• Hungaricus machte ein nachdenkliches Gesicht...


    Ich habe von diesem Vorfall gehört. Ich habe aber auch mitbekommen, daß aus einem dahingeworfenen Spruch ein Elefant gemacht wurde. Meines Wissens nach sind von diesem Spruch auch nur die Tiberier betroffen, von den Octaviern war eigentlich keine Rede.


    Nachdem du aber schon subtil meine patria potestas ansprichst... Nun, die ist so gut wie nicht mehr vorhanden. Meine Frau und ich leben in Scheidung, sie ist bereits aus diesem Haus ausgezogen in die Casa Sedulus. Du wirst dich also an sie wenden müssen.


    Doch selbst wenn wir noch immer verheiratet wären, würde ich sicherlich nicht irgendwelche Schritte unternehmen. Ich weiß, daß meine Frau... ähm, meine baldige Ex-Frau sich nur schwer aus der Ruhe bringen lässt, und einen schlechten Tag kann jeder mal haben. Vielleicht gab es auch Gründe für ihre Ärgernis, ich weiß es nicht.


    Tja, wie gesagt, du wirst dich an sie wenden müssen. Wenn ich dir allerdings noch etwas sagen darf: Es war wahrscheinlich nur ein Ausrutscher, ob zur Klärung dafür wirklich eine Klage sein muß oder ein Reinigungsopfer, sei euch überlassen.

  • Ist Sedulus ihr Vormund? Ansonsten mußt leider du mit ihr reden. Und das Opfer wäre wirklich ein Kompromiß. Irgendwie wurde ich mißmutig, weil er die ausgetreckte Hand abschlug und somit die Ehre noch mehr verletzte. Vielleicht war es auch unbewußt, aber er tat es indem er versuchte zu feilschen.

    quidquid agis, prudenter agas et respice finem!

  • Hungaricus atmete hörbar aus...


    Du willst also meinen gutgemeinten Rat nicht annehmen...


    So wie ich meine Frau kenne, wird sie sich weder öffentlich entschuldigen noch etwas zurücknehmen noch sonst irgendetwas. Und ich denke nicht, daß jemand in diesem Imperium sie vom Gegenteil überzeugen könnte, möge dieser Jemand Sedulus, Hungaricus oder von mir aus auch Iulianus heißen.


    Wenn gemäß der patria potestas ich für das Handeln meiner Frau verantwortlich bin, werde ich auch die Konsequenzen tragen. Und zwar jegliche.

  • Ich schaute ihn an. Es ehrt Dich, wenn Du Dich stellst. Aber glaube mir, wollen tut es keiner. Sei einfach ein Mann und zeig ihr, zu wem sie gehört. Sie ist eine Frau! Lohnt es sich deswegen seinen Ruf aufs Spiel zu setzen?

    quidquid agis, prudenter agas et respice finem!

  • Du mißverstehst einiges und zwar gründlich. Sie gehört jetzt niemandem, nur sich selbst. Ja, sie ist eine Frau und was für eine. Danke den Göttern, solltest du einmal so ein Weib dein nennen dürfen. Und welchen Ruf hab ich schon zu verlieren, nachdem die Götter mir meine Frau genommen haben unter solchen Umständen? Mein Ruf ist mir gleich.


    Wenn ihr es nicht wollt, so tut es nicht. Wenn ihr meint, eure Ehre steht auf dem Spiel und ihr könnt nicht anders, so tut, was immer ihr tun müsst.

  • Nun Consul. sagte ich mit ernster Miene. Eine Frau kann nicht frei sein und das wißt ihr. Richtet ihr aus, auch wenn ein anderer ihr Vormund ist, oder wer auch immer, daß sie morgenzur Nachtstunde auf der Rostra zu erscheinen hat, um das Opfer zu zelebrieren. Kommt sie, werden wir die Sache als bereinigt sehen. Kommt sie nicht, werden die larvae sie heimsuchen und sie wird von ihnen besessen sein werden.


    Ich verabschiedete mich und ging in der Hoffnung hinaus, daß er sich für dein einfacheren Weg der Freundschaft zwischen den Familien entschied und seine Frau das Opfer zelebrierte.

  • Ich erhob mich als Hungaricus das Atrium betrat.



    "Sei gegrüßt Praefectus Praetorio!
    In der Tat, ich habe etwas für Dich, Creticus trug mir auf Dir zwei Schriftstücke zu überbringen, zum Einen eine Abschrift des Briefes wie er ihn auch an die Casa Caecilia adressierte, zum Anderen einen Brief an Dich."



    Beides reichte ich Hungaricus hin.



    "Wie es Creticus geht fragst Du, nun, lass mich Dir versichern, dass es ihm gut geht, er ist wohl auf und erfreut sich bester Gesundheit, doch wirst Du die Frage nach dem Warum seines Verbleibens, die Dir augengblicklich auf der Zunge zu brennen scheint, wissen wenn Du die Briefe gelesen hast.
    Das Land in dem er sich aufhält, Rom kennt seinen Namen nicht, es liegt fern der Grenzen die ein Römer jemals sah, ob er einst den Weg hierher zurückfinden wird, frage mich nicht, darauf habe ich keine Antwort.
    Doch war es ihm ein Anliegen mich als seinen Boten zu schicken."



    Hungaricus begann den ersten Brief zu lesen...



    Salve mein Freund!


    Ich hoffe, dass ich Dich auch jetzt noch als solchen wähnen darf!
    Viel Trubel mag mein Verschwinden ausgelöst haben, doch liest Du die Abschrift des zweiten Briefes den ich schrieb, so wirst Du, wie so manch anderer, so hoffe ich verstehn.
    Ich trage Dir stellvertretend für das blaue Haus eine Bitte vor mir zu verzeihen, zu verzeihen, dass ich Euch im Stich lies, mich meiner Verantwortung entzog, eine Schande, der ich mich stelle.


    Grüße mir alle, die ich lieb gewann, die mir Freunde waren, Lucidus, Curio, Agrippa, Adria, Anton, Sedulus, Iunia, Meridius, Messalina, ... ach ich vergaß bestimmt auf jemanden, waren es doch so viele...


    Die Frage, die Dich wie auch alle andren wohl am meisten brennt, ich kann sie nicht beantworten!
    Doch eines ist gewiß, wir werden uns wieder sehen, entweder in diesem oder im nächsten Leben!


    Vale,
    Creticus



    ...sogleich entrollte er den zweiten Brief




    Brüder, Freunde, geliebte Familie!


    Lange Zeit ist es her als ich Euch das letzte Mal sah, von Angesicht zu Angesicht in Euer Antlitz blickte, Worte mit Euch wechselte, die einmal vor Ausgelassenheit frohlockten und andrerseits ernster Töne bedurften. Lange ist es her, dass ich ein Gespräch mit einem der Euren führte, wie sehr vergnügte mich doch Eure Gesellschaft, vermisse die rauschende Feste die wir verlebten, den Hauch des Lebens, Rom!


    Doch bin ich fern von Euch da ich nun hier diese Zeilen schreibe, kein römisches Rad, kein Segel einer unserer Galeeren hat je dieses Land gesehn in dem ich mich wähne.


    Mit diesem Schreiben will ich Euch keine Hoffnung auf Wiedersehen und Wiederkehr schenken, nein, es soll Euch Gewissheit über meinen Verbleib nahe bringen.
    Doch will ich nicht umhin einige Zeilen zu schreiben weshalb es mich in die Ferne trieb, weshalb ich derart große Schande auf mich lud.
    Die Entscheidung Rom zu verlassen, ich machte sie mir keineswegs leicht!
    Die Liebe die ich zu ihm, ich dachte sie wäre unerschütterbar, unverwüstlich.
    Doch Rom war im Wandel und eines Tages erkannte ich es selbst nicht mehr, es traf mich wie eine Ramme festes Eichenholz durchschlägt, entzog mir den Boden unter meinen Füßen.
    Rom, es war nicht mehr mein Rom, die Gegebenheiten, die Gepflogenheiten, ich wurde ihnen zu tiefst überdrüssig!
    Ich konnte nicht anders, ich musste gehen, ein solches Leben, es hätte mich zerstört.
    Ihr Freunde die Ihr mich liebt, ich weiß Ihr werdet mich verstehn, wenn nicht heute so bestimmt eines fernen Tages.


    So möchte ich an dieser Stelle vor allem meinen geliebten Kaiser um Vergebung bitten, da ich Ihn und das römische Volk so schändlich im Stich gelassen habe, sollte ich eines Tages wiederkehren so will ich mein Schicksal in seine Hände legen und gerechte Strafe entgegennehmen so sie mir Widerfahren soll, verzeih mir mein Imperator.


    Meine Freunde, ihr seit deren zu viele, als dass ich jeden von Euch einzeln aufzählen könnte, ihr wisst wen ich unter Euch meine, ich habe Euch in meinen Gedanken verewigt und in diesen werde ich immer bei Euch sein, so sage ich Euch lebt wohl eines Tages und sei es in Elysium werden wir uns wieder sehn!


    Zum letzten Punkt, er soll mein Vermögen, meinen Vorsitz als Pater Familias regeln.
    Sämtliches in meinem Besitz befindliches Gut, welches neben meinen Betrieben, Waren und meinem Barvermögen auch alles hier nicht explizit erwähnte soll in den Besitz von Gaius Caecilius Crassus übergehn. Ebenso ist es mein Wille, dass dieser den Vorsitz und die Führung der Gens Caecilia übernimmt so er diese Ehre annehmen will.


    Nun ist es an der Zeit zu schließen, diese Zeilen, sie sollen auf dem Forum öffentlich verlesen werden, so dass sie jedem gewahr werden, dies ist mein ausdrücklicher Wunsch.


    Doch eines noch, es ist mir selbst hier zu Ohren gekommen Gaius Scribonius Curio stehe in einer Streitfrage vor Gericht wegen einer aufgestellten Behauptung in delikaten Angelegenheiten die das Vestalinnentum betreffen. Nun, ich blicke hinab auf meine Hände und muss gestehn, ich kann ihm in keinster Weise widersprechen, sie berührten jene zarte Haut über welche vor Gericht verhandelt wird, doch mehr möchte ich nicht Preis geben.


    So beende ich hier und grüße Euch mit dem sehnlichem Wunsch, dass Rom wieder das wird was es war und wie ich es kannte.


    Vale,
    Quintus Caecilius Metellus Creticus




    ... so wartete ich bis Hungaricus fertig gelesen hatte.

  • Hungaricus las zuerst den ersten Brief...


    ... dann den zweiten...


    Dann sah er auf.


    Ich danke dir. Wir haben schon lange auf ein Lebenszeichen von Creticus gewartet, wenngleich mir lieber wäre, wenn er selbst vor mir stehen würde. So richte ihm auch von mir folgendes aus: Ich habe ihm sein plötzliches Verschwinden längst verziehen und hoffe, daß wir uns noch in diesem Leben wiedersehen. Möge es ihm dort, wo er jetzt ist, gut gehen.


    Er griff in seine Toga, nahm einen Beutel mit Geld heraus und warf ihm den Boten zu.


    Das sollte dir dabei helfen, die Botschaft zu überbringen. Wenn du noch Hunger hast, wird dir Ursus etwas zu essen geben.

  • Ich nickte.



    "Wie wohl ich verstehen kann, dass ihr schon lange auf ein Lebenszeichen wartetet und wie sehr ich auch verstehen kann, dass ihr ihn lieber an meiner statt vor euch sehen würdet, gerne werde ich ihm Deine Botschaft überbringen und bin sicher, dass er sich deren erfreuen wird.


    Ein Happen zu essen ist wahrhaft ein nur allzu verlockendes Angebot das ich nicht auszuschlagen vermag, mein Weg war wahrlich weit..."



    Dankbar nahm ich den vor Münzen klingelnden Beutel entgegen und verbeugte mich.

  • Hungaricus nickte dem Boten zu.


    Gut. So folge Ursus. Er wird dir etwas zu essen geben.


    Hungaricus wandte sich ab und schritt in sein Büro. Er entschloß sich, den Senat zu unterrichten und einen Brief an Victor zu schreiben...

  • Adria trat langsam ins Atrium ein und sah sich neugierig um. Es hatte sich eigentlich nichts verändert, trotzdem kam ihr alles hier fremd vor. Sie gehörte nicht mehr hierher.


    Ja, sie fühlte sich mehr als unbehaglich. Und das Gefühl verstärkte sich mit jedem Moment, mit dem die Begegnung mit Hungaricus näher kam. Ein Kribbeln im Bauch, fast so wie bei Frischverliebten. Es war die Aufregung, aber von dem schönen Gefühl der Verbliebtheit nicht wirklich eine Spur.


    Sie nahm Platz und wartete.

  • Ursus war gleich zu ihm gestürmt und hatte aufgeregt von der Ankunft der "Herrin" gesprochen. Hungaricus war überrascht, doch dann nicht mehr als er sich ans Datum erinnerte... Ein Monat war schon vorbei...


    Schweren Schrittes ging er ins Atrium. Da saß sie...


    Sie sah noch schöner aus, als er sie in Erinnerung hatte.


    Sein Herz schlug schneller. Im Senat sah er sie zwar regelmäßig, doch war er stets darauf bedacht gewesen, Distanz zu wahren, er wußte, ihr ging es in dieser Hinsicht genauso. Nur nicht zuviel Nähe war die Devise in letzter Zeit.


    Er atmete noch einmal tief durch und ging zu ihr hin.


    Hallo, Adria.


    Er sah sie an.


    Wie geht es dir?

  • Sie stand auf als er näher kam und ging ein paar Schritte entgegen.


    "Salve!"


    Sie war unentschlossen. Sollte sie noch näher kommen? Ihn umarmen? Einen freundschaftlichen Kuss zur Begrüßung geben? Wie gerne hätte sie es getan.
    Wie schrecklich dieses Gefühl doch war, diese Unentschlossenheit, die Wehmut die bei all den Erinnerungen aufkam.
    Aber die Sehnsucht nach ihm wäre bei jeder Berührung sicherlich ins unendliche gestiegen.


    Sie wusste nicht, ob ihr Gesicht verzweifelt oder strahlend vor Freude über das Wiedersehen war.


    "Nunja, es hatte schon bessere Zeiten.
    Und selbst?"

  • Naja, es geht so...


    Er wandte den Blick ab.


    Aber setz dich wieder. Ursus sollte hoffentlich gleich mit Wein und Essen kommen, zumindest sagte er etwas in der Richtung.


    Er setzte sich.


    Ich habe schon gehört, daß du adoptiert wurdest von Sedulus. Gute Wahl. Große Familie. Wirst du nach Germania umziehen?


    Uuh, letzte Frage hätte er nicht stellen sollen. Was wenn sie ja sagt? Dann ist sie weg aus Rom und er sieht sie nicht mehr. Was wenn sie nein sagt? Dann leidet er weiter... Egal, wie sie antwortet, ihm wird die Antwort nicht gefallen.

  • Als er kurz an ihr vorbeiging, konnte sie seinen Geruch wahrnehmen, und Unmengen an Gefühlen machten sich in ihr breit, all diese schönen Erinnerungen an ihre Liebe. Ihre Augen fielen zu, sie konnte gerade noch verhindern, dass ihre Beine sie nicht mehr halten konnten. Geschwind setzte sie sich hin, atmete kurz durch und fand langsam wieder Fassung.


    Bewusst suchte sie Distanz zu ihm. Das war wohl das einzige, das ihr nun noch half, sich nicht gleich auf ihn zu stürzen.


    Die Aufregung in ihrer Stimme war sicherlich zu hören, doch sie versuchte so emotionslos wie möglich zu sprechen.


    "Ja, ich bin Sedulus wirklich dankbar, dass er mich in seine Familie aufgenommen hat. Ich werde aber in Rom bleiben, ich möchte nicht mehr fort von hier, besonders nicht in den Norden."

  • Ursus rann in die Küche des Hauses und richtete einige Kleinigkeiten zum Essen. Ein paar Feigen, ein paar Datteln, Nüsse, Käse, Trauben, etwas frischgebackenes Brot, ein paar Häppchen halt...


    Dann ging er in die versteckte Kammer der Casa, versteckt deswegen, weil dort die wirklich guten Tröpfchen lagern, damit kein Unbefugter, wie dieser Avarus, '"zufällig" dort "übernachten"...


    Sorgfältig richtete er alles zusammen und ging damit ins Atrium, wo sein Herr und seine wohl ehemalige Herrin bereits saßen und sich unterhielten, wenn auch etwas verkrampft.


    Hier bitte, Herr... und Herrin.


    Das letzte Wort konnte er sich nicht verkneifen. Er mochte sie, denn sie hatte ihn nie schlecht behandelt.


    Er zog sich zurück, blieb jedoch in Hörweite.

  • Sie blieb also in Rom. Er wußte nicht, ob ihm das gefallen sollte oder nicht. Er entschied sich für ersteres, denn so konnte er sie wenigstens sehen, auch wenn ihm das weh tat.


    Ah, danke Ursus.


    Er war froh über diese Unterbrechung. Still griff er nach ein paar Trauben und schenkte für sich und Adria Wein ein.

  • Die Spannung die in der Luft lag, war fast unerträglich.
    Sie griff sich ebenfalls etwas zu essen und zu trinken.


    "Du weißt weshalb ich hier bin?
    Wir sind sozusagen nun geschiedene Leute.
    Ein paar Sachen sind aber noch zu erledigen und ich würde das gerne mit dir gemeinsam machen."


    Wieso eigentlich gemeinsam? Ging es nicht beiden besser, wenn sie den anderen nicht sehen mussten?
    Naja, es waren nur die letzten Schritte die sie noch machen mussten. Danach werden wohl wieder getrennte Wege folgen, so getrennt wie möglich, irgendwann würden sie sich daran gewöhnen, nicht mehr zusammen zu sein, vielleicht auch einen neuen Partner lieben lernen ... sie war überzeugt es wäre möglich.

  • Er kaute gemächlich und schluckte dann hinunter. Dieser Bissen brauchte eine Ewigkeit vom Rachen hinunter...


    Ein paar Sachen? Achso, das Gericht.


    Er zuckte mit den Schultern.


    Eigentlich hätte ich sehr viel zu tun, aber wenn du unbedingt willst, geh ich halt mit dir zum Gericht... sagte er emotionslos, wie er selber erstaunt feststellte.


    Es war also soweit. Nun denn, die Götter wollten es so. Innerlich zürnte Hungaricus den Göttern...


    Bringen wirs hinter uns?


    Er stand auf.

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