[Hortus] Die Ala zu Gast in der Domus Iunia

  • <-- RE: Die Porta (Jeder Gast hat sich hier anzumelden!)


    Die Pferde waren inzwischen draußen angebunden worden, so dass die Sklaven die Hände frei hatten. Terpander schaute an Scato und Sabaco vorbei in die Domus Iunia. Hinter der geöffneten Tür wehte der Sommerwind trockenes Laub über den Steinboden. Das Anwesen roch nach alter Luft und Staub, hier hausten nur die Spinnen. Auch Terpander hätte diese Tür schadlos öffnen können. Diese Kunst erinnerte ihn an seine Jugend, als das Einbrechen Teil der Agoge gewesen war.


    Er wartete, bis die Römer in der Porta ausreichend Platz ließen, um sich berührungsfrei an ihnen ins Innere vorbei zu schieben. Länger zu warten, wäre nicht zielführend, er hatte zu tun. In Gegenwart des Decurios würde er alles dafür tun, einen guten Eindruck zu erwecken, denn der Kontakt zu dem Mann würde Scato nützen.


    Er schaute sich im Inneren zuerst nach Sitzgelegenheiten um. Zwei staubige Bänke erschienen geeignet. Er arrangierte sie, fegte sie mit einem Handbesen notdürftig sauber, stellte noch ein Tischlein dazu und wies Unauris an, Getränke darauf zu stellen. Während er das Abladen des Gepäcks organisierte, sollten die Römer ihm nicht im Weg herumstehen. Ihnen einen einladenden Tisch anzubieten, war Terpanders Art, ihnen das zu kommuniziereren.

  • Eigentlich wollte er sich nicht setzen. Nicht mal eintreten in das Haus von Stilos Neffen. Er war im Dienst, hatte zu tun. Was dachte der sich, ihn einzuladen. Die Operation Sommergewitter musste voranschreiten, die Suche nach Ocella durfte niemals enden, niemals ins Stocken geraten. Es ging um alles, es ging um das Leben seines kleinen Bruders. Jedes Zögern erhöhte die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns. Ungeduldig drehte er sich herum, blickte den Weg hinab. Alwin band die Pferde an.


    Vielleicht nur einen kurzen Augenblick der Rast, die er dann in der Castra von seiner regulären Pause abzog ...


    Sabaco trat in die Domus Iunia ein, die Daumen unter den Gürtel gehakt, ein wenig hilflos auf die Sitzgruppe im Garten schauend, dann setzte er sich endlich. Lehnte sich mit schmerzvollem Stöhnen zurück, registrierte, wie seine überanstrengten Muskeln es ihm dankten, sein im Sattel plattgesessener Hintern und sein verdammter Rücken. Sabaco spürte, dass er dringend eine längere Pause bräuchte, einen Urlaub. Doch er würde weder rasten noch ruhen, bis sein kleiner Bruder endlich wieder bei ihm zu Hause sein würde, oder Sabacos Knochen neben denen von Ocella bleichten. Eine dritte Option gab es nicht.


    Müde blickte er Scato an, dieses hibbelige und launische Persönchen, das so gar nicht wie ein Prätorianer wirkte. Scato wirkte guter Dinge, ganz im Gegensatz zu Sabaco. Der griff nach einem Glas, leerte es und knallte es zurück auf die Tischplatte, seine Erschöpfung überspielend. "Du bist Leiter des Lazaretts. Es werden bald zahlreiche Verwundete anfallen", grollte Sabaco in die Stille hinein.


    Auch Alwin nahm neben ihm platz. Die geflochtene Bank bog sich beträchtlich unter den beiden vollgerüsteten Reitern, knackte jedoch nicht. Zisimos versuchte inzwischen, den silberbärtigen Sklaven für ein Gespräch unter vier Augen abzufangen.

  • "Ja, über die Operation Sommergewitter bin ich informiert."


    Scato setzte sich dem Decurio schräg gegenüber, der unruhig wirkte, getrieben. Etwas jagte Sabaco und verhinderte, dass er innerlich zur Ruhe kam, obwohl sein Körper saß. Die Antwort, die Scato ihm geben würde, wäre wohl auch nicht dazu geeignet, sein Gemüt zu beruhigen. Scato stellte den Ellbogen auf die Rückenlehne der Bank und stützte das Kinn hinein, während er Sabaco nachdenklich betrachtete.


    "Jedoch muss ich deinen Enthusiasmus dämpfen. Wir sind nicht zur Verstärkung der Ala angefordert worden, sondern um den Caesar zu schützen, der momentan in der Provinz weilt. Aufgrund der gefährlichen Lage hat er zwei weitere Turmae zu seiner Sicherheit nach Germania beordert, und hier sind wir. Falls eine Unterstützung der Ala vorgesehen ist - wovon ich nichts weiß - wird es sich vermutlich vor allem um logistische Unterstützung handeln."

  • "Kümmere dich um die Pferde", befahl er Alwin. Als sie unter sich waren, beugte Sabaco sich vor. "Sie haben die Turma Prima", sagte er leise, aber sehr deutlich. "Die gesamte verdammte Turma Prima, samt dem hochdotierten Subpraefekten Germanicus Varro! Und", nur mit Mühe behielt er die ruhige Tonlage bei, "mit dem Vexi...llarius ... sie haben meinen kleinen Bruder."


    Ruckartig stand Sabaco auf und ging ein paar Schritte. Fast hätte er dabei die Bank umgerissen. Nicht nach Norden sehen, nicht die Erinnerungen an Ocellas Gesicht zulassen. Handeln, er musste handeln. Er stapfte zurück an den Tisch und setzte sich wieder.


    "Ich weiß, dass du Optio bist, dass deine Möglichkeiten begrenzt sind. Aber wenn da irgendwer ist ... dem du ins Gewissen reden kannst ... sie können mich nicht alle im Stich lassen!


    Die Legio - schweigt!

    Die Prätorianer - anderweitig beschäftigt.

    Die Ala - stirbt.


    Bei wem muss ich vorsprechen, in wessen Taschen Geld fließen lassen, wessen Kopf von den Schultern reißen, damit irgendwer sich bemüßigt fühlt, uns hier draußen zu helfen?!"

  • "Das schmerzt mich zu hören. Ich werde sehen, was ich tun kann."


    Was für nichtssagende Worte. Kaum waren sie über seine Zunge gestolpert, bereute er sie wegen ihrer Plumpheit. Kaltherzig klangen sie, als wäre ihm das alles egal, während Sabaco ihm gerade sein Herz ausgeschüttet hatte. Toller Arzt. Es musste doch etwas anderes geben als diese Nichtigkeiten, etwas Substanzvolleres, mehr an Unterstützung und Trost, irgendetwas! Doch viel Spielraum war da nicht. Auf den Wunsch eines Neulings würde keiner der Prätorianer-Offiziere etwas geben. Wenngleich Scato, realistisch betrachtet, nichts für Sabaco tun konnte, brachte er es nicht übers Herz, ihm das ins Gesicht zu sagen. Stattdessen warf er ihm einen Strohhalm hin, einen Funken Hoffnung, wo es kaum welche gab:


    "Der Name, nach dem du suchst, lautet Galeo Seius Ravilla. Das ist mein Onkel. Während der letzten Amtsperiode war er Tresvir capitales in Rom. Falls er seinen Weg so fortsetzt, wie er es plante, wird er bald das Militärtribunat antreten. Ich kann keine Garantie geben, dass es wirklich so kommen wird, aber wähernd der üblichen Familiengespräche im Garten der Casa Leonis meinte er, sich für Germania bewerben zu wollen. Sofern sich alles so ergeben wird, kannst du ihm bald einen schönen Gruß von mir ausrichten. Im Gegensatz zu mir mag er dir eine Hilfe sein."


    Scato betrachtete Sabaco nachdenklich. "Wobei, der Onkel müsste dich doch sogar kennen?! Über Stilo?"

  • Sabaco ließ ein unverschämt lautes Stöhnen vernehmen. "Ravilla. Ja, er kennt mich von einem eurer Familientreffen in Mantua. Und er verabscheut mich. Dein Onkel ist ein Schnösel, ein feiner Pinkel. Er wird mir bei der Operation Sommergewitter keine Hilfe sein. Es ist aussichtslos."


    Die Frustration in seiner Stimme war nicht zu überhören. Er schnaubte und schnuffelte eine Weile vor sich her. Es klang, als würde er mit sich selbst tuscheln, doch das tat er nicht. Er schnuffelte nur. Sein Stress suchte sich ein Ventil in Form dieser unsinnigen Marotte, seit Sabaco kaum noch trank und nicht mehr hurte. Er merkte, wie es ihm von Tag zu Tag schwerer fiel, seine Selbstbeherrschung zu wahren, denn bei aller Selbstzerstörung waren diese Dinge auch Stabilisatoren gewesen in seiner auseinanderbrechenden Welt.


    "Trotzdem danke ... du hast es gut gemeint. Du kannst ja am Ende nichts für diese ... diese Katastrophe. Ich verlange Unmögliches von dir, von mir, von der Ala. Ich wollte deine Familie nicht beleidigen."

  • Scato winkte ab. Dass Onkel Ravilla eigenwillig auftrat, war ein Fakt. "Mach dir keinen Kopf, ich bin nicht aus Watte. Ich sehe durchaus ein, dass Ravilla nicht wie der Mann wirkt, der geeignet scheint, dich in vorderster Front zu unterstützen. Aber er ist Rhetoriker und möchte Politiker werden. Wer weiß, was er mit seinem Wort zu bewirken mag, das dir am Ende doch hilft? Ich glaube nicht, dass persönliche Animositäten ihn davon abhalten, sich als Tribun zu bewähren. Wenn er es vermag, wird er dir helfen. Zumindest empfehle ich dir, einen Versuch zu wagen."


    Ein wenig spielte Scato mit seinem Becher Wasser. Ihm tat Sabaco leid in seinem Schmerz. Er würde ihn gern ablenken, doch mit privaten Unternehmungen - Tavernenbesuche oder Theater - würde das nichts werden. Dazu war Sabaco zu sehr in seinem Auftrag verhaftet. Zudem würden sie beide wenig Zeit für ein Privatleben haben, wenn die Operation Sommergewitter erst einmal richtig losbrach. "Sobald ich näheres weiß, was die Rolle meiner Einheit betrifft, würde ich mich gern noch mal mit dir zwecks Absprache treffen."

  • "Ja, ich habe verstanden. Du hast eine lange Reise hinter dir. Musst dein Gepäck abladen, die Sklaven instruieren. Brauchst dann noch etwas Ruhe." Dinge, die er auch brauchen würde, einen Ort, den er zu Hause nennen könnte, ein Privatleben. Vielleicht später wieder ... wenn alles gut ausgegangen war. Nicht weiter denken. Sabaco erhob sich. "Danke für das Gespräch. Es wird geschehen, wie du es vorgeschlagen hast. Bezüglich Tribun Seius Ravilla und bezüglich der Absprache. Ich gebe dir dann Bescheid."


    Sabaco füllte die Lungen und brüllte markerschütternd nach Zisimos, der sich irgendwo im Gebäude herumdrückte. Während er wartete, musterte er ein letztes Mal Scato, weil er diesem noch etwas Wichtiges sagen musste. "Dein Bruder Fango ist ein guter kleiner Kerl. Völlig falsch bei den Streitkräften, aber ich schleife ihn schon durch. Er wird nicht unter die Räder kommen."


    Damit drehte er sich weg und marschierte in Richtung Ausgang.

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