Endlich war der große Tag gekommen. Das Projekt, das heute sein Ende fand, hatte Jahrzehnte nervenaufreibender Debatten, mehrere Bauphasen, fünf Kaiser, drei Bürgerkriege, diverse Bauleiter und immer wieder lähmende Unterbrechungen erlebt. Doch nun war das Ulpianum vollendet: Eindrucksvoll ragte an der Via Sacra der Porticus und die dahinter liegende Kuppel 30 gradi* in die Höhe und überragte damit die umliegenden Gebäude und selbst den gegenüber liegenden Tempel der Venus und Roma. Die Römer mochten sich bereits an den Anblick gewöhnt haben - immerhin stand das Bauwerk schon mehrere Jahre, doch heute trennte kein Holzzaun mehr das Bauwerk von der Via Sacra, sodass es in seiner ganzen Pracht zu sehen war: Mehrere Stufen führten zum dem Portikus hinauf, der von sechzehn korinthischen Säulen getragen wurde. Oben auf dem Giebel war in goldenen Lettern, heute verziert von frischen Girlanden, eine Inschrift angebracht:
GLORIAE HISTORIAEQUE POPULI ROMANI
Dahinter zeichnete sich die Kuppel ab, unter der das Herz des Bauwerks, der Kaisersaal befand. Im Boden aus polierten Marmorplatten spiegelte sich die reich verzierte Kuppel, die zwischen Stuck-Elementen Szenen aus der Geschichte Roms zeigte. Beginnend mit der Gründung der Stadt durch Romulus und Remus über die Vertreibung der Könige und die Triumphe der Imperatoren und Caesaren führte sie bis zu den Dakerkriegen des Divus Traianus, den Germanen- und Partherkriegen des Divus Iulianus sowie den Siegen des zweiten Ulpiers über die Aufständischen in Hispania.
Dieses Wechselspiel aus Marmor, korinthischen Säulen und Stuck setzte sich auch in den Nebenhallen fort, die in den vier Himmelsrichtungen von der Kaiserhalle abgingen:
Die rechte von ihnen war den drei ulpischen Kaisern gewidmet, für die man gewaltige Statuen an den drei geschlossenen Wänden aufgestellt hatte: Zur Linken stand Marcus Ulpius Traianus Optimus Dacicus, gegenüber des Durchgangs der Stifter dieses Bauwerks, Lucius Ulpius Iulianus Divi Traiani Filius, und zur Rechten der letzte Ulpier, Gaius Ulpius Aelianus Valerianus Divi Iuliani Filius. Die drei Darstellungen trugen jeweils ihr Feldherrengewand, die Brustpanzer zierten Reliefs ihrer wichtigsten Kriegstaten, die Füße waren dagegen als Zeichen ihrer Göttlichkeit unbeschuht. Da sie außerdem lebensecht bemalt waren, wirkte es, als hielten hier mitten in Rom drei Giganten Kriegsrat. Hier würde zukünftig auch die kultische Verehrung der ulpischen Kaiser stattfinden, worauf bereits eine Öffnung im Boden zur Darbringung von Trankopfern verwies. In der Seitenhalle zur Rechten waren - gewissermaßen als Pendant zu den Statuen - Beutestücke der drei Kaiser ausgestellt: Dakische Feldzeichen mit den charakteristischen Drachenhäuptern, Rüstungen parthischer Kataphrakte, illyrisches Gold und vieles mehr.
Gegenüber des Portals mündete der Rundbau schließlich in die Ehrenhalle, in der die Büsten herausragender Bürgerinnen und Bürger ausgestellt werden sollten: Während der Raum selbst von zahlreichen Säulen dominiert waren, zierten die Wände zahlreiche Sockel, um die Büsten der Helden Roms aufzunehmen. Fünf von ihnen waren bereits mit Büsten bestückt, die jedoch noch unter weißen Tüchern verborgen waren.
Wenn an einem Sommertag die Sonne durch die Oberlichter der Hallen flutete, verbreitete sie sicherlich einen triumphalen Glanz auf den Statuen, Büsten und Beutestücken. Unglücklicherweise hatten die Götter der Stadt heute jedoch keinen strahlenden Himmel beschert. Stattdessen bedeckten Wolken den Himmel und färbten ihn eher grau als blau. Nichtsdestotrotz hatten die kaiserlichen Bediensteten sich alle Mühe gegeben, den einzuweihenden Bau und das Drumherum festlich zu gestalten: Grünende Girlanden schmückten die Säulen und Giebel des Ulpianums und Blumen waren auf der ganzen Breite Via Sacra bis zum offenen Platz des Forum gestreut. Dort hatte man zahlreiche Stände aufgebaut, um das Volk nach der Zeremonie zu speisen, was auch die städtische Plebs angelockt hatte. Bevor es etwas zu Essen gab, musste man aber Rituale und Reden über sich ergehen lassen, von denen es heute reichlich geben sollte: Einerseits sollte Valerianus, der letzte Ulpier, zum Gott erklärt werden, dann sollte der Bau zum Tempel geweiht und schließlich die ersten Erkorenen für die Ehrenhalle des Ulpianums aufgenommen werden.
* 22,23 m