• Endlich war er schließlich gesalbt und angetan, wie es sich für diesen Tag geziemte: eine frische, sorgsam gebleichte und damit dem Kleide eines Candidatus nicht unähnliche Tunica mit den leuchtenden Purpurstreifen eines Senatorensohnes hatte man ihm bereit gelegt, darüber eine ebensolche Toga (selbstredend ohne einen Latus Clavus, welcher nur Magistraten und Sacerdotes zuzustehen pflegte) und ein Paar güldene, gedrehte Armreife, wie auch den gleichermaßen güldenen Ring, den sein Vater ihm zu seinen Liberalia vermacht hatte. Da der Tag seiner Geburt auf den Festtag des Iuppiter Liber gefallen war und dieser gleichsam als sein diviner Patron zu titulieren war, dem er in Ermangelung eines eigenen Genius an diesem Tage zu huldigen pflegte, fühlte der Knabe sich ohnehin seltsam an jenen Tag vor zwei Jahren zurückversetzt, welcher ihm damals doch ob seiner Immaturität überaus unplaisierlich im Andenken verblieben war. Hatte er damals erst vierzehn Lenze gezählt, so war er nun mit sechzehn Jahren in jenem Alter, welches eigentlich dazu bestimmt war, einen Knaben seiner Bulla zu berauben und die Toga Virilis zu bescheren. Konträr zum Tage seiner Liberalia hätte dieser Tage wohl auch die Darbringung seiner ersten Rasur keinerlei Umstände bereitet, da doch seit einiger Zeit die ersten Barthaare unter seiner Nase spriesten, deren Stutzung ob ihres überaus gemächlichen Wachstums am heutigen Tage wieder nicht von Erfordernis gewesen war, doch immerhin bereits drei Male des barbierlichen Messers bedurft hatten. Similär zum damaligen Festtage hingegen war wohl das Fehlen seiner geliebten Mutter, obschon diese in jenen Tagen lediglich entfernt von Rom verweilt und somit die Hoffnung wach gehalten hatte, sie in Kürze wieder in die Arme zu schließen, während am heutigen Tag die schmerzliche Gewissheit bestand, dass dies nimmermehr geschehen würde, ehe der junge Flavius im Elysium mit ihr sich wieder vereinen mochte.


    In jenem düsteren Gedanken verweilend betrat der Jüngling endlich das Atrium, wo zweifelsohne bereits seine Anverwandten wie die Dienerschaft ihn erwarteten, um ihm seine Aufwartung zu machen und womöglich bereits mit Präsenten zu überhäufen.

  • Nicht fehlen darf unter den Gästen zweifelsohne Iullius Flavius Fusus, welcher den Gracchus Minor längst (auch ohne gegenseitige explizite Versicherung) als seinen neuen besten Freund erachtet. Mögen sie voneinander noch so verschieden sein, so bildet er sich im Mindesten doch diese besondere Verbindung zu jenem 'Onkel' ein, wie er ihn bisweilen - und dies auch korrekterweise, ob des gegenseitigen Verwandtschaftsverhältnisses - zu nennen pflegt. Nicht zuletzt ist diese besondere Verbindung entstanden aufgrund der extensiv gemeinsam verbrachten Zeit, auch im Studium der Rhetorik bei ihrem gemeinsamen Lehrer.


    Folglich steht er mit seiner Sklavin Vulpes im Schlepptau bei den anderen Gästen, überlässt den primären Vortritt aber noch den Verwandten ersten Grades, um mitunter auch dem von Fusus sehr geschätzten Vater des Jubilaren nicht den Moment zu stehlen. Seine Leibsklavin hält indes in ihren Armen das vorbereitete Präsent, welches für Außenstehende derzeit noch nicht erkennbar scheint. Lediglich ein großes, weiches Bündel kann man erahnen, dessen äußere Hülle zumindest aus einem feinen Stoffe zu bestehen scheint. Intention des Iullus ist es dabei allerdings auch, zumindest in der zweiten Reihe der Gratulanten zu weilen und sogleich im Anschluss an Gracchus Maior und dessen jüngsten Spross seine Glückwunsche zu übermitteln.

  • Hätte Sciurus nicht ihn am Morgen auf die Besonderheit dieses Tages hingewiesen - Gracchus hätte gänzlich darauf vergessen, und hätte Sciurus nicht vor Wochen bereits nach einem Präsent gefragt, Gracchus hätte an diesem Tage mit leeren Händen vor seinem Sohn gestanden. Da der Anlass privater Natur war, trug Gracchus nur eine terrafarbene Tunika unter einer auberginefarbenen Toga, kam indes nicht allzu lange vor seinem Sohn, um dem Zwang zu zwanglosen Gesprächen mit der Familie sich ein wenig zu entziehen. Als Minor in seiner strahlend weißfarbenen Toga das Atrium betrat stahl sich dennoch ein schmales Lächeln um seine Lippen, sah er doch bereits den großen Senator Manius Flavius Gracchus Minor vor sich - und somit zumindest ein Träger dieses Namens, welcher dem Imperium Romanum zu großem Ruhm würde verhelfen.
    "Minimus"
    , empfing der Vater den Sohn wie eh und je.
    "Alles Gute zu deinem Ehrentage!"
    Wie eh und je hatte er nicht allzu viele Worte für seinen Sohn - nicht etwa aus Gleichgültigkeit, sondern da Gracchus auch mit Minors Erwachsenwerden noch immer keinen Zugang zu seinem Nachkommen fand, da seine Kinder bisweilen ihm ebenso unerreichbar schienen wie ihre Mutter es stets gewesen war. Somit gab er nur Sciurus einen Wink, welcher mit dem Präsent hervor trat, ein länglicher Kasten aus dunklem Holz. Darin verbarg sich ein Gladius, kein einfaches Legionärsschwert, sondern ein aufwändig gearbeitetes Stück, welches zweifelsohne als Prunkwaffe sich würde eigenen - oder eben als Gladius eines Patriziers.
    "Ich hoffe sehr, du wirst es niemals be..nötigen, doch ein jeder Römer sollte sein eigenes besitzen."
    Ein unbekümmerter Geist mochte bei solchen Worten an jene fernen Gelegenheiten denken, zu welchen wilde Barbaren bis nach Rom hin drangen oder aber meuternde Sklavenscharen vor die Tore der Stadt zogen, ein von der nicht allzu fernen Vergangenheit geplagter Geist mochte sich der Notwendigkeit der Verteidigung im Falle eines Bürgerkrieges entsinnen, doch Gracchus hatte mehr jene letzte Gelegenheit im Leben eines Römers im Sinn, zu welcher er selbst eben diesem ein Ende setzte, denn der Anstoß dieses Geschenkes war eine überaus aufwühlende Angelegenheit gewesen, erwachsen aus der Not der Verzweiflung, das Geschenk selbst somit eine schlichte Notwendigkeit - denn auch wenn die Zukunft seines Sohnes bereits vorgezeichnet zu sein schien, nur die Parzen wussten, welche Wendungen es darin würde geben.

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  • Als Manius Minor endlich seiner Anverwandten ansichtig wurde, mühte er sich seinem Usus entsprechend, jene düsteren Gedanken hinsichtlich seiner toten Mutter und all jener Unzulänglichkeiten seines bisherigen Daseins beiseite zu schieben, sodass er ein gar genierlich anmutendes Lächeln präsentierte, welches bereits in einer für sein Alter bemerkenswerten Häufigkeit ihm abgenötigt worden war und zweifelsohne sich eignete, auch seiner Zukunft inmitten der hohen Politik Roms dienlich zu sein, wo doch in zahllosen Gesprächen, wie auch auf Wahlkampfauftritten und Gastmählern das Verbergen der wahren Emotionen eine inevitable Necessität darstellte.
    "Salvete!"
    , salutierte er die versammelte Schar gleich einem Patron, welcher des Morgens an dieser Stelle seine versammelte Klientel empfing, was in diesem Falle wohl durchaus adäquat erscheinen mochte, da neben den unmittelbaren Anverwandten auch einige der erweiterten flavischen Familia für den heutigen Tag nach der Salutatio im Hause verblieben waren, um auch dem Erben des Pater Familias ihre Reverenz zu erweisen.


    Dennoch waren aber selbstredend zuerst die Blutsverwandten an der Reihe, angefangen bei Manius Maior, welcher ihn, obschon er nun schon nahezu ein Dezennium nicht mehr der Kleinste der Flavii mochte sein, aufs Neue mit jenem despektierlichen Namen titulierte, den Manius Minor doch abzulegen sich so inständig wünschte. Dessenungeachtet vermied er hingegen auch an diesem Tage, der eigentlich sämtliche seiner Wünsche in Erfüllung gehen lassen bestimmt war, selbstredend einen verbalisierten Protest, sondern ließ lediglich sein Lächeln gefrieren, um jene ausdruckslose, dem unbedarften Publikum womöglich gar viehisch anmutende Miene aufzusetzen, mit der er seinen Vater schon seit seiner Rückkehr aus Cremona in jeder Situation bedachte. Zugleich begann er bereits zu erwägen, welches Präsent Sciurius ihm mochte erwählt haben (dass sein alter Herr sich persönlich mit derartigen Überlegungen belastete, vermochte er ohnehin nicht anzunehmen, zumal auch die bisweilen stupende Einfallslosigkeit der paternalen Präsente dies zu konfirmieren schien), um nicht aufs Neue sich durch die Desillusion über seinen Erzeuger zu quälen. Für eine güldene Kette (wie er sie bereits vor zwei Jahren hatte erhalten) erschien das hölzerne Kästlein indessen inadäquat geformt, sodass der junge Flavius endlich eine Buchrolle vermutete, obschon solche (wie etwa im Vorjahre) für gewöhnlich in einem ledernen Zylinder überreicht wurde. Als es geöffnet ward, erkannte der Knabe hingegen sofort, worum es sich handelte, und war widerstrebend genötigt sich einzuräumen, dass jene Gabe ihn in höchstem Maße erfreute, da sie doch seiner Passion, welche er für das Militärische seit dem Bürgerkriege und dem Vorsatz, eines Tages die paternale Bringschuld in jenem Bereich durch eigene Leistungen auszuräumen, beständig hegte, aufs Vortrefflichste entsprach. Unweigerlich formte sich somit ein neuerliches, aufrichtiges Lächeln auf seine Lippen und seine Augen begannen zu leuchten, obschon sie selbstredend außerstande waren, jenseits der unikaten Form der Waffe deren spezifische Machart, die einzelnen Verzierungen oder lediglich das Material der einzelnen Partien zu identifizieren.
    "D...danke, Vater!"
    , brachte er endlich hervor und griff mit höchster Umsicht, als handele es sich nicht um eine Kriegswaffe, sondern vielmehr um ein fragiles Tonkunstwerk oder ein frisch geschlüpftes Tierjunges, in die Schatulle, fuhr über den glatten Griff, der augenscheinlich aus Elfenbein war gedreht worden, um ihn endlich zu umgreifen und seine Waffe in die Höhe zu halten, was seinerseits ein admirierliches Raunen der versammelten Familia, wie auch ein offenes Strahlen des Knaben evozierte. Einige Male drehte und wendete der junge Flavius den Gladius in seiner Hand, nahm von dem beachtlichen Gewicht der kurzen Klinge Notiz und legte es endlich an seinen Platz zurück, da eben jenes Gewicht ihm doch binnen kürzester Zeit beschwerlich zu werden begann. Aufs Neue blickte er schließlich in die Augen seines Vaters, respektive jene verdunkelten Flecken inmitten des Schemen seines Antlitzes, da er sich doch genötigt fühlte, seiner Dankbarkeit nochmaligen Ausdruck zu verleihen:
    "Ein famoses Geschenk!"
    Jene spärlichen Worte waren indessen das einzige, was er hervorbrachte, da ihm nun doch gewahr wurde, dass es sich hierbei um das Schwert eines Feiglings handelte, womit jener fade Beigeschmack goutierlich erschien, dass Manius Maior, dessen Furcht ihn vor seinem Gebrauch abhielt, das ungeliebte Stück womöglich hatte weitergereicht, um sich von der Pflicht seines Gebrauch auf symbolische Weise ledig zu sprechen. Intuitiv brach sich somit eine weitere Frage Bahn, die verbalisiert war, ehe Manius Minor auch nur den Gedanken zu einem Ende gebracht hatte:
    "Ein Erbstück?"
    Wie er doch allzu gut wusste, hatte sein Großvater seiner Zeit als Militär und Statthalter sich verdient gemacht und in den Bürgerkriegen um die republikanische Verschwörung aufseiten des Divus Iulianus gefochten, ebenso wie die flavischen Imperatoren jene Unsummen, auf denen noch heute der Reichtum der Flavii ruhte, durch das Führen von Kriegen, nicht zuletzt des Bellum Iudaicum im Osten des Reiches, hatten angehäuft, was jene Frage durchaus nicht allzu ferne erscheinen ließ und womöglich ihren akkusatorischen Beiklang unter dem Schleier der Familientradition verbarg.

  • Obgleich er selbst gewohnt war zu jeder Gelegenheit ein adäquates, doch häufig unaufrichtiges Lächeln um seine Lippen zu legen, hatte Gracchus oftmals Schwierigkeiten damit, dies bei anderen als Gegebenheit zu erkennen, nahm darob auch Minors Freude stets als wahrhaftige Reaktion an, so dass ihm zumeist gänzlich verborgen blieb, was tatsächlich im Inneren des Jungen vor sich ging. Die Freude jedoch, welche der Gladius auf Minors Antlitz evozierte, schien ihm trotz allem ein wenig zu viel für eine Waffe, für welche er selbst so wenig Enthusiasmus konnte aufbringen, gleichwohl war sie ihm ein wenig fremd an seinem Sohn, so dass sie eben aus diesem Grunde ihm ersonnen schien, wiewohl er in der Frage nach einem Erbstück ein verzweifeltes Hoffen glaubte, dem Präsent durch Historie und Relation zu seiner Familie zumindest noch einen geringen Wert abzuringen
    "Nein, kein Erbstück"
    , entgegnete der Vater ein wenig betrübt, diese Hoffnung nicht erfüllen zu können, suchte indes das Geschenk anderweitig noch ein wenig aufzuwerten.
    "Kein Mann hat je diese Klinge geführt, kein Blut wurde durch sie ver..gossen, sie wurde aus norischem Stahl einzig und allein für dich geschmiedet."
    Sofern es nach Gracchus' Sinn ging, würde an den ersten beiden Tatsachen sich auch nichts ändern, Minor das Schwert ohnehin nur an die Wand seines künftigen Officium hängen und es niemals von dort wieder abnehmen - dies würde erst nach seinem Tode geschehen, wenn es allfällig in sein Grab würde beigelegt werden. Gleichwohl nahm er sich fest vor, seinem Sohne zu dessen nächsten Geburtstag wieder ein besseres Präsent auszusuchen.

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  • Zwar schien die Hypothese durch die paternale Replik falsifiziert, doch konfundierte die Redeweise ihn doch in gewisser Weise, da doch die Betrübnis ihm nicht explikabel erschien. Als nun Manius Maior sich mühte das Präsent dennoch aufzuwerten, identifizierte Manius Minor dies insonderheit als einen impliziten Appell, die jungfräuliche Waffe mit dem Blut des Feindes zu weihen, zumal doch norischer Stahl von höchster Utilität auch bei der praktischen Nutzung war, während ein Zeremonialschwert womöglich von divergierender Machart, etwa Bronze oder Silber hätte sein mögen. Dies wiederum ließ deduzieren, dass seinem Vater durchaus die eigene Insuffizienz bewusst sein musste, während er sich zugleich doch zurücklehnte und seinem Erstgeborenen jene Hypothek auferlegte, obschon er selbst doch keineswegs in eine Gebrechlichkeit war vorgerückt, welche ihn von einer eigenen Aktivität hätte exkludiert.
    "Formidabel."
    , vermerkte er somit in nunmehr weitaus größerer Introvertiertheit, nickte knapp und wandte sich endlich seinem Bruder Titus zu, welcher nun an der Reihe war, ihm einen fraternalen Geburtstagsgruß zuzusagen und anschließend ein bescheidenes, seinem Alter angemessenes Präsent überreichte, wobei es sich um ein kleines Figürlein handelte, das einem Knaben vom Alter des jüngeren Flavius wohl durchaus zur Utilität mochte gereichen, einem Jüngling hingegen lediglich würde dienen können ein Regal zu dekorieren. Selbstredend schätzte Manius Minor dennoch die herzliche Geste seines Bruders und ließ einige Worte der Dankbarkeit, verbunden mit einem nunmals aufrichtigen Lächeln, erfolgen.


    Nun aber war der erweiterte Kreis der Anverwandten am Zuge, wobei der Jüngling insonderheit das Präsent seines lieben Iullus erwartete, gegen das er ob der bisherigen Exemplare, in welche dieser stets besonderes Herzblut investiert hatte, einen partikulären Vorwitz verspürte.

  • Bislang hatte sich Domitilla eher im Hintergrund gehalten. Schließlich war es angebracht, all jenen den Vortritt zu lassen, die im Verwandtschaftsverhältnis wesentlich enger zu dem Jubilar standen. So verbrachte die Flavia ihre Zeit vorerst damit, im Stillen zu beobachten. Zweifelsohne konnte sie sich davon überzeugen, dass ihr Neffe zu einem vortrefflichen jungen Mann herangewachsen war, der es, da war sie sich ganz sicher, noch sehr weit bringen würde. Im Grunde war ihm sein vorgeschriebener Weg bereits in die Wiege gelegt.So wie die meisten männlichen Vertreter ihrer Gens würde auch er den Cursus Honorum beschreiten. Inwieweit er erfolgreich damit war, würde sich in einigen Jahren noch zeigen.


    Selbstredend war Domitilla nicht ohne ein Geschenk erschienen. Ihre eigene Leibsklavin Candace hatte sie damit betraut, ein passendes Präsent auf den Märkten Roms zu erstehen. Böse Zungen mochten wohl behaupten, dies geschah allein nur deshalb, weil sie sich selbst nicht den Kopf darüber zerbrechen wollte, was man dem Neffen angedeihen lassen könnte.
    Nach einem nicht enden wollenden Vormittag in der Stadt, war Candace schließlich mit drei potentiellen Varianten zu ihrer Domina zurückgekehrt. Zum einen hatte sie eine sündhaft treuere Tunika aus hellblauer Seide mitgebracht, die mit edlen Stickereien aus Goldfäden verziert war. Die Sklavin war sich relativ sicher, damit den Geschmack ihrer Domina getroffen zu haben. Doch Domitilla konnte nicht einmal ein müdes Lächeln dafür aufbringen. Gespannt harrte sie auf die zweite Variante. Auch hierbei hatte Candace darauf gehofft, auf Anklang zu stoßen. Denn ihre Domina war eine große Buchliebhaberin und bisher waren ihre Buchpräsente stets freudig aufgenommen worden. Doch auch diesmal war die Flavia alles andere als geneigt.
    Schließlich hatte die Leibsklavin ihren letzten Trumpf aus dem Ärmel gezogen, der zwar etwas ungewöhnlich war, aber für ein zufriedenes Lächeln ihrer Domina geführt hatte.

  • Ehe Fusus hingegen zum Zuge gelangte, trat seine ebenfalls geschätzte Tante Domitilla an ihn heran, um ihm zu gratulieren, was der Jüngling nutzte, um der überaus eitlen Dame (womit sie den jungen Flavius nicht wenig an seine Mutter erinnerte), ein dezentes Kompliment zu machen, welches indessen ob seiner zweifelsohne im Kreise der Familia nicht unbekannten Fehlsicht einer gewissen Modifikation bedurfte:
    "Tante Domitilla, wie ich bei deinem Eintreten sah, bist du heute aufs Neue eine Augenweide! Ich danke dir, dass du erschienen bist."

  • Auch Scato hatte es sich freilich nicht nehmen lassen seinem jungen ein Geschenk darzubringen. Er hatte sich tatsächlich ein paar Momente dafür genommen um sich darüber klarzuwerden, was dem jungen Gracchus denn weiterhelfen könnte.
    Er erinnerte sich an ihr Gespräch in der Bibliothek, darüber, dass Minor durchaus von den Legionen beeindruckt war. Etwas über die Armee also?
    ..Nein, er war immer noch Flavier, und als Flavier kam die Legion nicht in Frage, zumindest nicht in der Rolle des Kriegers. Darüber hinaus wollte er es sich nicht mit Gracchus verscherzen welcher sicherlich eine politische Laufbahn im Sinn hatte.
    Und eben genau diese hatte Scato auch eingeschlagen, mehr noch, während seiner Zeit in Achaia hatte er viel gelesen und studiert, besonders ein Buch so glaubte er zu wissen, half ihm besonders bei seiner Rede im Senat..


    "Manius Minor, ich habe es mir nicht nehmen dir ein Buch zu überreichen welches mir viel gelehrt hat und welches ich immer noch oft und gerne lese, bevor ich bei etwaigen Anlässen das Wort ergreifen muss.", Scato überreichte dem Jungen eine reich verzierte Buchrolle, "Es ist Ciceros Orator. Es wird dich viel über Rhetorik und das passende auftreten lehren, zumindest hat es mich viel gelehrt."

  • Zitat

    Original von Manius Flavius Gracchus Minor
    Ehe Fusus hingegen zum Zuge gelangte, trat seine ebenfalls geschätzte Tante Domitilla an ihn heran, um ihm zu gratulieren, was der Jüngling nutzte, um der überaus eitlen Dame (womit sie den jungen Flavius nicht wenig an seine Mutter erinnerte), ein dezentes Kompliment zu machen, welches indessen ob seiner zweifelsohne im Kreise der Familia nicht unbekannten Fehlsicht einer gewissen Modifikation bedurfte:
    "Tante Domitilla, wie ich bei deinem Eintreten sah, bist du heute aufs Neue eine Augenweide! Ich danke dir, dass du erschienen bist."



    Früher als gedacht, hatte sich der junge Flavius seiner Verwandten zugewandt und sie mit einem überschwänglichen Kompliment begrüßt. Trotz dass er sie abermals als „Tante“ tituliert hatte, was sie nun gar nicht mochte, fühlte sie sich durch den „kleinen Charmeur“ doch geschmeichelt. Der Junge wurde eben doch erwachen, und bei dieser Erkenntnis wurde auch ihre Wahl des rechten Geschenkes für ihren Neffen bestätigt. In wenigen Jahren schon, so war sie überzeugt, war es für ihn an der Zeit, gar selbst eine Familie zu gründen. Umso besser, wenn man für diesen neuen Lebensabschnitt bereits früh genug gewappnet war. Freilich hatte die Flavia keine Kenntnis von der jüngsten Exkursion ihres Neffen in ein gepflegtes Lupanar der Stadt.


    „Mein lieber Neffe, ich wünsche dir zu deinem Ehrentag nur das allerbeste!“, begann Domitilla und lächelte dabei hocherfreut. Scheinbar nebensächlich gab sie ihrer Candace ein Zeichen, damit die Sklavin nun das Präsent ihre Domina hervorholte. So konnte nun der aufmerksame Beobachter sehen, wie ein blutjunges hübsches Mädchen mit orientalischen Zügen, welches in eine recht freizügige seidene Tunika gekleidet war, hinter der Sklavin hervortrat und sich in einer recht demutsvollen Haltung neben der Flavia aufstellte.
    „Dies Manius Minor ist mein Geschenk an dich. Eine hübsche Wüstenblume aus Syria, zu deiner Entspannung, die dir deine freien Stunden versüßen soll.“ Die junge Sklavin wagte einen scheuen Blick auf ihren neuen Dominus zu werfen und verbeugte sich daraufhin. Erwartungsvoll schwebte Domitillas Bilck von der Sklavin hin zu ihrem Neffen.


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  • "Besten Dank, liebste Tante!"
    , replizierte der Jüngling auf die Gratulationen Domitillas mit einem genierlichen Lächeln, ehe ihm auch bereits das Präsent wurde unterbreitet, welches sich mit einem Male hinter der Sklavin ihrer Tante hervortat, als habe sich letztere in eine exotische Variation ihrer selbst dupliziert. Uneingedenk der Fehlsicht ihres neuen Herren trat die orientalische Schönheit neben Domitilla und verschwamm somit unvermittelt zu einem Schemen, an dem lediglich die große Fülle ihrer ebenholzfarbenen Locken, das längliche Antlitz sowie die jugendlichen Proportionen definabel erschienen, womit die Details ihrer beachtlichen Qualität dem jungen Flavius vorerst verborgen blieben. In infantiler Unschuld vermochte der Jüngling auch nicht unumwunden zu erkennen, welche 'Entspannung' die Wüstenblume ihm zu bereiten geeignet war, womit er sie für eine Art Masseuse hielt, ohne zu bedenken, dass sie womöglich insonderheit zur Massage spezifischer Körperpartien ausgebildet war.
    "Besten Dank!"
    , reproduzierte er somit seine erstliche Replik, wobei ihn doch ein wenig erstaunte, dass man ihm just ein Mädchen zum Geschenk machte, welches Obliegenheiten zu übernehmen imstande war, derer das flavische Hauspersonal zur vollsten Satisfaktion kapabel war.

  • Zitat

    Original von Caius Flavius Scato
    Und eben genau diese hatte Scato auch eingeschlagen, mehr noch, während seiner Zeit in Achaia hatte er viel gelesen und studiert, besonders ein Buch so glaubte er zu wissen, half ihm besonders bei seiner Rede im Senat..


    "Manius Minor, ich habe es mir nicht nehmen dir ein Buch zu überreichen welches mir viel gelehrt hat und welches ich immer noch oft und gerne lese, bevor ich bei etwaigen Anlässen das Wort ergreifen muss.", Scato überreichte dem Jungen eine reich verzierte Buchrolle, "Es ist Ciceros Orator. Es wird dich viel über Rhetorik und das passende auftreten lehren, zumindest hat es mich viel gelehrt."


    Auch der ältere der Milonen kam nicht umhin, dem jungen Gracchus seine Aufwartung zu machen, wie dieser mit einiger Freude zur Kenntnis nahm. Seiner zielstrebigen Art gemäß ging jener auch sogleich in medias res und holte eine Rolle hervor, die augenscheinlich das Präsent repräsentierte und dankenswerterweise direkt introduziert wurde, ehe der Jüngling war genötigt das gute Stück an Patrokolos weiterzureichen, um diesem die Identifikation der Gabe zu überlassen. Ciceros Orator war selbstredend ein Werk, den die Bibliothek der Villa Flavia Felix bereits sein Eigen nannte, da doch Cicero nicht umsonst als einer der größten Oratoren aller Zeiten galt und somit dessen gesamter Opus, einschließlich sämtlicher Briefe und Reden, zu jenen Standardwerken war zu zählen, die jeder, der anstrebte sich zu jenen von dem Tullier so gepriesenen Rhetores perfecti zu zählen, sein Eigen nennen musste. Dessenungeachtet mochte eine private Ausgabe des Buches zweifelsohne ihren Zweck ebenso erfüllen, da sie die Addition von Annotationen, Hervorhebungen und dergleichen würde gestattet, selbst wenn diese von Patrokolos einzufügen sein würden.
    "Ich danke dir, Caius. Es wird mir zweifelsohne eine gute Stütze sein!"
    , erwiderte er somit artig und nahm das geschmückte Buch, um dieses sogleich an Patrokolos weiterzureichen. Diesem würde es dann obliegen, jenes Präsent den übrigen auf einem Gabentisch unweit ihres Standortes hinzuzufügen.
    "Bald schon wird mein Studium enden, dann benötige ich sicherlich auch ein gerüttelt Maß an schriftlichem Rat!"

  • Schließlich und letztendlich eröffnet sich auch Flavius Fusus ein passender Moment, zu welchem er nunmehr - in Begleitung seiner Sklavin mit dem Präsente - vortritt, um dem Jubilaren seine Gratulation auszusprechen. Allen Erwartungen seiner Familienmitglieder entsprechend ist seine eigene Aufmachung aufwändig und gepflegt, wenn Gracchus Minor aus der mittlerweile gegebenen Nähe mit Sicherheit wohl auch nur zu beurteilen weiß, dass sein Kamerad erneut zur Farbe Blau hat gegriffen - welche gemessen an vergangenen Beobachtungen seiner Kleiderwahl als eine seiner bevorzugten Optionen anmutet. Überdies kann der Protagonist des heutigen Tages einen frischen, lieblichen Duft perzipieren als Fusus an ihn herantritt, um ihn herzlich zu umarmen und seine Wange zu küssen.


    "Meine allerbesten Wünsche, lieber Manius. Mögen die Götter dir allzeit gewogen sein und deine weiteren Schritte durch das Leben in Glück und Gesundheit gestalten."
    Als er sich mit einem strahlenden Lächeln von Gracchus Minor wieder löst, winkt er sogleich seine Sklavin herbei, welche unmittelbar darauf vortritt und das gehaltene Präsent präsentiert. Während sie es indes aus seiner Hülle befreit und zur Betrachtung und auf Wunsch auch der taktilen Untersuchung teilweise entfaltet, befleißigt sich Fusus als Referent über das Dargebotene.
    "Diese wunderschöne, cremefarbene Tunika habe ich eigens nach genauen Vorgaben und maßgeschneidert für dich anfertigen lassen. Sie ist aus feinstem, leichtem Leinen und den lati clavi als seidene Applikationen, welche wiederum von feinen, goldenen Stickereien eingesäumt sind und getreu dem Emblem unseres Geschlechts den Formen des Caduceus nachempfunden sind. Nach dem gleichen Motiv wurde ebenso dieser wunderbar weiche, helle Ledergürtel geflochten."
    Aus seinen Worten ist herauszuhören, dass Fusus selbst sehr positiv eingenommen und überzeugt ist von der Qualität seines Werkes und gewiss vergleichbare Geschenke auch selbst hätte gerne empfangen.
    "Dazu gehört - und fraglos sind beide Gewänder auch frei mit denen anderen kombinierbar - diese leichte Toga vom exakt selben Farbton. Ganz im Sinne einer klassischen toga pura habe ich hier auf allzu aufwändigen Zierrat verzichtet und lediglich die hohe Qualität des Materials sichergestellt, sowie den Saum rundherum mit einer schmalen, seidenen Kante und einer weißen, sehr dezenten Wiederholung des Caduceus-Musters einfassen lassen."
    Etwaigen skeptischen Beobachtern wird dabei sofort klar, dass mögliche Befürchtungen umsonst waren der gelegentlich etwas unkonventionelle Flavier diesmal nicht selbst Hand an die Produktion seiner Gabe gelegt hat. Die Machart ist von hoher handwerklicher Qualität und es besteht kein Zweifel daran, dass man sich mitnichten schämen müsse, in diesem Gewand anspruchsvollem Publikum entgegen zu treten.

  • Präsent reihte sich an Präsent, welches der junge Flavius artig entgegennahm, geleitet von einem adäquaten Lächeln und diversen Explikationen der Dankbarkeit und der Freude über das Erscheinen der jeweiligen Person. Endlich war schließlich auch sein geschätzter Iullus an der Reihe, welcher ja bereits vielfach durch extravagante Gaben das Augenmerk auf sich hatte gezogen, sodass der Jüngling bereits die gesamte Zeit über in freudiger Erwartung war verblieben, was ihm am heutigen Tage wohl mochte beschert werden. Nun, da es so weit war, galt es indes erstlich, die überaus cordialen Gratulationen zu empfangen, wofür Fusus sich des modischen Kusses bediente.
    "Ich danke dir, mein lieber Iullus!"
    , replizierte Manius Minor, nachdem sich jene Herzung, welche er selbstredend seinerseits hatte erwidert, gelöst hatte, um sogleich mit jenem Päckchen konfrontiert zu werden, welches ihn bereits seit geraumer Zeit erwartete.
    Als es jedoch eröffnet und sein betuchtes Interieur wurde entfaltet, da gefror das Lächeln des Jünglings für einen Augenschlag, da doch die vollmundigen Annunziationen des jüngeren Milonen Großartiges, ja Similäres womöglich zu dem Schwert, das sein Vater ihm übereignet hatte (obschon es in jenem Falle selbstredend gar des bitteren Beigeschmacks hätte entbehrt), hatten erwarten lassen, anstatt auf ein schnödes Kleid zu verweisen, welches Manius Minor zu jeder Zeit auf den geringsten Fingerzeig wäre angeschafft worden. Zweifelsohne war es überaus ansehnlich, soweit der junge Flavius dies zu identifizieren imstande war, schien von adäquater Größe und Form und gemäß den Explikationen des Schenkenden auch von überaus feiner Machart. Doch war es letztlich nichts weiteres denn ein Gebrauchsartikel, welchem Manius Minor für gewöhnlich wenig bis keinerlei Achtung zuzugestehen pflegte, sodass es letztlich schlicht in die Hände seines Vestiarius würde fallen, welcher ohnehin die Freiheit genoss, ihn in jedwede Stoffe zu hüllen, die ihm und der Mode der römischen Gesellschaft beliebten. Auch dieses Kleid würde somit in eine Truhe wandern, verborgen zwischen zahlreichen Tunicae in sämtlichen Farben des Regenbogens, um dann nach dem Gutdünken eines Sklaven hervorgeholt zu werden.
    Indessen wagte es der junge Flavius keineswegs, seinen Neffen zu desavourieren, indem er seine Gedanken hinsichtlich der Gabe verbalisierte, gänzlich zu schweigen von einer Absicht, Inkommodität jenem zu bescheren, weshalb er genötigt war sich ein neuerliches Lächeln abzuringen, geleitet von überschwänglichen Worten des Dankes:
    "Fusus, das ist ja überaus hübsch!"
    Intuitiv schnellte seine beringte Hand hervor, um den Stoff haptisch zu erfassen, wobei in der Tat zu konzedieren war, dass jenes Gewand von bester Machart war und sich durch überaus plaisierlichen Tragekomfort würde auszeichnen.
    "Wie weich - ich werde es mit Freuden tragen, sofern das Wetter dies zulässt!"
    , fügte er entsprechend an, da doch bald schon die herbstlichen Regenfälle über die Urbs Aeterna hereinbrachen und jenes durchaus nicht sonderlich wärmende Kleid seiner Utilität beraubten. Dann aber gab er Vulpes ein Zeichen, das Präsent neuerlich zu verpacken, um es Patrokolos zu reichen, ehe er Fusus noch einige Fragen zu stellen gedachte, um jenen überaus legitimen Zweifel an seiner Freude über Tunica wie Toga zu zerstreuen:
    "Woher hattest du meine Maße? Bist du etwa nächtens in mein Cubiculum geschlichen, um mich zu vermessen?"

  • Sich anschließend an die Herrschaften war nun das Gesinde an der Reihe, welches selbstredend nicht sämtlich in persona dem jungen Herrn zu gratulieren imstande waren, da dieser nicht geneigt war seinen gesamten Ehrentag mit jener Obliegenheit zu vergeuden, sodass Sciurius als Villicus in Vertretung aller sich Manius Minor zuwandte und ihm seine Verehrung versicherte. Hinzu trat das obligate Präsent der Dienerschaft, welches in einförmiger Weise jedem Jubilar des Hauses angetragen und so auch für den jungen Flavius dargebracht wurde: Es handelte sich um einen voluminösen Käsekuchen, ein flaches, mit Honig bestrichenes und in einem Muster mit Mohn bestreutes Gebilde, in dem für den heutigen Anlass sechzehn Cerei postiert waren.
    In der Tat liebte Manius Minor jene Kuchenform, weswegen er sie sich auch ausdrücklich als Geburtstagskuchen gewünscht hatte, sodass dennoch seine Augen zu leuchten begannen, obschon das Objekt seiner Begierde bis auf weiteres in voller Intaktheit verweilen durfte, um erst als Dessert zum Geburtstagsmahl am Abend seine Vernichtung zu schauen. Dass man ihn dennoch bereits nun hervorholte, hatte jene Bewandnis, dass auch dem Iuppiter Liber, des Jünglings diviner Patron, dessen Festtag mit dem Geburtstag alljährlich koinzidierte, diese Süßspeise zu offerieren war. Primär folgte nun indessen zuerst eine mehr abergläubische denn religiöse Praxis, nämlich das Ausblasen der Kerzen, welches Manius Minor durch hurtiges Operieren tatsächlich in einem Atemzuge gelang, womit er wiederum den Applaus der Attendenten erntete.


    Angesichts all jener Präsente und guten Wünsche keimte in dem Jüngling nunmehr neuerlich die Remineszenz an seine Mutter auf, verbunden mit der Frage, was diese ihm wohl geschenkt hätte, wäre sie in der Menge der Gratulanten gestanden, doch nötigte er sich rasch jenen Gedanken beiseite zu wischen, zumal auch die vergangenen Dies Natales ohne ein Präsent der exilierten Claudia vonstatten gegangen waren, sodass er außerstande war auch nur zu erraten, welcher Warengruppe ein maternales Geschenk an einen Heranwachsenden zuzuordnen gewesen wäre.
    Stattdessen würde nun er ihr eine Gabe darbringen müssen, da sie doch zu den Verstorbenen zählte und den Manen der Familie hinzugefügt worden war, welche vom Elysium her über die Sterblichen wachten und an jenem Tage ebenfalls eines kleinen Opfers versichert sein durften. Primär galt der Geburtstag indessen als das Fest des persönlichen Genius, über welchen der Jüngling in Ermangelung einer eigenen Familia bishero nicht verfügte, weshalb Iuppiter Liber vertretend hierfür das Opfer entgegenzunehmen genötigt war und für welchen schon vor vielen Jahren eine Statuette auf dem Lararium war erworben worden, um dem Knaben eine persönliche Rezipienten am familiaren Hausaltar zu ermöglichen. Ironischerweise stellte sie in ihrer Machart geradezu das Oppositum jener Person dar, dessen Schutzgottheit sie repräsentierte: War die Statuette muskulös und dem Abbild des jungen Adonis gleich, besaßen nahezu sämtliche Körperpartien des Jünglings durch mehr oder minder voluminöse Fetteinlagerungen ein schlaffes und bisweilen teigiges Äußeres. Verfügte jene über einen maskulinen Bartwuchs, hatte jener lediglich dreimalig das Messer des Barbiers erblickt. War jene aus strahlendem Silber gefertigt, so fühlte dieser sich eher unscheinbar und matt. Lediglich das Füllhorn, welches Iuppiters Inkarnation des Wohlstandes in Händen hielt, mochte auch Manius Minor zusagen, sodass wohl beide zumindest in ihrer Affinität zum Überflusse hin eine Similität aufwiesen.
    Ob jener geringen Konvergenzen bedrückte es den jungen Flavius in diesem speziellen Falle auch keineswegs, dass er ob seiner Fehlsicht seines divinen Patrons niemals in voller Wohlgestalt ansichtig wurde, da dieser doch ohnehin lediglich seine Aufmerksamkeit auf die zahlreichen ihn torquierenden Makel, insonderheit die optischen, lenkte. Zumindest erkannte er indessen beim Herantreten an das Lararium, dass man zum Festtage seine Statuette mittig postiert und einem Triumphator gleich mit Lorbeer bekränzt hatte, da die Pose der seinigen doch von den Genien seines Vaters und der übrigen maskulinen Anverwandten recht deutlich zu differenzieren war.


    "Dann soll auch Iuppiter Liber sein Fest erhalten!"
    , kommentierte er somit mit einem knappen Seufzen, ehe er sich umwandte und vor dem Lararium Stellung bezog, sich die makellos weiße Toga über das Haupt zog und die Arme hervorstreckte, als wolle er der Gottheit auch die Differenz augenfällig machen, dass er konträr zu jenem mitnichten ein Füllhorn der Frugalität in Händen hielt.
    "Iuppiter Liber, Vater des Überflusses, an deinem wie meinem Festtage trete ich vor dich um deines Schutzes zu gedenken!"
    , begrüßte er die hinter dem lorbeerbekränzten Figürchen stehende Gottheit, deren üppiger Segen über ihn doch bisweilen überaus beschränkt erschien.
    "Höre mich an deinem Festtage, da meine Geburt sich zum sechzehnten Male jährt!
    Wie der Weihrauch hinauf steigt zum Himmel, so erreiche dich mein Gebet!"

    Patrokolos hatte am heutigen Tage die Ehre ihm zu assistieren und reichte ihm die Acerra, die ohnehin beständig am Lararium bereit stand, um den Bewohnern spontane Darbringungen zu ermöglichen. Der Jüngling träufelte einige Körner in das integrierte Altarfeuer und wartete, während der süßliche Duft sich verbreitete.
    "Seit sechzehn Jahren wachst du mit den Göttern des Hauses, den Laren und Penaten wie den Maiores-"
    Bis hierhin mochte dieses Gebet nicht von der gebräuchlichen anniversaren Praxis differieren, doch verspürte der junge Flavius nun ob des erst so kurz zurückliegenden Ablebens seiner Mutter die dringliche Neigung, diese persönlich hervorzuheben:
    "-insonderheit den Manen der Claudia Antonia, meiner geliebten Mutter, über mich und die Meinen!"
    Er schluckte in nicht geringer Nervosität ob jener Abweichung vom Protokoll, vielmehr aber noch ob der Ergriffenheit, die der Gedanke der aus cälesten Höhen über ihn wachenden Mutter evozierte.
    "Seit ich an deinem Festtage geboren wurde, wachst du über mich und verleihst mir Kraft und Freiheit!"
    Letzteres mochte nicht uneingeschränkt als korrekt bezeichnet werden, solange Manius Minor unter den Fittichen Manius Maiors zu leben genötigt war, welche jenem zunehmend als lästig erschienen, da sie, abzusehen von der gestörten Relation der beiden Gracchi, lediglich einen recht schmalen Weg der Freiheit offerierten, doch war hier der Zuständigkeit seines Schutzgottes doch wohl Respekt zu zollen.
    "Dafür gebe ich dir gerechte Gaben. Nimm an diesen Wein, die Frucht des Weinstocks und nimm an diesen Kuchen, den wir am Abend dieses Festtages mit Dir zu teilen gedenken!"
    Dem Usus entsprechend wurde der Wein in einer Patera vor das Lararium gegossen, der Geburtstagskuchen hingegen wurde zur Gänze auf dem Altare platziert, wo er den verbleibenden Tag ruhen konnte, ehe man ihn zum Triclinium transportierte, wobei ein kleines Stück, welches als separater Appendix dem vollendeten Rund angefügt war, zurückbleiben würde als Anteil des Iuppiter Liber am Opfer, wie dies die Vitalia bei einem blutigen Opfer zu tun pflegten.
    "aufdass ich diesen Tag noch viele Male zu Deiner Ehre begehen kann und Dir gute Gaben gebe bis ans Ende meines Lebens!"
    Damit war dem Iuppiter hinreichend geopfert, doch sollten auch die Hausgötter nicht neglegiert sich erachten, weshalb nun ein Strauß wundervoller Herbstblumen dem jungen Flavius gereicht wurde, welche er ebenfalls offerierte:
    "Ihr Laren und Penaten des Hauses, Ihr Manen meiner Familie! Nehmt an diese Blumen als gerechte Gabe und wacht über mich und die Meinen, aufdass ich mit ihnen vereint diesen Tag noch viele Male begehen kann und Euch gute Gaben gebe bis ans Ende meines Lebens!"
    Nun endlich war Manius Minor jener religiösen Obliegenheit endgültig ledig und er wandte sich nach rechts, um das Gebet und zugleich das Opfer zu einem adäquaten Ende zu bringen.

  • Nach dem morgendlichen Opfer hatte Manius Minor jenen Ehrentag zuerst mit seinen ihm eigenen Lustbarkeiten zugebracht, indem er sich mit Patrokolos in die Bibliotheca zurückgezogen hatte, um einige Werke zu hören, sich aber auch das genaue Aussehen seiner Präsente erläutern zu lassen, um endlich wieder hervorzukriechen und sich im Balneum der Villa Flavia Felix der Relaxation hinzugeben. Nun am Abend indessen folgte der finale offiziöse Teil der Feierlichkeiten, denn zum Mahl im Kreise der Familia würden sich noch Freunde gesellen, die nur partiell zu jenen Personen zählten, die der Jüngling von Herzen als ihm zugeneigt mochte bezeichnen, während andere wie die Cornelii Scapulae wohl eher als Freunde der Stirps zu titulieren waren.


    Dennoch zählte auch zumindest ein Gast, nämlich Lucretius Carus, durchaus zu seinen Kommilitonen, mit denen er in der Rhetorenschule Bekanntschaft gemacht hatte und zum heutigen Tage ob seiner durchaus akzeptablen Provenienz auch in die flavische Villa hatte laden dürfen.
    "Salve, Care!"
    , begrüßte der junge Flavius den Freund demgemäß mit größter Cordialität und herzte den schmächtigen Kameraden, der ihm ein derart breites Lächeln präsentierte, dass es selbst dem fehlsichtigen Manius Minor nicht entgehen konnte.
    "Flavius, mein Lieber! Ich danke Dir für deine Einladung!"
    , replizierte Carus und ließ sich ein Objekt reichen, welches für den jungen Flavius Similität zu einem Ball aufwies, obschon es sich selbstredend um ein sorgsam verpacktes Präsent handeln musste. In der Tat entpuppte es sich als solches und als der junge Gracche es endlich mit ungeübten Händen eröffnet hatte, entrollte sich daraus einer Schlange gleich ein lederner Gürtel, der rot gefärbt und mit einer güldenen Schnalle versehen schien. Sanft ertastete der Jüngling darauf Punzierungen, die er indessen nicht unumwunden zu identifizieren imstande war, was hingegen unerheblich sich erwies, da doch Lucretius ihm eilig einige Erläuterungen diesbezüglich präsentierte:
    "Ich dachte, ein Gürtel ist ein nützlicher Gegenstand. Er wurde aus bestem Milchkalb-Leder gefertigt. Außen sind die Caducei eingeprägt wegen - nunja, wie auf deinem Siegelring eben. Ich habe gelesen, dass die Germanen Gürteln die Kraft der Mannbarkeit zuschreiben und was ist wohl besser geeignet für einen sechzehnten Geburtstag?"
    Carus war überaus belesen und zeigte, konträr zu Manius Minor, stets größtes Interesse an fremden Kulturen des Nordens, sodass es den jungen Flavius keineswegs verwunderte, jene Explikationen zu erhalten. Indessen verwies die neuerliche Übereignung von Kleidungsstücken, ja gar das zweite cingulare Präsent darauf, dass die Zeiten, in welchen ihm Freunde und Anverwandte Spielwaren, Süßigkeiten und dergleichen Infantilitäten nun irrevokabel der Vergangenheit zuzuordnen waren und nun die Zeiten mehr oder minder ennuyanter Gaben des alltäglichen Gebrauches zu erwarten waren. Letztlich war ein Gürtel indessen besser als ein weiteres Buch zu bewerten, welches nur Platz in der Bibliothek einnahm und womöglich niemals wieder würde in seine Hände geraten, während er beim Anlegen eines derartig extravaganten Gürtels (ebenso wie bei Fusus' Toga) womöglich doch der Donatoren würde gedenken können.


    Die folgende Entourage evozierte hingegen ein bemühtes Blinzeln des Jünglings, denn obschon er zwei der drei Personen als Cornelius Scapula und seine Gemahlin zu identifizieren wusste, vermochte er doch die dritte im Bunde, welche ihrerseits die Palla vom Haupte zog und mit merklichem Vorwitz um sich blickte, keineswegs einzuordnen. Sie war von hagerer Statur, hoch aufgeschossen und, soweit es der junge Flavius von Ferne erkennen konnte, lediglich mit recht dünnem Haar und einem nahezu innotablen Umfang weiblicher Rundungen gesegnet. Hinzu trat eine ungesund blasse Gesichtsfarbe, welche, wie dem jungen Flavius selbstredend nicht erkenntlich war, einer starken Puderung zur Kaschierung einer grässlichen Akne geschuldet war, den Jüngling hingegen vage an die jenes leblosen Fußes gewahrte, welcher ihm auf seiner Flucht aus Rom beständig vor Augen war gewesen. Letztlich konnte er somit jene Person keiner Familie zuordnen, lediglich ihre Convoyage legte die Annahme nahe, dass es sich um eine, wenn auch höchst unansehnliche Anverwandte oder Freundin der Cornelii handelte. Fragend blickte Manius Minor demgemäß zu Manius Maior, der weitaus bessere Kenntnis von der cornelischen Stirps hatte, dann wieder zurück zu der sich nunmehr approximierenden Gruppe.

  • Obgleich Gracchus letztlich auch Cornelius Scapula niemals die ganze Wahrheit über die Flucht der Flavii aus Rom hatte erzählt, wiewohl seine Beteiligung an den Ereignisse, welche zu dieser Notwendigkeit hatten geführt, so hatte die Freundschaft zwischen den beiden letztlich doch den Bürgerkrieg überdauert. Einige Zeit nach der Machtübernahme Salinaors hatte auch Scapula mit seiner Familie Rom verlassen und sich auf ein Landgut nahe Narbo Martius zurückgezogen, war erst nach Cornelius' Machtübernahme wieder zurückgekehrt. Zwar hatte es auch hernach durchaus einige Zeit gedauert, bis dass Gracchus überhaupt bereit war, sich wieder an öffentlichem Leben - und sei es privater Natur - zu beteiligen, wiewohl ihn auch gegenüber Scapula stets Schuldgefühle plagten, da er die Wahrheit vor jenem verbarg, doch allmählich waren sie zu jener Ebene der Vertrautheit zurückgekehrt, welche zuvor zwischen ihnen hatte bestanden. Zweifelsohne trug auch die geplante Verbindung zwischen Gracchus' Sohn und Scapulas Nichte nicht unwesentlich zu dieser Ebene bei. Die beiden Männer begrüßten sich darob mit einem freundschaftlichen Handschlag und osculum, ehedem der Cornelier sich an Minor wandte.
    "Gracchus Minor, meinen herzlichsten Glückwunsch zu deinem Geburtstag! Das ist ein bedeutendes Alter, in das du nun eintrittst!"
    Ein Sklave reichte ein kleines Präsent an, eine in Stoff eigeschlagene emaillierte Messingfibel, während auch Cornelius' Gemahlin Virginia dem jungen Gracchen ihren Glückwunsch versicherte. Sodann übernahm Scapula wieder das Wort.
    "Dein Vater und ich sind uns einig, dass es ein geeigneter Zeitpunkt ist, dass du Philonica ein wenig näher kennenlernst. Denn nicht mehr allzu lange und wir werden hier den Morgen nach eurer Vermählung feiern."
    Scapulas Worte klangen durchaus herzlich und erfreut, denn schlussendlich war es für beide Seiten nur von Vorteil wenn Flavia und Cornelia zueinander fanden. Ein wenig auffordern schob er das junge Mädchen nach vorn.
    "Meine Nichte, Cornelia Philonica. Philonica, dies ist Manius Flavius Gracchus Minor, dein künftiger Ehemann."
    Gracchus Maior bedachte das Aufeinandertreffen ein wenig in sich versunken. Er hatte die junge Cornelia bereits zu anderer Gelegenheit im Hause ihres Onkels als konziliant und tadellos kennen gelernt, sie dabei selbstredend auch mit einem kleinen Kompliment bedacht wie es die Höflichkeit gebot. Sie mochte - noch - keine Schönheit sein, doch letztlich war dies ohnehin ohne Belang für eine Ehe. Sie würde Minor eine adäquate Gemahlin werden, dies stand außer Zweifel und war alles, was zählte.



    /edit: Name der Cornelia an eine frühere Erwähnung derselben angepasst.

  • Keineswegs fühlte Manius Maior sich geneigt, die Entourage seines Freundes zu präsentieren, was indessen der findige Scapula auf sich nahm, nachdem er dem Jüngling das Präsent gereicht hatte, welches jener selbstredend artig enthüllte, ein Lächeln, konnektiert mit einem schamhaften
    "Danke, sehr reizend!"
    akzeptierte und postwendend an Patrokolos weiterreichte. Als der Name des Mädchens offenbar wurde, gewahrte der junge Flavius jedoch unverwandt den Anlass ihres Erscheinens, noch ehe der Cornelius sich weiterer Worte befleißigte, was eine gewisse Form der panischen Erregung evozierte, da sich hier unverhofft jene Person präsentierte, welcher er eines Tages die Rechte zur Ehe reichen würde, an welche er würde gefesselt sein bis dass der Tod sie schied, welche gleichsam nach seiner Mutter auserkoren war, die neue Frau seines Lebens zu werden. Doch wie sollte dies gelingen? Sie überragte ihn ob seines bescheidenen Wuchses um mehr als einen Kopf, ihre Statur war geradezu konträr zu jener Manius Minors und entbehrte sämtlicher Vorzüge, mit denen etwa seine angebetete Alcisthene oder Morrigan, deren Rundungen er höchstselbst aufs Innigste hatte erkundet, aufwarteten, ja verfügte darüber hinaus über eine überaus derangierende Färbung ihrer Haut! Wie also sollte er jemals imstande sein, jener Gestalt gegenüber Zuneigung zu verspüren, wie Kinder zeugen, wo sie doch beim ersten Anblick bereits bei dem Jüngling mehr Abscheu denn Begehren erweckte, was angesichts der Kapriolen, welche seine Hormone derzeitig schlugen und in ihm beständig Lüsternheit gegen dieses oder jenes Weib erweckten, durchaus notabel erschien.
    Und dabei entgingen ihm noch jene sublimen Unansehnlichkeiten, welche die junge Cornelia nunmehrig jenseits der sie plagenden, sorgsam überpuderten Pusteln offenbarte, als sie ihre schmalen, bisherig stets geschlossen gehaltenen, dezent geschminkten Lippen eröffnete, um ihrerseits eine Salutation an Hausherr und Jubilar zu richten:
    "Salve, Flavius Gracchus. Und... nun... Flavius Gracchus Minor!"
    Insekurität troff aus jeder Silbe, welche zweifelsohne nicht zuletzt gespeist war aus einem Bewusstsein, nun doch zur Darbietung ihres Mundraumes genötigt zu sein, wo zwischen ihren enormen Schneidezähnen eine beachtliche Lücke klaffte, die augenscheinlich einer Fehlstellung zu danken war, sodass selbst der hypermetropische Jüngling imstande war jene Deformation zu identifizieren.
    "Salve, Cornelia."
    , replizierte Manius Minor, wobei ihm entging, dass zumindest das Timbre in den Stimmen beider Angetrauter eine Similität ersten Ranges darstellte, da dieser doch nicht weniger insekur erschien denn jene, was sich dahingehend prolongierte, dass er außerstande sich fühlte ein weiteres Wort an sie zu richten, gleichsam ein wenig Konversation zu betreiben und somit das ihm obliegende Interesse an ihrer Person zu heucheln. Stattdessen fühlte er sich genötigt, durch okuläre Verengungen seine Augen zur Produktion eines schärferen Abbildes des Mädchens zu nötigen, um doch zumindest einige visuelle Impressionen mehr zu gewinnen, während das arme Mädchen ratlos verweilte, ehe sie endlich ihrerseits die Initiative ergriff:
    "Ich gratuliere dir... zu deinem Geburtstag. Wie ich sehe, hast du zahlreiche Gäste."
    Jene Verbalisierung des Augenscheinlichen war keineswegs geeignet, dem Jüngling einige Admiration über die Cornelia einzuflößen, vielmehr fühlte er sich geradezu disturbiert durch ihre Anrede, die ihm neuerlich eine Replik auferlegte:
    "Durchaus. Einige Freunde der Familie sind erschienen. So auch ihr."
    Wäre dies für gewöhnlich mit einem charmanten Lächeln vorzutragen gewesen, enthielt der junge Flavius sich diesmalig jedweder Exprimierung von Sympathie, da er doch eine nicht geringe und stetig wachsende Abscheu verspürte ob jenem unansehnlichen Fräulein, welches all jene Konstriktionen repräsentierte, die seine Familie, sein Stand und nicht zuletzt sein Vater ihm auferlegten, ihn einzwängten einem Tunnel gleich, der ihm lediglich das vorwärtige Kriechen gestattete, unentrinnbar dem präfigurierten Finale entgegen, und jedwede Freiheit versagten. Mit größter Tapferkeit indessen ignorierte Philonica jene Inbenignität und fragte aufs Neue:
    "Und wer sind diese Gäste? Möchtest du uns bekannt machen?"
    Selbstredend war dies ebenfalls ein legitimes Ansinnen, als Angetraute Bekanntschaft mit dem Umfeld des künftigen Gemahls zu machen, ebenso auch selbst jenen präsentiert zu werden und somit Einblick in die baldigen eigenen Kontexte zu erhalten, doch dies erschien Manius Minor aufs Neue lästig und als ein unanständiger Vorwitz, der sein Privatleben begierig okkupierte, während er zugleich nicht im Geringsten gewillt war, jene klägliche Gestalt seinen Gästen zu präsentieren, weshalb er letztlich eine minimalisierte Form der Vorstellung erwählte, indem er von seiner aktuellen Position aus lediglich durch Fingerzeig die einzelnen Personen identifizierte und dabei benannte:
    "Der Knabe dort hinten ist Titus, mein Bruder. Die beiden jungen Herren dort auf der Kline sind die Söhne des Flavius Milo, Iullus Flavius Fusus und Caius Flavius Scato. Neben ihnen steht meine Tante Flavia Domitilla. Jener mit dem Becher ist Lucretius Carus, ein Kommilitone aus der Rhetorenschule..."
    So perpetuierte er der Reihe nach die Liste, bis sämtliche Attendenten nominiert waren, während die Cornelia aufs Neue gute Miene zu jenem undelektierlichen Spiel machte und Interesse suggerierte, indem sie bisweilen ein knappes Nicken zeigte oder einen Laut des Verstehens entfahren ließ.
    "Es ist gut, so eine große Familie zu haben."
    , resümmierte Philonica endlich, was den jungen Flavius aufs Neue ratlos hinterließ, da derartige Loci communes doch kaum kommentabel erschienen, zumal in einer Situiertheit, in der der gesamte Dialog eine Last präsentierte. Endlich entspann sich indessen doch ein knapper Wortwechsel:
    "Durchaus. Iullus besucht sogar gemeinsam mit mir den Rhetoren."
    "Besuchst du die Schule des Menenius? Mein Großvetter Publius geht dorthin."
    "Nein, ich besuche Quintilius Rhetor. Nahe dem Forum Romanum."
    Aufs Neue trat eine unbehagliche Pause ein, die beide Disputanten mit ratlosen Blicken füllten und Manius Minor konfirmierten, dass jenes Fräulein nicht nur in ihrer Physis keinerlei Reiz erbot, sondern zugleich auch dem Charakter nach von geringem Interesse war, da doch selbst jenes Gespräch sich als von größter Viskosität sich erwies.
    "Nun... Dann möchte ich dich nicht weiter von deinen übrigen Gästen abhalten. Es sind ja so viele."
    , verlautbarte sie endlich und wandte sich fragend zu ihrem Oheim, während Manius Minor zu Manius Maior blickte in der Hoffnung, dass jener ihm die Absolution erteilte, tatsächlich die Cornelii Cornelii sein zu lassen und sich jenen Gästen zuzuwenden, deren Besuch ihm tatsächlich plaisierlich erschien und auf deren Gesellschaft er brannte, zumal diese ihm als ein Schutzschild gegen die Obliegenheit zur Konversation mit seiner Verlobten dienen mochte.

    Sim-Off:

    /Edit: Deplorablerweise unterlag ich einem tragischen Irrtum bezüglich des Namens meiner Verlobten, was hiermit zur Stringentisierung meiner Vita korrigiert wird.

  • Wie stets ohne die geringste Ahnung, was tatsächlich in den Gedanken seines Sohnes vorging, war Gracchus überaus zufrieden mit der Konversation, mit welcher Minor und die Cornelia sich miteinander vertraut machten, denn da sein Sohn zu öffentlichen Anlässen stets recht schweigsam war - was der Vater selbstredend dem Charakter des Sohnes zuschrieb -, hatte er die Befürchtung gehegt, Minor könne im Anblick seiner künftigen Gemahlin in Schüchternheit verfallen und seine Rolle als Gastgeber vernachlässigen. Ein sublimes Lächeln zu Cornelius quittierte den Erfolg ihres Unterfangens, welches dieser mit einem leichten Nicken bestätigte und sodann die Worte seiner Nichte bestärkte, dass die beiden schlussendlich an diesem Abend zweifelsohne noch genügend Gelegenheit zu weiterer Konversation würden finden können. Nach den Corneliern folgte nurmehr ein weiterer Gast - Papirius Carbo aus der Nachbarschaft, der nur unwesentlich älter war als Minor. Seine Mutter, Quinctilia Petina, war eine gute Bekannte Antonias gewesen und da die beiden Abkömmlinge in gleichem Alter waren, hatten sie als Knaben zwangsweise die Nachmittage miteinander verbringen müssen, welche ihre Mütter gemeinsam verbrachten - gänzlich nebensächlich dabei, dass Carbo und Minor sich von Beginn an nicht hatten leiden können, stets nur um Spielzeuge oder Naschereien hatten gezankt und die Besuche nicht selten in Rangeleien und in Folge dessen Tränen eines der Jungen hatten geendet. Und auch die Tatsache, dass die beiden sich seit der Flucht der Flavier aus Rom zu keinerlei anderen Gelegenheiten sahen, dass sie auch mittlerweile außer ihrem Alter nicht das geringste miteinander hatten gemein, so wurden beide von den Familien doch wechselseitig stets zu den Feierlichkeiten des anderen geladen eingedenk der wundervollen, zugewandten Kindheit, welche Carbo und Minor miteinander hatten verbracht. Selbstredend hatte der junge Papirius zu Minors Geburtstag nicht viel beizutragen als einen formellen Glückwunsch und ein unpersönliches Geschenk - eine Schriftrolle -, ehedem er von einem Sklaven zu den Klinen wurde geleitet, womit das Ende der Gratulanten erreicht war.
    "Nun denn"
    , wandte Gracchus sich seinem Sohn zu.
    "Lasse uns ebenfalls hinüber gehen und deine Gäste nicht allzu lange warten."

    cdcopo-pontifex.png flavia.png

    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Die drückende Last jener Konversation fiel von dem jungen Flavius gleich ehernen Ketten und nicht lediglich im figurativen Sinne atmete er auf, als die Cornelii sich zu Tisch begaben. Schon wandte auch er sich zu der Tafel, an welcher die Milonen wie auch Lucretius Carus sich platziert hatten, als mit einem Male ein neuerlicher unfavorabler Hospitant erschien, welchen Manius Minor, sofern seine Hypermetropie ihm die Fernsicht in demselben Maße hätte versagen würde als im Nahen, indubitabel an seinem geckenhaften Stolzieren schon aus größter Distanz zu identifizieren imstande war, da jener doch gleich einer alten Kriegsversehrung in periodischen Abständen ihn heimsuchte. Noch vortrefflich waren ihm die Remineszenzen an zahllose Disputationen mit seiner geliebten Mutter präsent, wenn sich die Visite der Quintilia ankündigte, memorierte er seine bockige Zurückweisung der lästigen Pflicht, jenem verschlagenen Knaben Gesellschaft zu leisten, während die Claudia ihn im Stich ließ, um sich mit der Mutter Carbos in eine Exedra zurückzuziehen. Doch hatte endlich stets die Claudia durch diverses Zureden und die Versprechen unzähliger Köstlichkeiten oder harscher Strafen obsiegt. Letzten Endes hatten seine übelsten Apprehensionen indessen dennoch sich bewahrheitet, war etwa sein geliebter Tribun Quintus, eine preziose Figur von dunklem, nahezu schwarzem Holze, weswegen er zum Praetorianer war erkoren worden, der Zerstörungswut des Papirius zum Opfer gefallen, während seinerseits der junge Flavius selbst gar eines Büschels Haar war verlustig gegangen. Und doch hatte Antonia niemals die Hoffnung fahren lassen, hatte vielmehr lediglich die Sklaven, welche zur Aufsicht der Knaben waren abgestellt worden, gescholten und gestraft und es stets auf Neue versucht, ja im Verein mit Quintilia gar ihre Sprosse genötigt, die Anniversarien des jeweils anderen zu zelebrieren. Und so war es selbst heute, nach der Durchtrennung des einenden Bandes mit dem Tod seiner Mutter, vonnöten, dass Papirius Carbo erschien, um mit linkischem Lächeln eine Buchrolle zu überreichen, deren Präsentation durch Patrokolos rasch offenbarte, dass es sich um die similäre handelte, die Manius Minor bereits im Vorjahre von ihm hatte erhalten, sodass sie zweifelsohne unumwunden dem Maiordomus würde anvertraut werden, der mit ihr nach Belieben verfahren sollte. Selbstredend akzeptierte der junge Flavius dennoch jenes Präsent ohne eine einzige kritische Annotation, simulierte gar Gratitüde und kehrte dann endlich nach den delivrierlichen Worten seines Vaters zu den Klinen zurück.


    Das Mahl, das man im folgenden reichte, entsprach in seiner Opulenz dem besonderen Anlasse des Tages: Als Gustationes trugen die Sklaven Zuchhini auf Alexandrinische Art, marinierte Melonen, in Honig eingelegte Pilze sowie die selbstredend irrenuntiablen Eierspeisen auf, die Klimax der Mensae Primae bildete Frikassee vom Schweine mit Aprikosen und Entenbrust in Pflaumensauce. Der vornehmliche Tenor der Speisen war, den Vorlieben des Jubilars gemäß, süß und ohne Geizen mit Mark und Fett, wozu man ebensolche Weine reichte, die von den vortrefflichsten italischen Reben stammten.
    Zum Dessert endlich kehrte der Kuchen vom Morgen zurück, welchen man aufs Vortrefflichste inszenierte, indem zu der inzwischen späten Stunde sämtliche Lampen des Raumes wurden gelöscht, um sodann den aufs Neue illuminierten Kuchen aufzutragen, der mit einem gemeinen Applaus und endlich durch ein neuerliches Verlöschen durch den Jubilar begrüßt wurde. Selbstredend oblag es Manius Minor ebenfalls, sein Präsent höchstselbst anzuschneiden, doch übertrug er die weitere Teilung der Speise nach dem ersten Stücke für sich selbst der Wüstenblume, welche Tante Domitilla ihm am Morgen geschenkt hatte und die ihm den ganzen Abend bereits hatte aufgetragen, obschon dies zweifelsohne nicht ihrer Profession zu entsprechen schien, wie diverse Ungeschicklichkeiten, bisweilen auch ein enerviertes Rollen ihrer wohlansehnlichen Augen dem aufmerksamen Beobachter eröffnete.


    Der spätere Abend war geprägt von heiterer Konversation der Attendenten: Erstlich disputierte die Kommilitonenschar des Quinctius Rhetor die Vorzüge und Nachteile in der Didaktik ihres Magisters, folgend auch, inwiefern die Unterweisung durch den Grammaticus besser privatim oder in einer öffentlichen Ludus Grammaticus war zu genießen. Schließlich gab Lucretius Carus ein heiteres Genethliakon des Albius Tibullus zum Besten, wofür er wärmsten Beifall erntete, ehe man sich Novitäten der Urbs zuwandte.


    Beschwingt durch den süßlichen Wein, dem Manius Minor an diesem Tage stärker als für gewöhnlich zusprach, beteiligte er auch er sich aufs lebhafteste an den Disputen. Indessen mied er konsequent, (selbstredend neben Papirius Carbo) auch nur ein weiteres Wort an seine Angetraute zu verlieren, die recht solitär an der Seite ihres Onkels war platziert, bisweilen mit ihrer Tante einige Worte tuschelnd, um im Übrigen jedoch, stets sich mühend die Lippen verschlossen zu halten, mit melancholischem Blick ihre sorgsam lackierten Nägel zu inspizierte. Fortunablerweise waren die Details jener miserablen Szenerie dem Jubilar jedoch verborgen, da sie doch in zu großer Proximität war platziert worden, als dass der Jüngling sämtliche ihrer Regungen zu identifizieren vermochte, sodass er beinahe imstande war, jene undelektierliche materialisierte Remineszenz seiner Pflichten zu vergessen.
    In der Tat verließen die Cornelii (nach Papirius Carbo, der selbstredend lediglich bis kurz nach der Mensa Secunda sich die Ehre gab) auch als erste die Festivität, einige Zeit später die meisten der Flavii und als letzten Gast komplementierte der junge Flavius endlich Lucretius Carus hinaus, da ihn nunmehr eine derartige Erschöpfung hatte befallen, dass er beinahe bei Tisch in Morpheus' Reich entglitten wäre.


    ~~~ finis ~~~

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