Taberna Palindromos

  • Tiberius nickte wissend. "Ja, die Luperci sind... gewöhnungsbedürftig. Und deswegen offen gestanden wahrscheinlich nicht besonders karriereförderlich. Es gibt nicht allzu viele Collegien, in die man einfach so hinein kommt. Aber Kultvereine, die nicht so speziell sind wie die Luperci gibt es durchaus. Man denke nur an die Augustalen. Bestimmt sehr karreireförderlich. Warum besprichst du das Thema nicht mit dem Senator? Ich bin mir sicher, er wird dir da einen guten Rat geben können und es macht einen guten Eindruck, wenn du seine Weisheit anerkennst, indem du ihn konsultierst"

    Er durfte dabei natürlich nicht plump oder schleimerisch daher kommen. Und sollte vielleicht nicht so herüber kommen, als käme es ihm dabei ausschließlich auf die Karriere an.


    Sim-Off:

    Hatte ich übersehen, entschuldige. :rolleyes2:

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  • "Ich ahne auch, dass die Luperci selbst diesen Ritus mit einem gewissen Augenzwinkern betrachten, zumindest wirkt mein Neffe stets vortrefflich amüsiert, wenn er darüber berichtet. Selbst die Schwangerschaft einer gewissen Asinia, welche wohl für ihre gebratenen Lukanerwürste lokale Bekanntheit genießt, schreibt er dem Segen der Luperci zu. Wer weiß, wie der wahre Segen im Anschluss an den offiziellen Teil aussah. Ich bin bei allem Respekt für die geehrte Gottheit nicht sicher, ob eine Teilnahme an solcherlei Veranstaltungen meiner angestrebt senatorischen Würde zuträglich sei. Das Anliegen zum kultischen Engagement mit dem werten Senator Flavius zu besprechen ist sicher ein vortrefflicher Rat. Womit ich mich nun wieder von dir verabschiede, nachdem ich noch eine dieser köstlichen Datteln verzehrt habe."


    Sprach's, naschte und erhob sich. Sein Sklave glitt elegant herbei, um die Togafalten zu korrigieren, ohne dass Ravilla ihn beachtete.


    "Hab Dank, teurer Valerius Flaccus, für deinen Rat und deine Unterstützung. Wir werden sicher noch voneinander hören. Und sollte dir vor dem Zufall danach sein oder du eine karriereförderliche Botschaft an mich senden wollen, so findest du mich in der Casa Leonis auf dem Viminal. Gehab dich wohl und einen wundervollen Tag noch."


    Mit einem Lächeln wandte Ravilla sich ab, um nach dem Bezahlen die Taberna zu verlassen und in Erfahrung zu bringen, wo der Flavier residierte. Eine dichte Wolke exotischen Dufts hing noch eine Weile im Raum, nachdem er längst nicht mehr dort weilte.


    Sim-Off:

    Mich übersehen? 8o Ich benötige mehr Diamantstaub.

  • Es war an diesem Abend volles Haus in der Taberna Palindromos, denn es versprach ein denkwürdiges Ereignis zu werden heute. Zwei Duos würden heute antreten um eine Frage zu klären, die wahrscheinlich einigen ärger auf den Nägeln brannte, als es ihnen lieb sein konnte. Die Stimmung war gut, der Wein floss breits in Strömen und die Bedienung kam kaum noch durch.

    In bester Stimmung stand Tiberius also auf und verschaffte sich Gehör.


    "Liebe Römer, liebe Perigrine, liebe Freunde. Willkommen zu diesem außergeöhnlichen Abend hier im ehrwürdigen Palindromos. Auf uns wartet heute ein Fest der Rhetorik, ein Sturm der Gedanken. Vier treten heute jeweils zu zweit gegeneinander an. Sie treten an um die folgende Frage zu klären: "Wenn das Imperium weiter wächst, wird es sich selbst aufzehren.". Eine spannende Frage, eine brisante Frage, wenn ich das so sagen darf und eine Frage die uns hier alle interessieren sollte.

    Die Mannschaften werden in folgender Formation antreten: Auf der einen Seite finden wir den Primicerius ab Epistulis für den großen Augustus. Aus dem Kaiserpalast Aulus Furius Saturninus. Zusammen tritt er an mit dem neuen politischen Talent in der ewigen Stadt Galeo Seius Ravilla."

    Tiberius wartete den Applaus ab.

    "Und ihre Talente werden sie auch brauchen, denn sie treten an gegen einen Aedituus der Fortuna, der Göttin der glücklichen Fügung selbst. Lucius Quintilius Clemens. Und Clemens wird sicher keine Milde walten lassen, denn die zweite Säule dieses Duos ist Servius Annaeus Vindex. Ob sie also heute auch den Sieg für sich vindizieren können? Wir werden sehen."

    Wieder Applaus.

    "Das Ganze wird folgendermaßen funktionieren: Wir werden gleich losen, welches Duo Pro und welches Contra vertritt. Sodann wird der erste Redner der Pro-Seite aufstehen und uns erklären, warum das Imperium sich aufzehren wird, wenn es sich weiter ausdehnen wird. Danach wird der erste Redner der Contra-Seite aufstehen und uns erklären, warum sein Vorredner völlig daneben liegt. Nach dieser Reihenfolgen werden auch die zweiten Redner der Duos reden. Danach, liebe Freunde, werden wir hier in der Taberna Palindromos abstimmen, welche Seite hier und heute den Sieg davon getragen hat.

    Gut. Das Schicksal wird nun entscheiden, welches Duo welchen Standpunkt vertritt."

    Tiberius holte eine Münze heraus.

    "Kopf (1): Ravilla und Saturninus. Die Statue(2): Clemens und Vindex. Oben ist Pro."

    2er Würfel: Tiberius Valerius Flaccus hat eine 1 gewürfelt.

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  • Sim-Off:

    Ich musste zweimal würfeln, weil ich beim ersten mal nicht klar gemacht hatte, was was ist. Jetzt müsste das aber Sinn ergeben ^^


    "Kopf liegt oben." Er blickte zu Saturninus und Ravilla. "Der erste Redner dieses Duos möge also hervor treten. Zeitangabe: Übertreib es nicht."

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  • In Begleitung des hünenhaften Ianitors der Domus Annaea, Ursus, und des ehemaligen Gladiators Flamma, welcher seit meinem Aufenthalt in Roma als mein Custos Corporis amtierte, und gekleidet in Tuniken, welche zwar einen gewissen Status erahnen liessen, mich aber nicht sogleich als amtierenden Quaestor verrieten, betrat ich die Taberna Palindromos, als gerade die beiden Rednerteams vorgestellt wurden. Mit einer gewissen Zufriedenheit nahm ich zur Kenntnis, dass Annaeus Vindex in einem der Teams reden würde. Damit war zumindest klar, welches Team ich heute Abend favorisieren würde, egal welcher Meinung ich selbst war. Immerhin war es eine beliebte Übung der Rhetoren, ihren Schülern eine Aufgabe zu stellen, welche diese am ersten Tag PRO und am zweiten Tag dann CONTRA vertreten mussten, um zu lernen die Argumente auf beide Seiten zu drehen und zu wenden.


    Etwas abseits, völlig unauffällig, setzten wir uns zu dritt an einen Vierertisch und Ursus, dessen Gestalt nicht nur in solchen Situationen von Vorteil war, hatte sofort die Aufmerksamkeit eines Schankjungen, der wenig später Wein, viel Wasser, Nüsse und Oliven zum Knabbern brachte.

  • Sodann wird der erste Redner der Pro-Seite aufstehen und uns erklären, warum das Imperium sich aufzehren wird, wenn es sich weiter ausdehnen wird.

    Ich grüßte erst einmal all die, die ich kannte. Dann trat ich als Erster vor, da mir Seius Ravilla den Vortritt ließ.


    Ich trug nur eine schmucklose, wollweiße Toga, das Ehrengewand des Civis, und ich vertraute auf das, was man unter Schauspielern als Bühnenpräsenz bezeichnete: Die Gabe eines Mannes, vorzutreten und nur durch seine Gegenwart für Stille zu sorgen, so dass Gemurmel verstummte und sich alle Augen auf ihn richteten.


    Hinter mir stand der furische Sklave Andreas und zwar aus dem Grund, weil er in der Lage war, alle möglichen Rechnungen ohne Abacus im Kopf auszuführen.


    Ich schwieg und würde nichts sagen, bevor nicht absolute Stille herrschte.

    Erst als der Saal so ruhig war, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören, gab ich Andreas einen Wink, der zog aus seinem Beutel eine – Schweinsblase, die er aufblies….und aufblies, bis sie zerplatzte.


    Der Knall ließ alle zusammenfahren, manche lachten.


    Ich machte eine weitere Kunstpause, bis erneut Stille herrschte, bevor ich begann:
    „Verehrte Anwesende“, meine Diktion war langsam, ja lässig, doch ich wusste, dass meine Stimme trug:


    „Aristoteles selbst sprach, und diesen Gedanken hat Tullius Cicero in seinem Werk Definibus bonorum et malorum* aufgegriffen, von der zweiten Natur, nämlich der Sphäre des Menschen, die durch Handeln entsteht. Geschaffener Raum, die chora, vermittelt zwischen Ideen und Sinnenwelt und gibt Platz für das Werdende und Vergehende, schreibt Platon im Timaios.

    Zweifellos ist unser Imperium selbst solch ein Raum? Etwas Werdendes und Vergehendes.


    Etwas, das in sich zusammenfällt, wenn es nur genug aufgeblasen wird? Etwas, das sich verzehrt, wenn es sich weiter ausdehnt, weil es sich nämlich überdehnt, so wie jene bedauernswerte Schweineblase?


    Es steht fest, dass Gebilde der zweiten Natur sich in genau solchen Grenzen wie die der ersten bewegen müssen, sollen sie sich durch den Umfang nicht selbst aufzehren .


    Trotz aller Liebe zu der Philosophie der Griechen, ich bin Primicerius der kaiserlichen Kanzlei und damit ein Mann von Fakten und Zahlen.


    Werfen wir einen Blick auf die Außengrenze jenes Gebildes, dass wir unser Imperium nennen; auf den heutigen Ist- Zustand wohlgemerkt; die Schlussfolgerungen für die Zukunft wird meinen verehrten Zuhörern nicht schwer fallen, da die Zahlen für sich sprechen.

    Und ja, ich befinde mich ganz und gar im Jahre 871 ab urbe condita.


    Allein die Außengrenzen umfassen mehr als 3375 römische Meilen **. Sie werden von 10.000 Verwaltungsplanstellen kontrolliert und circa 30 Legionen sichern sie.

    Die jährlichen Einnahmen betragen ungefähr 250 Millionen Denare für die Staatskasse...."


    Wieder eine Pause, mal sehen, ob ich die Aufmerksamkeit hatte, ich hob nun eine Hand und senkte meine Stimme, als teile ich mit der Menge ein Geheimnis:

    "Nur allein die Militärausgaben betragen Jahr für Jahr jedoch 200 Millionen Denare."***


    Ich deutete auf meinen Sklaven: „Andreas?“

    „Das sind 8 von 10 Teilen, Dominus, achzig Prozent****“, erwiderte dieser.


    „Von je zehn Denaren Einnahmen gehen ganze acht nur in die Sicherung der Grenzen. Jetzt schon! “, wiederholte ich und tat so als sei ich erschüttert:
    „Die Unterhaltung des Heeres verzehrt jetzt wieder, was das Reich generiert. Daher steht unzweifelhaft fest, dass sich das Imperium ganz und gar aufzehren wird, wenn es sich weiter ausdehnt. "


    Ich klopfte Andreas kurz auf die Schulter; ein Schluck Wein wäre jetzt nicht schlecht.



    Sim-Off:

    * Vom höchsten Gut und vom größten Übel ** ca. 5000 km *** Zahlen aus"Der Preis der Sicherheit" Mitte 2. Jrh. n. Chr.

    ****Zumindest die Griechen kannten so etwas ähnliches

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    KLIENT - LUCIUS ANNAEUS FLORUS MINOR

    Einmal editiert, zuletzt von Aulus Furius Saturninus () aus folgendem Grund: Zahlendreher - entschuldigung

  • Tiberius klatschte wie alle anderen Beifall und stand dann wieder auf.


    "Vielen Dank an den ersten Redner für diesen ersten Aufschlag. Nun ist es an der Contra-Seite, uns davon zu überzeugen, dass Saturninus Unrecht hat." Und mit einer einladenden Geste zum anderen Duo meinte nur: "Bitte schön."

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    KLIENT - MANIUS FLAVIUS GRACCHUS

  • Die Clemens so vertraute Münze der Fortuna wanderte über die linke Faust. Vom Zeige- zum kleinen Finger
    und wieder zurück. Was trieb ihn hierher, in diese so fremde Welt der Intellektuellen? Tiberius hat mit seinen Worten vor einer Weile einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Was sonst hätte einen lyrisch begeisterten Träumer für die Rednerbühne hervorholen können?


    Ein lautes Platzen ließ die Welt wieder materialisieren, die Münze zwischen Ring- und kleinen Finger
    wandern. Der hübsche Reiter der Veneta, der den Quintilier beim Rennen damals so begeisterte, gab darauf sein rhetorisches Feuerwerk zum Besten. Clemens verstand zwar wenig nichts von Zahlen, noch weniger
    von Staatshaushalten. Nichtsdestotrotz hinterließ die Darstellung zusammen mit dem gewagten Einstieg einen bleibenden Eindruck.


    Wie soll man dagegen ankommen, wenn der nunmehr berufene Gegenredner sogar von der Richtigkeit der
    gegnerischen Ansicht überzeugt ist? Ambitionen sind das stärkste Gift des Menschen: Ergreifend, ausbreitend, selbstzerstörend zieht es über den Betroffenen und dessen Gesellschaft her. Am Ende bleiben
    nur Verwüstung und Krieg für die, die von der Seuche verschont blieben. Clemens Eltern waren das beste Beispiel. Saturnius wollte wohl so etwas in der Richtung sagen, nur kühler und abgeklärter.


    Auf die elegante Überleitung des Veranstalters erwiderte Clemens ein Winken; er wird den Auftakt
    machen. Sein Partner Vindex sollte das große Finale haben. Der Quintilier lernte den jungen Mann zwar erst heute kennen, jedoch war ihm bei den wenigen Worten zwischen ihm eines klar: Seine feurigen
    Augen, sein Name und seine Begeisterung lassen vermuten, dass er hoch hinaus will. Sicher sind ein paar potentielle Gönner von ihm auch hier zugegen. Und wenn nicht, sind sie es sicher danach.


    ...Sofern bis zu ihm noch welche bleiben. Ein dumpfer Schmerz in der Magengegend holt die Realität
    der Situation wieder in Clemens Bewusstsein zurück. War das nur so ein Gefühl, oder schauten ihn gerade wirklich alle an? Hilfesuchend wanderte der Blick des Redners zu seinem Tisch, wo ihn – Fortuna
    sei gepriesen – ein Glas rote Erlösung anlachte, das wohl irgendwann den Weg zu seinem Tisch gefunden haben muss. Auch wenn es kein Anlass für Stolz ist: Wein schien in Clemens irgendetwas zu
    erwecken, das ihn sicher durch die meisten ihm unbekannten Situationen bringt.


    „Wenn das funktioniert, bin ich Bacchus ein Opfer schuldig.“


    Murmelte der inzwischen ermattete Auftretende und zog fast das gesamte Glas in einem schnellen Zug weg.
    Sind die Blicke weg? Der Weg zur Bühne war zumindest plötzlich machbar.


    Etwas unbeholfen sprang Clemens mit einem kräftigen Satz in den halbrunden Platz, der wohl seine Bühne
    sein würde. Nicht ganz der Knall, den sein Vorredner erzeugt hatte, aber zumindest genug für Aufmerksamkeit.


    „Wunderbar, wunderbar! Wirklich beeindruckende Darstellung! Ein schlauer Mensch würde bei solchen
    Daten wohl aufgeben, aber...“


    Eine Pause. Von außen würde man vermuten, dass sie absichtlich kam. Allerdings fehlten dem Sprecher
    wirklich die Worte. Man verblieb dabei, einfach draufloszureden.


    „Leider habe ich keine Ahnung von Zahlen!“


    Wieder eine Pause. Gut, gut... Was verstehst du denn?


    „Was ich jedoch verstehe, sind Emotionen!“


    Und noch eine Pause. Langsam wird deutlich, dass der Sprecher wohl nicht nach Effekten zu haschen versucht.


    Emotionen, Emotionen...


    Die Stille wird langsam unangenehm.


    Der Klang des Wortes ließ Clemens in seinem Kopf wühlen, bis es ihn schließlich überkam. Seine Eltern.


    „Schau nur, Lux; Post aus Germania! Dein Vater hilft dabei, der Welt die Schönheit von Roma mit der Welt zu teilen!“


    ...Wenn er den Mist, den man ihm als Kind erzählt hat, einfach so übertrieben wiedergebe, dass man es noch als Drama abstempeln kann?


    ...Das könnte tatsächlich klappen.


    Mit einem Griff in die Luft mit der linken Hand holte Clemens zum verbalen Gegenschlag aus.


    „Welche Emotionen sind die, die uns Römer am meisten prägen? Einheit und Stolz.
    Vielfalt, die durch eine kräftige Hand geeint wird und Stolz, der unseren cives und Soldaten die Kraft gibt, den Rest der Welt an unseren Gaben teilhaben zu lassen! Wie können Zahlen diese
    Begeisterung einfangen, die uns erst die Kraft gab, über alle Hindernisse dieser Welt zu kommen? Es war dieser Stolz, dieses Gefühl der Größe, das Romulus seiner Zeit erlaubte, den Grundstein unseres
    großen imperium zu legen und es allen Wahrscheinlichkeiten zum Trotz zu verteidigen! Hätte er damals auf unsere weltlichen Grenzen geschaut, wären wir niemals zu dem geworden, was wir heute sind!“


    Die Hand des Sprechenden zog sich zurück.


    Jetzt nicht aufhören!


    „Doch warum auch einem einfachen Träumer wie mir glauben, wenn ihr es auch von den
    Göttern hören könnt? Wenn sie der Meinung sind, dass wir unser imperium vergrößern müssen, sollten wir ihnen zuhören. Welches weltliche Wissen, wie das der Philosophen und Beamten meines
    Vorredners, will sich denn allen Ernstes gegen das eines Gottes erheben können?“


    Eine Pause, diesmal bewusst.


    „Es ist kein Geheimnis, dass der Dichter, insbesondere Ovid, von den Göttern inspiriert ist.* Wollen wir also die Meinung der Götter hören, müssen wir einem von ihnen lauschen.“


    In einem Anfall von Dramatik streckte Clemens beide Hände gen Himmel, fast als wäre er am Ende eines Gebets.


    „Das Recht entscheidet gegen die Parther, mögen nun auch die Waffen gegen sie entscheiden! Möge mein Feldherr Macht und Reichtum des Orients Latium einverleiben! Vater Mars und Vater Caesar, schenkt ihm bei
    seinem Aufbruch euren göttlichen Beistand, denn einer von euch ist schon Gott, der andere wird es werden. Siehe, ich prophezeihe es, du wirst siegen, und ich werde meine Gelübde durch Verse einlösen und
    wir werden dich in großen Stil zu besingen haben.“²


    Die Arme wanderten herunter.


    „Was will uns der große Ovid hier zeigen? Ein Bewusstsein von Größe, Einheit und Stolz auf
    unser wunderbares imperium. Dass der sonst so schwärmerische Dichter hier unmöglich in eigenen Zungen spricht, zeigt sich schon daran, dass der sonst so in der Sagenwelt und Eroberungen verlorene Dichter
    sich plötzlich direkt zur Größe unserer Nation äußert. Wer sonst außer Mars kann ihm also diese ergreifenden, inspirierenden Worte in den Mund gelegt haben, um die Moral des Volkes für kommende Schlachten zu heben?“


    Diesmal musste sich der Sprecher sichtlich das Lachen verkneifen. Die schrecklichsten Passagen bleiben einem leider am besten in Erinnerung.


    Nach einem betonten Räuspern holte er zum finalen Schlag aus.


    „Wir wissen also, dass die Götter schon damals, mit Ovid als Sprechrohr, unser imperium noch weiter vergrößert sehen wollten. Doch trifft das auch noch heute zu? Natürlich! Schließlich machen wir das doch bereits und haben keinerlei Strafe erhalten! Was gibt uns größere Sicherheit als der pax deorum, den meine Kollegen und ich durch unser Handwerk aufrecht erhalten? Wenn die Politik unserer Nation nicht dem Willen unserer Götter entsprechen würden, so hätten wir es längst durch Zeichen von ihnen erfahren. Weltliche
    Probleme sollen und können uns von unserer Aufgabe als Römer gegenüber der Welt nicht abhalten!“


    Ein lautes Klatschgeräusch hallte durch den Raum. Es kam vom Redner, der sich die volle Aufmerksamkeit für sein Ergebnis sichern wollte und daher seine beiden offenen Hände einmal laut aufeinander prallen ließ.


    „Wir halten fest: Nicht nur wird das imperium nicht zusammenbrechen, wenn wir es weiter ausdehnen. Es wird wachsen und jedes weltliche Hindernis beseitigen, das man sich vorstellen kann. Denn stärker als die Götter und unser Einheitsgefühl kann keine Kraft der Welt sein!“


    ...Leider hilft kein Wein gegen die Übelkeit, die Clemens bei den Gedanken an seine
    letzten Worte überkam.

    Entgeistert wich er auf seinen Platz zurück, dem Publikum und seinen Reaktionen
    keinerlei Beachtung schenkend.


    Sim-Off:

    *Ovid selbst beschreibt sich gerne so (vgl. bspw die Anfänge der Bücher der ars amatoria). Der Topos schien jedoch verbreiteter zu sein, wie Platons „Ion“ und das hohe Ansehen

    einzelner Dichter vermuten lassen. Platon streut in nahezu jeden Dialog Zitate von Homer und Hesiod. Auch Aristoteles zitiert ihn ab und an. Und sogar die sonst eher theaterkritische jüngere Stoa ist in Teilen gegenüber Homer aufgeschlossen: Seneca adelt ihn in ep. 88, 5 (epistulae morales ad Lucilium) sogar zum Weisen. Ich nahm mir die Freiheit, das trotz der unzureichenden Grundlage für eine Induktion mal als gesicherten Allgemeinposten vorauszusetzen.


    Sim-Off:

    ²Ovid, ars amatoria, 1, 201-206.

  • 1. Routineüberprüfung - Code "es stinkt zum Himmel"


    Bewaffnet mit Besen und Schaufel sowie einigen Sklaven hinter mir, stand ich am Abend ohne Anmeldung vor der kleinen besagten Taberna. Irgendwo musste doch etwas zu finden sein. Ich konnte es nicht glauben, dass meine Vorgänger bisher nichts gefunden hatten. Kein Unrat lag weder vor der Vordertür oder Hintertür. Nicht einmal ein Fetzen war zu finden. Merkwürdig! Sehr verdächtig! "Männer wir stürmen! Direkt in die Küche! Das bloß kein Kochlöffel zu Boden fällt! Los, rein!" Ich öffnete die Tür und als ich mich angekündigten "Octav…" wollte, sah ich eine Menschentraube um einige Personen versammelt. Die irgendetwas zu debattierten versuchten. Außengrenzen? Verwa..planstellen? Wat?!? Wo bin ich denn hier gelandet? "Pssst", sagte jemand zu mir. "Also Männer, wir wollen nicht stören. Folgt mir sanft als würdet ihr auf Zehnspitzen gehen! Küche auf zwölf Uhr."

  • Mein alter Kamerad Musca und ich trafen uns heute mal ganz woanders als sonst, und zwar in einer hellenistischen Kneipe, die als sehr angesagt und intellektuell galt. Wir waren in Zivil, und meine Custodes Arkadios und Pelias hielten sich dezent im Hintergrund. Zu Beginn des Abends, als es noch nicht so voll war, saßen Musca und ich zu zweit an einem Ecktisch mit genug Abstand zu anderen Gästen, um hier mal gepflegt über unseren Präfekten herzuziehen... das war mir nach meinem letzten Rapport wirklich ein Bedürfnis! Danach ging es mir besser, und wir quatschten über dieses (meine Hochzeit) und jenes (Traumdeutung war schon immer Muscas Steckenpferd gewesen), unsere jeweiligen Ex-Legionärs-Gebrechen und alte Bekannte (wie schade, dass Plinia Chrysogona nach Kos zurückgekehrt war).


    Dann füllte sich die Taverne rasant, und alsbald erfuhren wir auch warum: Valerius Flaccus veranstaltete nun selbst einen Redewettstreit.

    Gut gelaunt bestellten wir noch einen Krug. Und was für ein interessantes Thema!

    Und was für ein hübscher erster Redner noch dazu! Furius Saturninus, mein Rivale der Rennbahn, begann mit einem Überraschungseffekt, der ihm alle Aufmerksamkeit sicherte und machte auch sonst eine hervorragende Figur, allerdings fand ich es ziemlich frech, unser erhabenes Imperium mit einer Schweinsblase gleichzusetzen, und seine Zahlen erschienen mir tendenziös... wobei ich das selbst noch nie durchgerechnet hatte, oder besser, hatte durchrechnen lassen.
    "Also Armenien, Nabataea und meiner Meinung nach auch Nubien könnte das Reich schon noch verkraften." meinte ich etwas konsterniert leise zu Musca.
    Er grinste. Es geht um die Redekunst mein Freund, nur um die reine Kunst an sich!"
    Na dann. Wir applaudierten.


    :app::app:

  • Die Taverna hatte sich gefüllt und noch immer kamen neue Leute dazu. Dabei erspähte ich auch den neuen Vigintivir, der seinem Handeln nach vermutlich gleich selbst eine erste Razzia anführte. Wohl kaum, was man üblicherweise erwartete, aber effektiv. Zum Glück war es nicht seine Absicht das Rededuell zu stören und seine Männer verzogen sich in Richtung der Küche.


    Die Replik auf die Eröffnung war durchaus in meinem Sinne. Verse, die Waffen der Gebildeten! Obwohl ich Furius Saturninus aus dem Palatium kannte und ihn auch mochte, konnte ich mich der Macht der Verse nicht erwehren und fand die Replik wesentlich stärker als die Eröffnung.


    Daher stimmte ich in den Applaus ein, der sich nun entfaltete.


  • Rom war ein Dorf. Auch der zweite Redner war mir nicht unbekannt, Valentinas heiterer Vetter sprang in den Ring. Ich schmunzelte bei seinem Bekenntnis, keine Ahnung von Zahlen zu haben, und folgte seiner leidenschaftlichen Rede. Er hatte Feuer... und Poesie...
    Das Recht entscheidet gegen die Parther, mögen nun auch die Waffen gegen sie entscheiden! Möge mein Feldherr Macht und Reichtum des Orients Latium einverleiben!
    Fernab jeder Realität war das natürlich... jenseits des Euphrates war keine Handbreit Boden den Blutzoll wert... Musca und ich tauschten einen Blick voll stummer Nachsicht... aber nett gesagt war es schon, sehr schön patriotisch.

    :app::app:

    Wir spendeten Applaus, und ich bestellte bei der Bedienung:
    "Einen Becher von eurem Besten für den beredsamen Quintilius!"

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    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • Varenus saß mit einem seiner besten Freunde in einer der hintersten Ecke und ließen sich volllaufen. Becher um Becher wurde gekippt. "Also mir wäre ein Ringkampf lieber gewesen." "Ach was, Worte sind mächtiger als die körperliche Gewalt. Du Lump!" "Jetzt hast du mich aber hart getroffen, Varenus." "Siehst du. Ohne jede Verletzung. Körperlich... ."


    Varenus nahm eine ihm bekannte Stimme wahr. Das war doch nicht etwa? Ja, doch! Der junge Furius. Sieh an. Varenus wusste doch, dass mehr in ihm steckte als er selbst von sich annahm. Allein die genauen Angaben der Einnahmen, Militärausgaben, Planstellen... herrlich! Varenus war entzückt. Vielleicht sollte sich Furius in die Finanzabteilung versetzen lassen. "Auf die Schweineblase! Auf Furius! Merkt euch den jungen Mann!" :app::app::app::app:"Bei welchem Becher waren wir? Puh... !" Gut, dass beide weit abseits saßen.

  • Wiederum klatschend stand Tiberius nach Clemens' Rede auf.


    "Vielen Dank an den Redner der Contraseite. Nun antwortet der Redner der Proseite auf diese eloquente Gegenrede. Wird Ravilla nun das Schiff nach Hause segeln für die Proseite? Oder wird er die Tür offen lassen, sodass sich die Contraseite mtit Vindex den Sieg sichern kann. Wir werden es bald wissen. Haltet euch also ordentlich an euren Bechern fest, denn es spricht nun Seius Ravilla für die Pro-Seite."

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    KLIENT - MANIUS FLAVIUS GRACCHUS

  • Ravillas Lachen fügte sich harmonisch in die Geräuschkulisse, als er Saturninus die Hand auf die Schulter legte.


    "Die Schweinsblase. Diesen Spitznamen wirst du nicht mehr los."


    Was nicht schlecht sein musste, denn mit derlei Tricks blieb auch eine dem Empfinden des Ravilla nach vollkommen unscheinbare Gestalt wie der Furius im Gedächtnis der Gesellschaft haften. Nach der Ankündigung seiner Redezeit erhob Ravilla sich langsam und huldvoll. In klassischem Weiß präsentierte er zum heutigen Tag seine Gestalt, gewandet in eine Toga, ein Bewusstsein für Tradition und Stand zur Schau tragend. Einen wohldosierten Moment lang wartete er, ehe er das Wort ergriff.


    "Uns allen ist freilich bewusst, dass die Literatur ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Kultur ist", griff er sodann den Faden auf, welchen ihr erster Opponent, der Quintilier, geschickt ausgelegt hatte. Ravillas angenehme Stimme schwebte deutlich vernehmbar durch den Raum. An Selbstsicherheit hatte bei ihm noch nie Mangel vorgelegen. "Nur ein Banause würde den Wert von Ovids Worten kleinreden. Aber wir wissen auch, dass die Werke unserer verehrten Dichter nicht wörtlich zu begreifen sind. Man denke an die köstliche Apocolocyntosis1, in welcher Seneca nichts Geringeres als die Verkürbissung des Kaisers abhandelt. Niemand käme bei allem Unterhaltungswert auf den Gedanken, diese Geschichte für bare Münze zu nehmen. Dichter bedienen sich der Kunst der Metaphorik, ihre Werke sind oftmals Gleichnisse. Wir können den intendierten Sinn ihrer Meisterwerke nur erfassen, wenn wir uns dessen bewusst sind.


    Vollkommen anders verhält es sich mit den Zahlen, welche mein geschätzter Mitstreiter Furius uns präsentierte, mit den harten Fakten, die sich naturgemäß weniger klangvoll darlegen lassen als ein Ovid oder Seneca, denen nichtsdestoweniger jeder Anwesende mit einem Funken mathematischem Sachverstand zustimmen muss. Insbesondere, wenn die Berechnungen aus so vertrauenswürdiger Quelle stammen. Wer wenn nicht ein Mitarbeiter der kaiserlichen Kanzlei könnte diesen Sachverhalt realistisch einschätzen?"


    Gönnerhaft öffnete Ravilla seine gepflegten Hände. Im Licht der Feuerschalen glitzerte eine Akkumulation von Ringen, die auf Anhieb nicht zu zählen war - sein Ausgleich zum schlichten Weiß der Toga, den er sich nicht hatte verkneifen können.


    "Doch selbst wenn wir annehmen, dass der verehrte Furius Saturninus sich verrechnet hätte und eine fortdauernde Expansion finanziell möglich wäre, so stellte sich fürderhin die Frage: Wofür? Wofür, meine Herren?"


    Ravilla blickte in die Runde. Ein Grüppchen offiziell aussehender Männer schlich indessen durch das Blickfeld in Richtung Küche und verdarb die Kunstpause.


    "Wofür sollte das Imperium weiterhin expandieren, wofür unsere Soldaten und unsere Steuerzahler bluten, was erwartet uns außerhalb der Grenzen?", rief Ravilla, um die Aufmerksamkeit wieder auf seine Person zu lenken, und riss den Zeigefinger nach rechts in Richtung der Wand. "Das Einzige, was man sich in den ärmlichen und vermoderten Ländereien im Norden holen kann, ist ein Schnupfen! Man frage die tapferen Soldaten, welche ihren Dienst in Germania versehen, wie meinen ehrwürdigen Vater. Sümpfe, Wälder und primitivste Barbarei. Menschenopfer! Es gibt im Norden nichts, was einen zivilisierten Geist reizen würde, weder wirtschaftlicher noch kultureller Natur. Gleichsam verhält es sich im Osten", sein Finger fuhr in die entsprechende Richtung, "wo öde Steppen brachliegen, deren Leere in den Geist der Menschen dringt und jede Lebensfreude verdorren lässt. Was es in Dakien an Ressourcen gab, hat Rom sich längst zu eigen gemacht. Und im Süden der afrikanischen Provinzen herrscht endlose Wüstenei unter einer erbarmungslosen Sonne, die Mensch und Getier verbrennt. Auch dort gibt es kaum mehr als nichts.


    Als einzige lohnenswerte Richtung für eine weitere Expansion könnte man den Südosten annehmen. Doch sind die Silberminen der Parther bereits seit etwa einem Jahrhundert erschöpft.2 Was also sollen wir in Parthien? Wofür unsere Truppen verschleißen und den Steuerzahler auspressen, wenn wir doch alles haben, was wir benötigen? Der dekadente Luxus der wolllüstigen Parther ist auch ohne unser Zutun längst im Niedergang begriffen. Das deutlichste Zeichen dafür sendet der parthische Großkönig Vologases uns selbst, welcher als erster Schahanschah der Geschichte beginnt, vor Rom in Demut das Haupt zu neigen. Während Rom im Inneren weiter erstarkt, sich ein Herz aus Gold und ein Rückgrat aus Eisen zulegt, versinken seine einstigen Rivalen einer nach dem anderen in den Sanden von Wüste und Zeit. Rom benötigt keine Expansion. Rom benötigt nichts als Geduld."


    Mit einem verschmitzten Schmunzeln trat Ravilla an seinen Platz neben Saturninus zurück.



    Sim-Off:

    2 Ellerbrock und Winkelmann. (2012). Das Parthische Reich - eine erste Annäherung. In Die Parther (1. Aufl., S. 34). Verlag Philipp von Zabern.

  • "Wie elegant..."
    Auf meinem Stuhl zurückgelehnt, hin und wieder einen Schluck aus meinem Becher nehmend, ließ ich die Erscheinung des dritten Redners auf mich wirken. Dabei war es mehr die Gesamtheit seines Auftrittes, die diese Wirkung auf mich hatte... jeweils einzeln hätte ich die Toga zu übertrieben für eine Kneipe, die Gestik zu theatralisch, die Ringe zu protzig, die Botschaft geradezu fahrlässig gefunden, doch als Ensemble, getragen von dieser angenehmen Stimme, fügten sich sich ausgesprochen apart zusammen.
    "... die Wortwahl. Sehr elegante Wortwahl." fügte ich rasch hinzu. Muscas Mundwinkel zuckten. Lange Zeltgemeinschaft ließ keine Geheimnisse im Dunkeln.
    "Das Haupt geneigt, die Heckenschützen parat." kommentierte er trocken.
    "Es geht hier um die Redekunst mein Freund, die reine Redekunst an sich!" belehrte ich ihn fröhlich mit seinen eigenen Worten.


    :app:   :app:

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    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • An meinem Tisch, in meiner Ecke des Raumes zuckte ich unwillkürlich zusammen, als ich dem dritten Redner lauscht. Hoffentlich war Vindex ähnlich eloquent und mental auf der Höhe wie ich es gerade von mir dachte, dann wäre der Sieg wohl nur noch Formsache. Hier lagen so viele Vorlagen, die man bloss noch ausnutzen musste, dass mir schon der Kopf schwirrte.


    Erwartungsvoll sah ich zu Vindex hinüber, der scheinbar noch in Gedanken versunken war.

  • Während des Schlussappalus für Ravilla stand Tiberius ein weiteres mal auf.

    "Seius Ravilla mit der vorletzten Rede. Vielen Dank. So, und nun zum großen Finale. Die letzte Rede des heutigen Abends. Für die Contraseite Annaeus Vindex." :app:

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    SODALIS FACTIO VENETA - FACTIO VENETA

    KLIENT - MANIUS FLAVIUS GRACCHUS

  • Ravilla bekam seinen Applaus, eine interessante Rede, das muss ich zugeben. Jetzt allerdings war mein Moment gekommen, der auf den ich mich die ganze Zeit vorbereitet hatte. Nach meinem misslungenen Auftritt auf der Rostra vielleicht meine nächste Möglichkeit zu glänzen. Ich erhebe mich, nachdem Flaccus mich ankündigt und streiche über meine Tunika. Während der anderen Rede hatte ich über meinen Einstieg nachgedacht und war dann zu einem Entschluss gekommen. Jetzt trete ich vor und schaue mich im Raum um, viele für mich noch unbekannte Gesichter, aber auch das ein oder andere vertraute.


    "Freunde", beginne ich mich laut erhobener Stimme ohne zu schreien, um auch das letzte Murmeln zu übertönen, "ich frage euch: war nicht vor Urzeiten, zu den Zeiten unserer Vorväter, zu Zeiten des großen Romulus und seines Bruders, zu Zeiten als überall Tyrannen herrschten und Völker unterjochten, war nicht zu dieser Zeit der Ort, an dem wir hier heute stehen, ein trostloser und verlassener Ort?" Während ich das sage, beginne ich schon durch den Raum zu gehen und blicke bei meiner Aufzählung vereinzelten Anwesenden in die Augen zu blicken. Ich lächle ihnen dabei zu und sorge dafür, dass mir ihre Blicke folgen. "Ich frage euch weiter: was ist denn aus diesem Ort von damals geworden? Ist er nicht das Zentrum von Kultur, Gerechtigkeit und Zivilisation geworden?" Wieder blicke ich in die Augen der Gäste.


    "Und ist es nicht so, dass heute fast schon die gesamte uns bekannte Welt von diesen Errungenschaften profitiert? Freilich, es gibt noch immer Flecken, die sich beharrlich sträuben." Ich mache eine kurze Pause. "Doch lasst mich euch eines in Erinnerung rufen! Es gab immer Flecken, die sich gegen Kultur, Gerechtigkeit und Zivilisation gesträubt haben. Es gab sie immer und überall. Selbst der Ort, aus dem ich stamme, ihr habt von ihm gehört, da bin ich sicher, war einst ein solcher Flecken. Doch dann kamen die Attaliden, schon seinerzeit große Freunde der Römer, und gaben dem Ort Kultur, Gerechtigkeit und Zivilisation. Und das in einer Zeit, in der überall Chaos und Unordnung herrschte, in der selbst ernannte Könige stritten, welcher von ihnen denn nun... das größere Diadem hatte." Ich lächle kurz verschmitzt.


    "Was ist denn nun aber mit dem Ist-Zustand, wie es Saturninus so eloquent ausdrückte?" Ich hatte mich mittlerweile geschickt durch den Raum bewegt und war in der Nähe des ersten Redners und seines Sklaven zum Stehen gekommen. "Wir haben Zahlen bekommen, das ist sehr schön und sie wirken auch etwas ernüchternd, das will ich zugeben. Aber eine Schweinsblase? Ist unser wundervolles Reich wirklich eine Schweinsblase? Sind Kultur, Gerechtigkeit und Zivilisation nur eine Schweinsblase? Daran habe ich doch gewaltige Zweifel." Ich bewege mich wieder, scheinbar ziellos, durch den Raum, lasse aber noch kurz die Blicke der Zuhörer auf dem Platz verharren, an dem ich gerade war und der nicht nur zufällig bei Saturninus war.


    "Eine Schweinsblase platzt und ist dann verschwunden, ja, eine nette Metapher. Aber unzutreffend. Auch Rom platze einst, niemand von uns war dabei als damals Tarquinius Superbus verjagt wurde oder als aus den Trümmern des Bürgerkriegs der republikanischen Streithähne unser glorreiches Imperium hervorging. Eine Schweinsblase wäre in beiden Fällen einfach weg gewesen, aber Rom ist noch da! Rom ist", ich mache eine Pause und blicke mich im gesamten Raum um und suche soviel Augenkontakt wie möglich, "ein Phoenix, liebe Freunde. Rom kommt immer wieder, Rom ist ewig. Die urbs aeterna."


    Ich lasse diese neue Metapher für einen Moment im Raum stehen, gerade so lange, dass keine Gespräche aufkommen. "Rom ist immer schon expandiert, als vermaledeites Königtum, als gepriesene Republik und auch als glorreiches Imperium. Und wo stehen wir nun?" Ich hatte mich erneut in eine strategische Position gebracht und stehe nun nahe von Ravilla, dem dritten Redner. "Wir stehen dort, bildlich gesprochen, wo uns wieder einige Flecken erwarten, die Kultur, Gerechtigkeit und Zivilisation nicht annehmen möchten, wenn wir sie ihnen darreichen. Wir stehen in Germania, das nicht nur aus Sümpfen, Wäldern und Barbarei besteht." Ich setze meinen Weg durch die taberna fort. "Nein, das war einmal. Germania hat mehr zu bieten als das. Fragt nur die tapferen Menschen in Mogontiacum, Confluentes oder bei den Treverern. Als ich dort war habe ich vieles gelernt, aber einen Schnupfen hatte ich nie."


    "'Und was ist mit dem Osten?', fragt ihr jetzt sicherlich. Auch das will ich euch sagen. Ja, die Parther scheinen sich derzeit im Niedergang zu befinden. Ihnen fehlt es an stabiler Kultur, Gerechtigkeit und Zivilisation. Was passiert jedoch, wenn diese Schweinsblase platzt? Entsteht sie von Neuem? Sicherlich nicht, also ist es an Rom zu expandieren und Kultur, Gerechtigkeit und Zivilisation in diesen Raum zu bringen. Denn die ewige Stadt und unser Imperium sind ein Phoenix, meine Freunde. Selbst wenn wir auf Schwierigkeiten stoßen sollten, und auch das war immer der Fall, werden wir im schlimmsten Fall gestärkt daraus hervorgehen. Die Götter sind, wie Clemens euch schon dargelegt hat, auf unserer Seite und werden uns weiterhin unterstützen. Oder zweifelt hier irgendjemand am pax deorum?" Bei der letzten Frage suchen meine Blicke gezielt nach den beiden Rednern der Gegenseite, verharren aber nicht lange genug bei ihnen um es als Angriff zu interpretieren.


    "Wenn das Imperium weiter wächst, wird es sich auf keinen Fall selbst aufzehren. Alles spricht dafür, dass die ewige Stadt auch weiter die ewige Stadt bleiben wird." Ich breite die Arme leicht aus und nicke in die Runde, bevor ich mich wieder zu meinem Platz begebe und mich setze. Zufrieden harre ich der Dinge, die kommen werden.

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    KLIENT - HERIUS CLAUDIUS MENECRATES

    TIRO FORI - HERIUS CLAUDIUS MENECRATES

    SODALIS - FACTIO ALBATA



  • Gespannt vervolgte ich den Weg von Vindex durch die Taberna und lauschte seinen Worten. Er ging einen anderen Weg als ich gewählt hätte, einen weniger angriffigen, wenn man so wollte, einen schönen, aber auch dieser war gut überlegt und noch besser strukturiert.


    Roma aeterna! rief ich fast schon gewohnheitshalber in die Runde, wo der bekannte Ruf der römischen Armeen sicher durch einige aufgenommen werden würde.

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