Am Tempel des Mars Ultor vorbei war die Prozession gezogen, vorbei am campus martialis, auf der Via Flaminia den stattlichen, rot eingefärbten Stier zu seiner Bestimmung geleitend. Vereinzelte Sonnenstrahlen ließen die von wollenen Binden umgebenen Hörner und auch die Hufe des Tieres glänzen wie ein frisch polierter Brustpanzer. Als die Prozession schlussendlich auf dem vorbereiteten Platz ankam, waren auf den angrenzenden Tribünen bereits viele Besucher versammelt, um der öffentlichen Opferung beizuwohnen.
Das letzte Hindernis stellte eine nicht besonders steile Rampe dar, welche auf die spina hinaufführte. Hier hatte man den Opferaltar aufgebaut, damit die Besucher des circus maximus eine gute Sicht auf die Prozedur haben würden. ministri besprenkelten bereits die Involvierten, während der herrlich gerötete Stier bereits an seiner Endposition mittels eines großen Hakens angekettet wurde. Nicht lange danach war ein recht lautes „favete linguis!“ zu vernehmen, woraufhin das allgemeine Gemurmel und die Wettrufe aus den Zuschauerrängen baldig verstummte. Ein stämmiger sacerdos in den besten Jahren, welcher dem cultus martialis angehörte, wusch sich bedächtig seine Hände und trocknete sie mit dem angereichten malluium latum Hernach trat er vor, hob die Hände und sprach die rituellen Darbringungsworte. tibicines setzten mit ihrem Flötenspiel ein, und der Priester ließ sich ein Töpfchen mit mola salza reichen. Im Hintergrund verbrannte leise knisternd eine Weihrauch-Kräutermischung. Nachdem der Stier die rituelle Reinigung hatte über sich ergehen lassen, griff der Priester nach seinem Opfermesser und strich dem ruhigen Tier vom Kopf zum Schwanz. Unter der Berührung fielen auch die wollenen Binden. Nun trat ein weiterer Priester hervor, ein jüngerer, welcher dementsprechend ein wenig aufgeregter war. Er hob die Hände, entrollte ein stattliches Pergament und sprach mit vernehmlicher Stimme das Opfergebet.
"Mars Ultor, du siegreicher Rächer des populus romanum! Dies ist dein Tag, der dir zusteht, und er soll dir zur Ehre gereichen. Ein Festtag, an dem zu deinen Ehren ein Wettkampf zwischen deinen Söhnen stattfinden wird. Göttlicher Mars, siegreicher Mars, schenke deinen Söhnen Mut und Stärke, damit sie an deinem Tage ehrenvoll für dich in den Kampf ziehen. Um dich zu ehren, oh Mars Ultor, und um die Feinde deines Volkes daran zu erinnern, dass kein Vergehen an deinen Söhnen ungerächt bleibt durch dich! Nimm diesen Tag, wie es dir zusteht, mächtiger Rächer des pater patriae, oh Mars Ultor!"
Als der junge Mann die Rolle nach einigen Herzschlägen wieder zusammenrollte, zitterten seine Hände ein wenig. Er glaubte fast, die Präsenz des mächtigen Mars zu spüren…