Feriae Drusi Germanici | Nox sacra

  • Die Dämmerung neigte sich bereits über den Rhenus, als die Truppen sich zum Campus Drusi aufmachten: Sämtliche disponiblen Milites hatten sich aufs Prächtigste ausstaffiert, um Nero Germanicus Drusus Germanicus zu ehren, dessen Ruhm noch immer auf das Exercitus Germanicus strahlte gleich dem Schein jener hunderten Fackeln, welche die Legionäre an den Rändern der Kolonne trugen und damit eine mystische Stimmung verbreiteten, wie der junge Flavius sie selten bei einer kultischen Prozession verspürt hatte.


    Im Licht der lodernden Flammen spiegelten sich vor ihm hunderte glänzende Helme in der anbrechenden Dunkelheit des Abends der Iden des September, an dessen folgenden Morgen jener ruhmreiche Feldherr fern des Limes in den Landen der Cherusker gefallen war. Hunderte Pila glitzerten unstet in ihrem Licht, während die Cornicen eine triste Melodie intonierten, wie Manius Minor sie von den Leichenzügen seiner Anverwandten bekannt war. Noch trefflich vermochte er sein erstes Begräbnis zu memorieren, als seine Tante Flavia Vera zu Grabe getragen worden ward und er als innocenter Knabe, inkapabel die vehementen Emotionen seiner Anverwandten wahrhaftig zu erfassen, schlicht aufgrund der betrüblichen Stimmung seine Tränlein vergossen hatte. Derselbe Marsch war jedoch ebenso geblasen worden, als sie vor weitaus weniger Lenzen die sterblichen Restanten seine geliebte Mutter den Flammen überantwortet hatten und er in jenes tiefe Loch war gestürzt, an deren Boden ihn Opium und närrische Philosophien erwartet hatten. Einzig Claudia Antonias unsterbliche Seele hatte es vermocht, ihn aus jenem Tal der Tränen zu erheben, um ihn, nicht sonderlich glücklicher, doch immerhin zielstrebiger denn zuvor, wieder in die Welt der Lebenden zu integrieren.


    Ihrem guten Geist allein verdankte er es, überhaupt jetzt wieder auf seinem von einem Burschen geführten Ross Trautwin zu sitzen, gerüstet mit funkelnden Beinschienen, einem ebensolchen Helm und dem Muskelpanzer, gegürtet mit dem Cinctorium, an welchem jener Gladius hin, den Manius Maior ihm zu seinem sechzehnten Wiegenfeste hatte geschenkt, geschmückt mit der Feldherrnbinde um die Brust und dem Paludamentum um die Schultern. Obschon noch immer ein Bäuchlein des Wohlstandes sich unter der in Metall gearbeiteten Muskulatur seiner Rüstung wölbte, so gab er doch einen respektablen Offizier ab, dem das Halbdunkel des Abends und das Untergehen in der Schar der similär ausstaffierten Stabspersonen in seinem Umfeld schmeichelte.


    Jenes Haupt der gesamten Legion rangierte inmitten des Zuges an dritter Stelle, nachdem die Legionsreiterei samt der zweiten Kohorte die Vorhut mimte und hinter ihren Signa sowie einer Reihe von Fackelträgern aus der Stadt voranzog. Hinter ihnen erst passierte der junge Flavius mit den übrigen Tribunen, dem Praefectus Castrorum und dem Legaten, dem Legionsadler und dem Imago Augusti die Porta Borbetomaga, ehe die übrige Legion unter dem dröhnenden Schritt ihrer Caligae folgte. Diesjährig war die Legio II Germanica es, welche die Ehre hatte die Decursio Militum anzuführen, sodass sämtliche übrigen Einheiten, die an dieser gewaltigen Demonstration militärischer Potenz und heroischer Memoria partizipierten, sich erst hinter ihr einreihen durften.

  • Die Iden des neunten Monats standen im Licht der Gedenkfeier für Nero Germanicus Drusus Germanicus, dem ruhmreichen Feldherr des Exercitus Romanus im Norden des römischen Reiches. Die Gedenkfeier bestand wie jedes Jahr aus einer großen Militärparade, einem Opfer und Spielen, sodass die Feierlichkeiten für Drusus sich nicht nur auf einen Tag beschränkten. Am heutigen Abend, dessen Dämmerung sich bereits über den Rhenus neigte, fand die Militärparade statt, bei der sich die beiden Einheiten des Exercitus Romanus, welche in Mogonitacum stationiert waren, in ihren Paradeuniformen auf einen Marsch durch die Stadt begaben. In militärischer Perfektion marschierten die Milites – Infanterie und Kavallerie – durch die Straßen Mogonitacums, dessen Rüstungen und Waffen im Licht der Fackeln, welche die Soldaten in den Händen trugen, blitzten. Unter ihnen waren natürlich auch die Kommandostäbe samt Legat, Praefectus Castrorum und Tribunen bzw. Praefectus Alae, Praefectus Castrorum, und Tribunen. Auch wenn die beiden Einheiten die Parade zusammen gestalteten, die Legio hatte vor den Auxiliaren doch stets Vorrang, weshalb sich die Ala komplett zu Pferd dem Tross der Legio anschloss.


    Am Ziel der Parade, dem Drusus-Denkmal, waren auch Tribünen für die Würdenträger und Ehrengäste der Stadt aufgebaut worden, vor denen die restliche Civitas stehend ebenso das ankommen der Soldaten erwartete. Durch die Parade-Montur der Soldaten war es für das Volk doch stets ein besonderer Anblick. Männer fühlten sich euphorisiert, Frauen und Kinder waren tief beeindruckt und bewunderten die Männer, die für ihren Schutz sorgten. Decimus Duccius Verus saß in seine toga praetexta gekleidet mit seinem Vetter Numerius Duccius Marsus und seinem Klienten und Schwiegersohn Iullus Helvetius Curio neben den anderen Decuriones. Titus Duccius Vala saß als Legatus Augusti pro Praetore nicht neben ihnen, da er zugleich das Amt des Legionslegtan inne hatte und somit seinen Kommandostab im Tross der Legio anführte.


    Endlich war der Moment gekommen, welcher schon durch das Geklapper der Rüstungen und die ersten Schatten, die das Fackellicht verursachte, angekündigt wurde. Der Tross bog auf den Platz und war bereit, dass Drusus-Denkmal zu umkreisen.

  • Der Weg führte aus dem Castellum heraus durch die Stadt, sodann auf die Via Borbetomaga und schließlich hinüber zum Cenotaphium Drusi, wo vor einhundertdreiundzwanzig Jahren die getreuen Legionen jenes Enkels des Divus Augustus ihren Feldherrn aufgebahrt hatten, um ihm die letzte Ehre zu erweisen. Manius Minor hatte in Präparation dieses Tages die Historien studiert und entdeckt, dass Drusus Germanicus eben jene Stämme, mit denen er selbst kürzlich Frieden hatte geschlossen, mit Feuer und Schwert bezwungen hatte, dass er final jedoch vor den Naturgewalten des Albis ebenso gescheitert war wie dem Widerstand der Cherusker. Sein Ende, welches eine Seherin ihm prophezeit haben soll, hatte ihn schließlich nicht in der Weise heroischer Epen, sondern überaus profaner Weise ereilt: Nicht in der Schlacht, sondern von seinem eigenen Pferd war er gefallen und seinen Wunden im fiebrigen Wahn erlegen.


    Dieses Ende entbehrte einer gewissen Ironie nicht, wie der junge Flavius befand: All die heroischen Taten des mit dem Ehrennamen Germanicus geehrten Feldherrn, welchen Divus Augustus womöglich gar zu seinem Erben hatte erkoren, hatten ihm am Ende kein persönliches Glück gebracht. Weder wurde er alt, noch war ihm ein leichter Tod beschieden. Den Ruhm seiner Feldzüge, ja das gesamte Imperium seines Stiefvaters erntete sein jüngerer Bruder, die Früchte seiner Triumphe gingen einige Jahre nach seinem Verscheiden schnöde zugrunde in der Clades Variana, in der nun die von ihm niedergedrückten Cherusker und Chatten um die römischen Waffen triumphierten und dem von Vergil besungenen Imperium sine fine eine finale Grenze setzten.
    Das Schicksal dieses hier an der Grenze so prächtig gefeierten Heroen rührte den Jüngling zwar an, doch erschien es ihm gleichsam als Warnung der Kürze des irdischen Daseins. Selbst den populärsten Helden vergönnten die Unsterblichen nicht, ihr Werk zu vollenden und rissen sie dahin inmitten der Blüte ihres Lebens, sodass auch ihm das vorzeitige Verscheiden drohte. Er würde ihm nicht gestattet sein seine Verdienste für Familie und Vaterland auf spätere Lebensalter zu prokrastinieren, wenn Etabliertheit und Erfahrung ihm solche mit größerer Leichtigkeit würden ermöglichen; vielmehr durfte er niemals ruhen, wollte er dem potentiell allzeitig niederfahrenden Damokles-Schwert seiner Ahnen und Götter entgehen.
    Indessen mühte er sich nach Kräften und sein Erfolg auf dem diplomatischen Parkett vermochte ihn zumindest für den Augenblick ein wenig zu saturieren. Faktisch war auch diese Festivität nichts anderes als Gehorsam gegen die Mores Maiorum und seine Pflichten als Offizier.


    So blickte Manius Minor mit umsichtiger Zuversicht voraus, wo bereits der Scheiterhaufen loderte und das Kenotaph in rötliches Licht tauchte.

  • Irgendwo in der ersten Kohorte marschierte auch Iosephus durch die Dunkelheit, in der einen Hand eine Fackel, in der anderen sein Scutum. Sie trainierten fast jeden Tag mit den schweren Weidenschilden, da kam einem das richtige Exemplar fast leicht vor! Dafür fehlte ihm aber die Routine beim Polieren noch ein bisschen: Die Kameraden von seinem Contubernium hatten ihm helfen müssen, die hartnäckigen Kratzer aus seinem Helm zu polieren, damit er durch die Inspektion des Centurio hatte kommen können.


    Jetzt fühlte er sich aber doch irgendwie erhaben. Er kannte den Kult um Drusus Germanicus von seinem Vater, hatte auch als Kind einmal zugesehen. Aber wenn man selbst Teil des Rituals war, fühlte sich das ganze doch anders an! Jetzt war er selbst Soldat und konnte besser nachvollziehen, wie wichtig ein guter Vorgesetzter war! Tiberius Verus zum Beispiel mochte der Licinier nicht: Erst war er irgendwie kumpelhaft freundlich gewesen, dann wieder total distanziert, dann hatte er ihm bei der ersten Trainings-Einheit beinahe den Hals aufgeschlitzt und dabei fast das Sabbern bekommen! Iosephus hatte keine Ahnung, wie er den Typen einordnen sollte - also hatte er beschlossen, ihm einfach aus dem Weg zu gehen und sich möglichst unauffällig zu verhalten.

  • Varro hielt nicht allzuviel von Ritualen. Sie vernebelten die Sinne und nahmen den Blick für die Realität. Dennoch nahm er um der Ahnen willen und vor allem um seiner Reputation willen teil. Das machte er gut, so gut, daß er nicht auffiel unter all den anderen Fackelträger.
    Er nutzte die erhabene Atmosphäre um in sich zu gehen. Sein Blick fiel auf Ocella, der neben ihm schritt. Das Flackern der Fackel erhellte schemenhaft sein Gesicht.
    Wie lange kannten sie sich jetzt schon?
    Varro nickte ihm leicht zu. Ocella war ihm mehr als ein Freund, mehr als ein Bruder in Waffen.
    Es tat ihm gut, daß er neben ihm ging. Es tat ihm gut, daß er da war.
    Verdammt,...da hatte er es wieder. Diese Veranstaltungen machten ihn immer viel zu sentimental.
    Sie kamen dem Scheiterhaufen näher...

  • Ocella machte bei allem mit, Hauptsache am Ende gab es eine nette Feier. Varro latschte neben ihm her mit dem üblichen Gesichtsausdruck. Einer Mischung aus Marsstatue und Heulsuse. Was war nur mit ihm los? Er trank nicht mehr, Weiber waren ohnehin tabu,...außer der Kleinen im...naja,...die war ja auch lecker. Aber was soll´s er hatte sie ja nicht für sich alleine. Die Fackeln zischten, die Männer stampfte geräuschvoll durch die Gegend und er freute sich auf den Trunk nachher. Es gab doch was zu saufen? Was für eine Feier war das hier eigentlich?

  • Verus folgte in der Reihen seiner Soldaten und würde nach Befehl an den Opferhandlungen teilnehmen. Noch immer zogen ihm viele Gedanken durch den Kopf. Verus war noch nicht ganz befreit von seiner Vergangenheit, so dass diese Nacht ihm sicherlich helfen konnte, einige Gedanken mit den Opfergaben zu verbrennen. Er selbst trug in seiner Marschtasche Symbole seiner Vergangenheit und auch seiner Absichten. Als Soldat waren diese Symbole sehr martialisch geraten, darunter waren Schwerter und auch Helme, die aus Wachs gefertigt waren. Er würde nach Sitte als Letzter seiner Centurie opfern, um die Marschformation nicht zu brechen.


    Sim-Off:

    Da ich sehr ausgelastet bin, nur eine Teilnahmeerklärung des Centurio. Ich bitte um Entschuldigung!

  • Licinus war endlich wieder mal nur Statist bei dieser Feierlichkeit, die ja auch eine Demonstration römischer Macht war. Natürlich war er bei der Organisation behilflich gewesen. Mehre Kobikmeter Holz schichteteten sich ja nicht von allein auf, aber der Zeremonienmeister des Tages war der junge Flavische tribunus gewesen. Der krönende Abschluss eines erolgversprechenden tribunates, so sah Licinus es zumindest. Sicher der Anfang war wenig vielversprechend gewesen. "Weich", das war des Präfekten erstes Urteil gewesen. Aber selbst die besten mussten gelegentlich ihre Worte schlucken. Und Licinus hätte nie von sich behauptet zu den besten zu zählen.


    Des Iuliers Rolle heute beschränkte sich auf zwei Dinge. Zum einen hatte er vor Abmarsch der legio aus der Castra die Inspektion der Truppen vorgenommen -- wobei sich Licinus daran erinnerte, dass der centurio III/VI noch einen gehörigen Anschiss würde abbekommen. Seine Männer waren ja alles akzeptabel gewesen, aber ein centurio mit Fahne war heute inakzeptabel. zum anderen kommandierte er die gelegentlichen Schwenks, Halts und sonstige Marschbefehle, die alle Männer an dem Kenotaphen vorbeiführten und es ihnen ermöglichten.


    Er wünschte sich indes er würde einen Blick auf den Zug werfen können. Darin stehend ging ihm doch die Perspektive verloren und er wünschte sich den ganzen Auftritt der legio sehen zu können. In seiner Vorstellung war es ein beeindruckender Zug und ein noch viel beeindruckenderes Schauspiel, dass sich einem Zuschauer auf den höhen um Mogontiacum bieten würden, mit dem großen Feuer des Scheiterhaufens und den vielen kleinen Flammen der Fackeln die darauf zu und wieder davon weg zogen.

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    Die Flammen des Feuers erhellten die Antlitze der Soldaten gleich der Sonne zur Mittagszeit und ließ das polierte Metall der Rüstungen erglänzen. Als der junge Flavius seinen Blick abwandte, erkannte er dagegen schier infinit gezogene Schatten, welche einem Geisterheer gleich über die Tribünen sich stürzten, flackernd im Rhythmus des sanften Windes. Die Finsternis unterstützte die Tristesse jenes symbolischen Leichenzuges und erweckte in Manius Minor Remineszenzen an jene alljährlich durch Manius Maior vollzogenen nokturnen Riten zu den Lemuria. Dies indessen evozierte in ihm ein Frösteln, obschon die Hitze des Feuers nun, da sie in gebührlichem Abstand es umrundeten, die Szenerie eigentlich stärker temperierte, als es vonnöten gewesen wäre.
    Langsam kreuchten im Geiste des Jünglings nämlich jene Lemuren auf, welche ihn seit seiner horriblen Flucht aus Roma mit größter Regularität heimgesucht hatten und die erst durch die nebulösen Grotesken in Morpheus' Reich, die das Opium ihm hatte bereitet, vertrieben worden waren. Voller Erstaunen erkannte er, dass er seit geraumer Zeit nicht mehr ihrer gedacht hatte, obschon sie ihm nun, da er wieder das leichenblasse Antlitz mit dem blutverkrusteten Bart und das hingemordete Ehepaar vor seinem inneren Auge erblickte, noch immer unplaisierlich vertraut erschienen. Schon ergriffen ihn wieder Furcht und Schrecken und er schloss die Augen, als könne jener Gestus die Gesichte in seinem Inneren vertreiben, obschon sie dadurch lediglich umso klarer sich ihm präsentierten.


    "Nein!"
    , hauchte er jedoch endlich, um seinen eigenen Trutz gegen die Schatten des Vergangenen zu konfirmieren und wandte seinem Blick jenem wärmenden Licht zu, das heute zwar zu Ehren des Drusus Germanicus, in seinem Herzen indessen für seine geliebte Mutter leuchtete. Obschon er mitnichten bereits sich in jener Position befand, in der jener Kriegsheros in die Gefilde der Seligen gefahren war, so leuchtete ihm doch die Perspektive, welche Claudia Antonia ihm offerierte, similär dem Pharos für ein sturmgepeitschtes Schiff im Mare Nostrum. Ihre, wenn auch vagen Worte bildeten gleichsam den Antipoden des alexandrinischen Leuchtfeuers, welches jenen Punkt auf Erden bezeichnete, der in der Biographie des jungen Flavius wie kein anderer als Sündenpfuhl sich hatte erwiesen, und trieben ihn fort vom dekadenten Osten in den tugendhaften und pflichtbewussten Norden, an den er nun gelangt war.


    Zaghaft zog der Jüngling so aus einem Beutlein seine Opfergabe zugunsten des Drusus Germanicus hervor: Ein gülden glänzender Becher, dekoriert mit den Heldentaten des Achilleus. Doch mitnichten handelte es sich dabei um eine gewöhnliche Ehrengabe, wie sie einem modernen Heros wie dem claudischen Prinzen entsprechen mochte. Vielmehr war dies jener Becher, aus welchem Manius Minor seinen letzten Schluck jenes teuflischen Opiums hatte genommen, sodass er ihm gleichsam als Remineszenz an sein dekadentes Leben, in dem er als spöttliche Karrikatur des Sohnes des Peleus diesen wie sich selbst entehrt hatte, erschien. Wahrhaftig hatte er jenes Gefäß recht zufällig entdeckt, als er beim Verstauen seines Hausrates für den Heimweg ihm in die Hände gefallen war, nachdem Patrokolos es wohl als persönlichen Artikel seines Herrn aus Rom hierher gebracht haben musste, doch sogleich erkannt, dass dies eine adäquate Gabe für Drusus Germanicus war, dem er damit wie sich selbst seinen Vorsatz konfirmierte, jenem getreuen Feldherrn gleich sein Leben in den Dienst Roms zu stellen, zumal es den Manen des Drusus wohl gestattet, nach jenem Leben voll Pflicht und Kampf sich dem süßen Nichts des Opiums hinzugeben.


    Mit einem beherzten Wurf also trennte er sich von diesem ihm einst so lieb gewonnenen Trinkgefäß und folgte mit seinem Blick seinem Flug, ehe es gegen das lodernd brennende Holz stieß, eine Funkel hervorspringen ließ und dann in der Glut versank.
    Wie dieser Becher nun schmelzen würde, um womöglich am folgenden Tage einem Schrotthändler zum Rohstoff für ein neues, nützliches Utensil zu werden, so würde auch Manius Minor' Alter Ego Achilleus sich umschmieden zu einem nützlichen Diener des Imperiums!


    Diesem Gedanken nachhängend achtete der Tribun nicht sonderlich darauf, dass vor, neben und hinter ihm zahlreiche weitere Soldaten ihre Opfergaben in die Flammen warfen, um dem großen Drusus weitaus profanere Gaben wie ein Fläschlein mit Wein oder Parfum, womöglich auch schlicht eine kleine Speise darzubringen, wie dies bei der Verbrennung eines Leichnams dem Usus entsprach.


    Sim-Off:

    Bildquelle: Steven Bochniewicz: FIRE

  • Der Licinier sah eine ganze Weile in das Licht seiner Fackel - in der Kolonne und auf der Straße musste er sowieso nicht auf den Weg achten. Als er seinen Blick dann aber doch einmal von der Flamme abwandte, wirkte alles um ihn herum pechschwarz. Er erinnerte sich daran, dass seine älteren Kameraden auf Stube ihn gewarnt hatten, bei der Wache zu sehr ins Feuer zu starren. Zum Glück war es diesmal nicht so schlimm, denn im Takt des Trauermarsches und mit Kameraden vor und neben sich konnte man eigentlich nichts falsch machen.


    So bog die Legion von der Landstraße ab und hielt auf das gigantische Scheingrab zu. Iosephus fühlte sich plötzlich an das Chanukka-Fest erinnert, das seine Familie immer feierte. Statt Fackeln und Feuern zündeten die Juden zwar nur den kleinen Leuchter an, aber das hatte genügt, um ihn als Jungen zu faszinieren. Dort ging es zwar um die Einweihung des Tempels, der inzwischen wieder zerstört war. Aber man dachte auch an Judas Makkabäus, den wohl größten Feldherrn des jüdischen Volkes. Auch er war im Krieg gefallen, wie dieser Drusus - allerdings im Befreiungskampf seines Volkes, nicht als Eroberer! Die Juden waren seit Jahrhunderten keine Eroberer mehr gewesen, wahrscheinlich seit König David das Gelobte Land wieder unter jüdische Kontrolle gebracht hatte. Doch vielleicht war es auch besser, sein eigenes Volk zu verteidigen, als er fremdes zu unterwerfen. Jetzt würde Iosephus eben sein anderes Volk schützen, dem auch schon sein Vater angehört hatte - sie waren ja nicht nur Juden, sondern auch römische Bürger. Vielleicht war es insofern ganz gut, dass Drusus damals vom Pferd gefallen war, wie man sich erzählte. Zumindest hatten die Eroberungszüge der Römer damit hier ein Ende genommen!


    Judas Maccabaeus und seine Gefährten wurden auch heute noch in Ehren gehalten und die Juden in Iudaea pilgerten manchmal noch zu ihren Gräbern. Insofern verstand Iosephus, dass die Römer dasselbe taten und hier sogar ein "Ersatz-Grab" errichtet hatten. Aber er traute sich doch nicht, Opfergaben für diesen längst Verstorbenen ins Feuer zu werfen - Männer wie Judas waren immerhin gestorben, weil sie keinen fremden Götzen opfern wollten. Und auch wenn Iosephus an heidnischen Zeremonien teilnahm, hatte er doch ein schlechtes Gewissen, wenn er es tat.
    [COLOR=#affe]"Iudas und alle Märtyrer, bittet für mich um Vergebung bei Elohim."[/COLOR]
    betete er also lieber, selbst wenn seine Stimme im Lärm des Marsches und der Posaunen unterging. Er würde diese Zeremonie für seine ganz eigenen Zwecke nutzen - als Erinnerung an die jüdischen Kriegshelden und um Sühne zu erwirken für sein frevlerisches Verhalten, zu dem er durch die Umstände gezwungen war... vielleicht würden sie ja Mitleid mit ihm haben!

  • Der Iunier hatte stets seine liebe Mühe mit allen Zeremonien und Opfergaben schrittzuhalten. Er war kein ungläubiger Mensch, er ehrte die Götter und die Ahnen, doch er war eben kein allzu guter Kultist. Er vergaß oftmals die Hälfte oder erledigte vieles in einem Abwasch. Doch als Praefectus Alae und somit als zweithöchster Militär in der Region hatte er natürlich die Pflicht den klappernden Tross der Ala in Richtung Scheiterhaufen zu führen. Sicher, viele seiner Männer hatten andere Glauben und Riten, sie kamen aus allen Ecken des Reiches und hatten diverse Hintergründe, doch hier und heute erwartete Seneca eben auch von jenen die nicht verstanden oder glaubten absolute Disziplin und höchsten Respekt für die Zeremonie.

  • Mit konzetriertem Blick hatte der Helvetier den Aufmarsch der Soldaten verfolgt, der wie jedes Jahr an diesem Tag die doch recht stille Nacht um die Stadt erfüllte. Ntürlich trug auch er anlässlich des Feiertages seine niegenagelneue Toga Praetexta, die er sich angesichts seiner Wahl hatte schneidern lassen. Er kannte die Zeremonien bereits aus den letzten Jahren, auch wenn er sie bis jetzt noch nie von den Ehrenplätzen aus hatte verfolgen können. Auf der Ehrentribüne war grade genug Platz geschaffen worden für die e, die amtierenden Duumvirn der umliegenden Städte, die traditionell an diesem Tag ebenso anreisten wie kleinere Abordnungen aus den gallischen Provinzen, darunter insbesondere die jeweiligen Flamen, Stadtoberhäupter und auch Pontifices der übrigen Städte. Neben ihm stand der alte Racilius, der wohl seinem Zustand nach auch bald ersetzt werden musste, da er schon länger nicht mehr so wirklich auf dem Damm zu sein schien. Theoretisch hätte er auch noch eine Begleitung mitnehmen können und da seine Fraue ja ohnehin im Moment sehr kritisch mit solchen Veranstaltungen umging, hatte er überlegt, seinen Sohn mitzunehmen, sich letztlich aber dagegen entschieden. Vom Straßenrand aus konnte man immerhin jederzeit nach Hause, hier auf der Ehrentribüne war Anwesenheit Pflicht und Cornutus war dafür einfach noch zu jung, als dass er das gesamte Zeremoniell würde durchhalten können.


    Nun hatte Curio sich mit den übrigen Honoratioren erhoben, während die Soldaten ihre Opfergaben dem Feuer überantworteten. Mehrere Objekteflogen durch die Luft und immer wenn sie auf einen Holzscheit fielen, stoben orangene Funken in die Höhe, als würde die Götter sich gleich nach der Übergabe ihren Teil des Opfers einverleiben. Sein Blick glitt mustern über die flackerig erleuchteten Gesichter der Soldaten, erkannte den iunischen Alapräfekten der Secunda, aber auch den iulischen Lagerpräfekten der zweiten Legion. Viele ihm unbekannte Gesichter, aber auch das eine oder andere bekannte Gesicht von Soldaten, die er über seinen Bruder kennengelernt hatte. Irgendwo dort musste auch Tullus Minor mitmarschieren, doch konnte Curio ihn grade noch nicht ausmachen.

  • Nach und nach hatte Licinus also die Männer an dem brennenden Scheiterhaufen vorbeiparadieren lassen (geleitet natürlich durhc ihre jeweiligen centurionen) und so hatte jeder die Chance seines persönlichen Opfers bekommen. Was Licinus selbst mit welcher Bitte geopfert hatte, das hatt er niemandem verraten.


    Als dann waren sie nach und nach auf ihrem Sammelplatz angetreten und Licinus betrat wie so oft die Tribüne um nur nach ein paar, immer gleichen Sätzen wieder beiseite zu treten.


    "Militeees!" und das schloss alle ein, die der legio ebenso wie die der angetreten Hilfstruppen und zuletzt auch all jene, die nur als Abordnung ihrer Einheit hier vertreten waren und am Rand Platz gefunden hatten.
    "Aciiiieeees dirigite!" Das leichte Scharren -- auf Grund der schieren Masse an Füßen, gar nicht so leise -- in den Reihen erklang als die Soldaten ihre Fußspitzen aneinander ausrichteten.
    "Ad oratio funebris Drusi! State!" Ein Schlag ging durch die Reihen als die pilenfüße auf den Boden gingen und die Arme seitlich gegen die Rüstungen klackten.*


    Einige Sekunden ließ Licinus die schnurgerade ausgerichteten Reihen der Helme, die im Feuerschein selbst feuerrot strahlten, auf sich und auf die Menge wirken. Er war angetan und konnte an seiner Einheit nicht das geringste Auszusetzen finden. Sie waren eine verdammt gute Truppe und er war ein wenig stolz auf ihre Leistungen. Beinahe gespenstig war die Ruhe die nun, da die Soldaten nicht mehr zu tausenden auftraten, einzig unterbrochen durch das Prasseln des Feuers. Es war beinahe überwältigend. Nur die Reiter hatten ihre liebe Mühe die Pferde wirklich ruhig zu halten. Ein Schnauben entfuhr immer wieder, genügte jedoch nie den zauber des Augenblicks zu ruinieren. Er straffte sich.


    Licinus ging nun anderthalb Schritte zu dem ausgekorenen Festredner und salutierte so schneidig er nur konnte -- und er hatte jahrzehntelange Übung darin. Nur unwesentlich leiser (die Leutchen sollten ja mitbekommen, was hier vor sich ging) meldete er:
    "Legio secunda, Ala secunda und Cohors secunda und weitere zu Ehren des Drusus angetreten!"
    Er wartete noch bis der Salut erwiedert worden war, dann war sein größter Auftritt für heute vor bei.
    Er war aber gespannt auf die Rede, die gleichzeitig die letzte große Amtshandlung des tribunus war.

  • Der Petronier befand sich mit der Alae im vorgeschriebenen Aufmarsch und folgte den Riten zu Ehren des Drusus. Marcellus musste an seine Zeit als Scriba seines Onkels denken als er hier in Mogontiacum die Festspiele zu Ehren des Drusus organisiert hatte. Und jetzt nahm er wieder an den Riten zu Ehren des großen Feldherrn statt, allerdings nur in der Rolle als Statist. Wie schön war es doch keine Verantwortung zu tragen und seinen Gedanken nachhängen zu können. Mit Argusaugen beobachtete der Petronier die Soldaten der Alae um bei einem Fehlverhalten gnadenlos einzugreifen. Doch auch in der Alae herrschte absolute Disziplin und mit Wohlwollen betrachtete er die Männer der Alae. Römischer Drill brachte es fertig aus jedem verrohten Sauhaufen eine tüchtige Truppe zusammenzuschweißen.


    Marcellus Gedanken schweiften ab und nachdenklich überlegte er wie viele der hier marschierenden Männer wirklich an den Kult des Drusus mit festem Glauben dachten. Wahrscheinlich die wenigsten eher ging jeder seinen eigenen Gedanken nach. Soweit Marcellus wusste war Drusus eher ein sehr nachdenklicher Mensch gewesen der sich nur von Realpolitik hatte leiten lassen. Hierzu zählte auch das militärische Vorgehen gegenüber den zahlreichen Feinden Roms. Ein Aufwand wie er nun für ihn den göttlichen Feldherrn aufgebracht wurde war Drusus selber eher zu wieder gewesen. Sicherlich war für die führende Herrscherschicht wichtig auf allen Tasten der religiösen wie auch der militärischen Ebene zu spielen um die wirklichen politischen Ziele durchzusetzen. Gerade durch den reichhaltigen Gebrauch des geschriebenen Wortes hatte der Petronier eine andere Sicht über das Imperium und seine Ausrichtungen erhalten.


    Auf jeden Fall stellte die Zeremonie für Außenstehende eine gewaltige Demonstration römische Macht und Stärke dar. Das war auch einer der wichtigsten Punkte solcher Veranstaltungen. Zugleich beruhigte der Ablauf aber auch die Masse der römischen Bürger und ihre heimlichen Ängste. Obwohl Rom mittlerweile große Teile der bekannten Welt beherrschte gab es immer irgendwelche Feinde die zu gerne sich einen Batzen am Reichtum und Wohlstand des Imperiums abschneiden wollten. Rom musste nach außen wie nach innen immer Stärke beweisen, so auch durch diese Feierlichkeiten. Hier in Germanien funktionierte die Abschreckung durch Stärke hervorragend. Mit der Legio II und der Alae waren auch zwei starke Verbände der Armee im Zentrum Germaniens stationiert.


    Die Flammen des Feuers schlugen hoch und ließen durch ihre tanzenden Bewegungen aus dem Schattenreich bizarre Gestalten ein Erscheinungsbild annehmen. Vielleicht war dies auch ein Punkt an dem die Götter die Menschen betrachteten in ihrer Unzulänglichkeit. Der Glauben mochte für den einzelnen Römer Sicherheit ausstrahlen und somit die Götter am Leben erhalten. Dies war vielleicht auch eine Art des Zusammenschlusses von Glauben und Götterstärke. Für den Petronier war zu mindestens eines sicher Mars würde ihn und die Familie der Petronier beschützen. Und wie immer die Götter entschieden Marcellus musste es hinnehmen. Genauso wie auch immer der Kaiser entschied, der Petronier würde ihm folgen. Sein Onkel der alte Petronier, der ihn aufgenommen und protegiert hatte sollte mit ihm zufrieden und stolz sein auf das was aus ihm geworden war. Für Marcellus war klar, dass er für die Familie immer da sein würde.

  • Die Flammen des Feuers sengten sich in die Gesichter der Männer. Es war nun schon eine Weile her, daß sie in stiller, statuenhafter Haltung um die Flammen umherstanden. Im gingen einige Dinge durch den Kopf. Alles schien im Wandel. So wie die Flammen die Opfer der Soldaten verschlangen so verschlang das Leben seine Zeit. Auch wenn er es sich nicht anmerken ließ, so schmerzte ihn der Verlust von Ocella. Er war ihm in den letzten Jahren das was er nie hatte, ein wahrer Freund, ja ein Bruder. Nun sollte ihn das Schicksal in Situationen bringen die ihn Kopf und Kragen kosten konnten.
    Varro starrte in die Flammen. Es war ihm, als sei Ocellus gefallen und bei seinen Ahnen im Elysium,...so weit war er nun weg.

  • Still verharrend, andächtig in Gedanken, stand auch der Tiro da. Andriscus fühlte die Hitze des Feuers auf seinem Gesicht und musste ab und zu den kopf wenden um nicht nur auf einer Seite gar zu werden.


    Religion..was war das? Er fragte sich das recht oft, auch wenn er zu den Gättern sprach und ab und zu hoffte eine direkte Antwort zu bekommen, war er nicht der Typ Mensch wirklich gefestigt zu sein. Schliesslich war es doch recht fragwürdig....Jemanden oder etwas anzusprechen, zu hoffen erhört zu werden wenn niemand oder etwas nicht greifbar, sichtbar war. Und Statuen...na aber echt jetzt. Steine anbeten oder aus welchen Material auch immer diese gemacht waren.


    Andriscus hob den Arm und war seine Opfergabe ins Feuer. Ein Stück Brot, da jeder Essen mussste, ein Stück Metal, welches er extra in der Schmiede zu einem miniaturisierten Dolch fertigen ließ und eine Münze.
    Sekundenlang starrte er auf die vergehenden Dinge und dachte dabei an nichts.

  • Natürlich hatte Seneca die Ala fachgerecht antreten lassen und hatte den Salut seines Kameraden dankend angenommen. Da er in Abwesenheit von Duccius Vala nun einmal der ranghöchste Militär der Stadt und auch der weiteren Umgebung war, hatte er die für ihn recht undankbare Aufgabe übernehmen müssen hier und heute vor versammelter Mannschaft und der Stadtprominenz die Rede halten zu müssen.
    Natürlich erwiderte er den Salut und salutierte seinerseits auch dem scheidenden Tribunus, bevor er sich im Lichte der Flammen zur Rednerbühne aufmachte, um seine Rolle in diesem Theater für die Götter, oder die vergöttlichten, zu spielen.
    Natürlich würdigte er mit seinen Blicken noch alle anwesenden und die Truppen, bevor er mit seiner Laudatio funebris für Drusus begann, wobei er seinen Sohn, Germanicus, später ebenfalls noch erwähnen wollte.


    "Bürger Mogontiacums, treue Soldaten Roms!" begann er seine Stimme den Gegebenheiten des Ortes anzupassen, während seine Augen die Flammen fixierten,
    "Wie es Brauch ist, kommen wir an diesem Tag zu dieser Zeit hier zusammen, um den Männern zu Gedenken, die römische Kultur und den Wohlstand in diese Provinz gebracht haben, und welche nicht nur Soldaten führten, sondern von ihnen auch geschätzt und mit größter Loyalität bedacht wurden." kurz geisterte es dem Iunier durch den Kopf ob seine Männer auch ähnlich über ihn dachten, doch bei einer bunt zusammengewürfelten Truppe aus Peregrinen rechnete er nur bedingt damit.
    "Nero Claudius Drusus ist der Geschichte bekannt als wahrer Römer, der unsere Truppen weiter in dieses ungezähmte Land führte als jeder andere vor ihm. Ein ruhmreiches Unterfangen zweifelsohne." er hielt kurz inne, fuhr jedoch dann fort "Doch folgte er nicht blind dem Ruhm. Nein, viel mehr strebte er die Sicherung unserer Provinz an. Die Sicherung des Bodens auf welchem wir hier nun stehen und florieren, und auf welchem Römer und Germanen gemeinsam leben, handeln und kämpfen, gegen die, die nach Zwietracht und Zerstörung trachten. Drusus starb nicht als Held in der Schlacht, doch seine Taten und Erfolge haben ihm die Pforten ins Elysium gewiss weit aufgestoßen und er weilt nun schon länger dort, doch bleibt sein Schaffen und sein Erbe bei jedem einzelnen Soldaten in diesem Land unvergessen. Wir Gedenken Drusus in Achtung und Dankbarkeit für all das was er für Rom und seine Soldaten getan hat."
    Erneut hielt Seneca inne, kam aber dann zum zweiten Teil seiner Rede "Auch gedenken wir Drusus' Sohn, Germanicus, welcher fern der Heimat in Syria starb doch dessen Schaffen in dieser Provinz einen bleibenden Eindruck hinterließen. Loyal zum Volk von Rom widerstand er den Versuchungen der Macht als ihm die Imperatorenwürde dargereicht wurde. Indes verteidigte er tapfer die Grenzen vor Arminius' Schergen und verfolgte diese später bis in ihr Nest um aller Welt zu zeigen dass Rom nicht vergisst, und ob der schwere und Schändlichkeit seiner Taten, auch nicht vergibt. Doch war es nicht nur der Drang nach Rache der Germanicus antrieb, viel mehr wollte er seinen getreuen Soldaten zeigen, dass er die gefallenen Kameraden hinter der Grenze nicht vergessen hatte. Immer wieder suchte er das Schlachtfeld von Varus' großer Schmach auf um die Ehre der Männer und der Legionen wiederherzustellen. Er zeigte uns Offizieren und den Soldaten, dass es egal ist wo einem sein Schicksal ereilt: Rom lässt seine Soldaten nicht zurück." Nach dieser Aussage ließ er zwei Sekunden verstreichen um ihre Bedeutung hervorzuheben, bevor er fortfuhr...
    "Gedenken wir diesen großen Römern indem wir dem Feuer unsere Gaben erbringen und ihre Taten in unseren Gedanken reflektieren. Doch Gedenken wir ihnen auch indem wir ihr Erbe fortführen, gemeinsam, auf das wir auch in Zukunft noch von ihrem Handeln bestärkt werden." beendete er seine Rede und blickte dann zum Tribunus, schließlich könnte er ja auch noch einige Worte beisteuern wollen.

  • Als die Legion sich dem Tribunal näherte, vor welchem die Männer Aufstellung beziehen sollten, erwachte der junge Flavius aus seinem autoreflektiven Sinnen, denn immerhin war ihm die Supervision jener Zeremonie obgelegt worden, sodass er nun zu achten hatte, dass sämtliche Abläufe in korrekter Weise verliefen. Selbstredend war mitnichten irgend etwas an dieser Festivität nicht bereits durch nunmehr beinahe hundertjährige Übungen aufs kleinste Detail prädeterminiert, sodass lediglich ein Verständnis der Abläufe und eine Zuteilung der diversen Obliegenheiten seine Aufgabe waren gewesen, doch hatte er dennoch sich gemüht, jenen würdigen Rahmen nach besten Kräften zu wahren.


    Also wendete er sein Trautwin an jener Stelle, die er am vorherigen Tage nochmals besichtigt und hinter welcher nun bereits der Legionsadler mit seiner Garde Position genommen hatte. Hinter seinem Rücken reihten sich sodann Kohorte um Kohorte, Turma um Turma die folgenden Formationen an ihrem Platze ein, dirigiert und kontrolliert von ihren Centurionen und Decurionen, welche am Vortage ebenso eingewiesen worden waren. Indessen nickte der flavische Tribun unmerklich (doch merklich verstärkt durch die Höhe seines Federbusches) dem Praefectus Castrorum zu, dem die Übergabe des Wortes traditionsgemäß oblag. Iulius Licinus begab sich also auf die Tribüne, welche unmittelbar vor dem freien Exerzierplatz und neben dem Feuer sich befand.


    Als dann die Pila zu Boden gesetzt wurden, legte sich erwartungsvolle Stille über das Feld wie das Publikum. Gemächlich begab sich sodann der Redner des heutigen Abends an seine Position, salutierte vor dem jungen Flavius, welcher den Gruß selbstredend erwiderte, und begann zu sprechen.
    Gleich einige seiner ersten Worte blieben in den Ohren des jungen Tribuns haften: 'welche nicht nur Soldaten führten, sondern von ihnen auch geschätzt und mit größter Loyalität bedacht wurden'
    Er selbst hatte auch eine Vexillatio über den Limes hinaus geführt, doch niemals sich als wahrer Kommandeur jener Einheit verstanden, da doch sämtliche praktischen Angelegenheiten durch den ranghöchsten Centurio, jenen Tiberius, waren bewerkstelligt worden, während er mehr als ein Gast jenem militärischen Spektakel beigewohnt hatte. Durchaus hatte er sich bemüht, seiner Legion ein guter Offizier zu sein, ja hatte ein offenes Ohr und paternale Fürsorge gelobt und das Herz mancher Stabsperson gewonnen, doch bei rechtem Licht betrachtet war es ihm doch nie gelungen, zu jenen Milites gregarii durchzudringen, als deren singulärer Exponent ihm Tiberius Verus war begegnet. Schlagartig aktivierte sein Geist die mahnenden Worte des Praefectus Urbi, welcher ihm nicht lange vor seinem Aufbruch hierher nahegelegt hatte, Auftreten und Verhalten zu exerzieren, um sich den Respekt seiner Männer zu erwerben, worum er nach Kräften sich durchaus bemüht hatte, doch obschon er über mangelnde Autorität gegenüber seinen Untergebenen er nicht zu lamentieren vermochte, so fehlte es doch stets an jener wahren Zuneigung, wie sie ihm etwa sein Leibdiener Patrokolos erwies. Auch während jener Einweisung am Vortage waren sämtliche Centurionen stets kühl und geschäftsmäßig verblieben, hatten sie seine Order zwar akzeptiert, doch kaum Anteil genommen an seinen Wünschen und Ideen. Womöglich war es sein mangelnder Sinn dafür, derartige Symbolhandlungen zu vollziehen, wie Germanicus sie durch den mehrfachen Besuch des Varianischen Schlachtfeldes hatte bewerkstelligt, und damit die Motivationen und Normen seiner Männer anzuerkennen, was ihn am ehesten von den erfolgreichen Feldherren Roms trennte, mochten sie Drusus, Germanicus oder Caesar sich nennen. Einen Kriegsmann verlangte augenscheinlich es nicht danach, dass seine Interessen vor den Princeps oder gar den Senat wurden getragen, während es von größter Importanz ihm war, dass seinen gefallenen Kameraden Ehre erwiesen wurde, die er im Gegenzug seit nunmehr einem Saeculum auch Drusus und Germanicus erwies. Ehre und die Pietas gegenüber den Verblichenen waren auch einem quiritschen Patrizier ein Begriff, doch waren jene Tugenden doch in der urbanen Aristokratie Roms doch in anderer Weise besetzt als unter denen, die tagtäglich im Staube ihr Leben riskierten, um jene Zivilisation zu schützen, derer sie niemals teilhaftig werden mochten.


    Die Fähigkeit der beiden heutig geehrten Feldherren verdiente somit in den Augen des flavischen Jünglings durchaus Admiration, da sie doch selbst similären Verhältnissen entstammten wie er selbst, jedoch weitaus erfolgreicher die Herzen ihrer Legionen gewonnen hatten. So spendete auch der Tribun Applaus, nachdem Iunius Seneca geendet hatte und stimmte ein in das Dröhnen tausender Pilae, welche die Legionäre zum Zeichen ihres Konsenses auf ihre Scuta schlugen. Worte wollte Manius Minor dagegen keine weiteren verlieren, spürte er doch, dass all dies trotz sämtlicher Mühen nicht recht sein Feld war. Denn gewiss mahnte ihn der Tod des Drusus inmitten seines Kriegszuges, seine Obliegenheiten nicht zu sehr zu prokrastinieren, ja hatte er durch sein Opfer selbst gelobt, seine dekadente Vergangenheit hinter sich zu lassen und als neuer, tugendhafter Mensch Rom zu dienen. Doch wurde ihm nach jener Rede doch bewusst, dass sein Schicksal doch eher in Rom lag als hier an den Ufern des Rhenus.

  • Auch wenn Merula in diesem Sinne kein Ehrengast war, den man zu dieser Veranstaltung geladen hatte, fand er sich auf der Ehrentribüne wieder. Seine Cousine, Tiberia Lucia, hatte ihm das als ihre Begleitung ermöglicht, wo es ihrem Gatten doch aufgrund seines Zustandes nicht möglich war, an dieser Veranstaltung teilzunehmen. Demnach sagten ihm die um ihn herum sitzenden Gesichter natürlich nichts. Zudem war es bereits dunkel, sodass man ob des spärlichen Lichts der Fackeln sowieso kaum etwas sehen geschweige denn ein Gesicht auf mehr als zwei Meter Entfernung erkennen konnte. Dennoch kommentierte seine Cousine hier und da die Szene, sodass es für Merula nicht allzu unverständlich war.


    Die Soldaten, die hier in Paradeuniformen und stolzen Gemüts auftraten, beeindruckten ihn nicht wirklich. Für das Militär hatte er zu diesem Zeitpunkt seines Lebens noch nicht viel übrig. Das Exercitus Romanus als Instrument schätzte er natürlich als Römer sehr, waren doch die Römer stolz darauf, dass ihre Männer und Söhne in der Schlacht für ihre Sicherheit sorgten und neue Territorien erschlossen hatten, um dem Imperium Romanum zu Größe, Macht und Reichtum zu verhelfen. Paradeuniformen, Festakte usw. interessierten ihn dabei weniger. Dennoch war diese Veranstaltung nicht gänzlich uninteressant, da der junge Tiberius so etwas noch nie gesehen hatte und diese Veranstaltung in dieser Provinz in dieser Stadt doch schon etwas besonderes war. Seinen Bruder Verus erkannte er indes nicht, war es doch zu dunkel. Er konnte nur erahnen, dass dieser einer der vielen Centurionen war, die ihre Soldaten anführten.


    Die Rede des ALA-Präfekten, Lucia hatte ihm erklärt, dass es sich dabei um eben jenen handelte, war für einen Soldaten recht pathetisch. Merula achtete dabei weniger auf den Inhalt, sondern mehr auf die Rhetorik. In Rom würde er sich als Redner beweisen müssen und bislang hatte er nur auf lokalpolitischer Ebene und als Pontifex gesprochen. In Rom würden ihn größere Tribünen erwarten. So versuchte er die Rede des Iuniers mithilfe der Punkte zu analysieren, die ihm sein getreuer Diogenes über die letzten Jahre zu vermitteln versucht hatte. Die Szenerie blendete er dabei fast schon gänzlich aus.

  • Ocella ging das hier langsam ein wenig auf die Nerven. Seit Stunden waren sie unterwegs, das Getöse ringsum, die Menschenmassen und vor allem nichts zu trinken. Jeder Furz hatte hier noch was zu sagen. Den Chef ließ er ja noch angehen, aber die anderen? Und dieses Stillhalten. Sein ganzer Mund schmeckte nach dem Metall der Gesichtsmaske.Jeder Atemstoß verstärkte ihn noch. Naja, allzu lange würde es wohl nicht mehr dauern. In einiger Vorfreude auf das traute Beisammensein mit den Kumpels rafgfte er sich noch einmal auf in der Erkenntnis sich lieber in ein Schlachtgetümmel zu begeben als hier steif herumzustehen.

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