• Ich spähe vom Gang aus durch die offene Tür im Raum, in dem sich einige Menschen befinden, manche sitzen an Holztischen, eine Gruppe von Männern und eine junge Frau stehen, offenbar in eine Diskussion vertieft. Ein schwarzhariger Mann, der nicht zur Gruppe zu gehören scheint, steht auch herum, ohne Verbindung zu den anderen, als ob er nicht dazugehören würde. Die Distanz ist bis zu mir spürbar. Auch ein Fremder?


    Es riecht nach Puls und gekochtem Gemüse und sieht aus, riecht, schmeckt und fühlt sich an wie in eines der Wirtshäuser daheim in Flaviobriga. Mir kommt es vor, als hätte jemand in dem Museum, das mir die Villa Flavia ist, ein begehbares Diorama aufgestellt, das meine Heimat wiedergibt.


    Zögerlich trete ich in den Raum, ich bin mir meines irritierenden Aufzugs, das Haar noch leicht feucht, barfuß und nur mit dem Badehandtuch um die Lenden, bewußt und gleichzeitig nicht bewußt, ich ignoriere es einfach, ich habe schon wieder Hunger und Durst. Ich schiebe die Tür ein weniger weiter in den Raum, sodaß ich in den Rahmen treten kann. Ich räuspere mich trocken ...


    Ä-hem ...

  • Kaum hatte ich den Neuen angesprochen, kam auch gleich noch einer! Ob es hier irgendwo ein Nest gab? Aber das Allerbeste war ja, der Kerl hatte nichts an! Er hatte lediglich ein Tuch um seine Lenden gebunden und machte ansonsten einen recht naßen Eindruck. Er durfte wohl so in meinem Alter gewesen sein. Eines mußte man ja unserer Herschaft lassen, Geschmack in Bezug auf neue Sklaven hatten sie!
    Was bist du denn für einer? Oh, heute auch schon gebadet?
    Ich mußte ja richtig lachen, denn er sah ja so komisch aus in seinem Aufzug. Außerdem war es schon Mittagszeit. Normalerweise sollte ein Sklave um diese Uhrzeit eigentlich nicht mehr baden! Aber was war schon normal?
    Hätte ich nur geahnt, wer da so naß vor mir stand!

  • Ich denke mir 'Irgendwer ist von hinten an mich herangetreten und hat mir eine Schüssel mit heißem Wasser über den Kopf geschüttet' (natürlich war da keiner), während ich vom Scheitel über das Kinn, den Bauch bis zu den Zehenspitzen krebsrot werde, als die junge Frau - ein Mädchen! Ariadne! - ihren Blick zu mir wendet und mich anspricht.


    Gebadet? Äh? ... Ach ja, eben ... a-hem ...


    stottere ich mir zusammen,


    ... bin im heißen Wasser eingeschlafen, länger ... is' wohl später am Tag, oder?


    Ich schiebe mich weiter in den Raum, halte mit einer Hand das Badehandtuch, hoffentlich rutscht das Ding nicht ... Ariadne lacht -


    Ehrlich, äh, hab' mich völlig verfranst, das is' ja hier wie in einem Irrgarten ...


    ... im Labyrinth von Kreta ...
    Ich schaue mich unsicher um ...


    .. ob ich noch 'was zum Essen und Trinken bekommen könnte?


    sage ich und zeige mit meinen Augen auf eine der Tonschalen, in der sich eine Mischung aus Gemüse und dem allgegenwärtigen Getreidebrei befindet.

  • Irgendwie eigenartig, der Typ!, dachte ich. Wie konnte man denn hier im heißen Wasser einschlafen? Hatte er hier nichts zu tun?


    Soso, eingeschlafen! Das müßte mir auch mal passieren! Du bist wohl neu hier, was?


    Naja, da wollte ich ja mal nicht so sein. Schließlich konnte es mir ja egal sein, was er tat. Das war ja sein Problem. Solange er deswegen keinen Streß mit seinem Herrn bekam!


    Salve! Ich bin Bridhe!


    Verwundert sah ich ihn an. Er wollte doch tatsächlich diesen Fraß essen! Der arme Kerl! Er war wohl noch schlimmeres gewohnt!


    Bist du dir da ganz sicher, daß du das hier essen willst?


    Angeekelt deutete ich auf ein mit "Essen" gefülltes Schälchen.

  • Ich will ihre Hand erst mit meiner Rechten ergreifen, da wird mir bewußt, daß ich damit mein Badetuch festhalte, ich wechsele die Hand und zurre in einer Bewegung gleich das Tuch fester um meine Taille - und ergreife ihre Hand und schüttele sie, sie ist keine Römerin, ganz sicher, den Brauch des Händeschütteln kennt sie auch.


    Salve! Ich bin Luca, frisch aus Hispania 'importiert' ... :D


    "und so landet Aeneas endlich am Strand des euboeischen Kumae.
    Meerwärts wenden nun sie den Bug; mit haftendem Zahne
    hält der Anker die Schiffe auf Grund; es säumen die krummen
    Hecks die Gestade; der Jünglinge Schar springt feurigen Eifers
    flinkt an Hesperidens Strand ..."


    ich grinse wegen dem 'importiert' - Pedros Vater hatte ihm zum Abschied auf die Schultern geklopft und gesagt: 'Junge, jetzt exportiert Flaviobriga auch mal 'was nach Rom - Du bist eines uns'rer besten Produkte!' Und Pedro hatte spöttisch gelacht.


    ... stimmt, ist ziemlich dumm, im Wasser einzupennen, und dann noch so lange zu schlafen! Dabei wollte ich heute früh 'raus. Eheu, ich Armer!


    Ich lache und fühle mich ziemlich wohl.


    Wenn ich 'was davon bekommen kann? Klar, das doch Puls mit Gemüse, nich? Ich eß' alles, alles, nur nich' wenig.
    Bei uns zuhause wird Puls mit Fisch gemacht, manchmal gebraten, manchmal mitgekocht. Ist gut und macht satt.


    Kaum hat mich das Mädchen angesprochen, bin ich in den Slang der Dorfjugend und der einfacheren Leute in Flaviobriga gerutscht, mit meiner Mutter habe ich immer Hochlatein sprechen müssen, auch wenn sie akzeptiert hat, daß ich mich mit Pedro und den anderen den ganzen Tag herumgetrieben habe. In Flaviobriga gab's ja nur eine "feinere Herrschaft" - meine Mutter, ziemlich wenig, um zu üben.

  • Zitat

    Original von Bridhe
    Nach einer doch recht kurzen Nacht, die einem langen, teils unterhaltsamen Abend gefolgt war, stand ich schließlich doch auf, zog mich an und eilte zur Küche, um das Frühstück für Aquilius zu holen. Mir selbst knurrte auch schon der Magen vor Hunger, was meine Stimmung an diesem Morgen wohl nicht sonderlich bessern würde. So beschloß ich wenigstens, daß ich in der Küche das Tablett mit besonders großen Portionen bestücken lassen würde, damit ich im Zweifelsfall auch noch meinen Anteil davon abbekam.
    Doch wie es der Zufall so wollte, kam ich erst gar nicht bis zur Küche.
    Als ich am Speisesaal der Sklaven vorbei gehen wollte, lief ER mir direkt in Arme.
    Ich lächelte süßlich und noch süßlicher, so daß es fast schon kleben mußte, war meine Stimme.


    Guten Morgen, leannán! Hast du vielleicht einen Moment Zeit für mich?


    Lange hatte der Germane sich am Vorabend in der Stadt herumgetrieben. Geschäftlich sozusagen. Nämlich in Hinblick auf den höchst verlockenden Auftrag des zwielichtigen Fremden.
    Vieles ging ihm durch den Kopf, als er jetzt, ein wenig übernächtigt den Gang entlang zum Speisesaal schritt. Die Summe war einfach atemberaubend. Wenn er sie erränge - ob es genug wäre sich freizukaufen? Dann könnte er sich Arbeit suchen, beispielsweise als Leibwächter, Gladiator, Türsteher, Halsabschneider oder Strassenräuber, Geld verdienen, und wenn es gut ging irgendwann auch seine Bridtha freikaufen...
    Wieviel war er überhaupt "wert"? Aquilius hatte keine Sesterze für ihn bezahlt, also konnte er es nicht einschätzen. Vielleicht sollte er sich einmal "schätzen" lassen. Und natürlich musste er den Kerl erst mal um die Ecke bringen. Sicher hatte so ein großer Fisch auch Leibwächter bei sich, irgendwie musste er also an ihn rankommen... Hmm...vielleicht versuchen Aufnahme in dessen Bande zu finden? Er brauchte auf jeden Fall mehr Informationen über das Opfer...
    Kontemplativ rieb er sich die Nasenwurzel, im Gehen, und sah, aus seinen blutigen Gedanken gerissen, erstaunt auf, als auf einmal Bridhe vor ihm stand.
    Und wie lieblich sie lächelte!
    "Guten Morgen min Skaz!"
    Sonnig strahlte er sie an, bewegte sich schnell ganz dicht an sie heran und stützte die Arme rechts und links von ihr an die Wand des Ganges, so dass sie dazwischen gefangen war.
    "Natürlich meine Liebste", sprach er, mit einem hungrigen, beinahe knurrenden Unterton, und näherte seine Lippen langsam den ihren.
    "Alle Zeit der Welt...."

  • Na wie schön!, dachte ich und überlegte, wie ich es ihm schonend beibringen sollte! Denn schließlich wollte ich ihn ja auch nicht vertreiben! Ich versuchte ein beleidigtes Gesicht zu machen aber irgendein Nerv in meinem Gesicht wollte ständig lächeln.


    Ich war heute Nacht wieder bei Aquilius! Wir haben uns die halbe Nacht über alles Mögliche unterhalten.
    SAG MAL, KANN ES SEIN, DASS DU BEI IHM WARST UND IHN GEBETEN HAST, MICH NICHT ZU BESTRAFEN, HÄHH???
    DU HAST MIR DOCH VERSPROCHEN, NICHTS ZU TUN!


    Eigentlich hatte ich vor gehabt, ruhig zu bleiden, doch mit jedem Wort wurde ich lauter, bis ich schließlich fast schrie!
    Ich schaute mich um. Um mich herum war alles mucksmäuschenstill geworden und schaute auf Severus und mich. Ich verzog mürrisch das Gesicht. In einem gemäßigterem Ton und um einige Lautstärken leiser fuhr ich fort.
    Warum hast du das gemacht? Du hattest es mir doch versprochen?
    Doch so richtig böse konnte ich ihm nicht sein. Wie er so da stand und mich wieder anschaute, mußte ich doch glatt dahinschmelzen.
    Also zwang ich mich, ihm nicht gleich um den Hals zu fallen, sondern ihn noch etwas zappeln zu lassen.
    Das er heute mit mir Einkaufen gehen müßte, würde ich ihm erst ganz zum Schluß, sozusagen als krönendes Finale, eröffnen.

  • Verwundert sah ich Straton an. Ob er wohl zusammen mit diesem Luca angekommenlich war. Auf jeden Fall machte Luca einen ziemlich hungrigen Eindruck.
    Seid ihr beiden zusammen hier angekommen?


    Fragend sah ich erst zu Straton, dann wieder zu Luca.


    So wie es aussah, fand Luca das Essen richtig lecker. Er schwärmte fast schon davon. Na gut, wenn er solchen Hunger hatte, dann sollte er natürlich auch etwas bekommen. Doch vielleicht wäre es doch besser, wenn er sich erst mal was drüber ziehen würde, dachte ich so bei mir.


    Hör mal, wenn du so einen gesteigerten Wert hier auf das Essesn legst, na komm, dann sollst du auch was davon haben! Allerdings hat sich in die Pampe garantiert kein Fisch verirrt!
    Aber wie wär´s denn, wenn du dir erst mal was anziehen würdest? Wäre doch echt gut, oder? Dann müßten die Frauen deinetwegen hier nicht reihenweise in Ohnmacht fallen.


    Das war ja echt ein lustiger Typ. Mit dem würde ich sicher meine Freude haben!


    Soso, aus Hispania kommst du. Ich komme aus Éir..,ähm aus Hibernia.
    Weißt du was, du gehst los und ziehst dich an und ich besorge dir was zu Essen!


    Freundlich lächelte ich ihm zu und wollte eigentlich schon los gehen, um ihm etwas eßbares zu besorgen.

  • Ich blicke kurz zu dem schwarzharigen Mann - auch ein Hispanier? So sieht er eigentlich nicht aus, das Gesicht ist nicht das eines Hispaniers.


    Nein, schüttele ich den Kopf, ich hatte eine individuelle Luxus-Küsten-Kreuzfahrt gebucht -


    auf einem verlotterten Kaufmannssegler, den man noch auf einem Brett schwimmend hätte überholen können ...


    und die Idee mit der Kleidung ist wirklich gut, wirklich, Bridhe von der grünen Insel. Ich hab' sogar noch zwei relativ saubere Tuniken in meinen Zimmer - und die Reise-Knitter müßten inzwischen auch 'raus sein. Allerdings ...


    ... ich trete von einem Fuß auf den anderen und Blicke irgendwohin, nur nicht in ihre blauen - uff - Augen ...


    ... keine Ahnung, wo dieses Zimmer ist. Habe gestern Abend nicht wirklich aufgepaßt, als ich hinter dem Kleinen, wie hieß der? Kallios, Kälos, nein: Kaïlos hinterhergedackelt bin. Sonst würde ich ja auch nicht in so ... so ... so indisponablem ... :D


    ... schon wieder muß ich grinsen, in Gedanken an meinen Großonkel gestern ...


    Zustand herumgeistern, nicht? Ich habe schlicht die Orientierung verloren.-


    Mir ist aber nicht kalt, ich setz' mich einfach irgendwohin in inne Ecke, dann erschreck' ich auch keine Frauen ...


    Sim-Off:

    Ich schätz' mal, die Rutger Severus/Bridhe-Schiene spielt zu einer anderen (früheren?) Zeit? Oder nicht? Straton aber zeitgleich ... ?

  • Sim-Off:

    Genau! ;) Severus/Bridhe spielt etwas früher!


    Humor hatte er auch noch und außerdem hatte er auch schon die geschwollene Sprache der Herrschaft drauf!


    Luxus-Küsten-Kreuzfahrt, ha, das hört sich ja gut an!
    Also dann bist du gestern Abend erst angekommen. Aha!
    Na schön, dann setz dich doch erst mal. Ich hol dir was zum Beißen und wenn du fertig bist zeig´ ich dir dann den Weg zu deinem "Zimmer".


    Belustigt den Kopf schüttelnd, ging ich, um ihm ein Schälchen mit Brei zu holen. Auch an einen Becher mit Wasser hatte ich gedacht.


    So! Dann laß dir´s mal schmecken!


    Lächelnd reichte ich ihm seine Portion.


    Hör mal, ich laß dich jetzt einfach mal in Ruhe essen. Wenn du fertig bist, kannst du ja rüber zu mir kommen. Ich wollte mich noch kurz mit dem anderen Neuen unterhalten!


    Während ich das sagte, deutete ich hinüber zu Straton.

  • Sim-Off:

    Puh, einen Tag unterwegs und man erkennt die Gegend nicht wieder - ihr seid zu schnell für mich! :D


    Als der andere Mann den Raum betreten hatte, hatte sich auch die Stimmung gewandelt - sicherlich, er hatte eine sympathische Art, etwas, das einen an den etwas verwirrten, etwas chaotischen jüngeren Bruder oder Freund aus der Nachbarschaft denken ließ, aber für die Augen des Sklaven gab es noch etwas, das ihn deutlich vorsichtiger machte: Einen vagen Anklang an die flavische Familienähnlichkeit. Man erkannte sie immer, die Bastarde, verschollenen Verwandten, reiselustigen Onkel und verlotterten Tanten, und dieser junge Mann musste ein Flavier sein. Oder zumindest mit flavischem Erbteil gezeugt. Straton hatte der Unterhaltung gelauscht, und während er im stillen eine Wette abschloss, ob nun das Tuch um die Hüften zu Boden fallen würde oder eben nicht, blickte er sich weiter um. Der Zustand der culina war ekelerregend und er würde sicher nichts essen, was hier gekocht wurde. Selbst in Hispania ging man mit den Sklaven besser um als hier.


    "Nein, wir sind nicht gemeinsam eingetroffen," sagte der Grieche ruhig und fuhr mit einem Finger prüfend über die Oberfläche eines der seitlich aufgestellten Schränke, in denen zweifellos das billige Geschirr der culina lagerte. Ein Gemisch an siffigem Fett und Schmutz blieb an seinem Finger hängen, und das verdarb ihm den Appetit noch ein wenig mehr. Hier würde er nicht essen können, nicht freiwillig. Dass es andere offensichtlich schafften, nötigte ihm eine gewisse Bewunderung ab, aber gleichzeitig fragte er sich, ob es wirklich möglich war, dass der persönliche Geschmack eines Menschen so abstumpfen konnte. "Schön, dich kennenzulernen, Bridhe .. und auch Dich, ... Luca." Eine kurze Kunstpause vor dem Namen des Mannes mochte andeuten, dass er der Sache nicht ganz traute, und insgeheim überlegte der Grieche, zu welchem Teil der Familie er zählen mochte. Hatte er jemanden vergessen? Aber nun stand Bridhe wieder bei ihm, und so kam er dazu, die junge Frau etwas genauer anzublicken. Eine Schönheit, mit berückenden Augen ... nun, vielleicht würde man sich öfter sehen, wer wusste das schon.

  • Sim-Off:

    Don´t worry! Bridhe ist ja wieder da! ;)


    Gesagt, getan! Luca konnte in Ruhe essen und ich ging wieder zu Straton, der schön brav gewartet hatte.
    Ich lächelte ihm freundlich zu, sah noch einmal zu Luca hinüber und meinte dann etwas leiser:
    So, da bin ich wieder! Komischer Typ, dieser Luca, findest du nicht?
    Noch einmal sah ich ihn mir in Ruhe an und überlegte, wo er wohl herstammte und wie sein bisheriges Leben verlaufen war. Die Art wie er sich hier umgesehen hatte und auf Kleinigkeiten geachtet hatte, ließ mich vermuten, daß er nicht erst seit Vorgestern in der Sklaverei war. Doch er trug dies mit einer Art Würde. Aber ich müßte ihn fragen, um etwas über ihn herauszufinden, was ich dann auch tat.


    Ich schätze mal, du bist nicht so wild hier auf das Essen, wie unser Kollege da drüben?


    Grinsend deutete ich in Lucas Richtung, der sich regelrecht auf das Essen gestürzt hatte und damit ganz zufrieden ausschaute.


    Darf ich fragen, woher du kommst?

  • "Er hat sehr weiche Hände für einen Mann, der hier unten isst," gab Straton leise zu bedenken, und straffte sich dann etwas, als er ihren musternden Blick bemerkte. Wohl eine rein instinktive Handlung, ihrem Ton nach zu urteilen, war sie schätzungsweise noch nicht lange Sklavin. Die wenigsten langjährigen Sklaven behielten eine so forsche Art. Sollte sie schon einmal einen Griechen gesehen haben, würde Bridhe wohl gewisse Ähnlichkeiten entdecken - er hatte eine typisch achaisch-markante Nase, das Haar war tiefschwarz und ordentlich zurückgekämmt, die Augen ebenfalls fast schwarz, so dunkel schimmerte das Braun.
    "Und das Zeug da Essen zu nennen, ist schon eine sehr, sehr gutmütige Übertreibung. Gibt es das hier immer?" Schon sein Ton verriet, wie wenig er von der Aussicht darauf begeistert war, diese unmotiviert zubereitete Pampe täglich herunterwürgen zu müssen. Straton hatte gewisse Vorstellungen, wie sein tägliches Leben abzulaufen hatte, und dazu gehörte eigentlich nicht, sich stundenlang wegen mieser Nahrung übergeben zu müssen.


    "Ich bin aus Hispania hierher angereist, wie es der Wunsch meines Herrn war - ich habe einen Teil seines Hausstands mitgebracht, wegen seiner Hochzeit. Seine Frau soll wohl nicht denken, dass er nichts besitzt oder alles in dieser Villa mehr oder weniger Gemeinschaftsbesitz ist," antwortete er ihr und die Mundwinkel hoben sich zu einer vagen Andeutung eines Schmunzelns. "Welche Aufgaben hast Du hier im Haus, Bridhe?"

  • Während ich mich zur äußeren Ecke einer Bank durchschlängele, um dort endlich mein Frühstück, nein, wohl eher mein Mittagessen zu bekommen, winke ich dem Griechen mit dem fast lackschwarzen Haar zu:


    Mich auch - komme gleich wieder!


    Als die saphiräugige Bridhe mir die Schale Puls und einen Becher Wasser bringt, habe ich den Löffel schon im Anschlag. Ich lächele dankbar und senke den Holzlöffel in den Brei.


    Darauf schickte der König Eurystheus den Herakles zur fünften Arbeit fort, die eines Helden wenig würdig war. Er sollte den Viehhof des Augias in einem einzigen Tage ausmisten.
    Augias war König in Elis und hatte eine Menge Viehherden. Sein Vieh stand nach Art der Alten in einer großen Verzäunung vor dem Palaste. Dreitausend Rinder waren da geraume Zeit gestanden, und so hatte sich seit vielen Jahren ein unendliche Menge Mist angehäuft, den nun Herakles zur Schmach und, was unmöglich schien, in einem einzigen Tage hinausschaffen sollte.
    Als der Held vor den König Augias trat und, ohne etwas von dem Auftrage des Eurystheus zu erwähnen, sich zu dem genannten Dienste erbot, maß dieser die herrliche Gestatlt in der Löwenhaut und konnte kaum das Lachen unterdrücken, wenn er dachte, daß einen so edlen Krieger nach so gemeinem Knechtsdienste gelüsten könne. Indessen dachte er bei sich: Der Eigennutz hat schon manchen wackeren Mann verführt, es mag sein, daß er sich an mir bereichern will. Das wird ihm wenig helfen. Ich darf ihm immerhin einen großen Lohn versprechen, wenn er mir den ganzen Stall ausmistet, denn er wird in dem einen Tage wenig genug hinaustragen. Darum sprach er getrost: "Höre, Fremdling, wenn du das kannst und mir an einem Tage all den Mist herausschaffst, so will ich dir den zehnten Teil meines ganzen Viehstandes zur Belohnung überlassen."
    Herakles ging die Bedingung ein, und der König dachte nun nicht anders, als daß er schaufeln anfangen würde ...


    Ich schaufele rythmisch ohne abzusetzen einen Löffel Puls nach dem anden in mich hinein - ohne zu schlingen, aber doch zügig - und da ich schnell die Schüssel bis auf das letzte Getreidekorn und Gemüseschnitzelchen leer vor mir stehen habe, spüle ich das Essen mit einen einzigen Schluck aus dem Becher hinunter ...


    Herakles aber, nachdem er zuvor den Sohn des Augias, Phyleus, zum Zeugen jenes Vertrages genommen hatte, riß den Grund des Viehhofs auf der einen Seite auf, leitete die nicht weit davon fließenden Ströme Alpheos und Peneos durch einen Kanal herzu und ließ sie den Mist wegspülen und durch eine andere Öffnung wieder ausströmen. So vollzog er einen schmachvollen Auftrag, ohne zu einer Handlung sich zu erniedrigen, die eines Unsterblichen unwürdig gewesen wäre.


    Bridhe und der Grieche unterhalten sich leise, ich will nicht gleich wieder stören und bringe mein Geschirr zurück zur Küche, wo mir Becher, Schale und Löffel ohne größere Umstände und Worte abgenommen werden. Ich gehe zurück durch die Reihen und komme zu Bridhe und dem Griechen an die Bank:


    Uff, das war dringend nötig. Aber Du hast recht, Bridhe, die hohe Kunst der Puls-Küche war das nun nicht gerade. Und ich hab' mir immer vorgestellt, in Rom würden Spitzengallier kochen, feine Gewürze, Zutaten aus allen Provinzen und Königreichen, Kunstwerke zum Essen á la Apicius, Flamingozungen in Aspik, weißt schon. Naja, in einem schlechten Winter habe ich schon tagelang Puls mit Puls und manchmal - zur Abwechslung: Puls mit Puls gegessen, wenn das Gemüse alle war und wegen Sturms niemand zum Fischen gehen konnte.


    Mit einer deutenden Kopfbewegung zur Küche:


    Aber das: Hoher Härtefaktor, echt grenzwertig, ohne mich aus dem Fenster lehnen zu wollen: fast schon - deplorabel. :D


    Zum Griechen gewendet frage ich höflich, ein wenig Konversation ist nie verkehrt, aber der Mann ist auch ein Band in meine Heimat, hoffe ich:


    Und Ihr - der Mann ist wohl schon so alt wie mein Großonkel, Mutter sagte immer, man soll Menschen, die erkennbar älter sind als man selbst, die größte Hochachtung entgegenbringen - Ihr seid aus Hispanien? Vielleicht aus der griechischen Siedlung Emporiae?, denn wie Ihr seht eher wie ein Grieche denn ein Hispanier aus ...

  • Straton konnte sich nicht so recht Reim auf diesen seltsamen Kerl machen, dessen Gesicht ihn an die Flavier erinnerte, dessen Auftreten aber - wenn er wirklich ein Flavier war - gegenüber einem Sklaven eindeutig zu ehrerbietig war. Die meisten Römer behandelten Sklaven nicht besonders aufmerksam, einige wenige behandelten sie wie Dreck, und ab und an traf man auch einen, der bereit war, in einem Sklaven den Menschen zu sehen - in sofern hatte er wohl mit seinem Herrn ein gewisses Quentchen Glück gehabt.
    "Nein, meine Eltern waren Achaier, und ich selbst bin in Hispania aufgewachsen," erklärte Straton und wandte den Blick zu 'Luca'. "Es ist wohl von allem ein bisschen was drin. Da meine Familie der gens Flavia nun schon in der vierten Generation dient, ist es wohl nicht erstaunlich, dass ich Achaia bisher nur einmal gesehen habe und wenig damit verbinde."


    Wenn 'Luca' ein Flavier war, was machte er hier, in dieser versifften, ekelhaften Umgebung, und das auch noch freiwillig? Er selbst hätte den puls nicht angerührt, den der Fremde so bereitwillig verschlungen hatte, und noch hatte er ihn nicht im hohen Bogen von sich gegeben. Seine Selbstbeherrschung schien wirklich außerordentlich zu sein. "Und, wem gehörst Du?" fragte er schließlich in Richtung Bridhe. Es war ja nicht schlecht, sich schon einmal einen groben Überblick über den flavischen Haushalt und die Besitzverhältnisse zu verschaffen. Etwas sinnierend betrachtete er 'Luca' von der Seite und überlegte, wie er weiter mit diesem seltsamen Mann umgehen sollte, der sich so eigenartig benahm. War das vielleicht ein Test der Sklaven hier im Haushalt? Exzentrisch genug für so etwas waren die Flavier allemal.


  • Severus' Bewegung auf sie zu endete abrupt bei dem Wort 'Aquilius'. Warum sagte sie ihm das? Wollte sie ihn eifersüchtig machen? Wenn ja, dann war ihr das gelungen. Und als sie ihn auf einmal anschrie, fuhr er vollends zurück, starrte sie im ersten Moment nur verblüfft an. Was war denn nur mit seinem sanften, liebreizenden Schwanenmädchen passiert, dass sie sich auf einmal in eine wilde Furie verwandelte?!
    Dann verdüsterte sich sein Gesicht, seine Lippen wurden schmal und Zorn glomm in seinen Augen.
    "Was redest Du da?!", entgegnete er wütend.
    "Zeihst Du mich etwa des Wortbruches?! Wäge Deine Worte, Bridtha! Ziu der Einarmige, Schirmer des Things und des Eides ist Ahnvater meiner Sippe. Mein Wort ist mir heilig. Niemals hab ich so ein Versprechen Dir gegeben. Mässige Dich!
    Ja, ich war bei ihm - natürlich! Denkst Du denn ich will dass ein anderer die Strafe für meine Taten zu tragen hat? Da kennst Du mich schlecht. - Er war aber stur."

    Empört über ihre Vorwürfe schüttelte er den Kopf, achtete nicht der Zuschauer, die begierig diesen Wortwechsel verfolgten, und fixierte Bridhe finster.
    Frauen! Unverständliche, unberechenbare Wesen, so launisch wie der Westwind...

  • Zitat

    Original von Straton, Bridhe und Lucanus


    Es war an einem ganz anderen Tag, als Severus, der heute nur den Vormittag im Ludus verbracht hatte, zu Mittag in die Villa zurückkehrte und gleich hungrig in die Küche trat. Er war ein bisschen spät dran, und viel war nicht mehr in dem Kessel, aus dem die Sklaven ihre Mahlzeiten schöpften.
    Mit dem langen Holzlöffel kratzte er sich die Breireste heraus - das Gemüse war schon alles herausgefischt - bis es halbwegs die Schale füllte. Eine harte Scheibe Brot fand er noch, dann begab er sich in den Nebenraum, den schmierigen Speisesaal der Sklaven. Sogleich erblickte er Bridhe, im Gespräch mit zwei Unbekannten, neuen Sklaven anscheinend. Ein paar Fetzen ihres Gespräches auffangend trat er hinzu, und legte seiner Süßen ebenso liebevoll wie besitzergreifend die schwielige große Hand auf die Schulter.
    "Salve!", grüßte der strohblonde Germane freundlich. Sein Latein war fließend, mit rauhem nordischem Akzent.
    "Ihr seid neu hier? Willkommen. Mein Name ist Severus. Kommt ihr aus Baiae?"
    Der jüngere der beiden schien allerdings eher direkt vom Sklavenmarkt zu kommen, und gerade erst das obligatorische Bad hinter sich zu haben, die Einkleidung aber noch nicht. Etwas sympathisches war um ihn. Der andere dagegen wirkte kalt wie eine Hundeschnauze.

  • Herrjeh, dachte Straton. Was gab es in diesem Haushalt nur für Sklaven? Neben einer hübschen Frau aus den Nordlanden nun auch noch ein schrankbreiter Kerl mit dem Aussehen und Auftreten eines mühsam gezähmten Barbaren. Germane wahrscheinlich, Chatte vielleicht, oder Cherusker, schloss er aus dem Akzent des Mannes und nickte ihm grüßend zu. "Salve, Severus. Ich bin Straton - und nicht aus Baiae, sondern aus Tarraco, der dortigen villa Flavia stammend." Wahrscheinlich wieder einer dieser Wilden, die sie im Feldzug gefangen genommen hatten und dann als Sklaven auf den Markt geworfen. Nordländer eigneten sich wenig für die Sklavenschaft, die Erfahrung hatte er bisher jedenfalls gemacht, sie waren zu aufsässig, zu sehr von sich und ihrer Wichtigkeit überzeugt. Wenigstens hatte man ihm einen römischen Namen gegeben, diese Nordländernamen, besonders die der Männer, waren zumeist unaussprechbar, wenn man Latein gewöhnt war.


    "Du hast dieses Zeug da eben auch gegessen?" Damit deutete Straton in die vage Richtung des Kessels, in dem sich noch ein Rest Mittag-puls befand. "Was muss man vorher trinken, um das herunter zu bekommen? Es sieht hier wirklich furchtbar aus." Wieder blickte er sich um, und schüttelte dann den Kopf. "Das muss sich hier dringend ändern, das sind Zustände wie in Parthia oder Syria." Kurz schmunzelte der Achaier dünn, bevor sich sein Blick wieder auf Severus und Bridhe richtete - anscheinend ein Paar, so besitzergreifend wie er sich benahm, anscheinend noch nicht allzu lange zusammen. Nun, das würde heiter werden, Paare unter Sklaven bedeuteten früher oder später immer Probleme.

  • Ich will mich gerade zu dem Griechen - wie hieß der eigentlich?, habe ich gar nicht mitbekommen - setzen, da kommt von hinten ein ziemlich sehr großer blonder Mann mit Drei-Tage-Bart aus der Küche. Er geht zielstrebig auf Bridhe zu und legt ihr seine Pfote auf die Schulter. Die Geste kenn' ich: 'das da gehört mir und wer auch nur daran denket, das könnte mal anders werden, ist tot - er hat es nur noch nicht gemerkt'.


    'Salve, Severus. Ich bin Straton - und nicht aus Baiae, sondern aus Tarraco, der dortigen villa Flavia stammend', sagt der Grieche. Also Straton; stratos, ou: das Heer - auch: Hauptstadt Arkaniens, klar. In meinem Kopf klicken die Verbindungen, klick-klack.


    Salve auch, schließe ich mich an und hebe lächelnd die Hand wie bei einer Anwesenheitskontrolle: Luca, aus Flaviobriga, ebenfalls Hispania Tarraconensis.


    Wenn Straton aus Tarraco ... ha! ...


    Verzeiht, Straton, werfe ich dann ein, aber wenn Ihr aus der Tarraco kommt, dann kennt Ihr ganz sicher meinen Onkel Furianus, oder? Wenn ich das gewußt hätte, daß Ihr auch nach Rom fahrt! Aber meine Mutter hat mit aufgetragen, direkt nach Rom zu fahren und nicht über Tarraco, schade eigentlich. Wie ist Furianus so?


    Der blonde Schrank stochert in seiner Breischale herum, ich kann mir da nicht verkneifen:


    Hej Severus, der Puls ist eine echte Köstlichkeit hier, was? Die Küche verdient sicher vier gallische Mützen! :D


    Den Vater von Pedro haben wir immer damit aufgezogen und ihm jede Essen, das wir in seinem Wirtshaus bekommen haben, mit "gallischen Mützen" bewertet: Höchstzahl fünf gallische Mützen für Puls mit Muscheln in Wein.


    Sim-Off:

    Das von Pedro und Luca erfundene Bewertungsprinzip hochwertiger Gastronomie wurde in der SimOff-Gegenwart von den Herausgebern des Gault-Millau leider ohne Quellenangabe aufgegriffen und auf 18 erweitert; in Österreich heißen Spitzenköche allerdings nicht "Mützenköche" sondern "Haubenköche".

  • Es war, als hätte sich eine Gewitterwolke über ihm gebildet. So finster dreinblickend hatte ich ihn noch nie erlebt! Doch davon ließ ich mich in diesem Moment erst gar nicht beeindrucken.
    In einer normalen Lautstärke, doch recht aufgewühlt, ging ich auf ihn ein.


    Von welcher Schuld sprichst du? Denkst du etwa, das was passiert ist, passierte nur, weil nur du es wolltest? Ich handelte an jenem Abend in voller Absicht. Diese Nacht sollte ein Geschenk für dich! Und Geschenke muß man nicht bezahlen! Auch nicht im Nachhinein. Ich wollte dir damit zeigen, wie sehr ich für dich empfinde, wie sehr ich dich liebe! Mir war klar, daß es vielleicht für mich Konsequenzen haben könnte! Doch das habe ich in Kauf genommen!


    Immer noch säuerlich dreinblickend schaute ich ihn an, doch dann milderten sich meine Züge wieder.


    Das habe ich alles nur getan, weil ich dich liebe! Weil ich dich brauche! Aber bitte, laß dich nicht bestrafen, für Dinge, die ich tat!


    Schließlich huschte ein verschmitztes Lächeln über mein Gesicht. Am liebsten hätte ich ihn jetzt in die Arme genommen, doch ich wollte erst noch seine Reaktion abwarten.

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