Frauen - der Iulier verstand sie nicht und er wollte sie auch gar nicht verstehen. Dennoch kam er nicht umhin sich zu wundern, wie ihm die Sergia eben noch die gespielte Freundlichkeit in Person plötzlich so schnippisch antworten konnte. Da versuchte er ganz nach ihrem Wunsch eine Maske aufzusetzen, die jedermann sagte, dass er mit der Sergia hier war, weil er sie liebte und mit ihr hier sein wollte. Er erkundigte sich zuvorkommend nach ihrem Befinden - und sie?? Nein, einmal mehr fühlte sich all dies hier falsch und verlogen an. Wo nur war Serapio? Und ging es ihm gut?
Dives blickte wieder stumm zurück in die Arena, wo soeben der nächste Programmpunkt eintrat. Die Kleine - denn von der Tribüne wirkten da unten wohl alle nicht sehr groß - stand da wie ein Häufchen Elend, eben eine Sklavin, eben eine zum Tode verurteilte Mörderin auf ihrem letzten Gang. Dass man ihr anschließend nur noch einen Schal aus Seide, denn so war es ja angesagt worden, in die Hände gab war... schade. Einerseits würde das Ding so nun wahrscheinlich gleich der ersten Attacke des Bären erliegen; andererseits könnte man den später wohl blutbefleckt, -verschmiert oder gar -getränkten Seidenschal schlichtweg wegschmeißen. Und wenigstens aus der Ferne sah der wahrlich nicht übel aus...
In diesem Moment beugte sich seine Begleiterin zum Duumviralicius und klang auf einmal wieder nett. Wie konnte sich das so schnell ändern? Und vor allem: Woher kam dieses auf und ab? Nein, Dives wollte es eigentlich gar nicht wissen! Er lächelte müde zurück und verkniff sich auch nur ein Wort zu antworten. Seine Stille schien sie ja wieder freundlich gemacht zu haben und wenngleich er sie weder liebte noch übermäßig mochte, so war doch ein ruhiger, skandalfreier Auftritt mit ihr noch immer besser als unentwegt mit ihr streiten zu müssen beziehungsweise von der holden Dame angezickt zu werden.
Während die Sergia sodann ihre Flüsterattacke ansetzte, brüllte sich die dem sterben nahe Barbarin unten in der Arena die Seele aus dem Leib. Der Iulier versuchte sich darin beiden Frauen gleichzeitig wenigstens ansatzweise zu folgen - und blieb anschließend gleich doppelt sprachlos zurück: Denn seine Begleiterin schien sich ganz spontan (?) überlegt zu haben, diesen Ausflug gleich zu einer Verlobungsveranstaltung verwandeln zu wollen! Die schien - leider - ziemlich genau zu wissen, was sie wollte, wenn man bedachte, dass sie ihn bei ihrem ersten Treffen in die zeugenlose Zusage zu einer ehelichen Verbindung erpresst hatte, bevor sie nun also bei ihrer zweiten Begegnung die Anwesenheit hunderter Zeugen (auch wenn das wohl kaum alle Leute hier mitbekommen würden) zu einer waschechten Verlobung nutzen wollte. Verdammt!
Und womit nun schockte die fast schon tote Sklavin, die just nun den Bären auf sich zusteuern sah, den gewesenen Duumvirn? Nun, man stelle sich vor, wie sein Leben vielleicht schon bald aussehen würde: Er würde in Ehe mit der Sergia zusammenleben, während er mit seiner und sie mit ihrer Affäre schliefen. An soetwas wie eine Hochzeitsnacht wollte Dives weder jetzt noch überhaupt jemals denken - zumindest nicht mit dieser oder irgendeiner Frau. Würde das beschriebene Szenario folglich - ob nun wahr oder gelogen, so schien es doch wenigstens möglich - auch ihn eines Tages ereilen? Würde seine Frau ein zu uneheliches Kind (ergo eins, das auf den ersten Blick nicht von ihm sein konnte) kaltherzig ermorden oder von einer ihrer Sklavinnen umbringen lassen? Würde sie diese Sklavin als Mitwisserin um die wahren Umstände anschließend auch vor einen Bären bringen? Nachdenklich musternd blickte er seine Begleitung an. Wäre sie fähig jemanden zu verletzten oder gar umzubringen? Doch da war es eben wieder: Sie kannten sich von zwei Begegnungen - der heutigen eingerechnet - und folglich weit weniger, als dass der Iulier auch nur ansatzweise dazu in der Lage wäre sie einigermaßen verlässlich einzuschätzen.
"Ich... werde sehen, was sich machen lässt.", erklärte Dives anschließend mechanisch, während er aufstand und ihr kurz seine rechte Hand auf ihre linke Schulter legte, bevor er hernach dem Geschehen entschwand. Denn sei es wie es sei, saß er wohl so ziemlich in der Klemme. Er würde die Sergia so oder so mehr als nur wahrscheinlich irgendwann heiraten. Was sollte er das Ganze trotz aller Umstände noch großartig herauszuzögern versuchen? Zudem war es ja auch nicht nur so, dass diese Frau eh ein viel zu zielstrebiges Tempo in dem, was sie tat, an den Tag legte. Nein, irgendwo hatte der Duumviralicius auch die Hoffnung, dass sein Leben wieder leichter werden würde, wären sie erst einmal Ehemann und Gattin. Jetzt müsste also irgendwie ein Ring her...