~~ praeparatio ~~
Bereits seit dem frühen Morgen waren die Sklaven auf den Beinen und es herrschte reges Treiben in der villa. Anders als an anderen Tagen konzentrierten sich die Tätigkeiten heute aber auf das tablinum, das in ganz besonderer Form dekoriert wurde. An den Säulen hingen edelste Stoffe in scheinbar endlos fließenden Bahnen herab, um sich auf dem Marmorboden zu einem Farbenmeer zu vereinen. Überall verstreut standen Klinen und Korbsessel und auf zahllosen Tischchen warten Obst und andere Köstlichkeiten auf den Verzehr. In einer Nische im hinteren Teil des tablinum hatten sich Musikerinnen eingefunden, um mit leiser Musik den Raum zu beschallen. Feuerbecken sorgten für eine angenehme Temperatur im gesamten tablinum, welches auf der einen Seite zum Garten hin offen war, während die Seite zum atrium mit schweren Vorhängen abgeschirmt wurde. Auf der Seite des atriums sorgten zudem vier custodes dafür, dass nur geladene Gäste die Vorhänge durchschreiten würden.
Sobald die Gäste die Kontrolle passiert hätten, würden ihnen im tablinum folgende Besonderheiten ins Auge fallen: Zum einen waren ausschließlich Sklavinnen anwesend, die für das (leibliche) Wohl der Gäste sorgten und zum anderen standen im ganzen tablinum verteilt 30 lebensgroße Frauenstatuen herum. Die Grazien waren allesamt nackt und in tänzerisch wirkenden Posen aus Marmor heraus gemeißelt worden, wobei ihre steinernen Blößen nachträglich kunstvoll verhüllt worden waren. Und zwar mit den edelsten, teuersten und reizvollsten Kleidern, die Prisca im ganzen Imperium hatte auftreiben können. Neben klassischen Gewändern reihten sich auch gewagtere Schnitte aneinander, mal mit Gold bestickt und mal mit Perlen, in allen Farben und bis hin zum blütenweißesten Weiß, das so hell wie die Sonne erstrahlte. Die Beschaffung einer solchen Vielzahl von Unikaten war natürlich nicht ganz einfach und entsprechend lange hatte die Vorbereitungszeit gedauert. Doch endlich näherte sich der Tag des ludus vestium, zu dem Prisca die Damenwelt Rom´s einzuladen gedachte. Und zwar ausschließlich die Damen Rom´s und nicht die Männer, für die eine solche Reizüberflutung wohl zu viel des Guten wäre. Außerdem hatte Prisca geplant, dass die geladenen Damen die Kleider (nach Lust und Laune) anprobieren könnten. Bei Gefallen hätten die Gäste zudem die Gelegenheit das eine oder andere exklusive Unikat zu ersteigern, um es zum Beispiel als Überraschung für den Liebsten bei nächster Gelegenheit zu tragen.
Prisca war mit den Fortschritt der Vorbereitungen insgesamt zufrieden, allerdings hatte sie an vielen Details noch etliches herum zu nörgeln:
"Der Stoff an der rechten Säule muss noch mehr gerafft werden! … Und hier, das Kleid sitzt nicht richtig um den Busen herum … Du da! Siehst du denn nicht, dass die Farbe des Gewandes nicht zur Farbe des Stoff an der Säule passt? … Die rechte Statue gehört noch ein wenig mehr nach links und die linkte Statue etwas mehr nach rechts, nein, halt das war zu weit! … Und die Statue mit dem Kleid aus Parthien soll direkt neben das ägyptische Gewand hab ich gesagt. Seid ihr alle taub? … Und das, was soll das? Dieser Faltenwurf ist ja grässlich, legt das Kleid nochmal ganz von vorne an! … Ja, so gefällt mir das ….nein, nein! ….der Tisch mit den Schmuckstücken sollte gleich neben dem Tisch mit den Düften und nicht neben das Obst …Bei allen Göttern, wollt ich mich wahnsinnig machen …husch husch …beeilt euch gefälligst ...
So langsam war Prisca mit den Nerven am Ende und schnaubend ließ sie sich in einen Korbsessel sinken. Du meine Güte, wenn das so weiter geht werden wir nie fertig … und die Einladungen muss ich auch noch verfassen. Also wen wollte ich alles einladen? Die Kaiserin natürlich, nachdem ich ihr damals davon erzählt habe und sie unbedingt kommen wollte und dann alle meine Cousinen, die Claudia und Flavia … meine Freundinnen ... und …und … und, ging die Aurelia gedanklich nochmal die elitäre Gästeliste durch, während sie einen Moment pausierte.
Fortsetzung folgt ...