Mārcus runzelte kurz seine Stirn, bei der Frage. Er fragte sich, ob es wirklich einen gibt, der von der mancipātiō nichts gehört hat. Immerhin handelt es sich um ein Rechtsakt, der immer noch ausgeführt wird, auch wenn sie mittlerweile an Bedeutung verloren hat. (*1)
"Die mancipātiō bedarf doch eigentlich nur einer leichten Auffrischung. Die mancipātiō ist als Verfügungsgeschäft zu verstehen.", begann Mārcus seine Einlassung.
"Sie ist fast formelähnlich der vindicātiō (*2), daher kann man auch sagen, dass die mancipātiō sich aus der vindicātiō entwickelt hat.", er legte eine kurze Pause ein, um das Gesagte nachwirken zu lassen und fuhr dann fort:
"Es wird eine Spruchformel gebraucht, die bitte auch einzuhalten ist, und nicht durch fremde Einflüsse beeinträchtigt.", Mārcus grinste dabei Sāturnīnus schelmisch an und zwinkerte ihm mit einem Auge zu.
"Die zu gebrauchende Forma lautet: hunc ego hominem ex iure quiritium meum esse aio isque mihi emptus esto hoc aere aeneaque libra. (*3) Ferner bedarf es 5 Zeugen, die römische Bürger sind und eines weiteren als lībripēns (*4). Im Anschluß klopft der Kläger mit einem Kupferstück gegen die Waage.
Es wird damit also eigentliche Klage gegen einen Dritten erhoben. Nach unserem Rechtsgrundsatz, wer schweigt stimmt zu, hier folglich, wer schweigt gibt seine Schuld zu, bleibt der Beklagte stumm und erkennt so seine Schuld an. Zum besseren Verständnis füge ich hinzu, dass der Kläger behauptet, er war schon immer Eigentümer gewesen und die Sache nur widerrechtlich im Besitz des Beklagten. Der Beklagte schweigt darauf hin, er stimmt folglich zu, und die Besitzverhältnisse in Bezug zum Eigentum sind wieder richtig gestellt."
Mārcus griff zu einem Becher Wasser und nahm einen Schluck aus diesem; hier sollte man wirklich bei klarem Verstand bleiben.
*1) Die mancipātiō als Rechtsakt war zwar strukturell zur frühen Kaiserzeit überholt, doch erst im Verlauf der Rechtsentwicklung verschwand sie dauerhaft als Rechtsakt. Unter Justinian I. erstelltem „Corpus Iuris Civilis“ (528-534) taucht sie nicht mehr auf. Zum Zeitpunkt des IR ist sie im Prinziep immer noch vorhanden, doch nicht mehr so geläufig, dennoch rechtsgültig. Im Nachklang ist sie noch heute zu finden, als symbolischer Kaufpreis, z.B. für Grundstücker/Sachen zu 1 €/DM.
*2) vindicātiō – Anspruchsrecht (jur) , Notwehr
*3) hunc ego hominem ex iure quiritium meum esse aio isque mihi emptus esto hoc aere aeneaque libra -
Ich erkläre, dass dieser Sklave oder der jeweilige Kaufgegenstand nach dem Recht der Quiriten der römischen Bürger mir gehört und er soll von mir gekauft sein durch dieses Kupferstück und diese bronzene Waage
*4) lībripēns – der beim Kauf die Waage hält