"Schilde hoch!!!" gellte es von rechts vorne, wo der Helmbusch des Centurio sich nach links drehte, um seine Männer im Blick zu haben. Schon fast routinemäßig hob Priscus sein Scutum etwas höher und senkte den Kopf dahinter. Nur die Halbkugeln der Helme lugten etwas über den Schildrand hinweg. Mit einem hässlichen "Klong Klong Klong" flogen wieder ein paar der Schleuderbleie gegen die Schilde der Männer. So schnell der Beschuss angefangen hatte, so schnell hörte er auch wieder auf. Die IX. Cohors, die zu einem guten Teil aus Frischlingen bestand, stand in der zweiten Schlachtreihe, flankiert von den erfahreneren Einheiten. So sollten sie langsam an den Gegner gewöhnt werden, ohne die erste Schlachtreihe durch zu frühe Flucht zu gefährden.
Priscus hatte jegliches Zeitgefühl verloren, es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, seit am Mittag die ersten Truppen des Salinator aufgetaucht waren. Nervös hatte er den Heerwurm gesehen, auch seine Kameraden waren etwas geschwätziger als sonst, was den Centurio wiederum dazu gebracht hatte, für Ruhe zu sorgen. Doch die erste Aufregung war verflogen, es blieb das Gefühl eines Steines im Magen zurück, wie zu viel fettes Essen. Die Kolonnen waren am Fluss entlang marschiert und auch wenn Priscus nicht alles sehen konnte, so war es doch scheinbar so, dass das Ziel der Kolonnen der Norden war. Fast ein wenig enttäuscht hatten die Milites dagestanden, die Hände auf den Schild gestützt und hatten gewartet. Man unterhielt sich leise und immer wieder deuteten die Männer zu den Kolonnen. "Wann fangen sie endlich mit dem Beschuss an?" fragte Macer, der hinter Priscus im vierten Glied stand und zu den Geschützen schielte. Noch machten die Mannschaften keine Anstalt zu feuern. "Sind außer Reichweite," brummte ein älterer Kamerad aus dem letzten Glied nach vorne. Einige Köpfe drehten sich nach dem Mann um. Fast gelassen wirkte Marcus Vibius Pictor, einer der Veteranen. "Die Saubande plant irgend etwas," fügte er wissend hinzu. Priscus verfluchte diese wortkargen Veteranen, aus ihnen bekam man nur schwer etwas heraus, sie teilten nur kleine Bruchstücke ihres Wissens mit den für sie noch feuchten Frischlingen.
Irgendwann hatte sich dann der Ruf "Schleudern!!!" von Cohors zu Cohors gepflanzt, zwischen den Stäuchern im Vorfeld waren einige Plänkler aufgetaucht und hatten für etwas Unruhe gesorgt. Als dann auch noch der Schwenk der Legion dazu kam, waren die einzelnen Züge etwas ins Stocken geraten, doch nicht ernsthaft. Die vordere Schlachtreihe bekam das meiste ab, nur einige wenige Eicheln waren bis zur IX. hinübergeflogen und ohne viel Schaden anzurichten von den Schilden aufgehalten worden. Wie eben gerade, als wieder ein paar dieser Eier daherschwirrten, kaum zu sehen, aber auf die Entfernung nicht mehr so gefährlich. Nun sahen sie von weitem, wie ihnen genau gegenüber eine Legion in Schlachtaufstellung gerade dabei war, den Übergang über den Fluss zu beginnen. Auch weiter nördlich konnte man Truppenteile erkennen, die sich bereit machten, den scheinbar flachen Fluss zu durchqueren. Langsam wurde es ernst, dachte Priscus. Alle Augen waren auf die Feldzeichen gerichtet, alle Ohren horchten auf Kommandos und Signale der Bläser. Irgendwo schlug die Querstange eines Vexillums gegen den Schaft, alle Nerven waren gespannt.