In den wenigen Tagen hatte Reatinus die Legion gut unter Kontrolle gehabt. Der Stab hatte ihn gut aufgenommen und der Alltag nahm gewohnten Lauf.
"Keine Sorge, Praefectus. Ich habe alles unter Kontrolle", sagte er knapp, "Zumindest traten bis jetzt keine Probleme auf. Hast Du eigentlich Informationen zu der Lage in Roma?"
Praefectus Alexandriae et Aegypti
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- Sedes
- Decius Germanicus Corvus
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Mit einem "gut, gut..." bewertete Varus die Aussage seines Gegenüber und erhob erneut seinen Becher während der Legionskommandeur sich nach der Lage in Rom erkundigte.
"Zugegeben bin ich auch hier etwas überfragt. Von mir in Auftrag gegebene Schreiben aus Alexandria heraus blieben bis dato unbeantwortet. Ich vermute aber eher ein Problem in den Reihen des Cursus Publicus. Erst kürzlich habe ich daraufhin einen Informanten ausgesandt, um die Lage zu inspizieren."
Ein wenig merkwürdig war die ganze Sache dennoch. -
Reatinus nickte bedächtig. "Dann wollen wir hoffen, dass der Informant schnell zurückkehrt. Ich habe lange nichts mehr über die Vorgänge in der Hauptstadt gehört und ich schätze, ich bräuchte dieses Wissen jetzt mehr denn je", sagte der Legionskommandant, "Damit wäre meinerseits alles geklärt. Wenn Du nichts mehr hast, Praefectus, würde ich wieder nach Nikopolis reisen."
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Der Flotten-Subpräfekt musste nicht lange warten und wurde weiter zum Tablinum der Regia geleitet, in welchem der Präfekt sich einigermaßen eingerichtet hatte. Hier und da trugen einige Sklaven noch Teile der dekorativen Innenneinrichtung hinaus und andere herein, so dass es an diesem Tag noch etwas wuselig wirken mochte, aber durchaus zu erkennen war, dass hier definitiv gearbeitet wurde.
Inmitten des Trubels stand der etwas dickliche Minidius Geminus und blickte dem Eintreffenden entgegen. Der Scriba, der Fabius Torquatus eingelassen hatte, verkündete auch gleich sogleich laut über den halben Raum hinweg “Der Subpraefectus Classis Cnaeus Fabius Torquatus“, wartete kurz auf ein Nicken des neuen Hausherrn und verschwand dann auch schon wieder in Richtung seines Officiums.“Ah, Fabius, sehr schön. Verzeih ein wenig die Unordnung, meine Frau besteht auf ein paar gestalterische Veränderungen, die wohl noch einige Wochen in Anspruch nehmen werden“, begrüßte Minidius Geminus den Ankömmling freundlich und reichlich unmilitärisch.
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Am Gewirr im Tablinum störte sich Cnaeus nicht weiter. Er blickte kurz nach links und rechts und befand die Einrichtung, die in diesem Augenblick noch oder gerade erst im Raum war, als durchaus geschmackvoll. Man konnte sagen, Cnaeus hatte gewiss ein Auge für Prunk und Luxus in allen Formen, wenngleich seine Casa in Rom damals von einem Architekten eher schlicht eingerichtet worden war. Nun gut - damals war er auch nicht Herr des Hauses, geschweige denn so gut situiert wie er es jetzt war.
Mit einem militärischen Gruß wandte sich Cnaeus dann direkt zum neuen Präfekten: "Salve, Praefectus Minidius", grüßte der Fabier seinen Vorgesetzten der militärischen Etikette folgend, wenngleich ihm nicht verborgen blieb, dass der Minidier offenbar nicht sonderlich viel wert darauf lag. Zumindest ließ sein Verhalten und sein eher bürokratisch anmutendes Äußeres den Schluss zu, dass er nicht viel Berührungspunkte mit dem Militär hatte. "Natürlich. Ich hoffe, dein Empfang in Alexandria war zufriedenstellend?" Eine Abordnung der Classis war beim Einzug in der Stadt ebenfalls anwesend gewesen.
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“Oh ja, oh ja, durchaus. Sehr erfreulich, wie zuvorkommend mich die Alexandriner auch willkommen geheißen haben. Wenngleich ich fürchte, dass sich das noch ändert, wenn die Abordnung der Griechen hier erst einmal zur Audienz da war“, fügte er fast im Scherzton noch an. Zwischen dem einfachen Mann auf der straße und einem Politiker waren immer Unterschiede. Mit den Politikern in Caesarea hatte man auch hervorragend kommunizieren können, was die Bevölkerung dennoch nicht davon abgehalten hatte, einen Aufstand nach dem anderen anzuzetteln. Hier in Alexandria erwartete er da fast das Gegenteil und eher schwierige Debatten mit den Prytanen und dafür leichteres Leben mit der Bevölkerung an sich.
“Aber bevor wir hier noch zu sehr in Details ausarten: Ich habe dich eigentlich in meiner Eigenschaft als Praefectus Classis hergebeten. Unser Kaiser Cornelius hat mir dieses Amt ja ebenfalls noch mit übertragen, auch wenn ich gestehen muss, dass ich nicht genau nachvollziehen kann, warum. Um es kurz zu machen: Ich habe keine Ahnung von der Seefahrerei. Und mein Wissen von Seeschlachten ist bestenfalls akademisch.
Wovon ich allerdings viel Ahnung habe, ist Verwaltung und Statistik. Von daher, werter Fabius, gedenke ich die Aufgaben so weit als möglich zu deligieren. Dich beauftrage ich mit der verwaltungstechnischen Seite der Flottenverwaltung und erwarte hierüber von dir regelmäßige, schriftliche Berichte zu erhalten. Dafür erhältst du dann auch weitreichende Befugnisse, was Mannschaftszuteilungen, Aufstockungen, Lager und auch die Kasse anbelangt. Aber täusche dich nicht, wie gesagt, mit Verwaltung kenne ich mich aus. Ich werde deine Berichte im Gegenzug auch mit großer Sorgfalt studieren. Und die Befehlskette, was Informationen angeht, ist einzuhalten.“ Nicht, dass der Subpräfekt auf die Idee kam, seine Berichte einfach ohne Rücksprache an die kaiserliche Kanzlei zu senden. Oder noch besser, an den Kaiser höchstselbst.
“Trifft dies soweit auch deine Zustimmung?“ fragte er dann schon einmal nach. -
Cnaeus musste kurz schmunzeln, als er hörte, dass der neue Praefectus Classis nicht viel Erfahrung in der Flotte gesammelt hatte. Im Endeffekt hatte er selbst auch keine Ahnung von der Seefahrerei, als er zum Tribunus Classis und später zum Subpraefectus berufen wurde. Ehrlich gesagt beschränkte sich sein Wissen auch heute noch auf das erforderliche Minimum, wenngleich er im Laufe seiner Dienstzeit die ein oder andere Eigenheit der Flotte kennen gelernt hatte. Seine Aufgabe sah er dennoch darin, dieses Minimalwissen möglichst gewinnbringend zu verkaufen und natürlich auch gegenüber seinem neuen Vorgesetzten den kompetenten Offizier zu mimen. Vor allem dann, wenn sich eine derart lukrative Position ergab, wie Minidius Geminus sie gerade umriss. "Mir ist durchaus bewusst, dass ich einzig und allein dir Rechenschaft schuldig bin, Praefectus - egal wie viel Spielraum du mir - und wohl auch dem Nauarchus der Flotte - einräumst. Ja, deine Ausführungen treffen auch meine Zustimmung", versicherte Torquatus, obwohl er durchaus erkannte, dass die Frage seitens des Präfekten wohl rein rhetorischer Natur war. Welchen Grund hätte Cnaeus auch gehabt, zu widersprechen.
"Bei meiner Ankunft habe ich im Officium des Praefectus Classis - also deinem Officium - bereits einen Tribun der Legio angetroffen, der sich um die Aufstockungen und Bestellung der Materialen gekümmert hat. Vielleicht wäre es sinnvoll, direkt in dieser Richtung noch einmal Nachforschungen anzustellen und mir so einen Überblick zu verschaffen", teilte er dem Praefectus mit. Wohl weniger aus dem Grund, dass dies eine brisante Information war, sondern mehr um auszuloten, über welche Dinge der Minidier in den schriftlichen Berichten tatsächlich informiert werden wollte.
"Eine Angelegenheit, die ich - wenn du erlaubst - direkt mit dir besprechen möchte, ist eine Personalie." Cnaeus hielt kurz inne, um den sachlichen Zusammenhang noch einmal in Gänze in Erinnerung zu rufen. "Es geht um Optio Gnaeus Coriolanus, ein Peregrinus, der mit mir und der Aeternitas aus Misenum kam. Er leistete bereits dort exzellente Arbeit, hat aber nun den Wunsch, nach seiner erforderlichen Dienstzeit ehrenhaft entlassen zu werden und das Bürgerrecht zu erlangen. Er versicherte mir, dass es im primär um die Einbürgerung ging und er - sofern möglich - gerne weiterhin in der Classis dienen würde. Ich würde vorschlagen, ihn zu entlassen, um ihn danach wieder in höherer Position einzugliedern - als Centurio Classicus", führte Cnaeus aus und wartete ab, ob dem von seiten des Praefectus irgendetwas entgegenstand.
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“Ja, der Nauarchus der Flotte... wenn du nachher zurück zur Classis kehrst*, überbringe ihm den Befehl, dass er sich ebenfalls hier einfinden soll, ich muss mich mit ihm auch noch unterhalten. Zuvor hätte ich von dir aber gerne eine Einschätzung des Mannes: Er ist ein Decimus, soweit ich weiß, und war einmal der Protegé des Praefectus Classis Miseniensis? Seine Gens stand zuletzt durch die Vorkommnisse ja nicht im besten Ruf. Ist er vertrauenswürdig? Auch bei heiklen Aufgaben?“ Der Fabius sollte schon länger mit dem Mann zu tun gehabt haben, nicht zuletzt bei der Überfahrt von Ostia nach Alexandria, und konnte daher sicher schon einmal einen ersten Eindruck vermitteln. Wenngleich Minidius Geminus diesen Eindruck ohnehin noch einmal in einem persönlichen Gespräch überprüfen wollte.
“Verschaffe dir einen Überblick. Und vor allem, bringe dann auch den Stand der Bestellungen in Erfahrung und kümmere dich selbständig darum. Soviel weiß ich vom Militär im Allgemeinen und der Flotte im Besonderen, dass auch hier die Lieferung benötigter Lagerbestände mitunter lange auf sich warten lassen. Wenn Gegenstände über das Landesinnere direkt gekauft werden, benötigen wir hierüber selbstverständlich entsprechende Quittungen. Die Ergebnisse kannst du dann in deinem Bericht zusammenfassen.“
Minidius Geminus erwartete nicht Kleinstberichte über jeden Atemzug, aber ausführliche Berichte über die Ergebnisse am Ende. Der Weg dahin war ihm allerdings relativ gleichgültig, solange das Ergebnis stimmte.Das andere Anliegen war dann nun wohl seine erste, richtige Amtshandlung, wenn man so wollte. Einbürgerung eines Peregrinen. Oder zumindest die Entscheidung darüber, ging der offizielle Rechtsweg doch dann über Rom. Wenngleich auch einzig und allein über ihn.
Minidius Geminus kratzte sich kurz überlegend durch den Bart. “Wann hat er seine Dienstzeit denn formal abgeschlossen? Und hat er denn das nötige Zeug für einen anständigen Centurio?“Sim-Off: *Das kann auch gerne schon parallel geschehen und muss nicht bis zum Ende des Gespräches hier warten
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"Natürlich, werde ich, Praefectus*", nahm er den Befehl des Minidiers entgegen. Was Geminus dann verlangte, ließ Cnaeus noch interessierter aufhorchen, als er ohnehin schon war. Eine Einschätzung? Hätte er sich in irgendeiner Weise einen Vorteil dadurch verschaffen können, hier und jetzt nicht seine offene und ehrliche Meinung über den Abkömmling der verrufenen Gens Decima darzulegen, hätte er diese Möglichkeit natürlich nicht verziehen lassen. Im Moment sah er jedoch eher einen Vorteil darin, in Alexandria Fuß zu fassen und nicht schon jetzt die ersten Feindschaften zu eröffnen. "Er scheint mir ein Soldat durch und durch zu sein. Er führt seine Befehle gewissenhaft aus, gibt sich stets diszipliniert und ist auch unter den anderen Flottenmitgliedern beliebt. Ich glaube nicht, dass er rebellische Absichten pflegt, immerhin hat er sich offen zusammen mit Praefectus Dragonum gegen die von seinem Verwandten Decimus Serapio angeführten Praetorianer gewandt. Sein Verhalten gibt mir keinen Anlass zu glauben, dass er für solcherlei Aufgaben nicht geeignet wäre." Genug der Lobhudelei. "Trotz alledem werde ich ihn weiter beobachten. Bisher war er mir nicht sonderlich zugänglich, als würde er sich hinter einer Fassade verstecken." Vielleicht war es an der Zeit seinen Flottenkollegen zu einem ungezwungenen Abendessen einzuladen? Grotesk war auf jeden Fall, dass Cnaeus sich nun über Decimus Massa ausließ, nachdem er selbst vor dem Bürgerkrieg in der Kanzlei mit Salinator noch direkter in Berührung gekommen war als der Nauarchus. Es war wohl der Berühmtheit der Gens Decima geschuldet, dass die meisten ihrer Sippe an den Pranger geführt wurden oder ihnen Misstrauen entgegengebracht wurde, während Cnaues, der sich noch rechtzeitig von der Kanzlei und Salinator gelöst hatte, ungeschuldet davonkam.
Mit einem Nicken und einem einfachen "Jawohl, Praefectus", nahm Cnaeus die Ausführungen des Minidiers zum Thema Materialien und Berichte zur Kenntnis. Torquatus nahm sich vor, dem neuen Praefectus tatsächlich regelmäßig zu berichten und sein Vertrauen zu gewinnen. Vielleicht war genau er ja das Sprungbrett für höhere Aufgaben.
Zum Thema Coriolanus konnte Torquatus eigentlich nicht viel sagen. Er kannte den Mann, wie die meisten Männer, die mit nach Alexandria gekommen waren, nicht sonderlich gut. Er wusste nur eines: "Soviel ich mitbekommen habe, ist er ein Schützling des Decimus Massa. Er hat seine 25-jährige Dienstzeit vor wenigen Tagen abgeschlossen. In den bisherigen Begegnungen machte er einen kompetenten Eindruck und führte die Aufgaben, die ich ihm während und nach der Überfahrt aufgetragen habe stets zu meiner Zufriedenheit aus. Wenn du meine Meinung hören willst: Ich würde ihn zum Centurio befördern. Schon allein aus dem Grund, weil anständiges Führungspersonal in diesen Tagen rar geworden ist." Vielleicht war Coriolanus auch eine Möglichkeit, mehr über Decimus Massa zu erfahren. Auf jeden Fall stand der Wiedereingliederung des zukünftigen Bürgers in Cnaeus' Augen nichts im Weg.
Sim-Off: ...sobald sich die Möglichkeit in unserem aktuell laufenden Gespräch ergibt.
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“Hmhm“, machte Minidius Geminus zu den Ausführungen über Decimus Massa. Gerne hätte er sich sicherer gefühlt bei der Aufgabe, die er dem Mann zu übertragen gedachte, aber vielleicht würde sich das dann noch in dem persönlichen Gespräch ergeben. Warum auch ausgerechnet ihm, Minidius Geminus, prekäre Befehle aus Rom mitgegeben worden waren, wussten allein die Parzen! Aber für den Moment nützte es wohl alles nichts, erst das Gespräch würde es zu Tage fördern.
Bei der Einbürgerungsgeschichte fiel dann auch sogleich derselbe Name noch einmal. “Nun, in dem Fall werde ich auch Decimus Massa um seine Einschätzung hierzu bitten. Allerdings sehe ich keinen Grund, deinen Vorschlag nicht genau so umzusetzen. Sobald der Decimus hier war, werde ich also mit meinem ersten Bericht nach Rom schreiben und dort die Einbürgerung veranlassen. Dieser Optio... Coriolanus“, welch unglücklicher Name, fand Minidius Geminus, hatte doch ein römischer Prätor dieses Cognomens einst fast zur Zerstörung Roms beigetragen, “sollte dann noch mitteilen, welchen Namen zu tragen er gedenkt, damit die Urkunde schon entsprechend ausgestellt werden kann.“
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"Dies hat er mir bereits mitgeteilt", entgegnete Cnaeus knapp. Wie war der Name noch gleich? Glücklicherweise hatte er eine Notiz geschrieben, die er sogleich hervorkramte. Immerhin konnte sich Torquatus nicht jede Unwichtigkeit merken. "Sein bürgerlicher Name soll Gnaeus Marcius Coriolanus lauten", las Cnaeus vor. Nun musste auch der Subpraefectus schmunzeln. Dieser Optio wollte doch nicht etwa einem Kriegstreiber nacheifern, der sich gegen seine Heimat, gegen Rom gewandt hatte? Vielleicht sollte man in dieser Hinsicht eine Einbürgerung doch noch einmal überdenken. Das war aber nunmehr nicht Cnaeus' Angelegenheit. Der Praefectus nahm diesen Fall in die Hand. "Gibt es sonst noch etwas, dass ich für dich tun kann, Praefectus?"
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Zum Glück hatte Minidius Geminus vergessen, dem Subpräfekten Wien anzubieten, sonst hätte er sich jetzt verschluckt. “Ernsthaft? Cnaeus Marcius Coriolanus?“ Da musste der Praefectus Aegypti doch mal kurz blinzeln und seine Sprache wiederfinden. “Weiß der Kerl, was es mit dem Namen auf sich hat?“ Vielleicht fand der Mann ja auch nur, dass es hübsch klang. Es wäre zumindest zu hoffen.
Den Schreck musste Minidius Geminus dann erst einmal verdauen. “Vielleicht redest du noch einmal mit dem Mann und befragst ihn danach. Ansonsten habe ich keine weiteren Befehle erst einmal. Ich erwarte regelmäßige* Berichte und Budgetfragen bis 20.000 Sesterzen** kannst du allein entscheiden, bei darüberliegenden Fragestellungen erwarte ich Rücksprache.“
Sim-Off: *Einmal im Quartal sollte da schon was kommen, wenn du grade was interessantes hast, gerne öfter.
** Das sollte, um Bestellungen auszuspielen, erstmal reichen -
"Er ist ein Fremder, ich weiß nicht, welcher Kultur er entstammt. Auf jeden Fall werde ich nochmal mit ihm sprechen." Im Endeffekt lag es in Coriolanus' eigener Verantwortung, wenn er sich mit einem solch hetzerischen Andenken seine weitere Karriere, die er auch nach einer möglichen Ernennung zum Centurio sicherlich noch wünschte, erschwerte.
"Ich verstehe, Praefecutus." 20.000 Sesterzen waren tatsächlich eine Menge Geld. Natürlich würde Cnaeus auch nicht jede Bestellung selbst in die Wege leiten, wozu war er denn Subpraefectus?
"Dann werde ich mich nun zurückziehen, Praefecuts. Vale!", sprach Cnaeus noch zum Abschied, bevor er sich vom Palast wieder zum Hafen aufmachte.
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“Vale“ verabschiedete Minidius Geminus den Subpräfekten auch knapp und widmete sich dann wieder der Inneneinrichtung seines Palastes. Oder dem seiner Frau...
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Der Nauarchus musste an der Tür noch ein wenig warten, während der Praefectus Aegypti noch eine kleine Handelsabordnung aus Bubastis abfertigen musste. “Ja, gegen die Räuber auf den Straßen muss etwas unternommen werden.“... “Ja, über eine Abmachung bezüglich der Zölle können wir reden. Beim nächsten Treffen.“ “Nein, ich denke nicht, dass ich vorbeikommen kann, um eine Katze einbalsamieren zu lassen...“ So ging es eine ganze Weile, ehe die Abordnung sich dann doch noch hinauskomplimentieren und auf einen anderen Tag vertrösten ließ.
Quintus Minidius Geminus atmete einmal tief durch, während dann der Schreiberling nach vorne trat und den Nauarchus ankündigte. “Der Nauarchus Decimus Massa, Eparchos.“ Spätestens die Verbeugung gegenüber dem Präfekten machte endgültig klar, dass der Schreiberling kein Römer, sondern Grieche war.
Minidius Geminus richtete sich gerader auf und winkte den Decimus näher zu sich heran. “Ah, Decimus, sehr schön. Ich wollte vor eurem Aufbruch nach Laodicea noch mit dir gesprochen haben. Komm näher.“ -
Unvoreingenommen war ich in die Regia gekommen. Ich kannte den Menidier nicht. Das Zusammentreffen, für mich die Gelegenheit, mir ein erstes Bild von ihm zu machen.
Angespannt wartete ich mit dem Scriba, bis dieser den richtigen Moment abpasste und mich beim Praefectus anmeldete. Vorteilhaft, so ersparte ich mir die Vorstellung. Dem Wink folgend trat ich näher zum Praefectus und grüßte. „ Salve Praefectus Minidius, entschuldige mein verspätetes Eintreffen. Ich wollte mich bei der Länge und Tragweite unserer Unternehmung persönlich davon überzeugen, dass alle Schiffe und Mannschaften in bestem Zustand sind.“ Die Verspätung war für meine Verhältnisse nicht entschuldbar, stellte ich nüchtern in Gedanken fest. Es war nicht zu ändern. Was das für einen ersten Eindruck beim Minidier hinterließ? Abwarten und die Ruhe bewahren. Seine Begrüßung war jedenfalls freundlich und ließ auf ein konstruktives Gespräch hoffen. -
“Und ich hoffe, das sind sie?“ fragte der Präfekt auch gleich, was nach der Begrüßung und angesichts der wirklich wichtigen Mission nicht weiter verwunderlich war.
Ein Sklave kam vorbei und brachte Becher mit verdünntem Wein, von denen Minidius Geminus auch einen nahm und dem Nauarchus einen anbieten ließ. “Aber weshalb ich eigentlich mit dir sprechen wollte“, kam er dann auf das eigentliche Thema zu sprechen, “nun... fangen wir anders an. Ich habe mir sagen lassen, dass du dem Praefectus Classis Octavius lange Zeit treu gedient hast. Und natürlich habe ich auch gehört, dass du, wie viele andere auch – gerade auch die Männer des jetzigen Flaggschiffs der Classis Augustana Alexandria – auf der Seite von Vescularius im Krieg gestanden hast. Eine wirklich dumme Geschichte, nicht wahr? Hätte Palma verloren, wärt ihr die Helden gewesen. Und wenn man in einem militärischen Kontext stand, hatte man wohl wenig Wahl, außer, sich für eine der beiden Seiten zu entscheiden. Ich trage dem Octavius seine Entscheidung nicht nach, er wird hierfür Gründe gehabt haben, so wie du die deinen gehabt haben wirst, wiederum ihm zu folgen. Aber im Blick der Allgemeinheit da draußen ist es wohl ein Makel, den es auszubügeln gilt.
Und eben deshalb, weil dies eine sehr heikle und wichtige Aufgabe ist, mit der ich euch betraut habe, wollte ich mir nun ein genaueres, nicht von Gerüchten und früheren Entscheidungen geprägtes Bild von dem Kapitän machen, den ich auf diese Mission auch schicke. Immerhin muss nicht nur ich ihm vertrauen können, sondern mein Urteil bedingt ebenso das Vertrauen des Kaisers. Und mir ist bewusst, dass diese Aufgabe wohl genug Ehre abwirft, um frühere Makel auszuradieren.
Daher frage ich dich einmal ganz direkt, Decimus: Kann ich dir diese Aufgabe anvertrauen? Kann ich dir vertrauen?.“
Minidius Geminus sprach weder anklagend, noch irgendwie unfreundlich. Er hätte auch durch irgendwelche Winkelzüge und Gesprächsfetzen sich zusammenkonstruieren können, ob er dem Decimus nun vertrauen konnte oder nicht. Aber die ehrlichste Reaktion erhielt man wohl beim Blick in die Augen seines Gegenübers, wenn man ihn sehr direkt fragte, ohne Andeutungen und versteckte Hintergedanken. -
Der Wein war eine willkommene Erfrischung. Ich griff dankend zu. „ Alle Schiffe sind bereit zum Auslaufen, die Mannschaften aufs Beste vorbereitet Praefectus Aegypti. Wir haben jeden Tag zur Instandsetzung und Ausbildung genutzt.“ Sein explizites Interesse am Zustand der Flotte musste einen Grund haben. Den ich im späteren Verlauf unseres Gespräches erfuhr. Die Wahl der Seite, der Ausgang des Krieges. Für mich war es eine Frage der Loyalität gegenüber Rom und dem Praefectus classis Octavius Dragonum. Wir wollten Rom beschützen und hatten versagt. Der Octavier hatte mich nie enttäuscht, hatte nie Versprechungen gemacht, die er nicht halten konnte. Nichts hatte er beschönigt. Er hat sich am Ende vor seine Männer gestellt und sie nicht sinnlos geopfert. Das werde ich ihm nie vergessen.
Sehr aufmerksam hörte ich dem Minidier zu. Eine Mission höchster Wichtigkeit. „ Es war für mich eine Frage der Loyalität gegenüber Praefectus Octavius. Er hat erbrachte Leistungen honoriert und sich beim Kaiser dafür eingesetzt. Das hat mich zu dem gemacht, was heute vor dir steht.“ Bis zum Centurio und seinem Adjutanten. Der Nauarchus war ein neu geschriebenes Kapitel in meiner Dienstzeit. „ Wie weit du mir dein Vertrauen schenkst liegt in deinem Ermessen Praefectus. Ich stehe im Dienste Rom’s. Solltest du dich für mich entscheiden, ehrt mich dein Vertrauen. Ich werde die Aufgabe so erfüllen, wie du und der Kaiser es von mir erwarten.“ Ich sagte, was ich dachte. Das war nicht in jeder Situation gut und zu empfehlen. Hier entschied ich mich dafür. Der Praefectus sollte wissen woran er mit mir war. Meine Dienstpflichten nahm ich nach wie vor sehr ernst. Persönliche Befindlichkeiten standen ganz hinten an.
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Loyalität war ein Grundsatz, mit dem Minidius Geminus durchaus viel anzufangen wusste. Er glaubte Decimus Massa da auch durchaus, dass der Octavius sich seinerzeit diese Loyalität auch durch gute Führung verdient hatte. Ob er es ebenfalls schaffen würde, eben dieses Vertrauen sich zu verdienen, war noch offen, aber er hoffte es.
“Nun, im Moment sehe ich zumindest keinen Grund, deine Loyalität in Zweifel zu ziehen, im Gegenteil. Dass du sehr loyal bist, hast du schon unter Beweis gestellt. Zwar nicht für mich, allerdings habe auch ich im Gegenzug noch nicht viel getan, um mir so etwas zu verdienen.“ Minidius Geminus lächelte leicht väterlich und nahm auch noch einmal einen Schluck verdünnten Wein.
“Aber ich hoffe, das werde ich noch. Ebenso wie ich hoffe, dass mein Vertrauen jetzt und hier in baldiger Zukunft sich als gerechtfertigt herausstellen wird. Darüber hinaus hoffe ich, dass du wiederum mir vertraust, dass ich gute Leistungen in jedem Fall honorieren und beim Kaiser auch anbringen werde.
Aber an dieser Stelle muss ich ein Geständnis machen: Ich habe im Grunde keine Ahnung von Schiffen. Ich bin eher ein Mensch der Verwaltung. Schon immer gewesen. Daher werde ich dir ebenso wie dem Subpraefectus vertrauen, was die Ausbildung und Mannschaftspflege angeht. Dir im besonderen vertraue ich bezüglich der Planung von Missionen und der Ergreifung notwendiger Maßnahmen zur Sicherung der Getreidetransporte. Und natürlich deinem nautischen Können speziell bei dieser Mission. Was ich im Gegenzug für diese Freiheit möchte, sind Berichte. Wie schon erwähnt, ich bin ein Verwaltungsmensch. Ich mag Berichte. Und je mehr ich wiederum dem Kaiser weiterberichten kann, umso wahrscheinlicher ist es auch, dass er die Classis mit der ein oder anderen Aufmerksamkeit bedenkt.“
Für Minidius war diese Abmachung nahezu perfekt. Die Männer, die Ahnung hatten, wurden durch ihn in ihrer Arbeit nicht gestört, und er wiederum musste sich nicht in Dinge einmischen, von denen er ohnehin wenig bis gar keine Ahnung hatte. Solange sämtliche Piraten von den Getreideschiffen fern gehalten würden und es keine Schwierigkeiten mit Rom war, war er durchaus bereit, recht großzügig mit Freiheiten seiner – nominell – Untergebenen zu sein. -
Der Minidier hatte sich sehr viel für seine Amtszeit vorgenommen. Das hörte sich alles sehr gut an. Abgerechnet wurde zum Schluss. Sein Geständnis indes überraschte mich nicht. Ich hatte nicht damit gerechnet einen Mann vor mir zu haben, der viel von der Seefahrt verstand. Es war ein annehmbarer Kompromiss, der mir sehr entgegen kam. Mannschaften und Schiffe lagen mir mehr, als der ganze organisatorische Kram drum herum. Die Getreidetransporte sicher nach Rom zu bringen. Etwaige Plünderungen durch Piraten zu verhindern, dass lag mir eher. Mit dem Tribun dürfte es da Hand in Hand gehen. Die Berichte waren die Kehrseite der Medaille. Die laufenden Aufzeichnungen während der Fahrten mussten einfach nur zusammengefasst werden, dann war das Übel aus der Welt und der Praefectus zufrieden gestellt. Wozu hatte man entsprechende Leute an Bord, die das übernahmen. „ Wie Rom sein Getreide bekommt, so wirst du die entsprechenden Berichte dazu bekommen Praefectus.“ Dass die Getreidelieferungen aus Ägyptus einen sehr hohen Stellenwert besaßen musste keiner laut aussprechen. Der innere Frieden Rom’s hing davon ab. „ Falls du keine weiteren Befehle und Wünsche hast Praefectus, veranlasse ich alles notwendige, um so bald wie möglich mit der Aeternitas und ihren Begleitschiffen aus zu laufen.“
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