[Habitatio] Centurio Aulus Iunius Avianus

  • Avianus hob gemeinsam mit Antias den Becher, und musste dabei ebenfalls zwangsläufig lächeln. Der Germanicus erhielt eine Beförderung und trank dennoch auf seinen Centurio.
    "Auf mich also?", fragte er noch einmal, "Auf unseren neuen Optio, die Zukunft …" – Wie auch immer die aussehen mochte. – "… und die dritte Centurie." Im Anschluss gönnte er seiner Kehle einen großzügigen Schluck. Und angeblich war der Wein tatsächlich ganz passabel, zumindest stellte er fest, dass er nicht gleich schmeckte, wie das Zeug, das Cato damals bei seiner früheren Truppe unterm Bett gebunkert hatte, was vermutlich positiv zu beurteilen war.
    "Dann kann ich ja zufrieden sein", meinte er mit einem kurzen Nicken.
    Als Antias ihn danach fragte, was wohl Roma und den Cohortes Urbanae noch bevorstand, blickte er allerdings einen Augenblick lang nachdenklich in den Becher. Marschfähig? Wofür? Einen neuen Krieg? Der Germanicus tat gut daran nachzufragen, denn Avianus hatte es bisher vermieden, sich mehr als nötig damit auseinanderzusetzen.
    "Ganz ehrlich … ich weiß es nicht", gab er zu, und wollte sich nicht anmerken lassen, wie unangenehm ihm das Thema war. Ein neuer Kaiser war noch immer nicht gewählt, die hohen Tiere außerhalb Roms noch nicht allzu lange informiert und folglich noch praktisch alles möglich. "Ich hoffe, dass sich noch alle an den letzten Kaiserwechsel erinnern, und daran, dass in solchen Zeiten Zusammenarbeit zur Wahrung des Friedens das wichtigste ist. Ich gehe davon aus, keiner will, dass es wie beim letzten Mal endet." Er wollte gar nicht daran denken, was geschah, wenn er sich irrte. Denn beim letzten Mal, wie er es genannt hatte, hatten sie noch Glück im Unglück gehabt, dass Palma sich als überaus gnädig erwiesen hatte.
    "Man ist um natürlich Normalität bemüht, um den Eindruck zu vermitteln, es gäbe keinen Grund zur Sorge, in der Stadt ebenso wie hier in der Castra." Mit wenigen Ausnahmen zumindest. Der Tresvir Tiberius Lepidus hatte es ja anscheinend nicht so mit Normalität, wie er bei der Hinrichtung der beiden "Consules" festgestellt hatte. "Wir werden dasselbe tun ... die Füße stillhalten wie alle anderen auch, und uns vorerst darum kümmern, dass in der Urbs Ruhe herrscht. Und selbstverständlich die Lage im Auge behalten, um uns im Ernstfall rechtzeitig vorbereiten zu können."

  • Avianus hatte recht. Wer sonst sollte den Cives ein - wenn auch trügerisches - Gefühl von Sicherheit und Normalität vermitteln, wenn nicht die Einheiten, deren Aufgabe das im Grunde war, die Urbaniciani? Motiviert, militärisch gedrillt und in ausgesprochen guter körperlicher Verfassung war die Centurie in jedem Fall, wenngleich sich der Winter dem einen oder anderen Miles deutlich auf die Hüften geschlagen hatte.


    Dass auch der Centurio keine konkreten Anhaltspunkte für einen unmittelbar bevorstehenden Bürgerkrieg zu haben schien, war immerhin beruhigend. Nicht weil Antias sich vor der Gefahr gefürchtet oder gar Zweifel an der Einsatztauglichkeit der Milites gehabt hätte, gewiss nicht. Wie alle jüngeren Soldaten neidete auch er den Veteranen ein wenig ihre Erfahrung, und hätte sich nur zu gern in einem Kampfeinsatz bewährt, allerdings bewähren konnte er sich im Dienst auch auf anderen Wegen, die wohl weit sinnvoller waren; und was die Truppe betraf, die würde sich binnen weniger Stunden in Gefechtsbereitschaft bringen lassen, daran hatte er keinen Zweifel.


    Es war etwas anderes, was ihn beim Gedanken an einen Bürgerkrieg beschäftigte. Die Frage der Loyalität. Die Tirones waren noch nicht einmal vereidigt, und er wollte gar nicht daran denken, sich selbst einmal die Frage stellen zu müssen, ob sein Eid dem Amt oder dem Mann galt. Aber das war hier weder der Ort noch die Stunde für solch düstere Betrachtungen. Der Centurio hatte schon genug um die Ohren.


    „Ich verstehe. Ruhig bleiben und weiter unsere Pflicht tun, wie es der Eid gebietet.“ Nachdenklich hob er seinen Becher. „Mögen Vernunft und Weitsicht obsiegen, Centurio.“ Der Wein schmeckte mit jedem Schluck besser, was immer als untrügliches Zeichen zu werten war, besser so langsam mit dem Trinken aufzuhören, zumindest wenn man seinem vorgesetzten Offizier in dessen Habitatio gegenüber saß. Was wohl Avianus so alles umtrieb?


    Antias’ Blick fiel auf die blutrote Crista auf dem Pult, und plötzlich wurde ihm klar, dass er nicht nur eine Hastile erhalten würde, sondern auch einen Helmbusch. Keinen roten wie der Centurio natürlich, auch keinen querstehenden, aber einen verdammten Helmbusch! Eine Brüllbürste! Eine Einlaufquaste! Er, der den Cassis anfangs noch mehr gehasst hatte als die Lorica würde fortan mit einem Helmbusch rumrennen! Varus, seinen alten Herrn, hätte es sicher vor Stolz zerrissen. Seine besorgter Ernst zerstob augenblicklich.


    „Möge kommen, was das wolle, Centurio ..“ strahlte er Avianus an, „.. wir haben lauter gute Männer da draußen, ausgebildet von noch besseren Männern und kommandiert von den Besten, nicht wahr?“ Vergnügt trank er aus, unterdrückte einen Rülpser, und erhob sich schließlich in vollendeter Haltung. „Ich danke dir, Centurio Iunius Avianus! Nicht nur für den Wein! Gibt es noch besondere Anweisungen? Sollte ich bei den Milites die Runde machen, oder wird meine Beförderung beim Appell bekannt gegeben, Centurio?“

  • "Und zu einem vereinten Rom unter einem Kaiser führen", stimmte er Antias zu und leerte den Becher. An seinen Männern würde es jedenfalls nicht liegen, wenn es zu Problemen kam, soviel stand schon einmal fest.
    "Zweifellos …", nahm Avianus lächelnd das Kompliment an, denn immerhin musste er für den Germanicus zwangsläufig mindestens zu den besseren gehören. "Trotzdem bin ich nicht scharf darauf, unser Können ausgerechnet im Kampf gegen andere Römer unter Beweis zu stellen." Er wusste, wie fähig seine Leute waren, aber wer wollte schon in einen Krieg ziehen, wenn womöglich Freunde oder Verwandte auf der anderen Seite des Schlachtfeldes standen. Am liebsten hätte er das leidige Thema mit einem weiteren Schluck Wein fortgespült, doch in seinem Becher hingen nur noch ein paar Tropfen, und man sollte ja nicht glauben, er wäre ein Säufer. Allerdings... die Götter meinten es gut mit ihm in letzter Zeit. Welchen Grund hätten sie also, ihm ausgerechnet jetzt ein Bein zu stellen? Nein, alles würde gut werden. Dennoch war es ein Glück, dass Antias ein weiteres Mal das Thema wechselte, bevor er noch weiter in Gedanken versank.
    "Gern geschehen... kümmere dich darum, dass du bis morgen vor Dienstbeginn deine neuen Sachen hast. Ansonsten keine weiteren Anweisungen, Optio", beantwortete er die ihm gestellten Fragen, "Von mir aus kannst du es die Männer gerne wissen lassen, sollte irgendjemand dir nicht glauben, werden sie morgen offiziell und von mir persönlich eines Besseren belehrt." Sulca und ein paar andere Alteingesessene würden vermutlich erst einmal blöd aus der Wäsche schauen, aber Avianus ging davon aus, sie würden sich mit ihrem neuen Optio genauso arrangieren, wie sie es mit ihrem jungen Centurio taten. Es war ja nicht so als bliebe ihnen etwas anderes übrig.
    "Wenn du keine weiteren Fragen hast, kannst du wegtreten, Optio."

  • Antias schnaufte durch stolz geblähte Nüstern. Der scharfe Geruch, der ihm dabei in die Nase stieg, vermochte seine Laune keineswegs zu trüben. Das war Soldatenschweiß, verflucht noch mal! Die edle Essenz der Pflichterfüllung! Und ob er sich seine neuen Sachen holen würde! Umgehend! Noch vor dem dringend nötigen Besuch der Lagerthermen. Seine kleine Schreibstube allerdings würde er erst in gesäubertem erquicktem Zustand in Augenschein nehmen. Reine Luft war gut für’s Hirn.


    Weitere Fragen? Sicher, die gab es, Fragen zuhauf. Aber die meisten davon würden sich bald von selbst beantworten, und bei den übrigen konnte ihm der Centurio auch nicht weiterhelfen. „Keine weiteren Fragen, Centurio Iunius Avianus!“ bellte er daher, „Optio Gemanicus bereit zum Wegtreten!“ Optio Germanicus, wie geschmeidig das von der Zunge ging! Gerne hätte er noch einen schneidigen Satz mit Optio Germanicus gebildet, nur fiel ihm keiner ein, kein annähernd sinnvoller zumindest. Also salutierte er nur stramm, wünschte seinem Centurio noch einen angenehmenTag und beeilte sich, Dunstwolke nebst Verursacher schleunigst aus der Habitatio zu bekommen. Schon um Avianus die Gelegenheitt zu geben, endlich das Fenster zu öffnen.

  • Die ersten Sonnenstahlen krochen müde über die Dächer der Baracken und durch die Fenster hinein in deren Zimmer, trafen in einem davon auf ein iunisches Gesicht und ließen es blinzelnd die Augen öffnen. Dessen Besitzer hatte sich Stunden zuvor spät nachts bäuchlings aufs Bett fallen lassen, und im Anschluss geschlafen wie ein Stein. Vermutlich. Zumindest würde es den steifen Nacken erklären.
    "Aaaach … scheiße", brummte Avianus und stemmte sich hoch, rieb sich die Schulter und hätte dieselben Worte beinahe noch einmal laut wiederholt, als ihn die Realität einholte und die Erinnerung an den kurzen Besuch im Lupanar am Vorabend ihn traf wie ein Vorschlaghammer.
    Stattdessen stapfte er geradewegs in den Raum, den er als Officium nutzte und griff nach der Tabula, die dort auf dem Schreibtisch herumlag.
    Er hatte nachgedacht, mehr als nur ein wenig. Nicht weil es nötig gewesen war, denn seine Möglichkeiten hielten sich in Grenzen, sondern schlicht und ergreifend, weil er nicht anders konnte. So wie immer eben, wenn es nichts anderes gab, dem er seine ungeteilte Aufmerksamkeit schenken musste.
    Und er hatte sich daran versucht einen Brief an den Helvetius zu verfassen, aus dem weder herauszulesen war, wie er sich fühlte, noch, dass er dem Kerl am liebsten erst einen anständigen Denkzettel verpassen würde bevor sie auch nur irgendetwas besprachen. Er hatte einen geschrieben, ihn wieder verworfen, dann einen weiteren, den dasselbe Schickal ereilt hatte, und schließlich jenen, welchen er jetzt in der Hand hielt, und dessen Überleben eindeutig nicht dessen grenzenloser Genialität zu verdanken war, sondern viel eher der Tatsache, dass sein Verfasser zu faul gewesen war, auch ihn wieder zu löschen. Blabla … Helvetio Varo s.d. ... blabla … das Mädchen, das du zu Unrecht zu deinem Eigentum gemacht hast … blabla. Während er die paar Sätze las, die er ins Wachs gekritzelt hatte, konnte er lediglich die Stirn runzeln. Wenigstens hatte er die zweifellos vorteilhafte Entscheidung getroffen, noch eine Nacht darüber zu schlafen, um das fragwürdige Meisterwerk eines Briefes im Anschluss ein weiteres Mal zu überprüfen. Achtlos wurde es zurück auf den Schreibtisch geworfen. Na wenigstens hatte er keinen Papyrus verschwendet, dachte er und stapfte weiter um sein allmorgendliches Ritual zu beginnen, sprich, sich in Centurionen-Schale zu schmeißen und ein paar Bissen Brot und Käse hinunterzuschlucken, bevor der Dienst begann.

  • Bereits am nächsten Tag landete ein Brief auf seinem Schreibtisch, der sofort seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Avianus erkannte schon als er ihn nur in der Hand hielt, dass er nicht von einem Vorgesetzten stammte, auch nicht von seiner Verwandtschaft, der Iulia oder anderen Bekanntschaften. Mit einer Mischung aus Neugier und Skepsis setzte er sich hinter den Tisch, öffnete das Schreiben und lehnte sich schließlich beruhigt zurück, als er las, von wem er stammte. Die Frau, mit der er sich im Lupanar unterhalten hatte, Morrigan, hatte sich tatsächlich die Zeit genommen, ihm eine Nachricht zukommen zu lassen, die er nicht nur einmal, sondern gleich mehrmals las. Wohlauf, hieß es in dem Brief, und es war im Prinzip alles, was er im Moment zu wissen brauchte – dass er Zeit hatte, sich um alles zu kümmern, was auch immer nötig war, um Sibel aus ihrer Lage zu befreien.
    Sein Schreiben hatte den Helvetius bereits erreicht, kein Meisterwerk, aber hoffentlich doch annehmbar. Jetzt brauchte er nur noch abzuwarten. Und dann? Dann würde man weitersehen. Aber vorerst konnte er sich zurücklehnen, mit dem Wissen, dass alles gut war … irgendwie. Oder es zumindest viel schlimmer hätte kommen können.

  • [Blockierte Grafik: http://oi58.tinypic.com/2zggn7o.jpg]
    Sextus Peducaeus Hispo


    Wie für die Zeit kurz nach Sonnenuntergang üblich, gähnten die Lagergassen menschenleer in den Abendhimmel. Der Appell war längst vorüber, die Nachtwachen hatten ihre Stellung auf den Mauern bezogen, die Soldaten saßen entweder bei der Cena oder lungerten bereits schläfrig in den Thermen herum. Nur bei den Offizieren wusste man nie so recht, was die nach Dienstschluss trieben. Hispo war das auch völlig gleichgültig, Hauptsache, er würde mit seiner schweigsamen Begleiterin keinem davon in die Arme laufen. Obwohl überzeugt, das Richtige zu tun, verspürte er dennoch nicht die geringste Lust dazu, irgendwelchen Wichtigtuern aus anderen Einheiten die Anwesenheit einer Frau in der nächtliche Castra erklären zu müssen.


    Seine Befürchtungen erwiesen sich allerdings als unbegründet. Ohne behelligt zu werden, erreichten sie nach kurzem Fußmarsch Avianus’ Habitatio. „Da wären wir also.“ erklärte er der dunklen Frau leise. „Warte hier. Ich werd’ nachschauen, ob der Centurio da ist.“ Man konnte ja schließlich nie wissen, wobei man den Offizier gerade störte. Ein Centurio im Subligaculum wäre sicher wenig erbaut, sich plötzlich einer jungen Frau gegenüber zu sehen.


    Bemüht, keinen unnötigen Lärm zu machen, trat Hispo an die Tür und klopfte zaghaft. „Centurio?“ Nichts. Lautlos fluchend klopfte er noch einmal, diesmal jedoch weit energischer. „Centurio Iunius Avianus? Ich bin’s, Miles Peducaeus! Hier ist jemand, der dich dringend sprechen möchte!“




  • [Blockierte Grafik: http://s14.directupload.net/images/141021/e4ctfnz5.jpg] | Sarah


    Schweigend war Sarah dem Urbaner gefolgt, der sie immer tiefer hinein ins Innere der Castra brachte. Von hier gab es kein Zurück mehr, war ihr Gedanke, der sie auf dem ganzen Weg ständig begleitete.
    Endlich stoppte der Soldat und bat sie hier zu warten, dann ließ er sie stehen und ging, um nach dem Centurio zu schauen. Voller Anspannung sah sich Sarah nach allen Seiten um. Doch die Lagergasse war wie leer gefegt. Keine Menschenseele war zu sehen. Nach Feierabend schienen die Soldaten wohl anderen Beschäftigungen nachzugehen.
    Ein Instinkt, tief in ihrem Inneren mahnte sie ständig, dass sie ja eigentlich gar nicht hier sein dürfe. Doch sie war trotzdem gekommen...

  • Es war schon recht spät und damit, dass es an seiner Tür noch klopfen würde, hatte Avianus definitiv nicht gerechnet. Staub und Schweiß, der sich über den Tag hinweg auf ihm angesammelt hatte, war er in den Lagerthermen bereits losgeworden, und nach ein wenig Schreibtischarbeit hätte er es für den heutigen Tag gut sein lassen und sich ihns Bett gelegt. Ein wenig verwundert, wer ihn zu dieser Stunde noch sprechen wollte, streifte sich deshalb noch einmal die Tunika zurecht, während er vom Arbeitszimmer zur Tür ging und öffnete selbige. Anschließend stand ihm wie angekündigt im Dunkeln der Peducaeus gegenüber.
    "Salve, Miles. Worum geht es?", fragte er.

  • [Blockierte Grafik: http://oi58.tinypic.com/2zggn7o.jpg]
    Sextus Peducaeus Hispo


    „Centurio!“ Respektvoll und zugleich fast ein wenig enttäusch nahm Hispo Haltung an. So sah das mythenumsponnene Nachtleben der Offziere also aus. Keine Saufgelage in den Habitationes, keine zotigen Männerrunden bei Würfelspiel und erlesenem Nachschwerk, nichts dergleichen. Offenbar legten sich auch Centurionen zeitig schlafen, so wie alle anderen Urbaner. Einerseits beruhigend, andererseits ernüchternd. Wozu der ganze Ärger, die Arbeit und die Verantwortung, wenn man am Ende doch nur Soldat blieb? Das mit dem angestrebten Posten als Tesserarius würde sich Hispo jedenfalls nochmal gründlich überlegen.
    „Centurio .. diese junge Christianerin, die du damals in Trans Tiberim verhört hast .. nun ja .. sie ist hier und will dich unbedingt sprechen. Es scheint wirklich wichtig zu sein .. sonst hätte ich sie natürlich nicht .. also ..“ Mit einem hektischen Fuchteln winkte er das in ein paar Schritten Entfernung wartende Mädchen heran. „Miles Raecius war auch der Ansicht, dass es in diesem Fall angebracht wäre .. ähm, ja.“ Sich geradezu kunstvoll räuspernd trat Hispo zur Seite und wartete, nun doch ziemlich verunsichert, auf etwaige weitere Befehle.


  • [Blockierte Grafik: http://s14.directupload.net/images/141021/e4ctfnz5.jpg] | Sarah


    Für Sarah wurden die wenigen Minuten des Wartens zu ewigen Stunden. Doch endlich, der Centurio öffnete und erschien an der Tür. Sie vernahm die Stimmen der beiden Männer, wie sie miteinander sprachen. Von dem Punkt, an dem der Miles sie zurückgelassen hatte, konnte sie nur den Rücken desselben erkennen. Doch dann begann er wild mit seiner Hand herumzufuchteln, als wolle er sie herbeizitieren. Sarah trat näher und schließlich erkannte auch sie das bekannte Gesicht des Centurios wieder. „Salve Centurio Iunius Avianus,“ brachte sie mit belegter Stimme heraus. „Ich habe ein paar wichtige Informationen für dich,“ fuhr sie fort und hoffte, der Centurio mochte sein Versprechen nicht vergessen haben.

  • Avianus blickte den Peducaeus leicht stirnrunzelnd an, während der vor sich hin stotterte und dabei kaum etwas sinnvolles von sich gab. Die junge Frau aus der Taberna in Trans Tiberim, die die ihm Informationen beschaffen sollte, war hier, soviel konnte er dennoch herausfiltern. Eine durchaus angenehme Überraschung und die Störung spät abends allemal wert. Wie hieß sie noch gleich? Sarah. Es war schon eine ganze Weile her, seit er damals bei einem Einsatz eine Abmachung getroffen hatte, und zwischenzeitlich hatte er auch mit dem Gedanken gespielt, jemanden nach ihr zu schicken, dass sie aber nun aus freien Stücken bei ihm auftauchte, gefiel ihm doch sehr viel besser.
    "Du wartest hier, Miles, und wirst sie nachher wieder zum Tor begleiten", befahl er, als er das ihm bekannte Gesicht der Christianerin erblickte, die nun zu ihnen getreten war, und öffnete die Tür seiner Habitatio ein Stück weiter, damit sie eintreten konnte. Dort ließ es sich nämlich mit Sicherheit besser reden, als draußen, stehend und im Dunkeln. "Salve, Sarah. Willst du hereinkommen und dich setzen?", ließ er ihr dennoch eine Wahl.

  • [Blockierte Grafik: http://s14.directupload.net/images/141021/e4ctfnz5.jpg] | Sarah


    Der Centurio war, wie auch damals in der Taberna schon, sehr freundlich im Umgang mit ihr. Damit hatte er sie schon einmal für seine Seite gewinnen können. Denn im Gegensatz zu vielen anderen seiner Kollegen gebärdete er sich nicht als furchteinflößender Choleriker, der seinen Gegnern kaum mehr Luft zum atmen ließ.


    Dennoch trat sie immer noch leicht verunsichert ein, als er ihr die Tür zu seiner Unterkunft aufhielt. Im Inneren sah sie sich erst einmal um, bevor sie sich irgendwohin setzte. Der Centurio sollte am besten vorangehen. Sie würde ihm folgen. Vielleicht würde dann auch das seltsame Gefühl im Magen verschwinden. Sie versuchte, an etwas anderes zu denken. Das half meistens, wenn sie zu sehr angespannt war. Dummerweise wollte ihr aber im rechten Moment nicht anderes einfallen. Sie sah immer nur die Gesichter ihrer Familie und ihrer Freunde vor sich. Alle hatten sie den gleichen vorwurfsvollen Ausdruck. Sarah musste nicht lang darüber nachsinnen, was alle von ihr denken würden, käme heraus, was sie hier gerade machte. Sie kannte die Antwort: Steinigen werden sie dich! Bis knapp zum Hals eingegraben in der Erde, damit du dich nicht mehr rühren kannst. Dann werfen sie Steine auf dich. Bis du tot bist! Verräterin!

  • Sie trat zwar ein, blieb allerdings anschließend im Raum stehen, ihre Anspannung konnte Avianus unterdessen deutlich spüren, sodass er erst einmal die Tür schloss, damit sie unter sich waren und ging dann hinüber zu dem kleinen Tisch, der seit jeher im Eingangsbereich stand. Die Unsicherheit, die auf Sarah lastete, verwunderte ihn keineswegs. Sie hatte zugestimmt, ihm ihre eigenen Leute auszuliefern, und stand nun als Christianerin praktisch allein in der Castra Praetoria. Ein Lamm zwischen Wölfen, und noch dazu eines, das die Herde verriet. Aber er war sicher, sie würde ihm erzählen, was sie wusste, denn wenn diese Bedenken, welche auch immer sie hatte, sie nicht davon hatten abhalten können zu ihm zu kommen, wären sie vermutlich auch für ihn kein allzu großes Hindernis.
    "Es gibt Neuigkeiten?", fragte er nur als er sich auf einen der Stühle setzte. Natürlich gab es die, sonst wäre sie sicherlich nicht hier. "Möchtest du vielleicht etwas trinken?"

  • [Blockierte Grafik: http://s14.directupload.net/images/141021/e4ctfnz5.jpg] | Sarah


    Verräterin! Wenn sie hier fertig war, würde sie sich niergends mehr blicken lassen können, ohne dabei kein schlechtes Gewissen zu haben. Die Tür schloss sich hinter ihr. Nun gab es wirklich kein Zurück mehr. Der Centurio nahm an einem Tisch Platz. Sie trat näher, zog es aber vor, weiterhin stehen zu bleiben. Warum eigentlich? Glaubte sie etwa, so besser fliehen zu können? Dort draußen vor der Tür warteten hunderte von Urbanern auf sie, wenn sie fliehen sollte. Die würden nicht lange mit ihr fackeln.
    „Äh ja, es gibt Neuigkeiten.“ Ihre Anspannung hatte sie wohl kaum vor dem Centurio verbergen können. Er hatte aber Verständnis dafür und versuchte, auf seine Weise die Situation aufzulockern. Etwas zu trinken war gut!
    „Ja, bitte.“ Ein wenig Posca oder verdünnter Wein war vielleicht wirklich hilfreich. „Ich habe heute die Zusammenkunft einiger unserer Brüder belauscht,“ begann sie, zwar etwas zögerlich, doch es schien so, als habe sie sich wieder fassen können und war nun bereit, ihre Aussage zu machen.

  • Avianus bedeutete ihr, einen Augenblick zu warten, als er aufstand, um einen Krug Posca und zwei Becher herbeizuholen. Anschließend schenkte er ihr ein, schob ihr den Becher zu und setzte sich wieder.
    "Gut, dann erzähle mir davon", meinte er, um zu signalisieren, dass er zuhörte. Dabei nahm er den zweiten Becher zur Hand, um auch sich ein wenig Posca zu gönnen. Bisher war er bei Sarah damit am besten gefahren, sich von seiner freundlichsten Seite zu zeigen und sah keinen Grund, an seinem Verhalten etwas zu ändern: Er hatte sie ihn seine Habitatio gelassen, bot ihr Posca an, ein völlig harmloses Getränk, welches nicht einmal ihre Zunge lockern würde, würde selbst ein paar Schlucke mittrinken und beobachtete sie nun abwartend. Bestimmt gab es in der Castra genügend Urbaner, die ihn dafür schief beäugt hätten, aber letzten Endes war ja schlicht jene Strategie, die funktionierte, die beste.

  • Wie in Trance brachte er mit Sibel an seiner Seite den Weg durch die Stadt hinter sich, nachdem sie die Villa des Helvetius Varus verlassen hatten, nahm sie zwischenzeitlich auch unauffällig an der Hand oder legte ihr erneut die eigene Hand in den Rücken.
    Spätestens bevor sie die Castra erreichten, löste Avianus sich jedoch von ihr, nicht ohne ihr allerdings noch ein ermutigendes Lächeln zu schenken und durchschritt dann mit ihr gemeinsam die Porta Praetoria. Zielstrebig führte er sie durchs Lager, gab sein bestes, ihr unterwegs noch zu erklären, wo die wichtigsten Gebäude zu finden waren, und schlug dann endlich den Weg zu den Unterkünften seiner Einheit ein. Dass die Soldaten, die ihnen dabei über den Weg liefen, Sibel den einen oder anderen Blick zuwarfen, ließ sich natürlich nicht vermeiden. Solange es nur bei Blicken blieb, war ja noch alles in Ordnung.
    An den Baracken seiner Leute entlang schreitend, blieb er schließlich vor der Tür zu seiner eigenen Habitatio stehen.
    "Willkommen daheim …?", sagte er mit leicht fragendem Unterton, weil er nicht recht wusste was er sonst sagen sollte, und hielt ihr die Tür auf. Wie daheim sie sich hier fühlen würde, würde sich ja gleich zeigen, denn obwohl inzwischen das ein oder andere Möbelstück dazugekommen war, im Eingangsbereich fand sich noch immer kaum mehr als eine Sitzgruppe und ein Beistelltisch. Aber waren derartige Kleinigkeiten überhaupt noch von Bedeutung, jetzt wo sie endlich wieder unter sich waren? Vermutlich nicht. Er schloss hinter Sibel die Tür. "Ich bin so unglaublich froh, dass du hier bist", meinte er schließlich lächelnd, als er sich dann wieder ihr zuwandte und ihr sanft über die Wange strich, "Ich kann es immer noch gar nicht richtig glauben."

  • Noch schien alles wie ein Traum für Sibel zu sein, als sie sich Hand in Hand ihren Weg zur Castra bahnten. Sie fürchtete, plötzlich aufwachen zu können, um dann festzustellen zu müssen, dass dies alles nur ein Produkt ihrer Phantasie gewesen war. Ein Wunschdenken nur. Doch es war alles real, was sie gerade erlebte. Und das brachte ihre Gefühlswelt ganz durcheinander. Sie konnte dem Glück, welches sich in ihr ausbreiten wollte, noch nicht richtig trauen. Immer musste sie an das zurückdenken, was hinter ihr lag. Viele schmerzliche Dinge, die ihr immerzu die Tränen in die Augen treiben wollten.


    Endlich hatten sie die Castra erreicht. Gute und schlechte Erinnerungen mischten sich hier. Sibel dachte an die Zeit zurück, an der sie sich hier in den nahegelegenen Horti Lolliani immer trafen. Damals hatten sie beide die allerschlechtesten Voraussetzungen, ein Liebespaar zu bleiben. Ihre Liebe aber hatte obsiegt. Und im Nachhinein erinnerte man sich sowieso nur noch an die schönen Dinge, die einem widerfahren waren.


    Avianus löste sich von ihr, bevor sie gemeinsam durch das Tor schritten. Sie hatte dafür Verständnis, denn hier drinnen war sie offiziell nicht seine Geliebte, sondern seine Sklavin. Dennoch waren es gemischte Gefühle, die sie begleiteten, als sie weiter ins Innere vordrangen. Während er voran schritt, folgte sie ihm mit gesenktem Blick, allein darum, um den Blicken der Soldaten ausweichen zu können. Sicherlich gab es hier den einen oder anderen, der sie vielleicht noch mit dem „Aedes iste Letitia“ in Verbindung bringen konnte. Nur wenn Avianus ihr etwas erklärte oder ihr etwas zeigte, hob sie ihre Augen.

    Schließlich standen sie vor seiner Habitatio. Er öffnete und hielt ihr die Tür auf. Noch etwas zögerlich trat Sibel ein und sah sich um. Sie bemerkte dabei sofort, wie viel Platz ihm zur Verfügung stand. Dass dabei seine Unterkunft noch nicht voll möbliert war, störte sie nicht weiter. „Es ist sehr groß,“ stellte sie fest. „Und schön.“ Endlich hatte sie ihr Lächeln wieder gefunden, jetzt da es tatsächlich begann, sich real anzufühlen.
    Seine Hände strichen ihr sanft über die Wange. Diesen Augenblick hatte sie so sehr herbeigesehnt. „Ich kann es auch noch nicht richtig glauben. Als du heute in der Casa erschienen bist, hätte ich nicht im Traum daran gedacht, dass mein Tag hier bei dir enden wird. Ich weiß gar nicht, wie ich dir das jemals danken kann.“

  • [Blockierte Grafik: http://s14.directupload.net/images/141021/e4ctfnz5.jpg] | Sarah


    Bevor Sarah begann, trank sie zunächst einen Schluck. Nicht etwa, dass die Posca sie gesprächiger gemacht hätte. Es war nur der Versuch, die Anspannung, die in ihr herrschte, etwas zu mildern.


    „Es geht um Narseh,“ begann sie. „Du weißt sicher noch, der Perser aus der Taberna.“ Sie stockte kurz , hielt dabei aber weiter Augenkontakt.


    „Ich sah also, wie er sich heute mit einigen Brüdern traf. Ich folgte ihnen, bis zur Werkstatt des Persers. Sie verschwanden ins Innere, doch es gelang mir, sie zu belauschen. Sie planen etwas! Sie planen etwas Schlimmes!“ Sarahs Stimme klang sehr besorgt. Nun da sie darüber sprach und ihr wieder bewusst wurde, in welcher Gefahr die Gemeinde schwebte, empfand sie ihr Hiersein wieder als gerechtfertigt. Das Gute vom Schlechten trennen. Genau das erhoffte sie sich von dem Centurio. Leuten wie Narseh und alle, die mit ihm gemeinsame Sache machten und dadurch das Überleben aller Gemeindemitglieder gefährdeten, musste Einhalt geboten werden. Deshalb war sie jetzt hier. Diese Einsicht gab ihr das Vertrauen wieder zurück, welches sie zuvor verloren geglaubt hatte.

  • Zitat

    Original von Beroe
    Schließlich standen sie vor seiner Habitatio. Er öffnete und hielt ihr die Tür auf. Noch etwas zögerlich trat Sibel ein und sah sich um. Sie bemerkte dabei sofort, wie viel Platz ihm zur Verfügung stand. Dass dabei seine Unterkunft noch nicht voll möbliert war, störte sie nicht weiter. „Es ist sehr groß,“ stellte sie fest. „Und schön.“ Endlich hatte sie ihr Lächeln wieder gefunden, jetzt da es tatsächlich begann, sich real anzufühlen.
    Seine Hände strichen ihr sanft über die Wange. Diesen Augenblick hatte sie so sehr herbeigesehnt. „Ich kann es auch noch nicht richtig glauben. Als du heute in der Casa erschienen bist, hätte ich nicht im Traum daran gedacht, dass mein Tag hier bei dir enden wird. Ich weiß gar nicht, wie ich dir das jemals danken kann.“


    Es ihm danken? Dass sie hier war, war doch bereits der größte Gefallen, den sie ihm tun könnte. Außerdem war Avianus gerade wunschlos glücklich. Er schüttelte erst leicht den Kopf, hielt dann aber inne und ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus.
    "Du könntest wieder öfter lächeln, so wie jetzt", antwortete er, "Oder sogar lachen."
    Er erinnerte sich daran, wie oft sie früher gelacht hatte, früher, ganz zu Beginn eigentlich, als bei ihren Treffen auch noch einen Scherz nach dem anderen gemacht hatte, und irgendwie vermisste er es, denn die Augenblicke, in denen er sie in letzter Zeit wirklich glücklich erlebt hatte, waren viel zu selten gewesen. Aber jetzt wo ihre schlimmsten Sorgen beseitigt waren, würde es vermutlich ganz von allein wieder so werden wie früher, wenn er ihr nur genügend Zeit gab.


    Er griff nach ihrer Hand. "Komm, ich zeig dir den Rest."
    Der Iunier ging voraus zu einer der Türen, die vom Eingangsbereich wegführten. "Da drin ist mein Arbeitszimmer …", sagte er und ließ sie einen Blick hinein auf den Schreibtisch werfen, zu dem sich in den letzten Wochen noch ein Schrank gesellt hatte, "… und da drüben sind noch zwei kleine Lagerräume."
    Groß, hatte er noch immer Sibels Aussage von zuvor im Kopf, und musste dabei noch immer lächeln. Es war dasselbe, was er gedacht hatte, als er seine Habitatio damals zum ersten Mal betreten hatte. Im Vergleich zu den Häusern und Villen, die draußen in der Stadt teilweise existierten, war sie natürlich winzig. Aber wie er hatte sich auch Sibel lange Zeit mit sehr viel weniger zufrieden geben müssen.
    "Das wichtigste wird aber das hier sein", sagte Avianus schließlich und führte sie zur letzten Tür und öffnete sie damit sie mit dem nächsten, vergleichsweise großen Raum, an den zwei weitere anschlossen, den Wohnbereich seiner Habitatio betreten konnte. Durch die Feuerstelle wäre dieser Teil seiner Unterkunft auch im Winter angenehm warm, und als eines der zentralen Möbelstücke lud hier eine Liege dazu ein, sich gegenbenenfalls eine Pause zu gönnen. Dort stellte er nun auch ihren Beutel ab und deutete jeweils auf die beiden weiteren Türen.
    "Das Cubiculum … und eine kleine Kammer, von der ich dachte, du könntest sie haben ..." Ein Bett befand sich darin bereits, denn seit jeher war die Kammer für einen Bediensteten oder Sklaven gedacht, allerdings hatte er den Raum zwischenzeitlich noch zur Abstellkammer degradiert. Zweifellos würde er ihn aber in den nächsten Tagen räumen. Bevor sie jedoch reagieren konnte, setzte er grinsend fort: "… der Form halber natürlich. Ich werde dich nicht zwingen, da drin zu bleiben."

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