Balas Reise nach Mogontiacum - Teil II

  • Ein eigenartiges Gefühl hatte Tisander während er dem Trupp folgte. Inzwischen war er sich sicher es waren Reiter der Ala. In Borbetomagus war er sich sicher, dass er den Decurio gesehen hatte aber von seinem

    Knirps hatte er keine Spur entdeckt. Vielleicht ist er Fahnenflüchtig und hat sich in Rom versteckt. Bei der Verwandschaft bestimmt kein Problem, hatte er sich überlegt. Obwohl so wirklich glaubte er es nicht. Er musste schon wirklich total falsch liegen, der Fango war in seinen Augen eher der Mann der ein Versprechen hielt. Ein Eid war nun einmal mehr als nur ein Versprechen.

    So und ähnlich kreisten seine Gedanken immer wieder während er den anderen folgte. Es wäre für ihn ein leichtes gewesen diese ein zu holen oder sich an den Rastplätzen zu ihnen zu gesellen. Etwas was er sich nicht erklären konnte hielt ihn ab. Waren es die ihm unbekannten Begleiter, die wie er erkennen konnte nicht zur Ala
    gehörten oder war es etwas anderes. Noch immer unsicher beschloss er, weiter ab zu warten.

  • Fango, noch unbedarft, da er den Drill zwar kannte, aber nicht den Kampf, trällerte aus Leibeskräften bei dem Liedchen mit.


    Als vielleicht einziges Mitglied der Truppe verehrte er Decurio Equitius Calenus. Da Fango Korrektheit schätzte, war der perfektionistische Calenus für ihn ein Gott in Weiß und Gold, dem er rundum vertraute. Kein Schludrian, der es sich leicht machte, sondern ein Offizier, der nicht einen Millimeter von seinem Anspruch abwich und allen Widrigkeiten zum Trotz seine Arbeit mit höchster Gewissenhaftigkeit erledigte. Fango liebte dessen Hang zur Perfektion, dessen ungetrübte Motivation auch bei Sauwetter und das alles mit einem Trupp mürrischer Reiter und zwei überflüssigen Zivilisten im Schlepptau. Fango fand seine enthusiastische Haltung ansteckend und würde ihn am liebsten behalten.


    Ein kurzer, aber heftiger Wolkenbruch bescherte dem Lied ein jähes Ende.


    Danach waren sie so nass, als wären sie in einen Fluss gefallen. Der Himmel zog auf und die Sonne schien höhnisch auf die durchgeweichte Truppe. Mit zusammengekniffenen Augen betrachtete Fango die Strahlen, die ihn blendeten. Seine Augentränten. Nach einem Monat grauem Wetter waren sie das Licht der Sonne nicht mehr gewohnt. Blöderweise reflektierte vor ihm Calenus´ Panzer das Licht dermaßen, dass Fango nicht in seine Richtung blicken konnte und das weiße Pferd schien ihn schneeblind zu machen. Calenus aber zog ein Tuch hervor und polierte beim Reiten alles, was in Reichweite seiner Hände gelangte, ohne die Truppe dabei aus dem Blick zu lassen. Den Regenguss schien er als willkommene Dusche wahrzunehmen. Den Mann konnte man als Lichtsignal verwenden, wenn er über eine Hügelkuppe ritt, wie die Spiegel, welche die Kundschafter verwendeten, um Signal zu geben, nur viel größer. Das erste Mal fragte Fango sich, ob es wirklich so gut war, in unmittelbarer Nähe des Limes so zu funkeln und lauthals fröhliche Lieder zu singen.


    Andererseits ... Equitius Calenus würde schon wissen, was er tat! Sonst wäre er kein Decurio.


    "Singen wir weiter?", fragte Fango mit frischem Mut.


    Wäre nur Tisander hier. Vermutlich würde er wieder irgendwas zu motzen haben, aber gemeinsam mit Tissi nach dem überstandenen Abenteuer im heimischen Castellum einzureiten und vor den Kameraden zu protzen - das hätte Fango gefallen.

  • Varro´s Turmae war noch etwa 5 Meilen von Bala´s Truppe entfernt. Er befand sich in einem leichten Trab um Pferde und Männer zu schonen. Der Ritt durch das Gelände war ohne weitere Zwischenfälle verlaufen, die befürchteten Stürze blieben aus. Unterwegs blieben immer vier Equites auf der Strasse um den Verlauf zu kontrollieren und eventuelle Gefahren zu melden, doch bisher gab es außer gelegentlichen Fuhrwerken keinerlei Auffälligkeiten. Am verabredeten Treffpunkt trafen sie auf die Späher und Varro beschloß den Rest des Weges nun auf der Strasse zu bleiben. Bis Borbetomagus waren es noch knapp 15 Meilen. Er ließ Rasten und ordnete danach Gefechtsbereitschaft an. Wenn sein Gefühl ihn nicht täuschte würden sie bald auf eine Überraschung stoßen. Nachdem sie sich ausgeruht und bereitgemacht hatten ging es weiter,...

  • `Singen wir weiter...´ Fangos Fang-Frage. Hatten sie ihm nicht genug Respekt und Dankbarkeit gezollt? Hätten sie weniger Jammern und mehr Durchhaltevermögen zeigen sollen? Sie hatten sich bemüht und sich durchgebissen. Nero konnte nichts für seine körperliche Schwäche. Gut einiges war selbst verschuldet, anderes war angeboren. Aber auch das Verschuldete konnte man nicht an einigen Tagen wieder wett machen. Apollinaris fragte sich, weshalb Fango sie derart strafen wollte. Lag es an den heißen Steinen? Er wusste es nicht, drum warf er einen hilflosen Blick zu seinem Freund Nero. Vermutlich war dies alles ein Teil ihres Schicksals und am Ende gab es eine Belohnung würden sie all das erdulden. Oder es gab ein weiteres Lied - dass war natürlich auch möglich.


    Mit grimmiger Miene ritt Apo weiter, gewillt sich nicht von der Drohung einschüchtern zu lassen.

  • "Wir könnten mal irgendwas Brutaleres singen", fand Nero. "Das klingt alles zu fröhlich. Ich dachte, Kriegsgesänge würden sich anders anhören. Wie soll man bei so was in Kampfstimmung kommen?"


    Sollte sich doch jemand über seine Meinung aufregen, er würde Onkel Nepos ausführlich erzählen, wer ihn alles drangsalierte. Nur bei Bassus würde er vorsichtig sein, es war keine gute Idee, den Sohn allzu offensichtlich vor dem Vater schlechtmachen zu wollen. Und auf den Onkel freute Nepos sich sehr. Irgendein Gastgeschenk würde er ihm gern mitbringen, nur was? Was schenkte man jemandem, der schon alles besaß?


    "Irgendwas mit Feinde erschlagen wäre ein gutes Lied. Oder was stellt man eigentlich mit Gefangenen an? Gibt es darüber Lieder?"


    Die Vorstellung fand er lustig. Wie die Soldaten einen wehrlosen Gefangenen malträtieren, das würde Nero gern mal beobachten. Schade, dass sie keinen dabeihatten. Nach wie vor war der Ritt mit der Truppe für Nero nichts anderes als ein Abenteuer. Jetzt, wo sie kurz vor dem Ziel waren, packte ihn langsam die Euphorie. Warum beschwerten sich eigentlich alle über den harten Soldatenalltag? An den wunden Hintern würde man sich gewöhnen oder Hornhaut bekommen und ansonsten war doch alles gar nicht so schwer. Eigentlich war es rückblickend doch ganz lustig. Er lächelte Apollinaris vergnügt zu. Ja - Nero empfand Vergnügen! Das erste Mal seit sehr, sehr langer Zeit. Bei der Erkenntnis strahlte er regelrecht. Wenn jetzt noch Bassus von einem Blitz getroffen wurde und als Kohle vom Pferd fiel, wäre alles perfekt. Doch die Wolken öffneten sich und schickten Sonnenstrahlen. Die Regentropfen auf den Rüstungen funkelten wie Glasperlen, seinen sadistischen Fantasien zum Hohn.


    "Mal sehen, wie Onkel Nepos so wohnt", sinnierte er. "Ob wir es uns in seinem Anwesen gutgehen lassen oder die Stadt unsicher machen. Ich lade dich ein, sobald ich wieder bei Kasse bin. Lange sollte es nicht mehr dauern, dann sinken wir in ein heißes Bad und stopfen uns mit was zu Essen voll."

  • Furius fragte sich schon länger warum der Caesar keine Vorhut nutzte. Schon in Borbetomagus gab es Gerüchte über marodierende Banden im Umland. Es war weniger die Sorge um sein eigenes Leben als die um das Leben Caesars, die ihn umtrieb. Er fror ein wenig in den klammen Klamotten, war aber froh, daß die Singerei ein Ende gefunden hatte. Natürlich befanden sie sich auf dem Boden des Imperiums, aber es wäre nicht das erste Mal, daß sie von irgendwelchen Hitzköpfen oder Reveluzzern angegriffen worden wären. Es gab immer die Unzufriedenen, die Abgehängten die ewigen Verlierer.

    Es war nicht gut sich in Gedanken zu verlieren, besonders nicht im Dienst und ganz besonders nicht als Praetorianer! Rief sich Furius zur Ordnung.

    Sie durchquerten einen bewaldeten Abschnitt der ihnen fast schon schmerzhaft Feuchtigkeit und Kälte bereithielt. Vor ihnen machte die Strasse einen Linksknick,...man sah nicht was dahinter war. Furius´Sinne summten vor Anspannung.

    Seine Anspannung löste sich als er wieder freien Blick bekam. Lediglich ein Ochsengespann döste auf der Strasse vor ihnen. Es zwang sie jedoch ihre Dreier- Formation aufzulösen und einzeln am Gespann vorbei zu reiten.

    Furius warf, eher beiläufig einen Blick auf die Ladung des Gespanns und seinen Führer, vorne bei den Ochsen. Trug dieser Kerl da ein Schwert unter seinem Überwurf? Gerade als er stutzig wurde traten rechts und links aus dem Wald brüllende Gestalten , bewehrt mit langen Lanzen.

    Furius zog die Spatha und brüllte Bala schützen! Leibgarde zu mir!

    Was nicht so einfach war, denn der Ochsenkarren begann die Strasse zu sperren und blockierte so die Hälfte der Männer.

    Furius wehrte eine der Lanzen ab, doch eine weitere fuhr in den Leib seines Pferdes, welches gurgelnd zusammenfiel. Sofort stürzten sich zwei der Angreifer auf ihn.

  • Bala war kein Krieger, ein passabler Kämpfer und Trockenschwimmer. Aber er besaß diesen Instinkt für Dinge die nicht zusammenpassten. Der Gesang, den die Götter durch den Regenschwall beendet hatten, die Bewaldung rechts und links der Straße. Das Ochsengespannt, welches die Straße einengte. Alles das zog seine Brust zusammen und als er die schemenhaften Gestalten aus dem Wald brechen und Furius brüllen hörte, dröhnte es in seinen Ohren und er war wie gelähmt. Fassungslos sah er das Pferd von Furius auskeilend niederstürzen und Furius unter zwei Germanen verschwinden. Doch Mars war ihm hold! Die Angreifer fanden keinen Raum für ihre Waffen und einer nach dem anderen sackte unter Furius Dolch in sich zusammen. Zwei Praetorianer deckten ihn gegen Angreifer von Rechts und endlich gelang es ihm sein Schwert zu ziehen. Er hielt es für eine gute Idee abzusteigen und sein Pferd davonzujagen und dann mit Furius gegen wütende Barbaren zu kämpfen. Jemand hatte die Ochsen getötet und die Reisegruppe kämpfte an zwei Bereichen um den Karren herum.

    Bala schlug, stach, wich aus, wurde geschnitten, gerammt. Der Boden wurde glitschig von Blut und der Gestank der Gedärme von Menschen und Tieren war atemberaubend.

    Er wandte sich um und sah entsetzt in ein bärtiges Gesicht, dessen Schädel über dem linken Auge halb abgetrennt war, einer seiner Praetorianer hatte ihm wohl gerade das Leben gerettet.

    Doch blieb keine Zeit sich zu bedanken. Er rannte einem Barbaren das Schwert in den Bauch und mühte sich den verkanteten Stahl wieder heraus zu ziehen. Als er über sich einen Schatten wahrnahm. Furius stieß ihn nach hinten und schlug eine Lanze zur Seite. Bala landete zwischen Körpern und matschigem Gedärm. Angewidert erhob er sich, rutschte jedoch aus und sah dann am zitternden Körper von Furius´Pferd einen Bogen und einen Köcher voll Pfeile. Er raffte beides an sich und es gelang ihm sich auf den Karren zu retten. Dort nahm er Position ein und tat etwas, was er deutlich besser beherrschte als den Umgang mit dem Schwert. Zielsicher gab es seinen Kameraden Deckung. Jeder seiner Pfeile traf sein Ziel...nur leider gab es mehr Ziele als Pfeile. Er sah sich um,...um ihn herum tobte der Kampf, die ersten Kameraden lagen tot oder verletzt am Boden. Wieder griff er in den Köcher,...heiß durchfuhr es ihn,...nur noch drei Pfeile und es strömten noch immer Barbaren aus dem Wald rechts und links der Straße.

  • Bassus erschrak als er das Geschrei und den Gefechtslärm hörte, doch da quollen auch schon bei ihm, also hinter dem Fuhrwerk lumpige Gestalten mit unregelmäßiger Rüstung und Bewaffnung aus dem Wald. Er zog sein Pferd herum und ließ es auskeilen, somit zerschmetterte es der ersten Angreifern Schädel und Knochen, zweimal wirbelte er herum und sah, daß es einige der Equites der Ala ihm gleichtaten. Das verschaffte ihnen eine Verschnaufpause und sie trieben die Pferde davon, Bassus rief Nero zu Nero,...auf den Karren! Schnell! Auch wenn Nero das schwarze Schaf der Aemilier war so war er doch Familie und vor allem Nichtkombattant, höchstwahrscheinlich unbewaffnet und am Rande eines Nervenzusammenbruchs.

    Er schlug einem Germanen den Arm samt Beil ab und stieß dem schreienden jungen Kerl dann die Spatha in die Brust. Mit seinem Schild rammte er auf den Weg zu Nero einige Germanen von den Beinen und schaffte so mit einigen Praetorianern eine Bresche für die Zivilisten. Ein heißer Schmerz im Gesicht ließ ihn zusammenzucken, doch er konnte sehen und den Kopf bewegen. Irgendetwas hatte ihn gestreift und während die Praetorianer seine Methode mit dem umwerfen praktizierten erstach er die Unglücklichen die am Boden krochen.

    Es kamen weniger Barbaren zu ihnen, das Gros konzentrierte sich auf den Vorderen Bereich. Was war mit Nero? fragte er sich, doch der Gedanke blieb unbeantwortet. Eine Axt zerschmetterte seinen Schild und lähmte seine Schulter. Der Barabar riss wie wild an der Axt um sie aus dem Schild zu lösen, daß Bassus den Halt verlor, instinktiv riss er die Spatha hoch und stürzte die Klinge in den Leib des Barbaren. Ungläubig starrte der auf Bassus und den Schaft der Spatha die aus seinem Bauch lugte.

    Bassus ließ die Klinge los und rollte sich in vermeintlich Sicherheit. Doch der Barbar zog die Klinge aus sich heraus und schrie in den Himmel. Mit blutschäumenden, weitaufgerissenen Mund und Augen nahm er seine Axt in beide Hände stampfte zu der Stelle an sich der Bassus auf glitschigem Boden versuchte hoch zu kämpfen und holte weit über den Kopf mit der Axt aus.

    Bassus starrte ihn an,...die Zeit schien still zu stehen. Er sah die Axt langsam nach oben schwingen, sah den tödlich verletzten, aber rasenden Krieger über ihm. Was tun? Ein anderer Kämpfer brachte den Barbar kurz aus dem sicheren Stand. Diese Sekunde nutze Bassus um einen der zahlreichen Toten über sich zu ziehen, als kurz darauf die Axt niederfuhr.

    Sie war nur noch schwach geführt, doch schlug sie tief in den Körper des Toten und entglitt dann den sterbenden Händen des Barbaren, der leblos zu Boden sackte.

    Bassus atmete kurz aus,...wand sich unter dem Toten hervor und griff nach seinem am Boden liegendem Schwert. Dabei musste er lachen, denn mit einem heroischem Kampf, wie sie in den Sagen und Geschichten erzählt wurden hatte das hier nichts zu tun, das hier glich einem wilden und tollpatschigen Reagieren. Einmal mehr kam ihm Varus in den Sinn...die Legion war ohne ihre Formationen genauso anfällig wie ihre Gegner.

    Schwer kam er auf die Beine, sah sich um und erkannte, daß der Kampf sich nach Vorn verlagerte...wie willenlos stapfte er los.

  • Tisander der die letzte kleine Pause genutzt hatte um sich zu vergewissern, dass er seine Rüstung und Waffen vorschriftsmäßig angelegt hatte, war in der Absicht weiter geritten sich dem Trupp vor sich an zu schließen. Plötzlich hörte er vor sich wildes Geschrei und gleich darauf wenn ihn nicht alles täuschte Kampflärm.

    Der Weg war eng und eine leichte Biegung sowie Bäume links und rechts, verdeckten ihm die Sicht. Was wenn die Begleiter der Ala Reiter, diese angegriffen hatten? Oder wurden alle angegriffen? Er ergriff seine Hasta und spornte seinen Rappen an. Der Kampflärm wurde immer lauter. Jetzt bin ich bald in der Nähe des Geschehen überlegte er. Ich sollte da nicht so schnell hineinreiten lieber vorsichtig ausspähen um richtige Hilfe geben zu können. Wenn sein Fuß nicht noch immer schmerzen würde. Aufmerksam beobachtete er die Wegränder.
    Da sah er es durch eine Lücke sah er Gestalten heran auf den Weg zu rennen.

    In dem Apulaner stieg Sorge und Wut hoch. Was wenn der Kleine in Gefahr war? Ungeachtet aller Vernunft schlug er seinem Rappen die Fersen in die Flanken, was er nur ungern machte, um ihn so an zu treiben. Seine
    Hasta kampfbereit ausgerichtet kam er heran. Was er sah war entsetzlich. Stob inmitten eines Getümmels hinein und stieß mit seiner Hasta mehrere Barbaren nieder. Wie stark er sie verletzte wusste er nicht, seine Gedanken galten nur Fango.

    Da geschah es ein paar starke Hände ergriffen sein Bein und schon landetes er hart auf seinem Rücken. Fluchend versuchte er auf zu stehen, Zu seinem Ärger stellte er fest, seine Hasta hatte er auch
    verloren, doch die hätte ihm bestimmt nicht viel genutzt denn es war eng hier. So kam es das Tisander mit Spatha in der Rechten, vorsichtig nach vorne hinkte. Der Kerl der ihn vom Pferd gezerrt hatte, war nicht zu sehen. Zunächst schienen alle in seiner Umgebung beschäftigt zu sein, so dass keiner auf ihn achtete. Kein bekanntes Gesicht sah er. Wo konnte Fango nur sein?

  • Sigurd sah seinen Mannen mit der Reserve von seiner Position vom Wald aus zu. Was er sah stellte ihn zufrieden, vorerst schienen die Römer überrascht zu sein, zu überrascht um eine Formation zu bilden. Doch bald schon sah er, daß seine 12 Kämpfer, enthusiastische, junge Burschen, aber auch erfahrene Kämpen gegen die Römischen Krieger kaum eine Chance hatten. Die Verluste der Gruppe stiegen. Er wurde unruhig, sah seine Leute an, ausnahmslos von seinem Stamm,...sollte er auch sie losbringen? Da fiel ihm der Reiter in der glänzenden Rüstung auf. Es gab das Gerücht, daß eine hohe Persönlichkeit aus Rom diese Gruppe begleiten sollte. Ein verschlagenes Grinsen lag auf seinem Gesicht. Alle anderen Römer waren eher schlicht gerüstet, dieser Kerl war sicher der wichtige Römer. Er bringt sicher ein hohes Lösegeld.

    Er wies auf den blinkenden Reiter mit weißem Federbusch am Helm. Den müssen wir uns holen! Der bringt uns ein fettes Lösegeld! Seine Leute, verunsichert durch die großen Verluste ihrer Kameraden zögerten ihm zu folgen. Sie waren Bauern, Handwerker,...keine Krieger. Ihre Gesichter drückten Entsetzen über die Kampfhandlungen auf der Strasse aus.

    Sigurd zog sein väterliches Schwert, ein Schwert, welches aus erbeuteten und eingeschmolzenen Waffen aus dem Sieg gegen drei Legionen geschmiedet worden war. Er stieß es in die Luft und trat aus dem Dickicht, seinen Blick auf den Blinkenden Römer gerichtet.

  • Der Gefechtslärm drang zu ihnen, obwohl sie noch nichts sahen. Sie trafen auf Fuhrwerke, die verzweifelt versuchten zu wenden und so den Weg nachhaltig versperrten. Varro ließ absitzen und die Pferde zu Fuß an den Fuhrwerken vorbei führen. Als alle passiert hatten konnte er die Kämpfe erkennen,...in etwa zwei Stadien Entfernung tummelten sich Barbaren und brüllten was das Zeug hielt. Die Lage machte eine Reiterattacke unmöglich und würde nur die Pferde unnötig gefährden. Er ließ die Pferde mit zwei Mann zurück und führte seine Turma, rechts und links der Strasse auf das Getümmel zu. In Bogenschußentfernung ließ er die ersten Barbaren ausschalten. Die vier Bogenschützen blieben zurück und schossen weiter, ...pickten diejenigen heraus die sich am Rand des Getümmels drängten ohne direkt teilzunehmen. Varro und die restlichen 16 Equites schlossen unbemerkt auf. Er sondierte in 30 Fuß, gut verdeckt die Lage.

    Es war unmöglich zu sagen wieviele Gegner dort noch standen , geschweige denn Römer. Immer wieder sackte ein Barbar von einem Pfeil getroffen zusammen.

    Auf einem Fuhrwerk stand ein Praetorianer mit einem Bogen und schoß. Als dieser den Bogen wegwarf, wohl weil er keine Pfeile mehr hatte, gab Varro Ocella auf der anderen Strassenseite den Befehl zum Angriff. Er zog seine Spatha und lautlos schwärmten die Equites aus um den Barbaren im wahrsten Sinne des Wortes in den Rücken zu fallen.

    Bald herrschte eine heillose Verwirrung und die Barbaren stoben auseinander, soweit sie es vermochten um sich dem neuen Gegner zu stellen.

    Die Bogenschützen waren aufgerückt, ebenso die Equites mit den Pferden. Und während die Pferde am Wegrand grasten schossen die Bogenschützen gezielt verwirrte und auf sie zulaufende Barbaren nieder. Varros Klinge hob und senkte sich. Glitt wie heißer Stahl durch Butter. Nach kurzer Zeit erreichten sie das Fuhrwerk, von den Römern standen und kämpften vielleicht noch 10. Varros blutbespritzes Gesicht verzerrte sich vor Wut als er unter den Toten Angehörige der Ala erkannte. Es war der Trupp der den Subpraefecten zum Castellum bringen sollte.

    Er half einem Praetorianer auf die Füße und lehnte ihn an das Fuhrwerk. Wortlos reichte er ihm ein am Boden liegendes Schwer und meinte, Ehre und Stärke Kamerad,...für Rom!

    Dann wandte er sich wieder um und rammte einem besonders forschem Barbaren seinen Puggio ins Auge. Schreiend fiel dieser vor die Füße des Praetorianers. Varro stieg über ihn hinweg und ließ seine Spatha singen.

  • Bala hatte seinen letzten Pfeil verschossen. Er begann oben vom Fuhrwerk aus auf Barbaren die der Kampf in dessen Nähe driftete mit dem Schwert zu attackieren. Bald verlor er den Halt und stürzte aus dem Fuhrwerk zu Boden. Er landete auf einigen Körpern und versuchte angewidert sich zu erheben. Plötzlich griff ihm jemand unter die Arme und half ihm auf.

    Nach kurzer Panik erkannte er einen Römer, einen den er nicht kannte,...woher...? Der Mann drückte ihm ein Schwert in die Hand, gab ihm eine Losung und machte sich dann wieder ans Werk. Wie eine Sichel die Ähren schnitt so glitt der Mann durch die Horde der Barbaren. Fasziniert betrachtete Bala den Mann bei seiner Arbeit, die im Gegensatz zu seiner oder der seiner Kameraden unaufgeregt und zielgerichtet war. Der Mann wußte und konnte was er tat.

    Plötzlich tauchten weitere Römer auf und blockierten den Bereich vor dem Fuhrwerk mit ihren Schilden. Ein Moment für eine Atempause entstand. Noch lebende Praetorianer nahmen ihre Schilde auf und halfen den fremden Soldaten den Ring zu erweitern.

    Bala lehnte schwer atmend am Fuhrwerk und sah sich um. Überall Tote,...alles war voller Blut, ein unglaublicher Gestank. Es war sein erster Kampf und seine Achtung für die Männer in den Legionen war immens gestiegen.

  • Es widerstrebte Ocella ohne die Pferde in den Kampf zu gehen, doch Varro hatte natürlich Recht. Sie hätten sich nur gegenseitig behindert. So teilten sie sich auf Varro auf der linken und Ocella auf er rechten Seite der Strasse. Ein erwartungsvolles Beben durchfuhr ihn. Was da vorne geschah war mehr als diese Geplänkel der letzten Jahre. Das war ein amtlicher Kampf. Wenngleich die meisten der Barbaren eher herumdrängten ohne wirklich zu kämpfen. Die Kumpels in der Mitte des Getümmels mussten ordentlich was zu tun haben.

    Die Barbaren waren dermaßen aufgeputscht, daß sie nicht mitbekamen, daß sie von hinten angegriffen wurden. Die Kumpels mit den Bögen dünnten die Meute ordentlich aus.

    Endlich gab Varro das Angriffszeichen. Ocella´s Herz machte einen Sprung. Na schön,...! grollte er seinen Männern zu. Wir kämpfen uns zum Fuhrwerk vor und schirmen das dann ab um die Kumpels dort zu entsetzen. Die haben genug gekämpft,...grinsend zog er seine Spatha...Nett, daß siue uns welche übrig gelassen haben...

    Er nickte seinen Kameraden zu, wohlwissend daß sie nicht alle wieder zusammen kommen würden und ging los, fast schon gemütlich.

    Hey! rief er dem Barbaren zu, der mit dem Rücken vor ihm stand. Dieser wandte sich irritiert um und starb mit einem fragenden Gesicht. Ocella hakte, schlug, drängelte und stieß sich bis zum Fuhrwerk vor, dann nahm er das Schild hoch und bildete mit seinen Männern einen Schildwall um die Barbaren zurück zu drängen.

  • Nachdem sein Pferd unter ihm verendet war glaubte sich Furius auf dem Weg ins Elysium. Gleich zwei stinkende Barbaren stürzten sich auf ihn. Es gelang ihm an sein Puggio zu kommen und sich der Beiden, die sich gegenseitig behinderten, zu entledigen. Er rollte ihre Leiber von sich und erhob sich mit grimmiger Miene. Sein erster Blick galt Caesar, doch der kämpfte vom Wagen aus, was ihn seltsam stolz machte, dann sah er nach seinem Pferd welches mit blutigem Schaum vor den Nüstern bebend am Boden lag.

    Trauer erfüllte sein Herz, er ritt nun schon fast 10 Jahre auf diesem Pferd und er fühlte Zorn in sich wachsen. Er entriss einem toten Barbaren eine kleine Kampfaxt und begab sich in das Getümmel. Mit der Linken stach er den Puggio in stinkende, fellbekleidete Leiber, mit der Rechten schlug er die Axt in Schultern und Schädel.

    Immer wieder traf ihn ein dumpfer Schlag, ritzte eine Klinge seine Haut. Er rutschte aus, durchtrennte dort unten Sehnen der vor ihm stehenden. Wut und Zorn trieben ihn an.

  • Nero, noch eben in Tagträumen versunken, traf die Realität wie eine Flutwelle. Das Gefecht riss seine Wahrnehmung aus den Angeln, trat die Tür seiner Sinne ein und brach mit gefletschten Zähnen hindurch. Erstarrt saß er auf seinem Pferd, unfähig, genügend geistige Reserven für eine Entscheidung zu mobilisieren. Wie eine lebende Zielscheibe prangte er auf der Straße. Um ihn herum tobte ein Orkus aus Tod und Verderben.


    Jemand rief seinen Namen. Die Stimme seines Vetters ... das Gesicht von Bassus blickte in seine Richtung. Für einen Moment trafen ihre Blicke sich. Diesmal lag keine gegenseitige Ablehnung in der visuellen Begegnung. Die Hirnmasse eines gespaltenen Schädels spritzte Nero ins Gesicht, als Bassus für ihn und Apollinaris eine Bresche schlug und noch immer saß Nero auf seinem Pferd. Die übrigen Männer waren abgestiegen. Er wusste nicht, warum. Die ganze Situation entzog sich dem logischen Begreifen. Gerade eben hatte er noch daran gedacht, wie die Soldaten einen Barbaren zu Tode malträtierten - nun war sein Traum Wirklichkeit, etliche Male repliziert, wie um die Grenzen des für ihn Erträglichen zu evidieren.


    Mit den Fingerkuppen strich er sich die klebrige Substanz von der Stirn und betrachtete sie, ehe er sie abschüttelte. Die Zeit war zersplittert. Nero stand im Zentrum, von dem aus sich die Risse knackend ausbreiteten, um die Menschen zu verschlucken, und starrte auf das Geschehen. Vor ihm öffnete sich ein Weg, gesäumt von Toten und Schwerverletzten.


    Mechanisch folgte Nero dem Befehl, glitt vom Pferd und wandelte über die rote, nasse Straße wie ein Traumwandler, während er eine Darmschlinge mit dem Fuß mit sich zog, bis sie herunterrutschte, weil ihr Besitzer noch am anderen Ende hing. Langsam kletterte Nero auf den Karren.

  • Nachdem der Benefiziarier die Meldung von Varro´s Missio gebracht hatte, brach Nero selbst mit zwei Turmae in Richtung Borbetomagus auf. Es kostete sie Überwindung die Reisegeschwindigkeit beim schnellen Trab zu belassen. Es machte keinen Sinn die Pferde zu Schande zu reiten. Nach drei Stunden zwangen sie sich zu einer Pause. Nicht nur die Pferde waren erschöpft. Nero bemerkte einmal mehr sein Alter. Der Ritt machte ihm zu schaffen, der Gedanke eine Turma zu verlieren machte ihm zu schaffen. Er ließ die Männer verschnaufen und nach einer Viertelstunde waren sie bereits wieder unterwegs. Nero hoffte inständig daß diese Viertel Stunde nicht über das Schicksal Varro´s bestimmt hätte.

  • Die ganze Szenerie hatte etwas unwirkliches für Tisander. So in solcher Heftigkeit hatte er den Tod noch nicht erlebt. Gestank, Geräusche und das Geschrei der Menschen war fast unerträglich. Natürlich hatte er bei den Wagenrennen, Unfälle, schlimme Unfälle und sogar tödliche Verletzungen kennen gelernt, doch das hier, schien direkt aus dem Hades zu kommen.

    Inzwischen hatte er auch seinen Puggio ergriffen. So beidhändig bewaffnet kämpfte er sich weiter nach vorne, da schien die Masse der Barbaren zu sein. Es schien kein Ende zu nehmen. Er hatte das Gefühl es wurden immer mehr. Voller entsetzen sah er seine Kameraden verletzt oder Tod am Boden liegen.

    Stoßend stechen, schlagend kämpfte er sich vorwärts. Einem Barbaren der gerade von einem seiner toten Kameraden aufblickte und ihn mit einem irren Blick anstierte, stach er den Puggio ins Gesicht und gleich
    noch in den Hals. Der nächste der sich ihm entgegen warf rannte in sein Schwert hinein. Als er es raus zog versuchte er es dabei noch nach oben zu ziehen.

    Plötzlich war es, als ob ein Ruck durch die Eques ging. Die Reihen der Barbaren schienen sich etwas zu lichten. War das nicht die Stimme von Ocella gewesen, in unverkennbarer Lautstärke. Einer seiner Ausbilder war hier? Hatte sie Hilfe aus Mogontiacum bekommen. Hoffnung keimte in ihm auf. In dem Augenblick bekam er eine
    heftigen Schlag auf seinem rechten Arm. Seine Hand öffnete sich von selber und sein Schwert fiel zu Boden. Gleichzeitig mit dem Taubheitsgefühl zog ein Schmerz bis in die Haarspitzen. Da sah er etwas wie eine Keule erneut auf sich zu rasen. Später hätte er nicht sagen können wie er es geschafft hatte sich unter dem Schlag
    weg zu ducken, so das der Keulenschwinger plötzlich mit dem Rücken im zugewandt da stand und seine Keule wieder hochhob. Jetzt konnte er sich nur, wie er meinte, durch eines retten, er stach ihm seinen Puggio in die Kniekehle. Schnell mehr oder weniger auf allen Vieren machte er sich davon in Richtung Fuhrwerk, was er vor sich sah.

  • "Ala II Numidia und Equites der Legio, absitzen und zum Karren", brüllte Calenus, als er sah, dass der Caesar sich dort verschanzte. Auch die Zivilisten wurden dorthin gebracht. So war der Schutz des Karrens die einzige sinnvolle Angelegenheit.


    Es kam Bewegung in die Reiter, die Pferde wurden davongejagt, damit sie nicht störten und unnötig gemetzelt wurden. Ausgebildete Kriegspferde waren ungleich wertvoller als ein gewöhnliches Reitpferd. "Schildwall bilden! Wurfspeere bereitmachen!" Die Männer rückten zusammen, zu wenige, um einen Kreis zu bilden, aber für einen kleinen Wall genügte es. Er selbst blieb noch auf seinem Pferd, weil er von dort einen besseren Überblick hatte und noch nicht genau wusste, wo hier was geschah. Der Angriff der Barbaren wirkte unkoordiniert, doch das mochte täuschen und er rechnete mit einer zweiten Welle. Die wollte er rechtzeitig bemerken. Er wartete, bis die winzige Einheit der Ala samt der Equites der Legio sich entsprechend formiert hatte. "Zielpunkt Waldrand halbrechts, barbarische Infanterie!" Von dort kamen die meisten Angreifer. Er wartete lang genug, bis die Schützen so weit waren, denn ein Speerhagel ins Ungewisse gefährdete im ungünstigsten Fall die eigenen Männer. "FEUER!"


    Wie viele Angreifer zu Boden gingen, war schwer zu sagen. Sie hatten nur Zeit für einen einzigen Schuss, dann waren Barbaren und Prätorianer zu sehr vermengt, um die Wurfspeere noch einsetzen zu können.


    "Spathae ziehen!" Ein gleichförmiges Schleifgeräusch ging durch den Wall, die Klingen blitzten.


    Irgendetwas brachte sein Pferd dazu, in diesem Moment mit aufgerissenen Augen zu steigen und für eine Sekunde bot der Reiter in seiner glänzenden Rüstung auf dem steigenden weißen Pferd einen heroischen Anblick - dann kippte das große Tier in unnatürlich wirkender Langsamkeit schräg nach hinten. Ein Speer steckte in seiner Flanke. Calenus samt Pferd fielen krachend ins Unterholz, während das sterbende Tier mit allen Vieren um sich schlug. Das Bein von Calenus hing unter dem Pferd fest, dass kurz tobte und dann nur noch zuckte. Er fand noch einen Augenblick Zeit, Trauer um das prächtige Tier zu empfinden, sich darüber zu ärgern, dass Andriscus ausgefallen war und dass der Ala nun keine weiteren Offiziere zur Verfügung standen, dafür aber zwei unnütze Tirones. Ein Tiro - der andere war ebenfalls verschwunden. Wut packte ihn, doch sie nützte ihm nichts - er klemmte fest.


    Wie ein Rudel wilder Hunde stürzte sich ein Trupp Barbaren auf Calenus, den sie aufgrund seiner Aufmachung für die wichtigste Person des ganzen Trosses hielten. Seine Speere waren zerbrochen oder lagen sonstwo, die Spatha war in liegender Haltung unbrauchbar. Calenus riss seinen Dolch hervor, denn das war die einzige Waffe, die er in dieser Haltung noch halbwegs bedienen konnte, während sein eingeklemmtes Knie ihm vor Schmerzen den Schweiß auf die Haut trieb. Er würde seine Haut teuer verkaufen, rechnete aber nicht damit, noch länger als einige Sekunden zu überleben.

  • Es ging alles so schnell! Da waren Barbaren, und da war plötzlich auch Decurio Germanicus Varro mit Ocella! Fangos Freude wurde getrübt durch das heillose Durcheinander, das die Angriffe und das plötzliche Auftauchen der Verstärkung verursachten. Bis der Befehl von Decurio Equitius Calenus kam, dem er gerade unterstellt war, rotierte Fango auf seinem Schecken sinnlos an Ort und Stelle.


    Alles war voller Bewaffneter, alles schlachtete sich gegenseitig! Fango war noch nie einem Feind begegnet und nun waren hier auf einmal so viele?!


    Als der Befehl kam, einen Schildwall vor dem Karren mit dem Caesar und den Zivilisten zu bilden, fühlte sich Fango erlöst. Er fühlte sich gerettet allein dadurch, dass Calenus ihm sagte, was zu tun sei. Er vertraute dem Decurio und war sicher, er würde sie hier heil herausholen. Decurio Varro und Vexillarius Matinius Ocella waren auch da. Es konnte nichts schiefgehen und die Feinde wurden schon weniger. Fango schwang das Bein nach hinten über die Kruppe seines Pferdes und flitzte zum Karren. Kurz kam er ins Schlittern, weil die Straße nass war. Bei den Unsterblichen, das waren Blut und Fleisch! Hier war das Innere nach außen gekommen! Die Prätorianer, die Ala und die Legionsreiterei waren in Aktion getreten und das Feindesblut spritzte nur so, Fango sah einen abgetrennten Arm durch die Luft fliegen, dann einen Kopf! Die Menschen waren alle miteinander verrückt geworden!


    Endlich stand der Schildwall, sie warfen die Speere, aber Fango traf niemanden - er hatte einer irren Unlogik folgend mit Absicht vorbeigezielt. Er wollte niemanden töten. Diese noble Ansicht rächte sich jäh, denn der Mann, auf den er hätte zielen müssen, weil er auf ihn zukam, kam noch immer auf ihn zu. Fango aber hatte nun keinen Wurfspeer mehr in der Hand, nicht mal eine Spatha, sondern seinen Gladius gezogen, der ihm winzig erschien in Anbetracht der Armlänge seines Gegenübers, das eine Axt schwang. Fango riss den schweren Schild hoch und duckte sich, ein Krachen ging ihm durch Mark und Gebein und ließ seinen Arm erzittern. Dieser Hieb hatte seinem Kopf gegolten und hätte seinen Schädel bei einem Treffer trotz Helm zertrümmert. Ein zweites Mal musste Fango den Schild hochreißen.


    Fango kam nicht dazu, anzugreifen, er duckte sich unter wiederholten Axthieben und fragte sich, wie lange das Holz seines Schildes halten würde oder wie lange sein tauber Arm noch durchhielt, ehe er ihm den Dienst versagte oder unter der Gewalt brach. Plötzlich kam ein Hieb von unten und er musste den Schild rasch senken. Gerade rechtzeitig - so rettete er sein Bein. Über den Schildrand hinweg sah er nun seinen Gegner, kaum älter als er selbst, doch ohne Fangos Unentschlossenheit. Dieser Barbar wusste, was er wollte - Fango töten. Am Rand des Geschehens registrierte er aus dem Augenwinkel Calenus, dessen Pferd auf einmal stieg - das Tier kippte nach hinten und Calenus verschwand im Gebüsch, wurde vielleicht unter dem schweren Tier zerquetscht, ihm der Rücken gebrochen oder das Genick. Mehrere Barbaren strömten in die Richtung.


    "DECURIO!", schrie Fango, der Calenus sehr mochte.


    Und nun endlich stach er zurück. Als sein Gegner gerade den Arm hob, um erneut die Axt in Richtung seines Helmes niederzuschmettern, rammte Fango ihm in die Achsel. Tief drang die Klinge zwischen den Rippen hindurch in den Körper. Lautlos ging der Barbar in die Knie. Doch wenn Fango erwartet hatte, dass ein Mensch so schnell starb, so irrte er. Der Mann lebte, auch wenn er kampfunfähig auf dem Boden lag und um jeden Atemzug kämpfte, während aus der Wunde blubbernd helles Blut schäumte. Obwohl der Barbar ohnehin zu Tode verwundet war und vor seinen Füßen lag, brachte Fango es nicht über sich, ihm ein Ende zu bereiten. Entsetzt betrachtete er das grausame Werk, dass die Waffe in seiner Hand angerichtet hatte. Und seine Kameraden, die routiniert vollbrachten, was er nur unter Mühen vermochte.


    Als der nächste Barbar auf ihn zu drängte, hob Fango wieder den Schild und den Gladius, verzweifelt, weil er nicht zu Calenus konnte, um ihm zu helfen. Auch dieser Barbar ging irgendwann zu Boden. Mit gerötetem Blick suchte Fango den Subpraefectus, oder würde jetzt Varro übernehmen? Der Caesar war ihm vollkommen Schnuppe. Er wusste nur, dass er Calenus helfen wollte und sogar die Angst vor dem eigenen Tod hatte er dabei vergessen.

  • Varro kämpfte wie im Rausch, seine Spatha und sein Puggio troffen vor Blut, ebenso sein ganzer Körper. Wigand, Thorwald und Thoralf folgten ihm und erledigten was er zu Boden stieß. Sie verrichteten die Gnadenstöße. Doch bald wichen die Barbaren vor Varro und seiner Gruppe zurück. Varro hielt inne, orientierte sich kurz. An der anderen Seite der Strasse sah er Ocella mit den Kameraden am Fuhrwerk. Sein Blick glitt über das Schlachtfeld...die Wucht hatte nachgelassen. Anscheinend waren nun die Draufgänger und Krieger geschlagen und es standen die Zauderer und Bauernburschen inmitten ihrer toten Kameraden, Brüder, Väter...wenn es dem Anführer nun gelang diese in Wut zu versetzen ging es weiter, sollte ihm das nicht gelingen oder dieser sogar gefallen sein wäre die Schlacht vorbei...

    Er sah Bewegung,...Absatzbewegungen und schnitt eine blutverschmierte Grimasse,...doch da! Ein paar von denen schienen einen der Ihren entführen zu wollen, doch es gestaltete sich schwieriger als gewünscht, weil der Mann unter seinem Pferd eingeklemmt war. Grimmig sah er sich nach seiner Entourage um, wies mit dem Kinn auf die Szene.

    Thorwald kniff die Augen zusammen und stieß hervor,...Das ist Calenus,...sie versuchen Calenus zu entführen! Betroffen sah Varro noch einmal genauer hin, Thorwald hatte Adleraugen, doch er erahnte daß es Calenus war. Seine Rüstung funkelte wie ein fallender Stern. Sorge und Zorn wallte in ihm auf. Es galt nun schnell zu handeln, denn wenn die Barbaren merkten, daß sie ihr Opfer nicht bergen konnten würden sie ihn bestenfalls töten und fliehen. Er taxierte die Gruppe um Calenus. Es waren 6 Mann und eine Frau, wahrscheinlich eine Schamanin oder eine von diesen unsäglichen Kriegerinnen. Die Distanz war lächerlich gering aber durch unzählige Leiber blockiert. Calenus schrie,...wütend,...verzweifelt.

    Die momentane Ruhe kippte unter Calenus´ Schreien. Varro konnte knapp reagieren als er einen Schatten im Augenwinkel bemerkte. Mit einer schnellen Drehung wandt er sich aus der Gefahrenzone und zog gleichzeitig die Spatha von unten nach oben.Ein gurgelnder Laut erklang und die Welt ging unter im Geschrei der Enttäuschten. Die übriggebliebenen Barbaren schrien, brüllten, ...hatten sich entschieden. Aus dem Schildwall lösten sich einzelne Gestalten und schlossen sich Varro an. Pfeile flogen, dumpfe Schläge ertönten, der Moloch erwachte ein letztes Mal um alles was lebte mit sich in die Tiefen der Unterwelt zu reissen.

    Varro kämpfte sich mit schweren Armen in Richtung Calenus vor, gefolgt und flankiert von seinen Kameraden.

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