Intermezzo II - Ein Marschlager am Chaboras

  • Priscus hockte gerade vor seinem Zelt und kümmerte sich um seine Ausrüstung, als der junge Soldat sich bei ihm meldete. Der Optio dankte für die Meldung, schickte den Mann zurück zu seiner vorigen Tätigkeit, richtete sein Cingulum und den Schwertgurt und betrat wenig später das Zelt des Centurio.


    "Salve, Centurio, melde mich wie befohlen!"

  • Später am Tag, Marcus hatte bereits sein Abendessen nach dem langen Marsch, dem neuen Lagerbau, all den Organisationsangelegenheiten zu sich genommen - leider war die Ration etwas mager, aber im Krieg durfte man sich einfach nicht beklagen! - betrachtete Marcus die anderen Ernennungsurkunden. Ein marginales Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, die Zeltplane wurde zur Seite geschlagen und sein Mädchen für alles - besonders für seine private Korrespondenz - Naevius betrat das Zelt. Er reichte Marcus einen länglichen Gegenstand, Marcus nickte dankbar, dann legte er die Urkunden zur Seite und stand auf.


    "Meine Rüstung..."
    , meinte er knapp zu einem Sklaven in der Nähe.
    "Naevius, rufe die centuria zusammen. Sie sollen sich vor meinem Zelt aufstellen. Alle!"


    Naevius nickte und verschwand nach draußen. Dort hörte Marcus einen Augenblick später seine Stimme sich über das Lager der Zweiten erheben.


    "Aaaaaappell. Alle Mann vor das Zelt des centurios. Aber hurtig!"


    Marcus grinste verhalten. Zwar war das Stimmorgan von Naevius nicht das Beste, dessen Stimme klang etwas kratzig und dünn, aber dennoch bemühte sich der dürre Schreiberling eindeutig. Nur mit dem richtigen Ruf haperte es noch. Aber Naevius war nun mal mehr ein Bürokrat, hatte eine Schreiberseele. Marcus ließ sich von seinem Sklaven in die Rüstung helfen.

  • Dem Ruf des Schreiberlings des Centurio's folgend fand sich die zweite Centurie und auch Sparsus vor dem Zelt des Centurio's ein. Schnell formierte sich der Trupp und Sparsus reihte sich hinten ein.


    Sim-Off:

    Man verzeihe mir die Kürze des Posts - ich will nur kurz meine Anwesenheit bekannt geben

  • Serapio machte das mit dem Rasieren erstaunlich gut. Das einzige was er befürchten musste war ein Sonnenbrand auf seinem Rücken. Als Serapio ihn fragte, ob er ihn etwas fragen dürfte konnte sich Sparsus ein Grinsen kaum verkneifen. Er konnte ja schlecht Nein sagen, wenn der Bittende ihm en Messer an die Kehle hielt. Als er dann jedoch die Frage hörte, wünschte er sich, er hätte Nein gesagt. In solchen Angelegenheiten war er ... also wenn man es milde Ausdrückte konnte man sagen das er vollkommen unbrauchbar war.


    "Ähh, also. Das ist jetzt natürlich nicht so einfach.


    Sparsus kratze sich am Kopf. Das Serapio "andersrum" war, wussten eigentlich alle und daher schloss Sparsus mal eine der Trosshuren aus, eher vermutete er jemanden aus der zweiten Centurie. Womöglich der Centurio?


    Also ich würde aufpassen wer das ist. Denn gerade bei einem Offizier kannst du dir damit Ärger einhandeln. In dem Fall würde ich das lieber lassen. Aber bei einem einfachen Miles, also da dürfte es eigentlich keine Probleme geben. Nur solltest du dir sichersein, das er ... also nicht das ...


    Bei den Harpien wie sagte er das jetzt? War es unhöflich so etwas gerade heraus zu sagen? Argh, wieso musste er immer solche Fragen abbekommen?!


    ... also dass er auch auf Kerle steht. Weil, wenn nicht, kannst du dir die Mühe glaube ich auch gleich Sparen, verstehst du wie ich das meine? "


    Verdammt er kam sich selber sowas von blöd dabei vor. Das Ganze war irgendwie etwas sehr direkt und unverblümt aber zu etwas besserem war er so einfach nicht fähig. Sparsus besah sich Serapio und hielt sich schon mal bereit falls er durch sein Gebrabbel irgendwie sein Gefühle oder so verletzt haben sollte.

  • Die lästigen Schreibarbeiten hatte Marcus mittlerweile zur Seite gelegt, er konnte auch nicht länger als eine Stunde über diesen Verwaltungsrollen sitzen, ohne daß er glaube, ihm würde gleich der Kopf platzen. Manchmal dachte Marcus sehnsuchtsvoll an seine Zeit als optio zurück. Sicher, es war unbequemer, man mußte sein Marschgepäck tragen, hatte nicht so ein großes Zelt und war auf seinen centurio angewiesen, daß man unter keinem Schinder diente, aber Marcus hatte damit in seiner Zeit Glück gehabt, großen sogar, wenn er man einen seiner Zenturiokollegen betrachtete, die fröhlich und munter ihre vitis schwangen, auf die Rücken ihrer Soldaten. Nicht, daß Marcus nicht den Sinn mancher Strafen absprechen würde. Dennoch vermißte Marcus die - nachträglich verklärte - unkomplizierte Zeit als optio. Grübelnd sah Marcus auf einen Becher, der zu 4/5 mit Wasser gefüllt war und einen kleinen Spritzer Wein enthielt, um die bösen miasmen zu beseitigen, die – bekanntlicherweise! - dem Wasser anhingen. Marcus sah auf, als Priscus herein trat und nickte ihm freundlich zu.


    „Salve, optio!“
    , grüßte Marcus ihn und deutete auf einen der improvisierten Lagerstühle, gegenüber seines improvisierten Tisches.
    „Nimm doch bitte Platz!“


    Marcus drehte sich um, winkte einen Sklaven heran und trug ihm leise auf, etwas Wein zu holen und zwei Becher, anschließend sollte der Sklave ihnen – Priscus und Marcus – die Becher mit Wein füllen. Dann drehte sich Marcus wieder um und schwieg einige Herzschläge lang. Marcus war nicht grade ein Mann großer Worte, noch fühlte er sich in der Lage, derart eloquente und wohlgefeilte Worte wie seine Vettern von sich zu geben, dennoch hatte er das Gefühl, einige Dinge sagen zu wollen.


    „Nun, Priscus, wir dienen ja schon eine Weile zusammen. Erst als optiokollegen, dann Du bei mir als optio...ich meine, während ich dann schon Zenturio war. Und ich muß sagen, mir hat das Zusammenarbeiten mit Dir immer gut gefallen. Man kann sich stets auf Dich verlaßen, Du machst Deine Arbeit sehr gut.“


    Besser als Aristides, hatte Marcus oft das Gefühl. Priscus sollte eigentlich schon längst Zenturio sein.


    „Ich wollte mich bei Dir bedanken für all das.“


    Herrje, Marcus! Das war etwas holprig. Marcus sah auf als der Sklave heran kam und den roten Wein in die Becher einschenkte.


    „Aber auch jede gute Zeit hat leider sein Ende. Ich will nicht lange und große Worte drum machen...“
    Was er schon hatte, wenigstens ansatzweise.
    „...Du wurdest versetzt. Und zwar zu einem frisch gebackenen centurio. Der optio der Ersten wurde zum Zenturio ernannt. Und ich denke, er braucht einen erfahrenen optio, wie Dich, Priscus.“
    Marcus griff nach seinem Becher und drehte ihn in seinen Händen, trank jedoch noch nicht davon.
    „Artorius Imperiosus ist Dein zukünftiger Kommandant. Ich glaube, ein guter Mann. Er wird die Fünfte der neunten Kohorte befehligen...“
    Marcus dachte einen Herzschlag lang nach, was man ihm deutlich im Gesicht ablesen konnte.
    „Gibt es Männer von der Zweiten, die Du mitnehmen möchtest und die ich gegen ein paar Männer der Fünften eintausche?“






    SimOff: Ich wurde darauf freundlicherweise aufmerksam gemacht, daß der Thread ja noch vor Circesium war. Die Handlung spielt jedoch nach Circesium, ich wollte nur nicht noch einen neuen Thread nur dafür aufmachen. Entschuldigung.

  • Die umständlichen Worte und das feierlich Servieren des Weines ließen Priscus ahnen, dass es in diesem Gespräch um etwas besonderes gehen sollte und die Vermutung nach einer Versetzung lag nahe. Immerhin hatte es Verluste gegeben und Männer mussten ersetzt werden. Wohin es für ihn ging, war zweitrangig und dass er weiter Optio blieb störte ihn auch nicht. "Der Dank gebührt dir, ich war gerne dein Optio", antwortete er daher erst einmal etwas feierlich und verlegen. Sicher war der Wechsel von der ersten Kohorte zur neunten nicht gerade prestigeträchtig und die Sache mit der Erfahrung und dem dortigen neuen Centurio etwas dünn als Begründung, aber Priscus freute sich trotzdem auf die neue Aufgabe.


    "Ich werde schon mit ihm auskommen", merkte er zu Artorius Imperiosus an. Er hatte schon mehrere Centurionen erlebt und vermutlich würde auch dieser nicht sein letzter sein. Das Angebot, Männer mitnehmen zu dürfen, kam da wesentlich überraschender. Stumm schüttelte der Optio den Kopf. "Nein, ich denke nicht. Jeder hier ist ein guter Kamerad und mit jedem würde ich Seite an Seite kämpfen und arbeiten, aber jeder hat seinen Platz dort, wo er zugeteilt wird." Und da er nun einmal nicht über diese Zuteilung zu entscheiden hatte, kommentierte er sie auch nicht. Er hatte nicht einmal besondere Lust dazu, sich darüber Gedanken machen zu müssen und vermutlich war auch genau das der Grund, warum er als Optio so zufrieden war und überhaupt nicht traurig, nicht Centurio zu sein.

  • Zitat

    Original von Naevius
    "Aaaaaappell. Alle Mann vor das Zelt des centurios. Aber hurtig!"


    Was für ein Gekrächze. Aber es konnte ja nicht jeder so eine iuppitergleiche Stimme haben, wie der Praefectus Matinius. (Obwohl ich nicht vergessen hatte, dass der meine Familie des Obstklaus bezichtigt hatte, musste ich zugeben, dass in der Legion etwas fehlte, seitdem er versetzt worden war.)
    Grinsend, und milde über Naevius spottend, der nicht gerade besonders beliebt war, erhoben meine Zeltgenossen und ich uns von unserem Lagerfeuer, warfen uns in die Rüstungen und eilten hurtig zum Zelt des Centurios. Ich reihte mich ein, spitzte die Ohren ob irgendjemand wusste worum es ging (aber vergeblich), und sah neugierig nach vorne.

    cp-tribunuscohortispraetori.png decima.png

    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • Etwas unbehaglich fühlte sich Marcus durchaus, denn mit einem Mal erfaßte ihn so eine seltsame und untypische Wehmut, zuerst hatten sie zusammen gedient, er und Priscus, dann immer noch weiter als Marcus schon Zenturio war; wenn auch Marcus nicht den blaßesten Schimmer hatte, was Priscus im Allgemeinen bewegte, viel von seinem Leben wußte er auch nicht – nur, daß er selten in Mantua in die Stadt gegangen ist, daran entsann sich Marcus noch gut!- , aber dennoch hatte er mit Priscus mehr Zeit verbracht als in den letzten Jahren mit seiner Familie, geschweige denn überhaupt in seinem ganzen Leben mit seinem leiblichen Bruder, Felix. Als sich Priscus dann auch noch bei ihm – bei Marcus? - bedankte, da blinzelte Marcus verblüfft, war aber sehr erfreut.


    "Oh...Danke, das freut mich natürlich!"
    Marcus, werd' nicht sentimental. Das ist doch was für Weibsbilder...so eine Rührseligkeit. Marcus hob darum schnell den Becher, um ja den Moment seiner Betretenheit zu überspielen.


    „Auf eine gute Zeit und darauf, daß die morgigen Tage und die Folgenden ebenso gut werden!“


    Marcus nahm einen tiefen Schluck und spürte den würzigen Wein – leider etwas warm – seine Kehle hinab rinnen. Ein guter Tropfen aus dem Süden Syrias, den sein Sklave ihnen kredenzt hatte. Der marginale bittere Hauch eines kräftigen Weines blieb auf Marcus Zunge zurück, ein guter Geschmack, der nur kam, wenn man den Wein nicht zu sehr verdünnte. Und zu solchen Gelegenheiten kam so etwas nicht in Frage, das übertriebene Verwäßern. Zufrieden über den Eigengeschmacks dieses orientalischen Weines lehnte sich Marcus etwas zurück und gegen den Pfosten des Zeltes.


    „Ich werde später noch die Männer zusammen rufen laßen. Ich würde mich freuen, wenn Du dann noch hier wärest. Ich denke, die Männer möchten sich sicherlich noch angemeßen von Dir verabschieden.“
    Schließlich war Priscus bei den Männern beliebt und das wußte Marcus. Nachdenklich musterte Marcus den optio einen Moment.
    „Sag' mal, optio, wie steht es eigentlich bei Dir? Hast Du Dir schon Gedanken gemacht, was nach einem Feldzug für Dich kommen könnte? Würdest Du in der Legio Prima bleiben wollen oder...ähm...woanders hin wollen?“
    Ruhestand oder ähnliche Worte wollte Marcus lieber nicht in den Mund nehmen, selbst wenn Priscus wohl sehr viel länger als Marcus schon bei der Prima diente.

  • Zitat

    Original von Marcus Iulius Sparsus


    Es war doch deprimierend! Da hatte ich mir solche Mühe gegeben, mich nicht zu verraten! Sogar zu den Trosshuren war ich mitgegangen, obwohl sie mich gar nicht reizten. Und jetzt sagte Sparsus es mir ganz selbstverständlich ins Gesicht, gerade so als ob hier alle darüber Bescheid wüssten. Vage, verschwommen hinter einem Opiumschleier, erinnerte ich mich schon, dass er mich mal in einer engen (wenn auch harmlosen) Umarmung mit Lucullus angetroffen hatte, aber trotzdem... Ich seufzte, machte einen Schmollmund und fragte vorwurfsvoll:
    "Bin ich denn so einfach zu durchschauen...?! - Oder hat etwa Catinus was rumerzählt? Ach, dieser Schwätzer, ich hätte mich lieber gar nicht erst mit ihm einlassen sollen."
    (Es war nur ein schwacher Moment gewesen, da hatte ich mich halt mal rumkriegen lassen. Aber ich hätte mir denken können dass Catinus es nicht für sich behalten würde, dafür war er einfach zu sehr ein Prahlhans.)
    Andererseits, sagte ich mir, war es doch gut dass Sparsus es wusste und trotzdem ganz locker blieb. Und sein Ratschlag klang auch sehr verständig, noch dazu sah er mich dabei irgendwie so einfühlsam an, das ermunterte mich richtig, ihm noch mehr zu erzählen, von meiner geheimen Leidenschaft für den feschen Optio. Ja, endlich hatte ich einen Zuhörer gefunden! Jemanden vor dem ich offen und ehrlich und ausführlich :D mein ganzes Gefühlswirrwarr ausbreiten konnte. Ich war SO glücklich darüber! :]


    "Also -" hob ich an, beugte mich vertraulich zu ihm vor, damit die anderen nicht mithören konnten, und setzte wieder das Schermesser an seine Wange - "Du hast wirklich recht, es ist nichts weniger als einfach! Ich meine, Du kannst Dir gar nicht vorstellen wie kompliziert es ist. Was wenn er sich beleidigt fühlen würde, es sind ja leider SO viele Leute SO prüde, gerade hier in der Legio... Und einfacher Miles ist er nicht, und ob er auch nen Hang zu Männern hat - keine Ahnung, ich zerbreche mir seit Monaten den Kopf darüber. Seit Antiochia, um genau zu sein, da war so ein Moment, da..." - ich wedelte mit dem Pugio, um die Intensität jenes Momentes zu untersteichen - "da ist es einfach passiert..."
    Ich seufzte schwärmerisch und brachte die Klinge wieder unter Kontrolle, fasste kurzerhand Sparsus' Kinn und drehte es in die richtige Position. Im Takt meines Redeschwalls schabte ich munter weiter, ging immer schwungvoller gegen das Bartgestrüpp vor.
    "...er hat so wunderschöne Hände! Die sind mir zuerst aufgefallen. Kräftig aber zugleich, wie soll ich sagen, so beherrscht, so feinfühlig. Ich denke, er ist bestimmt ein ganz... feinsinniger Mensch, so innendrin, auch wenn er ja doch ziemlich zurückhaltend und nüchtern wirkt, oder vielleicht sollte ich eher sagen 'in sich ruhend fröhlich', ja ich denke damit kann man ihn gut beschreiben. Und sein Humor, den finde ich auch so klasse, er scheint niemals niedergeschlagen zu sein, oder mutlos, einfach unverwüstlich, aber naja, das ist ja auch seine Aufgabe, denke ich, uns immer Zuversicht zu vermitteln, und das macht er so gut... - Es ist Optio Priscus...."
    Ich hauchte den Namen andächtig und blickte Sparsus in die Augen um zu sehen wie er auf diese Enthüllung reagierte, was mich aber nicht davon abhielt zugleich feurig weiterzureden:
    "Was würde ich drum geben zu wissen ob ich bei ihm eine Chance habe! - Aber ich kann ihn einfach nicht einschätzen. Ich hab mich 'n bisschen umgehört, aber ausser dass er nicht gerade zu denen gehört die oft ins Lupanar gehen, konnte ich so gut wie nichts in Erfahrung bringen. - So fertig."
    (Mit der Rasur, nicht mit dem Herz-Ausschütten.)
    "Und bisher - bisher hab ich mich einfach nicht getraut es ihm zu sagen. Ich meine, ich hab schon oft Anlauf dazu genommen, aber, ach... Was meinst Du, Marcus?! Glaubst Du ich hab eine Chance bei ihm??!"

  • Zitat

    Original von LUCIUS ULPIUS IULIANUS
    Beide Namen sind dem Kaiser ein Begriff. Verdiente Männer, mit Auszeichnungen bedacht.


    "Einverstanden. Warum rückt niemand aus der ersten Kohorte als Primus Pilus nach?"


    "Imperator, die Centurionen der ersten Kohorte sind durchwegs fähige Offiziere und ein jeder von ihnen Fachlich geeignet, ebenso wie der Pilus Prior der III. Kohorte. Doch anders als bei den anderen, ist es für ihn der letzte Zeitpunkt diesen Posten zu bekleiden, hat er die reguläre Dienstzeit schon überschritten und wird sicher spätestens nach dem Feldzug in den Ruhestand gehen."

  • In aller Ruhe rüstete sich Marcus, während er schon im Zelte hörte, daß sich die Männer draußen auf den Ruf von Naevius hin versammelten. Ein Sklave zog die Schnallen an seiner Rüstung fest, was keine leichte Aufgabe war, denn die Rüstung war in Zeiten zurecht gehämmert worden als Marcus noch deutlich schlanker und trainierter war. Marcus ächzte leise und fluchte vor sich hin als ihm fast wie ein Korsett die Rüstung die Luft abschnürte, doch dann war auch die letzte Schnalle zu, die Rüstung an seinem Leib und Marcus sah deutlich rüstiger aus. Der Sklave wischte mit einem groben Tuch und etwas Öl über die Rüstung, bis sie wieder mehr glänzte, geduldig ließ Marcus ihn heute gewähren und sann still und stumm vor sich her. Schließlich winkte er den Sklaven zur Seite, griff nach seinem Helm und den länglichen Gegenstand, dem ihm Naevius schon vor einer Weile gebracht hat. Naevius kam etwas atemlos wieder in das Zelt zurück und lächelte selig – was er immer tat, wenn er sich wichtiger fühlte durch die Aufträge, die ihm Marcus gab.


    „Alle sind angetreten, centurio!“
    „Sehr gut!“
    , erwiderte Marcus.

    Marcus trat auf den Zeltausgang zu, schlug mit einem Arm den Stoff zur Seite und trat hinaus. Purpur hatte sich der Himmel verfärbt im Beginn des Sonnenuntergangs, eine milchige Wolkenbänder zogen sich über den Himmel, strahlten leuchtend orange, während ihre Ränder blaulila verfärbt waren. In der Luft war ein würziger Geruch, wie so oft am Abend. Etwas, was Marcus gut gefiel in diesen Landen. Mit aufrechter Haltung, ernster Miene, die er für solche Angelegenheiten paßend fand, schritt Marcus bis vor die Soldaten, dabei viele der Männer musternd, die teilweise sich sorgfältig rasiert hielten, andere wiederum ihren Bart frei wachsen ließen. Augen, die seinen Blick erwiderten, Männer, die ihm schon lange Zeit in der Prima dienten und auf die er – wie zahlreiche Schlachten bewiesen hatte – zurecht auch stolz sein durfte. Vor den Männern und in der Mitte der Zeltreihe blieb Marcus stehen. Er schwieg einige Herzschläge lang, ehe er sprach - und das in einem noch ominösen Tonfall, der nichts verriet, was der Sinn dieses Appells war.


    „Iulius Sparsus! Vortreten!“

  • Priscus stand zum letzten Mal in der Linie dieser Männer, auf dem Platz ganz am Ende, wie es sich für einen Optio gehörte. Schon oft hatte er diesen Platz eingenommen, nachdem er an der Linie entlang gegangen war und die Männer mit kritischem Blick gemustert hatte. Die Linie war kürzer geworden durch den Krieg, aber heute war Priscus etwas langsamer gegangen als sonst. Mit dem Centurio hatte er alles besprochen, jetzt wartete er darauf, was dieser der Truppe mitzuteilen hatte.

  • Zitat

    Original von Marcus Flavius Aristides
    „Auf eine gute Zeit und darauf, daß die morgigen Tage und die Folgenden ebenso gut werden!“


    Marcus nahm einen tiefen Schluck und spürte den würzigen Wein – leider etwas warm – seine Kehle hinab rinnen. Ein guter Tropfen aus dem Süden Syrias, den sein Sklave ihnen kredenzt hatte. Der marginale bittere Hauch eines kräftigen Weines blieb auf Marcus Zunge zurück, ein guter Geschmack, der nur kam, wenn man den Wein nicht zu sehr verdünnte. Und zu solchen Gelegenheiten kam so etwas nicht in Frage, das übertriebene Verwäßern. Zufrieden über den Eigengeschmacks dieses orientalischen Weines lehnte sich Marcus etwas zurück und gegen den Pfosten des Zeltes.


    „Ich werde später noch die Männer zusammen rufen laßen. Ich würde mich freuen, wenn Du dann noch hier wärest. Ich denke, die Männer möchten sich sicherlich noch angemeßen von Dir verabschieden.“
    Schließlich war Priscus bei den Männern beliebt und das wußte Marcus. Nachdenklich musterte Marcus den optio einen Moment.
    „Sag' mal, optio, wie steht es eigentlich bei Dir? Hast Du Dir schon Gedanken gemacht, was nach einem Feldzug für Dich kommen könnte? Würdest Du in der Legio Prima bleiben wollen oder...ähm...woanders hin wollen?“


    Priscus erwiderte den Trinkspruch und hob ebenfalls seinen Becher. "Auf die nächsten siegreichen Tage."


    Die anschließende Frage ließ seinen Gesichtsausdruck etwas verwirrter erscheinen. "Wie Gedanken machen? Wieso sollte ich daran denken, die Legio I zu verlassen?" Er fragte sich, ob sein Centurio noch etwas wusste, was er ihm noch mitteilen wollte. Immerhin dachte man normalerweise nicht einfach so aus einer Laune heraus darüber nach, die Legion zu verlassen. Zumindest Priscus tat das nicht. "Nein, also ich habe nicht einmal einen Grund, darüber nachzudenken. Mein Weg führt mich dahin, wohin die Legion geht. Oder wohin ich versetzt werden, falls das so sein soll."

  • Der Kaiser nimmt die Antwort des Legaten mit fast geschlossenen Augen zur Kenntnis, der Schmerz beginnt wieder, ihn fast zu übermannen. Es ist Zeit, die Besprechung zu beenden.


    "Ich danke für diese Einschätzungen und Ratschläge. Wir sehen uns morgen wieder. Wegtreten, meine Herren."


    Einige Briefe warten wieder einmal darauf, beantwortet zu werden.

  • Düstere Ereignisse zeigten nicht immer ihren Schatten im Vornherein, kein Omen zeigte sich in den Tagen, der Wein war nicht sauer, die Vögel flogen ganz normal und auch an jenem Tag schien alles wie in den letzten Wochen zu sein. Außer, daß einer der besten Männer, die Marcus in seiner Truppe wußte, nun einem neuen Aufgabenfeld zustreben würde, in einer anderen Einheit. Marcus nahm noch einen tiefen Schluck von dem Wein und dachte über ihre Zukunft nach. Was würde sie wohl bringen? Marcus hatte keine Ahnung, denn bis jetzt war sein Erwartungshorizont nicht weiter gegangen als: Feldzug überstehen, Krieg führen, irgendwann nach Hause kommen und heiraten. Und was dann? Marcus wußte es noch nicht, doch in letzter Zeit hatte er sich immer mehr Gedanken gemacht, was er eigentlich von seinem Leben erwartete. Womöglich stellte er deshalb Priscus, dem Fels in der Legion, einer der Männer, die wohl ihr ganzes Leben lang der Legion und insbesondere der Prima gewidmet hatte, diese Frage. Marcus nickte als er die Antwort von Priscus vernahm und wunderte sich gar nicht. Er hatte damit gerechnet. Die Prima als Familie, die Legion als einziges Zuhause für einen Soldaten. Ansatzweise ging es Marcus auch so, aber dann waren da noch die Flavier, zudem natürlich Epicharis, die immer mehr an Wichtigkeit in seinem Leben gewonnen hatte, was Marcus vor einigen Jahren niemals gedacht hätte. Daß eine Frau das bei ihm vermochte – die nicht seine Mutter war! Marcus nickte nochmals mit einem grüblerischen Gesichtsausdruck.


    „Ja, wohin der Kaiser die Prima auch schicken mag. Wer weiß, vielleicht folgen wir noch den Spuren Alexanders bis nach...?“
    Wohin war Alexander noch gezogen? Marcus wußte es nicht mehr. Africa war es nicht! Irgend so ein ominöses östliches Land. Nur, daß fast keiner der Soldaten in die Heimat kam, daran entsann sich Marcus noch.
    „Wollen wir es lieber nicht hoffen. Außer daß wir genauso siegreich sind!“


    Herrje, Marcus!, dachte er sich. Am Ende war Alexander gar nicht siegreich gewesen, denn Geschichte war kein wirkliches Steckenpferd von Marcus. Er warf vieles gerne durcheinander, verwechselte ganze Epochen, siedelte Königreiche in völlig fremden Ländern an und hatte keine Ahnung, wann der große Alexander überhaupt gelebt hat. Womöglich vor gar nicht allzu langer Zeit. Marcus sah einen Moment in seinen Wein, ehe er anfügte:


    „Sparsus wird optio hier. Er ist ein tüchtiger Bursche. Wenn auch unerfahren, aber er wird es noch lernen und dann womöglich zu einem anderen centurio kommen...mal sehen...“
    Marcus sah auf und in das Gesicht seines optios, der es wohl nicht mehr lange war.
    „Hast Du es schon gehört? Wir haben einen neuen primus pilus und einen neuen praefectus.“

  • An dem geschichtlichen Ausflug auf den Spuren Alexanders wollte sich Priscus nicht beteiligen. Seine Kenntnisse waren auf diesem Gebiet auch nicht unbedingt gut und zumindest ansatzweise hatte er schon verstanden, was der Centurio ihm sagen wollte. "Eben. Schauen wir, wohin uns unser Weg führt. Keine Schlacht wird zweimal geschlagen, sondern jede ist eine neue."


    Die Zukunft der verschiedenen Posten bei der Legion interessierte ihn etwas direkter, immerhin hatte er mit den jeweiligen Leuten mehr oder weniger direkt zu tun. "Sparsus? Ja, der wird das gut machen. Was Ausbildung angeht hat er etwas wenig Erfahrung, aber das macht ja erstmal nichts. Wenn wir vom Feldzug zurück sind, ist er ein kampferfahrener Mann und wird das an neue Rekruten sicher weitergeben können." Von den anderen Umbesetzungen hatte er noch nichts gehört. "Nein, wusste ich noch nicht. Ich nehme an, Artorius Avitus ist der neue Praefectus?" Das lag schließlich nahe, da man einen Primus Pilus kaum mitten auf dem Feldzug entlassen konnte.

  • Zitat

    Original von Marcus Flavius Aristides
    „Iulius Sparsus! Vortreten!“


    Innerlich zuckte Sparsus zusammen, als er ausgerechnet seinen Namen hörte. Es war ungewöhnlich das der Centurio ganz unregulär die komplette Centurie zusammenrief. Meist hatte sowas mit Pflichtverletzung zu tun, was für gewöhnlich in Bestrafung endete. Verdammt, hatte er etwa was ausgefressen? Sparsus konnte sich an nichts erinnern. Oder hatte er vergessen für eine Wache zuzuteilen? Er machte also einen auf"Unschuldslamm" und trat von der letzten Reihe langsam nach vorn und salutierte vor seinem Centurio.


    "Tesserarius Iulius Sparsus ist vorgetreten, Herr"

  • In einem fulminanten Strahlen stand die Sonne am Himmel, schon mehr dem Horizont entgegen strebend, mit den Ausläufern den Rand der Erde berührend, um in einem der farbenprächtigen Sonnenuntergänge – die es doch so zahlreich hier in der Wüste gab, so daß sich Marcus schon fast daran übersättigt hatte, aber nur fast! - zu vergehen, um sich in der Nacht dem Menschen zu entziehen und, schon wenige Stunden später genau am anderen Horizont wieder aufzugehen. Manchmal versuchte Marcus den Himmelswagen zu erkennen, mit dem Sol die Scheibe über das blaue Firmament zog. Der Wind spielte mit dem Stoff seines Zeltes in seinem Rücken. Von einigen Einheiten weiter war das laute Rufen einer Exerziermannschaft zu vernehmen. Ein Wachwechsel fand an der Wehrmauer statt und an anderen Lagern wurde bereits das abendliche Mahl zubereitet. Marcus indes blieb ruhig stehen und betrachtete Sparsus, glaubte sich noch gut daran zu entsinnen, als er den jungen Mann quer über den Exerzierplatz von Mantua gescheucht hatte, bis der Krieg über sie alle herein brach und Sparsus ad hoc zum Soldaten befördert wurde. Von Livianus, dem verschollenen Legaten, dem sich Marcus immer noch verpflichtet fühlte; was wohl niemals aufhören würde. Aber er verdankte dem Decimer auch recht viel. Am Gesicht des Iuliers konnte es Marcus im dem Moment ganz deutlich sehen, wie sehr der Krieg und der Feldzug sie doch alle verändert hatte. Würde er das auch sehen, wenn Marcus in einen Spiegel sehen würde?


    Miles, schon in Mantua hab ich eindeutig großes Potential bei Dir entdeckt...“


    Eigentlich hatte Marcus kein solches Feingespür. Marcus fand Sparsus schon in Mantua sympathisch, fleißig und ehrlich, aber groß Gedanken hatte er sich damals nicht darum gemacht. Aber damals schien auch Marcus noch ein ganz anderer Mensch gewesen zu sein. Viel mehr mit den eigenen Dingen beschäftigt als jetzt und heute, in der Zeit des Feldzuges.


    „...und ich bin froh, daß Du das Potential nicht verschwendet hast, sondern gut genutzt!“
    Ein Mundwinkel von Marcus hob sich ein wenig. Aber nur unmerklich. Womöglich trat ein etwas freundlicherer Ausdruck in Marcus braune Augen als er die nächsten Worte an Sparsus richtete.
    „Darum bin ich froh, Dir heute den Stab eines optio überreichen zu können. Von heute kannst Du Dich mit optio Iulius Sparsus melden, optio!“
    Marcus nahm den länglichen Gegenstand und reichte ihn an Sparsus weiter.

  • Zitat

    Original von Gaius Tallius Priscus
    ...


    Die Zukunft war stets neu und ein unbeschriebenes papyrus und mit Sicherheit eine Freude für einen Historiker. Für Marcus ganz sicher auch, denn deswegen hatte er allen Grund, sein Nicht-Wissen über die Historie auch nicht zu trüben, es war für die Zukunft sowieso bedeutungslos. Er nickte zustimmend auf die klug gewählten Worte von Priscus und deutete das mit einem Anheben seines Weinbechers. Auch Marcus verließ nicht ungerne dieses gewagte und gefährliche Territorium, wo Bildung und Wissen wichtiger waren, als seine mehr oder minder gradlinige Art. Ein Sklave schlich hinter seinem Rücken entlang, um den Weinbecher von Priscus und Marcus noch mal zu füllen, ehe Marcus abweisend die Hand hob und den Sklaven wie eine lästige Fliege davon schickte.


    „Kampferfahrung macht viel wieder wett. Ich meine, man kann viel die Formationen üben, auf Strohpuppen einschlagen oder Türme bauen. In der Realität läuft es oft ganz anders...und Strohpuppen wehren sich bekanntermaßen nicht...“
    , fügte Marcus mit einem leichten Grinsen an.
    „Auch was das Kämpfen in der Formation angeht, wird er so manch einem Soldaten einiges voraus haben. Wir können froh sein, wenn wir solche Männer haben, die das an die jungen Rekruten weiter geben können...selbst wenn er vor nicht allzu langer Zeit selber so ein Rekrut war!“
    Den Marcus noch ausgebildet hatte. Es schien Marcus Jahre her zu sein. Noch ein Schluck darauf genommen und Priscus erstaunt gemustert. Herrje, woher wußte er das mit Avitus? Hatte sich das so schnell herum gesprochen? Auf den nahe liegenden Schluß kam Marcus natürlich nicht. ;)


    „So ist es. Avitus ist jetzt praefectus. Es ist schade, ihn als primus pilus zu verlieren. Aber immerhin haben wir dadurch einen mehr als fähigen praefectus. Seinen Posten hat ein centurio der dritten cohors bekommen. Ich kenne den Mann leider nicht.“
    Marcus zuckte mit der Schulter. Aber die Fußstapfen von Plautius oder Avitus zu füllen war wohl für jeden Nachfolgenden einfach unmöglich.
    „Die Räder rollen weiter. Die Sandkörner fallen weiterhin hinunter...oder wie man auch immer sowas ausdrücken würde. Ich meine damit, es geht alles seinen gewohnten Gang. Egal ob Krieg oder nicht!“

  • Sparsus war etwas neben der Spur. Schließlich war eine Beförderung zum Optio nicht gerade das, was man so nach dem Rüstung reinigen erwartete. Viele verschiedene, teils gegensätzliche Gesichtsausdrücke, versuchten auf Sparsus' Gesicht gleichzeitg zu erscheinen. Doch Sparsus schüttelte sie schnell alle ab und nahm den Optiostab an sich und nickte dankbar.


    "Herr, ich danke dir Herr!


    Doch erlaubt mir bitte die Frage - was wird mit Optio Priscus geschehen?"


    Das war eigentlich der Hauptgrund für Sparsus' Verwirrung. Den Zwei Optiones in einer Centurie konnten schlecht sein und eine Versetzung von Optio Priscus konnte er sich einfach nicht vorstellen. Schließlich gehörte ihr Optio praktisch zum Inventar der zweiten Centurie.
    Außerdem hieß Optio sein für Sparsus, dass er von nun an das Mädchen-für-alles von Centurio Aristides war. Und er hatte mit die Verantwortung über Hundertsechzig Mann. Als einfacher Miles konnte man sich damit trösten nur für seine Nebenmänner verantwörtlich zu sein. Andererseits musste er endlich nicht mehr Latrinen schaufeln, Nachtwache schieben und Gräben ausheben. Dafür konnte er Probati und Legionari zusammen scheißen - bei den Göttern, darauf freute er sich schon! Und er bekam kurzerhand mal den doppelten Sold. Während ihm diese ganzen Gedanken durch den Kopf jagten drehte er den Optiostab in der Hand herum. Fühlte sich gut an. Fragend sah er zum Centurio was er ihm antworten würde.

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