Besichtigung durch den Vigintivir

  • Zufällig kam Stilo gerade aus dem Carcer und traf seinen Bruder in Begleitung vor der Tür. Einfach hineingehen konnten die beiden nicht, da dieser Trakt scharf bewacht wurde. Er musste grinsen, als er seinen aufgetakelten Bruder sah, der etwas fehl am Platz wirkte. Aber die Vigintivir liefen nun mal in Toga herum, auch in der Castra Praetoria.


    "Salve, Vigintivir und Cornicularius." Der Gruß fiel ein wenig laxer aus als üblich, da hier Familie vor ihm stand. "Wie kann ich euch helfen?"

  • "Salve Optio Seius Stilo, Du kommst wie gerufen. Dein Bruder benötigt im Wege der Amtshilfe eine Führung durch den Carcer. Sein Auftrag kommt von höchster Stelle, dem Kaiser höchstpersönlich. Es wäre freundlich, wenn Du uns durch den Carcer führen könntest, damit er eine Bestandsaufnahme fertigen kann, bezüglich der baulichen und auch sonstigen Begebenheiten", bat Lurco freundlich.

  • "Das ist sicher kein Problem. Moment." Stilo verschwand kurz, um Rücksprache mit dem Optio carceris zu halten. Wenig später kehrte er zurück. "Jau. Danke einstweilen, Cornicularius." Damit war der arme Lurco herausgeworfen. Ohne triftigen Grund hatte niemand zum Militärgefängnis der Prätorianer Zutritt. "Wir müssen mal eine Cervisia miteinander zischen", raunte Stilo dem Urbaner zum Abschied noch leise zu, ehe er sich seinem noblen Bruder zuwandte.


    "Vigintivir, darf ich bitten." Es war merkwürdig, den eigenen Bruder so anzusprechen und Stilo musste sich arg zusammennehmen, ob dieses Umstands nicht zu fröhlich zu wirken. Er gab den Weg vor und zeigte Ravilla alles, was es hier an interessanten Dingen zu sehen gab. So weit möglich, beantwortete er ihm auch Fragen, musste jedoch den Umständen dieser Örtlichkeit entsprechend Zurückhaltung walten lassen.

  • "Zu Cervisia sage ich nicht nein, dann bis später wir sehen uns Stilo. Vigintivir Seius auf bald", erklärte Lurco und wartete draußen. Einerseits war er schon neugierig, was Ravi alles inspizieren würde. Auf der anderen Seite durfte er verständlicherweise in diesem Carcer nicht einfach ein und ausgehen. Vielleicht würde Ravi nachher etwas erzählen. Lurco machte sich langsam auf dem Rückweg zu seinem Officium. Falls Ravi noch einmal seiner Hilfe bedurfte, wusste er so direkt, wo er ihn finden würde.

  • Sisenna Iunius Scato

    Hat den Titel des Themas von „Carcer - Cohortes Praetoriae“ zu „Besichtigung durch den Vigintivir“ geändert.
  • "Optio, es ist mir eine Freude", ließ Ravilla den freundlichen Gruß an seinen älteren Halbbruder verlauten. "Ich darf zur Versetzung zur Garde gratulieren. Offen gestanden halte ich dich für geradezu prädestiniert, diese Position auszufüllen. Und damit spiele ich keineswegs auf unseren berühmten Vorfahren an, sondern auf deine Fähigkeiten. Wärest du nicht bereits hier, hätte ich zu gegebener Zeit versucht, deine Versetzung nach Rom zu bewirken. Eine Familie sollte nicht über das Imperium verstreut sein, nicht wahr?"


    Nachdem Cornicularius Purgitius Abschied genommen hatte, widmete Ravilla sich der Inspektion dieser Räumlichkeiten. Einige Fragen stellte er Stilo, wobei Ravilla auch erfuhr, dass die Zellen, in welchen die Christianer einsaßen, sehr wohl noch in Benutzung waren und keineswegs mit jenen der Cohortes Urbanae zusammengelegt worden waren.


    Der Zustand der Insassen selbst war als passabel zu bezeichnen, sprich, sie lebten und erfreuten sich ausreichender Gesundheit, um nicht vor der Zeit ihren Weg zu den Göttern anzutreten und so der Rechtssprechung zu entrinnen.


    Besser war der Zustand der Zellen. Zwar waren sie seit Jahren nicht renoviert worden, doch in Rom baute man für die Ewigkeit. Das Ausbleiben von Verbesserungsarbeiten hatte nicht zu einer Verschlechterung der Bausubstanz geführt und es gab keinerlei Sicherheitsmängel zu beanstanden.

  • "Nah, kein Vergleich mit großen Namen. Ich weiß, du liebst den Verweis auf dein edles Blut, aber ich persönlich schätze es, wenn die Erwartungshaltung nicht zu hoch geschraubt wird und ich meine Ruhe habe."


    Die Runde durch den Carcer war schnell erledigt. Bei den Prätorianern funktionierte so weit alles und der Vigintivir fand bestenfalls Kleinigkeiten zu beanstanden. Vor dem Abschied hatte Stilo noch eine Frage.


    "Wie sieht es eigentlich aus mit deinem Anaxis mit der Sauklaue. Hat er inzwischen gelernt, lesbar zu schreiben, oder soll man ihm die Hände abhacken?"


    Letzteres war natürlich ein Scherz. Anaxis war als Sohn eines besiegten Feindes eine Trophäe, die nicht mit Geld aufgewogen werden konnte. Allerdings war er als hausgeborener Sklave sanftmütiger und fähiger als sein Vater, den der alte Seius Victor mit sich herumschleppte.

  • Während der Blick des Sklaven unverändert hochmütig blieb, zeigte sein Herr ein seichtes Lächeln ob des rauen Scherzes. "Bislang hat sich niemand gefunden, der mit meinen gehobenen Ansprüchen harmoniert, Optio.1 Freilich hoffe ich, dass sich dieser Umstand bald zum Besseren wandelt. Ich weiß nicht, wie oft man sich bei mir beklagte ob der schwer leserlichen Dokumente, doch die Dinge laufen nun einmal nicht immer so, wie der Mensch sie sich wünscht. Nun denn, die Pflicht ruft. Ich bedanke mich für deine Zeit und wünsche dir noch einen angenehmen Tag. Vale bene."


    Der Abschied von seinem älteren Halbbruder fiel etwas kühler aus, als unter Geschwistern gemeinhin üblich war, doch nicht ohne Zuneigung, ehe Ravillas Schritte ihn aus der Castra trugen.


    Sim-Off:

    1Der ehrenwerte Iunius Caepio hat chronologisch erst nach der Inspektion dieser beiden Carcer bei mir vorgesprochen. :)

  • "Vale bene, Vigintivir." Stilo schaute Ravilla kurz nach. Da ging er, der kleine Bruder, in Toga und den Sklaven mit dem Schreibzeug gleich einem Schatten hinter sich her streifend. Vermutlich begab er sich nun zur wartenden Sänfte, denn ein Mann in Amt und Würden reiste eher selten zu Fuß, zumindest, wenn er Ravilla hieß. Der hatte nicht einmal irgendwelcher Ämter und Würden bedurft, um seine edlen Sohlen in Roma ausschließlich hoch über dem unwürdigen Grund tragen zu lassen, gebettet auf Seidenkissen.


    Schmunzelnd wandte Stilo sich ab und begab sich zu seinen Soldaten.

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