Causa Nefantis Nemorensis - die Entsühnung

  • Mit einer herrlichen Blütenpracht hatte der Frühling Einzug gehalten. Nach dem regnerischen, stürmischen und ungemütlichen Winter war die Sonne eine Wohltat. Doch es würde wohl nur wenige Wochen dauern, bis das schöne Wetter der drückenden Hitze des Sommers weichen würde.
    Kleine fluffige weiße Wolken zogen am Himmel ihre Bahn und der Tempel der Diana erstrahlte im Licht der Sonne. Der Marmor war fast reinweiß, die kleinen vergoldeten Intarsien blendeten beinahe die eintreffenden Priester. Es war allein dem unermüdlichen Einsatz unzähliger Sklaven und Ministri zu verdanken, dass der Tempel wie neu erstrahlte. Für diesen wichtigen Tag hatte man weder Kosten noch Mühen gescheut. Es war der große Tag der Entsühnung und alles an diesem Tag sollte perfekt sein. Zumindest nach Maßstab der Menschen. Die Götter hatten ja ihre eigene Vorstellung von der Ordnung.
    Dem Wetter nach zu urteilen, waren die Götter, besonders Diana ihnen scheinbar wohlgesonnen.
    Viel zu viel Zeit war vergangen, viel zu lange hatte man den Pax Deorum auf die leichte Schulter genommen. Nur weil der Zorn der Götter sich nicht offenbarte, hieß das noch lange nicht, dass sie nicht noch immer grollten. Die Götter vergaßen nie, so hieß es doch.


    Prachtvoll war der Tempel der Diana auf dem Aventin anzusehen. An diesem Tag war jede Arbeit niedergelegt. Zahlreiche Herolde hatten den Tag der Entsühnung in der ganzen Stadt verkündet, was zur Folge hatte, dass die Menschen zahlreich zum Vorplatz des Tempels drängten. Ein Meer aus Blumen lag zu Füßen der großen Abbildung Dianas im Tempel. Vor allem Frauen hatten diese kleinen Gaben der Göttin gebracht.
    Fliegende Händler drängten sich durch die Menge, boten getrocknete Früchte, Nüsse, Wein und auch andere kleine Köstlichkeiten an, weil der Tag doch lang werden sollte. Auch der ein oder andere Taschendieb schlängelte sich zwischen den vielen Leibern hindurch.
    Zuerst eine symbolische Gerichtsverhandlung, man wollte schließlich den Schuldigen einem Gerechten urteil zukommen lassen. In den Straßen Roms machte schon seit einer gewissen zeit das Gerücht die Runde, das man den Frevler gefasst hatte. Jeder wollte einen Blick auf den Mann werfen, der sich dieser unfassbaren Tat schuldig getan hatte. Den Frieden der Götter zu stören, war eine unglaubliche Tat.
    Nach dieser Gerichtsverhandlung würde das eigentliche Opfer stattfinden, danach eine feierliche Prozession. Der Höhepunkt des Tages würde wohl die Kreuzigung des Frevlers an der Via Appia sein.
    Einige Schlitzohren waren bereits seit den frühen Morgenstunden dort um die besten Plätze in der ersten Reihe an bezahlendes neugieriges Volk zu verkaufen.
    Die Prozession würde anschließend ihren Weg zum Hain von Nemi fortgeführt werden um die Lustratio und die Neuweihung durchzuführen.
    Alles war bereit.




    Sim-Off:

    Neugieriges Volk ausdrücklich erwünscht!


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  • Macer hatte wenig Blicke für die fluffigen weißen Wolken am Himmel und genauso wenig Bedarf dafür, sich einen Platz in den vorderen Reihen zu kaufen. Als Senator und Consular stand ihm ein Platz ganz vorne zu und bei Ereignissen wie diesen machte er von diesem Recht nur allzu gerne Gebrauch. Langsam schob er sich an den wartenden Zuschauern vorbei und nickte dem einem oder anderen Gesicht zu. Gerade vorne unter den Senatoren und Priestern waren natürlich einige Prominente zu entdecken, denn wenn es um den Pax Deorum geht, durfte nun wirklich niemand fehlen. Zumindest konnte sich Macer nicht vorstellen, dass irgendjemand am Zusammenbruch der Welt persönlich Schuld sein wollte aufgrund seiner Abwesenheit.

  • Quintus beobachtete gespannt das Treiben auf dem Vorplatz des Tempels. Er hatte sich schon lange auf diesen Tag gefreut und war extra früh aufgestanden um sich seine beste Toga anziehen zu lassen. Im Anschluss hatte er seine Schwester beim gemeinsamen Frühstück, zu seiner eigenen Überraschung, dazu überreden können, ihn zu begleiten. Gemütlich in seiner Sänfte liegend und die Menge beobachtend schob sich ihr Tross nun durch die Reihen, vorbei an mehreren zwielichtigen Gestalten die Plätze in den ersten Reihen ans niedere Volk zu verkaufen schienen.Quintus dachte aber nicht im Mindesten daran, diesen Leuten Geld für Plätze zu zahlen. Sie standen ihm und seiner Schwester, welche in der Sänfte hinter ihm hin und her wippte, als Mitglieder der Gens Claudia, ohnehin zu. Am Rande des Altarplatzes angekommen, stieg der junge Claudier elegant aus seiner Sänfte. Viele Blicke waren auf ihn gerichtet und Quintus genoss die ihm geschenkte Aufmerksamkeit. Er wandte sich der Sänfte seiner Schwester zu. Auch sie hatte sich, trotz der ihr nach dem Frühstück nur kurzen verbliebenen Zeit, noch sehr herausputzen können. Sie sah umwerfend aus und viele Männer, sowohl jung als auch alt, warfen ihr aufmerksame Blicke zu.
    Er nahm sie sie am Arm und führte sie zu dem vorderen Teil des Platzes, wo die gehobene Gesellschaft der Stadt auf den Beginn der Feier wartete.

  • Ein wenig zu einer Seite hin auf dem Tempelvorplatz hatte man ein hölzernes Podest errichtet, etwa in Brusthöhe eines durchschnittlich gebauten Mannes, auf welchem die Gerichtsverhandlung des Frevlers würde stattfinden. Im Grunde war es nurmehr ein Schauprozess, eine Inszenierung für das Volk, standen doch die Verurteilung und das Strafmaß - die Kreuzigung - bereits fest, wiewohl der Angeklagte längstens tot war und darüber hinaus seine Tat im Detail nicht geklärt - als der Ermordete war er etwa zweifelsfrei unschuldig in Bezug auf die Durchführung des Mordes im heiligen Hain. Doch all diese Aspekte waren von marginaler Relevanz, war dies Gericht doch Teil der sacra publica und folgte darob nur bedingt den Gesetzen und Ansprüchen der profanen Justiz. Dennoch war es ein günstiger Umstand, dass Gracchus zu dieser Amtszeit nicht nur Pontifex, sondern gleichsam Praetor Urbanus war, so dass an seiner eigenen Obliegenschaft kein Zweifel war gegeben, wiewohl er dafür hatte Sorge getragen, dass unter den drei Iudices nicht nur der Kult - in Person des Pontifex Flavius Piso - und der Staat - durch sein eigenes Zutun als Praetor Urbanus -, sondern gleichwohl auch die Gewalt des Imperators war repräsentiert, welcher inwendig noch einmal in sich Staat, Kult und Imperium vereinte. Der Kaiser weilte war zwar noch immer in Misenum, doch an seiner statt würde der Praefectus Urbi Vescularius als Iudex fungieren, was in Gracchus durchaus ein leichtes Unbehagen evozierte, andererseits indes würde der Vescularier sich öffentlich vor dem Volke und den Göttern wohl kaum seine Kaprizen leisten wollen. Trotz alledem ein wenig nervös - durch die zahlreichen Bestandteile der Entsühnung konnten auch zahlreiche, unvorhergesehene Missgriffe geschehen - wartete Gracchus am Rande des Podestes und überprüfte nur nachrangig und unaufmerksam die letzten Handgriffe der kultischen und profanen Helfer.

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • An Tagen wie diesen war es wohl mehr Pflicht als irgendetwas anderes, die eine Anwesenheit bedingte. Sextus war trotz seines Amtes nicht im mindesten religiös. Er war sich noch nicht einmal über die Existenz der Götter sicher, und das, obwohl er munter und mehrfach ihren Willen verkündete, die diese durch Flecken, Verwerfungen, Verfärbungen und Verformungen jeder Art auf diversen Innereien zeigten. Aber das eine schloss das andere ja nicht aus, und Sextus sah vor allen Dingen den gesellschaftspolitischen und nicht zuletzt kommerziellen Nutzen seines Postens.
    Von Gefühlen an Entsühnung und göttliches Wohlwollen also weit entfernt hatte er sich dennoch aus Pflichtbewusstsein mit seiner Frau hier eingefunden. Sie konnten nicht nicht hier sein. Alle würden hier sein, die irgendwie ins Licht der Öffentlichkeit gerückt waren. Und als gewesener Vigintivir war er vermutlich ein zu kleines Licht, um wirklich aufzufallen, als Patrizier und verwandter des amtierenden Ädils aber wohl doch wichtig genug, dass seine Abwesenheit bemerkt werden könnte. Davon abgesehen galt es, zu zeigen, dass die Götter weder den Aureliern noch den Flaviern übel gesonnen waren. Zum Glück war nicht an die Öffentlichkeit gelangt, dass die Frau, aufgrund deren Fehltritt der göttliche Zorn ausgelöst worden war, Flavia Celerina gewesen war. Irgendwie schien das Volk die Frau ganz vergessen zu haben und akzeptierte nun ohne tiefere Nachfragen den Mann als Schuldigen, der heute exemplarisch verurteilt und hingerichtet werden sollte. Dass der Kerl ohnehin schon tot war, schien da nicht weiter zu stören.
    Sextus störte das ohnehin nicht. Wenn das Volk beschwichtigt würde, war der Sache gedient. Wenn diese nicht hinterfragten, wer die geheimnisvolle Frau war, war seiner Sache sehr gedient. Wenn niemals ans Licht käme, dass es Celerina war, und Corvinus sich deshalb wenige Tage später wohl auch umgebracht hatte, dann war es ein Erfolg. Seinen Teil hatte er schon beigetragen durch den Aufruf, den Rex Nemorensis zu ersetzen. Und er war auch durchaus zufrieden mit sich gewesen, als er in der Acta gelesen hatte, dass sein kleines Komplott Früchte getragen hatte und der unliebsame Zeuge nun aus dem Weg war. Blieb nur sein Patron Durus, der von der Sache wusste. Aber dieser würde wohl schweigen, nicht zuletzt, um seinen braven Klienten zu schützen. Und damit letztendlich sich selbst.


    Aber es gab auch einen sehr viel einfacheren Grund, weswegen Sextus heute hier erschien. Nicht nur die Pflicht, weil man eben hier sein musste, nein. Eben weil alle wichtigen Persönlichkeiten der Pflicht unterworfen sein würden, heute hier zu sein, war dies eine grandiose Gelegenheit, sich beim ein oder anderen Senator noch einmal ins Gespräch zu bringen. Die Hälfte des Amtsjahres war schon wieder vorbei. Nicht mehr allzu lange, und es würde wieder Wahlen geben. Nach deren Ende er Quästor zu sein gedachte. Da konnte es nicht schaden, den ein oder anderen dezent darauf anzusprechen. Den Consular Purgitius hatte er schon erspäht, und dieser hatte sich bei seiner Wahl zum Vigintivir auch schon als Nützlich erwiesen. Warum eine alte Zweckfreundschaft nicht auffrischen?
    Doch würde er damit wohl bis zur Prozession warten müssen, so einfach war ein Durchkommen bis ganz nach vorne, wo der Consular seinen Platz eingenommen hatte, nicht zu bewerkstelligen. Zumindest nicht ohne massiven Ellbogeneinsatz, gegen den Sextus zwar prinzipiell nichts einzuwenden gehabt hätte, doch in diesem Fall unterlassen musste. Die Honorationen, denen er eben jenen Ellbogen in die Rippen würde rammen müssen, waren immerhin ebenfalls potentielle Unterstützer. So beschränkte er sich erst einmal auf eine grüßende Geste und darauf, zu warten, was die Pontifices alles aufbieten würden, um das Volk und letztendlich die Göttin zu beschwichtigen.

  • Mittlerweile nicht mehr allzu schwach auf den Beinen hatte Livineia sich dazu ‚herabgelassen‘ mitzukommen. Es hatte nicht so viele Überredungsversuche gebraucht, denn schließlich war es eine Staatsangelegenheit und Livineia war die letzte, trotz nicht allzu großer Religiosität, die den realen Zorn der Götter auf sich oder der Familie wissen wollte. Außerdem waren hier viele – wirklich – interessante Menschen zu sehen. So war sie sehr froh gewesen, dass ihr Bruder sie gefragt hatte. Menochares war natürlich ebenfalls mit von der Partie, denn ohne Leibwächter verließ sie die Villa schon lange nicht mehr. Auch nicht, wenn ihr geliebter Bruder an ihrer Seite war. Den Nubier hatte sie also neben ihrer Sänfte hergehen lassen und ließ ihn nun dort zurück.
    Beinahe schon mit einem huldvollen Lächeln ließ sie sich von Felix aus der Sänfte geleiten und hakte sich bei ihm ein. Er wusste eben, was sich gehört. Hätte sie die Zeit für die Kosmetik nicht gehabt, hätte sie das Haus vermutlich nicht einmal verlassen. „Gut siehst du aus.“ Flüsterte sie ihm leise zu und ging dann an seiner Seite zu ihrem Platz. Heute würde sie vielleicht endlich mehr über die Geschehnisse erfahren. Sie wusste zwar mehr, durch ihre Tante Romana, hatte aber ihr Wort gegeben nicht darüber zu sprechen. Und sich daran gehalten.

  • An der Seite ihres Mannes erschien auch Nigrina beim Tempel. Nicht, dass sie sonderlich Lust gehabt hatte hierauf. Hatte sie ganz und gar nicht, und das aus mehreren Gründen – der wichtigste im Augenblick der, dass sie schwanger war und ihr Bauch mittlerweile merklich anfing, sich zu runden. Noch schob sie keine wirkliche Kugel vor sich her, aber trotzdem, es war inzwischen deutlich zu sehen, und sie merkte es auch. Davon abgesehen war sie ohnehin nicht sonderlich scharf auf Termine wie diesen. Nichts gegen öffentliche Auftritte, nichts dagegen, sich zu zeigen, zu präsentieren, aber da waren ihr irgendwelche gesellschaftlichen Anlässe, bei denen man auch ein wenig Spaß haben konnte, deutlich lieber. Nein, Lust hatte sie keine gehabt. Aber eine Wahl ebenso wenig, denn: eine öffentliche Entsühnung wie diese ließ man nicht sausen. Nicht, wenn man vorhatte, kontinuierlich weiter aufzusteigen in der Gesellschaft Roms. Also hieß es für Sextus und sie: Präsenz zeigen, und hoffen, dass das irgendwem positiv auffiel, oder wenigstens in Erinnerung bleiben würde, so dass es sich irgendwann mal positiv auswirken würde.
    Ihre Schwangerschaft war da, so sehr sie selbst mittlerweile auch genervt davon war, ein gutes Zeichen. Ein Zeichen dafür, dass die Götter trotz aller Schicksalsschläge, die die Aurelier zu erdulden gehabt hatten, ihnen wohl gesonnen waren, ihnen, den Flaviern und dieser Verbindung zwischen den beiden Gentes. Mit dem Opfer selbst hatte sie ohnehin nichts zu tun, hatte keinen Part in der Handlung, so dass es durch ihre Anwesenheit auch nicht gefährdet war. Dennoch war es ein Grund, sich vornehm zurückzuhalten, und vielleicht später eine gute Ausrede, sich früher zu verabschieden...
    Aber das hatte noch Zeit. Für den Moment stand sie neben ihrem Mann, eine Hand auf ihrem gewölbten Bauch – nicht aus irgendwelchen sentimentalen Emotionen heraus, sondern weil sie festgestellt hatte, dass die Leute dann noch mal ein bisschen anders reagierten, weil sie das irgendwie... süß fanden, wenn eine werdende Mutter diese beschützende Geste machte –, und wartete darauf, dass sich endlich etwas tat.

  • Im vollen Ornat eines Minister, als der er heute aufs Neue zu fungieren die Ehre hatte, wurde heute auch der Manius Minor an diesem Tage aufgeboten um seinen Dienst zu leisten für die Res Publica und die Pax Deorum, wie es seit jeher die Pflicht und Ehre seines edlen Geschlechtes gewesen war. Mit einer Mimik, die die väterliche zu kopieren suchte und die durch die inzwischen durchaus häufige Übung in der Tat als dessen infantile Edition zu betrachten war, stand der Knabe daher ein wenig abseits der Tribüne, auf der Manius Maior heute zuerst seinen jurisdiktionellen Pflichten nachkam, ehe er kurz darauf auch die kultischen auszuführen gedachte. Obschon dem jungen Flavius durch den Fortgang des Jahres die Liktoren, die seinem Vater assistierten, bereits vertraut waren, erfüllte es ihn heute neuerlich mit Stolz, dass eben jener Vater durch das Volk und die Unsterblichen die Macht gegeben worden war zu richten über Leben und Tod.

  • Direkt neben jenem, welcher im vollen Ornat eines Ministers gekleidet ist, stehe ich, Caius Flavianus Aquilius. Ihm eigentlich so nah, doch im Geiste so fern von Minimus. Zwei kleine Lettern sind es scheinbar nur, die uns trennen. Doch was uns wirklich trennt, ist weitaus mehr.
    Es ist eine Ehre für mich, dass ich hier sein darf, um dem Pontifex selbst, Minimus´ Vater, behilflich sein zu dürfen. Etwas gedankenverloren wirke ich wohl auf den Betrachter. Noch bin ich nicht an der Reihe.
    Im Gegensatz zu meinem Freund, war ich nicht dazu begünstigt, in den ersten Jahren meines Lebens die religio romana aktiv kennen zu lernen. Meine Mutter stopfte mir den Geist voll mit barbarischen Götzenmärchen. Wäre sie damals mit mir nicht zurückgekommen, zu der Stätte meiner Geburt, wäre wohl ein kleiner Barbar aus mir geworden. Dennoch hadere ich mit mir im Stillen Besser wäre es, die Aufmerksamkeit auf das Geschehen auf der Tribüne zu lenken.

  • Nur wenige Meter von Quintus und seiner Schwester entfernt versammelten sich nun immer mehr Flavier. Sie schienen vor zu haben dieses Versöhnung zu einer Art Familientreffen zu machen, was er ihnen aber eigentlich nicht verübeln konnte. Es gehörte sich für patrizische Familien einfach bei solchen Feiern anwesend zu sein, vor allem, wenn ein Mitglied der eigenen Familie auch noch das Amt des Pontifex besetzte. Einige der Gesichter kannte Gaius. Darunter natürlich das von Manius Flavius Gracchus, dem Pontifex und Praetor Urbani. In der Nähe des Pontifex stand ein Junge, den Quintus zwar noch nicht kannte, aber der eindeutig der Sohn von Gracchus sein musste. Er sah jenem, wie aus dem Gesicht geschnitten, ähnlich und auch sein Gesichtsausdruck schien den des Vaters imitieren zu wollen. Zu seiner Schwester gewandt sprach der junge Claudier leise:


    "Die Gens Flavia scheint hier heute ja eine Art Familientreffen abhalten zu wollen. Der kleine da drüben scheint der Sohn von Gracchus zu sein. Er sieht seinem Vater unglaublich ähnlich."

  • Den Zorn der Götter zu besänftigen war eine Angelegenheit, die alle anging. Dementsprechend viele Menschen fühlten sich genötigt, herzukommen. Und wo immer viele Menschen zusammen kamen, gab es Langfinger und Unruhestifter. Aus diesem Grund waren die Cohortes Urbanae ebenfalls vor Ort. In reichlicher Zahl hatten sich Gruppen von ihnen taktisch geschickt verteilt. Es war wirklich nicht leicht, hier im Gedränge den Überblick zu behalten. Deshalb suchte sich Valerian mit einer Handvoll seiner Männer einen leicht erhöhten Platz, von dem aus sie besser sehen konnten. Und zwar in alle Richtungen.

  • An diesem Tag durfte nun wirklich kein Mitglied des Cultus Deorum fehlen. Rufus hatte sie der Obhut der germanicischen Sklaven überlassen, als sie ihre Freundin und Kollegin abholte. Ihr Sohn und die Zwillinge Serranas würden wohl die Amme reichlich auf Trab halten, während deren Mütter ihren Verpflichtungen nachgingen. Der Tempel der Diana war schnell erreicht, auch wenn sich in den Straßen und auf dem Vorplatz unzählige Menschen drängten. Immer mal wieder konnten sie ein bekanntes Gesicht entdecken, während sie sich ihre Plätze in den Reihen der Priester und zahlreichen Opferhelfer suchten. Calvena hätte nicht gedacht, dass sie bei der Entsühnung dabei sein würde. Schließlich war bereits viel Zeit seit dem Frevel vergangen und sie hatte gedacht, dass die Entsühnung viel früher stattfinden würde. Wer wollte schon, dass eine Göttin wütend war? Niemand! Und doch fand diese Zeremonie erst jetzt statt. Kurz stellte sie sich auf die Zehenspitzen und ließ den blick suchend schweifen. Ihr Schüler würde sicherlich auch hier sein und sich dieses Ereignis nicht entgehen lassen. Zumal es seine Pflicht als römischer Bürger war, dabei zu sein, wenn eine Göttin besänftigt wird.

  • | Marcus Menenius Lanatus


    Als sich eine große Menge Menschen versammelt hatte und schon bald kaum noch ein Stein des Bodens der Fläche um den Tempel zu sehen war, setzen die Fanfarenbläser ihre Instrumente an, um die Menge zur Ruhe zu fordern. Der Rex Sacrorum Menenius Lanatus trat mittig der Stufen zum Tempel hinauf hin.


    “Volk von Rom! Kaum einem von euch werde ich erzählen müssen, weshalb wir heute versammelt sind! Kaum einer wird nicht Kenntnis erlangt haben von dem unglaublichen Frevel, der sich im Hain der Diana vor geraumer Zeit zugetragen hat!“
    Selbstredend würde auch kaum einer wissen, wie genau der Frevel sich zugetragen hatte, doch auf die Worte des Priesters hin würde wohl niemand eine Nachfrage stellen und sich damit womöglich gar als Ignorant bloßstellen, der noch immer nicht informiert war über die Schieflage der pax deorum.
    “Heute nun haben wir uns versammelt, um die göttliche Diana um Verzeihung zu bitten und ihr zu zeigen, dass wir - das Volk von Rom - über das Unrecht in ihrem Hain nicht hinwegsehen! Und wie sie ihrem Zorn bereits Ausdruck verliehen hat, so wollen auch wir richten über den Täter und den Frieden mit Diana wieder erstarken lassen durch unser Opfer und der gütigen Göttin überantworten, was ihr zusteht!“


    Noch einmal ließen die Bläser ihre Fanfare ertönen, und der Rex Sacrorum überließ das Feld den Iudices, die sich auf ihren Plätzen auf dem hölzernen Podest eingefunden hatten: Vescularius Salinator als Vertreter des Imperators, Flavius Piso als Vertreter des Cultus Deorum und Flavius Gracchus als Vertreter des Staates.



    MFG

    Sim-Off:

    Ich hoffe, es ist in Ordnung, dass ich die Richter bereits versammelt habe, doch ohne sie können wir nicht beginnen.


  • Potitus erschien spät zur Entsühnung, aber nicht zu spät. Genau der richtige Zeitpunkt für den wichtigsten und mächtigsten Mann Roms. Vierundzwanzig Liktoren bahnten ihm seinen Weg durch die Zuschauer. Eiligst versuchten die Menschen auszuweichen, was in dieser Menge nicht einfach war. Sie stolperten übereinander, stöhnten, wenn sie gegen andere gequetscht wurden. Freiwillig auszuweichen war immer noch besser, als von den Liktoren gestoßen zu werden. Trotzdem wurde dem Praefectus Urbi, dem Stellvertreter des Kaisers, zugejubelt. Seine Klienten waren geschickt unter den Zuschauern verteilt und sorgten, teilweise recht grob, dafür, dass die Umstehenden mitjubelten.


    Salinator selbst erschien in feierlichem Ornat, seine Toga strahlte nahezu weiß im Sonnenlicht, der breite, vornehme Purpurstreifen bildete einen kräftigen Kontrast dazu. Die Sklaven hatten ganze Arbeit geleistet, diese Toga in elegante Falten zu legen. Hoheitsvoll grüßte er in die Menge, während er auf das hölzerne Podest zuhielt, um dort seinen Platz einzunehmen. Schon kurz darauf ging die ganze Sache los, der Rex Sacrorum begann mit der Einleitung.

  • "Oh, ihr Götter, ich hoffe so sehr, dass die Götter und vor allem Diana sich wieder besänftigen lassen. Es wird sicher gut gehen, was meinst du?" wisperte Serrana ihrer Freundin zu und wippte wie diese ebenfalls auf den Fußspitzen auf und ab, allerdings mehr aus Nervsosität denn aus Neugier.
    Und dennoch, aller Nervosität und Aufregung zum Trotz, genoss sie es unglaublich, endlich wieder ein Teil des Cultus Deorum und in diesem Moment im Priesterinnnenornat an diesem Ort zu sein, an dem diese für das weitere Wohlergehen Roms so wichtige Zeremonie stattfinden würde.
    Als der Rex Sacrorum schließlich seine Stimme erhob, hing Serrana daher förmlich an seinen Lippen, nickte automatisch das eine oder andere Mal und sah dann anschließend neugierig und abwartend zu den Iudices hinüber.

  • Der Tag der Entsühnung mit den Götter war endlich gekommen, auch wenn kaum noch jemand daran geglaubt hatte - oder? Naja, den anwesenden Menschenmassen nach zu urteilen schien man sich an den Frevel im Hain der Diana durchaus noch zu erinnern, obgleich die aggressive Stimmung unter der Bevölkerung, die in den ersten Tagen nach der Schändung aufgeflaut war, zum Glück schnell wieder nachgelassen hatte. Was wollte man auch mehr? Der Schuldige war letztendlich gefunden worden und nun würde er endlich für seine Tat büßen. Was interessierte es die Menge da noch großartig, dass der Kerl bereits seit Wochen (oder gar Monaten) tot war. Erstaunlich war da schon eher, dass nach all der langen Zeit noch so viel von dem Übeltäter übrig war was es lohnte, in einem Schauprozess vorzuführen und anschließend ans Kreuz zu schlagen.


    Sicher kein schöner Anblick das … und ganz sicher nicht der Grund, weshalb Prisca heute anwesend war. Diese Geschichte war für sie - wie für alle Aurelier - mehr als unangenehm gewesen und wenn man die vielen Todesfälle in der Familie betrachtete, so hatten die Götter bereits mehr als deutlich ihren Zorn zum Ausdruck gebracht. Celerina, Corvinus, Orestes, Imbrex, Cotta, Narcissa All den Toten im Gedenken hoffte die Aurelia inständig, dass nun endlich auch wieder Ruhe in der Familie einkehren würde, nachdem man den Schauprozess (hoffentlich bald) zu Ende gebracht hätte.


    Und so stand sie nun zwischen all den anderen hochherrschaftlichen Zaungästen - umringt von ihren Leibwächtern - und hatte eigentlich nur Augen für eine ganz bestimmte Person. Ganz oben stand diese und es war kein geringerer als … Mein Mann! Natürlich, wer sonst? Wie er da stand, hoch oben auf dem Podest und an der Seite der wenigen mächtigen Männer Roms, ... wenngleich es sich bei dem Präfekten um einen ausgesprochenen Widerling handelte, wie Prisca nebenbei und mit einem flüchtigen Blick auf den Vescularier feststellte ...


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  • Mit einigem Erstaunen und einiger Überraschung beobachtete Macer das Auftreten der Liktoren. Es waren viele - so viele, dass er schon vermutete, der Kaiser wäre völlig überraschend persönlich anwesend. Aber dann kam doch nur der Praefectus Urbi. Und sonst niemand, zu dem diese Liktoren noch gehören konnten. Unsicher zählte Macer grob nach. Es waren tatsächlich 24. So viele, wie nur dem Kaiser zustanden und in der Republik einem Dictator. Macer seufzte leise, als ihm klar wurde, dass das nicht ohne folgen bleiben konnte. Der eine Skandal war gerade dabei, endlich bereinigt zu werden, da bahnte sich der nächste schon an.

  • Die Sonne scheint, der Himmel lacht... Diana schien nicht gerade um ihre gute Laune gebracht. Also insofern war dieses ganze Trara um ein Ewigkeiten zurückliegendes Ereignis, das keine wirklich bedeutenden Folgen nach sich gezogen hatte, ziemlich übertrieben. Trotzdem kam Victor natürlich seiner Bürgerpflicht nach und wohnte dem Ereignis bei. Bei Sonnenschein an der frischen Luft zu stehen, war sowieso eine wesentlich angenehmere Form der Entsühnung, als irgendwelcher Viecher durch die Gegend zu tragen.


    Es schien ein furchtbar langweiliger, aber doch angenehmer Frühlingstag zu werden... zumindest, bis sich der Salinator mit einem Auftritt präsentierte, der eines Kaisers würdig war. Allerdings auch nur eines Kaisers... Am Liebsten hätte sich der Octavier ja darob zwecks Fremdschämung die Hand vor die Stirn geschlagen, aber das Klatschen hätte noch jemand als begeisterten Applaus missverstehen können. So knirschte er nur mit den Zähnen und fragte sich nicht zum ersten Mal, ob er nicht irgendwann ganz furchtbar den Tag bereuen würde, an dem er um eine neuerliche Anstellung als curator gebeten hatte.


    Nachdem der rex sacrorum auch endlich mit seinem Sermon anfing, lohnte es sich aber auch nicht über verschüttete Milch nachzugrübeln.

  • Livineia kannte noch nicht ganz soviele Gesichter wie ihr Bruder, was vermutlich vor Allem am 'Frausein' lag - sie war noch nicht allzu oft raus gekommen. Ein paar Gesichter kannte sie noch von der Sponsalia von... wie hieß sie gleich? Aurelia Flora, oder? Auf jeden Fall war es eine Aurelia. Aber nicht einmal eine vorteilsbedachte Livineia konnte sich die alle merken. Nicht in so kurzer Zeit. "Ja, das ist wahr." stimmte sie hierbei aber zu. Die beiden kannte sie, natürlich, waren sie doch entfernte Verwandte. Aber eben auch nur knapp, darum fiel es ihr schwer, die Ähnlichkeit auszumachen. Aber wichtig aussehen, das konnten sie beide. Richtig so.
    Salinators Auftritt quittierte sie nur mit einem vielsagenden Blick Richtung Bruder. Sie hatte ihn bisher noch nicht persönlich getroffen, aber dennoch wusste sie gleich, um wen es sich handelte. Sein Auftritt hatte also dem Zweck der Sache gedient. Imposant, nicht nur seine Aufmachung. Auch sein Bauch. Trotzdem, wie sie ihn so sah, war er anders, als in ihrer Vorstellung. Er wirkte hoheitlich, nicht plebejisch. Und das missfiel ihr. Er nur einfacher Pöbel. Pöbel, der es aus irgendeinem Grund weit geschafft hatte. Mochten die Götter wissen, wieso - sie wusste es nicht. "Gigantisch, mh?" flüsterte sie und schmunzelte den Bruder an. Er kannte ihr Meinung und wusste gewiss, wie er ihre Worte zu deuten hatte. Da war sie sicher. Dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit allerdings wieder dem Geschehen zu. Und immer einmal wieder Salinator.

  • Zitat

    Original von Iunia Serrana


    Der Auftritt Salinators war nicht zu übersehen. Die dicht gedrängte Menge teilte sich vor ihm wie es einst das rote Meer für Moses tat. Wenn man den Blick über die anwesende Nobilitas gleiten ließ, konnte man, trotz des aufbrandenden Applauses, viel Stirnrunzeln sehen. Der Auftritt war nicht nur pompös sondern dreist. Die Botschaft war eindeutig: Seht mich an, ich bin der mächtigste Mann im Reich! Ich bin dem Kaiser gleichgestellt! Ein Skandal lag in der Luft.
    Serranas geflüsterte Worte lenkten sie dann aber von der Betrachtung des Vesculariers ab. „Das Wetter ist gut und fast ganz Rom hier versammelt, ich denke Diana wird uns Menschen unsere Fehler verzeihen. Zumal der Senat und der Cultus Deorum wirklich alles auffahren, was in ihrer Macht steht!“ wisperte sie zurück und richtete anschließend ihre Aufmerksamkeit auf den Rex Sacrorum. Seine Worte wurden von dem lauen Wind weit getragen.

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