Triclinium Minor | Aller guten Dinge sind Drei

  • Zeitlebens war Gracchus geneigt, den Worten seiner Verwandten Glauben zu schenken, selbst so sie das Gegenteil aussagten von dem, was er vor sich sah - ausgenommen es handelte sich dabei um Worte, welche ihn selbst in positiver Art und Weise bedachten, denen er darob grundsätzlich keinen Glauben konnte schenken -, was auch auf seine Gemahlin sich bezog, so dass ihre Ausrede die Speisen betreffend ihn gänzlich zufrieden stellte, gleichwohl auch Minor, dessen Zustimmung der Vater mit dem Anflug eines Lächelns quittierte, das Mahl zu munden schien. Einige Augenblicke hielt Gracchus hernach verunsichert inne, im Versuch zu detektieren, was genau der Sinn hinter Antonias Aussage bezüglich seines Nutzens in Rom mochte sein, ob allfällig eine doppeldeutige Andeutung oder gar ein impliziter Vorwurf darin dissimuliert lag, doch ging sie derart darüber hinweg, dass ihm im hastigen Bestreben ihren Worten zu folgen kein offensichtliches Indiz dafür wollte auffallen. Indes dauerte er bereits im nächsten Augenblicke den Fokus seiner Aufmerksamkeit, konnte er doch so unmöglich die Aussicht auf eine Einladung Sestius' und seiner Gattin ignorieren. Zu behaupten, Gracchus wäre nicht sonderlich erpicht auf solch eine Gelegeneheit, wäre wohl mehr als nur maßlose Untertreibung. Er schätzte kleinere Cenae mit guten Bekannten oder ihm lieben Verwandten - selbst jene mit vorwiegend politischen Inhalten-, er mochte Zusammenkünfte philosophischer Art - dann selbst mit ihm gänzlich Fremden -, doch alles darüber hinaus gereichte zumeist dazu, ihn zu überfordern, wenn nicht gar zu enervieren, was er indes selbstredend niemals nach außen hin preiszugeben bereit war, sondern stets hinter patrizischem Gleichmut zu verbergen suchte. Jenes Stadium, jede Einladung der Höflichkeit wegen anzunehmen, um niemanden zu brüskieren, wiewohl der Befürchtung wegen, in das gesellschaftliche oder politische Abseits zu geraten, hatte Gracchus seit einiger Zeit bereits überschritten, suchte nurmehr einen für ihn akzeptablen Mittelweg, doch so die Einladung aus dem Munde seiner Gemahlin drang, wenn auch nur übermittelt, in solcherlei hintergründig enthusiastischem Tonfalle zudem wie zuletzt geäußert, war er vollkommen machtlos bezüglich einer Entscheidung. Es gab wenige Wünsche, die Antonia überhaupt äußerte, umso weniger konnte er ihr abschlagen.
    "Einer solchen Einladung zu folgen wäre sicherli'h eine überaus pläsierliche Angelegenheit. Persönliche Berichte aus den Randprovinzen gereichen bisweilen immerhin zu einer Extraordinarität, welche den alten Epen in nichts nach steht."
    Dabei vernachlässigt, dass die Berichterstatter durch die lange Absenz aus Rom oftmals zu plumper und übersteigert ausgelassener Ausdrucksweise neigten. Mit einem unscheinbaren Wink deutete Gracchus einem Sklaven an, dass er abräumen könne, und griff zu seinem Weinglas. Um von der leidigen Aussicht einer Einladung Sestius' abzulenken, wechselte er sodann thematisch in die eigene Casa zurück.
    "Ich habe in den letzten Tagen darüber sinniert, ob es nicht allmähli'h Zeit wäre, Minimus' Zukunft zu konzipieren."
    Kurz ließ er seine Worte über dem sich leerenden Tisch schweben, dass auch Minor konnte aufmerken, ehedem er fortfuhr.
    "Es mangelt unserer Familie noch immer an einer Verbindung zur Tiberia. Zwar ist Tiberius Durus mittlerweile Consular, dass er nicht mehr primär ange..wiesen ist auf senatorische Stimmen, doch trotz dessen muss er darauf Acht legen, seines Einflusses nicht verlustig zu gehen. Seine Ansichten schienen mir bisherig zumeist bedacht, so dass ich ohnehin immer geneigt war, ihn zu unterstützen, doch dies ist schlussendlich kein Grund, kein familiäres Bündnis zu schließen. Eine weitere Mögli'hkeit wäre eine Nichte Scapulas - Cornelius Scapulas"
    , fügte er hinzu, da er nicht sich sicher war, inwiefern Antonia mit dem Cognomen des Corneliers vertraut war.
    "Er wird im nächsten Jahr zur Praetur kandidieren. Oder aber wir festigen die Bindung zur Aurelia, immerhin stellt sie derzeit drei Senatoren. Was ist deine Meinung, Antonia, siehst du allfällig eine weitere Possibilität?"
    Es war nicht reine Höflichkeit, dass er sie dies fragte, war Gracchus doch davon überzeugt, dass seine Gemahlin weitaus besser darüber wusste Bescheid, welche Familie politisch wie gesellschaftlich aufstrebend war, und wo allfällig eine engere Bindung wäre favorabel.

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  • Das Vorhaben erhöhter Indiskretion gegenüber den Gesprächen seines Eltern trug bereits unmittelba nach dem Entschluss Konfusion evozierende Früchte. Durchaus war es dem Knaben bekannt, dass es dem Usus seiner Zeit entsprach, dass Männer und Frauen, seinen eigenen Eltern gleich, Verbindungen schlossen, deren Anbahnung auch innerhalb jenes Spottverses, dessen Provenienz ihm kürzlich entfallen war, 'verliebt - verlobt - verheiratet' thematisiert war, obschon das erste Adjektiv dem jungen Flavius im Gegensatz zu den letzteren gänzlich unbekannt war. Ob dessen beschloss er, sich erneut jeglichen Kommentares zu enthalten, sondern die Worte seines Mutter zu erwarten, um größere Kenntnis vom Vorlauf einer derartigen Verbindung zu gewinnen.

  • Sim-Off:

    Sorry, total übersehen :/


    Ausgesprochen glücklich über die Bereitwilligkeit ihres Gemahls, sie zur zurückgekehrten Freundin zu begleiten, schenkte sie ihm ein seltenes Lächeln und war fast gewillt, ihm den Fauxpas ihrem Sohn gegenüber zu vergeben. Schon schweifte sie ab in Gedanken zu ihrem Kleiderschrank, welcher, sie war sich sicher, für eine solche Gelegenheit absolut nichts beinhaltete, das sie anziehen konnte. Fürchterlich, sie würde schon wieder eine Schneiderin kommen lassen müssen. Doch welche Opfer brachte man nicht, um als Senatorengattin angemessen auszusehen.
    "Ich bin mir sicher, wir werden viel Interessantes erfahren. Zwar besitze ich einen Sklaven aus Britannia, doch nach seinen Erzählungen ist es dort keineswegs so wild und verroht, wie man sich dies gemeinhin vorstellt. Ich fürchte jedoch, so zuverlässig er für gewöhnlich ist, dass dies nicht zutrifft. Schließlich kann er nur aus der Sichtweise eines Sklaven berichten."
    Mit einem Schulterzucken wandte sie sich den sich leerenden Essensplatten zu und griff zielsicher nach ihrem gewässerten Wein. Während sie den bereitstehenden Sklaven mit einem dezenten Nicken zu verstehen gab, die Anweisung des Gemahls zu befolgen und zugleich den nächsten Gang aufzutragen. So entschwanden nach und nach die Reste der Siebenschläfer und machten stattdessen Widdererbsen, gedörrten Feigen, Schweineeutern, Gänseleber, Fisch sowie den obligatorischen Saucen platz. Oblgeich Antonia der Geruch allein schon hungrig machte, nippte sie zurückhaltend an ihrem Becher. Gracchus bedachte sie schließlich mit einem neugierigen Blick über den Becherrand, als er die Sprache auf die Zukunft des Sohnes brachte.
    Einem Teil in ihr - einem sehr großen Teil - widerstrebte es ausgesprochen, den Sohn eines Tages an eine andere Frau abtreten zu müssen. Jedoch wusste sie, dass es nötig war, ebenso wie es bei ihr selbst und Generationen vor ihr gewesen war. Sie stellte den Becher ab und schürzte die Lippen. In Gedanken sortierte sie bereits die fallenden Namen, wog Für und Wider ab und überlegte, welche jungen, unverheiratete Frauen es gab, die nicht bereits versprochen waren. Tiberia, Cornelia, Aurelia.. Alle schienen durchaus geeignet, doch welcher Familie sollte die Ehre - und eine Ehre war es zweifellos - zuteil werden, dem einzigen Spross aus der flavisch-claudischen Verbindung eine Ehefrau zur Seite stellen zu dürfen.
    "Ich denke", meinte sie schließlich, betont langsam und noch beim Nachdenken, "dass wir die Aurelia vorerst aus unseren Überlegungen auslassen sollten und uns auf die Cornelier und Tiberier konzentrieren. Eine Bindung zu festigen ist gewiss nicht falsch, doch scheint mir sinnvoller, das familiäre Netz etwas weiter zu knüpfen." Mit kurzem Stich im Herzen legte sie ihren Blick auf Minor. Wenigstens, so tröstete sie sich, konnte sie mitbestimmen mit wem ihr Sohn sein Bett teilen sollte. Gewiss, die finale Entscheidung würde ihr Gemahl treffen, aber möglicherweise war er empfänglich für ihren Rat und ließ sich im zweifelsfall sogar umstimmen.
    So jonglierte die Patrizierin im Kopf mit den möglichen Kandidatinnen, während sie sich insgeheim fragte, ob ihre Verwandten seinerzeit ähnliche Überlegungen bei ihr selbst angestellt hatten, oder ob die Flavier auf sie zugekommen waren. "Ich persönlich würde zur Cornelia tendieren. Eine Verbindung zu den Corneliern ist ohnehin seit Jahren überfällig und auch wenn ich Tiberius Durus und die Frauen seiner Familie überaus schätze, so glaube ich ist Scapulas Nichte die passendere Ehefrau für Minimus."

  • Die Worte bezüglich seiner Gemahlin Sklaven quittierte Gracchus nur mit einem unscheinbaren Kopfnicken, kannte er doch den nämlichen nicht sonderlich genau, nahm ihn kaum mehr wahr als all die anderen gewöhnlichen Sklaven im Hause, wiewohl allein aufgrund eben diesen Umstandes er nicht war gewillt, seinen Worten allzu viel Glauben zu schenken. Einige Augenblicke wurde seine Aufmerksamkeit nun ohnehin abgelenkt durch die Köstlichkeiten, welche den Tisch allmählich füllten, durch die Wahl zudem, welche dies zu treffen bedingte. Schlussendlich entschied er sich für ein wenig Gänseleber, einige Feigen und dazu gepfefferte Senfsauce, unter welche er noch einen Klecks scharfes Garum rührte, was wohl jedem guten Geschmacke abträglich war, Gracchus' diesbezüglich ein wenig absonderlichen Präferenzen indes entgegen kam. Er tunkte die Spitze einer Frucht in diese neu gemischte Sauce und biss davon ab, während er den Worten seiner Gemahlin lauschte, jeder einzelnen ihrer Überlegungen nur konnte zustimmen. Auch sein Blick glitt kurz über den Sohn hinweg, der diese Ehe festigte, der sie beide mit mehr Stolz erfüllte als jeder eigene Erfolg dies jemals könnte tun, und dass Minimus der erhoffte Sohn war, war nicht nur deshalb ein Glück für sie, da mit ihm das flavische Erbe gesichert war, sondern auch, da er die Familie mit einer Hochzeit nicht würde in eine fremde Gens verlassen müssen.
    "Ihr Name ist Philo..xena oder Philo..tima?"
    Das hilfesuchende Wenden seines Kopfes brauchte nicht gänzlich bis zu dem Ende der Bewegung hin ausgeführt werden, schon war Sciurus einen Schritt näher an seinen Herrn getreten und half jenem aus. "Philonica, Herr".
    "Ah ja, richtig, Cornelia Philonica."
    Mit einem bestätigenden Nicken lächelte er seiner Gemahlin zu, ehedem er fortfuhr.
    "Ihr Vater war Tribunus Laticlavius der zehnten Legion und fiel während des Feldzuges in Parthia. Seitdem unter..stehen sie und ihre beiden Brüder der Tutela Scapulas."
    Er schob den Rest der Feige in seinen Mund und säuberte während er kaute seine Finger mit dem neben dem Teller liegenden Tuch, dessen Rand mit gold- und dunkelrotfarbenen Ornamenten war bestickt.
    "Ich werde Cornelius zu einer Cena laden, währendderer wir die Formalitäten bespre'hen können. Ich bin sicher, wir werden uns schnell einig werden. Es ist dir doch genehm, dem beizuwohnen? Virginia Nerulina, seine Gemahlin, ist eine überaus angenehme Person. Kennst du sie?"
    Genau genommen kannte Gracchus die junge Frau, welche Scapulas zweite Ehefrau war und doch durch ihre Jugend eher seine Tochter hätte sein können, selbst nur flüchtig, doch wollte er die Verhandlungen nicht ohne seine eigene Gemahlin führen, so dass eine Einladung des Senators samt seiner Gattin unumgänglich war, um die Anwesenheit der Damen zu garantieren.

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  • Der Geruch des Fisches kitzelte Antonia in der Nase. Fast strafend war daher ihr Blick, als sie die geschuppte Mahlzeit beäugte, was jedoch nur zur Folge hatte, dass ihr Appetit umso mehr wuchs. Sie presste die Kiefer stärker aufeinander, als könne der reine Druck den Magen davon überzeugen, dass es bereits genug war. Neidisch hingegen wurde ihr Blick, als sie sich wieder an ihren Gemahl wendete, der so gänzlich ohne Sorgen um Zu- oder Abnahme sich den Speisen widmen konnte. Gerade noch rechtzeitig konnte sie ein Seufzen unterdrücken.
    Philonica. Ein Name, den sie beim nächsten Treffen der High Society Harpyen wohl würde fallen lassen, um zu hören, wie das Mädchen sich bislang auf Festivitäten und sonstig in der Öffentlichkeit benommen hatte. Allerdings glaubte sie nicht allzu viel zu hören, auf Kinder achteten ihre Freundinnen eher weniger.
    Selbstredend wäre es Antonia lieber gewesen, wäre ihr Vater bereits verdienter Consul oder etwas Ähnliches gewesen, doch der Umstand, dass sie eine Cornelia war genügte im Grunde genommen, um sie bereits für das Mädchen einzunehmen, war doch das größte Vorbild der Claudia jene Cornelia, welche mit so viel Würde und Aufrichtigkeit das Schicksal ihrer Söhne, namentlich beide ein Gracchus, ertragen hatte und seit jeher Sinnbild für weibliche dignitas war.


    Aufgrund des weiteren Essensverzehrs und nicht etwa ob seiner Worte hing Antonia schließlich weiterhin an Gracchus' Lippen, nickte zustimmend zur Cena und nickte ebenso, als die Sprache auf die junge Gattin des Cornelius kam. Natürlich hatte man sich bereits über jenes ungleiche Paar die Mäuler zerrissen, auch wenn ein großer Altersunterschied in ihren Kreisen nicht das Seltenste war.
    "Ich hatte das Vergnügen Virginia neulich in den Thermen kennen zu lernen.", erwiderte sie. "Allerdings war sie recht zurückhaltend. Die anwesenden Damen haben sie vermutlich ein wenig eingeschüchert."
    Was Antonia nur zu gut verstehen konnte. Wäre sie in Virginias Alter, ihr wäre es wohl ähnlich ergangen. Genau genommen war es ihr in Virignias Alter ähnlich ergangen. Manche Dinge änderten sich eben nie. Ein wenig war sie jedoch irritiert durch die Aussage ihres Gatten, die junge Frau sei eine angenehme Person. Von Natur aus mit einer gehörigen Portion Eifersucht und nicht minder großem Misstrauen ausgestattet. Schließlich war Gracchus ein Mann.. ein Mann, der seiner Frau seit einer Ewigkeit nicht beigelegen hatte. Ergo musste er sich sein Vergnügen andernorts suchen. Die Frage war lediglich wo und mit wem. Eine Lupa oder eine Sklavin hätten Antonia nicht weiter gestört, eine freie Frau hingegen war eine andere Sache.
    "Und natürlich möchte ich dem Gespräch gerne beiwohnen.. allein schon um unsere künftigen Verwandten besser kennen zu lernen. Sag.. woher kennst du Virginia denn?"

  • Vor dem geistigen Auge des Knaben erstanden die schroffen Landschaften Britannias, die laut der Aussage seines Lehrers Artaxias zu den Gefilden der Barbaroi zählten, weswegen sie zweifelsohne gänzlich mit undurchdringlichen, schwarzen Wäldern und perikulösen, von Larven und Lemuren bevölkerten Sümpfen bedeckt waren. Dorthin entsandt zu werden musste wahrlich einer schrecklichen Strafe gleichkommen, zumal jene Landschaften mit größter Sicherheit von nach Blut gierenden Bestien bewohnt wurden!


    Darüber hinaus vermochte er jedoch keinerlei Erkenntnis aus den Überlegungen seiner Eltern zu gewinnen, da er sich keinerlei Begegnungen mit Mädchen seines Alters erinnern konnte und ihm die Tragweite jener Thematik in keinster Weise bewusst war. So griff auch er nach Stücken des köstlichen Fisches und tat sich an ihnen gütlich, stets darauf bedacht, mögliche Gräten rasch zu identifizieren und somit dem Erstickungstod präventiv entgegenzugehen.

  • Mit sichtlichem Genuss verspeiste Gracchus das köstliche Mahl, ließ nach der Leber einige Schweineeutern auf seinen Teller und hernach seine Kehle hinab wandern, um das ganze schlussendlich mit ein wenig Fisch zu vermengen, all dies stets garniert mit einer Melange divergenter Saucen. Als seine Gemahlin von den Thermen sprach, horchte er auf, und seine linke Braue schob sich ein Stück weit empor, fragte er doch sich insgeheim, was genau die Damen dort taten, dass junge Frauen davon eingeschüchtert wurden - indes wäre er niemals derart vermessen, seine Gemahlin über solcherlei Dinge auszufragen. Ohnehin brachte die Frage Antonias ihn ein wenig aus dem Konzept, wusste er doch ad hoc nichts zu antworten, was nicht seiner vorherigen Aussage widersprach und dennoch nicht einer Lüge gleich kam, so dass er zuerst ein Stück Fisch mit etwas Wein hinab schluckte, um sich ein wenig Zeit zu verschaffen.
    "Cornelius hat sie mir vorgestellt"
    , antwortete er sodann wahrheitsgemäß, wiewohl ein wenig ausweichend.
    "Ich suchte ihn zu sprechen auf, eine Angelegenheit das Collegium Pontificium be..treffend, als sie von einem Einkauf auf den Märkten zurück kehrte."
    Scapula hatte ihren Namen genannt, Gracchus hatte sie begrüßt und ihr ein förmliches Kompliment entgegen gebracht, Virginia hatte die Begrüßung höflich erwidert und sich sodann entschuldigt, um die Männer nicht weiter zu stören - und dies allein reichte Gracchus bereits aus, sie als eine überaus angenehme Person wahrzunehmen. Um davon abzulenken, dass dies Ereignis bereits recht lange Zeit zurück lag und er die junge Frau seitdem nicht hatte wieder gesehen, sie nur als Vorwand musste herhalten, griff Gracchus eine Causa das Collegium betreffend auf.
    "Apropos, die Septemviri sind rezent an das Collegium mit der Bitte herangetreten, zu prüfen, ob es ihnen wäre gestattet, Frauen in ihre Reihen aufzu..nehmen."
    Ein kurzes, belustigtes Schnauben entfuhr Gracchus, welcher sich wohl noch mehr über diese Anfrage hätte amüsieren können, wäre nicht seines Vetters Pisos Namen darin aufgetaucht.
    "Und das Collegium war tatsä'hlich nicht einig, welche Antwort dem zu entgegen wäre."
    Dies wiederum gereichte noch immer dazu, ihn ein wenig zu sekkieren und ob seines Unverständnisses darob, wiewohl seiner Missbilligung darüber leicht den Kopf zu schütteln.
    "Weshalb die Quindecimviri Sacris Fa..ciundis mit einer Konsultation der sibyllinischen Bücher mussten beauftragt wurden."

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  • Nicht im geringsten zufrieden gestellt ob Gracchus' Antwort schürzte Antonia die Lippen. Nachdenklich betrachtete sie die Miene ihres Gemahls, die so frei von jedweder Schuld und schlechtem Gewissen schien. Die Erfahrung lehrte sie jedoch, dass dies rein gar nichts zu bedeuten hatte, schließlich war Gracchus Politiker und somit mehr als geübt im Lügen. Wenngleich sie niemals hätte angenommen, dass der vollkommene Gemahl mutwillig und in böser Absicht jemals die Wahrheit verdreht hätte, ohne das Beste im Sinn gehabt zu haben.
    "Hm.", war also alles, was sie zu jener Thematik noch sagte, ehe auch sie an ihrem Wein nippte. Stattdessen nahm sie sich vor ihre eigenen Quellen diesbezüglich zu Rate zu ziehen.


    Gerade hatte sie ihren Becher wieder abgestellt, als Gracchus etwas von weiblichen Septemviri sagte. In gänzlich flavischer Manier zog sie eine Augenbraue empor, fixierte ihren Gemahl um zu ergründen, ob jener sie vielleicht auf den Arm nahm. Doch nein, es schien sein Ernst zu sein, tatsächlich schienen die Septemvirn eine solche Bitte vorgetragen zu haben. Auch sie kam nicht umhin amüsiert zu schmunzeln. "Wie kommt man nur auf derlei Gedanken?", fragte sie, ohne den belustigten Unterton aus ihrer Stimme zu verbannen. "Weibliche Septemviri.. ein köstlicher Einfall. Allein die Vorstellung.. " Ein kurzes Kichern entfleuchte ihrer Kehle, als sich eine Frau vor ihrem inneren Auge manifestierte, die die Pflichten jenes Collegiums ausübte. Lächerlich. Generell waren Antonia und Gracchus sich wohl in nichts ähnlicher, als in ihrem traditionellem Denken. Die Claudia war, gelinde gesagt, ausgesprochen altmodisch erzogen worden. So wollte ihr absolut kein Grund einfallen, warum eine Frau überhaupt den Wunsch hegen sollte, ein solches Amt auszuüben. Noch mehr verwunderte sie jedoch der Umstand, dass wohl nicht alle Pontifices dieser Bitte abgeneigt waren.
    "Es ist kein Wunder, dass die Sitten verrohen und die alten Traditionen verwässern, wenn in einem Gremium wie dem Collegium Pontificium ernsthaft über solche Dinge nachgedacht wird. Und die sibyllinischen Bücher.. unglaublich. Als wäre die Antwort nicht mehr als offensichtlich." Die Belustigung mischte sich mit Unglauben, wenngleich sie sich nicht vorstellen konnte, dass es tatsächlich jemals einen weiblichen Septemvir würde geben. Allerdings hatte der Flavius nun sein Ziel erreicht. An Virginia dachte Antonia jedenfalls nun nicht mehr.

  • Die nun folgende Konversation richtete sich auf die Divergenzen des Collegium Pontificium, einer ehrwürdigen Institution, deren Ehre einer Mitgliedschaft auf Manius Maior teilhaftig geworden war, wovon Manius Minor durchaus Kenntnis hatte. Welcher Grund nun indessen seine Mutter derart zu belustigen vermochte, konnte der Knabe nicht ergründen, sodass er sich zu einer diesbezüglichen Frage hinreißen ließ.
    "Warum dürfen Frauen keine Priester werden?"
    fragte er in seiner innocenten Art, die nur einem Kinde zueigen war.

  • Über die Aussicht der Septemmulieres war Antonia ebenso amüsiert wie er und Gracchus genoss einige Augenblicke lang ihr unbeschwertes Kichern, mochte er es doch sehr, wenn sie lachte - was in seiner Gegenwart nicht allzu häufig geschah -, insbesondere wenn er ihr hatte einen Grund hierfür liefern können. Im nächsten Augenblicke indes dauerte er bereits, dass er war wie er war, denn wenn nur ein wenig es nach dem Körper einer Frau ihn würde dürsten, wenn nur ein wenig das Feuer des Verlangens nach der holden Weiblichkeit in ihm würde lodern, welche Frau würde er eher verzehren wollen denn Antonia? Doch in ihm brannte kein Feuer, außer jenes behagliche, heimische Herdfeuer, welches die Claudia durch ihre Perfektion in Hinblick auf ihre Rolle als Hausherrin, als Gemahlin und Mutter beständig schürte, wiewohl die Flammen seines Verlangens stets nur nach den Leibern des männlichen Geschlechtes leckten. Bestätigend nickte Gracchus und schob seinen Teller ein wenig von der Tischkante zurück, um anzudeuten, dass er satt war.
    "Wenn wir künftig bei jeder Lappalie die Bücher befragen müssen, werden ihre Worte bald bar jegli'her Essenz sein. Manches mal beschleicht mich gar das Gefühl, Rom ist seiner Prinzipien und Werte ver..lustig gegangen, doch manches mal wiederum befür'hte ich, dass es diese ohnehin niemals gab, dass sie nur jenen Trug vor Augen sind, welche an sie glauben."
    Allfällig war dieser Trug ein Vorrecht der Jugend und Gracchus hoffte, dass Minor dem noch sehr lange wäre verhaftet, ehedem Rom ihn vor den Kopf stieß, dass womöglich er weit mehr Kraft würde aufbringen als er selbst, um das Imperium zu ändern und seinen Idealen näher zu bringen. Mochte die Frage seines Sohnes vordergründig auch ridikül erscheinen, so nahm Gracchus dies durchaus ernst, wusste er doch, dass Minor keine Frage je stellte aus Jux, sondern stets nur, um sein Wissen zu mehren, so dass er sie bereitwillig beantwortete.
    "Frauen können durchaus Priester werden, bedenke nur die zahllosen Vestalinnen des Imperium, die Priesterinnen des Apollo am Heilig..tum der Sibylle oder die Priesterinnen der Bona Dea. Doch in die städtischen Collegien können sie nicht aufgenommen werden, denn dies widerstrebt den Prinzipien der Religio, die nicht nur auf lange Traditionen, sondern ebenso auf den Willen der Götter sich gründen, wie auch auf die natürli'he Ordnung des Seins. Gleichwohl wie eine Frau nicht Pater familias, nicht Vater sein kann, so kann eine Frau nicht Pontifex sein, ebenso wie ein Mann nicht Mutter oder Vestalin sein kann. Wir müssen uns diesen Ordnungen fügen, um nicht das Gefüge der Ordnung ins Wanken zu bringen und den Zorn der Götter zu provo..zieren."

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  • Die Exempla, die die Replik seines Vater mit der Promptheit eines Bogenschusses nannte, evozierten bei den Knaben ein veritables Gefühl der Erschlagenheit, während er sich zugleich schalt, die Kurzsichtigkeit eine derartige Frage überhaupt zu artikulieren besessen zu haben ohne a priori intelektuelle Nachforschungen zu ihrer Ergründung angestellt zu haben. Denn selbstredend erzwang die stringente Argumentation Manius Maiors unverzüglich eine Komprehension des Sachverhalts.
    "Achso."
    waren dem angemessen die beschämten Worte Manius Minors, der sich indessen wieder dem Mahle zuwandte, bestärkt in dem Vorsatz, die parentalen Unterredungen nicht mehr durch seine minderqualifizierten Interjektionen zu disturbieren.

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