Balas Reise nach Mogontiacum - Teil II

  • Bala fand wieder zu sich. Der Wind vertrieb allmählich den Geruch von Tod und Blut der sich bisher wie eine Glocke über dem Ort des Geschehens gehalten hatte. Einer der kürzlich hinzugekommen Kavalleristen kam auf ihn zu. Bala erkannte ihn als Terentius Nero. Nero war ein alter Soldat mit seiner letzten Station als Praefectus der Ala hier in Germania. Sie kannten sich, er ist schon mehrfach zu Auszeichnungen im Palast gewesen. Bala hob die Hand als er die Bestürzung in jeder Faser seines Gegenüber sah.

    Das ist das Risiko, wenn man incognito reist,...mir geht es gut Nero,...vielen meiner Männer nicht,...vor allem deinem Subpraefectus dort.

    Er führte Nero an die Stelle an der Bassus wie aufgebahrt lag. Jemand hatte seinen Helm gefunden und neben seinem Kopf platziert. Ergriffen stand Bala da und starrte auf den toten Aemilier. Ein Kloß bildete sich in seinem Hals. Brüsk wandte er sich ab, rief sich zur Ordnung. Klopfte den ebenfalls betroffenen Terentier auf die Schulter und wandte sich ab. Seine Sorge galt dem Adler der XXII. Die Erkenntnis ihn verloren zu haben versetzte ihm einen eiskalten Stich.

    Wo waren die Packpferde? Frustriert atmete er aus und winkte einen der Praetorianer zu sich. Dieser kam beflissentlich herbei, nahm trotz offensichtlicher Verletzungen Haltung an und salutierte. Bala nickte ihm wohlwollend zu und beauftragte ihn mit der Suche nach dem Adler.

    Natürlich war es pietätlos in einer solchen Situation danach zu suchen, aber der Verlust des Adlers würde schwerer wiegen als all das was hier geschehen war.

    Sein Blick schweifte herum und er sah Furius bei einer Gruppe Equites stehen. Er erkannte den Offizier neben ihm,...das war er.

    Bala winkte Terentius Nero an sich heran und meinte als dieser bei ihm war, Dort hinten, der Offizier bei deinem Verwandten,...wer ist das? Bala wußte selber nicht warum er dermaßen passioniert auf den Mann reagierte. Vielleicht hatte ihm seine Art imponiert, vielleicht irritierte ihn auch die Erkenntnis, daß selbst er diesem Mann folgen würde.


  • Nero´s erste Bestürzung über den Verlust der Subpraefectus löste sich als der junge Caesar gewohnt selbstbewußt und offensichtlich unverletzt agierte. Auf dessen Frage hin sah er in die angewiesene Richtung und da nur ein Offizier in der Gruppe bei Furius stand nickte er und entgegnete, fast schon mit väterlichem Stolz;

    Ja, das ist Varro,...Gaius Germanicus Varro,...er befehligt die Turma Prima,...jene Turma die als erste hier eintraf.

    Nero ersparte sich weitere positive Attribute, er wollte natürlich nicht, daß er Varro an die Praetorianer verlor. Sein Blick fiel auf den toten Aemilier. Eine Schande, der LAPP würde aus der Haut fahren, wenn er davon erfuhr.

    Wieder an Caesar gewandt fragte er, Darf ich vorschlagen, daß wir dich nach Mogontiacum begleiten, Caesar? Die Strasse war inzwischen geräumt, die Equites waren dabei die Kadaver der beiden Ochsen des Fuhrwerks und der gefallenen Pferde an die Seite zu ziehen. Ein Blick nach oben offenbarte auch nichts Gutes und bevor Nero es erwähnen konnte begann es zu regnen, er leicht, dann stärken und heftiger prasselte der Regen auf alles herab, Lebende und Tote, er wusch die Spuren der Schlacht ab und schwemmte in einem roten Fluss den Strassenbelag auf.

    Nero war versucht Caesar mit seinem Mantel vor dem Regen zu schützen, doch dieser trat mit ausgebreiteten Armen in die Himmelstränen, legte den Kopf in den Nacken und ließ sich säubern.

  • Der Regen hatte eine abkühlende Wirkung. Nachdem Nero sich wieder von seinem Freudenanfall beruhigt hatte, rappelte er sich aus dem Matsch auf. Betroffen standen sie um den Kadaver des Unsäglichen. Sie schauten, als wäre etwas Schlimmes passiert. Er aber zupfte fröhlich an der blutigen und nassen Tunika von Apollinaris.


    "Komm. Wir reisen auf direktem Weg zu Onkel Nepos. Jemand muss ihm die tragische Nachricht vom Tod seines einzigen Sohnes überbringen und ihm beistehen in diesen schweren Zeiten."


    Vielleicht gelang es ihm, den Platz von Bassus im Herzen des Vaters zu besetzen. So griff er nach dem Helm und hob ihn auf, um diesen dem Vater zu überbringen.

  • Der Regen hatte auf seltsame Weise gut getan. Germanicus Varro also, nun, diesen Namen würde er sich merken. Tropfnass wandte er sich an den Praefectus der Ala und meinte grinsend,

    Nun, da kann ich kaum ablehnen,...die Inspektion des Limes hat Zeit,...es ist offensichtlich, daß wir auf ihn nicht wirklich vertrauen können. Sein Blick fiel auf den kleinen dicken Aemilier, der seltsam aufgekratzt den Helm seines toten Verwandten an sich nahm. Wut stieg in ihm auf. Seine Hand fuhr wie von selbst zu seinem Puggio, doch er war weg, genauso wie sein kostbares Schwert. Er musste einschreiten, dieses Sakrileg verhindern. Seine eisblauen Augen fixierten Nero wie ein Falke seine Beute. Alles an diesem Nero stieß ihn ab, seine Haltung, sein Gesicht, sein aufgesetztes Gehabe. Die Welt würde nicht untergehen, sollte er auf auf diesem Schlachtfeld sein Leben gelassen haben. Er atmete tief ein,...er war Caesar, kein despotischer Kleinfürst.

    Gerade als er einschreiten wollte sah er Furius mit Varro herankommen.

    Ah, Furius, stell doch bitte sicher, daß der Subpraefect komplett bleibt...wieviele Tote haben wir?

    Er beruhigte sich wieder, ärgerte sich über sich selbst und darüber, daß er erst jetzt bemerkte, daß er waffenlos war.

  • Furius trat mit dem Decurio der Ala auf Caesar zu als dieser ihm einen Befehl gab. Sein Blick fiel auf den toten Aemilier und dessen Verwandten, der sich dessen Helmes bemächtigte.

    Ja, mein Caesar. Sprachs, trat auf den Froschkopf zu und nahm ihm mit kaltem Blick den Helm aus den kleinen Wurstfingern. Bist du irre, Mann? ...scher´dich weg. grollte er mit haßerfüllter Miene. Wie konnte man nur auf solch eine Idee kommen?

    Dann verbeugte er sich vor dem toten Subpraefecten und legte Bassus seinen Helm an. Sein Blick fiel auf die Waffen, doch diese waren vollzählig. Da hatte wohl schon jemand für gesorgt.

    Mit einem vernichtenden Blick sah er Nero an und befahl zwei Praetorianer zur Totenwache.

    Kurz darauf meldete er, Verzeih´Caesar,...wir haben insgesamt 11 Tote. 4 Vier von der Aleneskorte, inclusive des Subpraefectus, 3 Praetorianer und 4 Equites von Varros Patrouille. Das waren 11 Tote zuviel, dachte er mit schwerem Herzen, denn unter den 3 Praetorianern war auch sein Optio und bester Freund. Wir haben 113 tote Barbaren gezählt, 6 wurden gefangen genommen. Was ein guter Schnitt war und ihn wiederum mit Stolz erfüllte, denn das hier war ein ganz übles Gemetzel gewesen.

  • Bala sah sich Furius´Vorgehen an. Wie erwartet führte er es wunschgemäß aus. Zufrieden wandte er sich an Varro. Und zu seiner Überraschung sah er wie dieser etwas aufhob,...ein Schwert,...sein Schwert, es lag unweit von ihm beim Fuhrwerk. Da fiel es ihm wieder ein, einer der letzten Angreifer hatte sich geduckte und mit der ausgeführten Wucht des Schlages prallte seine Hand gegen die Kante der Ladeklappe und das Schwert entglitt ihm. Er stieß dem siegessicher grinsenden Barbaren beim Erklimmen des Karren den Puggio ins Herz.

    Lächelnd nahm er sein Schwert entgegen und meinte, In einem der Barbaren dort vor dem Wagen müsste mein Puggio stecken,...ich bin froh und dankbar, daß du und deine Männer uns, auch unter großen Opfern beigestanden seid. Während Furius sich nach dem Puggio umsah trat Bala auf Varro und Terentius Nero zu.

    Er sah sich um, dann traf er eine Entscheidung. Wir werden unsere Toten mitnehmen und beim Castellum bestatten, Ich werde eine Boten zum LAPP senden damit er die Leiche seines Sohnes nach seinen Vorstellungen bestatten kann. Sein Blick fiel auf Bassus. Ein Jammer, er war eine Zierde seines Geschlechts. Was man beileibe nicht von allen anwesenden Aemiliern sagen konnte, wie sein vernichtender Blick auf den dicken Nero aussagte.

  • Dagegen, dass der Caesar befahl, das Hab und Gut an Bassus zu lassen, konnte Nero zu seinem Missfallen nichts sagen. Aber gegen die herablassende Behandlung von dessen Prätorianer konnte er sich sehr wohl zur Wehr setzen! Unter dem Schutz seines Onkels fühlte Nero sich sicher. In Italia war das anders gewesen, doch nun waren sie hier, im Machtbereich des Onkels, dessen Namen er trug.


    "Ich darf daran erinnern, dass ich der nächste hier anwesende Verwandte des Gefallenen bin, Soldat", raunzte er den Prätorianer an. "Als solcher habe ich ein berechtigtes Interesse an dem Toten. Darüber hinaus bin ich der Neffe des Aulus Aemilius Nepos, welcher der Legatus Augusti Pro Praetore dieser Provinz ist, in der du mit deinen stinkenden Plebejer-Stiefeln gerade stehst!"


    Der dicke Zeigefinger tippte dem Prätorianer hart auf die Brust.

  • Apollinaris betrachtete das Schauspiel, was sich ihm gerade bot. Was war hier los? Waren denn alle wahnsinnig geworden? Jetzt stritten sie um den Toten und Nero schien ausgerechnet jetzt sein Selbstbewusstsein und seine Eier entdeckt zu haben. Jetzt! Hier! Und musste einen Prätorianer mit seinem käsigen Zeigfinger stechen? Das ging vermutlich für sie beide nicht gut aus. Apo schüttelte hinter den beiden den Kopf und hoffte Nero würde es sehen und sich die Warnung zu Herzen nehmen. Allerdings befürchtete Apo ganz anderes.


    Verstohlen schaute er sich nach dem Caesar um.

  • Lächelnd nahm er sein Schwert entgegen und meinte, In einem der Barbaren dort vor dem Wagen müsste mein Puggio stecken,...ich bin froh und dankbar, daß du und deine Männer uns, auch unter großen Opfern beigestanden seid. Während Furius sich nach dem Puggio umsah trat Bala auf Varro und Terentius Nero zu.

    Er sah sich um, dann traf er eine Entscheidung. Wir werden unsere Toten mitnehmen und beim Castellum bestatten, Ich werde eine Boten zum LAPP senden damit er die Leiche seines Sohnes nach seinen Vorstellungen bestatten kann. Sein Blick fiel auf Bassus. Ein Jammer, er war eine Zierde seines Geschlechts. Was man beileibe nicht von allen anwesenden Aemiliern sagen konnte, wie sein vernichtender Blick auf den dicken Nero aussagte.

    Bala war der höchste Repräsentant des Imperiums den Varro je von Nahem zu Gesicht bekommen hatte. Er nickte knapp als er dem Caesar sein Schwert überreichte und entgegnete,

    Wir waren auf Patrouille, da kann so etwas schon einmal passieren. Trocken und ohne Pathos brachte er es hervor mit einem kleinen Skrupel ob es dem Caesar gefallen würde.

    Kurz darauf war er dankbar seine Gefallenen nicht hier vor Ort verscharren zu müssen. Er hätte ansonsten darum gebeten sie mitführen zu dürfen.

    Der Tote Subpraefectus, ein junger Kerl, lag dort als würde er schlafen. Varro hatte keine Ahnung ob er mit ihm klargekommen wäre, daher hielt sich seine Trauer um ihn in Grenzen. Er bedauerte lediglich seine eigenen Verluste, gute Kameraden und auch Freunde,...Brüder in Waffen.

    In diesen Gedanken und der kurzen Stille erklang die schrille Stimme des Aemilius Nero. Alle sahen in die Richtung woher sie kam. Varro war fassungslos wie dreist dieser Mensch war.

    Wie von selbst machte er sich auf den Weg zu den beiden Praetorianern, die noch von der Schlacht gezeichnet den Leichnam des Subprafecten bewachten.

    Der Regen hatte viel vom Barbarenblut weg gewaschen, aber doch nicht alles, auch versorgte eine veritable Schnittwunde an Varro´s Wange noch für effektiven Nachhalt, hier einen Teilnehmer der vergangenen Schlacht vor sich zu haben. Der dickliche Jüngling schien körperlich unversehrt.

    Wie ein Schatten glitt Varro an den Praetorianern vorbei und schob Nero sanft aber bestimmt auf Abstand.

    Es ist mir vollkommen egal wer du bist,... wer deine Verwandten sind oder was du willst...dieser Mann hat mit seinem Leben bezahlt,...er wies auf Bassus und dann auf die Praetorianer ...diese Männer haben mit ihrem Leben dafür gesorgt, daß du sie jetzt beschimpfen kannst. Er sah Nero an wie etwas in das man beim Stallausmisten trat und irgendetwas in ihm wußte, daß alle im näheren Umkreis das selbe tun würden. Marcus Aemilius Bassus ist Subpraefectus der Ala II Numidia, meiner Einheit, er ist mein Bruder und ein Offizier des Imperiums... In dessen Namen ist er gefallen und es liegt dem Imperium ihn dafür zu ehren. Dein Interesse an unserem Bruder muss hintenanstehen, das wird auch dein zitierter Onkel der LAPP so sehen. Wobei er sich hier ein wenig aus dem Fenster lehnte, denn der LAPP war unberechenbar. Er wandte sich an die Praetorianer, die ihn dankbar zunickten Betten wir unseren Bruder auf dem Fuhrwerk, er hat lange genug hier gelegen! Zwei Equites der Ala eilten den Praetorianern zu Hilfe und bald lag Bassus unter seinem roten Mantel bedeckt auf den Fuhrwerk, wo er bald seinen letzten Weg antreten würde. Varro ging zurück zu Caesar und seinem Praefecten ohne den dicklichen Burschen eines weiteren Blickes zu würdigen.

  • Bala´s erster Impuls war es diesen dreisten Fiesling Aemilius Nero den Garaus zu machen, doch kam ihm der Germanicer zuvor. Bala lauschte dessen Worten und betrachtete die Gesichter der ihn umgebenden Männer. Vor allem sein Praefect schien mit jeder Faser an diesem Mann zu hängen. Sinnlos ihn für die Praetorianer zu rekrutieren.


    Insgeheim war er neidisch auf Varro, dieser Kerl hatte Potential,…jedoch konnte dieses Potential auch gefährlich werden. Bala schätzte ihn als absolut gradlinig ein, für politische Ränke oder notwendige Vorgehensweisen jenseits der Moral würde man ihn nicht gewinnen können.


    Bala sah ein, daß der natürliche Lebensraum dieses Mannes seine Einheit war, um sich von ihr zu trennen musste es einen triftigen Grund geben. Vielleicht gab es den,…in ferner Zukunft. Doch nun musste die Gegenwart gestaltet werden.


    Wir brechen auf! Rief er, Legt die Toten auf das Fuhrwerk, sammelt die Pferde…


    Er nickte den beiden Offizieren der Ala zu, Auf nach Mogontiacum,…

  • Varro salutierte vor Caesar und machte sich auf seine Männer zu instruieren. Ocella hatte bereits die Pferde holen und die gefallenen Brüder auf ihre Pferde binden lassen. Es waren 40 Meilen bis Mogontiacum, gegen Abend würden sie dort sein. Das war dem langsamen Tempo geschuldet.


    Er legte seine Stirn an die Stirn seines Pferdes und bete zu den Göttern. Er dankte für den Erhalt seines Lebens und das seines Pferdes, bat um sicheres Geleit nach Mogo und ein herzliches Willkommen der Gefallenen im Elysium. Glück empfand er nicht, eher Zufriedenheit aber auch Trauer und ein wenig Zorn. Die übliche Melange seiner Gemütsverfassung also. Er klopfte seinem Pferd zweimal auf den Hals und schwang sich in den Sattel. Nach einem kurzen Einrichten, er hatte Verletzungen an den Beinen erlitten, sah er nach hinten. Man hatte zwei Pferde vor das Fuhrwerk gespannt,…wohl von gefallenen Praetorianern. Alle übrigen bis auf einen saßen auf Pferden. Dieser Praetorianer trat vor Caesar und zeigte ihm einen in ein unauffälliges Tuch eingewickelten Gegenstand. Caesar nickte und der Praetorianer begab sich auch zu seinem Pferd.


    Die Turma II der Ala blieb zurück um die Nachhut zu bilden. Dann ging es los. Varro ritt neben seinem Praefectus an die Spitze des Zuge und verharrte dort bis Marschbereitschaft gestellt war. Ihm folgte die Turma I mit ihren Gefallenen, Calenus und die Seinen, deren Missio hier an diesem Ort gescheitert war, es folgte die Turma III, die mit dem Praefectus in einem Gewaltritt hierher kam um nur noch die Toten wegzuräumen, dann die Praetorianer mit dem Fuhrwerk.


    Caesar erkannte er nicht unter den Praetorianern, das war sicher gewollt und gut so. Nicht auszumalen was geschehen wäre wenn man ihn statt Calenus hätte entführen können.


    Er atmete tief ein, denn die Luft war wieder klar und rein. Führte ihre Opfer in die Vergangenheit. Schaffte tabula rasa. Langsam realisierte sein Körper was geschehen war und schmerzte an vielen Stellen. Ein Blick auf Ocella, der ihn seltsam schief angrinste, ein gegenseitiges Nicken, dann erhob sich sein rechter Arm wie von Selbst und gab das Signal zum Abrücken. Erst viel später kam ihn in den Sinn, daß das eigentlich die Aufgabe des Praefectus gewesen wäre.

  • Was für eine Sauerei. Dieses Barbarenpack kämpfte wie irre. Zum ersten Mal seit langer Zeit geriet Ocella an seine Grenzen, geriet in Gefahr und überlebte nur dank seiner Kameraden. Was war denn nur mit ihm los? Varro kämpfte wie eh und je. Unaufgeregt, treffsicher und gnadenlos. Er selbst hatte hingegen seine liebe Not seinen Fluß zu finden. Das lag wohl am Chaos, an der unkoordinierten Gesamtlage. Es dauerte eine Weile bis er zu sich fand, bis sich die Barbarenhaufen lichteten.

    Die letzten Schläge die er ausführte waren eher lustlos, was auch an einer Verletzung an seiner Seite lag. Sehr zum Leidwesen seiner Gegner, die qualvoll verreckten anstatt schnell zu sterben. Als der Siegesruf erschallte zog er seine Spatha aus dem Gesicht seines Gegners, sank kurz auf ein Knie und atmete auf die Spatha gestützt tief ein. Kurz darauf spuckte er angewidert aus, denn die Luft stand vor Blut und Scheiße.

    Mühsam rappelte er sich auf, tastete an seine Seite und zog eine blutig verschmierte Hand hervor. Er verzog das Gesicht...und beschloß nicht daran herumzufummeln, das sollte ein Medicus machen. Er stieg über seinen zuckenden letzten Gegner hinweg und machte sich daran verletzte Barbaren zu stechen.

    Es dauerte eine gewisse Weile bis sie ihre Gefallenen gefunden und zusammengelegt hatten. Gernot, Wulfgar, Titus und Felix hatte es erwischt, alle Anderen waren mehr oder weniger unverletzt und guter Dinge. Das erfüllte Ocella mit Freude und Stolz, denn für die Gefallenen war es ein Privileg im Kampf gefallen zu sein.

    Nach dem Aufräumen hieß es aufsitzen, was ihm leidlich gelang. Als er im Sattel saß sah er auf sein linkes Bein. Dunkles Blut sammelte sich dort aus seiner nassen Tunica.

    Er erwiederte Varro´s Grinsen, doch beschlich ihn langsam das Gefühl es nicht bis zu Hause zu schaffen. Der Schmerz wich einer Taubheit und in seinem Kopf begann ein dumpfes Dröhnen.

    Sein Pferd ging von selbst los als sie anritten, mit etwas Mühe hielt er sich im Sattel...

  • Der Adler war gesichert, Caesar wohlauf, wenngleich sie Männer verloren hatten waren sie auf einem guten Weg ihre Missio abzuschließen,...zumindest den ersten Teil. Furius ritt mit durchgedrücktem Rücken neben Caesar und fragte sich wieviele der Barbaren eigentlich auf sein Konto ginge, so richtig,...Aug´in Aug´?

    Mit einem guturalem Grunzen stellte er fest, daß es ein Einziger war, der sich tatsächlich mit ihm gemessen hatte. Ansonsten war es nur ein Hieben und Stechen gewesen, rundum, oben und unten. Was soll´s dachte er bei sich, es hat sicher niemand gezählt. Er war ein stolzer Garde Decurio mit vielen Narben und grimmigem Blick. Wenn er musste konnte er es ja.

    Wurmen tat es ihn schon.

  • Ihm bekannte Stimmen hatte Tisander, trotzt des Kampfgeschrei, was den Göttern sei dank, jetzt dem Siegesruf gewichen war, herausgehört. Noch nie hatte er sich so gefreut einen Decurio so dicht vor seiner Nase zu sehen. Dankbar nahm er die Hilfe an und stellte sich hin, sein Gewicht auf den linken Fuß lagernd. Dessen Frage beantwortend begann er: „Decurio du erinnerst dich an die beiden Tagen, an denen uns der Nebel in den Bergen überraschte? Ich war der letzte in unserer Gruppe, war abgestiegen um meinen Rappen zu führen, stolperte, rutschte ein Stück den Hang ab, schlug mir den Kopf an und blieb liegen. Als ich zu mir kam lag ich am Feuer eines Bergmenschen. Ich hatte euch verloren und wusste euch nicht zu erreichen. Hinterherreiten ging auch nicht mein rechter Fuß war zu stark verletzt. Der Bergmensch versorgte mich mit Kräuterumschlägen und Verbänden. Ob die Behandlung falsch war oder die Verletzung damit nicht zu heilen weiß ich nicht. Es dauerte einige Zeit bis ich den Fuß wieder belasten konnte. Durch Zufall ritt ich hinter euch her.“

    Das er ihnen schon einige Zeit Abstand haltend gefolgt war erzählte er nicht. „Ja und jetzt hat auch noch einer der Barbaren mit einer Keule meinen Arm unbrauchbar geschlagen.“

    Jetzt sah Tisander den Blick des Decurio zu dem toten Subpraefectus und hielt betrübt inne. Eines der Opfer des Tages.

  • Der fordernde Griff an der Schulter des Tiros verwandelte sich in einen kameradschaftlichen Schulterdruck, ehe Calenus die Hand fort zog, eine nonverbale Information, dass keine Konsequenzen ob der unverschuldeten Abwesenheit zu befürchten waren. Konsequenzen würde es nur für den Decurio geben, der es geschafft hatte, ein Mitglied seiner Truppe zu verlieren, ohne dass es jemand merkte und folglich ohne, dass jemand nach diesem suchte. Nach dieser Serie von Fiaskos würde man ihn vermutlich degradieren, dabei vor dem Prätorium am Pranger anketten und ihm den Soldatengürtel wegnehmen. Aber selbst diese Aussicht stimmte den sonst so ehrgeizigen Calenus heute gleichgültig.


    Wenig später ritten sie in Formation den Rest der Wegstrecke. Die Toten, die auf das Konto seines Versagens gingen, machten ihm zu schaffen. Calenus war nass und schmutzig, fror und sein Knie plagte ihn mit stechenden Schmerzen. Der edle weiße Hengst war tot, er saß auf einem der zahllosen namenlosen Braunen. Seine Haltung wirkte nicht mehr aufrecht, sondern steif, denn es war noch nicht die Zeit zum Ausruhen. Er musste den traurigen Rest seiner Truppe nach Hause führen.

  • Fango durchlebte ein Gefühlschaos, wie es wohl nur ein gebürtiger Iunier vermochte: Zeitgleich wollte er die verbliebenen Barbaren totschlagen, mit Tisander ihr Überleben feiern, seine Trauer um die Toten in den grauen Himmel hinauf schreien und seinen momentanen Decurio Equitius Calenus aufmuntern, bei dessen zermürbtem Anblick Fango vor Mitleid schier zerfloss. All das riss gleichzeitig an ihm, sodass er sogar Herzschmerzen bekam. Nacheinander musste er es abarbeiten, so würde er die Gefühle in den Griff bekommen. Alles in Ruhe und nacheinander. Erst die Barbaren. Er wollte Klarheit und trabte mit seinem kleinen Schecken vor zu den Offizieren.


    Da vorn fiel ihm der Zustand von Matinius Ocella auf. Fango war ein aufmerksamer Beobachter, wenn es um seine Mitmenschen ging und ihm schien, sein Ausbilder war nicht ganz beisammen. So suchte er sich ihn aus, um seine Frage zu stellen.


    "Vexillarius Matinius Ocella, ich habe eine Frage. Was geschieht mit den überlebenden Barbaren?"


    Das hatte er nicht so ganz mitbekommen, vielleicht waren sie weiter hinten im Tross, vielleicht hatte man sie - was er schrecklich fände - wieder laufen gelassen. Ihm fiel auf, dass der Regen es nicht schaffte, das Blut aus der Tunika des Vexillarius zu spülen. Das war kein Feindesblut. Erschrocken hob Fango wieder den Blick.


    "Du brauchst einen Medicus!"

  • Ocella´s Zustand war in etwa vergleichbar mit einer extrem durchzechten Nacht, er nahm alles wie durch einen Schleier wahr, dumpf und stumpf drangen Geräusche zu ihm. Er hatte Durst. Immer wieder tauchten vor seinem Gesichtsfeld helle Flecken auf und wischten an ihm vorbei. Er wurde müde, alles in ihm schrie nach einem Bett oder einer Stelle wo er einfach nur liegen konnte. Seine eiserne Disziplin ließ ihn im Sattel bleiben und die Tatsache, daß sie alle ein wenig in sich gekehrt und mit sich selbst beschäftigt warenließ sein Lebenslicht langsam unbemerkt verlöschen. Neben ihm tauchte ein Reiter auf und schrie flüsternd auf ihn ein. Ocella wandte sich der Stimme zu,...war es die Stimme von Varro? Nein,...es war die Stimme seiner Mutter, ganz sicher! Aber was machte seine Mutter den hier bei der Arbeit? War etwas mit Sabo?

    Ocellas Augen waren rötlich verquollen. Seine recht Hand hielt eines der Sattelhörnchen, während seine linke die juckend, brennende Stelle an seinem Bauch hielt.

    Mutter,...was,...was...? Ein Blitz fuhr ihm ins Gesicht, instintiv riss er seine Hände hoch, was...?

    Ocella verlor durch die ruckartige Bewegung in seinem blutverschmierten Sattel den Halt und fiel seitlich herunter. Sein Pferd blieb augenblicklich stehen. Die Kolonne braucht unwesentlich länger, doch die Hufe des nachfolgenden Pferdes verfehlten ihn, was nicht zuletzt der Marschordnung geschuldet war. Irgendein alter Startege hatte die zwei Pferdelängen Abstand nach einem Gefecht wohl aus praktischer Erfahrung eingeführt.

    Ocella fühlt sich wie auf der Außenseite in einem Strudel, Hände halfen ihm, doch er kam nicht auf die Beine, er sah verschwommene Gesichter, Varro,...das war Varro. Ocella weinte, es tat ihm leid, daß er in diesem Zustand war, gelobte Besserung. Er wollte zurück auf sein Pferd, doch er konnte nicht gehen, geschweige denn stehen. Sie schafften ihn an die Strassenseite, legten ihn auf seinen Mantel. Jemand entfernte seine Hamata, schnitt seine Tunika an der Seite auf. Er bekam das zischende Geräusch nicht mit, als die Umstehenden sich abwandten angesichts seiner Verletzung. Eine Hand strich ihm die schweißnasse Stirn, eine andere Hand hielt die seine. Varro?!...Varro?...ich...ich muss zu Sabo,...Mutter,...Mutter war hier... Er stand auf. Fühlte sich leicht und unbeschwert. Unter einem ordentlichen Furz drückte er sein Kreuz durch und spuckte auf den Boden. Sein Blick fiel auf die Gruppe die da am Boden vor einem Kerl knieten oder standen.

    Was machten die denn für Gesichter? Wulfgar, Thorwald, Harald, was denn... heulen die? Dann der kleine Fango,...und Varro. Was? Wessen Hand hielt Varro da? ...und da,...der Praefectus Terentius ...der eitle Pfau Calenus...neugierig schob er sich vor um zu sehen wer da lag. Uff,...durchfuhr es ihn. Zugleich mit der Erkenntnis durchflutete ihn ein irrsinniger Schmerz der ihn niederstürzen ließ. Aauuuuu,...verdammt, wer puhlt mir denn da ...lass das du Sack, sonst tret ich dir...ooooaaaou...

    Alles tat weh,...alles. Ocella atmete vorsichtig und ließ zu, daß man ihn verband und auf die Beine half. Mit zusammengekniffener Miene sah er in erleichterte Gesichter.

    Was?...noch nie vom Pferd gefallen?...Marschordnung herstellen...auf auuuuuu...ffff. Da gab heute erstmal nichts mit reiten. Sie hievten ihn auf das Fuhrwerk mit den Gefallenen. Er lehnte mit dem Rücken gegen einen mit seinem roten Mantel bedeckten Körper, liebevoll tätschelte er die Stelle wo er die Schultern vermutete. Gute Reise mein Bruder,...ich komme heute noch nicht mit.

    Kurz darauf verfluchte er innerlich die Strassenbauer, weil einfach jeder Stein seinem Gedärm seine Position meldete. Brachte das eigentlich Unglück,...mit all den toten Brüdern? Ach, Scheiß auf Unglück! Wenn er das überleben würde, dann...Ocella schlief ein und besorgte Gesichter wandelten sich in feixende Mienen. Ocellas Schnarchen übertönte sogar die Marschgeräusche.

  • Der aufwühlende Zwischenfall mit Ocella machte Varro fertig. Er führte ihm die Endlichkeit allen Selbstverständlichem vor Augen. Wenn es Ocella, den eisernen Ocella schon fast ins Elysium riss, was wartete denn auf ihn? Ocella´s Schnarchen riss ihn aus den düsteren Gedanken und er musste grinsen. Er war dankbar diesen Mann, seinen Freund und Bruder nicht verloren zu haben. Er hoffte, daß er sich im Valetudinarium erholen würde, wenngleich seine Wunde übel war. Der Medicus musste Gedärm in den Leib zurück schieben und die Wunde provisorisch vernähen. Im Grunde war es ein Wunder daß Ocella noch bei ihnen war.

    Hinten stimmte jemand ein Lied an, das vom tapferen Miles der dem Feind bekämpft um seine Legion und seine Eltern zu ehren und zu schützen. Bald gaben sie auch ein Spottlied über die hiesigen Barbaren zum Besten. Die Stimmung besserte sich je näher sie Mogontiacum kamen.

  • "Was gibt es da zu feixen, du Arschloch?! Hier liegen unsere Toten und der Mann der dich ausgebildet hat! Hau bloß ab! Verpiss dich!"


    Fango versuchte, seinen Schecken zwischen den Wagen und die lachenden Kameraden zu drängen und er war drauf und dran, grob zu werden. Ihm war es egal, welche vermurksten Gefühle sie dazu brachten, so zu reagieren und ob er nur ein Tiro war und sie irgendwas Besseres. Alles hatte seine Grenzen und dass jemand lachte, während Ocella im Sterben lag und sie vor einem Wagen voller Gefallener standen, war inakzeptabel. Die waren doch alle irre und krank im Kopf!


    Nachdem sich alles wieder verteilt hatte, blieb Fango bei dem Wagen. Sein Mantel fand den Weg über Ocella. Es war bitterkalt, wenn man nass war und sich nicht bewegte. Er ritt allein neben der Stelle, wo Ocella lag und heulte leise vor sich hin, was im Regen niemand sah und auch niemand sehen sollte.


    Falls Ocella aufwachte und etwas sagte, musste jemand es hören.

    Falls Ocella starb, sollte er nicht allein sein.


    Als Mogontiacum in Sicht kam, wusch Fango sich das eiskalte Gesicht im Regen sauber. Seine Schildhand war blutig und taub also nahm er die andere. Bei den Liedern sang er nicht mehr mit. Die Trauer wich dem Gefühl einer dumpfen Leere, einer Machtlosigkeit, die in der ewigen Aufgabe resultierte, zu ertragen und dabei eine möglichst respektable Figur zu machen. Vermutlich war es das, was auch in Calenus umging, sie beide zogen ähnliche Gesichter, denen man nichts ansah und die doch alles sagten.

  • Vor Mogonaticum ließ Bala halten und verabschiedete sich von den Equites der Ala. Er kündigte jedoch an, sie bald aufzusuchen um sich ein Bild der Lage in dieser Provinz zu machen, denn wer sollte davon mehr wissen als die Männer der berittenen Patrouillen.

    Der Abschied war ein wenig steifer als beabsichtigt, denn im Gegensatz zur Garde hatten die Equites ein deutlich ehrfürchtigeres Verhältnis zu seiner Person. Trotzdem schafften sie es, auch die Verletzten ihn mit einem Salut zu verabschieden.

    Bala warf einen letzten Blick auf die Gefallenen, dankte ihnen für ihr Opfer und ritt dann davon in Richtung Stadttor.

    Er drückte sich im Sattel durch, ließ den Kopf im Nacken kreisen. Die Reise und vor allem das Gefecht hatte ihn ausgelaugt. Sein Körper schrie nach einem Bad, einer Massage und einem sauberen Bett. Die Kratzer und leichten Schnittverletzungen würden kaum Narben hinterlassen. Das ärgerte ihn , denn das wurde dem Kampf nicht gerecht.

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