Domus mea - currus meus - navigium meum | Der Pferde-Einkauf

  • http://www.kulueke.net/pics/ir…a_gemuesegarten_klein.pngAlbin ging gemäßigten Schrittes voraus. Er führte Manius Flavius Gracchus Minor - von dessen Blickpunkt aus - links an der Villa Duccia vorbei. Dort lag der Gemüse- und Kräutergarten des Languts. Zwischen wohlgeordnet angelegten Wegen mit kleinen Hecken erstreckten sich unterschiedlichst bepflanzte Beete. In einem der Beete ernteten gerade einige Mägde und Knechte grüne Bohnen, die Häupter mit Strohhüten vor der Sonne schützend.


    Etwas abseits im Schatten eines Walnussbaums stand ein Klapptischchen, auf dem Wachstafeln ausgebreitet waren. Der Hausherr stand dort mit seinem jungen Sekretär und Klienten Marcus Caesius Tucca zusammen und besprach offenbar die diesjährigen Erträge der Sommerernte. Beide waren in praktische Tuniken gekleidet und nippten dann und wann an einem Krug leichten Bieres, das die Wärme des Tages erträglicher machte.


    Albin machte durch bloßes Herannahen auf sich aufmerksam. "Dies ist Manius Flavius...äh... Gracchus Minor... Tribunus der Legio." Er runzelte die Stirn darüber, dass er den komplizierten Namen und die Bezeichnung des jungen Mannes nicht mehr vollständig aufgesagt bekam, kommentierte seinen Lapsus aber nicht. Vielmehr verkündete Albin weiter: "Flavius möchte ein Pferd kaufen." Damit war seine Schuldigkeit getan und Albin wandte sich zum Gehen.

  • Ein wenig furchtsam stakste der junge Flavius über die sorgsam gehegten Wege des Gartens, da er auf infamiliarem Terrain, insonderheit in freier Natur, stets er ob seiner Hypermetropie befürchtete, eine kleine Erhebung, ein sich mäßig abzeichnender Stein oder dergleichen mochten ihn zu Fall bringen. Patrokolos, sein Diener, folgte ihm zwar auf dem Fuße, doch zweifelte der Jüngling, dass dieser imstande war den gesamten Bereich vor seinen Schritten aus seiner Position hinreichend zu kontrollieren. Insofern schenkte er den liebevoll bepflanzten Beeten wenig Aufmerksamkeit und war durchaus erleichtert, als er ohne einen Unfall endlich den augenscheinlich okkupierten Hausherrn erreichte.
    "In der Tat. Ave, Duccius!"
    , salutierte er in unbestimmter Weise seinen Gastgeber, da augenscheinlich es sich nicht um den Statthalter persönlich handelte, er jedoch noch mit keinem anderen Duccius persönlich bekannt war.

  • Neugierig warf Witjon einen Blick auf Albin, der einen jungen Mann im Schlepptau hatte. Der Fremde machte einen unsicheren Eindruck in seiner Gangart, schien er doch stets vorsichtig einen Schritt vor den anderen zu setzen. Hinzu kam eine gewisse Leibesfülle, die seiner Erscheinung nicht gerade zuträglich war. Da Albin den Fremden allerdings als laticlavischen Tribun vorstellte, dazu noch als Abkömmling der Flavii, gemahnte Witjon sich zu respektvoller Höflichkeit. Er unterbrach die Besprechung mit seinem Sekretär, der ebenfalls neugierig die Vorstellung des Fremden verfolgte.


    "Salve Tribunus Flavius", erwiderte Witjon die Begrüßung des Jüngeren. "Ich bin Numerius Duccius Marsus, Procurator Rationis Privatae Germaniae Superioris, Herr dieses Landguts und Oberhaupt der Duccier in Mogontiacum. Und dies ist mein Secretarius Marcus Caesius Tucca." Ob des Salutierens zog er verwundert die Augenbrauen hoch, was sein Gegenüber freilich wegen des Augendefekts in seiner Miene nicht erkennen konnte. So wenig ein Mensch die Gedanken eines anderen kennen kann, so wenig kannte Witjon allerdings die körperlichen Defizite des Flaviers. So fuhr er schlicht fort.


    "Für den Erwerb eines Reittieres bist du bei mir genau richtig. Ich gehe davon aus, dass du ein Pferd benötigst, das den Anforderungen des Dienstes in der Legion genügt. Nun, Mars liebt dich, denn unsere Pferde sind ausdauernd und kräftig und werde in jungen Jahren geschult mit Lärm und starker Belastung umzugehen." So rühmte Witjon zunächst einmal die begehrte Ware, wie es ein jeder Kaufmann zu tun pflegte. Der Ruf des duccischen Gestüts reichte bekanntlich weit über die Provinzgrenzen hinaus. Witjon hielt es für seine geschäftsmäßige Pflicht, jeden potenziellen Käufer stets an die Qualität duccischer Pferde zu erinnern.


    "Bist du auf eine bestimmte Empfehlung hier?", fragte er abschließend. Man musste ja auch ein bisschen Kundenforschung betreiben.

  • Ein wenig erstaunt zeigte sich der junge Flavius seinerseits, vom Procurator rationis privatae persönlich begrüßt zu werden, da er doch nicht hatte antizipieren können, dass eine derart hochstehende Person einen schnöden Pferdekauf höchstselbst abwickelte. Indessen war dies zweifelsohne seinem exaltierten Range geschuldet, war dies doch immerhin lediglich ein Eques Romanus, während Manius Minor selbst einem nobilitären Geschlecht alten Blutes entstammte, sodass jener womöglich sich mühte, ein wenig Glanz und Gnade des flavischen Hauses durch seine Freundlichkeiten zu erheischen.
    "Iulius Licinus, der Praefectus Castrorum der hiesigen Legion, empfahl mir dein Gestüt. Und in der Tat benötige ich ein Tier, welches mich in meinen dienstlichen Obliegenheiten zuverlässig und bequem an Ort und Stelle transportiert."
    Ein wahrhaftes Schlachtross vermochte der junge Flavius für sich hingegen kaum zu imaginieren, da er doch nicht eben zu den begabtesten Reitern zählte (zumal ihm jene Okkupation nur mäßig Freude bereitete), insonderheit jedoch mitnichten sich imstande sah, vom Rücken eines Pferdes aus zu fechten oder durch die feindlichen Reihen sich zu manövrieren.

  • http://www.kulueke.net/pics/ir…ia/villa_weiden_klein.pngWitjon nickte verstehend. Natürlich, ein Tier, welches zuverlässigen und bequemen Transport garantierte. Wenn er sich allerdings die Figur des Flavier so ansah, konnte er sich nicht vorstellen, dass diesem das Reiten insgesamt eine Bequemlichkeit sein konnte. Dennoch, der Flavier war Kunde. Insofern war dessen Wunsch Witjon Befehl. Wenig Verständnis hätte er freilich für die Überlegungen zu Stand und Geschlecht. Es wäre Witjon niemals eingefallen, sich einem Patrizier anzubiedern. Vielmehr nutzte er seit jeher jede erdenkliche Möglichkeit, ganz alltägliche Geschäfte im Gestüt zu erledigen, um auch einmal Abwechslung von der Schreib-und-Lese-Tätigkeit in der Provinzverwaltung zu bekommen. Aber da Witjon Gedanken nicht lesen konnte, wies er dem Flavius einfach den Weg zurück auf den Hauptweg zur Villa, während er sagte: "Wenn du mich zu den Weiden begleiten würdest?" Ihm schwebten bereits zwei verschiedene Tiere vor, die gut zum Flavier passen könnten.


    Er führte also Gracchus Minor auf den Weg am Haupttor der Villa vorbei auf das Gestüt und die Weiden zu. Kurz dachte er über die Empfehlung nach. Iulius Licinus war offenbar ein zuverlässiger Freund der duccischen Pferdezucht. Soweit Witjon wusste, hatte der Iulius ein ganz gutes Verhältnis zu Vala.
    "Ich nehme an du bist zum ersten Mal in Mogontiacum?", fragte Witjon den Flavier. Soweit er sich erinnern konnte, hatte er in den letzten Jahren nicht von dem Aufenthalt eines jungen Flaviers in der Stadt gehört. Da es sich um einen Patrizier handelte, bekam man so etwas ja gemeinhin mit. "Darf ich fragen wie es kommt, dass du als Patricius das Tribunat absolvierst?"

  • Obschon recht unförmig, so war ihm nicht jede Minute auf dem Rücken eines Pferdes eine Qual, zumal er selbstredend das Reiten vor dem weitaus exhaustierlicheren Gehen präferierte. Dennoch mochte der Argwohn des Duccius in die korrekte Direktion weisen, zumindest folgte der Jüngling ihm auf dem physisch angezeigten Wege, selbstredend seinem Naturell gemäß eher wortkarg und somit schweigend.


    Erst als Marsus das Wort seinerseits an ihn richtete, begann er zu reden:
    "Nein, ich war niemals nördlich der Montes Alpes. Ich wuchs in Roma und Baiae auf, später lebte ich mich für längere Zeit in Cremona und schließlich in Alexandria apud Aegyptus."
    In der Tat reflektierte der limitierte Lebensradius Manius Minors die Abneigung Manius Maiors gegen das Reisen, welche freilich auch seiner Primogenitur nicht gänzlich abging, selbst wenn sie sich in maßvollerer Weise präsentierte.
    Eine Eigenschaft, welche ihm hinsichtlich seiner Bewertung des Tribunates durchaus entgegen kam.
    "Obschon ich als Patricius nicht genötigt bin, den Kriegsdienst zu absolvieren, fühlte ich mich doch schon als Knabe zum Ruhm des Exercitus Romanus hingezogen. Darüber hinaus verfügt die Gens Flavia über eine stolze militärische Tradition, deren erster Schritt zweifelsohne stets ein Tribunat darstellt."
    Selbstredend hätte der junge Flavius auch schlicht in jener Form argumentieren können, welcher er sich bereits während des claudischen Besuches im letzten Jahre bedient hatte. Doch hatte er bereits erkannt, dass es in gewisser Weise eine Herabwürdigung seiner Anverwandten, namentlich seines Vaters war, wenn er öffentlich die Militia zum obligaten Bestandteil aristokratischen Lebens erklärte, sodass er es vorzog, sich einer individualistischeren Argumentationsweise zu bedienen, die seine erstlichen Überzeugungen lediglich anklingen ließ.
    "Die Divi Flavii repräsentieren hier lediglich die populärste Krone, denn auch meine Oheime Lucius Flavius Felix oder Marcus Flavius Aristides dienten überaus erfolgreich bei den Adlern."
    Letzterer hatte zwar lediglich Mannschaftsdienstgrade bekleidet, was ihm in der flavischen Ahnengalerie einen leicht restringierten Platz einbringen würde, doch war dies nicht zuletzt den Militärreformen des Divus Iulianus geschuldet gewesen, welche das laticlavische Tribunat lediglich jenen hatte gewährt, die das Aedilat absolviert und den Senatorenpurpur erworben hatten.
    "Schließlich erscheint es mir klug, meine möglichen Karrierewege nicht a priori zu beschneiden, da doch kaum eine Statthalterschaft an jemanden vergeben wird, der niemals ein militärisches Amt bekleidete. Und zuletzt vermeine ich, dass es kaum eine ehrenvollere Form gibt, seinem Lande zu dienen, als wenn man Leib und Leben ihm darbringt."
    Letzteres ließ immerhin hoffen, dass die Unsterblichen ebenso sein beschwerliches Soldatenleben als Opfergabe zur Sühne seiner Sittenlosigkeit akzeptierten.

  • "Roma, Baiae, Cremona, Alexandria gar!", wiederholte Witjon schwärmerisch die genannten Stadtnamen. Beeindruckt zog schürzte er die Lippen. "Flavius, man kann dir deine Wohnorte und Reisen wahrlich neiden. Sofern man die wärmeren Gefilde des Reiches schätzt, freilich." Das sagte er ohne Spott. "Ich selbst war niemals außerhalb Germania Superiors", bekannte Witjon sodann.


    "Mein Bruder war auch fasziniert vom Exercitus. Er ist schließlich sogar Praetorianer geworden", entgegnete Witjon auf die Erläuterungen des Flaviers zur Militärhistorie seiner Familie. "Womit ich selbstredend nicht den Vergleich ziehen will zu den militärischen Ehren, die die Flavii zweifellos bereits erlangt haben. Immerhin ist beispielweise der Name Flavius Felix sogar in dieser nördlichen Provinz gut bekannt und berühmt. Es ist wahrlich eine große Tugend, sich in den Dienst des Heeres zu stellen und somit gleichsam der Res Publica Dienst zu leisten." Witjon bekam das Gefühl, dass er bei diesem jungen Mann mit Schmeicheleien Boden gewinnen konnte, weshalb er sich entsprechend äußerte.


    "Da wären wir", erklärte er, als sie auf dem Vorplatz des Gestüts angelangt waren. "He, Pepino!", rief Witjon einen der Stallburschen. "Hol Leif her!" Der Stallbursche nickte und rannte los. Witjon wies derweil auf eine eingezäunte Weide, auf der fünf Hengste standen. "Dies dort, werter Flavius, sind einige unserer besten Tiere. Diese Hengste sind ausdauernd, gut zugeritten und können mit Kampflärm und Feuer umgehen. Sie schrecken nicht gleich zusammen und gehen durch, wenn es unbequem wird." Er trat an den Zaun heran. "Hättest du gern ein Tier von ruhigem Gemüt? Oder darf dein Pferd auch etwas temperamentvoller sein?"

  • Mit einiger Admiration notifizierte der Jüngling die gewählte Ausdrucksweise des Procurator, welche er bisherig in Germania noch bei niemandem, selbst dem Legatus Augusti pro Praetore höchstselbst, vernommen hatte. Umso beachtlicher erschien sie ihm angesichts des Umstandes, dass jener Eques niemalig jene Provinz verlassen, es ihm folglich also nie vergönnt gewesen war, sich in wahrer Zivilisation zu bewegen. Dass er das Militär zu schätzen wusste, erschien hingegen wieder adäquater in jener Proximität zu den ungezügelten Barbarenhorden, welche Manius Minor jenseits des Limes wähnte.
    "Nun, meines Wissens präferierte er die südlicheren Gefilde als Dienstort, doch umso erfreulicher, dass sein Ruhm bis in den Norden strahlte."
    , vermerkte er endlich beiläufig, als Patrokolos nahezu unmerklich den Saum seines Gewandes zog und damit seinem Herrn signalisierte, dass er achtsam seine nächsten Schritte zu führen hatte, um nicht einer ihm invisiblen Implanität des Bodens zum Opfer zu fallen. Routiniert hob der Jüngling somit seine Füße ein wenig höher, überwand mühelos das sublime Hindernis und erreichte somit unbeschadet die Koppel.


    Von Ferne erblickte er diverse Rösser, jedes seinem unexerzierten Auge formidabel erscheinend, obschon bereits er eine gewisse Diversität hinsichtlich des Temperaments auszumachen vermeinte, reichend von einem vermeintlich passiv grasenden bis hin zu einem lustvoll galoppierenden Exemplar, welches sich direkt den beiden Besuchern zu approximieren schien.
    "Eindrucksvoll, in der Tat."
    , kommentierte er die Qualitäten der Rosse, die all das übertrafen, was er seitens der Pferde auf dem Gestüt Onkel Furianus' hatte vernommen, wo seine Reittiere selbstredend nicht für die Schlacht, sondern den gemütlichen Ausritt waren gezüchtet worden.
    Auf die Frage endlich hinsichtlich seiner eigenen Präferenz war er genötigt einen Augenblick zu stocken, da ihn seine wohlbewusste Inkapabilität hinsichtlich des Reitsports durchaus grämte, ja sie ihm schlechthin beschämend deuchte, er indessen ebenso keinen Nutzen mochte ziehen, so er etwa jenen kraftvoll dahineilenden Hengst erwarb, auf dessen Rücken er sich kaum zu halten vermögen würde.
    "Mir scheint, für den Alltag wäre ein ruhigeres Tier annehmlicher."
    , erwiderte er somit endlich nach einigem Nachsinnen und fügte zur Zerstreuung jedweden Verdachtes seiner mangelhaften Reitkünste launig, doch durchaus nicht mit größter Sekurität an:
    "Was sollte man sich unnötige Mühen machen, wenn es ohnehin vornehmlich gilt, den Zug der Maultiere des Marius zu eskortieren?"
    Verlegen lächelte Manius Minor den Duccius an und wandte sodann sich wieder den Pferden zu.

  • Unter den Pferden befanden sich drei Braune, zwei Füchse und ein Rappe. Witjon nahm zur Kenntnis, dass Gracchus Minor offenbar ehrlich beeindruckt war. Er liebte diesen Moment, wenn Fremde seine Zuchtpferde sahen und schätzten und es erfüllte ihn mit Stolz. Witjon führte das Gestüt immerhin in Andenken an seinen Vetter Lando fort und fühlte sich in seiner Arbeit in diesen Momenten immer bestätigt.


    Auf Witjons Frage nach seiner Präferenz fand Flavius nicht sogleich eine Antwort, er war sich wohl unschlüssig. Witjon kannte das. Nicht jeder Pferdekäufer war ein herausragender Reiter. Er konnte das niemandem verübeln, weshalb er einfach geduldig wartete. Auf Minors Antwort hin nickte er schlicht. Ein ruhigeres Tier sollte es sein.
    "Recht gesprochen", erwiderte Witjon schließlich schmunzelnd. Nun trat auch Leif zu ihnen. "Leif! Flavius, dies ist mein Vorarbeiter des Gestüts, Leif." Er wandte sich an den soeben Vorgestellten: "Hol uns doch Trautwin heran." Leif, der wie Witjon lange Haare und einen ordentlich geschnittenen Bart trug, im Gegensatz zum Sippenoberhaupt aber Hose und Hemd nach germanisch-keltischer Art trug, nickte schlicht und stieg über den Koppelzaun herüber. Er hatte bereits ein Geschirr mitgebracht, das er nun einem ruhigen Braunen anlegte. Diesen führte er an den Koppelzaun heran, so dass der Kaufinteressent das Tier näher betrachten konnte. Es war kräftig und hatte ein gesundes Fell. Der typische Pferdegeruch ging von ihm aus, während Fliegen um Schweif und Nüstern des Tieres kreisten. Witjon lächelte stolz.


    "Dies ist Trautwin, was so viel bedeutet wie 'der kraftvolle Freund'. Er ist ein Dreijähriger und ein ruhiger Charakter. Aber wenn es darauf ankommt, das habe ich selbst erlebt, kann er zügig beschleunigen und schreckt vor äußeren Einflüssen nicht sofort zurück. Und er beißt nicht, jedenfalls nicht seinen Eigentümer und sofern man ihn gut behandelt." Letzteres sagte Witjon grinsend. "Möchtest du eine Runde auf ihm drehen?" Im Hintergrund stand Pepino schon bereit mit einem Sattel. Er kannte die Routine eines Verkaufsgesprächs und wusste, dass manche Interessenten auf einem Proberitt bestanden.

  • Von dem Pferdeknecht des Duccius nahm der junge Flavius nur beiläufig Notiz, obschon er ihm ein versonnenes Lächeln schenkte, ehe er sich auf die Koppel begab. Das Pferd, das er heranführte, wirkte durchaus wohlgestaltet, obschon er selbstredend außerstande war, das Fell genauer zu inspizieren, als jener Trautwin näher trat und damit vor seinen Augen verschwamm. Fragend blickte er daher zu Patrokolos, der nun einmal aufs Neue das Auge seines Herrn sein musste, doch er zuckte lediglich unwissend mit den Schultern. Zweifelsohne entbehrte der Sklave ebenso sehr einer Kenntnis der hiesigen Materie wie er selbst.


    Die Offerte, sein Kaufobjekt jedoch praktisch zu erproben, schien ein gangbarer Weg zu sein, die Funktionalität des Tieres zu erproben, sodass er nickte.
    "Überaus gern."
    Zwar würde er damit womöglich offenbaren, welch mäßige Expertise er selbst auf dem Terrain der Reiterei aufwies, doch musste er ja nicht in gestrecktem Galopp über die Koppel eilen, sondern lediglich ein Gefühl entwickeln, ob das Tier ihm zusagte.

  • Dominus und Servus schienen sich nicht recht schlüssig zu sein, ob sie bereits eine Entscheidung treffen wollten. Witjons Vorschlag eines Proberitts nahm Flavius deshalb gern auf. Er musste Leif nichts sagen, der winkte Pepino nämlich bereits zu sich. Rasch wurde Trautwin gesattelt. Dann formte Leif mit seinen Händen eine Tritthilfe, da Steigbügel ja noch nicht bekannt waren und er nicht annahm, dass der wohlgenährte Patrizier sich ohne Hilfe in den Sattel ziehen wollte.


    "Also dann. Fühle dich frei, eine Runde über die Weide zu drehen oder den Weg zum Haupttor entlang zu reiten. Solange es dir bei der Entscheidung hilft", forderte Witjon seinen Kunden freundlich auf.

  • Gemeinhin pflegte der junge Flavius sein Pferd in etwas kommoderer Weise zu besteigen, nämlich indem einer der Knechte mit seinem gesamten Leib ein Trepplein formte, auf welchem er auf den Rücken seines Gefährtes gelangte. Doch mochte wohl auch jene Tritthilfe ihre Zwecke erfüllen, selbst wenn Manius Minor ob seiner Körperhilfe zweifelsohne keine geringe Last für Leif darstellte und jene Variante durchaus mühsamer war. In der Tat verlor der Tribun beinahe das Gleichgewicht, als er endlich seinen ungeschickten Fuß in die hohle Hand des Germanen hatte bugsiert und möglichst kraftvoll sich von der Erde abstieß, weshalb er ein wenig panisch sich an das bärtige Haupt des Knechtes klammerte, ehe mit einem weiteren Satz er doch mit sichtlich rubriziertem Antlitz (weniger ob der Anstrengung als aufgrund des Schames über seinen uneleganten Auftritt) den Sattel erreichte.


    Sodann ergriff er die Zügel und trieb das Tier an. Es erschien ihm ein wenig größer als die Tiere seines Onkels, auf welchen er das Reiten erlernt hatte, doch gehorchte auch jener Trautwin (welch kurioser Name!) den gebräuchlichen Kommandos des Reitwesens, sodass baldig der Jüngling in Trab verfiel und eine ausgedehnte Runde über die Weide zog. Seine Furcht, durch die Tücke jenes infamiliaren Tieres überwältigt zu werden, legte sich erst nach und nach, doch final wagte er gar, das Tempo nochmalig zu erhöhen und so beinahe in einen Galopp sich zu begeben. Jene ungebremste Sportivität währte jedoch nur kurz, denn erstlich bereitete es dem feisten Jüngling sichtlich Mühe, sich bei jener Velozität im Sattel zu halten, zum anderen fürchtete er sich doch ein wenig zu sehr, als dass er jenem Ross so viel Gelegenheit wollte geben, ihn in animalischer Erregung unbeabsichtigt zu schädigen.
    So zog er aufs Neue an den Zügeln und bremste so die Eile des Tieres, bis er in sanftem Schritt endlich zu seinen Verkäufern sowie seiner Entourage zurückkehrte.


    "Das Pferd erweckt in der Tat einen guten Eindruck. So es sich als gesund erweist, würde ich es durchaus erwerben."
    Er blickte zu einem der Equites Singulares, welche ihn eskortiert hatten. Auf dem Weg zur Villa Duccia war er nämlich zu der Einsicht gelangt, dass die Gesundheit eines Pferdes zweifelsohne eine zentrale Kategorie für dessen Wert darstellte. Da der Jüngling selbst jedoch keinerlei Kenntnis von den Indizien für jenen Zustand besaß, hatte er endlich einen der Reiter gebeten, jene Musterung für ihn zu übernehmen.

  • Leif ächzte etwas unter der Last des Flaviers und erst recht, als dieser seine Haare als Aufstiegshilfe nutzte. Was tat man nicht alles für ein gutes Geschäft! Schließlich schaffte der junge Mann es auf das Kaufobjekt hinauf und drehte ein paar Runden über die Weide. Leif baute sich mit vor der Brust verschränkten Armen neben Witjon auf, nicht ohne diesem einen ärgerlichen Seitenblick zu senden. Witjon schmunzelte nur mitfühlend und konnte nicht mehr tun als mit den Schultern zu zucken. Er war nur froh, dass der Flavier offenbar kein Interesse an einer umfangreichen Erprobung aller Pferde hatte, sondern sich gleich mit seinem Vorschlag zufrieden gab.


    Denn nach Beendigung seines Proberitts äußerte er seine Kaufwilligkeit offen. "Es steht dir frei, dich von dem Gesundheitszustand des Tieres zu überzeugen", erklärte Witjon mit einer einladenden Geste. "Sein Gebiss ist tadellos, seine Hufe frei von Krankheit. Und wir achten auf eine korrekte Fütterung, so dass auch Trautwins Verdauung richtig funktioniert." Pferdekenner wussten, dass bereits falsches Futter dazu führen konnte, dass das Tier elendig verendete. Der Seitenblick seines Kunden zeigte Witjon, dass einer der Milites den Medizincheck machen würde, was ihn nicht verwunderte.

  • Wie geboten übernahm einer der Milites die Prüfung von Zähnen und Hufen Trautwins, doch wie Duccius Marsus bereits prophezeit hatte, fanden selbige sich augenscheinlich in tadellosem Zustand. Manius Minor betrachtete jene routinierten Handgriffe, welche auch sämtliche übrigen Eigenschaften des Rosses kontrollierten, während er sich fragte, ob selbige Handlungen jenen von Sciurus auf dem Sklavenmarkt glichen, wenn er neues Gesinde für die Villa Flavia Felix erwarb.
    Schließlich blickte der Jüngling zufrieden zu dem Duccius.
    "Ich wünsche es zu kaufen. Welchen Preis verlangst du?"
    Jene Partie des Kaufes würde Patrokolos obliegen, der nicht allein den Haushalt, sondern ebenso die Kasse des jungen Flavius verwaltete und somit weitaus bessere Kenntnis über adäquate Preise für die Dinge des täglichen Bedarfes besaß.

  • Stoisch wohnten Witjon und Leif der Leibesvisitation des Pferdes durch den Miles bei. Der Soldat fand offenbar nichts auszusetzen an Trautwins Gesundheitszustand, was Witjon mit einem wissenden Nicken zur Kenntnis nahm.


    "Da seine Konstitution und Fähigkeiten die eines üblichen Reitpferdes überragen, ist mir Trautwin einen Preis in Höhe von 480 Sesterzen wert", entgegnete Witjon sodann auf Flavius' Frage nach dem Kaufpreis. Natürlich war dies der Einstiegspreis für das Feilschen. Andererseits hatte Witjon auch schon die Erfahrung gemacht, dass reiche Menschen gelegentlich einfach jeden dargelegten Preis akzeptierten, ohne Abschläge zu fordern. Versuchen konnte man es ja einmal.

  • Mit Gleichmut akzeptierte der junge Flavius den genannten Preis und war bereits im Begriff zu konsentieren, als Patrokolos das Wort ergriff:
    "Verzeih, Domine, aber das ist ja beinahe doppelt so viel wie für ein gewöhnliches Reitpferd auf dem Markt verlangt wird!"
    Der Tribun blickte zu seinem Diener, sodann wieder zu Marsus.
    "Aus welchem Grunde sollten wir einen derart hohen Preis zahlen? Ich gedenke ja kein Rennpferd zu erwerben!"
    Obschon der Jüngling nur über äußerst mäßige Expertise hinsichtlich der Preise und Qualitäten von Rossen verfügte, so war ihm doch selbstredend bekannt, dass gerade Pferde für die Arena zu exorbitanten Preisen gehandelt wurden. Und selbst wenn er durchaus über hinreichend Vermögen verfügte, um ein Tier zu dem genannten oder einem höheren Preis zu kaufen, so gedachte er doch nicht, sich durch jenen listigen Duccius ausnehmen zu lassen.

  • Witjon verzog keine Miene, als der vermaledeite Sklave Einwände gegen seinen Preisvorschlag erhob. Vielmehr lächelte er Minor freundlich an. "Kein Rennpferd, sondern ein Kriegspferd. Seine Qualität übersteigt die eines gewöhnlichen Reitpferdes um einiges." Er machte eine kurze Pause, um dieses Argument wirken zu lassen.


    Dann fuhr er fort: "Aber weil du es bist bin ich bereit, auf einen Preis von 380 herunterzugehen." Witjon warf einen Seitenblick auf Patroklos. Mal sehen, ob der wieder Einwände erheben würde oder ob Flavius diesen geringeren Preis akzeptieren würde. Immerhin verlangte er nun ganze Hundert Sesterzen weniger.

  • Sim-Off:

    Nun muss ich aber doch zuschlagen und mein Ross für mein Tribunat erwerben, ehe ich der Provinz den Rücken kehre :D


    Der junge Flavius legte seine juvenile Stirne in feine Runzeln, als der Duccius das neue Gebot nannte und entsprechende Explikationen hinzufügte. Durchaus luzide erschien ihm selbige, da doch es eine Binsenweisheit war, dass Produkte von hoher Qualität, mit welchen ein Aristokrat sich zu umgeben pflegte, stets den Wert gemeiner Gebrauchsgüter überstieg.
    Insonderheit hielt er jedoch dafür, dass einige Sesterzen mehr, selbst wenn sie den Marktwert jenes Rosses überschritten, bei dem Procurator rationis privatae der Provinz wohl investiert waren, da er damit ja zweifelsohne auch ein wenig Wohlwollen von selbigem Amtsträger erwerben mochte.
    "Akzeptiert."
    , erklärte er somit, während Patrokolos bereits zur Widerrede ansetzte, sich sodann jedoch dem gestrengen Blick seines Herrn beugte.
    "Ich würde gern sogleich mit mir nehmen und den Preis an Ort und Stelle begleichen."
    Selbstredend hatte der Jüngling seinen Leibdiener angewiesen, eine angemessene Summe Geldes für jene Kaufverhandlungen mitzuführen.

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