Hortus | Epistola non erubescit

  • Es war ein sonniger und sehr warmer Tag, als eine Gruppe von Sklaven geschäftig im Garten umherwuselte, Stühle, einen Tisch sowie Sonnenschutz und Erfrischungen anrichtete. Sie hatten keinerlei Blick für die summenden Bienen, die nicht minder geschäftig dabei waren farbenprächtige Blumen zu bestäuben, sahen nicht die fröhlich zwitschernden Vögel und schenkten auch dem kleinen Springbrunnen keine Beachtung.
    Nach und nach zerstreuten sie sich, suchten sich eine andere Beschäftigung, derer es im flavischen Haushalt zahlreiche gab. Lediglich zwei blieben zurück, um den in Kürze erscheinenden Herrschaften zu Diensten zu sein. Diese erschienen wie aufs Stichwort nur Augenblicke später, eine davon, Antonia, in ein fliederfarbenes Gewand gehüllt und mit einem undeutbaren Lächeln im Gesicht. Die zweite ging neben ihr, war ungleich kleiner und nahm eine ihrer Hände in Beschlag. In der anderen hielt die Claudia einen Brief, zweifellos der Grund für jenes Lächeln.
    An dem Freilufttablinum angekommen entließ Antonia ihren Sohn aus ihrer Hand, bedeutete ihm sich zu setzen und nahm selbst direkt daneben Platz, sodass sie auf der gleichen Seite des Tisches saßen. Sie hatte ihm bereits ein wenig aus der Nachricht seines Vaters vorgelesen, um sogleich den Vorschlag anzuhängen, nun, da er schreiben lerne, könne er doch eine Antwort an Gracchus verfassen – wenngleich sie selbst es sich nicht nehmen lassen würde, ebenfalls einige Zeilen an den im fernen Achaia verweilenden Gatten zu richten. Zumal der Junge erst seit Kurzem in die Geheimnisse der Schriftkunst eingeführt wurde – von ihr selbst, nach wie vor, denn ein angemessener Lehrer war äußerst schwer zu finden, wenn man Ansprüche hatte wie Antonia.


    Ihre Hand wanderte zu einer der bereitliegenden Wachstafeln, welche sie vor Minor schob.
    “So, Minimus, weißt du, was das Wichtigste beim Briefe schreiben ist?“, fragte sie, die bereits wusste, dass sie ihrem Sohn wohl des Öfteren an diesem Tage den Griffel würde führen müssen. Nichtsdestotrotz war sich die Claudia sicher, dass ihr Gemahl sich über selbstgeschriebene Worte Minors freuen würde, wie krakelig und unvollkommen sie auch noch sein mochten.. ohnehin war sie sich einer Sache sicher: Kein Kind hatte jemals schneller und eifriger gelernt, als Minor.

  • An der Hand seiner Mutter betrat Manius Minor den Garten des Hauses. Während sich um sie herum die eine wahre Pracht floraler Natur entfaltete, war der Geist des Knaben noch immer mit den Passagen aus der Epistel seines Vaters beschäftigt. Voller Ehrfurcht dachte er an die gewählten Worte, die sein Vater zu formulieren vermochte, die auf brillante Weise in anspruchsvoller Syntax verbunden waren, sodass es dem Knaben große Schwierigkeiten bereitete, deren Bedeutung zu entschlüsseln. Dennoch hatte er sich auf die Frage seine Mutter hin bereit erklärt, sich am Entwurf einer Antwort zu beteiligen.
    Gehorsam nahm er an dem Tisch Platz und blickte über die Oberfläche, auf der eine Tabula lag. Sie schien bereits leicht angewärmt, um die Einritzungen mit Hilfe eines Stylus zu erleichtern. Erwartungsvoll betrachtete er sie.


    Die unvermittelte Frage seiner Mutter rief bei dem jungen Flavier einen überraschten Blick hervor. Er hatte damit gerechnet, seine neuerworbenen Schreibfähigkeiten unter Beweis stellen zu müssen. Inzwischen beherrschte er bereits seinen Namen, obschon es durchaus noch geschehen konnte, dass er das 'F' oder das 'N' im Gegensatz zur üblichen Schreibweise nach links orientierte. Welche Kriteria ein Brief hingegen aufzuweisen hatte, war ihm gänzlich unbekannt. Vor seinem geistigen Auge erschienen solche, die er erblickt hatte: Des öfteren hatte er bereits derartige Schriftstücke gesehen, doch aufgrund seiner fehlenden Vertrautheit mit dem Lesen war es ihm nicht möglich gewesen, Stilmerkmale zu erkennen oder sich einzuprägen. Einzig eine Begebenheit war ihm in Erinnerung geblieben: Der Namenszug, der jeden Brief abschloss.
    "Das am Schluss...der Name?"
    äußerte er daher etwas befangen, wie es seiner vorsichtigen Art entsprach.

  • Erfreut stellte Antonia fest, dass Minors Wissensdurst nach wie vor ungebrochen, er gegenteilig von Tag zu Tag anzuwachsen schien. Wie neugierig er alles studierte, wie aufmerksam er die Utensilien betrachtete..
    Ihre Frage indes schien ihn auf falschem Fuße zu erwischen. Natürlich - natürlich - schalt sie sich bereits beim Aufflackern einer Irritation in den Augen ihres Sohnes einen Dummkopf. Zu schwer die Frage, falsch formuliert, wie könnte ein Kind etwas Derartiges wissen? Nur unsicher würde die Frage ihn machen, nur aus dem Konzept bringen, wie jede ihrer Äußerungen auch stets seinen Vater in arge Bedrängnis zu stürzen schien. Die Unterlippe zwischen die Zähne ziehend, senkte Antonia für einen Moment den Blick, suchte die Situation erneut auf das Ziel des Briefe schreibens zu lenken, doch Minor kam ihr zuvor.
    "Nun.. das ist das Zweitwichtigste.", entgegnete sie so sanft und wenig wertend wie es ihr nur möglich war. So glaubte sie wenigstens.
    "Die Grußformel ist es."
    Vielleicht half eine ausführliche Erklärung bereits über Misere hinweg? So sprach die Claudia schnell weiter. "Sie zeigt sofort, ob der Schreiber dem Empfänger nahe steht, oder ob es ein förmliches Schreiben ist. Sie zeigt dem Empfänger, dass allein er für wichtig genug gehalten wird, ein Schreiben eines Flavius zu empfangen."
    Lächelnd strich sie ihrem Sohn übers Haar, wie sie es am Tag wohl dutzende Male tat.
    "Da wir deinem Vater schreiben, müssen wir jedoch keine allzu förmliche Grußformel wählen. Wie hast du deinen Vater denn begrüßt, als er noch hier bei uns war?"

  • Für einen Augenblick schien Antonia von der Antwort des Knaben irritiert. Dann jedoch korrigierte sie ihn knapp. Obschon Manius Minor keinerlei Anlass hatte, seinen Fehltritt zu bedauern, da er schließlich noch niemals eine Epistel verfasst hatte, rief die Enttäuschung, die er in der Stimme der Mutter zu vernehmen glaubte, auch eine solche bei sich selbst hervor. Die Grußformel! Selbstverständlich war die Argumentation Antonias wesentlich plausibler als sein Gedanke vom abschließenden Namenszug!


    Während sie ihm über das Haar fuhr und ihre Enttäuschung offenbar wieder verflogen war, fragte sie ihn nach seiner üblichen Grußformel für den Vater.
    "Salve, Papa!"
    antwortete er intuitiv, denn dieser Gruß war ihm bereits von dem Zeitpunkt an, an dem er seine Sprache zu nutzen vermocht hatte, eingetrichtert worden. Ob man auf diese Weise jedoch einen Brief initiieren konnte, war für ihn jedoch in keinster Weise apodiktisch.

  • “Salve, Papa.“, wiederholte Antonia die schlichte Grußformel. In ihr begann es umgehend zu rumoren. Sie selbst hätte sich gewiss über jeden Brief ihres Sohnes gefreut, wäre sie an Gracchus‘ Stelle, ganz gleich ob dieser nun mit „Salve Mama“ oder „Geliebte Mutter, ich sende dir diesen Brief aus der Heimat“ begann. Doch bei ihrem Gatten war die Claudia sich unsicher. Eine solch vollkommene Gestalt, ein tadelloser und perfekter Römer, konnte man einen Brief an ihn derart salopp beginnen? Wie mochten seine Briefe ausgesehen haben, als er in Minors Alter gewesen war? In Antonias Vorstellung war bislang kein Platz für einen jungen Gracchus gewesen. Stets hatte sie nur den Erwachsenen gesehen, den Senator, den Pontifex, die überlebensgroße und idealisierte Figur des vollkommenen Römers. Sie ertappte sich bei einem Schmunzeln beim Gedanken daran, dass auch ihr Gemahl einst ein kleiner Lausejunge gewesen sein mochte, obgleich sie sich sicher war, dass Gracchus seit jeher die Verkörperung von Dignitas und Gravitas gewesen war.
    “Salve, Papa.“, erklang es abermals aus ihrer Kehle, als wollte sie Ton um Ton, Silbe um Silbe auf ihren Klang hin überprüfen. Keinesfalls wollte sie, dass Gracchus sich um die Erziehung seines Sohnes sorgte, gar fürchten musste, seine Mutter würde den Jungen herumlungern lassen und völlig die Regeln des Anstands außen vor lassen. “Gut.“, entschied sie schließlich. “Dann schreib ‚Salve, Papa‘. Du kennst die Buchstaben, ja?“
    Gewiss, später würde Minor schlicht seinem Sklaven eine Antwort diktieren, selbst den Stilus in die Hand nehmen würde er wohl selten, doch im Moment war jedes Wort, das er selbst schrieb, willkommene Übung, wie Antonia fand. Ganz abgesehen davon, dass Gracchus sich über selbst geschriebene Worte seines Sohnes sicher mehr freute, als die ungleich wohlgeformteren Schnörkel eines Scriba.
    “Hast du dir denn bereits Gedanken darüber gemacht, was du deinem Vater berichten möchtest? Was möchtest du ihn wissen lassen, was hast du in der Zeit erlebt, in der er nicht hier war?“

  • Die Weise, in der seine Mutter seine Worte wiederholte, rief in dem Knaben erneut ein starkes Gefühl von Unbehagen hervor. Im Bewusstsein seiner kindlichen Beschränktheit hegte er die Befürchtung, sein Gruß sei seinem Vater nicht angemessen, war dieser doch eine leuchtende Gestalt in unerreichbarer Höhe, ein Senator von größter Macht, dem nicht nur dieses Haus, sondern, wie Manius Minor bereits entdeckt hatte, auch Unmengen an Klienten und Sklaven aus nah und fern gehorchten. Doch wusste er dennoch nicht, welche Worte dieser Position angemessener waren, sodass er sich zuletzt damit zufrieden gab, dass Antonia ihm befahl, die beiden Worte an den Anfang des Briefes zu setzen.


    Ehe er beginnen konnte, den Befehl seiner Mutter umzusetzen, war er jedoch erneut genötigt, sich seines Gedächtnisses zu bedienen. Er beherrschte inzwischen eine ganze Reihe an Lettern und hatte erkannt, dass jede einen Lautwert besaß, der typischerweise dem des artikulierten Wortes entsprach. Erwiesen sich diese jedoch als nicht kongruent, kam der junge Flavius ins Stocken und bedurfte der Hilfe und Anleitung seiner Mutter. Dennoch begann er, die Schriftzeichen in seiner unbeholfenen Weise in das Wachs zu ritzen, ehe er stockte. Wie bannte man jenen Laut in das Wachs, der durch Anlegung der Zungenspitze an die Alveolen gebildet wurde?
    "Wie geht ein 'L'?"
    fragte er daher seine Mutter und legte den Stylus beiseite, da er annahm, dass seine Mutter ihm die Formung des Buchstabens mittels diesem demonstrieren würde. Doch zuvor hatte seine Mutter ihm bereits eine weitere Frage gestellt, sodass er prompt diese beantwortete, ehe seine Mutter die Möglichkeit zur Beantwortung jener erhielt, denn hierzu strömten tausende Ideen in seine Gedanken ein.
    "Dass ich jetzt schon lesen kann! Und sogar schreiben! Und dass ich ein neues Holzpferd bekommen habe!"

  • Dass ihre Wort in Minor, wie auch bereits so oft in ihrem Gatten, ein gewisses Unwohlsein auslösten, entging Antonia selbstverständlich. Niemals hätte sie absichtlich Zweifel in ihrem Sohn hervorrufen wollen und hätte sie geahnt, dass sie Selbiges stets tat, sie würde wohl den Rest des Lebens schweigend verbringen.
    Noch ehe sie anschließend die Frage nach der Schreibart eines ‚L’s beantworten konnte, sprudelten bereits die Ideen und Erlebnisse aus dem kleinen Jungen, die nun strukturiert in ein Schreiben gepresst werden wollten. Geduldig wartete sie, bis der erste Impuls abebbte und sie diesen mit einem Nicken quittieren konnte. Doch zunächst seine Frage beantwortend ergriff die Claudia tatsächlich den Stylus und drehte die Wachstafel zu sich. “Ein ‚L‘.“, intonierte sie und ritzte den entsprechenden Buchstaben in eine untere Ecke des Wachses, um dem Sohn das entsprechende Beispiel zu geben. “Hier. Siehst du, es ist ganz leicht.“, versprach die Mutter und reichte mit aufmunterndem Nicken das Schreibgerät an den Sohn zurück.
    “Dann berichten wir deinem Vater am besten zunächst von deinen großen Fortschritten beim Lesen und Schreiben. Was glaubst du wie stolz er sein wird, wenn er davon liest.. umso mehr, wenn du es selbst geschrieben hast.“
    Wie gerne würde sie selbst Gracchus‘ Reaktion sehen, wenn er die kindliche Schrift mit seinem eigenen Sohn verband. Doch zunächst musste der Brief noch mit Inhalt gefüllt werden, weshalb sich Antonia derlei Tagträumereien erst einmal wieder verbat und die Aufmerksamkeit für einen Moment gen Himmel richtete, von welchem unbarmherzig die Sonne brannte.
    “Ist dir zu warm hier draußen, mein Herz?“
    Eine Antwort gar nicht erst abwartend schnippte sie nach einem nahen Sklaven, der mit einem Palmwedel bereit stand und sich nun hinter dem jungen Flavius platzierte, um diesem kühlere Luft zuzufächern. “Du sagst es, wenn du hinein gehen möchtest, ja?“
    Sie selbst griff nach einem mittlerweile gefüllten Glas, in dem sich der obligatorische Fruchtsaft befand.

  • Voller Konzentration betrachtete der Knabe jene klaren Linien, die seine Mutter in das Wachs drückte. Wahrhaftig erweckte dies den Anschein, dass es sich an dieser Stelle um ein einfaches Schriftzeichen handelte. Dennoch gelang es seiner ungeübten Hand nicht, es ebenso ebenmäßig wie das Vorbild zu kopieren. Da er die übrigen Buchstaben bereits beherrschte, konnte er dennoch endlich die Ansprache der Epistel vollenden.


    Doch nachdem er nun die erste Hürde genommen hatte, brach vor ihm ein weiteres Problem auf: Es galt, seine Gedanken in Worte und Sätze zu bannen, sodass sie dem prüfenden Auge des Vaters adäquat waren. Doch wie? Wie artikulierte man seine Impressionen, Intentionen und Notionen in schriftlicher Form?
    "Soll ich einfach schreiben 'Ich kann lesen und schreiben.'?"
    richtete er daher das Wort an seine Mutter. In seiner kindlichen Art verzichtete er jedoch darauf zu reflektieren, welche Buchstaben und grammatischen Regeln er zu beherrschen hatte, um eine derartige Sentenz zu konzipieren.


    Doch selbst, wenn es ihm in den Sinn gekommen wäre, wäre er wohl zu rasch aus den Gedanken gerissen worden, als Claudia nach seiner Befindlichkeit fragte. Bisher hatte er dieser Frage keinerlei Bedeutung beigemessen, denn obschon die sommerlichen Temperaturen Rom in glühende, schwüle Hitze hüllten, vermochten adlige Herrschaften sich mittels Sklaven und Palmwedel in ausreichendem Maße zu schützen. Ungeachtet dessen hatten Mutter und Sohn jedoch auch erst vor einer geringen Zeitspanne das Freilufttablinum betreten, das zudem zahlreiche kühlende Schatten bot.
    "Nein, schon gut!"
    erwiderte er daher und wandte sich wieder dem Brief zu. Obwohl ihn noch immer eine gewisse Furcht vor einem Scheitern beklemmte, zwang ihn eine gewisse Ambition, nicht von dem Projekt abzulassen.

  • Mit Argusaugen überwachte Antonia die Schreibarbeit ihres Sohnes, dem, wie allen Anfängern in diesem Metier, die scheinbar so simplen Linien keineswegs einfach von der Hand gehen wollten. Antonia wäre jedoch nicht Antonia, sähe sie in den krummen Strichen nicht eine vollendete Kunst, die perfekteste Art, jene Buchstaben zu formen. So kam es, dass sie, als Minor den Stylus wieder absetzte, zufrieden nickte und sich ein feines Lächeln gestattete, während ihr Kinn sich ein wenig nach vorn reckte. "Hervorragend.", lobte sie.


    Die so unschuldig formulierte Frage des jungen Flavius entlockte der Claudia schließlich doch ein Kichern, welches sie, um den Sohn nicht zu hemmen, umgehend wieder ersterben ließ. "Hm.. ", brummte sie stattdessen, den Kopf schieflegend, wie sie es oft tat, wenn sie nachdachte. Kennst du das Geheimnis eines guten Buchs, Minimus?, fragte sie und legte eine rhetorische Pause ein, um mit einem Zwinkern schließlich fortzufahren. "Es baut Spannung auf. Es verrät nicht sofort das Ende. Und genau so sollten wir es bei deinem Brief auch machen."
    Gewiss, Gracchus würde sofort sehen, dass ein ungeübter Schreiber die Zeilen verfasst hatte. Und es war unumgänglich, dass er auf Anhieb Rückschlüsse ziehen würde, dass er zweifellos augenblicklich auf die Idee kommen musste, dass sein Sohn Verfasser jenes Schreibens war.. im wortwörtlichen Sinne, denn dass sein Sohn ihm schrieb ließ sich zwangsläufig bereits aus der Anrede schließen. Vielleicht las er den Brief auch gar nicht selbst? Dunkel erinnerte sich Antonia, dass Gracchus nach seinem ersten Anfall kaum mehr der Artikulation, geschweigedenn des eigenständigen Lesens mächtig war, wie mochte es dieses Mal sein? Wie schrecklich wäre es, könnte er die erste Epistel seines Sprosses gar nicht selbst entziffern.
    "Du könntest dich beispielsweise erst einmal nach seinem Befinden erkundigen.", schlug sie schließlich vor, den Bogen von ihren Gedanken zum eigentlichen Thema schlagend. "Anschließend bestünde die Möglichkeit, eine Frage zustellen.. wie 'Rate, was ich nun schon kann.'. Den Zwischenraum von Frage und Antwort füllst du schließlich mit einigen anderen Dingen, die du getan hast, seit er.. aufbrechen musste, um am Ende dann zu offenbaren, dass du es selbst warst, der diesen Brief geschrieben hat."


    Die Versicherung des Knaben, es sei ihm keineswegs zu heiß, quittierte die Claudia abermals mit einem "Hm.", war sie sich doch nicht gänzlich sicher, ob Minor selbst bereits bestimmen konnte, wann es zu warm für ihn war. Doch da der Sklave bereits seine schweisstreibende Arbeit des Abkühlens begann, beschloss sie, es vorerst dabei zu belassen.

  • In leichtem Maße vermochte das Lob ob seiner Anrede die Befürchtungen des Knaben zu beruhigen. Dennoch gelang es seiner Mutter, diese Freude durch ihre rhetorische Frage postwendend wieder zu zerschlagen, da Manius Minor noch keinerlei Kenntnis von Stilmitteln besaß und jenen kurzen Moment kleinmütig darum kämpfte, eine passende Antwort darauf zu finden. Als Claudia ihm dies abnahm, empfand er dies ebenso als Niederlage.


    Obschon bereits erwägt hatte, nach der Vorgehensweise zu fragen, die benötigt wurde um Spannung zu erzeugen, hielt er sich glücklicherweise zurück. Stattdessen lauschte er dem Beispiel der Mutter und begann rasch, nach Ideen für eine derartige 'Füllung' zu suchen. Dabei entging ihm völlig, dass seine Mutter einen grammatischen Fehler vorgegeben hatte, indem sie einen Imperativsatz als Rogativsatz darstellte.
    "Soll ich fragen: 'Wie geht es dir? Streiten sich die Leute bei dir noch?'"
    Einen Augenblick fuhr er fort, über die kürzlichen Erlebnisse zu reflektieren: Sein Leben war durch wenig Abwechslung geprägt: Des Morgens erwachte er, wurde von seinen Ammen eingekleidet, nahm ein karges Frühstück zu sich und suchte anschließend sein Spielzimmer auf. Gelegentlich las einer der Sklaven oder aber seine Mutter selbst ihm etwas vor - häufig Geschichten über Griechen, Aeneas, die Historie des Staates oder die unsterblichen Götter. Unterbrochen wurde jene Zeit des Spieles gelegentlich von einem Bad in den hauseigenen Thermen, einem Mittagsmahl, sowie der Cena, die er stets gemeinsam mit seiner Mutter einzunehmen pflegte. Doch all das war kaum geeignet, es seinem Vater zu berichten, denn die Umstände hatten sich in dieser Materie kaum gewandelt.
    "Ich habe den Tempel des Iuppiter gebaut. Mit meinen Bauklötzen! Und Glaphyra hat mir die Geschichte von Ulixes und dem Zyklopen erzählt! Wenn ich groß bin, will ich auch einmal so schlau sein wie Ulixes!"
    kam es ihm schließlich in den Sinn. Besonders letztere Erzählung über den listenreichen Odysseus hatte ihn in den vergangenen Tagen inspiriert, sodass er sie gar gemeinsam mit seinen unfreien Spielgefährten nachempfunden hatte. Er hatte sich gar an den beklagenswerten Artaxias gehängt, der daraufhin auf allen vieren durch das Spielzimmer hatte trotten müssen.

  • Sim-Off:

    Wollte nur sehen, ob du auch aufpasst :D ;)


    Es war augenscheinlich Schicksal ihres Lebens, männliche Flavier mit dem Cognomen Gracchus stets und meist unbeabsichtigt in tiefste Bedrängnis und Unsicherheit zu stürzen. Wie es auch vorbestimmt zu sein schien, dass sie selbiges nicht bemerkte, ja nicht einmal im Traum auf einen solchen Gedanken käme. So erwog Antonia auch in diesem Moment keinesfalls die Möglichkeit, ihr Sohn könne sich durch die vielen Fragen, die sie stellte und die er kaum beantworten konnte, zurückgesetzt fühlen. Nun war es jedoch seinerseits jener Sohn, der mit seiner Frage die Claudia ein wenig durcheinander brachte. Fast war sie versucht zu fragen 'Welche Leute?', als ihr einfiel, dass sie eine Ausrede erfunden hatte, warum ihr Gatte so plötzlich abgereist war.
    Nein, keine Ausrede. Eine Lüge. Frech und ohne Scheu hatte sie ihren einzigen Sohn angelogen. Eine tiefe Scham ob dessen überkam sie, ließ sie einen Moment lang die Lippen zwischen die Zähne ziehen und still verharren. Schließlich nickte sie, zögerlich und langsam. Gracchus würde kaum verstehen, was sein Sohn damit meinte, doch würde sie es wohl in ihrem Brief erklären können. Gewiss war es auch in seinem Sinne, dass Minor nichts von seiner Krankheit erfuhr. Zumindest noch nicht.
    "Ja. Gewiss. Eine ausgezeichnete Frage, Minimus.", schob sie nach.
    Ihre Stimmung hob sich sichtlich wieder, als der Junge von seinen Erlebnissen zu berichten begann. In der Tat, seinen 'Tempel des Iuppiter' hatte Antonia gesehen und ihn bewundernd dafür gelobt. Kein geringeres Bauwerk hatte er sich ausgesucht, als jenes zu Ehren des höchsten aller Götter. Ein Zeichen, dessen war sie sich sicher. Doch kaum etwas, das Minor tat, konnte die stolze Mutter nicht als Zeichen für irgendetwas deuten. Natürlich stets positive Dinge.
    "Oh, ich bin sicher, du wirst einmal so schlau sein wie Ulixes. Du bist auf dem besten Wege, mein Herz. Schreib deinem Vater das ruhig, er wird sicher stolz sein, von deinem Bauprojekt zu hören."

  • In diesem Falle gelang es Claudia durch ihre Äußerungen in der Tat, keinerlei negative Regungen bei Manius Minor hervorzurufen. Dieser Umstand gereichte dem Knaben ebenso zur Satisfaktion, wie er wohl auch bei seiner Mutter Freude hervorgerufen hätte, wüsste sie um die Konfusion, die ihre Worte in dem Knaben bisher evoziert hatten.
    "Gut. Dann frage ich ihn also zuerst."
    bestätigte er daher und machte sich erneut über die Tabula her. Bedachtsam und voller Konzentration bannte er sukzessive die einzelnen Lettern in das Wachs, die zusammen den Satz 'Wie geht es dir?' bildeten. Tatsächlich gelang ihm dieser dank seiner bisherigen Schreibübungen fehlerfrei. Die zweite Sentenz besaß jedoch wieder erste Fehler, denn kaum hatte er zum ersten Buchstaben von 'Streiten' angesetzt, bewegte er die Griffel in die falsche Richtung, sodass sich der Buchstaben serpentilen Charakters in die falsche Richtung schlängelte.
    "Wie geht ein 'P'?"
    fragte er anschließend, ehe er die Aussagen betreffend seiner Negotien begann, da ihm jener Buchstabe bei der gedanklichen Prädiktion wiederholt aufgefallen war.

  • Geduldig verfolgten Antonias Augen jede Auf- und Abbewegung des Stylus, formte gar lautlos mit ihren Lippen die jeweiligen Buchstaben. Der erste Satz war schließlich ins Wachs geritzt, fehlerfrei - wie auch sonst? Doch wollte sie ihren Sohn nicht ablenken und hielt sich zunächst mit einem Lob zurück. Übermäßiges Lob war, wie sie glaubte, ohnehin ein Fehler. So hätte sie Minor ständig und für jedwede Tat loben müssen, was zwangsläufig dazu geführt hätte, dass die positiven Worte irgendwann an Gewicht verloren. Hier ein Gleichgewicht zu finden war ein geheimer Schlüssel in der Erziehung eines Kindes, wie sie vermutete. Übertrieb man, wurde der Spross übermütig, geizte man zu sehr damit, würde es sich möglicherweise negativ auf das Selbstbewusstsein auswirken.
    Es folgten die Anfänge des zweiten Satzes, welche die Claudia jedoch eine Augenbraue in gänzlich flavischer Manier emporheben ließen. Zuerst gedachte sie allerdings, die Frage des Jungen zu beantworten. "Ein P.. ", sprachs und ritzte den entsprechenden Buchstaben ins Wachs. Den Stylus gab sie jedoch nicht sofort an den Sohn weiter, sondern deutete auf auf das erste Wort des zweiten Satzes.
    "Aber sieh dir das hier noch einmal an. Fällt dir etwas auf?"
    Bewusst deutete sie nicht auf den betroffenen Buchstaben, zweifelte sie doch keinen Moment daran, dass Minor selbst auf des Rätsels Lösung kommen würde.

  • Die Letter, die Claudia in das Wachs zeichnete, rief im Geiste des Knaben die Erinnerung an ein ähnliches Symbol, 'D' wach. Rasch wurde ihm bewusst, dass es von größter Bedeutung war, welche Länge der vertikale Strich bei jenen Buchstaben besaß.


    Als sie im Folgenden seine bereits vollendete Sentenz betrachtete und dabei Revision forderte, war der Knabe erneut verwirrt: Welcher Fehler mochte ihm unterlaufen sein? Voll von Konzentration betrachtete er das Gebilde, seine Lippen formten stumm jede einzelne Letter. Doch unglücklicherweise vermochte er den Fehler seines Werkes nicht zu erkennen, da sich ihm der mißratene Buchstabe lediglich aufgrund seiner schlangengleichen Form ins Gedächtnis eingebrannt hatte, ohne dass er der Richtung Beachtung geschenkt hätte.
    Folglich folgte auf die Frage der Mutter eine Miene der Verwirrung, während er mit fragendem Unterton das betreffende Wort rezitierte:
    "Streiten?"

  • Ein Hauch der Überraschung ließ sich nicht aus der Stimme verbannen, als Antonia nur “Richtig.. Streiten.“ erwiderte. Sah er es denn tatsächlich nicht? Dabei war sie sich so sicher gewesen, dass es lediglich die Eile war, in der ihr Sohn den Brief vollenden wollte, die ihn das ‚S‘ hatte spiegelverkehrt schreiben lassen. Eine kleine Unachtsamkeit, nicht schlichtes Unwissen. Sie wartete, zögerte einen weiteren Moment, doch offenbar entdeckte Minor es wirklich nicht.
    Bemüht, die Enttäuschung ob dieser Tatsache nicht zu sehr nach Außen dringen zu lassen, zeigte sie schließlich auf das Corpus Delicti. “Hier, siehst du?“ Da er es vorab nicht gesehen hatte, nahm die Claudia nicht an, dass Minor es nun entdeckte, daher fuhr sie umgehend fort. “Ein kleiner, unbedeutender Fehler. Aber wir wollen deinem Vater ja einen kunstfertig vollkommenen Brief senden, nicht wahr?“
    Da sie den Stylus ohnehin noch in der Hand hatte, schnörkelte Antonia ein schwungvolles ‚S‘ ins Wachs.
    “Bei einigen Lettern musst du sehr darauf achten, in welche Richtung du sie schreibst. Dein 'S' ist leicht verdreht. Aber das lässt sich leicht ausbessern.“ Dennoch wollte sie keinen Fehl an ihrem Sohn sehen. Nein, Minor konnte ja nicht ahnen, dass bei römischen Schriftzeichen keinerlei Kreativität und Gestaltungsspielraum vorgesehen war. Wie schrecklich dies für ihren überaus begabten Sohn sein musste. So suchte sie, wie üblich, die Schuld bei sich selbst. “Das hätte ich dir natürlich sagen müssen. Ich werde das von nun an bei unseren Studien bedenken.“
    Sie drehte das Schreibgerät in der Hand herum, sodass dem jungen Flavier nun das Ende entgegen ragte. “Und nun bist du wieder an der Reihe.“, ordnete sie lächelnd an.

  • Obschon Claudia darauf bedacht war, ihre Desillusion hinter einer Fassade liebevoller Affektion zu verbergen, erkannte der Knabe für einen kurzen Augenblick diese, wodurch in ihm erneut eine gewisses Zerknirschung aufkeimte. Ohne ein weiteres Wort eradierte er den fehlerhaften Buchstaben mit der stumpfen Seite des Stylus, wie er es bereits bei früheren Exerzitien gelernt hatte. Daraufhin verbesserte er seinen Fehler, der ihm nun dank der mütterlichen Erklärung gewahr wurde.


    Im Anschluss erschien jedoch eine erneute Komplikation. Wie hatte seine Mutter ihm geraten? Er sollte nun mit einer tendenzielle Adumbration, ehe er mit einigen Episoden seines Lebens fortfuhr. Einige Zeit verstrich, ehe Manius Minor eine Formulierung gefunden hatte - dennoch plagte ihn eine gewisse Insekurität ob diese Idee den hohen Ansprüchen seines Vaters adäquat war.
    "Soll ich einfach schreiben: 'Rate, was ich schon kann! Mir geht es gut. Glaphyra hat mir die Geschichte von Ulixes erzählt. Mama sagt, ich werde auch einmal so schlau bestimmt. Und ich hab den Tempel von Iuppiter auf dem Kapitol gebaut. Nur die Statue hab ich nicht richtig hingekriegt, weil ich keine sitzende Figur habe, die aussieht wie Iuppiter.'"
    Diese Inventionen waren für den finiten Geist eines sechsjährigen Knaben bereits eine große Menge, zumal er in Gedanken bereits darüber ging, das Bedürfnis an Buchstaben für seine Äußerungen zu ermitteln. Dennoch entging ihm gänzlich der Umstand, dass seine Ausführungen durch einen für den Leser möglicherweise unverständlichen Themawechsel gebrochen wurden.

  • Stummes Nicken begleitete Minors Ausbesserung, anstatt jedoch sofort weiterzuschreiben, wandte er sich erneut an Antonia. Er dachte nach, bevor er schrieb. Ein gutes Zeichen, wie die Claudia fand. Wenngleich sie ein wenig Mühe hatte, dem Redefluss des Jungen zu folgen. Es galt nun also, den Rohdiamant der Informationen noch ein wenig in Form zu bringen, damit er strahlen und funkeln konnte. Ein schwieriges Unterfangen, schließlich wollte sie alles nicht so weit verbessern, dass es nach ihr selbst, statt nach Minor klang.
    "Hm.. nachdem du ihn aufgefordert hast, zu raten, könntest du ihm im Folgesatz noch einen kleinen Hinweis geben, dann ist der Übergang zu deiner Erzählung etwas fließender. Das ist im Übrigen die nächste Lektion, Minimus. Die Übergänge. Es ist für den Leser leichter, wenn du nicht einfach nur Satz an Satz aneinanderreihst, ohne eine kleine Überleitung oder einen Bindesatz. Du könntest beispielsweise erwähnen, dass du bereits viel Neues gelernt hast, um anschließend die Ulixes-Geschichte anzuführen. Anschließend wäre eine Bemerkung darüber, dass du neben deinen Studien natürlich noch Zeit für andere Projekte findest, eine passende Überleitung zum Tempelbau, meinst du nicht?"
    Vermutlich hatte sie nun doch wieder zu viel vorgegeben. Jemand, der das diktieren von Briefen derart gewohnt war wie Antonia, hatte augenscheinlich Schwierigkeiten, sich eben dies wieder abzugewöhnen und anderen die denkende Tätigkeit zu überlassen.
    "Aber du kannst es natürlich auch in eigene Worten fassen. Das wird deinem Vater sicher noch besser gefallen."

  • Die Zurechtweisung rief bei Manius Minor eine leichte Indignation hervor, war er doch erneut ein wenig zu weit gegangen und hatte es vermieden, sich zuerst nach weiteren Regeln zu erkundigen. Die Eröffnungen über das Thema der Übergänge rief in ihm weitere Verwirrung hervor: Wie identifizierte man eine passende Alternation? In seinem kindlichen Alter verfügte er beiweitem nicht über das rhetorische Geschick, das derartige Varianzen erforderten.


    Um jedoch nicht erneut fragen zu müssen, beschloss er kurzerhand, die Offerte seiner Mutter zu akzeptieren, sodass er nach kurzer Bedenkzeit erneut begann.
    "Rate, was ich schon kann! Ich habe viele Dinge gelernt. Glaphyra hat mir die Geschichte von Ulixes erzählt. Aber ich habe auch Zeit zum Spielen. Ich habe nämlich den Tempel von Iuppiter auf dem Kapitol gebaut."
    Bei diesem Versuch nun übersah es der Knabe jedoch - inkommodiert durch die neueste Lektion - sämtliche Informationen in den Entwurf zu packen, die er ursprünglich eingeplant hatte.

  • Nickend bestätigte Antonia die Korrektheit von Minors Formulierung. Zugleich glaubte sie jedoch, einen leichten Abfall in seiner Konzentrationsfähigkeit zu bemerken, denn hatte er zuvor nicht noch einige Dinge mehr erwähnt gehabt? Oder hatte er sich schlicht dazu entschieden, diese Episoden seines Lebens nicht zu erwähnen?
    "Na, das klingt doch schon, als hättest du in deinem Leben bereits hunderte Briefe geschrieben.", lobte sie und beschloss, nicht nachzufragen. Er würde sicher seine Gründe haben.
    Bisweilen war es ein äußerst schizophrenes Verhältnis, das Antonia zu ihrem Sohn hatte. Einerseits schottete sie ihn von allem ab, behütete und beschützte ihn, als sei er ein rohes Ei, das jederzeit zerbrechen konnte. Andererseits schien sie vorauszusetzen, dass er bereits die Denkstrukturen und Kenntnisse eines Erwachsenen hatte, der er in ihren Augen wohl jedoch erst sein würde, wenn seine Haare grau wurden.
    "Und hattest du vorhin nicht ein Holzpferd erwähnt?"
    Jenen kleinen Hinweis erlaubte sie sich, war es doch schon einige Textrevisionen her, dass der Junge sein neues Spielzeug zur Sprache gebracht hatte.
    "Auch sollten wir deinem Vater für sein Präsent danken. Die argonautica. Aber schreib erst einmal, was wir bisher haben."

  • Das Lob linderte die Konfusion, in der der Knabe sich befand, erneut ein wenig, sodass in ihm beinahe eine Zuversicht aufstrahlte, dass er dieses Projekt erfolgreich abzuschließen vermochte. So fuhr er mit seiner Reflexion fort, die insbesondere von der Frage seiner Mutter evoziert wurde.
    "Ach ja, richtig! Dann schreibe ich noch: 'Ich habe außerdem ein Holzpferd bekommen.' - aber nein, ich habe ja ganz vergessen, dass ich die Statue nicht basteln konnte, weil mir die Figur gefehlt hat. Soll ich das zuerst schreiben?"
    In diesem Falle hatte Manius Minor es jedoch verpasst, seine Formulierungen gedanklich zu durchdringen und bereits die entsprechenden Zeichen zu memorieren.


    Die letzte Frage rief bei ihm erneut Verwirrung hervor, denn vermochte er sich keinen Gegenstand unter der 'Argonautica' zu imaginieren. Zwar hatte er den Brief seines Vaters gehört, doch aufgrund der komplexen Topologie war ihm wenig von seinem Inhalt im Gedächtnis geblieben. Doch da Claudia ihn dazu ermahnte, beschloss er, diesen Casus ebenfalls in seine Epistel zu integrieren, immerhin folgte er stets dem Credo, dass es sich bei seiner Mutter um ein allwissendes, sorgendes Wesen handelte, dessen Aussagen nicht infrage zu stellen waren.
    "Dann schreibe ich noch: 'Danke auf für dein Geschenk! Es gefällt mir sehr!'"
    Wie er erkannt hatte, rief jene Formulierung bei den zahlreichen Stiftern seiner Geschenke-Sammlung die meiste Freude hervor und selbst, wenn er sich nicht zu erinnern vermochte, welcher Natur das Geschenk gewesen war, so war er in gewisser Hinsicht überzeugt, dass ein Geschenk seines Vaters früher oder später in ihm ein Gefühl von Freude auslösen würde.

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