Mit einer herrlichen Blütenpracht hatte der Frühling Einzug gehalten. Nach dem regnerischen, stürmischen und ungemütlichen Winter war die Sonne eine Wohltat. Doch es würde wohl nur wenige Wochen dauern, bis das schöne Wetter der drückenden Hitze des Sommers weichen würde.
Kleine fluffige weiße Wolken zogen am Himmel ihre Bahn und der Tempel der Diana erstrahlte im Licht der Sonne. Der Marmor war fast reinweiß, die kleinen vergoldeten Intarsien blendeten beinahe die eintreffenden Priester. Es war allein dem unermüdlichen Einsatz unzähliger Sklaven und Ministri zu verdanken, dass der Tempel wie neu erstrahlte. Für diesen wichtigen Tag hatte man weder Kosten noch Mühen gescheut. Es war der große Tag der Entsühnung und alles an diesem Tag sollte perfekt sein. Zumindest nach Maßstab der Menschen. Die Götter hatten ja ihre eigene Vorstellung von der Ordnung.
Dem Wetter nach zu urteilen, waren die Götter, besonders Diana ihnen scheinbar wohlgesonnen.
Viel zu viel Zeit war vergangen, viel zu lange hatte man den Pax Deorum auf die leichte Schulter genommen. Nur weil der Zorn der Götter sich nicht offenbarte, hieß das noch lange nicht, dass sie nicht noch immer grollten. Die Götter vergaßen nie, so hieß es doch.
Prachtvoll war der Tempel der Diana auf dem Aventin anzusehen. An diesem Tag war jede Arbeit niedergelegt. Zahlreiche Herolde hatten den Tag der Entsühnung in der ganzen Stadt verkündet, was zur Folge hatte, dass die Menschen zahlreich zum Vorplatz des Tempels drängten. Ein Meer aus Blumen lag zu Füßen der großen Abbildung Dianas im Tempel. Vor allem Frauen hatten diese kleinen Gaben der Göttin gebracht.
Fliegende Händler drängten sich durch die Menge, boten getrocknete Früchte, Nüsse, Wein und auch andere kleine Köstlichkeiten an, weil der Tag doch lang werden sollte. Auch der ein oder andere Taschendieb schlängelte sich zwischen den vielen Leibern hindurch.
Zuerst eine symbolische Gerichtsverhandlung, man wollte schließlich den Schuldigen einem Gerechten urteil zukommen lassen. In den Straßen Roms machte schon seit einer gewissen zeit das Gerücht die Runde, das man den Frevler gefasst hatte. Jeder wollte einen Blick auf den Mann werfen, der sich dieser unfassbaren Tat schuldig getan hatte. Den Frieden der Götter zu stören, war eine unglaubliche Tat.
Nach dieser Gerichtsverhandlung würde das eigentliche Opfer stattfinden, danach eine feierliche Prozession. Der Höhepunkt des Tages würde wohl die Kreuzigung des Frevlers an der Via Appia sein.
Einige Schlitzohren waren bereits seit den frühen Morgenstunden dort um die besten Plätze in der ersten Reihe an bezahlendes neugieriges Volk zu verkaufen.
Die Prozession würde anschließend ihren Weg zum Hain von Nemi fortgeführt werden um die Lustratio und die Neuweihung durchzuführen.
Alles war bereit.
Neugieriges Volk ausdrücklich erwünscht!
[SIZE=7]GC[/SIZE]