"Eine stumme Gemahlin? Der Gedanke hat etwas interessantes an sich, aber ich glaube, eine sprechende Frau ist mir dann doch lieber," meinte ich zu seinem Vorschlag und sann kurz über die Familien nach, die für eine Ehe überhaupt in Frage kamen. Mit den Claudiern waren wir nun über Manius verwandt, und die Tiberier wären über Furianus an die Flavier gebunden, blieben nur noch die Aurelier, falls es dort eine passende junge Frau überhaupt gab - ich würde Corvinus einmal fragen müssen, wenn ich mich denn überhaupt zu dieser elenden Heiraterei würde durchringen müssen.
"Antonia ist doch eine angenehme Frau," führte ich den Gedanken fort. "Sie ist klug, scheint von ihren Ansichten her nicht zu modern zu sein und sie verfügt über ein hinreißendes Lächeln. Ich würde fast sagen, sie ist an eine solche Farce verschwendet, aber ich denke, sie hätte es auch sehr viel schlechter treffen können als einen Mann, der sie des nachts nicht aufsucht." Ja, eine Frau wie Claudia Antonia wäre wirklich nicht schlecht, überlegte ich und beobachtete meinen Vetter ein wenig,immerhin schien er sich derzeit halbwegs mit seiner Situation arrangiert zu haben. Nur die Frage des Erben blieb bestehen und würde bestehen bleiben, solange diese Ehe währte.
"Es ist nur schade, dass Aristides derzeit nicht hier weilt, sonst könnten wir unsere alten Gewohnheiten wieder vollkommen aufleben lassen, der Brummschädel nach einer weinseligen Nacht mit inbegriffen," zog ich ihn ein wenig auf und schmunzelte bei der Erinnerung an einen Manius, der sich mit mir gemeinsam im Verbund erbrach. Es passierte sehr selten, aber es war passiert und wir hatten beide recht elend ausgesehen. Ich hatte mich wieder an ein Bruchstück erinnert, fiel mir auf, und das ließ zumindest ein wenig Hoffnung zurückkehren. Vielleicht würde alles irgendwann zurückkehren, wenn man es durch Worte und Taten weckte, als würde einfach ein Teil meines Kopfes schlafen und ruhen. Allerdings, die letzten Worte meines Geliebten rissen mich dann doch wieder heftig aus meinen Gedanken und katapultierten mich in die weit wesentlich weniger angenehme Gegenwart zurück. Calpurnia war gestorben? Ich der letzte der hispanischen Flavier? Das konnte nicht möglich sein.
"Das ist unmöglich," sagte ich leise und schüttelte den Kopf. "Sie können nicht alle tot sein, ich bin nicht der letzte Flavier aus Hispania." Aber je mehr ich meine Gedanken zwang, mich zu erinnern, irgendwelche Namen auszuspucken, desto weniger Erfolg hatte ich dabei. Hatte er denn Recht? War es möglich? Oder spielte mir mein Gedächtnis einen unerfreulichen Streich?
"Sie wollte doch diesen .. Plebejer heiraten. Wie kann sie da tot sein?" Diese Erkenntnis überforderte mich schlichtweg. Nicht, dass ich mich groß an sie erinnert hätte, ich hatte nur dunkel blondes Haar in Erinnerung und ein recht geringschätziges Lächeln, wie es vielen Frauen unserer Familie im Blut lag. Aber ich der Letzte? Ich würde allein schon deswegen heiraten müssen, um die Linie zu wahren - oder sie aussterben lassen, weil ich es so wollte. Mehrfach blinzelte ich und hielt mich schließlich an der Wand fest. "Wie kam sie zu Tode, weisst Du das?"