[Schiff] Fortuna

  • Na super, dachte sich Mattiacus. Mit dem Erstmal-unauffälig-bleiben-und-dann-erst-rauskommen war in dem Moment nichts mehr, als eine Abteilung Soldaten am Pier erschien und der kommandierende Zenturio auch noch an Bord kommen wollte.


    Mattiacus atmete deutlich hörbar aus und blickte zu Meridius. "Am besten du regelst das." sagte er leise zu Meridius. "Ich glaube, du bekommst das besser hin als ich." Schließlich war Meridius der bekannte General und hatte mehr Erfahrung im Umgang mit Soldaten. Mattiacus konnte besser mit Beamten und Bürokraten.


    Eine Hand langte aber schon zur Dokumententasche herab. Sollte es Probleme geben, würde Mattiacus das Dokument des Kaisers hervorproduzieren.

  • Es war einer dieser Momente, die von Männer abverlangten multi-taking-fähig zu sein, wie man einige Tausend Jahre später so schön formulieren würde. Ein Problem für den modernen Mann, für unseren archaischen Meridius jedoch kein wirkliches Problem, hakte er stoisch eben ein Ereignis nach dem anderen ab.


    "Was? Seiana? Hier?"


    natürlich, sie hatte sich ja entschlossen, hier in Alexandria zu leben und es konnte durchaus sein, dass sie sich unter der Menschenmenge befand, die das Schiff umstand. Meridius wollte gerade nach ihr Ausschau halten, als ein Centurio an die Rampe trat. Die Uniform war nicht zu übersehen, sein bestimmtes Auftreten ebenfalls nicht, der Hahnenkamm an seinem Helm schon zweimal nicht.


    >Heda! Ich bin Centurio Quintus Fabius Vibulanus, Pilus Prior der II. Cohorte der Legio XXII Deiotariana, und ich bitte um Erlaubnis an Bord kommen zu dürfen.<


    Der Senator wurde aus seinen Gedanken um Seiana gerissen, visierte den Soldaten an und nickte.


    "Erlaubnis erteilt, Centurio."


    Dann wandte er sich an den Seemann und gab diesem in wesentlich leiserem Ton zu verstehen, dass auch Seiana an Bord kommen dürfe. Er solle ihr zudem ausrichten, dass sie alle - Mattiacus und er selbst - sich freuen würden, sie endlich einmal wieder zu sehen.

  • >Ave...<


    begann Vibulanus, nachdem er auf des Schiff gekommen war, zögerte dann einen Moment. Er mussterte den Mann vor sich und erkannte genügend Zeichen seines Standes um seinen Satz richtig zu beenden. Seine Männer warteten währendessen noch auf dem Pier.


    >... Senator. Maximus Decimus Meridius wie ich annehme?<


    sagte er mit dem nötigen Respekt und in seinen Gedanken formte er schon einige Worte zu einem nun unausweichlichen Satz zusammen. Dann stellt er die Frage.


    >Ich muss dich hiermit offiziel fragen, ob du eine gültige Einreiseerlaubnis nach Paragraph 4 Absatz 2 des Lex Aegypti hast, Senator. Wenn ja, dann bitte ich dich mir dies zur Kontrolle auszuhändigen.<

  • Die offizielle Abordnung im Hafen - die Soldaten umfassten immerhin zwei Zeltgemeinschaften - machte den nötigen Eindruck. Einige der herumstehenden Beobachter der Szenerie verließen eben diese, andere traten hinzu, wollten sie doch sehen wie es weiterging und ob es noch mehr zu sehen gab. Die Durchsuchung eines Schiffes? Eine Verhaftung womöglich?


    "Der bin ich."


    sprach der Senator.


    "Maximus Decimus Meridius, Centurio."


    Er nickte dem Mann ebenfalls respektvoll zu, wusste er doch um die Aufgabe der Offiziere und hatte von jeher den nötigen Draht zu allem militärischen. Einmal Legio - immer Legio. Von Soldat zu Soldat unterhielt es sich immer noch am Besten.


    "Eine vorbildliche Truppe hast Du unter Deinem Kommando. Meinen Respekt..."


    Dann kam er gleich zur Sache.


    "Wir waren auf dem Weg nach Antiochia und kamen in einen schweren Sturm, wie unschwer am Zustand es Schiffes zu erkennen ist. Die nötigen Papiere haben wir daher nicht. Doch ich versichere Dir, dass ich das Schiff nicht verlassen und nicht an Land treten werde. Die Besatzung bekommt alles nötige hin, ohne dass ich von Bord gehe. Du kannst gerne eine Wache hier abstellen um auf Nummer sicher zu gehen..."


    Er lächelte und hätte es voll verstanden, wenn der Centurio genau so handelte.


    "Eine Bitte hätte ich jedoch. Wäre es möglich, den Statthalter in Kenntnis zu setzen? Wir bräuchten seine Hilfe, wenn wir unser Schiff schnellstmöglich wieder in Gang gesetzt bekommen möchten. Richte dem Preafecten Germanicus einfach meine Grüße aus, er kennt mich noch gut aus unserer gemeinsamen Zeit in Germanien. Ich würde ihn daher gerne sprechen, da ich jedoch nicht an Land kommen kann..."


    Den Rest konnte sich der Centurio sicher denken.

  • Nach den Worten des Senators atmete Vibulanus erleichtert auf und war auch um einige Sorgen ärmer. Senatoren, die eine Erlaubnis hatten wurden in der Regel angekündigt, sodass er nichts anderes erwartet hatte. Vorallem bei dem Zustand des Schiffs, aber er war wirklich froh, dass der Senator, sicherlich auch ein Mann der Legion, wusste, sehr umgänglich war.


    >Ich danke dir. Sie sind zwar aus der II. aber für Frischlinge machen sie sich gut.<


    meinte Vibulanus nach dem freundlichen Lob und fuhr dann fort.


    >Ich vertaue natürlich auf den Wort, aber meine Pflicht gebietet mir eine Wache abzustellen. Auch damit zu dich nicht mit neugierigen Klatschmäulern und Störenfrieden abgeben musst. Die Einheimischen werden nämlich langsam aufmüpfig und vergessen, dass sie nur Unabhängig sind, weil Rom ihnen diese Unabhänigkeit schenkt, aber das ist eine andere Sache. Ein Contobernium sollte genügen.<


    entegnete er und notierte sich in Gedanken alles notwendige zu veranlassen.


    >Ich werde meinen Patron umgehend unterrichten und ich denke, dass er sobald als möglich einige Fachmänner der Classis schicken wird. Die Reperatur sollten also kein Problem sein.<


    sagte Vibulanus und wartete, ob der Senator noch ein anderes Anliegen hatte, bevor er das Schiff wieder verlassen und zum Palast des Statthalters aufbrechen würde.

  • Mattiacus atmete erleichtert auf, als das Gespräch zwischen dem Centurio und Meridius positiv verlief und Mattiacus nicht die Urkunde des Kaisers zücken musste.


    Er war beeindruckt von Meridius Ton und Umgang mit dem Centurio. Aufeinmal war Meridius wieder ganz der Legatus und man könnte meinen, statt auf einem heruntergekommenen Schiff im Hafen von Alexandria ist man in einem Feldlager an den Grenzen des Imperiums. Es stimmt wohl, was die Veteranen sagen, dass die Armee eine Person mehr prägt als alles andere.

  • Es dauerte nicht wirklich lange, bis der Seemann zurückkam und ihr mitteilte, dass sie an Bord kommen könne, aber Seiana erschien diese Zeit doch recht lang, und als er endlich vor ihr stand, bedeutete sie ihm nur mit einer etwas ungeduldigen Kopfbewegung, ihr den Weg zu weisen, nachdem sie den beiden Sklavinnen zu verstehen gegeben hatte, dass sie am Pier auf sie warten sollten. Der Matrose ging anschließend voraus, zu den Planken, die an Bord des Schiffes führten, und unterdessen erfuhr sie, dass nicht nur Meridius, sondern auch Mattiacus auf der Fortuna war, was Seiana noch mehr erstaunte. Sie verbiss sich allerdings die Frage nach dem Warum. Der Matrose hätte es ihr vielleicht sogar sagen können, aber Familienangelegenheiten waren nichts, was sie mit einem Seemann besprechen wollte.


    An den Planken angekommen ließ der Matrose ihr den Vortritt, und auf dem Schiff selbst deutete er in eine Richtung. „Da hinten isser. Da, bei’m Soldatn.“ Anstalten, sie noch weiter zu begleiten, machte er nicht, immerhin hatte er noch Arbeit zu erledigen, und den Weg verfehlen konnte sie nun kaum mehr. Seiana selbst wartete auch nicht lange darauf, ob er nun mitkam oder nicht. Sie hatte ihre beiden Verwandten inzwischen entdeckt und bewegte sich mit eiligen Schritten auf sie zu, hielt dann aber ein paar Schritte von ihnen entfernt inne. Meridius befand sich gerade in einem Gespräch mit einem Soldaten, und sie ahnte, worum es sich handelte – konnte es doch eigentlich nur darum gehen, dass Meridius als Senator hier eigentlich nichts zu suchen hatte, konnte er nicht eine Erlaubnis aufweisen. Also hielt sie sich vorerst zurück und wartete, bis die beiden ihr Gespräch beendet hatten.

  • Centurio Fabius Vibulanus zeigte sich kooperativ und Meridius honorierte diesen Umstand mit einem wohlwollenden Tonfall und einer offen zur Schau getragenen Sympathie. Wenn sie hier schnell wieder weg kommen wollten - und sie hatten ja eine Mission zu erfüllen - dann brauchten sie jede Hilfe, die sie bekommen konnten. Der Senator verhehlte seinen Dank daher nicht.


    "Ich danke Dir, Centurio. Die Hilfe der Fachmänner nehmen wir dankend an. Und Deinen Namen werde ich lobend in Rom erwähnen, sollte unser Missgeschick zur Sprache kommen."


    Er salutierte, wie es unter Soldaten üblich war und wandte sich dann an Mattiacus. Zeitgleich mit seinen Worten an diesen, entdeckte er Seiana am Ende der Planken und sein Gesicht erhellte sich, verwandelte sich von dem höflichen und konzentrierten Ernst der Situation zu aufrichtiger Freude.


    "Der Prafectus wird sicher bald hier auftauchen, Marcus und dann ...
    Das ist ja Seiana! Sieh mal, dort steht Seiana!"


    Er hob seinen rechten Arm zum Gruß, mit einem strahlenden Lächeln, blickte dann theatralisch über sein Schiff, als wolle er den Schaden präsentieren und hob dann seine Schultern. Das Signal war klar, bedeutet soviel wie 'Sie Dir das hier mal an - so kann es gehen - Was kann man gegen das Schicksal auch machen...'


    "He, Seemann, lass Die Dame an Bord!"


    Ein Familientreffen an Bord der beschädigten Fortuna. Und das im Hafen von Alexandria, vor den Augen einer doppelten Wachmannschaft und einer Menschenmenge, die immer noch das weidwunde Schiff uns seine Reisegesellschaft anstarrte, als gebe es zur Zeit in der ganzen Stadt nichts interessanteres.

  • >Ich danke dir, Senator. Dann werde ich mich gleich auf dem Weg machen, um alles notwendige zu veranlassen. Vale.<


    verabschiedete sich Vibulanus und wartete noch etwas, falls der Senator etwas sagen wollte, bevor er das Schiff in Richtung der Regia verlies.

  • Der Senator nickte und hatte keine weiteren Wünsche. Oder vielmehr doch so viele, dass ihn von einem Moment auf den anderen die Ungeduld packte. Es gab viel zu tun. Das Schiff lag weidwund im Hafen, musste überholt werden. Sie brauchten neuen Proviant, zusätzliches Segelmaterial, neue Waffen, vielleicht kauften sie auch schon hier Pferde, denn in Antiochia würden sie mit Sicherheit nicht günstiger werden. Er müsste unbedingt mit dem Statthalter sprechen und sie brauchten einen Führer, der sich in Parthien auskannte. Vielleicht konnte Mattiacus auch diesbezüglich in Alexandria Erfolg vermelden und einen Mann für diese Aufgabe auftreiben. Und am Besten alles möglichst noch heute. Sie mussten weiter, alles kam ihm schon viel zu langsam vor.


    Seiana kam langsam an Bord - dem Senator ging es längst nicht mehr schnell genug. Er ging ihr ein paar Schritte entgegen und streckte die Arme aus, ehe sie ihn erreicht hatte.


    "Sei gegrüßt, Seiana!"


    sprach er, lachte über das ganze Gesicht ob des unerwarteten Besuches, der für sie nicht weniger unerwartet sein musste.


    "Wer hätte gedacht, dass wir uns hier sehen würden..."


    Ganz ehrlich? Keiner.

  • Ganz in der Nähe des Senators stand Ioshua am Kai, umringt von einer Schar Sklaven, Schreibern und Geschäftsleuten. Er erwartete heuer eine neue Schiffsladung und wollte sie persönlich inspizieren, deswegen war so ungewohnt auf den Beinen.
    Das Schiff war noch nicht gekommen. Sowas konnte sich nur um Stunden handeln und im Hafen gab es ja sonst nichts zu tun. So beobachtete er die Hafenarbeiter und Lagerarbeiter, die Boten und Verwaltungsangestellten, die für sein Kontor arbeiteten, und gab Anweisungen, alles nötige vorzubereiten, um mit dem Verladen der Waren schnell zu beginnen, wenn das Schiff angekommen sei.
    Die Schar, die ihn umringte, machte es ihm nicht einfacherer. Hier gab es immer wen, der was von einem wollte. So war der Lauf der Welt, und heute war offenbar so ein schlimmer Tag. Dafür sorgte allein der Andrang, der sich am Kai tummelte. Die Hafenwacht zog nicht oft aus, dazu ein Centurio, der gerade von einem der benachbarten Schiffe stieg, welches aussah, als hätte es den Dreizack des Poseidon zu spüren gekriegt.
    Ioshua bereute es schon an diesem Tag überhaupt hergekommen zu sein, da erspähte er im Augenwinkel aus einiger Distanz schräg über ihm, an der Reling eben erwähnten Schiffes, jenen Mann, eine Statur von einem gefallen Krieger wie er einer war :P , groß, kräftig, und die Weisheit sprach aus seinem Gesicht. ;)
    Ioshua erkannte diesen Mann, den er vor Jahren dasletztemal gesehen haben mußte. Doch das Gedränge holte ihn wieder ein. Gerade hatte ihn dieser braune Schönling, Iuvenix, um ein Darlehen gepumpt, da war seine Aufmerksamkeit auch schon wieder bei dem Mann.
    Hatte er ihn bemerkt ?

  • Etwas nervös ob des Andrangs am Pier blickte der Senator mal nach hierhin und dorthin in die Menge der Menschen, erfasste die Soldaten, welche sich bereit machten, zum einen den Rückweg anzutreten, zum anderen als Wache zurückzubleiben, überflog die Hafenarbeiter, Träger und jede Menge bärtiger Gesichter, die alle im Großen und Ganzen gleich fremd aussahen. Es gab Männer in orientalischen Gewändern, Halbnackte Ägypter und Nubier, Schwarzafrikaner, Griechen und Phönizier, Juden. Die wenigen Römer stellten er selbst, Mattiacus, der römische Offizier und seine Soldaten und Seiana, dieses liebgewonnene vertraute Gesicht, das sofort wieder seine Aufmerksamkeit gewann.


    "... Neptun hat uns übel mitgespielt, doch wir können froh sein, dass er uns nicht versenkt hat. Ein Sturm, direkt vor Kreta. Wir konnten tun, was wir wollten, er trieb uns direkt hier her."


    vollendete er seinen Satz und reichte ihr die Hand zum Gruß.


    Dass sein alter Geschäftskollege Ioshua ben David am selben Tag am selben Pier stand und ihn gleichfalls beobachtete, konnte er nicht wissen und hätte er auch nie für möglich gehalten. 'Alter Hundsfott - Du hier? - hätte er gedacht, wenn er ihn erblickt hätte und ihn gleichfalls an Bord gebeten. Doch den Moment beherrschte nur eine - Seiana ...

  • Ioshua war des Wahnes gleich. Dieser Typ belaberte ihn nun schon über eine Minute und hatte ihm gerade sämtliche Zeugen aufgesagt, die angeblich für ihn und seinen Kredit bürgen würden. Seine Schwester, sein Schwager, ein Onkel, der Bäcker, zwei gute Freunde, ein Lehrer. Ioshua schnaubte sehr. Wenn dieser Typ nicht augenblicklich den Mund schloss, würde die Schutzwache gleich dableiben können. Aber dann hätte er sich wieder freikaufen müssen und aegpytische Rechtsprecher waren so überaus ideal und schwer zugänglich. Wenn nicht sowieso die Römer sich in den Fall eingemischt hätten, das hätte seine Chancen nochmal schwinden sehen.
    Ärgerlich nickte er diesem Iuvenix ab und wies ihm einen der Schreiber zu, sich mit dem Bittsteller zu beschäftigen, während er sich seinen Weg vorwärts suchte.
    Er blickte nochmal hinauf zu dem Schiff, wo der Senator noch immer stand, aber er schien beschäftigt. Auf dem ersten Blick hatte er es gar nicht glauben können. Ein Senator in Aegypten, das klang sehr nach einer Sensationsstory. Aber beim zweitenmal hatte er die Gewissheit. Er hätte auch nichts rufen können. Erstens wäre das unschicklich gewesen, darüberhinaus ziemlich peinlich und drittens ohnehin fruchtlos, da seine Stimme bei dem Lärm gar nicht bis an Bord durchdrang. So drehte er sich ab und widmete sich wieder seinen eigenen Geschäften. Das Schiff sollte jeden Moment ankommen.

  • Mattiacus grüßte auch Seiana mit einem Nicken. "Wie schön, ein vertrautes Gesicht hier in der Fremde zu sehen."


    Er schaute sich nocheinmal auf dem Schiff um. Viel blieb nicht mehr von ihrem Gepäck übrig, entweder hatten sie es über Bord geworfen oder der Sturm hatte es hinweggeschleudert. Es blieb wenig, was man zu Geld machen konnte bzw. musste viel gekauft werden.


    "Da wir jetzt schon weitgehend in der Stadt bekannt sind, würde ich mich dann mal aufmachen, um uns unsere Ausrüstung wiederzuholen." sagte er zu Meridius.

  • Mattiacus brachte ihn mit seiner nüchternen sachlichen Art, welche in dieser Situation durchaus angebracht war wieder in die Notwendigkeiten des Alltags zurück. Für einen kurzen Moment, der nicht länger dauerte als einen Gedanken, eine Bewegung hatte sich Meridius einzig auf seinen Besuch konzentriert. Doch schon wieder musste er seine Aufmerksamkeit teilen.


    "Sicher."


    erwiderte er.


    Mattiacus hatte recht. Sie hatten keine Zeit zu verlieren, zumal jeder weitere Tag hier im Hafen, der aufgrund langsamen Vorgehens zustande kommen würde, ein Tag sein konnte, der das Unterfangen Livianus zu befreien erschwerte. Was, wenn sie zu spät kamen? Und wie um alles in der Welt sollte es ein Senator wie Decimus Meridius mehr als nötig auf 30m² Fläche aushalten? Das winzige Deck der Fortuna war sein einziger Bewegungsraum. Die riesige und von Menschen bevölkerte Metropole Alexandria, die Perle des Orients lag vor ihm, offen, er musste nur zugreifen, sie betreten ... Doch er konnte nicht, das Gesetz verbot es. Umso stärker war sein Drang, den Hafen so schnell als möglich wieder zu verlassen.


    "Du weißt, was Du zu besorgen hast? Nimm am Besten noch den Kapitän des Schiffes mit. Er weiß, was wir brauchen um das Schiff flott zu bekommen. Der Steuermann wird sich so lange hier um den Rest kümmern..."


    Er lächelte Mattiacus dankbar zu und ergänzte


    "... und wenn Du irgendwas zum Wechseln der Kleidung mitbringen könntest, wäre ich Dir ebenfalls dankbar. Ich habe ungefähr Deine Größe."


    Alles andere wusste Mattiacus selbst. Er hätte eine Menge zu tun und Meridius war gerade in diesem Moment den Göttern mehr als dankbar, dass er ihn auf diese Reise mitgenommen hatte.

  • Der Ewigkeitsbegriff bekam für Meridius eine ganz neue und eigene Bedeutung. Nie zuvor hatte er sich auf so wenigen Quadratmetern, eingengt auf engstem Raum gefühlt. Als sich die Fortuna noch auf See befunden hatte, erschien ihm dieses Schicksal nicht ganz so schlimm, gehörte es doch zur Seefahrt, für einige Zeit diese Bürde auf sich zu nehmen. Nun aber, mit dem großen Hafen und der riesigen Stadt voller Menschen, Tavernen, Märkten, Geschäften und Häusern vor Augen empfand er eine Hilflosigkeit, eine Machtlosigkeit wie nie zuvor. Ein freiwilliges Exil konnte nicht schlimmer sein, die Verbannung auf eine Insel erschien als harmlos. In die Stadt konnte er nicht, ja er durfte nicht einmal seinen Fuß auf den Boden der Pier setzen. Das Gesetz sprach dagegen und dass dieses Gesetz eingehalten wurde, hatte der Centurio - welcher am Vortag seine Aufwartung gemacht hatte - Wachen abgestellt. Die Fortuna lag unbeweglich da, schaukelte leicht auf den Wellen.


    Schwer atmend verbrachte Meridius den Tag an Deck. Das Hämmern der Seeleute, welche das Schiff überholten, brachte ihn beinahe zur Verzweiflung. Wenn es doch schneller ginge. Wenn er doch Botschaft hätte. Wenn doch der Statthalter sich endlich herbei bemühte, damit er mit ihm sprechen konnte. Mattiacus befand sich erneut auf einer Einkaufstour. Meridius beneidete ihn um diese Freiheit. Und Seiana hatte sich nach der kurzen Stippvisite am Vortag erneut für einen Besuch angemeldet, der jedoch erst gegen Spätnachmittag erfolgen sollte. Doch bis dahin waren es noch Stunden.


    "Vierundzwanzig, Fünfundzwanzig..."


    Der Senator zählte die Schritte bis zum Anfang der Rampe, welche vom Schiff hinab auf die Pier reichte, blieb stehen und warf einen Blick hinab zu der Wachmannschaft. Die Männer hatten am gestrigen Tage Aufstellung bezogen, waren einmal abgelöst worden und warteten nun darauf, dass ihre Wache irgendwann zu Ende ging. Oder dass etwas passierte. Dass etwas passierte ... Meridius hatte Lust die Rampe hinunter zu gehen und einen Fuß auf den Boden, nein kurz über den Boden zu halten und dann wieder zurückzuziehen. Er schmunzelte ob des Gedankens, setzte ihn jedoch nicht in die Tat um. Die Situation war unerträglich ernst. Wenigstens waren sie noch am Leben und wie es schien, würde die Fortuna in wenigen Tagen wieder ablegen können.

  • Die strenge Sonne empfand Meridius am schlimmsten. Er hatte sich aus einem Stück Stoff provisorisch eine Mütze gebastelt, bis Mattiacus einen großen Strohhut auf einem Markt aufgetrieben hatte. Mit diesem ging es entschieden besser und der kühlende Wind, der vom Meer herein in den Hafen blies, machte die Situation beinahe erträglich. Lastete nicht der Druck einer Mission des Senats auf ihm, die Sorge um seinen Cousin Livianus, es hätte den Anschein haben können, der Senator mache Urlaub auf einer Baustelle.


    Die Reparaturarbeiten schritten vorran. Der Rumpf hatte sich nach einer genaueren Beobachtung als unbeschädigt erwiesen, wurde jedoch von der Kruste aus Meerestieren und Muscheln, welche sich angesetzt hatten befreit. Die Kajüte und die weiteren Aufbauten wie Maste, Tauwerk und Segel mussten jedoch erneuert werden. Alexandrias Hafen indess war groß, beinahe gewaltig, entsprechende Mengen an Material lagen folglich in verschiedenen Lagerhäusern, konnten für eine entsprechende Summe erworben werden, so dass die Fortuna spätestens bis zum Abend des zweiten Tages wieder hergestellt sein würde.


    "Ich hoffe, Mattiacus bringt mir eine vernünftige Ausrüstung mit."


    bemerkte er in Richtung des Kapitäns, welcher sich von den Reparaturarbeiten eine Pause gönnte und zu Meridius getreten war. Der Blick des Senators ruhte auf der Wache, welche gerade abgelöst wurde.


    "Mein Gladius, der Brustpanzer, bei den Göttern, ich hatte beide schon seit meinem Kommando in Germanien lieb gewonnen, ruhen irgendwo am Boden des Meeres. Ich hätte wohl besser einen der Veteranen mitschicken sollen. Nicht dass er noch dieses Spielzeug kauft, das man als Dekoration an den Wänden römischer Senatoren findet..."


    Er spuckte über die Bordwand ins Wasser und sah zu, wie sich eine handvoll Möwen darauf stürzten, in der irrigen Annahme, es wäre ein Brotkrumen gewesen, derer der Kapitän schon zwei oder drei den Vögeln zugeworfen hatte.

  • Er erinnerte sich an jene ominöse Begegnung am Vortag und war aus diesem Grunde zurückgekommen an den Pier, wo noch immer dasselbe Schiff an derselben Stelle lag. Offenbar hatten sie einen längeren Aufenthalt, hier in Alexandria. Obwohl seine Zeit knapp bemessen war, wollte er sich diese nicht nehmen lassen, sollte sich tatsächlich sein ehemaliger Geschäftspartner an Bord dieses Schiffes befinden, was bei allen Göttern des Himmels und der Erde schon ein ungeheuerlicher Zufall sein mußte.


    Die Sänfte bugsierte sich ihren Weg am Kai entlang und kam an besagten Pier zum stehen. Soldaten bewachten den Aufgang zum Schiff, was für Ioshua ein Indiz war, daß sie hier etwas oder etwen bewachten. Er schob den Vorhang beiseite und widmete sich an eine der Wachen.


    "Salve Soldat, sag' befindet sich ein Senator namens Maximus Decimus Meridius an Bord dieses Schiffes ?"

  • Das Interesse des Senators wurde auf eine Sänfte gelenkt, welche in den Hafen getragen wurde, dann die Pier nahm, an welcher sich die Fortuna befand und schließlich direkt vor den Wachmannschaften anhielt. Konnte es sein, dass jemand zu ihnen wollte? Seiana konnte es noch nicht sein, hatte sie sich doch erst für später angekündigt. Der Statthalter vielleicht? Unmöglich, denn die Sänfte war nicht von römischen Soldaten begleitet worden und die Wachen reagierten nicht, wie sie reagieren würden, sollte es sich um die Sänfte des Statthalters handeln.


    Interessiert blickte der Senator in die Richtung des Geschehens.


    "Bin mal gespannt, wer da etwas von uns will.
    Oder er hat sich gewaltig verlaufen..."


    Er lachte und der Kapitän stimmte mit ein.

  • Die Wache nickte nur und Ioshua war sicher, sich nicht geirrt zu haben. Er entstieg der Sänfte, sein purpurnes Gewand fiel auf den Boden, dazu trug er einen überdimensionalen Fächer - wie ein Mode-Caesar(*) :P - und bewegte seine prallen Rundungen den "Laufsteg" hinauf auf das Schiff, von wo ihn schon einige Gestalten begutachten. War der Senator da ?


    Sim-Off:

    (*) Das Wort Zar dürfte den Menschen dieser Epoche so noch nicht bekannt sein. ;)

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