[Officium I] Legatus Augusti pro Praetore

  • Nachdenklich rieb Ravilla das gepflegte Kinn, an welchem nicht ein Bartstöppelchen zu sehen war. "Bei den Gesprächen in Bezug auf mein Tribunat wurden mir die aktuellen Probleme und Möglichkeiten dargelegt. Ich konsultierte Vertreter der Legio, doch fanden auch die Belange anderer Einheiten ihre Berücksichtigung. Der Offiziersstab verzeichnet eine recht homogene Einschätzung der Sachlage. Ich möchte auf dieser Basis einen konkreten Vorschlag unterbreiten, welchen ich in den einsamen Nächten in meinem Officium ausgearbeitet habe."


    Einem Fächer gleich breitete er die Unterlagen auf dem Schreibtisch des Legaten aus, Statistiken, Pläne zur Finanzierung, Gutachten der Späher, welche das Gelände und dessen Bodenbeschaffenheit ausgekundschaftet hatten. Herzstück der Papyri war jedoch eine detaillierte Geländekarte, die das aktuelle Straßennetz der Region abbildete. Ravilla drehte die Unterlagen so, dass Aemilius Nepos bequem hineinsehen konnte.


    "Die anberaumte Operation Sommergewitter bedarf eines würdigen logistischen Unterbaus. Truppen und Material wollen zügig und sicher verlagert werden. Nach Sichtung der Karten kamen wir zu dem Schluss, dass eine Erweiterung des Straßennetzes in die Tiefe von Germania Magna hinein ein empfehlenswertes Unterfa"ngen sein könnte, um die Wasserstraßen der Classis zu ergänzen." Unausgesprochen blieb, dass nicht nur in der Ala, sondern auch in der Legio inzwischen die Rede war von einem möglichen Verräter in den Reihen der Classis, so dass man auch in dieser Hinsicht auf ein zweites Standbein setzen wollte. "Bevor ich dich mit Details belästige, bitte ich um deine Einschätzung. Oder vielleicht liegen dir zunächst Fragen auf dem Herzen?"

  • "Gut" Nepos lächelte. " Ich denke die Berichte werden den Tatsachen entsprechen doch bin ich mir sicher das die Situation um einiges undurchsichtiger ist. Was die Logistik betrifft so bin ich eher skaptisch. Ein kurzer Gedankenschwenk.....Germanicus Cerretanus tauchte auf.......


    " Wie dem auch sei. Es war eine Abteilung der ALA längere Zeit im "feindlichen" Gebiet und musste feststellen dass es sich nicht um eine Einzelaktion eines einzelnen Stammes handelte sondern es bildete sich eine Koalition. Desweiteren wurde eindringlich davor gewarnt dass an der südlich gelegenen Grenze zu Noricum, Pannonia Superior die dortigen Stämme sich rüsten. Aber nun...sei so nett und erläutere mir deine Gedanken und Ideen."

  • "Ein militärischer Vorstoß bedarf, wie gesagt, einer entsprechenden Logistik. Angedacht ist der Bau einer Militärstraße hinein in jene Gebiete, die nicht durch Wasserstraßen erschlossen sind." Sein manikürter Finger strich über die Karte. "Hier. Die Straße würde nicht nur helfen, unsere Truppen zu versorgen, sondern auch dafür sorgen, dass die Germanen, welche in diesem Gebiet ansässig sind, die Vorzüge der Romanisierung genießen könnten. Sie hätten direkten Anschluss an das römische Handelsnetz. Wer mit Rom handelt, an Rom verdient und die Vorzüge der Zivilisation kennenlernt, hat weniger Anlass, sich der Barbarei und Aufsässigkeit hinzugeben."

  • Nachdenklich runzelte der Aemilier die Stirn. Strassen waren notwendig, natürlich. Eine erung3nschaft die Rom zur Spitze getrieben hatte. Von den Persern abgesehen. Aber.....


    " Was war zuerst. Das Huhn oder das Ei? Tribun?"

  • Dies oft zitierte Rätsel schien Ravilla simpel zu beantworten: "Das Ei natürlich, denn auch die Urmutter aller Hühner wurde nicht geboren, sondern gelegt, sonst wäre sie per definitionem kein Huhn gewesen. Doch wie darf ich den Bogen spannen zu unserer Situation, Legat?" Seine eigenen Gedanken brachten keine Auflösung. Tribun Seius Ravilla ging jedoch davon aus, die Situation würde sich sogleich klären.

  • " was mich zu weiteren Fragen bringt. Was war zuerst....Strassen oder Zivilisation? Ich möchte nur wissen wie wir eine Strasse errichten wollen in Gebieten die nicht " zivilisiert" sind. Möchtest du eine Legion abstellen um den reibungslosen Ablauf zu gewährleisten? In der momentanen Situation und den darliegenden Meldungen wäre zivilisieren doch vorrangig. Oder? So ganz ohne Probleme ist dein Vorhaben nicht zu bewältigen."

  • "Nun, die Straßen bringen die Zivilisation, so wie es im gesamten Imperium erfolgreich gehandhabt wurde und wird, Legat. Straßen sind die Pulsadern einer jeden Großmacht. Man denke nur, vergleichbar, an die Königsstraße der Parther, einem weltweiten Handelsweg, der sich bis nach Cappadocia erstreckt, oder die Seidenstraße der fernen Ostlande. Doch gehe ich davon aus, dass wir nicht über den unbestreitbaren Nutzen eines Straßennetzes diskutieren, sondern vielmehr die Möglichkeiten abwägen."


    Ravilla lehnte sich etwas zurück und verschränkte die Finger, da sie momentan nicht über die ausgebreiteten Unterlagen sprachen, so dass er seinem Gegenüber ins Gesicht zu schauen vermochte.


    "Zunächst möchte ich noch einmal verdeutlichen, dass es natürlich nicht 'mein' Vorhaben ist", sagte er lächelnd, "sondern die Planung in den letzten Wochen gemeinsam mit dem Stab der Legio erfolgte. Ich spreche folglich nicht als ehrgeizige Einzelperson, sondern als pflichtschuldiger Vertreter der Legio XXII Primigenia zu dir. Man würde den Bau, so er genehmigt würde, organisatorisch in meine Hände legen.


    Um deine Fragen zu beantworten: Der Bau von Straßen gehört seit jeher zu den regelmäßigen Aufgaben einer jeden Legio. Insofern müsste die Legio nicht eigens abgestellt werden, sondern der Bau würde sich nahtlos in ihre alltäglichen Aufgaben einfügen. Bei der Absicherung der Materialtransporte für den Bau könnte uns womöglich die Ala unterstützen, doch die Legio ist durchaus in der Lage, dies auch selbst zu gewährleisten."


    Sim-Off:

    Ravilla möchte gern die Quest "Bau einer Militärstraße" absolvieren. :) Link (zweite Marmortafel von oben)

  • Nepos wischte sich über die Nasenflügel. Es taxierte sein Gegenüber. Seianer,...Plebs,...Senator...Tribun,...und vor allem Jung! Jung und voller Elan, Ehrgeiz,...voller Leben. So wie er selbst einst. So wie einst Bassus.

    Zorn wallte in ihm auf, Zorn auf die Götter, die Germanen,...Zorn auf Alles und jeden der auch nur ansatzweise tangierte was ihn bedrückte.

    Nun Tribun, mir ist geläufig welche Aufgaben eine Legion hat. Seine Augen bohrten sich in die Stirn des Seianers.

    Wie beiläufig beugte er sich über eines der Manuskripte auf seinem Tisch.

    Was glaubst du wer bewacht den Limes während du die ohnehin knappen Ressourcen der XXII für den Bau nutzt? Was glaubst du angesichts der momentanen Gefahren durch Gefolgschaften kann die Ala erübrigen um Baumaterial zu eskortieren?

    Es dürfte sich auch bis zur XXII. herumgesprochen haben, daß wieder eine Bande ihr Unwesen trieb. Er dankte den Göttern für diese Kerle bei der Ala...

    Er sah auf. Was glaubst du sagt unser Caesar dazu? Sollen wir so tun als wäre nichts und Strassen bauen?

    Aulus stand auf und umrundete seinen Schreibtisch. Vor dem Tribun blieb er stehen.

    Sag´mir, Tribun,...was sagt unser Kaiser dazu? Wo liegt momentan die Priorität? Im Spaten? Nepos sah aus dem Fenster. Oder im Schwert?

    Bala schwebt seit jeher eine Strafexpedition vor...und dieser Bursche wollte eine Strasse bauen.


  • Ravilla hob pikiert die sauber gezupften Brauen, nachdem er gerügt wurde, eine zuvor gestellte Frage beantwortet zu haben in einer Manier, als hielte er den Legatus Augusti pro praetore für imbezil. Doch gehörte paradoxes Gebaren zweifelsohne zu den Gepflogenheiten in jenen Kreisen der Macht, das auszuhalten er gefordert war, wünschte er seinerseits jenen Weg zu beschreiten.


    Ruhig sprach Ravilla also: "Spaten und Schwert ergänzen einander, Legat. Eine umfangreiche Missio wie die Operation Sommergewitter steht und fällt mit der Logistik. Zweifelsohne ist der Straßenbau keine Aufgabe, die dazu geeignet ist, Ruhm auf dem Schlachtfeld zu erlangen, nichtsdestoweniger ist sie notwendig, um eben militärischen Erfolg zu einem späteren Zeitpunkt zu ermöglichen."


    Konsterniert betrachtete er die Pläne, die noch immer auf dem Schreibtisch aufgefächert lagen, und die vorzubereiten viele Wochen in Anspruch genommen hatte. Nachdem Ravilla die Planung in Kooperation mit Offizieren der Legio, der Ala und der Classis durchgeführt hatte, war für ihn nicht damit zu rechnen gewesen, dass ihm in der Regio ein Wind von solch arktischen Temperaturen entgegenschlagen würde.


    "Man hat mir glaubhaft versichert, die Legio XXII Primigenia besäße die notwendigen Kapazitäten zum Straßenbau, so wie jede Legio, und die Ala könne die Absicherung der Transporte gewährleisten. Sollte sich das inzwischen geändert haben, so ist diese Information nicht zu mir vorgedrungen, und ich bitte um Verzeihung, dich mit dem Anliegen behelligt zu haben."

  • Natürlich war der Gute jetzt ein wenig irritiert.


    Und das war auch gut so, es mochte ja sein, daß er in ein paar Jahren diesen Sessel hier innehatte, aber jetzt hatte er sich zunächst einmal zu fügen…wer herrschen will muss erst einmal dienen lernen.


    Es wurde dir versichert? Nun so wie ich die Dinge sehe verlässt sich der Legatus Legionis zu sehr auf die Ala und ihre Suchen und Vernichten Missionen. Die XXII ist immer noch nicht auf Sollstärke und nach Abzug der II. ein Haufen aus Veteranen und Jungspunden. Die Einsatzbereitschaft und Kampfstärke ist beileibe noch nicht da wo wir angesichts der momentanen Situation sein sollten.


    Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und fixierte den jungen Tribun, der ein wenig ratlos auf die mitgebrachten Pläne spinxte.


    Aber du hast natürlich Recht! Für das schnelle militärische Agieren und Reagieren sind gut ausgebaute Strassen unerläßlich. Bei deinem Bauvorhaben und der zur Verfügung stehenden Zeit deines Tribunats würden wir jedoch mindestens ein Drittel der vorhandenen Legionäre in den Strassenbau schicken und sie so von den dringend notwendigen Formaldienst und Gefechtsübungen fernhalten…das Bauen erschöpft, die Männer sind ausgelaugt und müde. Weitere Kohorten abstellen für die Bewachung der Bauabschnitte und Zuwege. Du weißt was Wachdienst mit einem Kämpfer macht?


    Er ließ die Frage wirken. Sollte der junge Mann doch einmal über den Tellerrand hinaus blicken. Nepos beugte sich nach vorne.


    Bald ist Frühling, da werden die Barbaren wieder ein wenig ruppiger,…weil ihre Vorräte erschöpft sind, sie ausgehungert sind. Das treibt auch weiter entfernte Stämme an den Limes und darüber hinaus,…der übrigens auch weiter ausgebaut und bewacht werden muss.


    Wieder lehnte er sich in seinem Sessel zurück.


    Was also würdest du an meiner Stelle auf eine solche Anfrage hin tun? Die ohnehin dezimierten Truppen in den zivilen Bau schicken und die einzig kampferprobte und –bereite Einheit über ein vernünftiges Maß hinaus belasten? Und kommt mir nicht mit Erhebungen! Die Methode Sklaven oder bezahlte zivile Kräfte in den Strassenbau zu schicken bedeutet nur mehr Zeit für das Projekt, mehr Beaufsichtigung, Mehrkosten für Verpflegung und Heilfürsorge, Alles in Allem ist das Produkt auch weniger befriedigend,…die Sklaven wollen nicht und die hiesigen Völker können nicht, beim Iupiter! Die latschen doch noch auf Trampelpfaden ihrer Urahnen!


    Von denen aus sie seinerzeit seinen Vorgänger, den Pechvogel Varus den Garaus gemacht hatten,…zusammen mit seinen drei Legionen. Was für eine Schande…was für eine Verschwendung…

    Wieder fixierte er den jungen Mann,…ja,…so ist das wenn man glaubt etwas bewirken zu wollen. Aber er war nicht abgeneigt, …keineswegs. Der Bursche sollte ihn eben nur überzeugen.

  • "Ich muss einräumen, dass ich mit den Folgen des Wachdienstes auf Körper und Geist nicht aus eigener Erfahrung vertraut bin, Legat. Anzunehmen ist eine fatale Wirkung infolge der Monotonie infolge des Schlafmangels, welchem zum Trotz es die Konzentration aufrechtzuerhalten gilt. Ich meine deinem Hinweis zu entnehmen, dass der Bau der Straße wohl möglich wäre, in Anbetracht der geringen Stärke der Legio jedoch die Soldaten über die Gebühr hinaus zermürben und ihre Kampfkraft nachhaltig schwächen würde."


    Nachdem er diese Dinge zusammengefasst hatte, sinnierte Ravilla einige Augenblicke. Dann nahm er eines der Dokumente zur Hand, welches den Querschnitt einer Straße zeigte. Dies diente nicht der Information des Legaten, welcher über derartige Details bestens im Bilde war, sondern einzig der Veranschaulichung ihrer Diskussion:


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    "Geplant war zunächst der Bau einer Via publica in der Bauart einer Via munita, wie sie auf dieser Illustration zu sehen ist. Bei den Transporten, welche die Ala sichern sollte, handelte es sich demzufolge vor allem um schweres Rohmaterial. Ich erlaube mir, auf der Grundlage unseres Gesprächs folgenden Vorschlag zu unterbreiten: Anstelle dieser aufwändigen Straße könnten wir eine blanke Via terrena ziehen, eine einfache Straße aus planierter Erde. Damit kämen wir beim Bau nicht nur schneller voran, sondern es würden obendrein die Transporte von Stein, Schotter und deren Sicherung obsolet."


    Nun zog er ein zweites Dokument daneben. Er tippte mit seinem manikürten Zeigefinger, an welchem ein goldener Ring funkelte, auf den Plan zur Finanzierung, welcher die Preiskalkulationen für solche Materialmengen beinhaltete.


    "Dies würde sowohl den zeitlichen Rahmen als auch die Belastung des Haushalts nach meiner Schätzung um gut zwei Drittel minimieren. Mit dem eingesparten Geld könnten Zusatzrationen an Wein und eine Prämie für die Soldaten finanziert werden, um die Moral der Truppe trotz der vorübergehenden Verschärfung der Bedingungen aufrecht zu erhalten. Wenn die Dienstpläne es erlauben, kann die Zeitersparnis obendrein für den einen oder anderen freien Tag aufgewendet werden, so dass die Männer sich von den Strapazen erholen können. Freilich nicht alle Milites zeitgleich, sondern versetzt.


    Insgesamt würde die Änderung der Pläne hin zu einer Via terrena zu einer deutlichen Entspannung führen, Legat."

  • Eine Via Terrana? War der Kerl bei Trost? Worum ging es hier? Um Beschäfigungsmaßnahmen?

    Die ohnehin schon vorhandene Zornesfalte auf Nepos´Stirn wuchs.

    Was? Du bist hier nicht in Italia, Syria oder sonstwo im mediterranen Klima. Hier gibt es Regen, Schnee, Nebel. Eine Via Terrana mit gestampften Lehm verwandelt sich hier sehr schnell in Matsch, besonders wenn sie stark benutzt werden soll. Ich bin nicht überzeugt Seianus.

    Nepos stand auf und glitt an dem gutriechenden, perfekt gepflegten Tribun vorbei an eines der großen Fenster.

    Er sah hinaus, über den Markt, das Forum, er konnte das Drususdenkmal erahnen.

    Seine Hände verschränkten sich hinter seinem Rücken.

    Nach einer unerhört langen Weile meinte er,

    Ich genehmige nichts nur um des Bauens Willen, das bringt weder mir noch dir etwas. Eine via terrana ist für unsere Breiten und Bedürfnisse nicht praktikabel. Ich wünsche mir einen Ausbau der vorhandenen Strassen, einen Ausbau der Limeszugänge, einen Ausbau der etwas bringt, einen der uns überdauert, ich wünsche mir Ersuchen bei der Legio XXI, der Legio VIII als Bau- und Wachmannschaften, der Ala I Flavia Singularum zur Transport- oder sonstwas Sicherung. Es müssen feste Feldlager für jeden Bauabschnitt errichtet werden,...oh, lieber Seianus,...Germania Magna ist ein heißes Pflaster, da kannst du nicht mal eben rein und etwas bauen.

    Germania Magna...sollte hier ein Geländegewinn und somit ein Prestigegewinn für ihn,...und natürlich auch für den Seianer.

    ...grundsätzlich bin ich nicht abgeneigt, werde dein Anliegen Caesar vorbringen. Aber dazu bedarf es mehr als feuchtwarme Träumchen ohne handfeste Fakten.

    Auch er hatte Vorstellungen und Pläne, die samt und sonders an den lokalen Gegebenheiten scheiterten.



  • Bala stampfte am Scriba vorbei und seine Wache platzierte sich vor der Türe die sie hinter ihm zuzog.

    Was willst du mir vorbringen guter Nepos?

    Oh er liebte es einfach welche Wirkung er auf seine Umgebung hatte. Er löste seinen Mantel und warf ihn über einen der schweren Sessel um sich hiernach am vorzüglichen Falerner zu bedienen. Er nahm einen tiefen Schluck und wandte sich zu den beiden Männern um.

    Lepos´Besuch war ein fein herausgeputzter Tribun. Er glaubte ihn sogar schon einmal gesehen zu haben, aber nicht hier,...in Roma.

    Nickend trat er vor die beiden, den Pokal in der Hand. Nun...?!

  • Nepos fing sich relativ schnell. Typen wie Caesar kannte er zuhauf, in Roma wimmelte es von ihnen. Nichtsdestotrotz sollte man diesen hier nicht unterschätzen. Er war nicht nur ein unglaublicher Narziss, ein machtbewußter Ränkeschmied, er war auch noch ein Zyniker, liebte die Komödie und nahm seine Umgebung scheinbar nicht für voll. Doch Nepos wußte es besser. Dieser Kerl war hellwach und absolut riguros seine Interessen zu wahren.

    Salve dir oh Caesar, nun der Gute Seianus hat Vorschläge zum Bau einer Strasse...aber bitte, Seianus, trage doch dein Ansinnen dem Caesar vor. Dabei kam er nicht umhin sich vorzustellen, daß es dem Seianer sicherlich mulmig war. Wer stand schon vor einem Caesar und musste ihn von seiner Vision überzeugen.

  • "Seius", wagte Ravilla mit dünnem Lächeln zu korrigieren, sich fragend, ob die Anrede mit dem Namen des berüchtigten Prätorianerpräfekten, dessen Blut in seinen Adern floss, tatsächlich ein Versehen sein mochte. "Galeo Seius Ravilla, Tribunus Laticlavius der Legio XXII Primigenia. Salve, Caesar Appius Aquilius Bala. Momentan debattieren wir über die Optionen zum Bau einer Straße durch das Barbaricum. Vielleicht möchtest du deine werte Meinung zum Sachverhalt äußern?"


    Das Erscheinen dieses Mannes mochte das Zünglein an der Waage sein. Entsprechend schwungvoll zog Ravilla die Karte mit dem Netz der verzeichneten Straßen der Provinz und des angrenzenden Teils von Germania Magna hervor, um sie lesefreundlich vor dem Caesar zu positionieren.


    "Konkret geht es um eine Verbindung von hier", er tippte auf Mogontiacum, "nach da." Er zog mit dem Finger eine Linie quer durch die Wildnis hin zu einer bekannten germanischen Siedlung, welche mit Rom seit Jahren eine fruchtbare Handelsbeziehung pflegte.


    "Über Sinn und Zweck des Straßenbaus im Allgemeinen zum Wohle der Legio und der Zivilisation muss ich wohl nicht referieren. Gegenwärtig sind die Händler angehalten, einen Reiseweg von einer halben Woche in Kauf zu nehmen, indem sie einem Trampelpfad zur Seite des mäandernden Flusses folgen. Die neue Straße soll abseits des Flusses quer durch dieses bislang unerschlossene, aber bereits kartografierte Areal führen. Aufgrund der Verkürzung der Wegstrecke sowie der breiteren Straße würde die Reisezeit sich auf einen Tag verkürzen, zudem wäre künftig der Transport von Waren mittels Karren eine Option, was gegenwärtig aufgrund des Geländes nicht infrage kommt.


    Ich glaube, darüber, dass besagtes Bauvorhaben seine Berechtigung hat, sind der Legatus Augusti pro Praetore und meine Person uns bereits einig." Er gab dem Aemilier mit einer Pause Gelegenheit zu widersprechen. "Zum Zeitpunkt deines erfreulichen Erscheinens, Caesar, waren wir gerade dabei, die Vorteile einer Via publica gegen jene einer Via terrena gegeneinander abzuwägen."

  • Bala rieb sich nach der Korrektur des Namens das Kinn. Dann beugte er sich über die Karte, nicht ohne einen Blick auf Nepos zu werfen, dem das Ganze hier ganz offensichtlich nicht ganz so behagte. Natürlich machte es Sinn eine Strasse zu bauen. Besonders wenn dadurch Versorgungsgüter schneller transportiert werden konnten. Das Problem war nur, wer schützte die Strasse?

    Sie hatten ohnehin zuwenig Männer in diesem Abschnitt und das Problem Roms waren die langen Grenzen mit fehlender Mannstärke zu bewachen und aufkommenden Bedrohungen effizient zu begegnen.

    Hmm,...im Prinzip eine gute Idee, wenngleich diese Strasse einen Vorstoß in feindliches Gebiet darstellt,... wir okkupieren hier quasi das Gelände für die Strasse um von hier aus mit einer Siedlung aus Kollaborateuren und deren Umland schnell in den Handel zu treten. Seine dunklen Augen blitzten wie ein Wintergewitter. Er bleckte die Zähne und meinte,

    Das macht die in den Augen ihrer germanischen Nachbarn vergleichsweise reich und zum lohnenden Ziel für gelegentliche Überfälle, aber auch die Strasse zum Focus für Plünderer und Wegelagerer...prima,...das reizt diese dann weniger hierher zu uns zu kommen,....ja...durchaus interessant,...wie stellst du dir die permanente Sicherung der Strasse vor?

    Ein tiefer, stechender Blick in die Augen des Tribunen folgte der Frage.

    Ein paar Benefitzarierstationen dürften da wohl nicht ausreichen?! Willst du die erwähnte Siedlung befestigen und besetzen?...oder die Bewachung der Stasse in die Verantwortung des Oberhauptes oder oje,...Königs der Siedlung legen.

    Er hob seinen Becher, immer noch den Blick auf den Tribunen gerichtet. Da stellte er fest, daß der Becher leer war und sah nun die beiden vor ihm an.

    Es war eine Unerhörtheit, daß man hier keinen Mundschenk hatte, oder zumindest einen Sklaven, wobei...er selbst hatte die Türe bewachen lassen.

  • Nepos grinste innerlich über die Sicht des Caesar. Er zog aus allem einen Nutzen. So war er schon als Knabe, kalkulierend, abwägend. Manche behaupteten er habe eine alte Seele. Aber das war Unsinn, es gab Menschen die eben alles mit dem Verstand regelten, ultima ratio quasi.

    Als er des Caesars Blick bemerkte wollte er schon nach Kimon rufen, aber sie waren ja unter sich. Er selbst würde wohl kaum nachfüllen, schließlich war der Seianer der rangniedrigste hier. Mal sehen ob er sich bald bewegte.

  • "Wir stehen mit den Kollaborateuren bereits im Handel, Caesar. Diesen auszubauen ist eines meiner Anliegen. Teile und herrsche." Dass Ravilla trotz seiner Jugend wusste, wovon er sprach, ergab sich aus seiner Biografie. Als Spross kappadokischer Adelsfamilien war ihm die Kunst der Befriedung und ihre Werkzeuge von Kindesbeinen an unterrichtet worden. Einzig das Feld war diesmal ein anderes, doch gedachte er, die Methoden, welche er für erfolgversprechend hielt, auch an der germanischen Grenze anzuwenden.


    "Wir stoßen mit der Straße nicht allein in das Herz des germanischen Landes vor, sondern auch ins Herz des germanischen Volkes. Sie ist ohne Frage eine gewaltige Provokation!" Diesen Satz ließ er einen Moment wirken, denn jene Wirkung war keineswegs ein bedauerlicher Nebeneffekt. "Es ist ausdrücklich keine Eroberung geplant, sondern eine Verlagerung im Wechselspiel der Kräfte, die in Zukunft den Druck von der Grenze nehmen soll. Ganz klar soll die Regentschaft und Sicherung der Siedlung in germanischer Hand bleiben. Ein germanischer Fürst über germanische Truppen wird für die Sicherung der Straße sorgen. Das Imperium leitet langfristig keine Geldmittel oder Truppen nach Germania - dies wäre eine unerhörte Verschwendung von Finanzen und Menschenleben - sondern schafft die logistische Basis dafür, dass die Siedlung in Zukunft von sich aus die nötige wirtschaftliche Kraft aufbringen kann, um für ihren eigenen Schutz zu sorgen."


    Ravilla ließ nun ab von den Unterlagen und blickte zwischen den beiden Männern hin und her, welche das Ansinnen nun billigen oder ablehnen würden. "Die Siedlung wird wirtschaftlich gedeihen, Caesar und Legatus. Sie wird Handwerker anziehen, Handel mit Rom treiben. Durch die Gewinne wird sie ihre eigene Truppen unterhalten können, regiert von einem Fürsten, welcher Rom wohlgesonnen ist. Diese Siedlung wird strahlendes Vorbild sein, dass eine Kooperation mit Rom auch in Germania magna zu Aufstieg und Blüte führt, ohne Verlust der Autarkie - eine deutlich effektivere Blüte, als kleinliche Stammesfehden oder gar ein offener Krieg gegen das Imperium es je vermögen würden."


    Doch hatte Ravilla in weiterem Umfang geplant. Mochte er in seiner gepflegten Erscheinung und seiner Freude an Dramatik auch wie ein schauerlicher Fehlgriff des Kaisers wirken, der diesen jungen Mann mit solch einem Posten betraute, so zeigte sich nun, dass hinter dieser Fassade ein scharfer Geist ruhte, der nicht zögerte, ganze Teile eines Volkes wie Figuren auf einem Spielfeld zu verschieben:


    "Wie hängt dies mit der Operation Sommergewitter zusammen, möget ihr fragen? Dies offenbart sich, wenn wir eine säkuläre Prognose der Zukunft wagen: Die Siedlung der Kollaborateure wird alsbald den Neid und Zorn jener Germanen wecken, welche heute mit Vehemenz gegen den Limes drängen. Die Agressoren werden alsdann die Richtung ihres Zorns ändern, um in glühendem Eifer gegen die Siedlung der Kollaborateure Sturm zu laufen. Dann, Caesar und Legatus, ist es an der Zeit, in die Offensive gehen - nicht als Invasoren, welche blutige Rache üben, sondern als Beschützer unserer germanischen Freunde auf einem Schlachtfeld, das wir selbst gewählt und in unserem Sinne vorbereitet haben."


    Der lachende Dritte würde Rom bleiben. Das gesamte Bauvorhaben diente dem strategischen Ansinnen, die germanischen Stämme gegeneinander auszuspielen, vom Limes abzulenken und eine gigantische Rattenfalle zu erschaffen, in welcher die feindlichen Stämme in den folgenden Jahren ihre Krieger verschleißen würden - ganz ohne Kosten und Risiko für Rom, von dem Preis für eine einzige Straße abgesehen.

  • Bala vergaß ob der nichtendenwollenden Informationen, nicht verifizierter Fakten und hübsch umschriebener Mutmaßungen seinen leeren Becher. Er lehnte sich mit beiden Händen auf die Tischplatte und dachte bei sich, daß dieser Ravilla wohl den richtigen Berufsweg eingeschlagen hat. Bala richtete sich auf und verschränkte die Arme vor der Brust.

    Gut ...baue die Strasse...ich werde das beobachten...sollte alles so eintreffen wie du es voraussagst werde ich höchstpersönlich dafür sorgen, daß du deinen Platz finden wirst. Er wandte sich um nahm seinen Mantel auf und warf ihn sich mit einer fließenden Bewegung um. Noch einmal sah er den jungen Seianer an.

    ...allerdings auch wenn du versagst. Seine Augen blitzten kurz auf. Daß dieser in einer Arena sein würde dürfte hing schwer im Raum. Nepos,...du hälst mich auf dem Laufenden. Kurz darauf stampfte Bala zur Türe, riss sie nahezu auf und stutzte kurz. Vor seinen zur Seite gleitenden Wachen stand ein schmächtiger, blasser junger Mann. Ah,...Kimon...Bala hämmerte ihm im vorbeigehen die schwere Hand auf die Schulter Du solltest mal wieder an die Sonne gehen! grinste er ihn wölfisch an. Dann nickte er den Praetorianern zu und verschwand mit ihnen.

  • Wie vom Blitz getroffen stand Kimon vor den Praetorianern und bevor er sie mit seiner Absicht den bewachten Raum betreten zu wollen konfrontierte flog die Türe auf und Bala erfüllte seine Aussicht.

    Kurz darauf explodierte seine rechte Schulter und in der Folge knickte sein rechtes Knie ein. Mit verzerrten Lächeln nickte er rüber die Lebensratschläge Caesars. Er hatte sich im Grunde seit der gemeinsamen Jugend nicht wirklich verändert. Immer noch ein humorvoller Mann mit eindeutig zuviel Kraft.

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