Die Hitze war wie eine Wand. Atticus fühlte, wie die feinen Härchen an seinem Arm verschmorten, selbst ohne dass er mit dem feuer in Berührung kam. Den triefnassen Umhang hatte er zum Schutz über den Kopf und nach vorne über Mund und Nase gezogen, gehalten von seinem linken Arm, so dass er den rechten frei hatte. So konnte er wenigstens etwas atmen, ohne Rauch einzuatmen. Dennoch musste er sich nicht nur wegen seiner Körpergröße ducken.
Die meisten Menschen meinten, ein Feuer sei hell. Doch das stimmte nur zum Teil. Ein kleines Feuer spendete Licht und Wärme. In einem Hausbrand hingegen sah man nur eine blendende Schwärze. Rauch versperrte einem die Sicht, und nur brennende Funken dazwischen und brüllendes Feuer rundherum blendeten gleichzeitig.
Atticus versuchte, etwas durch den Rauch zu sehen oder zu hören. Jemand saß an einer Wand. Atticus ging schnell zu ihm. Irgendwo krachte ein Balken herunter. Er durfte nicht lange bleiben. Atticus berührte den sitzenden Mann, der zur Seite wegkippte. Er hatte irgendwas in den Händen, was Atticus aber nicht interessierte. Er griff schnell nach dem Kopf und fühlte nach, ob der Mann lebte. Aber der war tot. Etwas klebriges war an seinen Fingern, was Atticus als Blut zwar registrierte, im Augenblick aber nicht wahrnahm. Er schaute weiter und meinte, ein Rufen zu hören. Er lauschte nochmal. Ja, da war ein panisches Schreien.
Er versuchte dem klang zu folgen und fand sich vor einer Tür wieder. Sie schien verriegelt zu sein. Atticus hielt sich gar nicht lange damit auf und zog sein Schwert, um den Riegel auszuhebeln. Trotzdem musste er zweimal noch mit der Schulter gegen die Tür rammen, um sie aufzubekommen. In der Hitze hatten sich die Angeln der Tür schon leicht verbogen.
Ihm starrte ein Sammelsurium an Augen entgegen und keuchende Wesen. Verdammt, so viele... Das waren mehr als fünf. Atticus hatte keine Zeit, zu zählen. “Kommt, raus hier! Runter auf alle viere und haltet euch immer am Vordermann brüllte er ihnen entgegen und hoffte, sie verstanden ihn, während er nach unten ging, um es vorzumachen.
Etwas berührte ihn an seiner Seite, und er schrak zusammen, dachte schon, etwas brennendes wäre auf ihn gestürzt. Aber neben ihm kauerte wimmernd und winselnd Pontus, der seinen Herrn nicht allein in die Flammen hatte gehen lassen wollen. “Dummer Hund“, begrüßte Atticus seinen Gefährten und hatte eine Idee. Er schnappte sich den Arm des vordersten Jungen. (War es ein Junge? In diesem Rauch war es nur schwer, das auszumachen.) Mit festem Griff führte er dessen Hand an Pontus Halsband. “Festhalten, nicht loslassen“ sagte er eindringlich und ließ erst locker, als er sicher war, dass der Junge verstanden hatte, was er von ihm wollte.
“Bring sie raus, Pontus. Pontus? Raus!“ befahl Atticus, und wenngleich Pontus winselte und nicht wollte, gehorchte er und ging langsam los.
Atticus stellte noch sicher, dass die anderen dem ersten Jungen folgten, alle am Boden hintereinander. Als er sicher war, dass sie auf dem Weg waren, ging er noch einmal in Richtung des Hauptraumes – wenn es einer war, Atticus sah keine vier Fuß weit – zurück. Er hatte keine Ahnung, wer sonst noch hier war. “IST NOCH JEMAND HIER?“ brüllte er ins Nichts hinein und versuchte, durch das Feuer etwas zu hören. Viel länger durfte er nicht bleiben, wenn er nicht für immer bleiben wollte. Er keuchte, als so langsam der Schutz seines Mantels aufgebraucht war.