nichts, aber wahrscheinlich würde er wissen, dass sie etwas gesehen hatte.

  • Aha. So dachten die Männer also darüber. Zwar nicht überrascht, aber durchaus unangenehm berührt, fixierte Leontia ihren Vetter Marcus, als der seine Ansichten so freimütig darlegte. "Aber Marcus," erhob sie, etwas altklug, ihre Stimme, "du sprachest lediglich vom Begehren. Und dieses ist ein Trieb, der allein auf die Schönheit des Leibes hin zu strebt. Wie es bei Platon heißt: '…wenn uns aber die Begierde vernunftlos zur Lust hinzieht und in uns herrscht, so wird dieser herrschende Trieb Frevel genannt."


    Belebt vom Wein glänzten Leontias Augen, und sie unterstrich ihre inbrünstige Deklaration mit lebhaften Gesten: "Ungleich edler ist der Drang, mit den Augen die Schönheit zu schauen, als Abglanz jeder himmlischen Gesichten, so wie einst unsere Seelen das wahrhaft Seiende geschaut haben. Die Wahre Liebe ist heilige Weihe, ist Erinnerung an die Glücksseligkeit und den reinen Glanz, den unsere Seelen erfahren durften, als sie ungetrübt vom Irdischen einstmals der Gottheit nachwandelten…." Ob es ihr auch einmal vergönnt sein würde, das zu erleben? Fast hätte sie sehnsüchtig geseufzt, besann sich aber, und fügte in nüchternerem Tonfall an: "Jedenfalls postuliert Platon das."


    Außerdem waren da immer noch Geschenke. Als die kleine Debatte einmal pausierte, machte sie sich beschwingt daran, auch diese noch zu verteilen. Heiter lächelnd reichte sie Sica einen grünen Leinenbeutel mit roter Schleife, in dem sich, gut gepolstert, eine ganz außergewöhnliche Öllampe befand: sie stellte eine siebenköpfige Hydra dar, aus rotem Ton gebrannt, und kunstvoll glasiert, die ihre schlangengleichen Köpfe bedrohlich in alle Richtungen reckte, und sieben Flämmchen züngeln würde. "Für den fleißigen Vilicus, der seine Augen stets überall haben muß!", erklärte sie jovial, und ohne jegliche Hintergedanken. "Bona Saturnalia, Sica, nicht wahr?"


    Hannibal überreicht sie eine runde helle Holzschachtel, ebenfalls mit roter Schleife. "Bona Saturnalia, Hannibal!", wünschte sie, in ihrer Saturnalienlaune geradezu herzlich. Sie wusste, dass ihr Vetter große Stücke auf ihn hielt. Auf weicher Wolle gebettet, lag in der Schachtel eine weitere Öllampe, diesmal aus buntem Glas. Wie in einem Mosaik waren die roten, blauen und weißen Formen fugenlos aneinander gekittet, und bildeten phantasievolle Formen. In der Dunkelheit leuchtete sie ganz zauberhaft, Leontia hatte es sich selbst demonstrieren lassen.


    Freundlich lächelnd trat sie auch zu Rutger. Germanische Sklaven waren, jedenfalls wenn sie ihren barbarischen Habitus ablegten, doch immer wieder dem Auge wohlgefällig. "Bona Saturnalia!" Seinen Namen hatte sie zuvor nur mit halbem Ohr mitgehört. "Rutgar, nicht?" Warum hatte man ihm denn keinen anständigen Namen gegeben, fragte sie sich, Xerxes oder Mithridates vielleicht, den Barbarennamen auszusprechen tönte doch, als hätte man Halsschmerzen. Nichtsdestotrotz offerierte sie ihm einen weißen Leinenbeutel mit roter Schleife, dem ein intensiver Duft nach Bienenwachs entströmte. Darin war eine große Kerze aus gelb und rot ineinander fließendem Wachs, die der Form eines aufrecht stehenden Bären nachgebildet war. Sogar das zottige Fell war genauestens wiedergegeben.


    Auch an die anderen anwesenden Sklaven verteilte Leontia nette Kleinigkeiten, vor allem Kerzen und Tonfigürchen. Zuletzt kam sie zu Anaxandra, wünschte auch ihr lächelnd "Bona Saturnalia!", und reichte ihr ein kleines mit Muscheln besticktes Täschchen. Ein Flacon lag darin, gefüllt mit einem goldfarbenen Duftöl, das dezent nach Wildrose duftete. "Wie ist denn dein Name?", fragte sie das Mädchen wohlwollend. "Und woher kommst du? Aus einer Sklavenlinie, oder bist du frisch hinzugekauft?" So eine niedliche junge Leibsklavin hätte sie auch gerne gehabt. Ihre Salambo zeigte in letzter Zeit immer wieder Ansätze von Widerborstigkeit.

  • Ihre Blicke zu dem Sklaven wurden unterbrochen als man sie ansprach. Sie war ein wenig überrascht und sah die Frau mit einem schüchternen Blick an in dem auch etwas Skepsis zu sehen war. Nur vorsichtig nahm sie das kleine Täschen entgegen welches so schön verziert war und wohl zu den schönsten Dingen gehörte die sie nun ihr Eigen nennen konnte. Zaghaft fuhren ihre Fingerspitzen über die Muscheln, von denen sie wusste, dass sie aus dem Meer kamen. Sie hatte es einmal gesehen als kleines Mädchen und träumte davon es noch einmal sehen zu dürfen, irgendwann einmal.
    "Bona Saturnalia!" erwiderte sie den Gruß der jungen Frau. "Dankesehr. Mein Name ist Anaxandra." Ihr Blick huschte über das hübsche Gesicht der Frau und doch blieb ihr Blick schüchtern und zurückhaltend als hätte sie Angst etwas falsch zu machen. "Ich kenne meine Herkunft nicht, tut mir leid, aber ich bin auch noch nicht so lange hier im Haus. Vielleicht drei Wochen, ich habe die Tage nicht gezählt seir dem ich hier bin, Herrin." Sie wusste, dass sie heute eigentlich niemanden Herr oder Herrin nennen musste und brauchte, aber es war ihr eigentlich schon angeboren, dass sie sich den Herrschaften unterwarf und dieses Fest, sie konnte sich daran einfach nicht gewöhnen.

  • Serenus wandte sich an seinen Vater.


    „Keine Sorge Papa. Die Rosensträucher liegen optimal als Hindernisse auf den Rennstrecke oder weit daneben. Da kann gar nichts passieren.



    Er wandte sich an Onkel Furianus.


    „Vielen Dank für die Geschenke Onkel Furianus. Damit kann ich einiges anfangen.“


    Vor allem der Lorbeerkranz hatte es Serenus sofort angetan. Super! Passte fast wie angegossen. Also wenn das kein Wink der Götter war.



    Serenus wandte sich an einen Bediensteten und schaute diesen ernst an.


    „Gibt es auch noch Nachtisch? Oder war das hier schon alles? Und warum legst du mir und Dido immer nur so wenig auf? Kannst du uns nicht leiden?“


    Es schmeckte Serenus und so verlangte er noch einmal einen weiteren Nachschlag. Das war ganz klar ein Vorteil am Wachsen. Man setzte nichts an. Seine geliebte Schwester hatte da in Baiae immer öfters auf den Nachtisch verzichtet, wenn sie wieder ihre „Ich bin klein, hässlich und viel zu dick“-Phasen hatte. Zum Vorteil von Serenus. Nicht, daß es nie genug Nachtisch gegeben hätte.



    Dann widmete er sich wieder Dido.


    „Mit der Schleuder schiesse ich am Liebsten Ratten und Krähen ab. Oder auch die Greifvögel, wenn sie sich ein Huhn geschnappt hatten. Aber Greifvögel sind in der Luft kaum zu treffen und auch nach dem Schlagen des Huhnes noch verdammt schnell.
    Bei Tauben wurde Oma immer sehr ungehalten, da Tauben wohl die Freizeitbeschäftigung von Opa waren. So wie sie es mit ihren geliebten Zierfischen hat. Und Onkel Senator Felix mit seinen Rosen. Da wurde Oma immer sehr sentimental und nur ein kompletter Narr hätte sich den Unmut von Oma freiwillig zugezogen. Hier in der Villa ist das natürlich wieder ganz anders mit Tauben aus.

    Natürlich wirst du Lesen, Schreiben und Rechnen lernen müssen. Ebenso Griechisch. Über eine Tätigkeit als Leibwächterin schauen wir dann mal. Für diesen Fall habe ich ja Nero. Ich selbst will jetzt erst einmal Faustkampf lernen und weiter Ringen. Schwertkampf hat noch Zeit. Das kann Papa mir beim nächsten Besuch in Mantua beibringen.


    Nachher zeige ich Dir mein Cubiculum, vor allem den Nebenraum, damit du weißt wo du ab heute schlafen kannst. Vor der Tür liegt in der Nacht meistens Nero. Es sei denn du willst auf der Türschwelle schlafen. Dann bezieht er den Nebenraum.“



    Serenus wandte sich an Hannibal.


    „Hannibal! Sorge dafür, dass Didos Sachen schon mal alle in mein Cubiculum gebracht werden. Hoffentlich kriegen wir die noch unter bei meinen beengten Räumlichkeiten.“

  • Im Grunde bereute Hannibal schnell die Sprache und den Diskurs auf das Thema Liebe gebracht zu haben, war der Segen Eros doch zugleich mehr ein Fluch für Hannibal gewesen. Abwesend schien er den Wein in all seinen Facetten ergründen zu wollen, hob nur flüchtig seine Augen von der schillernden Flüssigkeit. Mit nachdenklicher Miene lauschte er jedoch Gracchus, sah ihn dabei unverwandt ab. Erst als sein letztes Wort gesprochen war, widmete er sich dem Wein und dachte über die Aussage des Patriziers nach. Und welch Wunder, sein Herr hatte tatsächlich das Bedürfnis aller Welt zu beweisen, dass er in der Lage war an einer solchen Disputatio teilzunehmen. Und doch freute es Hannibal, dass sich Aristides dessen bemühte. Mit einem Lächeln verfolgte Hannibal auch seine Aussage, wunderte sich nicht im Mindesten über selbige. Grübelnd ließ Hannibal seine Gedanken schweifen. Hatte Aristides jemals eine Frau wahrhaftig geliebt? Hannibal ging die Liebschaften seines Herren durch, mehr als ein paar Monate hatte das bei Aristides nie angehalten. Somit schien es für Hannibal kein Wunder zu sein, dass jener nicht den Sinn für die wahre Liebe hatte. Doch gab es sie auch?


    Gerade wollte Hannibal sprechen, den Gedanken von Gracchus fortführen und auch seinem Herren einige Worte erwidern als er von dem jungen Serenus angesprochen wurde. Hannibal wandte sich ihm zu und hob die Augenbrauen. Ein amüsiertes Lächeln umspielte seine Mundwinkel. „Junger Herr, der Maior Domus sitzt Dir gleich gegenüber. Es handelt sich dabei um den Servus Sica!“ Hannibal sah zu Sica hinüber und neuerlich zurück zu Serenus. „Mit Sicherheit wird das nächste Mal dafür gesorgt werden, dass Du sicher und unbeschadet durch die Stadt flanieren kannst. Doch eins solltest Du bedenken, Dominus, befördern und bestrafen in der Sklavenschaft obliegt alleine dem Domus Maior, der direkt seine Anweisungen von dem Hausherren, Senator Flavius Felix, entgegen nimmt.“ Ob dem Jungen das auch ersichtlich war? Aristides hatte ihm heute noch eröffnet, dass sich Hannibal um die Bildung des jungen Lucius kümmern sollte, wenn er seinem Vater ähnlich war, dann würde es kein Vergnügen werden.


    Wie um Leontias Worte zu bestätigen, nickte Hannibal andeutungsweise und trank einen Schluck Wein, wollte abermals zu einigen Worten ansetzen, doch erneut musste er innehalten aufgrund von Serenus und so widmete Hannibal dem Jungen zum zweiten Mal seine Aufmerksamkeit. Er sah ihn ernst an und hob schon an, ihm etwas über den Sinn und den Hintergrund von den Saturnalia zu erklären. Doch ehe er eine Silbe formulieren konnte, besann er sich eines Besseren. Er winkte einen Diener der Freien heran. „Bring die Sachen des Mädchen Dido aus der Sklavenunterkunft zu den Räumlichkeiten des jungen Herren.“ Der Mann neigte den Kopf und verschwand. Mit einem verblüfften Ausdruck nahm Hannibal das Geschenk von Leontia entgegen. Da die Neugier einer seiner Laster war, spähte er natürlich gleich in den Beutel hinein und er lächelte erfreut. „Danke, Domina. Bona Saturnalia.“ Nur wo sollte er die Lampe hinstellen? In die Sklavenunterkunft? Da wurde sie nur schnell gestohlen werden. Ins Lupanar? Da wäre das Geschenk der jungen Leontia völlig fehl am Platz. Doch darüber konnte er sich noch später Gedanken machen.


    Somit konnte Hannibal wieder den anregenden Angelegenheiten des Abends frönen, einer gepflegten Unterhaltung. Noch einmal ließ sich Hannibal Leontias letzte Worte durch den Kopf gehen. Ein Schmunzeln erschien auf seinem Gesicht als er darüber nachdachte, welche Ironie es doch barg, wenn Platons Werk von einer jungen und unschuldigen Frau zitiert wurde. Doch war die Liebe zur Weisheit nicht die Erstrebenswerteste und somit weit übergreifend über jegliche Vorbehalte einer Herkunft oder eines Geschlechtes wegens? Schließlich war auch er nur ein Sklave. „Der Rausch ist somit das Freilegen der versteckten Gefühle, der Empfindungen, die sonst gefangen sind durch die Fesseln der gesellschaftlichen Zwänge? Ob der Qualität eines Gefühls mag man schwer zu urteilen, scheint doch der Moment einer Empfindung oftmals vage und auch kurzlebig zu sein. Jedennoch konstatieren wir, dass die Liebe das Beständigste aller Gefühle ist. Doch ewig und wahrhaftig?“ Hannibal fuhr sich mit einer pseudonachdenklichen Geste übers Kinn, was er sagen wollte, stand ihm längstens vor Augen. „Geschwister scheinen die Gefühle oftmals zu sein, Vorliebe mag die Schwester der Abneigung zu sein, Trauer von der Freude. Indes wie sieht es mit der Liebe aus? Ist es dort nicht der Hass, der die Heftigkeit ähnlich der Liebe in sich birgt. Ein unversöhnlicher Hass kann genauso währen wie eine tiefe und scheinbar wahre Liebe. Doch kann nicht auch jeder Hass wie ein Wassertropfen im Sand versiegen, wenn der Regenschauer zur Neige geht?“


    Nachdenklich drehte Hannibal den Becher und überlegte, ob er seinem Herren etwas erwidern sollte. Wenn er es nicht tat, dann wäre dieser mit Sicherheit noch auf Tage beleidigt. Also griff er ähnlich zu Leontia zu Platon, doch dieses Mal zu einem anderen Werk, wenngleich natürlich mit einer ähnlichen Aussage. „Der Dame Leontia muss ich durchaus zustimmen. Sollte es die wahre Liebe geben, so muss sie rein von jedem Makel sein. Erfüllt mir der Schönheit des Eros. Sind nicht in diesem Sinne auch die Worte des Sokrates, dass die Liebe nur dem Schönen gelten kann und nicht dem Hässlichen? Und ist das Schöne nicht auch kongruent dem Guten? Somit kann die Liebe auch nur dem Guten gelten. Doch ist Kampf, Krieg und Begehrlichkeit ein schmutziges Abbild unseres Menschentums, mehr ein Zeichen, dass das goldene Zeitalter, dessen Gönner wir heute huldigen, endgültig vorbei ist.“

  • Der wissende Blick Anaxandras traf Rutger, als er den Becher wieder absetzte.
    Angrbrodas Brut! - Die Kleine hatte ihn offenbar durchschaut, und einen Augenblick lang schien es ihm, als würde sie gerade Luft holen, um ihn zu verpfeifen. Beschwörend sah er sie an, eindringlich, beinahe flehend – da tauchte unvermutet eine junge Flavierin neben ihm auf, um ihm huldvoll etwas zu schenken. Irritiert nahm er den Beutel aus Flavia Leontias Händen entgegen und zog mit spitzen Fingern die bunte Schleife auf. Eine Bärenfigur? Nein, eine Kerze. Wie nett.
    "Danke.", antwortete er, und, deutlich sarkastisch: "Das kann ich wirklich gut gebrauchen."
    Wie absurd. Sie würden ihn nach diesem Fest wieder in das dunkle Drecksloch sperren - aber er würde eine wohl duftende Kerze haben, die eigentlich viel zu schade zum Anzünden war. Ebenso absurd wie diese ganze Veranstaltung hier.
    Mit einem leichten Kopfschütteln lehnte er sich wieder zurück, ließ den Wein im Becher kreisen, und betrachtete distanziert die Römer, diese Geißel der Welt, in ihrem heute kindlich vergnügten Tun. Ihre Diskussion war in seinen Ohren nur ein hochtrabendes, lebensfernes Schwadronieren. Begierig lauerte er auf eine Gelegenheit, sich unauffällig zurückzuziehen, um endlich Arrecina zu treffen …

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