Das Schwert des Damokles, welches Manius Maior kurz nach der Retoure des Manius Minor über dessen Haupt angebracht hatte, es musste bald hinabsausen, musste den Knaben seiner Infantilität berauben und gleich jener Riten zukünftiger Saecula, wenn nicht zum Ritter, so doch zum Manne schlagen, obgleich er mindestens noch beinahe dreier Jahre entbehrte, ehe er einer derartigen Initiation adäquates Alter erreicht haben mochte, obschon nicht einmal das gebräuchliche Datum herangerückt war, da man diesen Tag in der Urbs Aeterna gemeinsam mit dem Fest des Liber Pater und seiner Gemahlin zu zelebrieren pflegte. Indessen mochte zumindest das Klima nicht grundlegend von jenem divergieren, welches gewöhnlicherweise auch während der Liberalia die Stadt zu beherrschen drohte, das an diesem seit geraumer Zeit nun präparierten Tage nämlich deplorablerweise just einen jener selbst im Oktober überaus limitierten Wolkenbrüche erwählt hatte. Dem jungen Flavius, seines Zeichens der zentrale Akteur der heutigen Festivität, erschien dies freilich überaus angebracht, denn eben jene Wetterlage vermochte seine innersten Gefühlsregungen aufs Trefflichste zu exprimieren, während er selbst hierzu keineswegs in der Lage war, nachdem er nicht einmal die Courage gefunden hatte, seinen Vater über jenes Unwohlsein bezüglich der überaus verfrühten Mannbarkeit zu informieren, ja generell kein dispensables Wort an ihn gerichtet hatte, sodass es ihm nun verblieb, sein Antlitz in jene Ausdruckslosigkeit zu hüllen, welche er auf zahllosen familiären, sozialen, politischen und religiösen Veranstaltungen unterschiedlichster Natur perfektioniert hatte, obschon seine Amme ihn in jüngsten Tagen stets ermahnt hatte, er möge jene ihr finster erscheinende Miene gegen eine freundlichere vertauschen.
Eben jene Amme stand nun an der Seite seines Leibsklaven Patrokolos, seines Paedagogus Artaxias, seines Grammaticus und mit Ausnahme seiner noch immer im fernen Ravenna weilenden Mutter sämtlicher Personen und Sklaven, welche für seine Edukation Sorge getragen hatten und noch trugen, vereint mit der kompletten Familia Flavia, neben den flavischen Herrschaften selbstredend auch die schier unermessliche Schar der flavischen Klienten inkludierend, im mächtigen Atrium der Villa, wo selbst die Verblichenen, repräsentiert durch die Büsten der flavischen Imperatoren und die Imagines all jener patrizischen Flavii, wohlwollend auf die Lebenden herabsahen und somit an jener Feierlichkeit zu partizipieren schienen.
Sie alle erwarteten rastlos jenes Ritual, welches den Knaben zum Manne und Minimus zu Manius Flavius Gracchus Minor, einem vollwertigen Quiriten mit sämtlichen Rechten und Pflichten der Civitas Romana machte. Und doch schien zumindest Iuppiter Pluvius nicht geneigt, dies widerspruchslos geschehen zu lassen, denn konstant plätscherten feine Tropfen, ausgedünnt vom langen Flug durch die hohe Atriumshalle, vom Compluvium in das Impluvium und signalisierten somit, dass die meteorologischen Konditionen für die an das häusliche Opfer anknüpfende Deductio in foro keinesfalls geeignet sich gerierten, sodass man den Entschluss gefasst hatte, all dies eine Weile hinauszuzögern, um eine Melioration der vorliegenden Umstände zu erwarten, was den Knaben in nicht geringe Unrast zu stürzen geeignet war, während er, angetan ein letztes Mal mit jener goldenen Bulla, welche er erst seit seiner Rückkehr aus dem Exil wieder offen zu tragen wagte, und der Toga Praetexta, welche er, so die Götter es gestatteten, eines Tages neuerlich zu tragen gedachte, an der Seite seines Vaters unweit des festlich geschmückten Lararium stand.
Selbstredend sind sämtliche Familiaren der Flavia Gens ebenso wie deren Klienten geladen.