• Mārcus runzelte kurz seine Stirn, bei der Frage. Er fragte sich, ob es wirklich einen gibt, der von der mancipātiō nichts gehört hat. Immerhin handelt es sich um ein Rechtsakt, der immer noch ausgeführt wird, auch wenn sie mittlerweile an Bedeutung verloren hat. (*1)

    "Die mancipātiō bedarf doch eigentlich nur einer leichten Auffrischung. Die mancipātiō ist als Verfügungsgeschäft zu verstehen.", begann Mārcus seine Einlassung.

    "Sie ist fast formelähnlich der vindicātiō (*2), daher kann man auch sagen, dass die mancipātiō sich aus der vindicātiō entwickelt hat.", er legte eine kurze Pause ein, um das Gesagte nachwirken zu lassen und fuhr dann fort:


    "Es wird eine Spruchformel gebraucht, die bitte auch einzuhalten ist, und nicht durch fremde Einflüsse beeinträchtigt.", Mārcus grinste dabei Sāturnīnus schelmisch an und zwinkerte ihm mit einem Auge zu.


    "Die zu gebrauchende Forma lautet: hunc ego hominem ex iure quiritium meum esse aio isque mihi emptus esto hoc aere aeneaque libra. (*3) Ferner bedarf es 5 Zeugen, die römische Bürger sind und eines weiteren als lībripēns (*4). Im Anschluß klopft der Kläger mit einem Kupferstück gegen die Waage.

    Es wird damit also eigentliche Klage gegen einen Dritten erhoben. Nach unserem Rechtsgrundsatz, wer schweigt stimmt zu, hier folglich, wer schweigt gibt seine Schuld zu, bleibt der Beklagte stumm und erkennt so seine Schuld an. Zum besseren Verständnis füge ich hinzu, dass der Kläger behauptet, er war schon immer Eigentümer gewesen und die Sache nur widerrechtlich im Besitz des Beklagten. Der Beklagte schweigt darauf hin, er stimmt folglich zu, und die Besitzverhältnisse in Bezug zum Eigentum sind wieder richtig gestellt."


    Mārcus griff zu einem Becher Wasser und nahm einen Schluck aus diesem; hier sollte man wirklich bei klarem Verstand bleiben.




    Sim-Off:

    *1) Die mancipātiō als Rechtsakt war zwar strukturell zur frühen Kaiserzeit überholt, doch erst im Verlauf der Rechtsentwicklung verschwand sie dauerhaft als Rechtsakt. Unter Justinian I. erstelltem „Corpus Iuris Civilis“ (528-534) taucht sie nicht mehr auf. Zum Zeitpunkt des IR ist sie im Prinziep immer noch vorhanden, doch nicht mehr so geläufig, dennoch rechtsgültig. Im Nachklang ist sie noch heute zu finden, als symbolischer Kaufpreis, z.B. für Grundstücker/Sachen zu 1 €/DM.

    *2) vindicātiō – Anspruchsrecht (jur) , Notwehr

    *3) hunc ego hominem ex iure quiritium meum esse aio isque mihi emptus esto hoc aere aeneaque libra -
    Ich erkläre, dass dieser Sklave oder der jeweilige Kaufgegenstand nach dem Recht der Quiriten der römischen Bürger mir gehört und er soll von mir gekauft sein durch dieses Kupferstück und diese bronzene Waage

    *4) lībripēns – der beim Kauf die Waage hält

  • Die skurilste und dabei auch ehrwürdigste Art des Kaufes ist die Mancipatio. Wer hat davon schon einmal gehört?"

    Ich hätte es ganz einfach erklärt : *

    (Und ja, das Prozedere war typisch für die alten Sitten: Umständlich, aber würdevoll)


    Das macht heutzutage kaum noch jemand, aber gehört habe ich davon schon. So hat man früher Sklaven, Grundstücke oder Vieh gekauft .

    Es waren fünf Zeugen notwendig, die römische Bürger sein mussten, ein weiterer Bürger, der eine Waage halten musste und ein Kupferstück. Dann behauptet der Käufer vor den Zeugen, dass er der betreffende Gegenstand nach quiritischem Recht sein Eigentum ist und klopft mit dem Kupferstück an die Waage. Der Verkäufer sagt gar nichts, was bedeutet, dass er nicht widerspricht.

    Und damit ist der Kaufvertrag zustande gekommen.


    Doch die Erklärung des Annaeus war viel schöner und ausführlicher, so dass ich schwieg und zustimmend nickte.


    Sim-Off:

    * Tatsächlich ist mir MAC Sekunden zuvor gekommen:D:D:D




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  • Ravilla fuhr fort, Anaxis zum Anfertigen von Notizen anzuhalten, indem er diesem Fingerzeichen gab bei den entsprechenden Stellen der Ausführungen. Gelegentlich raunte er ihm Ergänzungen zu, die meiste Zeit über begnügte der Seius sich indes, aufmerksam in die Runde zu schauen, zuzuhören und mitzudenken, was bisweilen eine Herausforderung darstellte. Gegenwärtig sah er jedoch keine Verständnisschwierigkeiten, so dass keine Rückfragen erforderlich waren und er einstweilen ganz in die Rolle des Rezipienten verfiel.

  • "Hervorragende Beschreibung, Conservator. Ich muss euch aber insofern korrigieren, dass die Mancipatio heute kaum noch jemand mehr betreibt. Man sieht zwar heute relativ wenige Leute mit Kupferwaagen herum stehen, es wird aber gelegentlich noch in Vertragsurkunden beurkundet, dass sie stattgefunden hat. Der Sinn der Mancipatio ist es, das quiritische Eigentum an bestimmten Sachen zu übertragen. An bestimmten Sachen kann man selbiges nur eben durch die Mancipatio übertragen. Dazu gehören insbesondere wie Saturninus korrekt gesagt hat Dinge die mit der Landwirtschaft zu tun hat. Land, Sklaven und Vieh. Verkauft man diese Dinge über den normalen Kaufvertrag, emptio venditio bekommt man lediglich das bonitarische Eigentum daran bis die Ersitzungsfrist abgelaufen ist. Dies hat in der Praxis wenige Unterschiede zum quiritschen Eigentum und wird durch die Magistrate geschützt. Will man aber alles wasserdicht betreiben, übereignet man diese Sachen am besten direkt via Mancipatio.

    In ihrem Ritus verrät uns die Mancipatio einige Wahrheiten unseres Rechtssystems, deswegen lohnt es sich sie eingehender zu betrachten.

    Warum zum Beispiel haben es sich die Vorväter so schwer gemacht und vorgeschrieben, bestimmte Sachen mit einem so komplizierten unpraktischen Ritus übereignen zu müssen?"

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  • "Um eine Normierung des Kaufvorgangs zu bewirken. Eine beiläufige Geste, wie sie auch zufällig vollführt werden könnte, mutet ungeeignet an zum Abschluss eines Geschäfts. Um die bewusste Absicht von Käufer und Verkäufer zu symbolisieren, bedarf es eines komplexeren Ritus. Zeitgleich bedient man sich einer gemeinsamen verbalen wie nonverbalen Sprache, welche ein Einverständnis über das Rechtssystem kommuniziert, in dessen Rahmen die Beteiligten sich bewegen, einschließlich des Bewusstseins über die Folgen einer Nichteinhaltung.


    Im Gegensatz dazu dürfte man von einem Steppenbarbaren, der diesen Ritus nicht kennt, nicht erwarten, dass er sich an das im Imperium geltende Recht hält, wenn er es nicht einmal kennt. Der Ritus dient also praktischerweise auch der realistischen Einschätzung des Gegenübers, was sicher zu seiner Verbreitung beitrug. Er kommunizierte einen gemeinsamen Konsens darüber, was Recht und was Unrecht ist."

  • Ravilla schien sich so weit zu berappeln und Anaxis tat was er konnte, um Stichpunkte mitzuschreiben.

    Warum zum Beispiel haben es sich die Vorväter so schwer gemacht und vorgeschrieben, bestimmte Sachen mit einem so komplizierten unpraktischen Ritus übereignen zu müssen?"

    Mein erster Impuls war, dass unsere Vorväter vermutlich eine Menge Zeit hatten, aber das war natürlich nicht der Grund für das Procedere. Auch ich sagte nun etwas, um meinen Vorgänger zu ergänzen:

    "In alten Zeiten, also wirklich alten Zeiten hatten die Pontifices, also die Priester, auch die Aufsicht über das Rechtswesen. Das Recht war göttlichen Ursprungs. Und wie im Kult so war das Recht auch an Formeln gebunden....",

    ich warf einen Blick zu Conservator, nein, das kam ausnahmsweise nicht von den Griechen, das war unsere ureigenste Erfindung:

    "...die fehlerfrei aufgesagt werden mussten, damit ein Vertrag zustande kam. Die Pontifices fassten diese Formeln ab , und in der Tat ähneln sie auch sehr denjenigen, die den Göttern gelten.

    Der Mann mit der Waage, der libripens, war dagegen praktischen Erwägungen geschuldet: Unsere Vorväter hatten keine Münzen, sondern bezahlten mit Kupferbarren, und der fällige Betrag wurde in der Tat abgewogen und abgeschnitten.

    Und dieser Ritus galt nur innerhalb von uns Quiriten, als später Verträge mit Fremdländern dazukamen, wurde es dann auch anders."*



    Sim-Off:

    hier die Quelle von AFS


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  • 'Κρόνος * wird zu Sāturnīnus - oder wie er entdeckt, seine Ahnen zu ehren.', schmunzelte Mārcus mit diebischer Freude in seinen Augen. "Nun, geschätzter Freund und Anwalt der Achāia. Hier möchte ich dir unvoreingenommen beistimmern.", wandte er sich an Sāturnīnus. "Doch einer Ergänzung sei noch Platz eingeräumt. Die so übergebenen Güter, die agrarischen und in direktem Zusammenhang dazu stehenden, sind ja quirinisch, also göttlich. Man kann daher rein logisch dem Quirīnus gehörende Objekte sowie Subjekte nicht schnöde verkaufen, ohne sich seines Zorns sicher zu sein."


    Er legte eine kurze Pause ein, eher er forfuhr:
    "Wir sind Quirītēs, also zum Gott gehörende und von daher kann auch die Eigentumsübertragung nur zwische Quirītēs stattfinden. Es ist dabei bedeutsam zu wissen das dies ein Ausdruck für ein friedliches Zusammenleben der Vollbürger ist. Stehen wir unter Waffen sind wir Rōmānī. Aus den oben angeführten Gründen bedarf es einer korrekten Formel, um Quirīnus nicht zu erzürnen. Und die Übertragung zwischen Quirītēs durch die korrekte Formulierung gewährt dies. Überspitzt ausgedrückt neige ich zur Aussage: Es bleibt in der göttlichen Familie."

    Mārcus beendete seine Ausführungen und wartete, ob es noch andere Ansichten zu diesem Thema gab.



    Sim-Off:

    *Κρόνος - Krónos

  • "All dies mag in der Tat eine Rolle spielen. Aber die Gelehrten machen ganz römisch-pragmatisch eine anderen Grund als den Hauptgrund aus. Die Überlegung geht folgendermaßen: Wenn etwas kompliziert gemacht wird, möchte man nicht, dass es einfach ist. Und man macht es nicht einfach, wenn man nicht will, dass es leicht passiert. Oder überhaupt.

    Tatsächlich nehmen die Gelehrten an, dass ursprünglich die Res Mancipi überhaupt nicht übereignet werden können sollten. Denn diese Dinge gehörten in der alten Zeit zu den Kerngütern einer jeden Familie. Die nachfolgende Generation hatte ein Interesse daran, dass die Generation vor ihr die Güter, die erstere dereinst erben sollte, nicht einfach verscherbeln konnte. So wurde die Verkehrsfähigkeit eingeschränkt, auf dass das Vermögen der Familie als Ganzer über Generationen hinweg intakt bleiben möge.

    In der Tat glauben wir, dass die Mancipatio zuerst eine, sagen wir... Umgehung dieses Prinzips, dass ich gerade erläutert habe darstellt. Hier ist warum wir das glauben:

    Kenn hier jemand den Text, den der Käufer bei der Mancipatio zu rezitieren hat?"

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  • hunc ego hominem ex iure quiritium meum esse aio isque mihi emptus esto hoc aere aeneaque libra.


    Ich erkläre, dass dieser Sklave oder der jeweilige Kaufgegenstand nach dem Recht der Quiriten der römischen Bürger mir gehört und er soll von mir gekauft sein durch dieses Kupferstück und diese bronzene Waage

  • Lurco blinzelte verwirrt.


    "Das heißt also, man hat es so kompliziert gemacht, damit man von dem ganzen Prozedere Abstand nimmt? Warum dann nicht gleich untersagen? Kurzum es ist ein Untersagen indem man die Hürden so hoch und kompliziert legt, dass es schier unmögich erscheint. Fünf römische Bürger als Zeugen, eine weitere Person als Waagenhalter und nach Erklärung klopft der Kläger mit einem Kupferstück gegen die Waage. Also wenn jeder so einkaufen müsste, hätten so manche Ehemänner noch volle Geldsäcke. Denn welche Frau schleppt fünf Zeugen, eine Waage, einen Wagenhalter mit und gibt dann Geld aus? Fehlt nur noch, dass alle Beteiligten auf einem Bein stehen müssen, für die Zeit der Verhandlung die nur bei völliger Mondfinsternis möglich ist. Wer hat sich das ausgedacht?", fragte Lurco schockiert.

  • Ich grinste über den Einwand des Purgitius, der mir gerechtfertigt erschien und hatte auch eine Frage:
    "Bei Res Mancipi wie Land und Vieh könnte ich noch verstehen, dass sie wertvolle Kerngüter waren, die in der Familie bleiben sollten, doch weshalb erstreckte sich das auf Sklaven? Auch dem frömmsten Landwirt kann man es doch nicht verdenken, wenn er einen faulen Nichtsnutz verkaufen will."

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  • "Bei Res Mancipi wie Land und Vieh könnte ich noch verstehen, dass sie wertvolle Kerngüter waren, die in der Familie bleiben sollten, doch weshalb erstreckte sich das auf Sklaven? Auch dem frömmsten Landwirt kann man es doch nicht verdenken, wenn er einen faulen Nichtsnutz verkaufen will."

    "Was ist denn faul, geschätzer Sāturnīnus? Gedenkst du uns zu sagen, dur prüfst nicht, welch Eigenschaften ein Sklave hat?", fragte Mārcus schmunzelnd und ging dann auf die Frage ein: "Ein Sklave wird ja erworben, um sich Arbeitskraft, hier eher Feldarbeitskraft zusätzlich in die familia zu holen. Der Sklave kostet ja nicht den Preis eines Brotes oder eines Huhns. Man erwirbt also auf dem Markt für viel Geld eine Arbeitskraft. Sie wird Teil der Familie, ist also familiaris quirites. Meine Einlassung in Bezug auf die göttliche Verknüpfung ist rein faktisch logischer, als eine vermutete Gelehrtenmeinung." Ein kleiner Widerspruch zu Valerius Flacccus Aussage. "Ein Sklave ist per se ja kein familiäres Grundeigntum, welches dauerhaft vererbar wäre. Irgendwann ist auch diese Sache einfach tot. Dafür sorgt schon das Leben. Er verliert auch an Wert, je älter er wird, zumal als Feldarbeiter und entweder wird er dann Haussklave oder muß verkauft werden, sonst zahlt der Eigentümer drauf. Und dies ist wirtschaftlich sehr sinnbefreit."

  • Was ist denn faul, geschätzer Sāturnīnus? Gedenkst du uns zu sagen, dur prüfst nicht, welch Eigenschaften ein Sklave hat?", fragte Mārcus schmunzelnd und ging dann auf die Frage ein: "Ein Sklave wird ja erworben, um sich Arbeitskraft, hier eher Feldarbeitskraft zusätzlich in die familia zu holen. Der Sklave kostet ja nicht den Preis eines Brotes oder eines Huhns. Man erwirbt also auf dem Markt für viel Geld eine Arbeitskraft. Sie wird Teil der Familie, ist also familiaris quirites. Meine Einlassung in Bezug auf die göttliche Verknüpfung ist rein faktisch logischer, als eine vermutete Gelehrtenmeinung." Ein kleiner Widerspruch zu Valerius Flacccus Aussage. "Ein Sklave ist per se ja kein familiäres Grundeigntum, welches dauerhaft vererbar wäre. Irgendwann ist auch diese Sache einfach tot. Dafür sorgt schon das Leben. Er verliert auch an Wert, je älter er wird, zumal als Feldarbeiter und entweder wird er dann Haussklave oder muß verkauft werden, sonst zahlt der Eigentümer drauf. Und dies ist wirtschaftlich sehr sinnbefreit."

    Auch ich lächelte und erwiderte: "Ich prüfe die Eigenschaften schon, werter Conservator, doch errasse humanum est, nicht wahr?

    Würden alle in dieser Beziehung immer richtig liegen, so bräuchte es weder fugitivarii* noch Ketten oder Peitschen oder zuweilen Kreuze.


    Doch ansonsten kam mir auch genau dein Einwand in den Sinn: Ein Sklave ist nicht dauerhaft vererbbar. Vieh aber auch nicht, irgendwann ist der beste Zugochse tot. Daher fand ich das mit der göttlichen Verknüpfung auch einleuchtender."


    So ein wenig dachte ich schon nach, welchen Sklaven ich dem geschätzten Annaeus andrehen könnte, um zuletzt auch ein wenig zu schmunzeln. Ich hatte aber gerade keinen bei der Hand, den ich loswerden wollte.


    Sim-Off:

    * Sklavenjäger

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  • Ravilla, welcher dem Diskurs mit Interesse lauschte, nippte am Weine, ehe er bedächtig das Glas beiseitestellte und eine Pause ausnutzend das Wort ergriff.


    "Ich möchte mich entsprechend meines gegenwärtigen Kenntnisstands der vom geschätzten Valerius Flaccus zitierten Gelehrtenmeinung anschließen, an deren Korrektheit ich keinen Zweifel hege. Gern gebe ich auch die Begründung dazu.


    Die Zeit selbst mindert keineswegs per definitionem den Wert eines jeden Sklaven - man denke an einen Paedagogus oder Medicus, dessen Erfahrung mit dem Lebensalter steigt, oder schlichtweg an einen jeden Sklaven, der einer Sklavendynastie entstammt, welche schon seit Jahrzehnten und darüber hinaus der Familie treue Dienste erweist. Solcherlei Wert ist in Geld kaum zu messen. Die älteste Sklavengeneration arbeitet oft die Jüngste ein und erzieht sie im Sinne des Herrn. Ein alter Sklave ist unter diesen Gesichtspunkten betrachtet keineswegs wertlos, so dass eine fehlende Logik des ursprünglichen Zweckes aus meiner Sicht nicht festzustellen ist.


    Um nicht all die Ausnahmen gesondert evaluieren und festhalten zu müssen, in welchen der Nutzen einer Veräußerung jenen des Festhaltens am Gegenstand übersteigt, lag es aus dieser Warte nahe, sich per se gegen eine Veräußerung der Sklaven und anderer Res mancipi auszusprechen. Eine pragmatische Simplifzierung war dies wohl, an der ich nichts Abwegiges festzustellen vermag, wenngleich man freilich für jedes Gesetz ein Fallbeispiel finden könnte, welche dieses als unpraktisch entlarvt. Für jene Ausnahmen erfand man später gemäß unseres verehrten Dozenten schlussendlich die Mancipatio."

  • "Exakt, Ravilla. Ihr müsst diese Fragen immer aus dem Blickwinkel der folgenden Generation denken. Die Erben haben immer ein Interesse daran, dass der Hausvater nicht vor seinem Tod aus irgendeinem Grund die ganze Habe dran gibt. Sklaven, Vieh, Land. Das sind die Juwelen einer einfacheren Wirtschaft wie der unserer Vorfahren.


    Deswegen geht dein Instinkt auch in die richtige Richtung Lurco, wenn du fragst, warum man es nicht einfach direkt verbietet. Tatsächlich glauben die Gelehrten, dass es in der Tat ursprünlich unmöglich war, diese Dinge zu verkaufen. Wie kommt man da nun herum? Denn wie ihr gesagt habt. Es kann ja irgendwie durchaus mal sein, dass man ein Stück Vieh oder einen Sklaven doch verkaufen will oder muss.

    Nun kommt etwas für Feinschmecker, meine Freunde. Kennt von euch jemand die Klageformel der ehrwürdigen Legis actio sacramento in rem? Wenn nicht, sage ich sie euch. Das bringt uns des Rätsels Lösung etwas näher."

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  • "Ich persönlich kenne die Klageformel nicht, möchte aber noch einmal kurz das mit den Sklaven aufgreifen. Selbstverständlich kann ein Sklave sehr wertvoll sein. Mal ist es die jugendliche Arbeitskraft die ihn wertvoll macht, ein anderes Mal ist es sein Alter und die damit verbundene Erfahrung. Hier kommt aber nun die eigene persönliche Erfahrung ins Spiel. Denn auch die des Herren muss doch berücksichtigt werden. Jeder von uns kennt es, dass man grundlos mit Personen wunderbar klarkommt, mit anderen Personen nicht. So verhält es sich doch auch mit Sklaven. Ein Sklave der in die Familie hineingeboren wurde, wächst in die Familie hinein.


    Aber was ist mit jenen Sklaven, wo man sich eingestehen muss, dieser Sklave war ein Fehlkauf? Mag er schlicht unfähig sein, faul oder gar aufsässig, da muss einem Herrn doch die Möglichkeit gegeben werden, so einen Sklaven schnellstmöglich wieder los zu werden. Andernfalls wäre die berechtigte Frage, wer besitzt eigentlich wen? Beziehungsweise wer hat wen in der Tasche?


    Der Sklave wäre in dem Fall fein raus. Er kann sich bis zu einem gewissen Grad verhalten wie er möchte, die Sanktionen von außerhalb trägt sein Herr. Dieser hat für das Fehlverhalten seines Sklaven aufzukommen. Einfach entsorgen kann er den Sklaven auch nicht, also was hat der Herr davon, sich dann überhaupt einen Sklaven anzuschaffen, wenn das im Zweifelsfall so endet, dass er sich sorgen muss den Sklaven überhaupt quitt zu bekommen", fragte Lurco in die Runde.


  • Ich konnte Conservators Argumente genauso gut nachvollziehen wie die des Ravilla, so dass ich immer dem innerlich Recht gab, der gerade am Sprechen war.

    Entweder war das geistige Flexibilität oder Mangel an Charakterfestigkeit meinerseits, und während ich noch über beide Aspekte nachgrübelte, stellte Magister Tiberius eine neue Frage:


    Nun kommt etwas für Feinschmecker, meine Freunde. Kennt von euch jemand die Klageformel der ehrwürdigen Legis actio sacramento in rem? Wenn nicht, sage ich sie euch. Das bringt uns des Rätsels Lösung etwas näher."

    Legis actio sacramento in rem war diese Eigentumsprozessformel, mit deren sich zwei Parteien um einen Besitz stritten wie zwei Hunde um den eines Knochens.

    Vermutlich war das auch früher ähnlich abgelaufen, stellte ich mir vor, aber das sagte ich nicht laut.

    Ich antwortete stattdessen:

    "Ja, die Besonderheit ist, dass beide Parteien in Rede und Gegenrede ihren Besitzanspruch anmelden. Das heißt vindicatio und contravindicatio. Und das tun beide Prätendenten selbstverständlich mit den...",

    hier schenkte ich Conservator einen Seitenblick:

    ".... genau gleichen formelhaften Worten vor dem Praetor. Einen Stab, eine festuca, hat auch jeder der beiden in der Hand. Und wie immer muss der betreffende Gegenstand anwesend sein. Also beispielsweise ein Sklave. :

    Erst sagt der eine: Hunc ego hominem ex iure quiritium meum esse aio secundum suam causam. Sicut dixi, ecce tibi, vindictam imposui.*

    und dann sagt der andere auch: Hunc ego hominem ex iure quiritium meum esse aio secundum suam causam. Sicut dixi, ecce

    tibi, vindictam imposui....

    Und dann muss der Praetor: Mittite ambo hominem!** sagen. Aber damit ist das Ganze natürlich noch nicht zu Ende..."


    Ich machte eine Pause, da ich auf des Rätsel Lösung, was uns Tiberius Flaccus versprochen hatte, gespannt war.


    Sim-Off:

    * Dieser Sklave, sage ich, gehört seiner Rechtslage entsprechend nach quiritischem Recht mir. Siehe, wie ich gesprochen habe, lege ich den Stab an.
    **Lasst beide den Sklaven los!

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  • Obwohl ich sehr traditionell aufgewachsen war, war ich dennoch ein Mann meiner Zeit. Daher genoss ich es, dass man heute in Rom die meisten Geschäfte nicht mehr so abschliess und ich hatte das Wissen über die alte Art des Kaufes auch verdrängt, da es nicht mehr relevant war.


    Aus diesem Grund konnte ich mich nun nicht an der Diskussion beteiligen. Ich hörte aber interessiert zu.

  • Tiberius hob die Augenbrauen.

    "Fällt euch denn, wenn ihr die Formeln der Mancipatio und der Legis Actio nebeinander legt, gar nichts auf?"

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