Equirria Aedili Avaro

  • Am Tempel des Mars Ultor vorbei war die Prozession gezogen, vorbei am campus martialis, auf der Via Flaminia den stattlichen, rot eingefärbten Stier zu seiner Bestimmung geleitend. Vereinzelte Sonnenstrahlen ließen die von wollenen Binden umgebenen Hörner und auch die Hufe des Tieres glänzen wie ein frisch polierter Brustpanzer. Als die Prozession schlussendlich auf dem vorbereiteten Platz ankam, waren auf den angrenzenden Tribünen bereits viele Besucher versammelt, um der öffentlichen Opferung beizuwohnen.


    Das letzte Hindernis stellte eine nicht besonders steile Rampe dar, welche auf die spina hinaufführte. Hier hatte man den Opferaltar aufgebaut, damit die Besucher des circus maximus eine gute Sicht auf die Prozedur haben würden. ministri besprenkelten bereits die Involvierten, während der herrlich gerötete Stier bereits an seiner Endposition mittels eines großen Hakens angekettet wurde. Nicht lange danach war ein recht lautes „favete linguis!“ zu vernehmen, woraufhin das allgemeine Gemurmel und die Wettrufe aus den Zuschauerrängen baldig verstummte. Ein stämmiger sacerdos in den besten Jahren, welcher dem cultus martialis angehörte, wusch sich bedächtig seine Hände und trocknete sie mit dem angereichten malluium latum Hernach trat er vor, hob die Hände und sprach die rituellen Darbringungsworte. tibicines setzten mit ihrem Flötenspiel ein, und der Priester ließ sich ein Töpfchen mit mola salza reichen. Im Hintergrund verbrannte leise knisternd eine Weihrauch-Kräutermischung. Nachdem der Stier die rituelle Reinigung hatte über sich ergehen lassen, griff der Priester nach seinem Opfermesser und strich dem ruhigen Tier vom Kopf zum Schwanz. Unter der Berührung fielen auch die wollenen Binden. Nun trat ein weiterer Priester hervor, ein jüngerer, welcher dementsprechend ein wenig aufgeregter war. Er hob die Hände, entrollte ein stattliches Pergament und sprach mit vernehmlicher Stimme das Opfergebet.


    "Mars Ultor, du siegreicher Rächer des populus romanum! Dies ist dein Tag, der dir zusteht, und er soll dir zur Ehre gereichen. Ein Festtag, an dem zu deinen Ehren ein Wettkampf zwischen deinen Söhnen stattfinden wird. Göttlicher Mars, siegreicher Mars, schenke deinen Söhnen Mut und Stärke, damit sie an deinem Tage ehrenvoll für dich in den Kampf ziehen. Um dich zu ehren, oh Mars Ultor, und um die Feinde deines Volkes daran zu erinnern, dass kein Vergehen an deinen Söhnen ungerächt bleibt durch dich! Nimm diesen Tag, wie es dir zusteht, mächtiger Rächer des pater patriae, oh Mars Ultor!"


    Als der junge Mann die Rolle nach einigen Herzschlägen wieder zusammenrollte, zitterten seine Hände ein wenig. Er glaubte fast, die Präsenz des mächtigen Mars zu spüren…

  • Nicht als einer der Ersten hatte sich Avarus aufgemacht zum Circus zu gehen, aber als der erste Tribünenbetreter kam er dort an. Noch fegten die Circussklaven die Rennbahn in ein gleichmäßiges Muster. Noch füllte man die Stände auf, deren Besitzer sich einen regen Verkaufstag erhofften. Noch putzte man die Senatorenhocker sauber und steckte Inforöllchen an die reservierten Plätze.


    Er wollte eigentlich noch in die Boxen gehen, sah den Zeitpunkt aber als zu spät an. Außerdem und das war wohl der entscheidendere Punkt sollte es ein Rennen aller Ställe werden und da war etwas Unvoreingenommenheit ganz gut zur Schau zu tragen. Was wenn man ihn aus der blauen Box kommen sah und jene Gespanne dann auch noch siegten? Also blieb Avarus dort wo er war und schickte nur seine Boten durch den Circus, um zu koordinieren.


    Wenn man sonst zu zeitig kam, dauerte es immer ewig, bis die Warterei ein Ende hatte. War man der Ausrichter ging es meist ganz schnell. So auch diesmal. Langsam aber beständig füllten sich die Ränge. Da der Circus Maximus ganz ähnlich wie ein Theater oder das Colloseum aufgebaut war, ging es wie auf einem Armeisenhaufen zu. Aus allerlei Gängen, von Treppen und Pforten strömten Gäste ins Stadium und nahmen wie selbstverständlich Platz. Dabei war die Ordnung ziemlich eindeutig. Die Senatoren saßen in einer Art Loge -zumindest ersteinmal-, der große Anteil Menschen stand in den Factiokurven und wurde strikt voneinander getrennt. Nicht selten mußten sich besonders verfeindete Gruppierungen besonders laut zuschreien, was derb und angriffslustig formuliert war. Welcher Rennstall zu welcher Tribune kam, wurde am Anfang ausgelost. Immerhin gab es besonders begehrte Plätze und dann solche von wo man sich im Zusehen benachteiligt fühlte. Trotz diesem Umstandes dauerte es nie lang, bis der Circus Maximus zu beben begann. Nichtmal die Pferde und schweren Wagen waren es, die dieses rythmische Trampeln verursachten, sondern die Fankurven, die sich zu einem gegenseitigen Übertreffungswettbewerb aufschaukelten.


    Da die Ränge immer voller wurden und nicht wenige Besucher der Rennen ihre Verpflegung auf der Tribüne einzunehmen pflegten, begannen die Verteiler die gesponserten Brot und Weingaben des Aedilen unters Volk zu bringen. Das würde die ganzen Rennenlängen so weiter gehen.


    Ein Bote kam auf den Senator zu und lispelte ihn Worte ins Ohr. Die Nachrichten schienen gut zu sein. Ein Wink und ein anderer junger Diener machte sich auf, um ein Bescheid weiterzugeben. All das sah recht routiniert aus und doch waren es die ersten Rennen im Namen des Senators Germanicus Avarus. Viel Zeit hatte die Vorbereitung gekostet. Von den eingesetzten Sesterzen ganz abgesehen. Doch die Unterhaltung, die auf Roms Einwohner wartete, wog diese Mühen schnell wieder auf.


    Die Tore der Boxengasse wurden aufgeschoben und unter lauten Fanfaren, mit Blumen und Blüten geschmückt und von Goldkettchen umrahmt, begann die Prozession den rot eingefärbten Stier zur Spina zu geleiten.


    Zu Ehren des Kriegsgottes Mars wurden die Wagenrennen abgehalten. Um sich dessen Aufmerksamkeit zu sichern ein edler, starker und hoffentlich reiner Stier geopfert. Ein Part, den ein sacerdos des Marskultes ausführen würde. Mit dem Eintreffen des Opferzuges zog auch im Circus langsam Stille ein. Gespannt richteten sich tausende Augenpaare auf die kultischen Handlungen und kaum jemand wagte ein Wort zu sprechen. Die Worte des Priesters waren nicht weit zu hören, die Gesten aber ringsum erkennbar.


    Dem Schweigen der Massen folgte der Ritus und alle warteten auf die Annahme des Opfertiers durch Mars Ultor...

  • Erst zu früh, dann zu spät, fast könnte man glauben, Avarus und Lucilla leben aneinander vorbei. Noch vor ihrem Mann hat sich Lucilla aus dem Bett gerollt, schon völlig aufgeregt, und das Germanica-Bad blockiert. Dann allerdings hat es endlos gedauert, bis sie endlich fertig ausstaffiert, geschminkt, geschmückt und zu ihrer vollsten Zufriedenheit präsentabel ist. Natürlich hat es Avarus nicht so lange ausgehalten, immerhin sind es seine Spiele, und sie hat ihn deswegen schonmal vor geschickt.


    In einem leicht eiligen Tippelschritt tippelt Lucilla endlich in der Ehrenloge ein, haucht ihrem Medicus ein Küsschen auf die Wange und flüstert leise: "Bin ich zu spät? Ich bin doch nicht zu spät? Hat es schon angefangen? Ah nein, es hat noch nicht angefangen. Bona Dea! So ein Glück! Ich habe schon befürchtet, zu spät zu sein. Wie peinlich wäre denn das, die Ehefrau des Aedils kommt zu spät zu seinen Spielen. Das wäre ja unverzeihlich. Sitzen meine Haare noch? Ambrosius hat zwei Stunden gebraucht, um sie zu richten. Wie findest du mein Kleid?" - Es ist blau. Es leuchtet blau. - "Ich dachte mir, nachdem du als Ausrichter der Spiele unparteiisch sein muss, kann wenigstens ich unser Statement setzen. Nicht, dass ich so ein großer Veneta-Fan wäre, meistens setzte ich eh auf die Fahrer die ..." - am besten aussehen - " ... die besten Chancen haben, aber jetzt wo wir verheiratet sind, stehe ich natürlich in allen Belangen hinter dir ..." - und hinter ihrem Patron, der zum Glück auch blau ist - "... deswegen muss man wenigstens sehen, wem ich die Daumen drücke." Sie hat sich vorgenommen, nicht allzu laut zu jubeln, als Frau an der Seite des Ausrichters des Rennens werden schließlich auch auf ihr ständig alle Augen Roms liegen. Nur keine falsche Bewegung, kein Laut, nicht einmal eine Geste. Lucilla ist unheimlich aufgeregt, es ist einer der größten Augenblicke in ihrem Leben.


    Sie setzt sich und steckt den Kopf nach vorne, um das Opfer nicht zu verpassen. "Bona Dea, was für ein toller Blick!"

  • Bei diesen Equirria war Macer am Morgen besonders früh aufgestanden und hatte sich dem Opferzug angeschlossen auf seinem Weg durch die Stadt bis zum Circus Maximus. Um die Gespanne der Factio Russata kümmerten sich die Betreuer und Fahrer, da konnte er ohnehin nicht mehr helfen. Und früh als einer der ersten Gäste im Circus zu sitzen hatte er auch schon einige Mal gemacht. Als Senator brauchte er sich keinen Platz zu erkämpfen, so dass er erst dann aus dem Zug ausscherte, als dieser durch einen der unteren Eingänge den Circus betrat. Einige Torbögen daneben fand Macer seinen Zugang und war über Stufen und Treppen schnell oben auf den Plätzen für Senatoren, von wo aus er den weiteren Ablauf des Opfers und dann natürlich der darauf folgenden Rennen beobachten konnte. Er war schon sehr gespannt, wie diese auflaufen würden. Allenfalls in der Staffel rechnete er sich für seine Factio in Zusammenarbeit mit der Veneta einige Chancen aus, in allen anderen Fällen ging es ums ankommen ohne allzu schlechten Eindruck.

  • Die Priester und ihre Gehilfen nahmen ihre Positionen ein. Kurz darauf hob der sacerdos die Hand und bedeckte seinen Kopf mit einem Zipfel der weißen toga, die er trug. Das Messer hielt nun einer der Opferhelfer in der Hand. "agone?" fragte jener den Marspriester mit demütig gesenktem Haupte. Und der sacerdos antwortete mit dem erforderlichen "age!"


    Dem Stier wurden daraufhin mit einem Stiersollsturzstellenverursacher in Form eines kleinen Beils die Sehnen der Hinterläufe durchtrennt. Nun haltlos, knickte er ein und stürzte auf die Sollsturzstelle. Schon ergriff ein weiterer Opferdiener den mächtigen, goldgehörnten Kopf des Tieres und führte einen sauberen Schnitt durch den Hals durch. Dem Tier blieb keine Zeit für eine Reaktion. Es brach endgültig zusammen, sein Blut in eine flasche Schale ergießend, die gehalten wurde von zwei weiteren Opferhelfern. Nicht lange wartete der sacerdos martialis, bis er erneut hinzu trat und mit seinem Opfermesser die Bauchdecke des toten, noch warmen Stieres auftrennte. Mit größter Sorgfalt untersuchte er die verschiedenen Organe und studierte eines nach dem anderen aufs Genaueste. Man konnte dieser Tage nie umsichtig und sorgfältig genug sein, wenn es herauszufinden galt, ob ein Gott das Opfer annahm oder es ausschlug.

  • Ah da war sie ja -endlich- nicht das es etwas Neues für Avarus war, das Lucilla stundenlang das Bad blockierte, aber mit steigenden Interesse an ihm verlängerte sich ihr Pensium stetig und das wo sie auch völlig unpoliert eine beachtliche Schönheit abgab. So sah man(n) sie in der Öffentlichkeit nur äußerst selten. Ein großes Geschenk für daheim in der Casa Germanica.


    "Du bist noch nicht zu spät. Der Opferzug wird aber gleich einlaufen. Ich hoffe sie haben einen gesunden Stier ausgewählt."


    Nur nicht heute neuerliche Schwankungen im römischen Gefüge. Avarus blickte seine Holde von oben bis unten an.


    "Wahrlich das Gewand kleidet dich wie eine Kaiserin."


    Er grinste und hauchte ihr einen Kuss zurück. In Gedanken verband er gerade den Geistesblitz Größe des Circus Maximus mit ihren Worten: 'Sitzen meine Haare noch...' das sehen wohl die Wenigsten. :P


    Seine Aufmerksamkeit wurde wenig später auf das Opfer gelitten. Das er heute nicht im Jubel für die Factio aufspringen konnte, betrübte Avarus ein wenig. Aber so verlangte es der Anstand.


    Sein Grinsen kehrte auf das Gesicht zurück, als Lucilla mit dem herrlichen Rundumblick aus der Loge hausieren ging.


    Während das Opfer begann. Der Aedil streckte sich dabei nicht vor, dieses Aufgeschlitze erinnerte ihn immer zu sehr an den eigenen Mageninhalt... nein da wollte er jetzt lieber nicht drüber nachdenken und lenkte sich mit einem eigenen Rundumblick über die Ränge ab. Vielleicht erkannte er den einen oder anderen Wohltäter, Bekannten, Freund, Senatskollege und konnte ihm aus dieser prächtigen Blickloge zunicken...

  • Wagenrennen hatten ihn schon immer begeistert. Nicht umsonst hatte er daher eine kostspielige Pferdezucht aufgebaut und die Leitung der factio aurata übernommen. Dass die Mühen sich jedoch bis heute nicht ausgezahlt hatten, belasteten ihn dann doch sehr. Gute Pferde zu züchten war das eine. Und Hispania lieferte mich Sicherheit die besten Pferde des Imperiums. Doch aus guten Pferden auch erfolgreiche Gespanne zu formen, war etwas ganz anderes. Diese Herausforderung war gewaltig. Und dem Geheimnis diesen Erfolgs war er noch nicht auf die Schliche gekommen. Sei es drum. In Anschluss an die Rennen, würde er so oder so eine Mitgliederversammlung der aurata einberufen. Egal, wie die Rennen ausgingen.


    Meridius bahnte sich seinen Weg durch die Menschenmenge. Besser gesagt taten dies die Sklaven, welche er dafür eingeteilt hatte. Ob er Lucilla sehen würde? Mit Sicherheit. Als Gattin des Veranstalters ließ sie es sich sicher nicht nehmen im Blick der ganzen Stadt zu sitzen. Sie hatten schon immer einen Hang dazu gehabt, sich in Szene zu setzen. Und waren es noch so gewagte, farbige Kleider. Tante Drusilla hatte da mit Sicherheit ihren ganzen Einfluss zur Geltung gebracht.


    Lucilla. Mit großer Wahrscheinlichkeit feuerte sie die Blauen an. Egal, sollte sie. Die Blauen anzufeuern war nie eine Kunst gewesen...

  • Ursus und Varus hatten sich frühzeitig auf den Weg gemacht, noch bevor sich der Opferzug in Bewegung setzte. Denn wenn sie gute Plätze haben wollten, mußten sie vor dem Zug dort sein. Und das Opfer wurde ja doch erst im circus vollzogen.


    Tatsächlich gelang es ihnen, gute Plätze zu ergattern, von wo aus sie nahe am Geschehen waren und alles überblicken konnten. Vielleicht hatten die Senatoren noch bessere Plätze, doch diese hier waren tatsächlich schon gar nicht übel.


    Kaum hatten sie ihre Plätze ergattert, als auch schon der Opferzug den circus erreichte. Die Unruhe ringsum legte sich recht schnell, als mit dem Opfer begonnen wurde. In dem spannenden Moment, in dem sich herausstellen sollte, ob Mars das Opfer annahm oder nicht, war es tatsächlich mucksmäuschenstill, was angesichts der riesigen und natürlich wegen des anstehenden Rennens aufgeregten Menschenmenge wirklich an ein Wunder grenzte. Doch in der letzten Zeit waren einfach zu viele Opfer schief gegangen, zu oft hatten die Götter ihren Unmut gezeigt. Ob wohl schon ein weiterer Stier bereitstand für einen solchen Fall?

  • Varus lief immer dicht bei Ursus, so konnte er ihn nicht aus den Augen verlieren, denn wenn man sich bei der Menschenmenge einmal aus den Augen verloren hat, ist es schwer wieder Anschluss herzustellen. Während des ganzen Weges hin zum Circus nervte Varus, Ursus mit Fragen über Fragen. Aber Ursus beantwortete alles was Varus wissen wollte und interessierte mit großer Ausdauer. Zwar hatte Varus schon mehrmals an Opferungen teilgenommen, dies hier aber war keinerlei Vergleich. Auch die Plätze die Ursus ausgesucht hatte waren hervorragend, Varus konnte alles sehen und überblicken. "Wie hält man eigentlich beim Wagenrennen die Factiones auseinander?" Flüsterte Varus, Ursus zu, da es in diesem Moment recht ruhig war, denn die Opferzeremonie war in vollem gange.

  • Irgendwo auf der Tribüne verspürte ein Mann plötzlich eine stechenden Schmerz in seiner linken Backe, weil er während des Opfers gequatscht hatte. Leise zwar, aber Mars bekam so etwas trotzdem mit. Aber der Stier war immerhin schön rot und der Schnitt des Opferdieners sauber ausgeführt. Da konnte Mars nicht meckern, auch wenn er schonmal kreativere Gebete gehört hatte. Aber die Rennen sollten ja noch einiges an Kreativität zu seinen Ehren versprechen.

  • Crassus hatte bei den letzten Spiel nie das Problem mit der Platzsuche gehabt. Sein Platz war bei dem Kaiser gewesen, der wiederum die Spiele vom Pulvinar - die Loge für den Kaiser und seine Familie - aus verfolgte.


    Crassus sah gar nicht ein, warum es dieses Mal anders sein sollte.
    Aus diesem Grund gab es im Pulvinar das gleiche Bild wie eigentlich bei allen Spielen, bei denen Iulianus noch gelebt hatte: erst strömten Prätorianer aus den Türen, um die gewohnte Aufstellung einzunehmen. Dann, als normalerweise der Kaiser die Plattform betrat, kamen Diener durch die Türen. Die Diener trugen schwere Statuen in die Loge. Wie die Zuschauer, die nahe genug an der Loge saßen, erkennen konnten, handelte es sich dabei um eine Statue von Valerian und eine von Iulian. Die Statue von Valerian wurde auf die Stelle gestellt, von wo aus normalerweise Iulianus die Spiele verfolgt hatte. Die Statue von Iulian wurde dagegen leicht versetzt hinter Valerian gestellt.


    Hinter "Iulian" betrat Crassus den Pulvinar und bezog neben Valerian die Stellung - genauso wie er es bei Iulian gepflegt hatte. Crassus kam gerade noch rechtzeitig, um das Opfer an Mars verfolgen zu können.

  • Beziehungen und Dreistigkeit waren das A und O im Leben eines Patriziers. Und mit diesen beiden Gaben hatte Serenus es zusammen mit seiner Leibsklavin Dido geschafft auf die Senatorenplätze von Onkel Senator Flavius Felix und Onkel Flavius Gracchus zu kommen.


    Da hatte man Senatoren in der Familie und die hatten auch hervorragende Plätze und dann waren die nicht für Rennen zu begeistern. Onkel Furianus war in Hispania, Onkel Gracchus hatte irgendwas als Pontifex des Cultus Deorum zu tun und Onkel Senator Felix war auf Sandinia und züchtete Rosen. Und das an einem Tag, wo die Russata Geschichte schreiben und alle anderen Gespanne in Grund und Boden fahren würde.


    Er hatte Hannibal gesagt, daß dieser Sciurus informieren sollte, daß Sciurus Onkel Gracchus Bescheid sagen sollte, daß er und Dido in den Circus gegangen waren und Onkel Gracchus nachkommen sollte und aus repräsentativen Gründen die Sänfte von Onkel Lucullus genommen hatten.


    Serenus und Dido hatten ihre besten Sachen angezogen, so daß sie durch und durch die Gens Flavia repräsentierten. Und waren dann problemlos mit ihrem Anhang und der Sänfte bis zum Circus gelangt, was Hannibal organisiert hatte.
    An einem der Eingänge für die Oberen Hundert in Roma hatte Serenus seinen flavischen Siegelring vorgezeigt und mit einer Schriftrolle gewedelt, die das Siegel der Gens Flavia trug (und von Serenus selbst aufgetragen worden war). Er, Flavius Serenus, hätte eine dringende Botschaft für seinen Onkel, den Senator und ehrwürdigen Pontifex Flavius Graccus. Und dieser wäre schon auf seinem Senatorenplatz, jedoch bedürfe die eben angekommene Botschaft des Proconsuls Flavius Furianus der persönlichen Aushändigung durch ein Familienmitglied, also ihn. Und schon war man drin im Circus. Vielleicht lag es auch daran, dass hinter Serenus zwei offensichtlich superwichtige Senatoren aufgetaucht waren, die nicht darauf warten sollten bis man mit Serenus das Betreten des Circus durch diesen Eingang ausdiskutiert hatte.
    Im Circus hatte sich Serenus erst einmal einen Schal der Russata, der besten Factio im ganzen Imperium, umgebunden und mit einem Russatawimpel bewaffnet (Factio-Fan-Artikelverkäufer gab es ja selbst hier noch einige im „Unglaublich-Wichtig-Eingang“), falls ein Senator oder Vertreter der Nobilitas noch schnell Farbe zur richtigen Factio bekennen wollte, und einfach an einen netten Senator dran gehängt und mitgelaufen. Damit waren sie fast bis zu den Senatorensitzen vorgedrungen, da man die Kinder als Anhang des Senators hielt, den Serenus nicht kannte. Das letzte Hindernis war dann kurz vor den Senatorensitzen ein Praetorianer als Wache gewesen, der sich wohl unglaublich wichtig machen wollte und sie schon so kritisch anschaute. Was hatte ein Praetorianer hier zu suchen? Der verstorbene Augustus beziehungsweise der Caesar waren doch gar nicht anwesend. Lungerten die dann nicht nur am Palast herum? Serenus suchte die Senatorenreihen ab, konnte aber auf den ersten Blick niemanden erkennen. Dann sah er Senator Purgitius, den Princeps Factionis der Russata, zeigte auf diesen, winkte diesem zu und zog Dido mit schnellen Schritten und den Worten „Da vorne ist mein Onkel, der Senator.“ an der Wache vorbei, bevor diese was sagen konnte. Und schwupps saßen Serenus und Dido inmitten von Senatoren auf den sehr guten Plätzen, welche normalerweise den flavischen Senatoren vorbehalten waren. Und Senator Purgitius saß quasi direkt nebenan, so dass Serenus ihn später um ein Autogramm anhauen konnte. Serenus und Dido drückten den Altersdurchschnitt der anwesenden Senatoren etwas, aber aufgrund ihres patrizischen Erscheinungsbildes gab es erst einmal keine Fragen. Dann entdeckte Serenus Senator Cornelius, den Vater seines besten Freundes Cicero, und winkte patrizisch dezent über mehrere sitzende Senatoren hinweg. Der Senator stutzte kurz, lächelte freundlich, winkte dann zurück und hob siegessicher ein Fähnchen der Veneta. Argh! Auch so eine Verliererbande. Und wenn doch jemand maulte, dann würde Serenus erst einmal behaupten, dass man Lieblingsonkel Gracchus, der ja nebenbei noch Pontifex und Senator war den Platz anwärmen würde. Zur Not hatte Hannibal den Auftrag noch 2 Plätze im Block der Russata zu belegen. Allerdings bezweifelte Serenus, dass man ihn und Dido dumm anmachen würde. Dann doch eher die ein oder andere fragwürdige Person auf den Senatorensitzen, die augenscheinlich weder Patrizier noch Senatoren waren. Serenus war zu Ohren gekommen, dass es in der letzten Zeit mehr und mehr Praxis geworden war Senatorensitzplätze in deren Abwesenheit für teures Geld an Plebs und Neureiche und Möchtegerngroße zu vermieten. Das Geld strichen dann die Organisatoren der Spiele oder irgendwelche Handlanger ein. Aufmerksam verfolgte Serenus das Opfer, konnte aber keinen seiner Onkels dort erkennen. Sonderbar. Wo blieb denn Onkel Gracchus? Serenus war felsenfest davon überzeugt, dass es sich sein Onkel nicht nehmen lassen würde die Russata mit seinem Lieblingsneffen anzufeuern. Oder war sein Onkel am Ende etwa so ein verkappter Anhänger dieser Verliererbande Purpurea, wie sein Onkel Furianus. Pah! Serenus schätzte seinen Onkel Furianus zwar, aber von Wagenrennen und der Wahl der richtigen Factio hatte er soviel Ahnung wie eine Kuh vom Eierlegen. Noch ein Jahr und selbst die Aurata würde gegen die Purpurea gewinnen.


    Serenus zückte seinen Russatawimpel und machte sich bereit seine Factio anzufeuern.

  • Mithilfe zweier Sklaven bahnte ich mir den Weg durch die wirklich beachtliche Menge am Eingang. Das war das Los, wenn man noch nicht bekannt war. Man wurde auf eine Stufe gestellt mit dem gemeinen Pöbel, der lautstark und wenig gesittet besprach, wer denn wohl gewinnen würde. Ich selbst hatte mir in Tarraco die Zeit nicht nur mit Gladiatorenkämpfen vertrieben und war dementsprechend gut gebildet in Sachen Wagenrennen. Trotzdem reizte es mich, mehr über den Sport in Romzu erfahren. Plötzlich erblickte ich auf meinen Onkel und nickte ihm zu. Noch einmal mussten die beiden Sklaven rohe Gewalt anwenden, um mir Platz zu verschaffen. Dann war es geschafft. Erleichtert ließ ich mich neben Meridius nieder und reichte ihm eine Schale mit Oliven.


    Salve. Wie sieht's aus, wird die Aurata heute einen Sieg einfahren?, fragte ich verschmitzt, während ich auf die Sandbahn vor den Tribünen beobachtete. Noch war das Opfer in vollem Gang und ich konnte den gewaltigen Stier in seiner ganzen Größe bewundern. Kein schlechtes Schauspiel. Ich platzte geradezu vor Neugierde, wer heute antrat.

  • Meridius saß noch nicht lange und verfolgte gerade das Opfer, als er von schräg hinten angesprochen wurde. Scaurus trat zu ihm, zusammen mit zwei Sklaven.


    "Ah, Caius. Nimm doch Platz."


    sprach er ihn an und winkte dann ab.


    "Ich bin schon froh, wenn wir unter den ersten drei ins Ziel kommen. Unseren Lenkern fehlt einfach die Erfahrung um gegen die ganz Großen zu bestehen. Und die Gespanne ... Da steckt noch eine Menge Arbeit drin. Wenn ich wüsste, wo anfangen, wäre mir mehr als geholfen. Die Aurata könnte einen Kerl gebrauchen, der das Beruflich macht. Talentierte Lenker suchen, Pferde trainieren, Gespanne zusammenstellen, Gegner beobachten, die Verwaltung übernehmen, die Teilnahme an Rennen organisieren, die Strategie mit den Lenkern durchgehen ... Einzig, man findet so einen Kerl nirgends. Und dann mache ich es. Und bei all meiner Leidenschaft für die Rennen: Mir feht das Talent. Gespanne sind keine Legionen. Sechstausend Männer kommandieren fällt mir leichter als ein Gespann siegreich ins Ziel zu bringen..."

  • Geleitet von seiner persönlichen Leibwache bestehend aus 6 Vigiles, die ihm den Weg freiräumten.


    Mal wieder trat er von hinten neben Senator Meridius.


    "Salve princeps" grüßte er den 'Ersten' der Aurata.


    "Ich hoffe das Rennen hat noch nicht begannen." Die Frage war eher rhetorischer Art. Dem mann neben dem Senator nickte er nur zu und stellte sich vor.


    "Salve. Ich bin Caius Octavius Cato, Praefectus Castrorum der Vigiles und Sodalis der Factio Aurata." stellte er sich mich einem ehrlichen Lächeln vor.


    Dann wandte er sich an den Senator. "Wie stehen heute unsere Chancen?"

  • Didos Sandalen klapperten auf dem steinernen Boden, das Geräusch wurde jedoch von vielen tausend Stimmen übertönt. Aufgeregt folgte Dido ihrem Herrn bis zu den exklusiven Logen hinauf. Vergnügt grinste das Mädchen als sie sich auf die Sitze reicher Senatoren schlichen und den Platz von so wichtigen Männern einnahmen. Eigentlich nur Serenus, denn Dido war nun doch nicht so vermessen als Sklavin auf den Sitz von Flavius Furianus Platz zu nehmen.


    So blieb Dido erst mal hinter ihrem Herrn stehen. Auch sie hatte sich ganz im Sinne der Factio Russata, die einzig wahre Factio des Imperiums, ihr gesamtes Gesicht war mit knallroter Farbe, so man es mit Pigmenten und Öl hinbekam, geschminkt. Nur ihre Augen waren frei von Farbe. Zudem hielt Dido in ihren Händen das liebevoll gemalte Banner, natürlich noch eingerollt. Irgendwo im Haus hatte sie einen laaaaangen weißen Stoffstreifen gefunden, sich nicht gewundert, dass es das Zimmer eines der Herrschaften war, 8o 8) und prompt für das Banner umfunktioniert. :] Natürlich hatte sich Dido auch bemüht, den einen oder anderen Fangesang auswendig zu lernen. Mit Freude würde sie das heute in den Circus krächzen, es fiel ja sowieso niemandem auf, dass sie eine scheußliche Gesangsstimme hatte und keinen Ton traf. Denn darauf kam es hier, im mächtigen Circus Maximus, gewiss nicht darauf an. Sondern einfach laut zu sein.


    Selbst wenn sie keine Schminke im Gesicht getragen hätte, wäre Didos Gesicht wohl tief rot, vor Aufregung. Als es um sie herum im ganzen Circus stampfte, gejubelt wurde, Wägen einfuhren. Und auch die Stille, die folgte, war für Dido beeindruckend. Gespannt lehnte sie sich über die Brüstung, um das Opfer zu verfolgen, das zu Ehren von Mars abgehalten wurde. Ihr Mund stand ein wenig offen, ihre Augen waren geweitet. Stumm betrachtete sie den Priester und das Opfer, die wie kleine Spielzeugfiguren wirkten, so weit weg schienen sie zu sein. Der Circus war aber auch hoch. Aber immerhin hatten sie noch die besten Plätze im Circus ergattert...na ja, fast die besten Plätze, aber ziemlich gute zumindest und somit stand nichts im Wege für einen vergnüglichen Renntag.


  • Ich begann zu grinsen. Ja, so war Meridius. Zwar manchmal etwas versonnen, wenn es um seine Tage als Legat ging, aber immer fast schon so realistisch, dass es wehtat. Aber lieber mochte ich ihn so als einen Mann, der immer alles schön redete.


    Da hast du leider Recht. In Tarraco habe ich etwas in der heimischen Pferdezucht auf unserem Gut gearbeitet, aber das ist ja nichts im Vergleich zu einem ganzen Rennstall. Wenn ich dir dennoch meine Hilfe anbieten darf, wäre es mir eine Freude. Ich mag Pferde und administrativ werde ich in letzter Zeit beim Curator Aquarum immer besser. Ich stelle hiermit übrigens ein Gesuch auf Mitgliedschaft...
    Aber lass uns trotzdem die Daumen drücken für die Gespanne der Aurata, vielleicht hat Fortuna ja heute ein Auge auf dich geworfen.
    , antwortete ich neckisch und ließ dann eine Olive in meinem Mund verschwinden.


    Während wir noch plauderten, redete uns jemand von hinten dazwischen. Verärgert sah ich mich um und erblickte das junge Gesicht eines Mannes, den ich etwa auf mein Alter schätzte. Und da ich mir selbst auf meine Manieren einiges einbildete - schließlich war meine Mutter eine strenge Lehrmeisterin gewesen -, machte er sich bei mir schlagartig unsympathisch. Das zeigte ihm deutlich mein angewiderter Gesichtsausdruck. Und wäre er der Statthalter Syriens gewesen, Manieren waren das Alpha und Omega eines Mannes von Welt. Dass er mich bei seiner Begrüßung kategorisch ignorierte, darüber sah ich hinweg. Schließlich war ich noch nicht lange in Rom und daher brachte man mich noch nicht allzu oft in Verbindung mit meinem Onkel. Aber selbst das wäre ja schon eine Frage des guten Tons gewesen.


    Waren meine politischen Kenntnisse sehr solide, stand es um meinen militärischen Wissensstand eher schlecht. Was an Rängen in den Legionen vorhanden war, konnte ich mir aus meinen Kindertagen noch halbwegs zurechtdichten, aber bei den Stadteinheiten Roms sah der Fall schon ganz anders aus. Der Lagerpräfekt war aber ein recht beachtlicher Rang. Nur passte die Einheit, in der dieser ungehobelte Klotz diente, ganz recht zu seinem Auftreten. Die städtische Feuerwehr, in der Sklaven dienten... Verächtlich spukte ich einen Olivenkern in den Boden vor mir und blickte den Mann - oder sollte ich lieber sagen: Jungen - vor mir an. In Anbetracht dessen, dass mein Onkel anwesend war und ich ihn mit einer unflätigen meinerseits nicht blamieren wollte, sparte ich mir einen Spruch und schluckte den Unmut herunter. Ich war zwar verärgert, dass man uns hier so ins Wort fiel, aber dadurch wollte ich mir das Rennen nicht vermiesen lassen. Stattdessen wollte ich diesen Dorftrottel mit Ignoranz strafen, wie es einem Decimer angemessen war. Im Gegensatz zu mir schien der Jungspund nicht zu wissen, aus welcher hohen und angesehenen Familie er stammte. Von Octavius Anton erzählte man sich auch heute noch Geschichten. Dieser Ruhm reichte noch aus, um die Octavier in die Riege der guten Familien einzureihen, aber er genügte wohl nicht, um solche geistig zurückgebliebenen Subjekte wie den Vigil hier an seine Herkunft zu erinnern. Genug der Gedanken, gerade stolzierte eine bildhübsche Patrizierin mit ihren Sklaven durch die Tribüne und hielt meinen Blick gefangen. 8)

  • Zitat

    Original von Decimus Annaeus Varus
    Varus lief immer dicht bei Ursus, so konnte er ihn nicht aus den Augen verlieren, denn wenn man sich bei der Menschenmenge einmal aus den Augen verloren hat, ist es schwer wieder Anschluss herzustellen. Während des ganzen Weges hin zum Circus nervte Varus, Ursus mit Fragen über Fragen. Aber Ursus beantwortete alles was Varus wissen wollte und interessierte mit großer Ausdauer. Zwar hatte Varus schon mehrmals an Opferungen teilgenommen, dies hier aber war keinerlei Vergleich. Auch die Plätze die Ursus ausgesucht hatte waren hervorragend, Varus konnte alles sehen und überblicken. "Wie hält man eigentlich beim Wagenrennen die Factiones auseinander?" Flüsterte Varus, Ursus zu, da es in diesem Moment recht ruhig war, denn die Opferzeremonie war in vollem gange.


    Erst als das Opfer vollzogen war, antwortete Ursus auf die Frage von Varus. "An den Farben. Jede der factiones hat eine bestimmte Farbe. Und zwar... - Ach, nein. Finde das mal selbst heraus. Die Sprechchöre der factiones sind durchaus hörenswert. Und daran erkennst Du dann schon was zu wem gehört." Er grinste breit. Varus würde hier sicherlich auf seine Kosten kommen. Und nun hatte er sogar einen guten Grund, genau hinzuhören, was die Anhänger der einzelnen factiones an Schlachtrufen zum besten gaben.


    "Ich gehöre übrigens mittlerweile der Aurata an. Also wundere Dich nicht, wenn ich zwischedurch ein wenig ausfallend herumbrülle. Das gehört eben dazu. Und leider haben wir dieses mal nur wenig Chancen auf den Sieg. Doch unmöglich ist es nicht! Warten wir es ab. Außerdem ist ein spannendes Rennen immer ein gutes Rennen."


    Die Zuschauer waren spürbar aufgeregt. Eine unglaubliche brodelnde Stimmung, die einen unwillkürlich mitriß. Ein herrliches Gefühl, da mittendrin zu stehen.

  • Zitat

    Original von Lucius Flavius Serenus und Dido


    Es sollte dies ein ruhiger, beschaulicher Tag werden im flavischen Hause, in stiller kontemplativer Goutierung einiger tiefgründiger Schriftrollen. Die Spiele des Aedilis plebis Germanicus standen an diesem Tage an, so dass halb, wenn nicht gar ganz Rom dorthin würde pilgern, und somit jene, welche dies nicht taten sich all jenen Dingen konnten widmen, zu welchen sonstig so selten Zeit zu finden war. Eine eben dieser Personen wollte Flavius Gracchus sein, denn Wagenrennen konnte er nicht das geringste abgewinnen - ihm wurde bereits blümerant vor Augen, wenn die Quadrigen in ihrer halsbrecherischen Fahrt nur unter ihm auf der Circusbahn vorbei zogen -, seine Gemahlin bestand ebenfalls nicht auf die Zelebrierung öffentlicher Zurschaustellung bei solcherlei Anlass und das Opfer wurde nicht von den Pontifices verrichtet, so dass es für Gracchus augenscheinlich keinerlei Grund gab, sich zum Circus Maximus zu begeben. So hatte er geglaubt. Doch stets kam es anders als er glaubte, und dann nur schlimmer. Die Nachricht, dass sein Neffe Serenus - minderjähriges Kind seines Vetters Aristides, welchem er versprochen hatte, auf dessen Sohn zu achten, während dieser in Parthia weilte - irgendwo allein im Gedränge des Circus, allfällig inmitten gewaltbereiter Factioanhänger, betrunkener Raufbolde oder Patrizierkinder entführender Kleinkriminelle saß, gereichte beinahe dazu, ihm die Sinne zu rauben. Niemand konnte ihm Auskunft geben, ob Serenus neben den Sänftenträgern zumindest einige Leibwachen mit sich hatte genommen, so dass schlussendlich der Stapel mit bereitliegenden Schriftrollen durch Gracchus' Hand vom Tische wurde gefegt, die Amtstoga um ihn drapiert - was nicht ohne Schwierigkeiten geschah, da er in seiner Wut beständig den Drang verspürte auf und ab zu gehen-, und er letztlich sich selbst dazu aufmachte, durch die verstopften Straßen Roms bis zum Circus Maximus zu gelangen, im aussichtslosen Versuch, seines Neffen habhaft zu werden. Noch bevor Gracchus den Circus betrat, hatte der längst voraus geeilte Sciurus Serenus bereits ausfindig gemacht, so dass er nicht lange musste suchen. Da ein Disput während des Opfers, selbst während der Spiele, nicht eben förderlich für flavische Dignitas und Gravitas würde sein, zudem der Öffentlichkeit das Bild würde bieten, der Senator, Pontifex und designierte Aedilis curulis könne ein ihm anvertrautes Kinde nicht im Zaume halten - was freilich durchaus der Wahrheit entsprach, jedoch nichts war, wovon die Öffentlichkeit musste Notiz nehmen-, schob Gracchus die Rüge vorerst auf und bequemte sich zum Platze seines Neffen, denn er war weiters gänzlich sich dessen sicher, dass Serenus einen mittleren bis exorbitanten Aufstand würde proben, so er ihn nun aus dem Circus würde schaffen lassen. Unterwegs wurde von einem geschäftstüchtigen Handelsmann ihm eine zum Blicken der Spiele zwingend notwendige Fahne zum Kaufe aufgedrängt, und da Gracchus sich nicht mehr gänzlich sicher war, welche Factio Serenus präferierte, nur dessen, dass es im rotfarbenen Bereich lag, er zudem Rot und Purpur nur für zwei Ausprägungen des gleichen Rennstalles hielt und zudem Purpur besser mit seiner Toga harmonierte, griff er zu eben einem solchfarbenen Fähnchen. An seinem vorläufigen Ziel grüßte Gracchus den neben seinem Neffen platzierten Senator Purgitius mit einem stillen Nicken - das Opfer nahm immerhin bereits seinen Lauf -, ließ sich neben Serenus nieder und raunte dem Kind ins Ohr.
    "Über diese Aktion werden wir uns noch unterhalten, Lucius Serenus! Kannst du nicht ein einziges mal auch nur darüber nachdenken, dass es tatsächlich um dich herum Menschen gibt, welche sich ob deiner Salubrität sorgen?"
    Gemäßigt war der Klang seiner Stimme, denn längst hatte auf dem Weg zum Circus Sorge die Wut verdrängt, gleichsam reichte Gracchus' Zorn für gewöhnlich nicht viel länger als einige Augenblicke, welche Serenus in diesem Falle hatte zu seinem Vorteil verpasst.

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Nach der Opferzeremonie wandte sich Ursus an Varus und versuchte ihm auf seine Frage zu antworten. Doch mitten im Satz stockte plötzlich die Stimme von Ursus. Es muss an den Farben liegen, soviel konnte Varus noch entnehmen aber mehr wollte Ursus anscheinend nicht preisgeben. Dies konnte Varus aus dem breiten Grinnsen von Ursus entnehmen. Auch wies er Varus auf die Sprechchöre der Fans von den unterschiedlichen Factiones hin. Varus wusste nun zumindest auf was er genau obacht geben musste.


    Das Ursus der Aurata angehört wusste Varus schon, er hatte es ihm damals bei der Weihung des Grundstückes, worauf jetzt der Merkurtempel steht erzählt. Auch war er auf die einzelnen Menschen gespannt wie sie gegenseitig ihre Factio anfeuerten. Auf das Kind im Mann bei Varus war er jedenfalls schon mächtig gespannt.
    "Na dann lass ich mich mal überraschen."


    Jetzt hoffte Varus, das es endlich losgehen würde.

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