Feriae Annae Perennae - Frühlingserwachen


  • Eigentlich wollte die junge Silurerin den furischen Sklaven nur wiedersehen. Nicht mehr. Aber auch nicht weniger. Als sich Tiberios dann jedoch in Gesellschaft der beiden Urbaner befand, huschte ein Schatten über das Gesicht der Dunkelhaarigen. Zum Glück ließ sie sich nichts anmerken und setzte stattdessen ein tapferes Lächeln auf ihre Lippen.
    Das die Römer ihr leises murmeln tatsächlich verstanden hatten, ließ Eireann innerlich erstarren. Dabei hatte sie doch gar nicht laut gesprochen.
    Und schließlich brach es über sie herein. Ein regelrechter Wortschwall des Römers, der Eireann schwindeln ließ. “Das ist nicht wahr. Ich bin nicht freiwillig hier. Und die römischen Soldaten dürfen sich nicht alles herausnehmen.“
    Dabei funkelte es zornig im blau ihrer Seelenspiegel. Wobei sich ihre Augen drastisch verdunkelten. Als der Römer begann ihr Volk und ihre Familie zu verspotten, konnte sich Eireann nur mit Mühe beherrschen. Jedoch war sie bei diesen Worten abrupt aufgesprungen und presste ihre zu Fäusten geballten Finger gegen ihre Oberschrnkel.
    “Ihr habt nicht das Recht über meine Familie und mein Volk zu urteilen.“
    Knurrte Eireann wie ein wildes Tier.
    “Eine... eine deliciae?“
    Was eine solche deliciae war wusste Eireann (noch) nicht. Hilfesuchend blickte sie daraufhin in Tiberios Richtung. Hoffentlich würde der furische Sklave diesem Albtraum ein Ende bereiten. Vielleicht gelang es Tiberios die beiden Urbaner wieder zur Räson zu bringen.

  • Tiberios wollte und konnte Scato und Lurco nicht sagen , dass es der Wirt des Blinden Esels und nicht etwa Eireann gewesen war, die verhindert hatte , dass er sie begleitete. Denn dann hätte er zugeben müssen,
    dass der Denar für die Ausgaben nicht gereicht hatte - und das war nicht gut, wenn man der Einladende war.
    Im Gegenteil, Eireann hatte hart für Helvetius Archias gearbeitet, um die Schulden zu bezahlen.
    Er empfand die Reaktion der Römer als hart , aber sie so waren sie wohl, die Soldaten.
    " Domini - ", sagte er schließlich : " Wäre ich ein freier Mann , müsste ich mich wohl jetzt prügeln, um die Ehre meiner Freundin zu verteidigen, denn ihr habt sie sehr beleidigt. Aber als Sklave habe ich nicht einmal das Recht, euch böse anzusehen. Ich bitte euch um Verzeihung, denn es war mein Irrtum : Es kann wohl keine Freundschaft zwischen zwei unterschiedlichen Ständen geben."
    Dem jungen Sklaven standen Tränen in den Augen, aber seine Stimme blieb fest .
    "Komm , Eireann", sagte er und nahm sie bei der Hand: "Bitte sag nichts. Wenn jedes falsche Wort dich in den Kerker bringen kann, kann es weder Offenheit noch Vettrauen geben. "

  • Scato legte leicht den Kopf schräg. "Bedauerlich. Vielleicht wirst du dich in einigen Wochen an unsere Worte erinnern. Und auch daran, dass sie nie feindeslig waren, sondern wohlwollend und helfend, bis deine Freundin eine Feindschaft durch ihre Schmähung inszenierte. Ich denke, sie hat ihr Ziel erreicht. Der Keil wurde gesetzt." Er nickte Lurco zu. "Komm, Großer. Wir gehen zurück nach Hause."

  • Lurco verschränkte die Arme demonstrativ vor der Brust und starrte Eireann an.


    "Ganz genau, jetzt hast Du es begriffen! Römische Soldaten dürfen sich nicht alles herausnehmen. Und weshalb glaubst Du ist das so? Rate mal wer damit geschützt werden soll? Rate mal, wem man damit Rechte zugesteht. Rate weiter, wessen Leben man damit schon und wem man sein Leben schenkt. Natürlich bist Du nicht freiwillig hier, das wissen wir.


    Gegenfrage, wärst Du lieber tot? Wärst Du lieber auf dem Schlachtfeld nach dem Siege Roms verrottet?


    Ich habe nicht über Dein Volk geurteilt, Dein Volk und Deine Familie hat Dich zu diesem Leben verurteilt. Das solltest Du bedenken. Hätten sie gesiegt, wärst Du noch Zuhause oder etwa nicht? Von daher kreide einem Sieger nicht seine Milde an, die er seinen Gefangenen zuteil werden lässt. Vor allem dann nicht, wenn Du sie genießt.


    Niemand hat Dich gezwungen, das Leben als Sklavin anzunehmen. Du hättest Dich auch in das Schwert Deines Vaters oder Bruder stürzen können. Dann wärst Du ihnen in den Tod gefolgt. Es war ihre Schande, ihre Niederlage und letztendlich Deine Entscheidung dieses Schicksal zu akzeptieren", sagte Lurco ruhig.


    "Es ist Deine Wahl Tiberios, wenn Du Dich dafür entscheidest nur dass zu hören was Deine Freundin unbedacht von sich gab und dies auch noch zu unterstützen, dann sei dem so. Ich wünsche Euch noch einen schönen Tag", entgegnete Lurco und machte sich auf den Weg nach Hause indem er Scato folgte.


    "Du hast Recht, sie hat den Keil gesetzt, den sie brauchte. Wie sonst sollte sie jemanden halten? Mit was? Lass uns ein bisschen was Einkaufen und Zuhause was Schönes kochen", schmunzelte Lurco und rempelte Scato beim Laufen an.


    "Puls mit Käsestücken und Gemüse? Lust drauf? Neuen Wein muss ich auch besorgen und ein Stück Brot. Und vielleicht irgendeine Leckerei noch dabei", grübelte Lurco hungrig.

  • Eireanns Gesichtsfarbe wechselte zwischen kalkweiß und rot hin- und her. Bis die Dunkelhaarige schließlich vollends erbleichte und mit einem wilden funkeln in den Augen zu dem Römer empor starrte. Was erlaubte sich dieser Kerl überhaupt? Hatte er nur diese große Klappe weil er Soldat war?
    Als Lurco ihr die Frage stellte, ob sie lieber tot wäre, schüttelte Eireann hastig ihren Kopf. Nein. Natürlich nicht. “Hätten die römischen Soldaten mein Dorf nicht angegriffen. Wäre meine Familie und mein Volk noch am Leben.“
    Erwiederte Eireann mit einem äußerst ruhigen Klang in ihrer Stimme. Wobei sie demonstrativ ihre Arme vor der Brust verschränkte.
    “Ich hätte den Märtyer-Tod wählen sollen? Ich wollte aber leben.“
    Noch immer wirkte Eireanns Gemüt erhitzt. Und da halfen auch nicht Tiberios gar wohlmeinende Worte. Nein. Dieses Gespräch würde Eireann zu Ende führen. Mal sehen wer zuerst aufgab und das Weite suchte. Die iulische Sklavin würde es jedenfalls nicht sein.
    “Ich habe mich mit meinem Schicksal arrangiert. Aber akzeptieren? N i e m a l s.“
    Einen letzten, wütenden Blick warf Eireann auf die beiden Urbaner. Bevor sie sich von Tiberios davon ziehen ließ. Hoffentlich würde sie diese beiden Römer so schnell nicht wieder sehen. Doch wie sagte ein Sprichwort - man begegnet sich immer zweimal im Leben.

  • Tiberios hätte gerne noch mehr gesagt .
    Aber sein Rang hielt ihn davon ab, wie er ihn sein ganzes Leben abgehalten hatte, völlig offen zu sein. . Er war in die Sklaverei geboren worden . Dass er der Sohn seines Herren gewesen war, wen interessierte das, wenn seine Mutter eine Sklavin war. Vor dem römischen Gesetz folgten Kinder dem Rang der Mutter. Er war bisher zufrieden mit seinem Leben, und sein dominus bot ihm ein bessere Existenz , als es viele Menschen in der Subura hatten. Und er liebte seine Arbeit als Scriba.
    Für ihn waren die Römer ein wenig wie das Wetter. Man konnte sich über sie beklagen oder sie loben - sie waren einfach DA und beherrschten das Leben der Völker. Als Grieche fühlte sich Tiberios ohnehin nicht wie ein Barbar.
    Eireann war jedoch wirklich ein Feuerkopf. Doch er hielt sie nicht für berechnend. Sie folgte nur manchmal ihrem wilden, freien Herzen. Ein Fehler für eine Sklavin . Ein Fehler, soviel Stolz zu haben....


    Er dachte daran, dass der Stolz seiner eigenen Sklavenmutter beinahe ihrer beider Untergang gewesen wäre. Vielleicht eine Geschichte, die Eireann zur Warnung dienen könnte.


    Tiberios verbeugte sich und sagte : " Ich wünsche euch auch einen guten Tag, domini. ", sagte er.


    Dabei bewunderte er die Urbaner sehr. Aber er ertrug keinen Streit in seiner Umgebung.

  • Tiberios würden sie sicher an anderer Stelle erneut wiedersehen. Eireanns Worte würden eines Tages ihren Untergang bedeuten, aber nicht heute. Lurco fand, nicht jede Torheit verdiente eine Reaktion. Also hielt er es wie Scato und wunk ab.


    "Wir sollten uns zudem etwas zur Unterhaltung kaufen, Würfel wären gut. Unsere Kameraden haben sich auch etwas dabei und nach unserem ersten Stresstag sollten wir uns was Gutes tun. Ein bisschen Würfelspaß, danach würde mir der Sinn stehen.


    Keine Bange wir spielen natürlich nicht um Geld, wir müssen unseren Sold gut zusammenhalten für unsere eigene Taberna. Komm mit ich zeige Dir, wo ich letztens an einem Stand Würfel gesehen habe", grinste Lurco und zog Scato mit sich.


    An einem Stand eines Straßenhändlers blieb er stehen und nahm einen Würfel zur Hand.


    "Hübsch und kurzweilig hm?", grinste Lurco und ließ die Augenbrauen hüpfen.



    Würfel
    Link:
    https://upload.wikimedia.org/w…x-Roman_dice_IMG_4367.JPG



    "Wie teuer?", fragte er.
    "Nur ein Sesterz für zwei Würfel", sagte der Verkäufer geschäftstüchtig.


    "Gekauft", freute sich Lurco und bezahlte den Händler und steckte zwei der Würfel ein.
    "Fehlt die Verpflegung, dann kann der Abend kommen", warf Lurco ein und zog mit Scato weiter.

  • "Dir auch einen schönen Tag, Tiberios. Pass auf dich auf." Scato schenkte ihm einen letzten Blick, dann wurde er von dem freundschaftlichen Rempler von Lurco ins Stolpern gebracht. "Eh, du SACK!"


    Trotz des unschönen Verlaufs dieser Festlichkeit freute er sich auf die kommende Zeit. Der Abend mit Lurco und den Kameraden in der Baracke würde das Vergangene bald verblassen lassen, bis die heutigen Ereignisse nichts weiter waren als der Schatten einer Erinnerung, den man hervorholte, wenn man ihn benötigte und ansonsten tief in der letzten Rümpelhalde seines Geistes verstaute. Sie hatten sich heute nicht nur Freunde gemacht, das war Scato bewusst. Aber die Ordnung und die Sicherheit des Imperiums waren es wert gewesen. Opfer waren unumgänglich, auch persönliche. Und manch einer freute sich sicher insgeheim darüber, das endlich Ruhe herrschte, dessen war er sicher.


    Gemeinsam zogen sie von dannen, die Urbanici, die Luperci.

  • Tiberios ging ein Stück mit Eireann, bis er ein schönes unberührtes Fleckchen erblickte, zog Eireann zu Boden ins grüne Gras und drapierte ihre Tunika um sie herum.
    Er sezte sich zu ihr, nahm eine Hand der kleinen lilablauen Blümchen, die um sie umher blühten und ließ sie über Eireanns Kopf regnen :
    " Vilolae ....wie hübsch sie sind, leider verstehe ich mich nicht aufs Kränzeflechten, sonst würde ich einen für dich machen. "
    sagte er :
    " Eireann, um auf vorhin zurückzukommen: ich verstehe dichgut. Sich für Sklaverei auch noch zu bedanken - das ist wirklich viel verlangt ", sagte er : "Vielleicht hättest du den Beiden sagen sollen, dass es gar nicht römisches Militär sondern Banditen gewesen sind , die dein Dorf überfallen habern. Als Vertreter des Gesetzes hätten sie das nie und nimmer gutgeheißen. Aber nun gut, sie sind gegangen.
    Wie wäre es ,wenn wir den Wein zu Ende trinken ,die Sonnenstrahlen genießen und wir uns fröhliche Geschichten aus unserer Jugend erzählen. Erzähl mir etwas Heiteres, als du ein Kind warst ? Hattest du Haustiere? Vielleicht einen dieser weißfelligen Bären, von denen ich gelesen habe.....?"

    - Tiberios hatte wirklich wenig Ahnung von den nördlichen Ländern :
    " Dann fange ich mit einer fröhlichen Geschichte an, als ich noch ein Kind war:-



    Meine Mutter Caenis, die eine ornatrix, eine Haarkünstlerin war, kannte viele Schönheitsgeheimnisse , mischte Pulver und Tinturen und schaffte es immer wieder, unserer Herrin Alexandra spektakuläre Frisuren zu zaubern. Viele von Alexandras Freundinnen hätten sie ihr gerne abgekauft.
    Ich besorgte meiner Mutter später zwar oft die benötigten Zutaten, leider aber weihte sie mich nicht in ihre Künste ein .
    Ich war noch ziemlich klein , vier oder fünf , da sollte meine Mutter der kyria Alexandra das Haar blond färben, aber sie irrte sich und es wurde grün wie Gras.
    Das war eine Katastrophe, und jede andere ornatrix wäre für dieses Vergehen mit Haarnadeln blutig gestochen worden.
    Meine Mutter aber behielt die Nerven :
    Sie tat so, als hätte sie den Handspiegel, in dem sich die Herrin anschauen wollte, verlegt ; mischte eine Gesichtspaste mit Bleiweiß und zerstoßenem Perlmutt und schminkte der Herrin die Augen schwarz, dann kämmte sie das grüne Haar ganz entgegen die Mode glatt den Rücken hinunter und flocht ein Perlennetz ein und bestreute es mit Silber.
    Am Ende brachte sie Alexandra deren grünblaue Stola und drapierte sie um ihre Schultern, und ließ sie dann erst in den Spiegel schauen.
    „Kyria, du siehst aus wie eine Nereide , eine Meeresgöttin !“, sagte meine Mutter.
    Alexandra betrachtete sich im Spiegel, Das hellhäutige, schimmernde Gesicht , die schwarzen Augen, das lange Haar , das sie viel jünger aussehen ließ, gefielen ihr ungemein und sie lächelte ihrem Spiegelbild zu :
    „Ach , das ist sehr schön, doch ein wenig extravagant“, sagte sie aber dann schließlich : „ Hol besser die Lockenperücke aus feinstem germanischen Haar und frisiere sie mir für heute abend .“
    So war meine Mutter Caenis, weißt du ,, Sehr schlau, voller Ideen , und sie schaffte es oft wieder, aus verfahrenen Situationen herauszukommen.
    Wir Sklaven haben bei dieser Erzählung sehr gelacht. "

  • Noch immer wirkte Eireann äußerst angespannt. Selbst dann noch als sich die beiden Luperci verabschiedet hatten und die Dunkelhaarige mit Tiberios alleine war. Erneut spürte sie wie ihr Herz hastiger in ihrer Brust pochte. Dann setzten die beiden jungen Sklaven ihre Schritte am Rand des Festes entlang. Bis Eireann von Tiberios mitgezogen wurde und sie sich im nächsten Moment auf einem gar unberührten Fleckchen Wiese wiederfand. Mit einem sanften Lächeln auf ihren Lippen ließ sie sich in das Gras sinken und beobachtete Tiberios wie er ihre Tunika um sie herum drapierte. Aber wieso eigentlich? Doch noch bevor sie diese Frage laut aussprechen konnte, rieselten kleine lila Blüten auf ihren dunklen Haarschopf. Kichernd schüttelte Eireann daraufhin ihren Kopf und funkelte dem Blonden frech entgegen.
    “Kränzeflechten ist doch auch nur was für Mädchen und junge Frauen.“
    Vielleicht würde Eireann eines Tages einen solchen Kranz für Tiberios basteln.


    Dann jedoch erinnerte sie Tiberios an die Begegnung und das Streitgespräch mit den beiden Urbanern. Abrupt schüttelte sie daraufhin ihren Kopf und presste ihre Hände gegen die Ohren. Nein. Sie wollte darüber einfach nicht mehr reden.
    “Diese Beiden hätten mich bestimmt nicht zu Wort kommen lassen und mir gar nicht richtig zugehört.“
    Empörte sich Eireann mit geröteten Wangen und leicht verengten Augen. Wieso Tiberios noch immer auf diesem Thema herumritt, war für die Sklavin ein Rätsel. Zum Glück ließ Tiberios dieses Thema dann schließlich tatsächlich fallen. Worüber Eireann sichtlich erleichtert wirkte.


    Ihr Gesicht reckte die Dunkelhaarige schließlich der Sonne entgegen. Während sie zugleich den Worten des Blonden höchst aufmerksam lauschte.
    “Es gab einige Tiere in meinem Dorf. Tiere die wir aufzogen, um dadurch unseren Tribut an vorüberziehende Banden leisten zu können.“
    Bei diesen Worten zuckte Eireann beinahe lapidar mit den Schultern. Als wären diese Tributzahlungen das natürlichste auf der Welt.
    “Ich habe viel mit den anderen Kindern getobt. Und ich wusste immer wo es die leckersten Beeren in den Wäldern gab.
    Bei diesen Worten lächelte Eireann gar traumverloren vor sich hin. Beinahe so als erlebte sie dieses Geschehnis ein zweites mal.

  • "Aber Kränze werden auch von Männern getragen, von Priestern und Feldherren und bei Gastmählern . ",
    sagte Tiberios und eine weitere Hand Blümchen regneten über Eireann :
    "Hat dir die Geschichte über meine Mutter gefallen ? Sie hat oft solche Sachen gemacht . Als mein Herr echt römisch Saturnalien feiern wollte - du weißt, dieses Fest, an dem die Welt verkehrt wird und die Herren die Sklaven bedienen, ist sie als ägyptische Königin Kleopatra aufgetreten - die kyria Alexandra hat ihr dazu ein Seidengewand geliehen. Sie war so überzeugend, dass am Ende des Gastmahls die Hälfte der Dienerschaft dachte, sie stamme tatsächlich von den Ptolemaiern ab . "
    Tiberios lachte in sich hinein , als er daran dachte und schüttelte den Kopf : " Während ich durch die Villa lief, was verboten war, bist du durch die Wälder gerannt ? Deshalb kannst du so schnell rennen ?
    Was für Beeren hast du gepflückt ? Und welche Tiere habt ihr aufgezogen ? Wer waren deine Eltern und hast du Geschwister ?! Ich bin neugierig, ich weiß . "

    Er nahm ein wenig Wein in die Hand und goss ihn ins Gras: " Für dich, o Göttin Anna Perenna ,der letzte Tropfen. "
    Er reichte Eireann den Weinschlauch : " Ein kleines bißchen ist noch da. "

  • Schweigend lauschte Eireann den Worten des Tiberios. Beinahe wirkte es so, als wäre Eireann die Schülerin und Tiberios ihr Lehrer. Denn die Miene der Dunkelhaarigen war äußerst gespannt und aufmerksam.
    “Das Kränze von Priestern getragen werden. Kann ich mir vorstellen.“ Als weitere kleine Blümchen über Eireanns Kopf niederrieselten, musste die Dunkelhaarige leise kichern. Bevor sie ihren Kopf leicht auf die Seite neigte und Tiberios wohlklingender Stimme einfach schweigend lauschte.
    “Deine Mutter scheint eine witzige Person zu sein. Du liebst deine Mutter sehr. Habe ich Recht Tiberios?“
    Dabei blickte die junge Silurerin dem Alexandriner tief in die Augen. Jetzt war es an Eireann einige der Blütenblätter über Tiberios blonden Schopf rieseln zu lassen.
    “Irgendwie stehen dir diese lila Blüten im Haar.“
    Murmelte Eireann mit einem nachdenklichen Klang in ihrer Stimme. Während sie Tiberios weiterhin schweigend betrachtete.
    “Meine Mutter hat immer gesagt, dass ich womöglich als Junge auf die Welt kommen sollte.“
    Dabei wirkte der Ausdruck auf dem Gesicht der jungen Silurerin nachdenklich.
    Erst als Tiberios seine Neugierde einfach nicht bezähmen konnte, zuckte Eireann leicht zusammen und begann sich wieder zu konzentrieren.
    “Meine Eltern waren einfache Mitglieder des Stammes. Ich habe eine unbeschwerte Kindheit erleben dürfen. Ich habe viel mit den anderen Kindern gespielt und habe mir von meiner Mutter Geschichten über mein Volk erzählen lassen.“
    Für einen kurzen Augenblick hielt Eireann in ihrer Erzählung inne. Denn ihre Gefühle drohten sie zu übermannen. Und so atmete die Dunkelhaarige tief durch, um sich wieder zu sammeln.
    “Meine Mutter konnte sehr gute Geschichten erzählen. Meistens, wenn wir abends an den Lagerfeuern saßen, hat einer der Männer ein Zupfinstrument herbei gezaubert. Und zu diesen Klängen hat meine Mutter ihre Geschichten preisgegeben.“
    Leicht lächelte Eireann bei dieser Erinnerung. Dann griff sie auch schon den Weinschlauch und besprenkelte die Erde mit dem roten Rebensaft. Dabei bewegte sie ihre Lippen zum stummen Gebet an ihre Götter.

  • Tiberios warf einen anzüglichen Blick auf Eireanns weibliche Formen :
    " Du als Junge auf die Welt kommen ? Das wäre ein Jammer gewesen ", frotzelte er und beantwortete ihre Frage :
    ."Ja, ich liebe Caenis sehr . Ich weiß nicht, ob sie auch verkauft wurde und ob wir uns in diesem Leben jemals wiedersehen.
    Nicht, dass ich mir Sorgen um sie mache.
    Sie ist eine tüchtige, liebenswerte, unterhaltsame Sklavin ,und jede domina wird sie mögen. In unserem Fall mochte sie der dominus nur zu sehr, und so verlor sie die Gunst ihrer Herrin. "

    Tiberios sprach leichthin , nur mit leichter Bitterkeit am Ende des Satzes.
    Dann lachte er :
    " Die Veilchen stehen uns beiden, und während wir reden, hätte Caenis schon zwei Kränze geflochten und sie in Alexandria zur Mode für die kommende Saison erklärt. Seltsam, dass wir beide Kinder von Geschichtenerzählerinnen sind. Erzähl mir eine der Geschichten deiner Mutter, gute Geschichten höre ich immer gerne. "

  • Den anzüglichen Blick des Blonden bemerkte Eireann durchaus. Wusste jenen Blick im ersten moment jedoch nicht einzuordnen. Das einzige was sie spürte waren ihre rot glühenden Wangen und ihr hastiger Herzschlag.
    “Würde ich dir als Junge etwa nicht gefallen?“
    Mit einem breiten Grinsen auf ihren Lippen hatte sie sich bei diesen Worten in Tiberios Richtung gedreht.


    Dann jedoch schwieg Eireann wieder und beobachtete Tiberios einfach nur. Diese Momente der Stille waren äußerst selten und so schien Eireann diese wenigen Sekunden umso intensiver zu genießen.
    “Denke immer daran Tiberios. Eines Tages werden wir uns alle wiedersehen.“
    Dabei lächelte die Dunkelhaarige mit einem schmerzlichen Ausdruck in ihren Augen.
    “Es ist immer schwierig wenn Neid und Missgunst vorherrschen.“
    Dabei streckte Eireann ihre Hand aus und streichelte sanft über Tiberios Handrücken.


    “Du willst wirklich eine Geschichte über meine Mutter hören? Hm.. lass' mich mal überlegen.“
    Da blickte Eireann kurzzeitig in die Ferne. Wie um sich zu sammeln. Bevor sie schließlich ihre leise Stimme erklingen ließ.
    “Auch in unserem Volk gab es Feste wie dieses hier. Nur bei uns wird mehr Alkohol getrunken und die Männer singen grölende Lieder. In solchen Nächten entstehen auch die meisten Kinder.“
    Verschämt grinste die junge Silurerin bei diesen Worten und senkte ihren Blick.


    “Für ein junges Mädchen ist es das schönste wenn der Mann bei einem solchen Fest um ihre Hand anhält.“
    Beinahe wäre es bei Eireann so weit gewesen. Doch dann kamen die Überfälle der Banditen und die Auslöschung ihres Dorfes dazwischen.

  • „Ob du mir als Junge auch gefallen würdest ? Natürlich ja, was erwartest du , ich bin ein Grieche !“; lachte Tiberios.
    Aber als er merkte, dass Eireann ernst wurde, wurde er auch ernster :
    „ Oh ja, Neid und Missgunst . Und der Stolz einer Sklavin , die bei all ihrer Schlauheit , einen einzigen Moment lang dumm war. Vielleicht kann dich ihr Schicksal etwas lehren.
    Aber es ist eine nicht ganz so schöne Geschichte, und sie soll ein anderes Mal erzählt werden, heute nicht , heute möchte ich mit dir fröhlich sein."

    Er hörte ihr zu , als sie über die Feste der Silurer sprach . Sie hat einmal einen Mann ihres Volkes geliebt, dachte Tiberios: Vielleicht einen wilden Krieger, vielleicht aber auch einen sanften Musiker oder einen Heiler.
    Aber die Vergangenheit, so schmerzlich sie auch war, ist Vergangenheit . Alles andere macht uns nur unglücklich
    .
    Und er fragte die junge Frau:

    „ Du hast gesagt: Denke immer daran Tiberios. Eines Tages werden wir uns alle wiedersehen . Wie genau meinst du das, teure Eireann ?“

  • Als Tiberios erklärte das sie ihm als Junge tatsächlich gefallen würde, weiteten sich Eireanns Augen zuerst. Bevor sie ihren Blick errötend niederschlug.
    “Ihr Griechen würdet auch etwas mit einem Jungen anfangen?“
    Murmelte Eireann fragend und wagte es dann doch ihren Blick anzuheben und Tiberios Blick zu erwiedern.
    Dann huschte ein ernster Schatten über das Gesicht der Silurerin und Eireann musste hart schlucken.
    “Deine Worte sollen mich gemahnen mein Temperament zu zügeln?“
    Aber wie sollte sie das denn schaffen? Sie versuchte es doch. Und tatsächlich gelang es ihr meistens.


    “Meine Mutter hat mich zu einer stolzen, jungen Frau erzogen. Und diesen Stolz werde ich auch nicht abstreifen können.“ Oder wollte sie nicht? Könnte natürlich ein Fünkchen Wahrheit dahinter stecken.
    Als Tiberios erklärte das er heute mit ihr fröhlich sein wollte, spürte Eireann wie ihr Herz wieder kraftvoller in ihrer Brust pochte.
    “Dann sollten wir fröhlich sein. Wir sollten singen und tanzen.“
    Auffordernd blickte sie den Blonden bei diesen Worten an.
    In einer fließenden Bewegung erhob sich die Dunkelhaarige und streckte Tiberios ihre Hand entgegen.


    “In den Großen Hallen bei unseren Göttern werden wir uns eines Tages alle wiedersehen.“
    Dabei lächelte die iulische Sklavin mit einem schmerzlichen Ausdruck auf ihren Lippen.

  • „ Die Gaben der Venus , die wir Aphrodite nennen, kömmen mit jedem geteilt werden. Das ist doch ganz gleich, ob Mann oder Frau.“, sagte Tiberios : . Und ja, ich bitte dich , pass auf , vor wem du etwas gegen die Römer sagst.
    Stolz ist keine Tugend bei einer Dienerin, sondern stürzt sie nur ins Unglück .

    Er sah Eireann mit seinen grauen Augen durchdringend an :
    Das sage ich nicht , um dich zu ärgern, sondern weil ich nicht will, dass dir etwas passiert. Stell dir vor , man verkauft dich zur Strafe , und ich werde niemals wissen, wohin man dich gebracht hat .“
    Als Eireann sich erhob und sagte : „ “Dann sollten wir fröhlich sein. Wir sollten singen und tanzen.““, sprang Tiberios auf die Füße und ergriff ihre ausgestreckte Hand.
    „Auch der Tanz ist ein Geschenk der Götter. „, sagte er . Er verschlang Eireann mit den Augen, bewunderte ihre Anmut . Die leichte Brise bewegte ihr dunkles Haar ,und es regnete Veilchen.
    Tiberios bekam Lust, ihren Nacken zu streicheln, sie zu küssen und zu fühlen, wie sie sich an ihm schmiegte.
    Die Großen Hallen“ , flüstetrte er ihr ins Ohr : „Wo sind die ?“
    Jetzt hielt er es nicht mehr aus und streifte mit den Lippen ihr Haar :


    " Soles occidere et redire possunt:
    nobis cum semel occidit breuis lux,
    nox est perpetua una dormienda.


    Die Sonnen können untergehen und zurückkehren:
    wenn einmal das kurze Licht erlischt,
    muss eine einzige ewigdauernde Nacht von uns durchschlafen werden.


    Das ist schön, oder ? Ein römischer Dichter hat es geschrieben, Catullus.


    Ich glaube an die ewigdauerrnde Nacht , Eireann. Und gerade deshalb : Tanzen wir und freuen wir uns an dem, was wir haben !“

  • “Bei mir ist das nicht gleich Tiberios. Bei uns gilt das der Mann der Krieger und Jäger ist. Während die Frau sich um die Erziehung des Nachwuchs kümmert.“
    Kaum hatten diese Worte die Lippen der jungen Frau verlassen. Schüttelte Eireann auch schon ihren Kopf.
    “Ich kann aber doch nicht vor den Römern kuschen. Woher nehmen sich die Römer das Recht über uns zu bestimmen? Wir sind Menschen mit einem eigenen Willen.“
    Wie gut das gerade keiner der verhassten Römer in ihrer unmittelbaren Nähe verweilte. Denn Eireann redete sich gerade wieder um Kopf und Kragen.


    Schließlich verstummte die Silurerin, als sie Tiberios durchdringenden Blick auf sich spürte. Unter diesem Blick fühlte sich die Dunkelhaarige regelrecht unwohl und zuckte leicht zusammen.
    “Ich habe dir doch schon gesagt das wir nicht getrennt werden Das kannst du mir ruhig glauben.“
    Dabei lächelte Eireann tatsächlich zuversichtlich. Auch wenn sie sich innerlich gar nicht so zuversichtlich fühlte.


    Dann war es Eireann die sich fließend erhob und schließlich mit Tiberios über die grüne Wiese hüpfte und sprang. Nach einer Weile bewegte sich die Silurerin in einem eigenartigen Rythmus. Einem Klang den nur sie verstehen konnte. Dabei hielt sie ihre Augen geschlossen und schien beinahe über die Wiese zu schweben.


    “Die Großen Hallen sind überall. Du kannst sie als Sterblicher nur nicht sehen. Wenn du am Scheideweg stehst wird dir der Weg gewiesen.“
    Flüsterte Eireann ehrfürchtig und hielt tatsächlich in ihrer Bewegung inne. Denn auf einmal pochte ihr Herz wie verrückt, als Tiberios Lippen über ihre dunklen Strähnen glitten. Völlig ruhig hielt sie, als Tiberios samtweiche Stimme erklang. Und so war es nun die Dunkelhaarige die den Abstand zu dem Blonden verringerte und schließlich ihren Kopf gegen seine Schulter lehnte.
    “Möge dieser Augenblick bis in alle Ewigkeit andauern.“

  • Nun musste Tiberios lachen, obwohl er nicht spotten wollte:
    " Bei uns Griechen heiraten die Männer auch Frauen und gründen Familien - sonst wären wir schon ausgestorben. Aber die Freuden der Venus kann man durchaus mit allen teilen. ", sagte er immer noch lachend,
    doch als Eireann die Römer erwähnte, wurde er ernst. Dieser kleine Feuerkopf ! Den Götter sei Dank hörte ihnen niemand zu , auch wenn sie ab und zu Blicke der Feiernden trafen.
    " Wir sind Menschen mit einem eigenen Willen ? Da liegt schon dein Denkfehler, Eireann. Wir sind Sachen, und die Römer mit ihrer Vorliebe für klare Definitionen haben auch genau in ihre Gesetze geschrieben WAS für Sachen wir sind : Bewegliche Güter mit Stimme. Dein eigener Wille ist nirgends vorgesehen."
    Er schüttelte den Kopf, aber als Eireann sich so anmutig bewegte, tanzte er mit ihr, und dann zog er sie an sich .Wie bei allem, was er tat, ließ er sich Zeit und streifte mit seinen Lippen ihr Haar.
    Eireann schien das zu gefallen, zumindest machte sie keine Anstalten, sich zu lösen.
    "Möge dieser Augenblick bis in alle Ewigkeit andauern.“", hörte er sie sagen.
    Tiberios dachte, dass er es trotz allem gut getroffen hatte. Es war Frühling , er hatte Freizeit und hielt sein liebes Mädchen im Arm , sie waren beide jung und gesund. Sie lebten in der erstaunlichsten Stadt der Welt ( außer Alexandria, diese kleine Spitze musste sein ) , auch wenn Eireann das nicht so sah. Ob Hairan doch recht gehabt hatte ? War er einfach ein kriecherischer, im Käfig geborener Mensch ?
    Oder war Eireann jemand, der die Realität nicht akzeptierte und mit dem Kopf zuerst gegen Wände anrannte?
    Er küsste sie nochmal und fragte dann : "Nun , meine sanfte Keltin mit eigenem Willen, was möchtest du heute noch gerne tun ?"

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