Albanus Mons - Praediolum Decimus Meridius

  • Hochzeitstag. Als Seiana an diesem Morgen die Augen aufschlug, konnte sie es immer noch nicht ganz glauben. Und das Gefühl hielt sich, den ganzen bisherigen Tag hindurch, so sehr, dass sie zu vermuten begann sie könnte es vermutlich selbst in einem Jahr noch nicht glauben. Nach all der Zeit, nach allem, was passiert war, nach so vielen Zweifeln und dem festen Glauben, dass sie ihn nie würde haben können, nie wirklich. Und jetzt war es doch so weit. Trotz allem, was ihnen im Weg gestanden hatte... und teils immer noch im Weg stand, dessen war sie sich nur allzu sehr bewusst. Bis heute war sie sich nicht sicher, ob ihr Bruder zu der Feier kommen würde oder nicht, und einem Teil von ihr tat das weh, noch weit mehr, als sie sich eingestehen wollte.
    Die Zeremonie selbst erlebte sie wie... wie im Nebel. Zum einen war da ihr Unglauben. Dann die Probleme, die nicht einfach verschwunden waren... Und zu guter Letzt: all die Leute. Die Organisation der Feier hatte sie zwar nahezu komplett an Bedienstete abgeben und daher nicht übermäßig viel Arbeit damit gehabt – Seneca und sie hatten die grobe Planung besprochen, die Eckpunkte, alles andere hatte sie andere machen lassen. Es war ihr nicht so wichtig, was nun wo wie genau war, so lange alles den Ansprüchen genügen würde, die die Gäste voraussichtlich stellen würden. Und es waren auch nicht im eigentlichen Sinn viele Gäste... sie hatten ja nur die engsten Verwandten und Freunde eingeladen. Aber wie bereits in Rom, zur Verlobungsfeier ihres Bruders, stellte sie fest, dass ihr Unwohlsein, wenn sie sich unter vielen Menschen aufhalten musste, in der Zeit, in der sie so zurückgezogen gelebt hatte, eher schlimmer als besser geworden war. Und dass sie im Mittelpunkt stand, trug auch nicht dazu bei dass sie sich wohler fühlte.
    Und doch... das hier... das war einfach richtig. Trotz alledem – tief darunter fühlte es sich richtig an. Das war von Anfang an so gewesen, seit sie sich wirklich kennen gelernt hatten. Das war der Grund, warum sie in all den Jahren nie hatte von ihm lassen können, egal wie ungünstig die Zeiten auch gewesen sein mochten. Sie bemühte sich auf die Gäste einfach gar nicht zu achten, das Wissen zu ignorieren, dass sie da waren, versuchte alles auszublenden außer Seneca. Diese Zeremonie. Diese eine Zeremonie, dieser eine Tag, und dann würde das beginnen, was sie eigentlich wollte, weswegen sie eigentlich ja gesagt hatte. Und als Aelia Vespa, die ihre Brautführerin war – nachdem sie ohnehin nicht alle Traditionen beachteten, war auch diese nicht so wichtig, dass die Pronuba eigentlich in erster Ehe verheiratet sein sollte –, ihre Hand in Senecas legte, als sie beide ihr Einverständnis gaben, schlossen sich ihre Finger um seine, und zum ersten Mal an diesem Tag, zum ersten Mal seit mehreren Tagen eigentlich, hatte sie das Gefühl, aufatmen zu können. Sie hatte nicht geahnt, wie sehr ein Teil von ihr trotzdem noch befürchtet hatte, es könnte irgendetwas dazwischen kommen, bis es zu spät war dafür.


    Der anschließenden Feier sah Seiana dann schon gelassener entgegen. Nicht dass sich etwas an den Umständen geändert hätte, aber die Zeremonie und damit der wesentliche Teil war vorbei. Sie lächelte vage, als Seneca eine kurze Rede hielt, und trank dann ebenso wie er einen Schluck – sie hatte ganz sicher nicht vor, jetzt selbst noch ein paar Worte zu sagen, schon gar nicht wo er das so hervorragend gemacht hatte. Stattdessen bekamen die Bediensteten nur ein unauffälliges Zeichen, dass sie jetzt servieren konnten, und schon bald füllten sich die Tische.

  • Auch wenn es nicht die erste Feier war, an der Camelia teilnahm, war es wieder ein besonders emotionaler Augenblick als die Trauzeremonie vollzogen wurde. Innerlich aufgewühlt beobachtete sie ihre Tante und deren Auserwählten. Dabei entging ihr nicht wie verliebt die beiden waren und wie viel Vertrauen sie sich entgegenbrachten. Es war nicht alltäglich für die junge Decima so ein Paar zu treffen. Weder ihrer Mutter noch ihre Schwester war es je vergönnt so geliebt zu werden und nun war es bald an ihr! Den Gedanken wollte sie nicht weiter verfolgen, wischte ihn mit einer unwirschen Bewegung und gemeinsam mit einer vorwitzigen Strähne hinter ihr Ohr. Dabei berührte sie wenige Wimpernschläge lang die drei winzigen Perlen in ihrem Haarknoten, den sie heute weniger streng und leicht seitlich drapiert trug. Kurz wurden die Augen geschlossen und durchgeschnauft in Gedanken an ihre Eltern.


    Wenn gleich die Feier beginnen würde, war es Zeit sich auf den Weg zu begeben. Für Carmelita war es ein Heimspiel und den Vorteil wollte sie sich zu Nutzen machen, den anderen Gästen vorauseilen. Als sie ankam, waren die Vorbereitungen bereits abgeschlossen und die Sklaven standen bereit zur Übergabe der Getränke. Mit einem Becher verdünnten Wein nahm sie als Nichte der Braut einen Korbsessel in der Nähe einer der Klinen, die für die Familie vorgesehen waren. Auch wenn sie nicht schüchtern war, wollte sie nicht zu sehr im Zentrum sitzen und lieber als stille Beobachterin fungieren. Heute hatte sie auch nicht vor selbst zur Kithara zu greifen, dafür waren genug Vorbereitungen getroffen. Überhaupt war der Raum eine Augenweide und mit Eintritt der ersten Gäste rundete sich das festliche Bild.
    Einige der Eintretenden kannte sie bereits von der Verlobungsfeier ihres Onkels, was sich auch in ihrem Lächeln widerspiegelte. Alle, egal wer mit ihr den Blick kreuzte, wurden mit einem freundlichen Nicken bedacht und nachdem die Ansprache des Bräutigams begann sich auf seine Worte konzentriert.


    Wieder wurde die tiefe Zuneigung und Liebe zwischen den Brautleuten deutlich und wieder war der Augenblick sehr emotional für Camelia. Zum Glück endete die Rede recht schnell und es blieb ihr wenig Zeit zum Nachdenken. Durch einen Schluck vom erfrischenden Getränk hielten sich die wohligen Schauer in Grenzen und die Wärme dehnte sich nicht zu deutlich in ihren Wangen aus. Wenige Augenblicke ruhte ihr Blick auf ihrer Tante, verlief sich dann aber sehr schnell auf den angebotenen Speisen, die in Hülle und Fülle aufgetragen wurden.

  • Den ganzen Tag über hatte Seneca schon gestrahlt wie ein Honigkuchenpferd. Selbst als Avianus seinem Vetter nach der Eheschließung mit einem feuchten Händedruck gratuliert hatte, hatte der nicht viel mehr getan, als zu grinsen. So hatte er Seneca selten oder, sehr viel eher, noch nie erlebt. Vielleicht war er später nach einem oder zwei Bechern Wein wieder ansprechbarer. Avianus hatte nämlich noch so einiges zu erzählen, angefangen von dem genialen Hochzeitsgeschenk, das er mit Sibels Hilfe ausgesucht hatte, bis hin zu deren Schwangerschaft, wenngleich letzteres kein Thema war, welches er hier unter den anderen Gästen anschneiden würde.
    Wo er mit seinen Gedanken gerade bei Sibel war … erneut sah er sich nach ihr um. Am Vortag schon waren sie auf dem Landgut in den Albaner Bergen angekommen. Mit dem Wissen, dass in seiner Begleitung ein Kind heranwuchs, hatte er versucht, ihr den Ausflug so angenehm wie nur möglich zu gestalten. Der Reisewagen hatte sich Zeit gelassen und den Abend hatte man genutzt, sich ein wenig zu entspannen, um heute für die Feier möglichst ausgeruht zu sein. Da war sie also, seine Sibel, so ausgeruht, wie sie es in ihrem Zustand vermutlich sein konnte, vor allem aber hübsch wie eh und je. In seinen Augen stand sie den höheren Damen unter den Gästen in nichts nach. Er wartete einen Augenblick, damit sie nicht hinter ihm herzulaufen brauchte.
    Obwohl keine Unmengen an Leuten anwesend waren, hatte er zwischen den anderen Gästen ständig das Gefühl, sie im nächsten Moment zu verlieren, wenn er sie nicht an der Hand nahm. Und das wiederum wollte er sich nicht leisten, denn vermutlich war sein Praefectus auch irgendwo unter den Gästen, nur hatte er ihn noch nicht entdecken können. Möglichst bald begab er sich gemeinsam mit ihr an einen der Tische. Exakt als er auf einer der Klinen Platz nehmen wollte, begann Seneca seine Rede und in Avianus Zügen zeichnete sich unwillkürlich ein breites Lächeln ab, während er sich von einem Sklaven einen Becher reichen ließ. Eine nette kleine Asprache, etwas ungewöhnlich und vor allem knapp vielleicht, aber er wusste ja, wie sehr sein Vetter in diese Frau verschossen war. Der hatte ja schon den ganzen Tag keine Augen für jemand anderen, wie sollte es jetzt anders sein. Wie auch die anderen Gäste hob er kurz den Becher und trank einen Schluck. Wein, stellte er fest. Klar doch, was sonst? Er war es ja nicht, der besser auf Alkohol verzichten sollte. Betrinken würde er sich heute dennoch nicht, schon allein seiner Begleitung wegen. Zufrieden blickte er sich um, entdeckte unter den Gästen plötzlich einen nur allzu bekannten Blondschopf und grinste anschließend noch etwas breiter. Das war doch …? Natürlich! Die Tiberia, die zwischenzeitlich das Schreiben verlernt haben musste. Regelmäßig vergaß er, dass ausgerechnet sie schon eine ganze Weile mit Senecas Patron liiert war, was aber auch ein wirklich ungewöhnlicher Zufall war.
    "Setzen wir uns doch da vorne", schlug er, durch seine Entdeckung noch sehr viel besser gelaunt, Sibel vor, deutete kurz auf einen Tisch in der Nähe der Tiberia und ging bereits darauf zu. Auf gar keinen Fall würde er es sich entgehen lassen, rein zufällig an einem Tisch in unmittelbarer Nähe zu seiner Lieblings-Briefschreiberin zu sitzen.

  • Endlich waren sie gekommen, die langersehnten Tage in den Albaner Bergen! Am Tag zuvor hatten Avianus und Sibel vor den Toren der Stadt einen Reisewagen bestiegen, der sie dorthin bringen sollte. Er hatte alles Nötige veranlasst, dass es ihr an nichts fehlte und sie es so bequem wie nur möglich hatte. Seit Sibel ihn über ihren Zustand aufgeklärt hatte, war er noch fürsorglicher geworden und behandelte sie nun wie ein zerbrechliches Gefäß. Manchmal konnte das ganz schön anstrengend sein, denn schließlich litt sie ja an keiner unheilbaren Krankheit. Und noch sah man ja auch kaum etwas. Gut, ihr Unterleib war inzwischen ganz leicht gewölbt und zum Glück hatte auch die Übelkeit am Morgen ein wenig nachgelassen, seitdem sie morgens gleich nach dem Aufstehen eine Kleinigkeit Brot aß. Ansonsten stimmte es wohl, was ihr Morrigan gesagt hatte, sie habe den typischen Glanz einer werdenden Mutter in ihren Augen.


    Den Abend vor der Hochzeit verbrachten sie gemeinsam. Man hatte ihnen ein wunderschönes Zimmer zugewiesen, dessen Wände kunstvoll bemalt waren. Als die Hitze des Tages langsam dem herannahenden Abend wich, hatten sie auf Sibels Drängen noch einen kleinen Spaziergang gemacht. Ein bisschen Bewegung und die frische Luft taten gut, besonders nach der Fahrt im Reisewagen.


    Der Tag der Hochzeit hatte schon früh begonnen. Nach einem kleinen Ientaculum hatten sie sich mit Hilfe von zwei Sklaven einkleiden lassen. Sibel war für diese Hilfe dankbar gewesen, denn ohne sie hätte sie auf ihre aufwändige Frisur verzichten müssen. Sie trug ihre neue Tunika, die Sandalen und die Schmuckstücke, die ihr Avianus auf dem Markt gekauft hatte und sah damit wirklich bezaubernd aus. Als sie sich im Spiegel betrachtete, hätte sie sich kaum selbst wiedererkannt. So konnte sie sich an Avianus Seite sehen lassen. Dennoch hielt er einen gewissen Abstand zu ihr, was sie aber ohne zu klagen hinnahm. Anfangs mochte man ihr vielleicht noch ihre Unsicherheit anmerken, denn sie war das hier nicht gewohnt. Doch sie nahm sich fest vor, sich heute nicht wie eine kleine graue Maus zu verstecken, aber natürlich auch nicht sonderlich aufzufallen. So suchte sie stets die Nähe zu Avianus. Auch wenn er sie nicht bei der Hand nahm, fühlte sie sich bei ihm doch sicher.


    Die Zeremonie der Eheschließung war wohl der erste große Höhepunkt des Tages, der sehr eindrucksvoll war. Denn hier vereinigten sich nicht zwei Menschen, die aus politischen oder wirtschaftlichen Gründen handelten. Nein es war die Liebe, die sie zusammengeführt hatte und die dieses Band nun besiegelte. Sibel rührte dies fast zu Tränen. Seit sie schwanger war, schien sie noch mehr von ihren Emotionen beherrscht zu werden. Sie wünschte dem Paar alles Glück dieser Erde. Etwas Wertvolleres als das, gab es wohl nicht.


    Als es dann zum Festmahl ging, versuchte Sibel nicht von Avianus‘ Seite zu weichen. Der frisch vermählte Bräutigam sprach ein paar Worte zu den Gästen. Derweil reichte ihr ein Sklave einen Becher Wein. Doch sie lehnte dankend ab und bat um einen Becher mit einer stark verdünnten Mischung des Rebensaftes. So konnte auch sie unbesorgt auf das Wohl des Hochzeitspaares trinken.
    Zusammen mit Avianus begab sie sich zu dem Tisch, den er vorgeschlagen hatte. Dort lag noch niemand. Lediglich ein paar Tische weiter, hatte bereits eine Dame mit blondem Haar Platz genommen, die sie allerdings nicht kannte. „Ja, gerne.“, raunte sie ihm leise zu.

  • Es war zum Mäusemelken. Vala hatte langsam das Gefühl, dass seine Ohren sich verflüssigten und aus Protest gegen die Überanspruchung in andere Gefielde seines Körpers wanderten... dorthin, wo man sie nicht mehr so penetrant abquatschen konnte.
    Kaum waren er und seine Frau angekommen, wurde Vala schon von... irgendwem (die Vorstellung hatte er offensichtlich schon wieder vergessen).. belagert und mit Ideen zugequatscht. Vala hatte freundlich gelächelt und genickt und sofort gemerkt, dass ihm bei privaten Angelegenheiten sein Schutzpulk zur Abwehr von zu penetranten Bitt- und Ideenstellern fehlte. Was dazu führte, dass er schutzlos solchen Leuten ausgeliefert war. Das süffisante Grinsen seiner Frau ist ihm, im Gegensatz zu vielen Gesprächsdetails, keinesfalls entgangen und er würde sich bitterlich dafür bei dieser rächen... er wusste nur noch nicht wie.
    Als der erste fast fertig war, hatte sich ein weiter eingeklinkt und das Gespräch zu neuen Längen befördert. Und ihn derart belagert, dass Vala am Ende kaum mehr Zeit gefunden hatte dem Brautpaar zu gratulieren. Es brauchte also einen gewissen Nachdruck, um zumindest den Brautzug ungestört verbringen zu können. Als sie dann im Heim der Decimi, malerisch gelegen (was sogar einem Nicht-Ästheten wie Vala auffiel) ankamen, stellte sich bald heraus, dass der Zeitplan auch hier so straff organisiert war, dass die Überreichung der Geschenke und vor allem der ordentlichen-und-nicht-nur-beiläufigen-Gratulation noch weiter würde warten müssen. Was den sonst so auf Planung und Vorhersehbarkeit bedachten Germanen schon ziemlich fuchste.. weshalb seine Miene sich der allgemeinen Hochstimmung nicht anschließen konnte.


    Als sein Klient dann zu einer Rede ansetzte, schüttelte Vala dann doch mit einem leisen Lächeln den Kopf... ein großer Rhetoriker war der Iunier noch nie gewesen und er konnte von Glück sagen, dass er sich nicht für eine politische Laufbahn entschieden hatte. Soldat durch und durch... selbst bei seiner Hochzeit.
    Seine Frau, durch die Geburt der gesunden Tochter offensichtlich vorwitzig geworden, ging einfach voraus als ein weiterer Hochzeitsgast Vala wegen eines Problems ansprechen wollte.. eigentlich wollte er sie noch halten, aber sie entwand sich seinem Griff mit einer leichten Drehung, die durchaus deutlich machte WIE sie heute auf Krawall gebürstet war. Vala verdrehte ob des Gedankens an einen interessanten Abend der anderen Art die Augen und komplimentierte sich... zunehmend deutlich... mit einigen Worten aus dem Gespräch hinaus und ließ sich einen Moment neben seiner Frau nieder just als diese das Weinglas anhimmelte als wäre es mit den Tränen des Bacchus persönlich gefüllt.


    "Gewöhn dich nicht zu sehr dran.." , stichelte Vala im Setzen und bedachte seine Frau mit einem offen kampfeslustigen Blick, "...da steht immernoch ein Sohn auf der Rechnung."

  • Es waren hier tatsächlich viele für Lucia unbekannte Gesichter. Das musste nicht unbedingt was schlechtes sein, hieß es doch auch dass sie mal was anderes tun konnte, als mit den üblichen Verdächtigen nicht grade freundlich gemeinte Komplimente auszutauschen. Nein, im Gegenteil, sie schien hier tatsächlich größtenteils ihre Ruhe zu haben. Alle waren vielmehr an Vala interessiert und sobald sie sich aus seinem direkten Umfeld geschlichen hatte umfing sie eine wunderbare Ruhe inmitten des Trubels.


    Also mal sehen… sie kannte seit kurzem die Braut, was sich aber fast ausschließlich auf deren Namen beschränkte. Den Bräutigam hatte sie vorher mal getroffen… wo war das nochmal? Ach, einmal als sie vor einer halben Ewigkeit Avianus geärgert hatte! Ob sich der frischgebackene Ehemann da noch daran erinnerte?
    Lucias Augen wanderten weiter und blieben an einer jungen Frau mit dunklen Haaren hängen, die es sich in einem Korbsessel bequem gemacht hatte. Lucia musterte neugierig von oben bis unten. Sie war ein hübsches Ding, schloss die junge Mutter, das sich leider für einen etwas langweiligen Haarknoten statt einer grad so modernen, komplizierten Hochsteckfrisur entschieden hatte. Da sie bei den Klinen des Brautpaares saß musste sie wohl zur Familie gehören. Jetzt stellte sich nur noch die Frage ob Iunia oder Decima. Vielleicht würde Lucia das noch im Laufe des Abends herausfinden. Sie bedachte die junge Frau nach der Musterung jedenfalls mit einem freundlichen Nicken, dass auch als Anerkennung dessen was sie gesehen hatte betrachtet werden konnte.
    Lucia ließ ihren Blick weiter schweifen. Lauter unbekannte Gesichter. Ein amüsiertes Schmunzeln legte sich in ihre Mundwinkel. Sie gönnte sich noch einen weiteren Schluck des köstlichen Weines und bewunderte nochmal dessen Farbe im Glas. Grade glaubte sie einen ihr wohl bekannten Centurio in Zivil auf dem Weg durch die Menge auf sie zu entdeckt zu haben, als sich jemand neben sie setzte.


    Ach, hatte sich ihr Göttergatte auch endlich von all seinen Bewunderern und Speichelleckern loseisen können? Lucia verstand nicht, warum er selbst hier mal nicht Geschäfte Geschäfte seinlassen konnte. Sie verdreht ob seines Kommentares die Augen und entgegnete: „So lange wie es beim letzten Mal gedauert hat, werde ich noch einige Gläschen genießen können, bis es wieder so weit ist.“ Außerdem hätte sie bitteschön vorher gerne ihr alte Figur wieder zurück! Aber das würde sie nicht laut ausprechen. Um sich selbst ein wenig Zeit zu gönnen hatte Lucia Sekunda angewiesen die Himbeerblätter oder Brombeerblätter oder was auch immer beim letzten Mal geholfen hatte erstmal wegzulassen. Sie war versucht auf das offensichtliche Streitangebot Valas noch näher einzugehen, aber eine Sklavin mit einem Teller Köstlichkeiten erinnerte sie daran, dass sie hier nicht allein waren. Lucia griff nach einem winzigen, gefüllten (Wachtel?)Ei und kommentiert lapidar: „Außerdem gehören da noch immer zwei dazu!“ Sie ließ das Ei mit einem Happs in ihrem Mund verschwinden. „Hm, köstlich!“

  • Der Blick der ihr unbekannten Blonden war Camelia nicht entgangen. Obwohl ihr gerade ein Teller mit auserlesenen Speisen gereicht wurde und ihr Becher neuen Inhalt bekam, erwiderte sie das leicht neugierig wirkende Betrachten und das nachfolgende Nicken mit offenem Lächeln. Konzentrierte sich dann jedoch auch erst einmal auf die Leckerbissen und schob sich einige Happen in kurzen Abständen zwischen die Lippen. Sacht und genüsslich kauend beobachtete sie erneut die weiter dazu kommenden Gäste, verfolgte die ein oder andere Person bis zu ihrem Platz.


    Wirkte sie zur Verlobung ihres Onkels noch etwas zurückhaltend und schüchtern, zog sie es heute vor selbstbewusst und ganz den Decimern würdig zu erscheinen. Hatte sie doch in der Zeit, die sie sich in Rom aufhielt gelernt, Zurückhaltung und Interesse situationsbezogen einzusetzen. Gerade das letzte Gespräch mit ihrem Onkel Serapio hatte ihr gezeigt, wie stolz er auf seine Nichte war und jetzt wo sie ihn als Vaterersatz auserkoren hatte, wollte sie ihn nicht enttäuschen.


    Vorerst gesättigt übergab sie ihren Teller an den in der Nähe stehenden Sklaven, trank im Anschluß zum Nachspülen einen Schluck vom verdünnten Wein. Den Becher zunächst weiterhin spielerisch in einer Hand haltend lauschte sie den leisen Klängen der Saiteninstrumente, summte sogar den ein oder anderen Ton sehr leise mit ohne jedoch das Eintreffen weiterer Gäste ganz außer Acht zu lassen.

  • Es war eine Überraschung gewesen als Seiana sie gebeten hatte, die Pronuba zu sein. Da diese Hochzeit aber eben nicht die erste des Hochzeitspaares war, war es ihr auch nicht falsch vorgekommen dem Wunsch zu entsprechen und außerdem war es ja auch eine Ehre gewesen. Natürlich hatte sie diese Aufgabe gern übernommen und sie war auch ein wenig aufgeregt gewesen als sie dann zur Tat schreiten musste. Glücklicherweise war aber alles gut gegangen und nun konnte auch sich zu den Gästen gesellen. Sie musste nur noch erst ihren Mann finden, der gerade eben noch da war und nun für den Augenblick ihrem Sichtfeld entschwunden war. Ihr Geschenk würden sie dem glücklichen Brautpaar erst später überreichen. Daher war es nicht so schlimm. Sie würde einfach noch einen Moment warten.

  • Noch immer kam es Seneca wie in einem Traum vor. All diese Leute hier, seine Bekannten, Freunde und Verwandten, und er saß hier einfach völlig entspannt neben seiner Frau, Frau! Seiana. Während er so in die Menge blickte, sah wie sie aßen und tranken war er sichtlich zufrieden, auch wenn ihm selbst der Sinn nicht nach Essen war.. Er war noch so aufgeregt, er würde sowieso Nichts runterbekommen. Aber genug von ihm, eigentlich ging es ihm ja vermehrt um seine Frau welche direkt an seiner Seite saß und ebenfalls ein wenig unter den zahlreichen Impressionen unterzugehen drohte...
    Er griff ihre Hand, nicht ruckartig oder bestimmend, sondern er legte seine Hand ganz leicht unter die ihre und blickte sie dann vielsagend lächelnd an..
    "Wegen mir könnten wir direkt die Hochzeitsnacht beginnen. Ich habe absolut keinen Appetit." flüsterte er ihr scherzhaft zu und strich mit dem Daumen über ihre Handoberfläche..
    Natürlich wusste er um die Pflichten eines Gastgebers und darum, dass all die Gäste nur wegen ihnen hier waren, sodass sich das Paar gleich nochmal auf die Runde durch den Raum machen musste, oder durfte, um sich allen im engen Kreis erneut als Mann und Frau zu präsentieren.
    Nach einer kurzen Zeit konnte sich Seneca dann auch endlich aufraffen loszulegen, der Wein half natürlich, vor allem auf leerem Magen.
    Da die engere Verwandschaft beider Seiten nahe am Brautpaar saß boten sich diese zu Beginn natürlich an sodass sich Seneca kaum außer Reichweite seiner Braut zur Unbekannten Dame, also eindeutig aus dem Hause Decima, aufmachte um ihr die Aufwartung zu machen..


    "Salve, es freut mich dass du zu unserem Festtag erschienen bist. Ich fürchte jedoch ich war ein wenig unhöflich und habe mich dir noch nicht vorher vorgestellt. Ich bin Aulus Iunius Seneca. Aber das weißt du ja sicherlich schon mittlerweile." scherzte Seneca und merkte dass er die gefühlt sehr große Familie seiner Frau eigentlich nicht kannte. Aber das war natürlich auch den Umständen geschuldet.

  • Wie ein ertapptes kleines Mädchen fühlte sich Camelia wenige Wimpernschläge lang bis sie sich fing und den Bräutigam zulächelte. Deinen Namen habe ich inzwischen erfahren und ich muss gestehen ich finde die Wahl meiner Tante sehr ansprechend. Als Nichte von Seiana darf ich das wohl so ausdrücken? Ich heisse übrigens Camelia ... von Onkel Serapio auch Carmelita gerufen. Mit leisem Lachen und kessem kurzzeitigen Zwinkern unterstrich die junge Decima ihre Worte, von Verlegenheit keine Spur. Ihr beide seid ein eindrucksvolles Paar und ich muss gestehen, würde Neid zu meinen Charakterzügen gehören … Der Satz blieb unvollendet und Camelia schob einen Hauch von Grinsen über ihr Lippenpaar, riskierte dabei einen Blick in Richtung der Braut um ihre Ernsthaftigkeit wieder zu finden.


    Entschuldige meine Offenheit. Manchmal bin ich eben doch ganz die Tochter meines Vaters und sehr direkt in meinen Äußerungen. Doch nun ernsthaft! Sie gab dem Sklaven in ihrer Nähe zu verstehen, dass jetzt der Moment gekommen war wie vorher abgesprochen. Bekam auch sogleich einen kleinen Holzschrein gereicht, den sie öffnete und Seneca übergab. Obenauf lag ein Pergament was sie an sich nahm, darunter befanden sich zwei edle mit Gold verzierte Becher, die sich glichen und doch verschieden waren beim genaueren Betrachten.


    Zuerst einmal meinen von Herzen kommenden Glückwunsch. Mögen die Götter über euch wachen und euer gemeinsames Leben auf ewig von Venus begleitet werden.
    Um ihrer Bitte und ihren Worten Nachdruck zu verleihen ließ sie noch wenige Tropfen aus ihrem Becher zu Boden rieseln und schob ihn dann von sich, um das Pergament zu entrollen.
    Damit du nicht denkst ich kann nur vorlaut sein, möchte ich dich mit meiner eigentlichen Begabung überraschen. Wieder folgte ein Blick zu Seiana. Natürlich euch beide überraschen.
    Ein leises Räuspern folgte und dann begann sie endlich mit ausdrucksvoller Stimme.


    Zwei Becher


    Jeder allein
    ein Gefäß für Wein
    zusammen ganz klar
    ein klingendes Paar
    ausgewählt für heute
    nicht nur zur Freude
    für eure Ehe ein Symbol
    auf euer stetiges Wohl
    ihr Klang soll euch sagen
    auch an schwierigen Tagen
    behalten beide ihren Glanz
    bleiben sie beim Anstoßen ganz
    wenn sie behandelt mit Sorgfalt
    werden zusammen sie alt
    bleiben wird immer ihr Klang
    ein Leben lang


    Eine kurze Pause folgte. Beim Zusammenrollen des Schriftstücks und dem nachfolgenden Zurücklegen in das Kästchen bildete sich dann ein zufriedenes Lächeln, ihre Augen begannen zu leuchten.

  • Dieses Gefühl, etwas mehr durchatmen zu können, hielt an, auch als die Feier selbst begann. Seiana war erleichtert, dass es so war, erleichtert, dass ihr offenbar vor allem die Zeremonie selbst im Magen gelegen hatte. Die vielen Menschen waren zwar immer noch nichts, was dazu geführt hätte dass sie sich wirklich wohl fühlte, aber es ging. Erst recht, wo sie Seneca neben sich wusste, der jetzt auch ganz offiziell zu ihr gehörte, und sie zu ihm.
    Sie musste schmunzeln, als sie seine Worte hörte. „Ich auch nicht“, erwiderte sie leise, und tatsächlich lag zwar auf ihrem Teller inzwischen etwas, aber sie hatte nichts davon angerührt. Sowieso dauerte es nicht lange, bis Seneca der Meinung war dass sie eine Runde drehen sollten, und Seiana erhob sich gemeinsam mit ihm und folgte ihm, hin zu ihrer Nichte. Ein freundliches Lächeln flog über ihr Gesicht, als auch sie sie begrüßte. „Camelia, schön, dass du kommen konntest.“ Sie warf Seneca einen schnellen Blick zu, und das Lächeln wurde für einen Moment ein wenig breiter. „Ja, eine bessere Wahl hätte ich nicht treffen können, nicht wahr?“ Sie blickte in den Holzschrein, als Camelia diesen Seneca geöffnet überreichte, und sah zwei edle Becher. Aber das war noch nicht alles. Von der Ankündigung ein wenig neugierig geworden musterte sie ihre Nichte erneut – und als diese dann anfing zu rezitieren, bewegte sich ihre Hand unwillkürlich zu Senecas und berührte sie. Als Camelia geendet hatte, fehlten ihr im ersten Moment die Worte, bevor sie dann schließlich doch etwas sagte: „Das... war wunderschön, Camelia...“

  • So mit Seiana die Tische abzuklappern.. Es hatte was, mehr noch, Seneca spürte ein ungemeines Kribbeln im Bauch jedem "sein" Mädchen zu präsentieren.. Auch wenn sie schon alle kannten oder sogar teilweise mit ihr verwandt waren, ein Gedanke den Seneca beiseite schob, denn er war einfach nur glücklich.
    "Ich fühle mich geschmeichelt dass du das so siehst." entgegnete Seneca seiner irgendwie-Nicht, bevor er sich dann lächelnd an Seiana wandte, und dann wieder zurück zu Camelia, "Verheiratet und dennoch schafft sie es dass ich rot anzulaufen drohe." scherzte der Iunier und kam dann zum 'offiziellen' Teil. Zwei Becher wurden überreicht, und Seneca hielt den Schrein in der Hand und lächelte, passend, und er hoffte dass die Becher stets zumindest halbvoll sein würden, zumindest metaphorisch gesprochen.
    Er war kein Mann der großen Worte, Seianas Nichte dafür umso mehr, und während sie ihr Gedicht aufsagte spürte Seneca Seianas Hand an der seinen. Was würde er jetzt dafür geben dieses Gedicht zu hören und dabei alleine mit Seiana an einem See oder was ähnliches idyllischem zu sitzen. Aber das Eine ging nicht mit dem Anderen. Und die Gesellschaft hier hatte ja auch was..
    "Das war wirklich eindrucksvoll. Vielen Dank für deine Mühen und natürlich auch die Becher. Du hast wirklich ein Talent."

  • Die löblichen Worte gingen runter wie Olivenöl und Camelia sog jedes Einzelne davon mit tiefen Atemzügen in sich auf. Es freut mich wenn es gefallen hat und der Dank ist ganz der Meinige ob der wundervollen Feier vor allem hier auf dem Anwesen unserer Familie. Lange war ich nicht hier und doch birgt jede Ecke Erinnerungen an meine Kindheit, als Vater und Mutter noch glücklich schienen.
    Leicht traurig wirkte für einen Moment die junge Decima, schob das aufkommende Gefühl jedoch auch schnell wieder mit einer ausladenden Handbewegung zur Seite. Nun möchte ich euch aber nicht länger in Beschlag nehmen. Der Tag ist der Eure und viele Gäste warten noch, um ihre Glückwünsche los zu werden.

  • Das war ihm noch nie -- nicht ein einziges Mal -- passiert. Licinus kam zu spät. In Worten: Zu! Spät! Dieser verfluchte Köter, fluchte er und hieb sich selbst in die flache Hand. "Die Erinnyen sollen das Miestvieh holen!" Selbiges Mistvieh -- so viel sei dem geneigten Leser gesagt, hatte Hunger auf Pferdebein bekommen und sich dazu just des Präfekten pferd als Mahlzeit auserkoren. Was dazu führte, dass als die Zähne in das Bein des Pferdes schlugen, Licinus unangenehmen Kontakt mit den hießigen Straßen machte. Damti ging es ihm zwar imemr noch besser als Pferd und erst Recht als dem Hund, aber es hatte ihn zu einer ungeplanten Pause im nächsten Dorf gezwungen um seine Hände zu versorgen, die nun reichlich verschrammt waren. Auch seine Kleidung hatte ordentlich gebürstet werden müssen. All das hatte Zeit gefressen und den letzten Teil des Weges hatte er zu Fuß zurücklegen müssen. So stand er nun deutlich verspätet und nach der ganzen Zeremonie vor dem Haus und ließ sich von einem Sklaven möglichst unauffällig zu den Feierlichkeiten lotsen.


    Abseits stehend versuchte er also erstmal sich zu orientieren, wer war da, wo war das Brautpaar?

  • Das Brautpaar befand sich weiterhin auf großer Tour, und Seneca sah wie sein Kamerad Iulius sich reinzuschleichen versuchte. Die Chance ihn ertappen ließ sich Seneca auf keinen Fall entgehen. Breit grinsend griff er die Hand seiner Frau und einen frischen Becher Wein und bewegte sich auf den Neuankömmling zu um ihm überschwänglich zu begrüßen..
    "Iulius! Wie schön dass du hier bist! Bist du mit einer unserer Centurien marschiert oder warum hat so lange gedauert?" scherzte der Iunier, "Ich bin mir nicht sicher ob du meine wundervolle Braut bereits kennst." fuhr er fort und trat ein wenig zur Seite, "Seiana, das ist Marcus Iulius Licinus, Praefectus Castrorum der Prima. Iulius, das ist Decima Seiana, ehemalige Auctrix der Acta und naja... Meine Frau." stellte er die beiden vorsichtshalber vor..

  • Natürlich hatte Seneca direkt nach der Trauung auch Ausschau nach seinem Cousin gehalten. Einige Hände waren jedoch schon geschüttelt als er sich endlich zum Tisch seines Verwandten und seiner Begleitung durchgekämpft hatte, natürlich mit seiner Braut im Schlepptau, ein wenig zügig, wie ein junges verliebtes Paar welches sich vor nur allzu neugierigen Blicken davonstehlen wollte..
    "Avianus!" stieß er laut empor und breitete die Arme aus, und ging die letzten Schritte auf die Beiden zu, "Ich hoffe es mangelt euch an nichts! Habt ihr genug zu Essen? Zu trinken?" fragte er die Beiden und sah dann die blasse Farbe des Weins seiner Begleitung, "Sibel, schmeckt dir der Wein nicht?" fragte Seneca scherzhaft, natürlich unwissend über die wahren Umstände..
    "Ist sie nicht wunderschön? Ich freue mich dass ihr hier seid um den Tag mit uns zu begehen!" erneut blickte er verliebt seine Braut an und strahlte dann die Beiden erneut an..

  • Im Augenwinkel nahm Avianus Lucias Blicke wahr, als er an den Tisch trat, den er Sibel zuvor vorgeschlagen hatte. Du hast ja doch noch Hände!, wollte er eine kleine Bemerkung zu ihr hinüber machen, hielt jedoch lieber den Mund, weil er den Consular herannahen sah. Und ihre Stimme hatte sie ganz eindeutig auch noch und damit seiner Meinung nach keinen triftigen Grund, für mehrere Monate beim Briefe schreiben auszusetzen. Er gab es nur ungern zu, aber er hatte das hin- und herschicken seitenlanger Briefe ein wenig vermisst und war ein kleines bisschen enttäuscht von der Patrizierin. Darauf, ihr dafür eins auszuwischen, musste er leider verzichten. Auf Senecas Hochzeitsfeier würde er es tunlichst vermeiden, für Ärger zu Sorgen. Sein Vetter hatte verdient, dass dieser Tag mindestens einer der schönsten seines Lebens wurde.
    Es blieb also dabei, dass er die Tiberia und ihren Mann – den kannte er zwar nicht persönlich, aber nur die Frau zu grüßen wäre doch ein wenig unhöflich – knapp begrüßte: "Salve, Consular Duccius Vala … Tiberia Lucia, gut …" … dass du überlebt hast? Dass du wenigstens für ausschweifende Feste Zeit findest? "… gut siehst du aus", endete er für seine Verhältnisse ziemlich einfallslos, aber zumindest ohne etwas Provokantes zu sagen. Ein schmales Lächeln folgte, dann wandte er sich wieder anderen Dingen zu, etwa der Toga, die bekanntermaßen so gerne verrutschte. Da half es auch nichts, wenn man als ehemaliger Praetorianer sogar darin kämpfen konnte, an seinem Platz blieb der Stoff trotzdem nicht immer freiwillig. Kurz rückte er sie zurecht und bedeutete Sibel, sich auf einem der Lecti niederzulassen, und wählte selbstverständlich einen Platz neben ihr auf derselben Liege. Nachdem er inklusive Toga halbwegs bequem lag, flüsterte er Sibel eine knappe Erklärung zu: "Die Frau des Consulars ist eine Bekannte von mir, muss du wissen, und der Consular wiederum Senecas Patron."
    Als er sich so zu ihr hinüber lehnte, roch er den Wein, den sie sich gegönnt hatte. Stirnrunzelnd blickte er sie an. Er hatte bemerkt, dass sie sich einen anderen Becher hatte reichen lassen, aber ... sie tauschte Wein gegen Wein? Das machte ja mächtig viel Sinn, vor allem, wenn man ein Kind in sich trug.
    "Posca wäre doch bestimmt besser gewesen …", meinte er vorsichtig.

  • "Iunius!" echote Licinus beinahe. "Ich mag ja ein Schreibtischhengst geworden sein, aber glaub mir einen Haufen Grünschnäbel krieg ich noch immer auf Trab. Wenn dagegen ein Hund mein Pferd als Mittagessen auserkiert, dann sieht das ganze schon ein klein wenig kompliziert aus."
    Dann wurde er dem Anlass gemessen wieder etwas ernsthafter und meinte:
    "Ich entschuldige mich in jedem Fall für die Verspätung."


    "Nein, ich glaube begegnet sind wir uns noch nicht, auch wenn Serapio dich das eine oder andere Mal erwähnt hat. In jedem Fall aber hocherfreut deine Bekanntschaft zu machen, Decima."

  • Avianus steckte sich gerade eines der Häppchen in den Mund, die man ihnen serviert hatte, da hörte er plötzlich Senecas Stimme seinen Namen rufen. Sogleich sah er auf und erblickte seinen Vetter der direkt auf ihn und Sibel zusteuerte, da konnte er ja gar nicht anders, als eilig zu schlucken, sich die Finger abzuwischen und sich breit ginsend zu erheben. "Ha! Seneca!", erwiderte er die Begrüßung scherzhaft und schloss seinen Vetter, der offenbar aus seiner Traumwelt zurückgekehrt und wieder bei seinen Gästen angekommen war, einen kurzen Augenblick lang in die Arme.
    "Alles bestens, wirklich, es könnte nicht besser sein", antwortete er und lachte kurz auf, "Jetzt sowieso. Denn wenn ich dir jetzt gratuliere hörst du vielleicht sogar was." Kurz sah er zu Sibel, wollte bereits für sie antworten, ließ es aber doch bleiben, weil er selbst nicht recht wusste, was er sagen sollte. Aber sicher schmeckte ihr der Wein, so gut dass sie ihn trank, obwohl sie ein Kind erwartete, dachte er sich sarkastisch. Natürlich In der Hoffnung, dass Sibel nichts Falsches antwortete, so sie denn etwas sagen würde, wandte er sich wieder an die beiden frisch verheirateten.
    "Ich freue mich wahnsinnig für euch beide", sagte er nicht nur zu Seneca, sondern auch zu dessen Ehefrau. "Wirklich eine Schönheit …" Das war ihm ja schon damals in den Horti Luculliani aufgefallen.
    "Ja, ich freue mich mindestens so sehr, hier sein zu können. Was will man auch mehr? Ein paar Tage Urlaub, ein wenig Zeit mit seinen Lieben verbringen …" Etwas Schöneres könnte er sich jedenfalls nicht vorstellen. Aber da war ja noch etwas, worauf er die beiden ansprechen wollte, bevor sie zum nächsten Gast eilten:
    "Wo ihr zwei schon hier seid: Ich stehe zwar mit leeren Händen vor euch, das bedeutet aber nicht, dass ich euch kein Geschenk habe. Was haltet ihr davon, wenn ich dafür sorge, dass in eurem gemeinsamen Heim, das ihr euch demnächst bestimmt zulegen werdet, ein hübsches, echt römisches Lararium steht? Selbst wenn ihr die Idee blöd findet, muss ich euch enttäuschen, das Ding ist schon in Arbeit." Breit lächelnd streifte sein Blick erneut Sibel. "Bedanken dürft ihr euch auch bei meiner fabelhaften Beraterin."

  • "...es bringt nichts noch so viele Samen auszuwerfen, wenn der Acker trockener ist als die Sahara." , keilte Vala in bester Kampfeslaune murmelnd zurück und schenkte seiner Frau ein durch und durch siegessicheres Grinsen, bevor sich jemand zu ihnen gesellte und sie beim Namen grüßte. Dass man ihn kannte, war Vala ja irgendwo gewohnt, immerhin stand man nicht an der Spitze des Staates ohne, dass einen jeder Hinz und Kunz kannte. Allerdings hatte das in einer so direkten Konfrontation durchaus seinen Makel eben NICHT zu wissen wer denn nun das Gegenüber war. Das kam natürlich nicht zum ersten Mal vor und so verfiel Vala in einem grüßenden Nicken. Hätte er das Auge für Details gehabt, wäre ihm natürlich nicht entgangen, dass der Mann in Toga durchaus den soldatischen Habitus zeigte und dementsprechend als dem Militär zugehörig betrachtet werden konnte. Sirius merkte sowas, und zwar sofort. Aber der war jetzt nicht hier, dementsprechend war Vala aufgeschmissen und bemerkte nicht, dass der Typ ein Soldat war. So blieb ihm also nichts anderes übrig als ein unverbindliches und doch routiniert freundliches Nicken.
    Was er allerdings bemerkte war einerseits die durchaus nicht unansehliche Erscheinung zur Seite des Grüßers, die Vala mit professionellem und durch-und-durch routinierten und damit unauffälligem Blick. Und andererseits war da die für diese Kreise doch eher unübliche Begrüßung seiner Frau. Und dass der Kerl einfach wieder verschwand (wenn auch nur nen Tisch weiter) bevor man adäquat reagieren konnte. Sehr seltsam, das alles.
    "Wer war das?" , ließ Vala sich wieder auf die Kline sinken und fischte mit beiläufig durch den Raum wandernden Blick nach einer Traube...

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