Besprechung mit dem Praefectus Praetorio

  • Nachdem Aquilius Severus sich einen ersten Überblick über das Funktionieren der kaiserlichen Kanzlei verschafft hatte, waren in einem nächsten Schritt die Kommandeure der stadtrömischen Einheiten einzuladen. Nicht zuletzt natürlich den Kommandeur der kaiserlichen Leibgarde, den Praefectus Praetorio!

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  • Ächzend und stöhnend hatte Maevius mich empfangen. Ganz fahl im Gesicht war er gewesen, als er zu mir von dem Ruf zur Audienz gesprochen hatte. Ob das nun an seinem Magenleiden lag, oder daran, dass ihm bange war, dem Kaiser Rede und Antwort zu stehen über den Zustand der Einheit, die er unter seinem "Kommando"so hatte verkommen lassen, das sei mal dahingestellt.


    Jedenfalls war nun ich an seiner Stelle hier, in meinem schneidigsten Harnisch, mit kunstvoll geknoteter Tribunenschärpe und über die Schulter drapiertem Paludamentum.
    "Ave Imperator Caesar Augustus Aquilius Severus!" grüßte ich ehrerbietig, die Faust in einem zackigen Salut zur Brust führend.
    "Tribunus Cohortis Praetoriae Decimus Serapio. Der Praefectus Praetorio ist unpässlich. Ich komme in seiner Vertretung."
    Selbstverständlich war ich unter meiner stoischen Miene ungemein gespannt darauf, den neuen Kaiser von Angesicht zu Angesicht zu sprechen. Er war bereits der fünfte Kaiser den ich erlebte... Und selbstverständlich hegte ich die Hoffnung, dass er, anders als sein katastrophaler Vorgänger, den Wert einer gutgeführten Garde zu schätzen wissen würde, und dessen erratische Entscheidungen rückgängig machen würde.

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  • Der Kaiser lag auf einer Kline, während sein Sekretär mit gezückter Tabula neben ihm stand, um jede Anweisung und jede Notiz sofort zu notieren. Gegenüber der Beflissenheit des Sekretärs wirkte Severus selbst geradezu lässig, wie er in einer schlichten Tunica Laticlava auf seinem Platz fläzte und mit der freien Hand gedankenverloren an seinem Amulett, das er um den Hals trug, spielte.


    Als Serapio in voller Montur einmarschierte und militärisch grüßte, richtete er sich allerdings ein wenig auf. "Salve, Decimus!" grüßte er zurück. "Wir kennen uns bereits von meinem Wahltag, nicht wahr?" fragte er dann etwas unsicher. An diesem Tag hatte er mit unzähligen mehr oder minder wichtigen Leuten gesprochen, sodass er sich nicht mehr an jede einzelne Begegnung detailliert erinnern konnte. Aber die Namen der ehemaligen Praefecti Praetorio waren ihm natürlich geläufig und so hatte er Serapio im Hinterkopf behalten.
    "Ich denke, ein ehemaliger Praefectus Praetorio ist eine mehr als adäquate Vertretung für den Amtierenden." Ob das als Kritik an dem als untätig verschrienen Maevius zu lesen war, lag im Auge des Zuhörers.
    Der Kaiser äußerste sich jedenfalls nicht weiter dazu, sondern deutete auf die zweite Kline im Raum. "Nimm Platz... oder bleib stehen, mit Rüstung und Mantel ist es ja nicht ganz so bequem..." Das wusste Aquilius Severus noch zu gut von seinen kurzen, jedoch sehr erfolgreichen Militärdiensten. "Etwas zu trinken?" Neben dem Sekretär waren natürlich auch ständig zwei demütig dreinblickende Sklaven im Raum, die für das leibliche Wohl oder sonstige Wünsche des Imperators zu sorgen hatten.

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  • Dafür, dass er vor kurzem zum mächtigsten Mann der Welt aufgestiegen war, wirkte der Kaiser ausgesprochen entspannt. Unwillkürlich fiel mein Blick auf die kaum merkliche Bewegung seiner Hand an dem Amulett. Ich konnte gerade nicht so genau erkennen was es wohl darstellte? Doch ich hätte darauf gewettet, dass alsbald eine Modewelle über Rom hinwegbrausen würde und alle Welt solche Amulette tragen würde.
    "Ja Imperator," bestätigte ich, auf seine huldvolle Begrüssung hin, "ich hatte die Ehre, der Augusta die große Neuigkeit gleich zu überbringen und sie zum Forum zu geleiten."
    Dass ich mehr als adäquat war, das fand ich allerdings auch. Insbesondere im Vergleich mit der Alternative.
    Was mich erstaunte, und, zugegeben, ein wenig aus dem Konzept brachte, das war die natürliche, geradezu familiäre Weise des Empfangs. Ganz leger im Domus Augustana! Ich war auch nicht darauf eingestellt, es mir auf einer Kline gemütlich zu machen. Dann hätte ich mich tatsächlich weniger martialisch in Schale geworfen. (Oder überhaupt weniger in Schale geworfen, ich kam mir neben dem schlicht gewandeten Imperator recht übertrieben feingemacht vor.) Aber natürlich lächelte ich tapfer über das kleine Problem hinweg, und folgte trotzdem der Einladung, sowas schlug man ja nicht aus. Eins war offenkundig - Kaiser Aquilius Severus wußte, wie man Menschen für sich einnahm.
    "Danke gern." antwortete ich, als er etwas zu trinken anbot. Wobei ich verstohlen meinen Harnisch zurechtrückte, der beim Hinlegen höher gerutscht war und mich nun am Hals etwas drückte. (Egal.)
    Die Ledertasche mit den Unterlagen die ich dabei hatte, über die Truppe und über die Provinzaktivitäten etc, die legte ich, um nicht gleich mit der Tür ins Haus zu fallen, erst einmal neben mich.

  • Der Kaiser nickte nur kurz in Richtung der unauffälligen Sklaven und einer von ihnen verschwand. "Ah, ich glaube, Veturia hatte dich erwähnt." kommentierte Aquilius Severus solange, nachdem Serapio ihm diesbezüglich ein wenig auf die Sprünge geholfen hatte.


    Als sie aber schließlich bereit lagen, kam er doch recht unumwunden zum eigentlichen Anlass der Audienz: "Dann berichte mir, Decimus: Wie ist der Status der Cohortes Praetoriae? Wie ist die Sicherheitslage im Imperium? Welche Aufgaben stehen vor uns, die wir lösen müssen?"


    Kaum hatte er gefragt, tauchte auch schon der Sklave wieder auf, bewaffnet mit einem Tablett, auf dem zwei bauchige Silberbecher standen. Der Kaiser nahm einen von ihnen und nippte kurz daran.

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  • Ein ungeheurer Spalt / Reißt vom Geschlecht der Sterblichen ihn los / Und Gott ist heut, wer gestern Mensch noch war.
    Einen Augenblick konnte ich dann doch nicht anders, als mir vorzustellen, wie das wohl wäre, wenn mein Vater die Nominierung zur Wahl angenommen hätte... und er, wozu die Chancen ja gut gestanden hatten, die Wahl gewonnen hätte... und er nun Herrscher der zivilisierten Welt wäre. Tja.
    Was für ein Wandel war das, so fragte ich mich, der da in einem Menschen vorging, der gestern noch ein Senator von vielen war, oder sagen wir, ein Consular unter zahlreichen... und nun mit einem Mal in so schwindelerregende Höhen hinaufgerissen wurde. War es schleichend, dass die Privatperson sich wandelte und wuchs, zum Vermittler zwischen mundanem und göttlichem Reich, zum Wahren Kaiser, Garant des Heils, nach dem Tode vergöttlicht wie der Divus Iulianus, oder aber zur Geißel der Untertanen. Oder geschah die Metamorphose schlagartig, durch eigene Entscheidung, Zeremonien vielleicht, das Anlegen einer staatstragenden Maske, die dann mit dem Gesicht verschmolz?
    Ich wünschte tatsächlich, ich hätte den Kaiser danach fragen können, doch das wäre natürlich sehr unangemessen gewesen. Und es gab wichtigeres.


    "Auf deine Herrschaft, möge sie lange und gesegnet sein." sprach ich, den Becher in der Hand, trank einen Schluck und widmete mich der ersten seiner Fragen:


    "Die Gardekohorten haben noch immer schwer an den Folgen des Bürgerkrieges zu tragen. Zu den Verlusten in der Schlacht kommen noch die Verluste an guten Männern, die der Garde in der Folgezeit durch Entlassung oder Versetzung auf höheres Geheiß genommen wurden. Dein Vorgänger hat es der Garde nie verziehen, dass sie sich unter meinem Kommando gegen seinen Staatsstreich stellte. Er setzte mich ab, und ließ die Garde führungslos verkommen. Wenn Posten besetzt wurden, dann nach Linientreue, nicht nach Kompetenz. Sowohl Mannstärke als auch Moral der Truppe haben dadurch erheblich gelitten."
    So berichtete ich ungeschönt mit nüchtern-sachlicher Miene, hinter der ich meine Empörung über die ganze Misere fein säuberlich verbarg. Ich war schließlich Profi.
    "Nach dem Tode Cornelius' konnte ich als Tribun in die Truppe zurückkehren, und zumindest in den zwei mir unterstellten Kohorten Disziplin und Drill wieder herstellen. Du hast den Einsatz dieser Männer ja bei der Wacht vor dem Senat gesehen. - Was die Aufklärung in den Provinzen angeht, so arbeite ich daran, unsere Netzwerke an Informanten wieder aufzubauen. Bis der Zustand von vor dem Krieg wieder erreicht ist, ist es noch ein gutes Stück Weg. Darum habe ich den Fokus auf die Provinzen gelegt, die militärisch am bedeutsamsten sind. Aber dazu komme ich gleich. Noch zum Status der Garde, hier die Zahlen."


    Ich legte dem Kaiser die Tabula mit der Aufstellung der Mannstärken vor. Sollstärke hatten nur die aus den anderen Centurien aufgefüllten Einheiten der Palastwache, der Rest der Garde ging auf dem Zahnfleisch. Es war erschreckend, durfte nicht so bleiben, und natürlich hatte ich mir schon Gedanken dazu gemacht wie man dem am besten abhelfen konnte:


    "Um die Garde wieder in alter Stärke aufzubauen, auf dass sie dir eine unerschütterliche, treu ergebene Hausmacht ist, sehe ich drei Dinge als wichtig an, primum: Eine Rekrutierungsoffensive. Da viele Legionen durch den Krieg noch immer ausgeblutet sind, und Verluste exzellenter Männer nur schwer verkraften können, würde ich da langfristig vorgehen. Ich würde mit den Cohortes Urbanae zusammenarbeiten, verstärkt Rekruten für die Urbaner werben, deren Ausbildung unterstützen, und später aus diesem Reservoir unsere Reihen wieder verstärken. Zum Auftakt von all dem würde ich große Militärfestspiele auf dem Marsfeld organisieren, bei denen sich auch die sportliche Jugend im Wettkampf messen kann. Das weckt Ehrgeiz und militärischen Geist der jungen Männer, und wird die Rekruten vermehrt in die Castra Praetoria strömen lassen."
    So stellte ich ihm mein "Programm" vor, kam dann zu einem für mich persönlich doch sehr entscheidenden Punkt. Ich war überzeugt von dem was ich sagte, trug es ihm ohne Anmaßung aber selbstbewußt vor:
    "Secundum ist unerlässlich: ein fähiger Gardepräfekt. Ich will nicht drumherumreden, Imperator - ich habe die Erfahrung und die Verdienste, habe mich in dieser Position bereits bewiesen. Du kannst dir meiner Loyalität sicher sein. Ebenso meiner Autorität und Kompetenz. Ich wäre eine sehr gute Wahl."
    Und zuletzt:
    "Tertium, zur Moral der Männer. Wenn Mannstärke und Führung wieder in Ordnung sind, dann wird auch sie sich wieder aufrichten. Denn die Substanz ist noch da, und lässt sich wieder erwecken, zum Genius Cohortis Praetoriae, zum Korpsgeist der stolzen Eliteeinheit, die für ihren Kaiser und seine Familie durch Feuer geht!
    Dabei ist es wichtig, die Traditionen der Garde zu achten. Das traditionelle Donativum, zu deinem Herrschaftsantritt, ist das eine. Darüber hinaus wird ein Besuch, eine Rede vor der Truppe, oder das Weihen des Fahnenheiligtums mit deinem Bildnis durch dich persönlich, die Männer begeistern und - ohne die Staatskasse zu belasten - ihre Treue zu dir noch viel fester schmieden."


    Nach diesen Ausführungen verstummte ich und trank einen Schluck, um dem Kaiser Gelegenheit zur Erwiderung zu geben, bevor ich mich seinen weiteren Fragen zuwandte.



  • Der Bericht ließ auf Severus' Stirn immer mehr Sorgenfalten entstehen. Seine Garde war ganz offensichtlich nicht gerade im besten Zustand. Andererseits mochte Serapio auch übertreiben: Man wusste ja, dass er nicht gerade ein Freund des vorherigen Kaisers gewesen war.


    Aber egal, wie man es drehte und wendete: Es musste etwas geschehen! Und was, dafür hatte der Tribun auch schon einen Plan, der dem Kaiser ein amüsiertes Lächeln abrang: "Du bist ein kühner Mann, Decimus. Nicht jeder würde es wagen, seinen Vorgesetzten als unfähig und sich als geeigneteren Mann für die Position darzustellen, wenn eben dieser Vorgesetzte ihn geschickt hat." Er machte eine kleine Pause. "Derartiges zeugt nicht unbedingt von Loyalität."


    Tatsächlich legte der Kaiser großen Wert auf Loyalität und Beziehungen. Aber auch auf Ehrlichkeit: "Aber da du die Sache bereits so offen ansprichst: Ich gedenke tatsächlich, Maevius beizeiten einer neuen Aufgabe zuzuführen und mir sind deine Verdienste durchaus bekannt."


    Mit dieser nebulösen Antwort musste Serapio sich vorerst zufriedenstellen, denn vorerst griff der Aquilier ein anderes Konzept auf: "Die Weihung meines Imago genießt hiervor allerdings Vorrang. Bereitet dahingehend alles vor und informiert meinen Sekretär, wann ein geeigneter Zeitpunkt dafür wäre." Er wies mit der Hand auf den emsig notierenden Sklaven neben seiner Kline.

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  • Einen Moment wartete der Kaiser, ob Serapio noch etwas dazu sagen wollte. Aber offensichtlich war er ein wenig eingeschüchtert, sodass der Aquilier einfach fortfuhr: "Die Rekrutierungsoffensive hat ebenfalls meine vollste Unterstützung. Eine voll besetzte, gut geführte Garde hat für mich Vorrang."


    Die konkrete Umsetzung würden die Prätorianer sicherlich eigenständig durchführen können. Blieb vielleicht noch... "Im übrigen lege ich trotz allem Wert darauf, die Traditionen Roms zu wahren, weshalb die Prätorianer wie früher innerhalb des Pomerium in zivil auftreten sollen. Ich möchte nicht wie ein Tyrann wirken, der Angst vor seinem Volk hat." Er lächelte wieder. "...was nicht heißen soll, dass sie nicht bewaffnet sein sollen, versteht sich."

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  • "Die Fakten sprechen für sich, Imperator." bemerkte ich trocken. Treue wem Treue gebührte. Und einem Palma-Funktionär wie Maevius, der in seiner Hohlheit und personalen Substanzlosigkeit – Eigenschaften, die die Zeit seines Aufstieges ja reichsweit geprägt hatten - nur ein Hemmklotz für das Wohl der Garde und den Weg deutlich besserer Männer war, dem gebührte nur eines: auf dem Müllhaufen der Geschichte zu landen. Natürlich lag eine unfreiwillige Komik darin, dass ein Sich-raus-Halter wie Aquilius - der berühmte Bezwinger der Daker, der tatenlos zugesehen hatte, als Palmas Aufständische gegen Rom gezogen und die Ewige Stadt geschändet hatten - mir jetzt etwas von Loyalität meinte erzählen zu können. Doch ich goutierte diese Komik still und nahm lediglich einen etwas angespannteren Schluck des vorzüglichen Weines. Ich war ja Profi, nicht wahr? Und ich wollte zurück zur Macht.
    Zumindest auf die Idee, unser Fahnenheiligtum zu beehren, sprang Aquilius an. Das würde den Männern gefallen. "Verstanden Imperator."


    Während ich meine Gedanken ordnete, um ihm auf seine zweite Frage umfassend Antwort zu geben, fuhr der Imperator schon fort. Erleichtert stellte ich fest, dass meine Worte eben wohl doch nicht, wie es zuerst geschienen hatte, überhört worden waren – er stimmte der Rekrutierungsoffensive zu. Gut. Vielleicht könnte ich ihn ja überzeugen, Schirmherr der Wettkämpfe zu werden, die ich auszurichten gedachte. Wenn es soweit war.


    Als ich von Traditionen gesprochen hatte, hatte ich gewiss nicht die antiquierte Toga-Tradition im Sinne gehabt. Symbolik in allen Ehren, doch der Imperator schien mir etwas arg sorglos...
    "Ich verstehe, Imperator. Die Heiligkeit des Pomeriums ist ein hohes Gut. Wenn du erlaubst, möchte ich zu bedenken geben, dass es, dessen eingedenk, doch wichtig ist deinen persönlichen Schutz angepasst an die Sicherheitslage zu gestalten. Die Männer der Garde stehen bereit, dich jederzeit mit Leib und Leben gegen einen Angriff zu beschirmen – und vermögen dies in stählernem Harnisch noch weitaus effektiver als mit blankem Leib. Stärke zu demonstrieren steht auch einem Wahren Herrscher wie dir, bei dem der Verdacht der Tyrannei fern liegt, gut zu Gesicht, und die jüngere Vergangenheit hat ja leider gezeigt mit welch leichtfertiger Frevelhaftigkeit sich manche der Mächtigen des Reiches über die Heiligkeit des Pomeriums hinwegsetzen, und auch dort nicht vor Blutvergießen zurückschrecken. Manche der Männer, die sich dieses Frevels schuldig gemacht haben, besetzen noch immer hohe Positionen, stehen ständig dicht in deiner Nähe."
    Namen mußte ich da wohl keine nennen.
    "Wenn ich es einmal drastisch ausdrücken darf, Imperator: du bist im Senat umgeben von Männern, die sich schon einmal die Hände mit dem Blut eines römischen Kaisers und seiner Familie befleckt haben, die dieses absolute Tabu gebrochen haben, weil sie mit manchen Entscheidungen des Kaisers nicht einverstanden waren. Du bist umgeben von Männern die dann auch seinen Nachfolger gewaltsam stürzten. Es ist wohl anzunehmen, dass diesen Männern der Gedanke, so einen Frevel noch ein weiteres mal zu begehen, so sie meinen, Anlass zur Unzufriedenheit zu haben..." Und welcher Herrscher mußte nicht mal auch unpopuläre Entscheidungen treffen. "...nicht gänzlich fern liegen dürfte. - So wie man einen Hund, der einmal - oder gar zweimal! - schon seinen Herrn gebissen hat, nicht frei laufen lassen wird..." Sondern totschlagen. Aber das schien er ja nicht vorzuhaben. "...so würde ich an deiner Stelle gegenüber diesen Personen stets wachsam und auf größte Sicherheit bedacht sein."
    Jetzt sprach ich natürlich nicht mehr nur von der Ausrüstung der Prätorianer...
    "Damit meine ich zum einen den bestmöglichen persönlichen Schutz für dich und deine Familie durch eine starke und wenn von nöten auch wohlgewappnete Garde, durch genaue Überprüfung der Menschen, die in deine Nähe kommen, durch sorgfältige Auswahl der Dienerschaft, und auch durch Vorkoster, die sich routinemäßig immer erst einmal vergewissern dass du deine Speisen und Getränke auch bedenkenlos zu dir nehmen kannst.
    Natürlich rate ich auch entschieden dazu, die Männer, die jene Frevel gegen deine Vorgänger begangen haben, von Positionen, die militärische Schlagkraft beinhalten, fern zu halten. Sowie, sie genau im Auge zu behalten, damit, falls der Funke des Aufstandes gegen dich entspringen sollte, dieser sofort ausgetreten werden kann, bevor er eine weitere verheerende Feuersbrunst entfacht."

    Der Schoß war fruchtbar noch, aus dem dies kroch.
    "Ich habe deine inspirierende Rede vernommen, Imperator, und ich sehe deine Vision von der Überwindung der Kluft, die der Bruderkrieg durch das Reich geschlagen hat, von der Versöhnung des Reiches, hin zu Stärke und Einheit. Ich will dies mit dir tragen, und meinen Beitrag dazu leisten, ohne die wertvollen Lektionen der Vergangenheit dabei ausser Acht zu lassen. Um deine Vision zu verwirklichen, den Frieden zu festigen und Rom zu neuer Einigkeit zu führen, muß zuallererst deine Sicherheit und die deiner Familie gewährleistet sein. Denn alle Hoffnungen verkörpern sich in deiner erhabenen Person, ruhen auf deinen Schultern."
    Wenn auch ihn jemand ermorden würde, und wieder Krieg ausbräche, das wäre der allerschlimmste Albtraum...





    edit: Satzbau...^^

  • Geduldig hörte sich Severus das ausführliche Plädoyer des Tribuns für seine Sicherheit an. Offensichtlich hatte der Decimer eine ziemlich niedrige Meinung vom Senat, dem Aquilius so viele Jahre angehört hatte, ohne sich irgendeiner Partei zu sehr zu verschreiben. Das war sein Rezept gewesen, um alle Machtwechsel, Bürgerkriege und Streitigkeiten zu überleben. Und letztlich zum Kaiser erhoben zu werden.
    Natürlich hatte er auch am Rande mitbekommen, dass Serapio ein ganz anderes Leben geführt und am Ende aufs falsche Pferd gesetzt hatte. Das war aber kein Grund, alle Rennställe zu verdammen! "Ich weiß deine Sorge zu schätzen, Decimus. Aber ich bin überzeugt, deine Männer bedürfen keiner Gefechtsausrüstung, um einen Mann vor einem einzelnen Meuchelmörder oder einer Schar wirrer alter Männer zu schützen, oder?" Und seit Divus Iulius war wohl auch kein Kaiser durch Senatorendolche umgekommen. Da war es verständlicher, die Prätorianergarde abzuschaffen. "Wie ich schon sagte, geht es keineswegs darum, auf Schutz zu verzichten. Es geht mir darum, Vertrauen zu demonstrieren. Seit der Vertreibung der Könige ist es Sitte, dass die Consuln sich nicht von Männern mit Schwertern und Rüstungen, sondern nur von Liktoren begleiten lassen. Warum sollte also ich mit Soldaten durch die Straßen marschieren wie der Statthalter einer Besatzungsmacht?" Er sammelte sich kurz. "Ich bin sicher, ein Gladius in der Hand eines Prätorianers ist mehr als genug Schutz, als ich benötige. Und innerhalb eurer Einrichtungen - auch hier oben auf dem Palatin - ist es euch natürlich gestattet, für den Notfall Gefechtsausrüstung bereit zu halten."

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  • Meine Argumente trafen auf taube Ohren. Ich verschloß ein Seufzen tief in meiner Brust, als ich erkannte: Unser lächelnder neuer Kaiser, Liebling der Götter, schien sich für unverwundbar zu halten. Was gab es schöneres als Leibwächter, als für die Sicherheit von jemandem verantwortlich zu sein, der in einer Schlangengrube Vertrauen über Sicherheit stellte.
    "Meine Männer werden dich und deine Familie mit Leib und Leben verteidigen, zu welchen Mitteln deine Feinde auch greifen mögen. Wenn du es ihnen nicht gestattest, ihre Rüstungen zu tragen, dann werden sie dich selbstverständlich auch mit blanker Brust schützen." antwortete ich ernst. Wen interessierte es schon, ob ein Prätorianersoldat abgestochen wurde, Hauptsache die zimperlichen alten Senatoren fanden nichts zu meckern.
    Weiterhin gab ich höflich zu bedenken:
    "Bräuche ändern sich mit den Jahrhunderten. Du bist als Kaiser des Reiches ungleich mehr als ein Konsul, bist zugleich Oberbefehlshaber des Exercitus romanus. Diesen Aspekt, und die dir daraus entstehende Herrschaftsmacht, auch symbolisch im Auftritt deiner Eskorte auszudrücken, würde lediglich das Ausmaß deiner Stärke darstellen, und einem starken Kaiser schenken die Bürger gerne ihr Vertrauen. - "
    Ein jeder Römer von heute wußte doch, wie sehr die Rede vom "Ersten unter Gleichen" Augenwischerei war.
    "Auch die Stadtkohorten patrouillieren ja mittlerweile gerüstet durch die Stadt, ohne dass Anstoß daran genommen wird. Weil es praktikabler ist, Stärke zeigt, Übergriffe von vorneherein massiv abschreckt. Soldaten im Friedenskleid sind etwas Schönes in goldenen Friedenszeiten, doch wie du selbst sagtest, Imperator, die Wunden des Krieges sind tief, das Reich noch immer zerrissen. Die Gefahr einer weiteren Verschwörung, eines weiteren Putschversuches durch die Frevler unter den Senatoren, die sich in der Vergangenheit daran gewöhnt haben, ihnen mißliebige Kaiser mitsamt Familie ungestraft zu ermorden, diese Gefahr ist real."
    Sah er das denn nicht? Kassandra, arme Kassandra, du Schwester im Geiste, ich kann nachvollziehen wie dir das damals ging... Als sie das Pferd in die Stadt zogen, und alle dir sagten: Hab doch Vertrauen, stell dich doch nicht so an, was soll schon sein.
    "Darum möchte ich dich, bei allem Respekt Imperator und allein im Hinblick auf deine und deiner Familie bestmögliche Sicherheit respektvoll darum ersuchen, Vertrauen nur denen gegenüber an den Tag zu legen die es verdienen... Und vielleicht, wenn es dir genehm ist, dir auch die Frage des Zivilkleides in diesem Lichte noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen in den nächsten Tagen, eventuell auch eine etwas flexiblere Regelung in Betracht zu ziehen, bei der dem Pomerium ebenfalls der gebührende Respekt erwiesen wird, doch auf andere Weise, etwa durch eine spezielle Lustratio für die Gardisten die dort Dienst tun, oder durch einen weißen Mantel über dem Harnisch, der diesen und die Waffen größtenteils verdeckt, und somit, ohne die Kampfkraft zu schmälern, der ehrwürdigen Tradition symbolisch genüge tut? Oder etwas ähnliches."
    Tiberius Aquilius Severus Augustus, strahlende Hoffnung Roms, war es dem Reich verdammt noch mal schuldig, alles zu tun um sich nicht ermorden zu lassen! Und dazu gehörte es auch, die Garde einfach ihre Arbeit machen zu lassen, anstatt zuallererst unser unter den vorigen Herrschern entstandenes Gewohnheitsrecht zu beschneiden.
    "Finden die anderen Sicherheitsmaßnahmen von denen ich sprach deine Zustimmung?"

  • Die Zusage des Decimers klang nicht so vorbehaltlos, wie der Kaiser dies erwartet hatte. Entsprechend sah er für einen Moment ein klein wenig enttäuscht aus.
    "Ich werde darüber nachdenken. Bis dahin befehle ich, dass die Männer, die mich direkt begleiten, über ihren Waffen eine Toga tragen, sodass man die Schwerter und Rüstungen nicht offen sieht." beschloss er schließlich nach kurzem Nachdenken.
    Gedankenverloren ging seine Hand zu dem goldenen Talisman, als er noch die letzte Frage des Tribuns beantwortete: "Einen Vorkoster und Wachen an den Toren habe ich nie in Frage gestellt. Jedoch werde auch ich Senatoren und Equites nicht mehr durchsuchen lassen. Alle anderen: ja."

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  • "Zu Befehl, Imperator."
    Ich hatte den Kaiser wohl ein wenig verstimmt. Doch zumindest schien er gewillt, es sich noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Nun ja, wer bekam schon gute Laune davon, die eigene Sterblichkeit vor Augen geführt zu bekommen? Aber es war unsere Aufgabe, die Aufgabe der Garde, sein Leben zu beschützen, und Kaiser zu sein war nun mal brandgefährlich. Wenn man sich die letzten vier ansah, von denen drei gewaltsam und verfrüht gestorben waren (während ich den vierten liebend gerne eigenhändig gerichtet hätte, wenn den Giftgreis nicht zuvor die Furien selbst in den Tartaros gerissen hätten), dann konnte man nur zu dem Schluß kommen, dass die Kaiser Roms ähnlich sicher lebten wie die Gladiatoren auf dem Sand der Arena.
    Wir würden wohl die alten Kampftechniken der Gladius-und-Toga-Kombination wieder vermehrt aufgreifen müssen. Einige Veteranen aus der guten alten Zeit waren noch immer wahre Meister darin, die Toga um den Arm gewickelt Angriffe abzulenken, oder sie, mit Bleigewichten im Saum versehen, fast so wie ein Retiarius sein Netz handhabt, über Angreifer zu schleudern.


    Sogleich folgte die nächste Anweisung, die mir ebenfalls unsäglich leichtsinnig dünkte. Senatoren und Equites nicht durchsuchen? Nachdem all die Verschwörer und Kaisermörder unter ihnen noch immer frei herumliefen? Wozu waren wir Prätorianer eigentlich da – als Dekorationselemente? Ich biss die Zähne zusammen. Ich fühlte mich so... müde.


    "Wie du wünschst Imperator. Ich werde Anweisung geben, dass der Schutz in deiner, sowie deiner Familie, direkten Umgebung verstärkt wird, um im Fall des Falles die fehlenden Kontrollen zu kompensieren. Ich kann dir nur dringend raten, bei jedweder Art von Empfang, Audienz und Besuch ständig Wächter der Garde präsent zu haben. Die Vergangenheit lehrt, dass Verrat plötzlich zu kommen pflegt, und beinahe nie aus der Richtung aus der man ihn erwartet.


    Des weiteren möchte ich die Dienerschaft des Palastes einer allgemeinen Überprüfung unterziehen. Auch dies als Lehre aus der Vergangenheit. Der ruchlose Küchensklave, der sich von dem Verschwörerzirkel Cornelius' bestechen ließ, und darauf Kaiser Valerianus, seiner Gattin und seinem jungen Sohn das Gift verabreichte, das sie alle tötete, dieser Sklave ließ sich zu diesem ungeheuerlichen Verbrechen verführen, weil er eine Schwäche hatte, die die Verschwörer zielsicher ausnutzten: er war dem Glücksspiel verfallen und hatte hohe Schulden. Um das zu verhindern, dass in der Zukunft noch einmal die fatale Schwäche eines Bediensteten verwendet wird um ihn zum Werkzeug des Verrates zu machen, darum die Überprüfung. Damit wir unzuverlässige Elemente, die zu Sicherheitsrisiko werden können, im Vorneherein schon aus deiner Umgebung entfernen können.


    Darüber hinaus möchte ich anregen, dass du einen erwiesenermaßen loyalen Medicus auswählst, der stets Antidote gegen die gängigen Gifte parat hält. Vielleicht wäre es sogar ratsam, sich mittels einer Theriakkur zu feien?"
    Doch da würde ein Experte ihm sicher besseren Rat erteilen können, ich wollte nur den Gedanken aufwerfen.
    "Und noch zuletzt zur Sicherheit – die Erfahrung lehrt auch, dass Fehler meist dann geschehen, wenn die Routineabläufe verlassen werden. So wie zur Saturnalienzeit... Mir ist bewußt, wie lästig all die Vorkehrungen sein müssen, und wie einschränkend, doch ich bitte dich, in deinem eigenen Interesse sowie dem des gesamten Reiches, sie auch in solchen Ausnahmefällen zu wahren. Und ich würde dich auch respektvoll bitten, Imperator, dies deiner Familie ebenfalls einzuschärfen."


    Bei der Augusta hatte ich wenig Sorge, dass sie die Vernunft ausser acht lassen könnte, doch der Caesar war jung, wirkte lebhaft, und es wäre nur natürlich, wenn er durch all die Sicherheitsmaßnahmen sich gegängelt fühlen würde.
    Um nach all diesem düsteren Erörterungen vielleicht – hoffentlich – die Laune des Kaisers wieder ein wenig zu heben, schloß ich noch einen Vorschlag an:


    "Was ausserdem deine Familie betrifft, Imperator. Wäre es in deinem Sinne, wenn wir, um die Treue der Garde zu deiner gesamten Familie zu unterstreichen, bei der feierlichen Weihe deiner Imagines auch die Bildnisse der Augusta und des Caesar in unsere Feldzeichen aufnehmen?"

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  • "Eine Überprüfung des Palastpersonals ist sicherlich geraten. Kümmere dich darum." bestätigte der Kaiser den nächsten Sicherheitsvorschlag. Geistig seufzte er aber, denn schon jetzt waren ihm die Einschränkungen, die er als Imperator hatte, lästig. Vorbei waren wohl die Tage, in denen er spontane Ausflüge in die Gärten der Stadt oder zu befreundeten Senatoren machen konnte.


    "Gibt es einen kaiserlichen Leibarzt, den ich gefahrlos übernehmen kann?" fragte er dann aber, sich dem Schicksal ergebend.


    Und zuletzt bestätigte er schließlich den erfreulicheren Vorschlag des Decimers hinsichtlich seiner Familie: "Eine hervorragende Idee. Diese Praxis kann im Grunde auch auf andere Einheiten des Reiches ausgeweitet werden, meinst du nicht auch?" Er hatte vor, seinem Filius das Erbe zu sichern. Also war es sicherlich gut, wenn seine Legionen sich schon einmal an das Gesicht des Prinzen gewöhnten.


    "Apropos Legionen: Wurden die bisherigen Kaiser vornehmlich vom Officium ab Epistulis oder den Präfekten der Garde in Militärbelangen beraten?" warf er dann noch ein, wo er gerade daran dachte.

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  • Zumindest diese Maßnahme wurde genehmigt. Ja, alle würde ich sie überprüfen lassen, die Palastdiener, befragen, durchleuchten, und ein paar von ihnen zu Informanten machen. Und Akten über sie anlegen, versteht sich. Am liebsten hätte ich einem nach dem anderen den Kopf aufgeklappt und hineingesehen... nicht nur bei den Dienern, versteht sich, am liebsten hätte ich die Gedanken eines jeden Menschen in dieser Stadt, ach was, im gesamten Reich, fein säuberlich durchsiebt, auf hochverräterische Elemente überprüft, und solche Subjekte beizeiten aus dem Verkehr gezogen, noch bevor sie Unheil anrichteten, oder andere mit dieser, für das Gemeinwohl im höchsten Maße bösartigen, Pestilenz anstecken konnten...
    Das wäre schön. Was für eine wunderbare Welt wäre das, in der den Hütern der Sicherheit solche Mittel zur Verfügung stünden! Alle würden in Frieden leben, beschützt und satt, unter einem starken und unangefochtenen Monarchen... Eine paradisische Utopie.
    - Nur ein kleiner Gedanke stellte sich quer: wenn jemand meinen Kopf aufklappen würde... und meines "Lasters" gewahr würde... würde ich dann nicht auch zu den womöglich erpressbaren Kandidaten gezählt, und von einem pflichtbewußten Oberhüter der Sicherheit aussortiert werden?
    Schwierig. (Besser nicht zu viel drüber nachdenken.)


    Ein kaiserlicher Leibarzt... Der des Cornelius Palma kannte sich sicherlich bestens mit Giften aus, aber: NEIN. Die des Vescularius Salinator hatten auf mich den Eindruck halbseidener Scharlatane gemacht, wenn man auch sagte, dass ihre Potenzmittel sehr gut gewesen sein sollten. Ulpius Valerianus hatte, ob seines auszehrenden Leidens, natürlich ständig sehr renommierte Ärzte um sich gehabt. Sie waren nach seiner Ermordung verhaftet worden, ebenso wie das übrige Gefolge und Personal der misenesischen Kaiservilla, zwei von ihnen waren mir später bei den Ermittlungen behilflich gewesen.
    "Zur Zeit nicht. Doch früher gab es da verdienstvolle Persönlichkeiten. Ich werde schleunigst in Erfahrung bringen, wer von ihnen noch in Frage kommt, Imperator."


    Meine Idee mit den Imagines sagte dem Kaiser zu.
    "Mit Sicherheit. Die anderen Einheiten tragen die Imagines zwar nicht direkt an ihren Signa, so wie wir - " Bekanntlicherweise ein exklusives Vorrecht der Garde, welches unsere besondere Nähe zum Kaiser auch symbolisch widerspiegelte. Bei den Legionen gab es hingegen eine spezielle Kaiserstandarte, und einen Imaginifer, der sie trug. "- doch die Abbilder deiner Familie feierlich in die Kaiserstandarten der Legionen aufzunehmen, das wird ebenfalls ein starkes Zeichen setzen. Die Bedeutung der Feldzeichen für die Milites, die kann ja gar nicht überschätzt werden."
    Ganz besonders für die einfachen Soldaten. Der Geist der Einheit wohnte in den Standarten, das Kriegsglück haftete daran, sie wurden bekränzt, gesalbt und kultisch verehrt.


    "Alltägliche Verwaltungsfragen oblagen dem ab epistulis, doch bei strategischen Fragen, und bei militärischen Angelegenheiten von größerer Tragweite waren die Gardepräfekten die ersten Berater."
    Was mich zum nächsten wichtigen Thema brachte.
    "Wenn es dir recht ist, würde ich dann zur Sicherheitslage in den Provinzen kommen..." begann ich, nach meinen Unterlagen greifend.

  • "Sehr gern." bestätigte der Kaiser und sein Scriba machte eine Notiz. Für Ärzte hatte Severus noch nie sehr viel Begeisterung übrig gehabt.


    Viel besser kannte er sich bei den Legionen aus, sodass er die kleine Belehrung des Tribuns natürlich nicht unbedingt nötig hatte. "Ich werde das nochmals mit dem Officium ab Epistulis bereden." schloss er dieses wie das strategische Thema schließlich ab.


    Blieb ein höchst bedeutsamer Part, für den die Prätorianer zuständig waren. "Bitteschön." bat er daher um den Lagebericht und brachte sich in eine etwas bequemere Lage. Das war sicherlich ein etwas längerer Monolog.

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  • "In den Provinzen herrscht im Großen und Ganzen eine angespannte Ruhe. Statthalter und Legaten haben ihre Truppen nach dem Ableben Cornelius' beinahe durchweg in Alarmbereitschaft versetzt, doch nicht in Marsch. Das Reich ist kriegsmüde und viele Legionen noch immer ausgeblutet. Mit deiner Wahl, Imperator, beginnt die Lage nun sich wieder zu beruhigen."
    So begann ich, und ging darauf nacheinander die Provinzen durch, erst die wichtigsten Grenzen:


    "Die Lage an der Parthergrenze ist soweit stabil. Der Statthalter Syriens hatte sie zwar über längere Zeit militärisch entblößt, doch glücklicherweise gab es im Reich der Parther zu jener Zeit ebenfalls innenpolitische Wirren, so dass sie diese offene Flanke nicht ausnutzen. Der Shah in Shah bekämpfte einen Gegenkönig, welcher noch immer nicht besiegt ist. Zudem gab es in jüngster Zeit Einfälle barbarischer Stämme, der 'Alanoí', im Kaukasus, welche militärische Kräfte der Parther banden. Unser Klientelkönigreich Armenien ist davon bisher nicht betroffen, es ist jedoch eine Machtverschiebung am nördlichen Ende unserer Grenze zu den Parthern, welche es im Auge zu behalten gilt. Ein Abkommen über den Grenzverlauf gibt es nicht, hätte bei der verräterischen Natur der Parther aber auch wenig Wert.
    Im südlichen Bereich der Grenze ist die Nabatäafrage weiter offen und bedarf dringend der Klärung. Nach dem Tode unsere Klientelkönigs ist die zentrale Herrschaft dort zerbrochen, die arabischen Stämme bekriegen sich untereinander. Es gab Überlegungen das Gebiet dem Imperium einzuverleiben, oder zumindest einen neuen Vasallen als König zu etablieren. Aus strategischer Sicht ist das eindeutig vonnöten, auch durch seine Handelswege ist Nabatäa wertvoll. Soviel jetzt nur kurz dazu. Um diese Frage weiter zu beraten empfehle ich dir, dann ausserdem den Senator Tiberius Lepidus hinzu zu ziehen, der sich als Quaestor viel mit dieser Materie befasst hat."


    "Die Germanengrenze bedarf ebenfalls der Aufmerksamkeit. Es brodelt jenseits des Limes, die Stämme der Chatten sind aufmüpfig geworden, haben sich zusammengeschlossen und zahlreiche Siedlungen anderer Stämme überrannt, auch nahe des Limes. Es gab bereits einen Zusammenstoß mit einer Abteilung der Legionsreiterei der Zweiten.
    Hinzu kommt, dass der Statthalter Vinicus Hungaricus sich aus gesundheitlichen Gründen zurückgezogen hat. Ein potentieller Nachfolger für ihn wäre sicherlich der Legat der Zweiten, Arennius Cavarinus, der sich in der Vergangenheit als fähiger und kluger Kommandant hervorgetan hat, und der mit der Lage dort in allen Einzelheiten bereits vertraut ist."


    "Die Situation in Dakien ist weiterhin ruhig, und seitdem du die Provinz befriedet hast, Imperator, treten immer mehr Jazygen und sogar Roxolanen den Hilfstruppen bei." gab es auch einmal eine gute Nachricht.


    "In Ägypten ist die Lage ebenfalls stabil, lediglich die üblichen Aufstände des Pöbels von Alexandria und die üblichen Räubereien zu Land und zu Wasser sind vorgefallen. Es gab keine größen Vorfälle mit den Blemmyern mehr. Die Classis Alexandrina patrouilliert und sichert unsere Getreidelieferungen."


    "In Britannien hat es eine weitere Revolte des Stammes der Briganten gegeben. Der Statthalter hat diese bereits niedergeschlagen. Cornelius Cethegus hat die Provinz fest im Griff. Er hat nun mit einem riesigen Bauprojekt begonnen, dem 'Corneliuswall', einer Art Limes an der Nordgrenze der Provinz, der von Küste zu Küste quer durch die Insel geplant ist... Die lange Zeit seiner unangefochtenen und geographisch, sowie durch den Krieg, isolierten Statthalterschaft, scheint allerdings auch dazu geführt zu haben, dass er die Bindung an Rom vernachlässigt. So hat er Aurei mit nur seinem eigenen Konterfei und besonderer Reinheit geprägt, anlässlich des letzten Sieges über die Briganten."


    Sodann berichtete ich dem Kaiser noch allerlei aus den übrigen Provinzen (womit ich dich, lieber Leser, nun aber nicht in allen Details langweilen möchte), von den Unruhen in den mauretanischen Hilfstruppen, von dem verheerenden Erdbeben in Smyrna, von den Tempelverwüstungen, die die zypriotischen Juden in ihrem seltsamen, bilderstürmerischen Wahn angerichtet hatten, und ihren Verbindungen nach Kyrene. Und vieles mehr aus dem weiten Imperium....
    Zuallerletzt streifte ich das militärisch völlig unbedeutende Fleckchen Bithynien und Pontus.


    "In Bithynien und Pontus ist der ausserordentliche Statthalter verstorben, Plinius Caecilius Secundus, ganz kürzlich erst, es wurde noch kein Nachfolger entsandt." Ein Verlust für die literarische Welt war das vor allem.
    "Er hatte in der letzten Zeit viel mit den Umtrieben der Christianersekte dort zu kämpfen, dieser ansteckende Aberglauben floriert in jener Provinz und breitet sich dort wohl rapide aus. Plinius ging recht milde mit den Sektierern um und nahm nur die Verstocktesten fest. Ein Gefangenentransport ist zur Zeit unterwegs, damit diese Rädelsführer hier in Rom ihr gerechtes Urteil erhalten."


    Darauf rückte ich meinen Harnisch zurecht, der schon wieder so unbequem am Hals einschnitt und trank, während ich des Kaisers Reaktion aufmerksam verfolgte, einen Schluck, um meine Kehle wieder zu befeuchten.

  • Aufmerksam lauschte der Kaiser dem Bericht, der Schritt für Schritt alle Provinzen durchging. Sein Interesse bekundete er auch durch einige Zwischenfragen:
    Zu Nabataea fragte er: "Können die Speculatores in Zusammenarbeit mit Senator Tiberius ein Dossier erstellen, welche Szenarien denkbar sind?" Die Handelsrouten nach Osten waren immerhin von unschätzbarem Wert!
    Zu Germania kam ein "Brauchen wir eine Verstärkung der Truppen dort? Oder werden die Legionen dort oben mit dem Problem fertig?"
    Zu Britannia blieb schließlich noch ein: "Wie ist Cornelius' Beziehung zu den Kommandeuren auf der Insel? Vielleicht sollten wir das Personal dort wieder einmal ein wenig durchmischen..." Nicht, dass der nächste Kaiser wieder ein Cornelius wurde...

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  • "Jawohl Imperator." nahm ich den höflich formulierten Befehl entgegen. Ein Dossier zur Nabatäafrage also. Wie schön war es doch, einen Kaiser zu haben, der den Wert umfassender Information, Aufklärung und Analyse zu schätzen wusste! Eine gute Gelegenheit wäre das ausserdem, diesen Tiberius, der so viel von sich reden machte, mal persönlich kennenzulernen.


    Zu Germania superior antwortete ich: "So wie sich die Lage zur Zeit darstellt, haben die Legio II und die Ala Numidia alles im Griff. Eine Verstärkung der Truppen ist zur Zeit nicht vonnöten. Es gilt natürlich, das genau im Blick zu behalten. Doch sollte die Lage sich ändern und kurzfristig dort Verstärkung nötig sein - die Legiones XXI und VII und die Raetische Reiterkohorte befinden sich nur einige Tagesmärsche entfernt."
    Natürlich gab es auch weniger offene Wege die Barbaren im Zaum zu halten.
    "Darüber hinaus möchte ich anregen, Imperator, einen Sondergesandten auszuwählen *, der dann auch jenseits des Limes für uns aktiv wird. Es hat sich doch bisher oft bewährt, die Streitigkeiten zwischen den Barbaren gezielt zu schüren. Und die Chatten sollen ja besonders streitlustig sein" Das hatte ich in den Berichten über Domitians Chattenkriege gelesen. "und viele Feinde unter den anderen Stämmen haben, Erzfeinde im Stamm der Hermunduren."
    Und nochwas: "Die Erfahrung zeigt ja, dass solche plötzlichen Expansionsbestrebungen oft mit dem Aufstieg charismatischer Führungspersönlichkeiten zusammenhängen. Wenn das auch da so ist, was es herauszufinden gilt, dann könnte ein geschickter Gesandter jenen Anführer vielleicht als Klienten des Reiches kaufen. Oder dafür sorgen dass ihn das Zeitliche segnet, bevor er uns wirklich Ärger macht."
    (Ein Speculator hatte Gerüchte von einer Art Amazonenkönigin aufgeschnappt, doch das war gewiss nur Humbug.)


    Zum Thema Britannien nickte ich bestätigend, durchmischen klang für mich sehr vernünftig, und meinte knapp: "Sie sind ihm treu ergeben, insbesondere der Kommandant der Classis Britannica, zu dem auch Familienbande bestehen." Dann musste ich in meinen Unterlagen nachsehen, fand noch ein Detail und steuerte noch bei: "Mit Ausnahme des Legaten der XX, der sich... seit einem Zwischenfall bei einem Bankett in Londinium... eine Meinungsverschiedenheit, es ging wohl um die Liegeordnung... dem Statthalter gegenüber sehr indigniert zeigt."
    Der Bruder Palmas war schon eine geheimnisvolle Figur. Er hatte sich dem Bürgerkrieg nicht angeschlossen, was ich natürlich als eine ehrenvolle Entscheidung ansah, er hatte seine Provinz gut im Griff, und zugleich herrschte er da auf der Insel weitab von Rom wohl mittlerweile wie von eigenen Gnaden. Es hatte ja durchaus seinen Sinn, dass solche Provinzkommandos normalerweise zeitlich beschränkt waren.




    Sim-Off:

    *Da sich die Chance, einen Spion auf abenteuerlicher Mission im Barbarenland zu spielen, ja nicht alle Tage bietet, soll das hier nur ein möglicher Aufhänger für eine solche Story sein. Falls irgendein Spieler Lust darauf hat, diese Spielmöglichkeit zu ergreifen. ;)

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  • Auch das hörte sich der Kaiser interessiert an. "Keine schlechte Idee. Wäre das nicht auch ein Fall für die Speculatores?" fragte er dann. Tatsächlich war Severus das Potential dieses Geheimdienstes noch nicht voll bewusst, aber dass Speculatores auch in den Provinzen operierten, hatte er während seiner eigenen Statthalterschaft schon erfahren. "Oder dachtest du eher an einen offiziellen Gesandten, der sich nicht einschleicht, sondern... nunja, offiziell verhandelt?" Beide Optionen schienen denkbar. Es kam wohl auf die konkrete Lage vor Ort an, die es herauszufinden galt.


    Der Fall Britannia war dagegen abgehakt. In seiner Klientel gab es genügend Männer, die als Dank für ihre Unterstützung bei der Kaiserwahl mit einer prestigeträchtigen Statthalterschaft wie Britannia belohnt werden konnten.

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