• Etwas mußte mit ihm geschehen sein. Er schaute mich plötzlich so an, als ob sonst was passiert wäre. Das mußte wohl der Auftrag, mich beim einkaufen zu begleiten, gewesen sein. Oder vielleicht doch etwas anderes?
    Es mußte etwas anderes gewesen sein, denn das was nun kam, irritierte mich völlig. Einkaufen famos! war seine Antwort. So kannte ich ihn ja gar nicht. Er zog mich förmlich hinter sich her. Er konnte es gar nicht mehr abwarten. Verkehrte Welt!
    Doch bald darauf, wurde mir klar, woher der Wind wehte! Endlich, als wir für unser Publikum außer Sicht- und Hörweite waren wurde mir gewahr, was der Auslöser für seine Entgeisterung war. Als ich ihn Süßer nannte, hatte ich unwissentlich seine Ehre verletzt! Noch schlimmer, ich hatte es vor den anderen Sklaven getan!


    Na klar, mein Sü, ähm leannán!


    Ich hatte wirklich zu kämpfen, mein kichern in Grenzen zu halten, versuchte ernsthaft zu bleiben, doch ohne merklichen Erfolg. Ich hatte auch den Eindruck, daß er wohl über sich selbst auch lachen mußte. Männer! Und kein Ende!
    Doch dann, noch eine Überraschung. Er hatte etwas für mich?
    Für mich, was denn?
    Jetzt hatte er meine Neugier geweckt. Ein Laster, das mit fast jeder Frau Hand in Hand ging.

  • Na da fiel mir ja ein ganzer Steinhaufen vom Herzen. Glücklicherweise kam "Luca" dann doch noch zur Vernunft. Es würden keine Geister herbeigerufen werden müssen und ihre Schädel würden sie sich auch nicht gegenseitig einschlagen. Geht doch! Aber was war das? Was sollte ich bei dieser Opfersache tun? Hoffentlich nicht irgendwelchen fremden Göttern opfern. Und schon gar kein Tieropfer! Gut, begleiten könnte ich Luca dabei, aber das wäre es dann auch schon!
    Also tat ich erleichtert und nickte zustimmend .

  • Als die Versammlung vollzählig war, stand Achill auf und sprach: 'Sohn des Atreus, hätte lieber Artemis' Pfeil an jenem Tage die Tochter des Brises bei den Schiffen getötet, an dem ich sie mir aus dem zerstörten Lyrnessos zur Beute erlesen, ehe so viele Argiver, dieweil ich zürnte, von den Feinden gebändigt, den Staub mit den Zähnen knirschen mußten! Vergessen sei das Vergangene, wenn es uns auch in der Seele kränkt: mein Zorn wenigstens ist besänftigt. Auf nun, zum Gefecht! Ich will versuchen, ob die Trojaner noch Lust haben, bei den Schiffen zu ruhen!' Unermeßlicher Jubel der Griechen erfüllte bei diesen Worten die Luft.


    Achill steckte sein Schwer in die Scheide und reichte Agamemnon die Hand zum Frieden.


    Hast Glück, Severus, daß mir der Mittags-Puls den Magen so zukleistert. Hätt' Deine Visage sonst ganz schön zugerichtet, kannste mir glauben. :D


    Ich grinse schief, wahrscheinlich wäre ich nicht einmal auf Armlänge an den Ger... den Chatten herangekommen. Schade, und wohin jetzt mit den Prügeln, die ich in den Fäusten hab'?


    So - hem, ah - ich denk' ich such mal mein Zimmer, nich'? Kann mir wer von Euch vielleicht helfen? - Und das Thema is' auch gegessen, meine, das interessiert keinen, was war, niemanden außer uns Dreien sowieso, in Ordnung?


    Ein prüfender Blick hin zu Straton, wer weiß, was er sich denkt, Bridhe und Severus werden sicher wie ich die Angelegenheit für erledigt - und ihr Kommunikationsbedürfnis im Zaum halten. Ich spucke auf den Boden und ziehe mit dem Fuß beiläufig eine kleine Schleimspur. Uraltes Fischerritual von Pedro und mir eingeführt. Ausgespuckt heißt erledigt und gut is'.


    War' nett, Euch kennenzulernen, echt, Bridhe - Severus: also, bis dann, wir sehen uns.


    Im Hinausgehen sage ich zu Straton: Wenn Ihr den Bruder meines Großvaters, meinen Großonkel Caius Flavius Aquilius darüber in Kenntnis setzt, daß ich gerne ihm meine Aufwartung, quasi einen Antrittsbesuch, machen möchte. Ich will mich in der Schola Atheniensis mal umschauen, bin aber ab dem späten Nachmittag sicher wieder hier und stehe ihm jederzeit zur Verfügung. Meine herzlichen Grüße schon an ihn! - Und der Puls muß wirklich besser werden, außer wir wollen aus der Küche hier einen Zulieferbetrieb für die Straßenmeisterei machen. Das Zeug liegt wirklich im Magen

  • Der Grieche hatte den wechselseitigen Worterguss der drei Parteien recht unbewegt verfolgt - und war dann innerlich erleichtert, dass es anscheinend glimpflich abgelaufen war. Bei einem Flavier konnte man nie so genau wissen, was aus den einfachsten Dingen werden würde - er hatte einfach schon zu viele Katastrophen erlebt, um zu blauäugig auf das Beste zu hoffen.
    "Natürlich, ich werde den dominus gleich in Kenntnis setzen." Der junge Flavier hatte also anscheinend nicht einmal einen Leibsklaven dabei, was Straton angesichts der doch recht offenkundigen Verpeiltheit des jungen Mannes nicht wirklich erstaunte. Mit einem letzten Blick auf das widerliche Matschpamps, das hier als puls durchgehen sollte, nickte er auch Severus und Bridhe zu. "Wir sehen uns sicher noch, ihr beiden." Dann wandte sich Straton aus der culina heraus und war froh, dieses Sammelsurium an schmierigem Fett und Dreck hinter sich lassen zu können. Hier würde er garantiert nicht essen, ohne sich übergeben zu müssen!

  • Ich war wirklich enorm erleichtert, als sich die Lage endlich wieder entspannt hatte. Noch immer konnte ich Severus´ Irritation spüren, weil ich mich auf Stratons Seite geschlagen hatte. Doch als "Luca" sich dann plötzlich wieder dieser kumpelhaften Sprache betätigte und auch noch Witze machte, wußte ich, die Gefahr war entgültig gebannt.


    Ja, wir sehen uns sicher noch!


    Spätestens zur Opferung,dachte ich und nickte Luca und Straton freundlich zu, als sie den Raum verließen.


    Als die Beiden dann weg waren wandte ich mich Severus zu.
    Da haben wir aber nochmal verdammtes Glück gehabt!


    Nachdem es endlich ruhig in der culina war, schlich ich mich hinein und ließ dann noch etwas Brot und ein kleines Stückchen Schinken mitgehen, welches ich dann anschließend genüßlich verspeiste.

  • Der feierliche Moment verflog und Lucanus machte wieder Scherze. Etwas gequält verzog der Germane das Gesicht dabei, und hob einen Mundwinkel zu einem halbherzigen Grinsen. Als Luca und Straton dann den Raum verlassen hatten, liess er sich auf eine Bank sinken, die, wackelig wie sie war, unter seinem Gewicht gefährlich ächzte, schüttelte den Kopf und atmete schwer aus. Also sowas... Er kratzte sich im Nacken und zog die Schale zu sich. Er war hungrig und so schlecht fand er das Essen nun auch nicht.
    "Mhm", murmelte er auf Bridhes Bemerkung hin, "vor den Flaviern ist man echt nirgends sicher. Scheint ja ganz in Ordnung zu sein, nicht? Aber der andere - was für ein öliger Kriecher."
    Den hatte er ja gleich schon mal gefressen! Er stieß den Löffel in den Brei und aß schnell Bissen für Bissen.
    "Naja, diese Gezüchteten sind alle ein bisschen verdreht", lästerte er dann mit vollem Mund, "Halten sich für was besseres weil sie das Buckeln schon mit der Muttermilch eingesogen haben."
    Er tippte sich mit dem Zeigefinger gegen die Schläfe, schnaubte verächtlich und riet Bridhe bedeutsam:
    "Also halt Dich lieber von dem fern, min Skaz."


  • "Ja... was?"
    'Nachdenklich' verzog der Germane das Gesicht, beugte sich dann langsam zu Bridhe vor, und die beinahe kindliche Freude, die er an dieser Angelegenheit hatte, war kaum zu übersehen, als er ihr grinsend ins Ohr flüsterte: "Ein Geschenk?"
    Zugleich zog er aus dem Beutel an seinem Gürtel ein flaches Kästchen hervor und drückte es Bridhe in die Hand. Es war aus glatt poliertem lebhaft gemaserten Olivenholz, verziert mit Schnitzereien von Ranken und Blattwerk, und umfasst von zierlichen Messingbeschlägen, in denen sich das Muster fortsetzte.
    Schnell drückte er Bridhe noch einen Kuss auf die Wange, dann beugte er sich wieder zurück, lehnte sich aufs Fensterbrett und betrachtete lächelnd ihr Gesicht.
    "Dies ist meine Morgengabe an Dich, meine Tausendschöne. Ich hoffe sie gefällt Dir."


    Einen kleinen Riegel an der Seite musste man zurückziehen um den Deckel des Kästchens aufklappen zu können. Glänzend und gleissend offenbahrte sich sodann der Inhalt. Es war ein Geschmeide aus Gold, ein geschwungener Halsreif, von dem wie eine schimmernde Kaskade feine Kettchen herabströmten, die in tropfenförmigen, tiefblauen Saphiren endeten. Ein einzelnder, grösserer Saphir war, von filigranen Ornamenten umgeben, in den Halsreif eingearbeitet, und vielfach warfen seine geschliffenen Facetten das Licht zurück. An die Tiefe des Meeres gemahnte diese Bläue, oder an den Himmel in der blauen Stunde eines klaren Sommerabends, und Severus hatte dieses Funkeln natürlich sofort an die Augen seiner Liebsten erinnert, weshalb er nicht gezögert hatte, das Blutgeld ganz in dieses Geschmeide zu investieren.

  • Tatsächlich! Er hatte ein Geschenk für mich! Er zauberte ein kleines Kästchen aus Olivenholz, welches mit edlen Schnitzereien verziert war, hervor und gab es mir. Eine Morgengabe? Erstaunt schaute ich auf. Dann nahm ich das Kästchen und öffnete es langsam. Niemals hätte ich mit solch einem Geschenk gerechnet! Als ich es sah, wurde ich ganz bleich. Ich mußte mich erst einmal hinsetzen. Auf einem kleinen Mäuerchen fand ich auch den Platz dazu.
    Es dauerte eine Weile, bis ich meine Sprache wieder fand.


    Severus!


    Niemals hatte ich solch ein Schmuckstück besessen! Es war das Geschmeide einer banríon- einer Königin. Ich sah ihn an.


    Es ist wunderschön! Aber.... wo hast du das her, Severus?


    Dieses Geschmeide mußte ein Vermögen gekostet haben. Es war nichts, was man für ein Taschengeld bekam.
    Das Gold des Halsreifs, die Saphiere. Wunderschön! Zu schön für mich! Diese eine Frage kreiste nur noch in meinem Kopf: WOHER HATTE ER DAS GELD FÜR DEN SCHMUCK?
    Lächeln konnte ich nicht. Angst hatte ich. Große Angst!

  • Das Geschenk hatte eine wirklich umwerfende Wirkung. Der Germane lächelte, stolz dass er nun doch etwas angemessenes gefunden hatte. Doch ihr Gesichtsausdruck gefiel ihm nicht so recht. War das nun Entzücken, Überwältigung oder nicht doch eher - Furcht?
    "Na aus der Stadt natürlich", antwortete er mit einem unbekümmerten und verwegenen Grinsen, "ich wollte etwas dass Deiner würdig ist meine Liebste. - Willst Du es nicht anlegen?"
    Er wollte doch sehen wie sich dieses Brisingamen an ihrem schönen Schwanenhals machen würde. Innig lächelnd blickte er in ihre Augen, die er natürlich unendlich viel schöner als irgendwelche Juwelen fand, und verlor sich einmal wieder in deren Bläue...
    "Und dann können wir ja mal aufbrechen, nicht? Was willst Du denn besorgen?"
    Hoffentlich keine Schuhe!

  • Ich hielt ihm am Ärmel fest, als er schon losgehen wollte. So einfach sollte er mir nicht davon kommen!


    Moment! Das der Halsreif nicht vom Himmel gefallen ist, weiß ich auch! Ich will jetzt einfach nur wissen, wovon du ihn bezahlt hast!
    Meine Sprache wurde etwas schärfer und energischer. Ich wollte nicht eher weggehen, bis ich wußte, wie er an den Schmuck herangekommen war. Es tat mir ja selbst unendlich leid, daß ich mich nicht wirklich über sein Geschenk freuen konnte. Doch ich könnte es niemals ertragen, hätte er wegen mir etwas getan, was er noch zu bereuen hätte.
    Bitte sag mir, wie bist du an diesen wertvollen Schmuck gekommen?
    Eindringlich sah ich ihn an. Ich wartete auf seine Antwort. Ohne seine Antwort könnte ich mich nicht entspannt in der Stadt vergnügen.

  • Es kränkte Severus gewaltig, so zur Rede gestellt zu werden. Er schüttelte ihre Hand ab und seine Miene verschloss sich, als er kühl zur Antwort gab:
    "Ganz einfach. Ich hab mir Geld verdient." - er hob die Hand um unwirsch die Nachfrage abzuschmettern - "Hör auf mich auszufragen, Bridtha!"
    Enttäuscht dass das Halsband keinen Anklang fand, sah er hinaus aus dem Fenster, auf das fröhlich bunte Laub und seufzte. Da rackerte man sich ab, und alles was man erntete waren leidige Nachfragen. Frauen!
    "Ja denkst Du denn ich würde was von Aquilius erbetteln um Dir was zu schenken?!"
    Er schüttelte den Kopf, ungläubig und enttäuscht, versuchte dann wieder einen versöhnlicheren Tonfall einzuschlagen.
    "Du sorgst Dich, was? Das musst du nicht, meine Liebste. Das Geschenk ist rechtmässig Dein. Gefällts dir denn nicht?"

  • Meine Nachfragerei paßte ihm gar nicht. Nein, es kränkte ihn regelrecht. Aber seine Antwort, er hätte es sich verdient, wollte ich nicht wirklich glauben. Doch ich sah auch, wie sehr er wegen meiner Reaktion so enttäuscht war. Deshalb ließ ich vorläufig von ihm ab und lenkte schließlich ein. Doch dieses Thema war für mich noch lange nicht gegessen!


    Severus, leannán, natürlich sorge ich mich um dich! Es würde mich umbringen, wenn ich wüßte, daß du wegen mir, große Schlud auf dich geladen hättest!


    Ernsthaft und eindringlich sah ich ihn an. Dann ergriff ich seine Hand und küßte sie.


    Dein Geschenk ist wunderschön. Es gefällt mir sehr. Doch du weißt, das hättest du nicht tun müssen. Ich liebe dich doch auch so.


    Ich nahm ihn in den Arm und wollte gerne wieder dieses schöne Gefühl spüren, bei ihm geborgen zu sein. Eine ganze Weile stand ich so mit ihm, wortlos, sinnierend.
    Irgendwann unterbrach ich die Stille.


    Ich denke, wir sollten uns jetzt auf den Weg machen. Wir haben heute noch einiges vor! Ich soll dir übrigens auch was besorgen!


    Meine Vorfreude auf den Einkauf war etwas geschmälert worden. Ich mußte mich fast schon dazu zwingen, zu lächeln.

  • Große Schuld? Befremdet zog er die Brauen zusammen und schüttelte irritiert den Kopf. Nein, einen römischen Halunken abzustechen, das hatte nichts mit Schuld zu tun, das war, wenn man es unter diesem Blickwinkel betrachtete doch wohl eher ein Verdienst! Da hatte er nicht mal den Hauch von Skrupel. Aber womöglich hatte sie da andere Vorstellungen? Er war jedenfalls überaus froh, dass man ihm seine Mordpläne nicht an der Nasenspitze ablesen konnte.
    "Es gibt nichts das Dich umbringen müsste, Bridtha", erwiderte er süffisant. "Du solltest mir lieber trauen anstatt Dir solche Sachen einzureden."
    Auch ihm war das Lächeln vergangen. Ernüchtert hielt er sie in den Armen, war enttäuscht dass sie den Schmuck nicht einmal anrührte, und überhaupt ziemlich ärgerlich, dass sie sich heute morgen für ihn so vollkommen unverständlich gebärdete.
    "Ja, gehen wir", stimmte er brüsk, mit einem knappen Nicken zu, stieß sich vom Fensterbrett ab und setzte sich in Bewegung. Und ihre letzte Ankündigung riss ihn auch nicht gerade zu Begeisterungsstürmen hin.
    "Du sollst mir was besorgen? Aha."
    Das fing ja schon mal gut an...


    >>

  • Eigentlich hatte ich überhaupt keinen Hunger. Doch irgendwann mußte ich doch etwas essen, sonst wäre ich warscheinlich aus Erschöpfung zusammen gebrochen. Seit Tagen hatte ich mehr oder weniger das Essen verweigert. Ich hatte einfach keinen Appetit! Warum diesen Körper unnötig stärken? Wofür noch? Ich spürte den Hunger schon gar nicht mehr. Einige wollten mir wieder Mut machen und meinten, ich müsse wieder zu Kräften kommen. Doch ich sah in alldem keinen Sinn mehr.


    Ich saß alleine in einer Ecke, so dass ich nicht von allen gesehen wurde. Ich wollte nur meine ruhe haben und nicht durch das Geschwätz der Anderen gestört werden. Das Schälchen mit dem dampfenden und gutduftenden Puls stand vor mir. Tatsächlich beinhaltete er Gemüsestücke und sogar etwas Fisch hatte sich darin verirrt. Die Qualität des Essens hatte sich zwar um einiges gebessert. Diesen Umstand hatte man sicher Straton oder sogar Luca zu verdanken, die vielleicht ihren Einfluß geltend gemacht hatten.
    Doch dieser Umstand war mir gleich. Auch heute würde ich das Schälchen wohl mehr gefüllt als geleert, zurückgehen lassen.


    Sim-Off:

    Reserviert!

  • Mitten in diese Einsamkeit gesellte sich ein weiterer Sklave, der ebenfalls nicht sonderlich nach Gesellschaft gierte.
    Seit Pallas in Rom war, war ihm kaum etwas lieber als ein Raum, in dem sich keine anderen Menschen befanden. All diese Massen, sowohl in Rom selbst, als auch in diesem Haus, wirkten noch immer ein wenig befremdlich auf ihn, der im fernen Britannien schon eine Gruppe von zehn Leuten als ungewöhnlich großen Haufen angesehen hatte.
    Den Blick zunächst stur auf seine Schale mit Essen gerichtet, realisierte er erst nachdem er sich gesetzt hatte, dass noch eine weitere Person im Raum war.
    „Salve.“, grüßte er automatisch, als er die Sklavin entdeckte.
    Wäre er allein nach der Blässe gegangen, die junge Frau wäre glatt als Patrizierin durchgegangen. Dass sich eine solche jedoch hierher verirrte, war in etwa so wahrscheinlich wie Schnee im Juli. Er musste auch nicht sonderlich lange in seinem Gedächtnis kramen, schnell war ein Name parat.
    „Bridhe, richtig?“
    Es war mehr eine Frage aus Höflichkeit, denn aus Unwissenheit, denn obwohl er noch nie mit ihr gesprochen hatte, wusste er es. Aquilius’ Sklavin.
    Indes stocherte er ein wenig lustlos in seinem Mahl herum.

  • Als ich meinen Namen hörte, sah ich kurz auf. Es hatte sich offensichtlich noch jemand in diese vermeindlich stille Ecke verirrt. Schade eigentlich, dachte ich. Doch die Höflichkeit gebot es, dem jungen Mann wenigstens kurz zuzunicken.
    Woher er wohl meinen Namen kannte? Ehrlich gesagt, hatte ich ihn vorher noch nie gesehen. Sicher war er wieder ein Neuzugang. Ein Neuer, den sich irgendeiner der Herrschaften geleistet hatte. Aber woher sollte er meinen Namen dann kennen? Ich wußte zwar, wie sehr die Gerüchteküche hier brodelte, doch er sprach meinen Namen mit einer solchen Gewissheit aus, dass es sich bei ihm sicher nicht um einen neuen Sklaven handeln konnte. Oder war ich vielleicht an Severus´ Seite so blind für andere junge Männer unter den Sklaven hier im Hause gewesen, so dass ich ihn die ganze Zeit nicht wahrgenommen hatte?


    Salve, sagte ich schließlich. Ja ich bin Bridhe. Und wer bist du?


    Die Art, wie er sprach, kam mir irgendwie vertraut vor. Hatte ich diesen Tonfall doch schon einmal vor etwas längerer Zeit gehört! Nein aus Éirinn kam er bestimmt nicht, dafür war seine Aussprache zu hart.

  • Seine Mundwinkel zuckten kurz nach oben. Wer er war… Sie hatte ihm einen neuen Namen verpasst, seine Herrin. Schon lange hatte er sich daran gewöhnt, doch gegenüber jemandem, dessen Akzent dem seinen so ähnlich schien, überlegte er kurz, ob er nicht seinen Alten nennen sollte.
    „Das kommt drauf an.“, erwiderte er nach einer Weile. „Früher war ich Youenn, heute bin ich Pallas.“
    Er schnitt eine Grimasse.
    „Aber was ist schon ein Name. Der Alte passte so wenig wie der Neue.“
    Nun doch ein wenig neugieriger geworden, legte er den Löffel beiseite und konzentrierte seinen Blick auf die Mitsklavin. Er hatte einiges gehört über sie. Mal Gutes, mal weniger Schmeichelhaftes und einige Dinge, die unmöglich wahr sein konnten. Nichtsdestotrotz war er nicht unbedingt darauf erpicht, aufgrund einer Eifersüchtelei mit durchgeschnittener Kehle im Tiber zu enden, daher war erst einmal Vorsicht geboten.
    „Alles in Ordnung? Du siehst krank aus.“
    Wahrscheinlich nicht das unverfänglichste aller Themen, doch für Smalltalk fehlte ihm seit jeher jegliche Begabung. Nicht, dass es ihn bislang gestört hätte…

  • Youenn, wiederholte ich. Irgendwie vertraut und doch fremd. Er war sicher nicht von meiner Insel, doch die Vertrautheit des Klangs seines Namens und seine Aussprache ließen darauf schließen, dass seine einstige Heimat nicht weit von der meinen gewesen sein mußte.


    Ihm war es also auch aufgefallen! Natürlich, es war ja auch schließlich kaum zu übersehen! Noch immer war ich so blaß, sah wirklich krank aus und die Tatsache, dass ich seit meiner Genesung immer noch nicht richtig Nahrung zu mir nehmen wollte, besserte diesen Umstand keinenfalls. Nein er verschlechterte ihn eher noch. Doch das war mir gleich! Ich hatte dieses Leben so satt!


    Meine Krankheit habe ich überwunden, doch bin ich immer noch krank. Vielleicht sogar unheilbar krank, hier drinnen.


    Ich deutete hierbei auf mein Herz.
    Es war entgültig aus zwischen uns. Nein, ein uns gab es nicht mehr! Das uns war am Abend des ersten Saturnalientages entgültig gestorben!
    Severus hatte mir zwar verziehen, wie er sagte, doch wollte er mich nicht mehr. Nie mehr!

  • Eine ungeheure Bitterkeit war aus ihrer Stimme herauszuhören und ließ den Sklaven die Stirn runzeln. Sie konnte nicht viel älter sein als er selbst, vermutlich eher jünger, und dennoch klang sie, als hätte sie ein Leben voller Enttäuschungen und Leid hinter sich. Unwillkürlich krampfte sich sein Magen zusammen.
    „Du hast Liebeskummer?!“, fragte er, wohl unnötigerweise. In seinem kurzen Leben hatte er eines gelernt: Wenn es einer Frau schlecht ging, war grundsätzlich erst einmal der dazugehörige Mann schuld. In Bridhes Fall wäre das also dieser germanische Sklave, so viel hatte er mitbekommen. Jener Sklave, welcher bei den meisten anderen ‚Hausangestellten’ eine Gänsehaut auslöste. Er selbst hatte ihn daher bislang gemieden und hoffte es dabei zu belassen.
    „Du bist jung, Bridhe, dein Schmerz wird vergehen.“
    Es würde ihr kein Trost sein, dessen war er sich bewusst. Dennoch fühlte er sich genötigt, das zu sagen. Vermutlich hatte sie jenen Satz ohnehin schon Dutzendweise gehört, so gesellte sich ein aufmunterndes Lächeln Pallas’ dazu. Davon hatte sie sicherlich ebenfalls schon zu viele gesehen in den letzten Tagen, so erstarb es recht schnell wieder. Er konnte einfach nicht gut mit Frauen. Sie ignorierten ihn, er ignorierte sie und damit war er bisher eigentlich ganz gut gefahren.
    „Vielleicht… brauchst du nur ein wenig Ablenkung. Weg von den immer gleichen Gesichtern. Raus aus diesem Haus, das einen lebendig begräbt. Und sei es nur für ein paar Stunden.“
    Was natürlich, angesichts eines Daseins als Privateigentum anderer Menschen nicht ganz so einfach war.

  • Ja Liebeskummer! So konnte man es wohl umschreiben. Der Kummer, der das Herz zerfraß. Ob diese Kummer noch etwas von meinem Herzen übrig lassen würde? Ich müßte lernen, damit zu leben. Nie wieder würde ich so leichtsinnig mein Herz herschenken. Ich war jung und unwissend gewesen, hatte keinerlei Erfahrung in Liebesdingen gehabt, doch nun hatte ich meine erste bittere Lektion gelernt. So leichtsinnig würde ich nicht mehr sein.
    Umsomehr war es schön, von einem Fremden so getröstet zu werden, auch wenn ich diesen Satz bald auswendig konnte. Doch für diesen Platz hier war es außergewöhnlich, lebten doch meisten Sklaven hier für sich und machten sich recht wenig Gedanken, um die Sorgen der Anderen.


    Es sehr nett von dir! Ja, ich werde lernen müßen, wieder in die Zukunft zu schauen.


    Doch dann machte er mir einen Vorschlag, wie ich all den Schmerz leichter überwinden könnte. Abwechslung?! Ich legte meinen Kopf schief und sah ihn fragend an.


    Was meinst du mit Abwechslung, Youenn? Wie soll das gehen?


    Die Möglichkeit dieses Haus zu verlassen, war für mich nur möglich, wenn es einen driftigen Grund dafür gab. Ansonsten hielten mich meine Pflichten hier im wahrsten Sinne des Wortes gefangen.
    Konnte es noch andere Möglichkeiten geben? Bislang hatte ich es noch nicht gewagt, mich nachts herauszuschleichen, geschweige denn über Tage.

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