Immer mehr Leute trudelten an unserem Lagerfeuer ein, lachten, aßen und redeten durcheinander. Mir schwirrte der Kopf von all den verschiedenen Stimmen und Gesprächen. Still schnitt ich Scheibe um Scheibe vom Braten und reichte sie weiter, bis jeder versorgt war. Dass Centurio Flavius tatsächlich auch noch erschien, freute mich, und ich kredenzte ihm ein großes saftiges Stück Schenkel.
"Es lebe die Ziege! Vivat!"
"Wir quatschen die Parther tot, hehe, wir labern bis sie umfallen!"
"Danke, danke. Also die Ziege an sich...-"
"Lass gut sein, jetzt, Musca."
"Oh, der Centurio. Ave Centurio!"
"Da könnte noch etwas mehr Knoblauch dran, meiner Meinung nach."
"Also damals auf den Feldern von Picentia, das war ein Schädelspalten, Junge, Junge ich sag's Dir..."
"Prosit! Auf den Kaiser!"
"...mit der Beute kauf ich mir später dann eine Ölmühle. Eine Ölmühle, das ist so gut wie ein Goldesel, glaub mir."
"Dass hier jetzt auch die Praetorianer rumschwirren... hochnäsige, verweichlichte Paradesoldaten....ich sag Dir, die wollen doch nur unseren Ruhm ernten."
"Sie häuten ihre Feinde bei lebendigem Leibe, diese verdammten Parther. Aber ihre Weiber sind rassige kleine Biester."
"Is da noch Salz irgendwo?"
"Roma victix!"
"Mein Bein? Die Götter mögen es mir bewahren, ich brauch es noch!"
"Ich stand also da vor dem feindlichen Schildwall und sagte - Jungs, sagte ich, seid doch vernünftig..."
"Rück mal rüber."
"...dann zog ich mein Schwert und hielt es hoch in die Luft... für den Kaiser, rief ich..."
"...schwarze Rüstungen, veraltete Schilde und hohle Köpfe, darauf Prost, hehe..."
"Silio, ähm, schau mal, hinter dir."
"Hehe...ups. - Anwesende natürlich ausgeschlossen."
Das war eine peinliche Situation. Mit einem verlegenen schiefen Grinsen bot ich dem Prätorianer, der da so unvermittelt aus der Schwärze der Nacht getreten war, zur Besänftigung auch ein fleischbeladenes Stück Fladenbrot an.
Dann war aber auch diese Ziege ziemlich am Ende. Ich wischte mein Pugio blank, steckte es wieder in die Scheide und setzte mich in den Kreis, neben den anderen Probatus in der Runde, um endlich selbst zu essen.
Mmmm... köstlich, und gar nicht zäh. Aber tatsächlich, beim nächsten Mal wäre ein Hauch mehr Knoblauch nicht verkehrt. Von meinem Nebenmann nahm ich den kreisenden Weinschlauch entgegen, trank und verzog das Gesicht. Bäh, was für ein mieser Fusel. Sehnsüchtig dachte ich an die erdigen, schweren, dunklen Weine, die man in meiner Heimat kelterte.
"Das war heftig neulich beim Training mit den Schilden, nicht?", wandte ich mich schließlich, nachdem der erste Hunger gestillt war, an meinen Probatus-Kollegen und Leidensgenossen an diesem schrecklichen Tag - wenn auch nicht allzu laut, denn Optio Tallius war ja auch zugegen.
"Dieser Ausbilder ist doch eine kranke Bestie. Ich heiße übrigens Serapio. Wann bist Du eigentlich dazugekommen?"
(Ich hoffte ja heimlich, dass es nach mir sein würde, damit ich mich nicht mehr als der Aller"jüngste" fühlen musste.)