Theatrum Ostiensis - Theater

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    Original von Faustus Decimus Serapio


    Na wirklich eine tolle Reaktion war das ja! Dives konnte es sich schon beinahe vorstellen, was der Decimer gerade denken mochte. So reserviert, wie Serapio antwortete, war er sicherlich sehr wohl sauer, aber es würde ihm das restliche Stück vermiesen, wenn er das jetzt ausdiskutieren würde. Drum verschob er das lieber auf später und machte zeitgleich jedoch klar, dass die Sache noch lange nicht vom Tisch wäre. 'Danke für dein Eingreifen.' Janee, schon klar. Als hätte der Iulier wirklich eine Wahl gehabt. Öffentlichkeitswirksam abgeführt zu werden war für Dives nämlich eigentlich keine Alternative.
    Er nickte kurz mit einem höflichen Lächeln, bevor er sich von Serapio abwandte und auf die Bühne blickte. Schnell verschwand das Lächeln wieder aus seinem Gesicht und während er vorgab dem Stück zu folgen, kreisten seine Gedanken darum, wie wohl später alles zu seinem Wohl ausgehen könnte...


    Bis Serapio ihn plötzlich doch wieder ansprach und damit die anderen Gedanken stante pede verdrängte. Kerle! Musste er das verstehen? Der Decimer war ja fast so schlimm, wie Dives selbst, der sich zugegebenermaßen auch manchmal nicht verstand - gerade in letzter Zeit. Und Frauen unterstellte man(n), dass sie gelegentlich nein sagen, aber ja meinen würden! War Serapio nun sauer... oder nicht... oder was? Wollte er jetzt reden, ja oder nein?! Der Blick des Iuliers löste sich wieder von der Bühne, wanderte mit einer leichten Kopfdrehung zunächst auf den Schoß seines Sitznachbarn, um dann langsam, nach und nach, an dessen Seite empor zu klettern und schließlich in dessen Gesicht anzukommen.
    "Danke.", flüsterte er vollkommen ernst. Der ansonsten eher ausdruckslose Blick rastete noch für einen oder zwei auf der Bühne gesprochene Verse in Serapios harmonischem Gesicht, in den wundervoll dunkelbraunen Haaren, bevor er nach vorne absprang, wieder weich auf dem decimischen Schoß landete und sich schließlich wieder nach vorn zu den Schauspielern wandte.


    Noch einen kurzen Moment hingen die Gedanken des Iuliers bei Serapio und den vielen Fragen, die mit den drei kleinen Wörtchen 'was wäre wenn' begannen, bevor Dives pragmatisch darauf zurück kam, dass er besser Antworten auf andere, dringlichere Frage suchen sollte. Er würde Serapio nun im restlichen Stück nicht weiter mit seinen Worten belästigen, nicht von sich aus. Der Iulier registrierte, dass bereits das Gewissen beziehungsweise der Chor in der orchestra stand, ihm also nicht mehr ganz so viel Zeit blieb bis zum Ende der Vorstellung blieb. Er würde also schnell denken müssen...

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    Klient - Marcus Vinicius Hungaricus

  • Der Blick, den ich da zugeworfen bekam... dieser Blick, der ließ mich wünschen ich hätte den Mund gehalten. Entweder Kunst-Zensor oder Kunst-Liebhaber, da mußte ich mich wohl entscheiden. Für den Rest der Aufführung blieb ich stumm, und so ganz konnte ich das Stück nun nicht mehr genießen. Dafür war die Spannung, die da in der Luft hing, in den wenigen Fingerbreit zwischen dem Iulier und mir – und es war keine Spannung der Art wie ich sie bevorzugt hätte - einfach zu... angespannt. Man angenommen er trüge Schuld... oder Mitschuld... sollte, durfte, musste ich gegen ihn vorgehen? Ich wünschte ich käme drumherum... allein aus Rücksicht auf meine alten Kumpel, Licinus, und früher natürlich Sparsus, und die hochverehrte Iulia Helena. Aber Pflicht war Pflicht. So grübelte ich, während die Oceaniden, eine Woge herrlicher Blautöne, Zwiesprache mit dem Gefesselten hielten. Dann war das Stück mit einem Mal aus, es mußte eine gekürzte Version sein. Ich spendete Applaus, nicht wenig aber auch nicht zu überschwänglich. (Denn ich wollte niemandem einen Anlass bieten mich anzuschwärzen, und was wußte ich schon, ob die Soldaten in meinem Rücken nicht heimlich Bericht über mich erstatten. Nicht dass es am Ende noch hieße, ich hätte mich für ein hetzerisches Stück begeistert.)
    Die Blume blieb weiter in einer Falte der Toga verborgen. Nun folgte eine Hymne auf den Kaiser, und da applaudierte ich natürlich deutlich ungehemter. Als Stadtpatron stand ihm eine solche Huldigung ja ganz besonders zu, trotzdem konnte ich nicht anders als zu hinterfragen, ob das wohl von Anfang an so beabsichtigt gewesen war.... der noch etwas ungeschliffene Rhythmus der Verse war für mich ein Indiz dagegen.
    So. Die große Frage. Besser jetzt gleich hinter mich bringen. Ich wandte mich, noch sitzend, an Iulius Dives und fragte möglichst nüchtern und sachlich und ohne Drohgebärden:
    "Also.... wer war denn nun für die Statue zu Beginn verantwortlich?"

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    Klient - Decima Lucilla

  • Tja, auch die Danksagung hatte die ihr zugedachte Wirkung vollends verfehlt. Wahrscheinlich war es die Ernsthaftigkeit, die die Enttäuschung über den heutigen Tag, den der Iulier sich bei Weitem anders vorgestellt hatte, überdeckte, daran Schuld. Oder aber Serapio hatte nun doch wieder das Bedürfnis sich lieber dem Stück zuzuwenden, als mit Dives zu kommunizieren. Wobei... Es gab ja auch die Theorie, dass es garnicht ginge nicht zu kommunizieren, aber das war eine andere Geschichte. Für den Iulier hieß es schlicht, dass es ein weiterer Grund dafür wäre nachzudenken...


    Am Ende des Stücks war Dives dann keineswegs der Erste, der sofort aufgesprungen war und zu applaudieren begann. Nein, er hielt sich äußerst zurück. Einerseits, weil er noch immer ein bisschen in Gedanken war, und andererseits, weil er hier gegenüber dem Decimer ja auch sehr aufpassen musste. An jenem nahm er sich dann auch ein Beispiel als es an den Beifall für den kleinen Vortag zu Ehren des Vescularers ging. Er klatschte etwas mehr, aber mehr als durchschnittlich war der Applaus des Iuliers dennoch auch hier nicht. Was irgendwelche Rhythmen anbelangte hatte Dives weniger Ahnung, sodass ihm dabei nichts weiter auffiel. Dass die von einem Schauspieler und keinem Dichter geschriebenen Verse jedoch längst nicht mit wahren Größen zu vergleichen waren, stand für ihn dennoch außer Frage... und 'Frage' war das Stichwort. Wer war für die Statue zu Beginn verantwortlich? Wer war Schuld?
    Da der Iulier diese Frage ja bereits erwartet hatte, wenngleich es ihn doch ein bisschen überraschte, dass er gleich hier und jetzt mit ihr überfallen wurde, war er vorbereitet. Daher gab er auch nicht die blöde Antwort, die ihm bei solchen ungenauen Fragen stets als erstes auf den Lippen brannte. Verantwortlich für die Statue waren schließlich viele gewesen. Es begann bei demjenigen, der sie anforderte und reichte dann aber bis zu dem- oder denjenigen, der oder die sie anfertigte(n). Letztlich trug Dives, ob er es wollte oder nicht und unabhängig davon, was er jetzt sagen würde, immer eine Mitschuld. Er war der Ausrichter, der Veranstalter, der Initiator des Stück und als solchem lag ihm natürlich ein Strick um den Hals.


    "... Lucius Paris... der Kopf der Truppe.", antwortete Dives wortkarg, ernst und noch immer mit ausdruckslosem Blick. Ob dieser Name dem Decimer ein Begriff war? Immerhin hatte dieser Paris einen nicht ganz unberühmten Großvater, nach dem er auch benannt war. Das Schicksal ebenjenes Mannes war auch der Grund dafür, dass sein Enkel gegenüber jedem Augustus des Imperiums kritisch eingestellt war. Das war schon zu Zeiten der Ulpier so und setzte sich nun auch in vescularischer Zeit fort. Tatsächlich war diese kritische Haltung dem Iulier erst klar geworden und aufgefallen, als er sich eigentlich schon für das Ensemble entschieden hatte. Wie er Serapio ja bereits ehrlich gesagt hatte, war es das erste Mal, dass er sich mit der Organisation einer solchen Veranstaltung befasst hatte. Aber... die Gelegenheit machte bekanntlich Diebe und so änderte Dives seine Entscheidung nicht erneut - gerade wo die führenden Gesichter seiner iulischen Verwandschaft hinter ihren äußeren Masken ebenfalls keineswegs Anhänger des Salinator waren! Aber wie ein kleiner, am späten Abend um sein Feuerchen hüpfender Zwerg schon zu singen pflegte: 'Ach, wie gut, dass niemand weis...'


    "... Willst du zu ihm?", erkundigte sich Dives gleich im Anschluss an seine erste Antwort. Denn irgendwie soetwas lag dem Iulier noch in den Ohren. Da diese Hauptschuld-Zuweisung jedoch mit dem genannten Peregrinus abgesprochen war, würde auch der nichts Anderes sagen. Im Gegenteil war es für Paris selbst eher eine Ehre und eine Chance das Andenken seines Großvaters in gewisser Weise hochzuhalten...
    Direkt nach dieser Frage beugte sich Dives nah zu Serapio, sodass sich ihre Schultern berührten und von den hinteren Reihen niemand sehen konnte, dass der Iulier mit seiner freien Hand bittend die ihm zugewandte decimische Hand ergriff. Die Ausdruckslosigkeit in seinem Gesicht hatte einem etwas verzweifelten Blick Platz gemacht und leise flüsterte er nur für Serapio hörbar:
    "Ich weis, dass mich als Veranstalter eine Mitschuld an dieser... Katastrophe trifft. Bitte... Ich bitte dich... Ich tue alles. Ich bin ein kaisertreuer Iulier! Ein Iulier..." Dives vergrößerte den Abstand zwischen ihnen wieder ein wenig und blickte Serapio mit großen Augen erwartungsvoll an. Erst jetzt dachte er daran, dass jener vielleicht mit einem Iulier nicht die besten Assoziationen verbinden mochte und vielleicht nicht als erstes bei einem Iulier an die Klienten des Vesculariers, den persönlichen Freund Centho ebenjenes, et cetera denken mochte. Doch die Worten waren gesprochen. Nun stellten sich die folgenden zwei Fragen: Erstens. Würde Serapio diese Bitte überhaupt interessieren? Und falls ja, zweitens. Was würde er wollen? Grob begann Dives im Kopf zu überschlagen, wieviel seine Wertsachen wohl wert sein mochten...

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  • Iulius Dives machte keine Ausflüchte. Ich überlegte nebenbei: wie Neros Paris? Und nickte.
    "Ja."
    Gerade wollte ich mich zu meinen Soldaten wenden, da fasste der Iulier meine Hand, und war mit einem mal... ganz nahe. Mein Atem stockte. Was er mir da zuflüsterte...... Zum einen war ich bewegt von der Verzweiflung, die aus seinen Worten sprach. Mir war mit meinem Posten eine beträchtliche Menge Macht übertragen worden, und ich wollte sie gut und richtig nutzen, und es war mir zuwider Leute ins Unglück zu stürzen, wenn sie es nicht zweifellos verdient hatten... und so zauderte ich, und zweifelte was hier wohl das richtige Handeln wäre. Zum anderen.... lösten die Worte 'ich tue alles' eine Flut... eine überwältigende Flut von äusserst verlockenden Bildern und Vorstellungen in mir aus.
    Mir war ganz heiß. Ich schluckte, presste die Lippen zusammen, schlug die Augen nieder vor seinem eindringlichen Blick. Mit etwas angerauhter Stimme sagte ich dann leise: "Ruhig Blut, Iulius. Wir sollten das wohl besser unter vier Augen besprechen......"


    Ein Grund, den Schauspieler zu delegieren. Abrupt wandte ich mich ab, sprach zum Optio:
    "Optio Iunius. Du und... Miles Tanusius, ihr geht in die scaena, das Bühnenhaus, und unterhaltet euch mal ernsthaft mit diesem Lucius Paris." Da sie das Geflüster wohl kaum gehört hatten, fasste ich kurz zusammen: "Der Kopf der Truppe, der für diese unsägliche Statue verantwortlich war." Mit gedämpfter Stimme, es musste ja nicht jeder hören, gab ich dem Optio die Anweisungen: "Findet heraus wie er dazu kam, ob das seine Idee war oder ob ihn jemand dazu angestiftet hat, und wer. Wenn er Einsicht zeigt, belasst es bei einer strengen Ermahnung, also dass so was nie wieder vorkommen darf. Wenn nicht, dann blüht ihm der Kerker. Klar soweit? Ach, und Optio, bring ihn nicht um dabei." Ein schlechter Scherz, doch einer den ich mir nicht verkneifen konnte.


    Als nächstes befahl ich den beiden anderen Soldaten: "Milites, ihr eskortiert weiter meine Schwester."
    Zu meiner ganzen Sippschaft meinte ich entschuldigend: "Es tut mir leid, aber ich muß mich hier noch um was kümmern. Also wartet nicht auf mich, ich stoße schon wieder zu euch, spätestens auf dem Gut." Seiana sandte ich noch ein zerknirschtes Lächeln. Meinen beiden persönlichen Sklaven bedeutete ich, hier an Ort und Stelle auf mich zu warten. Dann wandte ich mich wieder zu Iulius Dives und fragte beiläufig: "Wo können wir beide uns in Ruhe unterhalten?"

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  • Zitat

    Original von Faustus Decimus Serapio


    Seneca rang sich ein Grinsen ab, auch wenn das fehlgeschlagene Verhör noch immer an seinem Ego nagte, und auch an seinem Gewissen, immerhin wurde ein Mann ohne Zunge zu Tode gepeitscht weil er nicht gesprochen hatte, sicher, das wusste man erst hinterher, aber es hatte doch einen faden Beigeschmack. Ohne großartig weiterzugrübeln, antwortete Seneca nur knapp, "Sehr wohl Tribunus.", dann schnappte er sich den Miles und ging unauffällig hinter die Bühne um den besagten Kopf der Schauspielertruppe zu suchen..

  • Als der Vorhang wieder aufging und die unerwartete Unterbrechung vorbei war, fiel sogar Seiana auf, dass die Iuppiterstatue verschwunden war. Und einmal darauf aufmerksam geworden, dachte auch sie daran, dass die Statue... nun ja. Sehr beleibt gewesen war. Und damit gewisse Ähnlichkeiten aufwies. Was für ein Stück wurde gespielt? Sie wusste es gar nicht so genau, aber vermutlich war es irgendeines, in dem Iuppiter nicht ganz so gut wegkam... dann wiederum war es verständlich, dass ihr Bruder so reagiert hatte. Hatte reagieren müssen, als Prätorianer...
    Nach der Unterbrechung verfolgte Seiana zunächst das Stück ein wenig aufmerksamer, aber schon bald war es erneut dahin damit, und sie saß die Zeit im Grunde nur noch ab, bis es vorbei war. Höflich applaudierte auch sie – sowohl zum Schluss des Stückes als auch nach dem anschließenden kurzen Vortrag zu Ehren des Vescularius. Und begann sich gleich darauf absurderweise zu wünschen, das Stück wäre noch nicht zu Ende... immerhin hatte es doch etwas Ablenkung bedeutet, die jetzt wieder dahin war, und mehr als zuvor meinte sie wieder zur spüren, dass Seneca da war. Und sie wusste, dass er sie begleiten würde, dass er in ihrer Nähe bleiben würde.
    Faustus allerdings wurde zu ihrem Retter, ohne das selbst überhaupt zu ahnen. Als er Seneca fortschickte, um sich um die Schauspieler zu kümmern, hätte Seiana am liebsten erleichtert aufgeatmet. Sie lächelte Faustus flüchtig zu und erhob sich. „Dann sehen wir uns später“, erwiderte sie und wandte sich an ihren Gastgeber: „Iulius, hab Dank für deine Einladung. Die Aufführung war...“ Ja, was war sie eigentlich gewesen? Seiana hatte im Grunde keine Ahnung, außer dass es zu diesem einen Zwischenfall gekommen war. „... amüsant“, entschied sie sich und zeigte dabei ein feines Lächeln, das ebenso schwer zu deuten sein würde wie ihr Tonfall. Am ehesten war darin wohl noch leise Ironie zu hören. „Ich wünsche dir noch einen schönen Abend. Und halte meinen Bruder nicht zu lange auf. Aurelia, Germanicus – es war mir eine Freude. Valete“, verabschiedete sie sich von den anderen Gästen und schickte sich dazu an, gemeinsam mit ihren Verwandten, sobald diese sich ebenfalls verabschiedet hatten, das Theater zu verlassen.

  • | Lucius Paris


    ... und recht schnell sollten die beiden Praetorianer auch fündig werden.
    Lucius Paris war gerade dabei seiner Aufgabe als Kopf des Ensembles nachzukommen. Chormitwirkende, die er herausgehört hatte (die also nicht vollkommen synchron waren mit dem Rest) wurden angezählt und er wollte auch gerade ausholen und dem Prometheus vorspielen, wie der noch besser hätte vor dem Publikum leiden können, da sah er aus den Augenwinkeln die beiden Praetorianer ankommen. Eins und eins schnell zusammenzählend schickte er seine Leute in die Umkleideräume. Es gäbe sicherlich... hoffentlich auch später noch die Möglichkeit aus den Männern wahre Meister der Schauspielkunst zu machen.


    Stattdessen wandte sich Paris nun also zu den Soldaten:
    "Salvete!", grüßte er in unbefangenem Ton und kam ein paar Schritte auf die Praetorianer zu.
    "Ihr wolt zu mir? Ich bin Lucius Paris.", stellte er sich unaufgefordert vor und hoffte, dass seine Offenheit dazu führen würde, dass er jetzt nicht gleich mitgenommen werden würde, sondern dass man sich hier - an Räumlichkeiten sollte es nicht mangeln - unterhalten könnte.



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    Einmal editiert, zuletzt von Marcus Iulius Dives ()

  • So hatte sich Flavus das nicht vorgestellt, gar nicht. Er wusste nicht einmal was er tun sollte, anscheinend hatte diese Truppe doch tatsächlich die Dreistigkeit in Anwesenheit der Prätorianer und deren Tribun den Kaiser mit leichten Seitenhieben in den Dreck zu ziehen. Flavus war nervös, er hoffte Dives würde ihm dieses Auftreten seiner Familie nun nicht übel nehmen und gleichzeitig hoffte er Serapio war nicht sauer auf ihn.
    Als das Treiben um ihn zunahm saß er regungslos auf seinem Platz und wurde zusehends bleicher und blasser.

  • 'Ruhig Blut, Iulius.' Diese Worte ließen doch schonmal hoffen. Doch gleich im nächsten Augenblick begann das Bangen erneut. Unter vier Augen besprechen? 'Eine peinliche Befragung!', raste es sofort durch den iulischen Kopf. Serapio war wohl als Praetorianer ohne jeden Zweifel locker dazu in der Lage eine solche durchzuführen... sicherlich notfalls auch ohne irgendwelche Hilfsmittel, denn Dives ging nicht davon aus, dass der Decimer solche stets mit sich führte. Sein Herz schlug schneller. Was gäbe er doch jetzt dafür, dass die Schauspieler weiter spielten! Oder vielleicht wollte das Publikum eine Zugabe? Aber im Blickfeld des Iuliers (aus seinen Augenwinkeln konnte er sowohl die unteren Reihen rechts, als auch links vom Theater sehen) machte es eher den Anschein, als würde man sich allmählich erheben, das eigene, unverzehrte Brot verstauen und sich langsam 'gen Ausgang bewegen. Dives bekam ein bisschen Angst.


    Aus diesem Grund bekam der Iulier von den Befehlen Serapios an dessen praetorianische Untergebene auch nicht ein Wort mit. Ganz leise atmete er durch den Mund aus und versuchte sich zumindest von seiner Aufregung nichts anmerken zu lassen. Gab es eine alternative Erklärung? Es musste einfach eine andere Erklärung geben! ... Ganz plötzlich dann fand er DIE Antwort. Na klar, der wollte einfach nicht gesehen werden! Was würde das auch für ein Licht auf ihn werfen, wenn jemand mitbekäme, dass der Praetorianertribunus sich sein Schweigen bezahlen ließe?! Das hieß natürlich... sofern Dives überhaupt dazu in der Lage sein würde, den Forderungen des Decimers nachzukommen! Denn viele Dinge gehörten ihm ja garnicht wirklich. Beispielsweise lebte er in der Villa Rustica Iuliana wie deren Hausherr, dabei gehörte sie genaugenommen seinem Cousin Centho. Der Boden, auf dem sie stand, gehörte Centho, das Gebäude gehörte Centho, die Sklaven und Bediensteten, die Erträge, ... praktisch fast alles! Natürlich war Dives selbst auch keinesfalls arm, aber ob es reichen würde, um einem gutverdienenden Praetorianertribun eine Erinnerung abzukaufen?


    Nun, der Zeitpunkt, da der Iulier dies herausfinden würde, rückte unaufhaltsam näher. Serapio verabschiedete sich bereits von seinen Verwandten und Seiana erwiederte diese Verabschiedung... viel zu schnell, wie Dives fand. Der Decimer hätte sicherlich kein Problem damit Hand an den Iulier anzulegen - aber bestimmt, nein, hoffentlich nicht vor seiner eigenen Schwester. Doch während ihr Bruder Anweisungen an seine Sklaven gab, wandte sich die Decima auch schon an Dives.
    Eine amüsante Tragödie? Das konnte sie doch nicht ernst meinen... oder? Der Tonfall war dem Iulier absolut unbekannt, sodass er weder auf reines Unverständnis, noch auf Ironie, noch gar auf Sarkasmus hätte schließen können. So ein Lächeln hingegen meinte er schonmal gesehen zu haben. Das war irgendso ein Frauending, wo man(n) sagen könnte, was man(n) wollte, und immer falsch läge. Nähme man sie ernst, dann wäre es nur Spaß, würde man es als lustige Bemerkung auffassen, dann wäre es ihr voller ernst! Natürlich mochte sich Dives im zweiten Teil auch durchaus (und nicht gerade unwahrscheinlich) irren, doch vom ersten Teil war er fest überzeugt: Das war ein Frauending. Zumindest hatte er so ein Lächeln noch nie bei einem Mann gesehen und gerade nach gewissen Geschehnissen stand die Männerwelt doch... man mochte sagen: verstärkt unter iulischer Beobachtung.
    "Ich habe zu danken für euer aller Erscheinen und es wäre mir eine große Freude euch irgendwann wiederzusehen!", gab Dives Seiana mit ehrlichem Lächeln zurück. Sofern dieses Wiedersehen nämlich nicht erst im Elysium stattfinden würde, würde das ja heißen, dass er diesen heutigen Tag irgendwie überlebte. Auf den Wunsch eines schönen Abends und die Bemerkung ihren Bruder nicht allzu lange aufzuhalten, lagen Dives unzählige Kommentare auf der Zunge. Allerdings vermochte der Iulier nicht einen einzigen davon zu verbalisieren. Ein freundliches Nicken musste genügen.


    Außerdem wandte sich ja auch Serapio wieder an Dives und wollte wissen, wo er ihm später das letzte Hemd abnehmen könnte, handgreiflich werden würde oder what ever.
    "Im Scriptorium vielleicht, wo die ganzen Texte gelagert werden?", sprach er vorsichtig den erstbesten Gedanken aus, der ihm kam, und zeigte grob auf den linken Flügel des Bühnengebäudes. Erst im Anschluss an diese Worte kam ihm die Idee, dass er auch hätte versuchen können das alles noch ein wenig weiter hinauszuzögern, indem er länger überlegt hätte. Aber zu spät. In dem Raum ganz links oben in der dritten Etage der scaena wäre jetzt wohl sicherlich niemand. Heute fand hier schließlich Dives' Veranstaltung statt, sodass sich wohl kaum sonstwer dort rumtreiben würde. Und da gemäß den Richtlinien dieses Theaters nur Stücke gespielt werden durften, deren Texte mindestens in Kopie auch im scriptorium vorhanden waren, musste die heute aufgeführte Fassung des Werkes von Aischylos bereits dort archiviert sein. Niemand hätte also einen Grund dort zu sein.


    Aber eine Sache fiel dem Iulier noch ein, wie er noch ein bisschen Zeit gewinnen könnte. Er stand auf und drehte sich zu seinen anderen Ehrengästen.
    "Ich danke euch, dass ihr alle heute hier ward, Decimus Catus und Decima Stella, ... Decimus Varenus und Helvetia, ... Decima Messalina, ... Decimus Flavus. ... Es war mir eine Ehre deine Bekanntschaft zu machen, Aurelia." Dann rückte Aculeo in sein Blickfeld. Nein, von dem konnte er sich einfach nicht verabschieden - nicht so ein Abschied. Ein längerer Blick, ein kurzes Lächeln. "Valete!"


    Jetzt war er fertig. Sie könnten gehen...

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    Einmal editiert, zuletzt von Marcus Iulius Dives ()

  • Ihr hatte das Stück gefallen, auch wenn es kürzer war, als sie es aus den Rollen in Erinnerung hatte. So fiel sie in die höflichen Applaus mitein. Zwar hatte sie nicht verstanden, wieso der Iupiter - gut er war sehr beleibt, aber ihr war das egal - von der Bühne verschwunden war (sie kannte den Augustus noch nicht und verstand deswegen die Anspielung nicht), doch fand sie das Stück alles in allem sehr gelungen.
    Höflich erhob sie sich ebenfalls und und neigte vor dem Iulier das Haupt. Ich danke euch für diese Einladung - das Schauspiel war sehr kurzweilig und interessant. Als Serapio meinte, sie sollten schon vorgehen, verzog Stella ihren kleinen Mund zu einer Schmolllippe. Ooooh... wieso kannst du denn nicht gleich mitkommen?

  • Zitat

    Original von Marcus Iulius Dives
    | Lucius Paris


    Seneca blickte den Mann grimmig an, er hatte sowieso nie viel für Schauspieler übrig gehabt, genauso wenig wie fürs Theater. Er wollte die Sache schnell hinter sich bringen, diese oftmals doch sehr exzentrischen Charaktere empfand er als anstrengend und schwierig, also bäumten sich Seneca und der Miles in alter Prätorianermanier auf, "Du bist dir sicher im klaren darüber warum wir mit dir sprechen wollen nicht wahr?", fragte Seneca mit einem bedrohlichen Unterton, die Prämisse lautete dem Mann Angst einzuflößen..

  • | Lucius Paris


    'Natürlich, bin ich mir darüber im Klaren! Ihr seid Soldaten! Ihr habt das Stück nicht verstanden...!', schimpfte Paris in Gedanken. Für ihn waren ausnahmslos alle Militärs, vom Tiro bis zum Praefect oder Legat, allesamt Kulturbanausen, die einfach keine Ahnung hatten. Es wäre das logischste überhaupt, wenn sie ihn, der sich schon aufgrund seines Großvaters als kulturell erleuchtet betrachtete, nun um Erklärungen bitten würden...


    Aber Paris war nicht so verblendet, dass er die Realität gänzlich aus den Augen verloren hätte. Nie kamen solche Leute zu ihm, die es eigentlich aus seiner Sicht nötig hätten... Gut, fast nie. Dieser Iulier hatte ihn ja auch engagiert. Aber war der jetzt hier? Weit und breit keine Spur von dem!
    "Euch hat die Aufführung nicht zugesagt, nehme ich an.", stellte Paris schlicht, aber keineswegs unfreundlich fest. Mindestens aufgrund der Inszenierung des Iuppiter. Vielleicht aber auch wegen Kratos und Bias, dem Prometheus oder der letzten Darbietung des Sprechers? Ganz klar jedoch wollten sie ihm mit diesen Gesichtern bestimmt nicht gratulieren, soviel war sicher.



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  • Zitat

    Original von Marcus Iulius Dives
    | Lucius Paris


    Sichtlich angefressen schaute Seneca seinen rangtieferen Kameraden an, und blickte dann wieder zu dem Schauspieler. Er war sich sicher dass er wusste worum es ging, und wenn er das ganze jetzt zu einer Komödie machen wollte, würde der Optio ihm schon die Leviten lesen, "Hör zu, und hör genau zu, ich sage das nur einmal, solltest du noch einmal so anmaßend sein, und den Imperator über dein kleines Schauspiel hier verunglimpfen, wirst du dich in der feuchtesten, dunkelsten und von Ratten verseuchtesten Zelle in Rom wiederfinden, haben wir uns da verstanden?", machte ihm Seneca klar während er sich etwas näher zu dem Kerl hinlehnte, es musste ja schließlich nicht jeder mitbekommen was die Prätorianer hier trieben, auch wenn es wohl für alle offensichtlich war, denn auch sie hatten das Stück gesehen, inklusive dem Verschwinden der Statue..

  • | Lucius Paris


    Als der Optio sich so drohend in seine Richtung lehnte, machte Paris reflexartig einen Schritt zurück und nahm die Hände mit den offenen Handflächen zu den Praetorianern schützend vor seinen Oberkörper. Viel zu bekannt war ihm dieses Schauspiel, das sich hier gerade (mal wieder) abspielte. Schon in der Schule, die der Peregrinus aufgrund eines Gönners besuchen konnte, hieß es anfangs sehr oft: Immer erstmal auf die Neuen! Im Laufe der Zeit änderte es sich dann zu: Haudegen auf die Schöngeister! Wer jeweils auf der Verliererseite stand, war wohl offensichtlich...


    "Ist gut...", bat Paris, dem ins Gesicht geschrieben stand, dass bereits dieses Angstmachen erfolgreich war. "Ich habe verstanden.", fügte er kleinlaut hinzu, dachte sich aber sehr wohl noch seinen Teil: '..., dass ich den Imperator nicht mehr mit diesem Schauspiel kritisiere.' Das hatte er auch garnicht nötig! Er war schließlich Lucius Paris und könnte, wenn er wollte, aus jedem Stück die Aussage herausholen, die er wollte! Davon zumindest war der Mann in seinen Grundfesten überzeugt.



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  • Als ich dieses Lächeln bei meiner Schwester sah, da war ich mir fast sicher, dass sie mich durchschaut hatte... Verdammt. Sie war einfach zu klug. - Auch Stella bedankte sich artig bei unserem armen Gastgeber, dann fing sie an zu schmollen, worauf ich mir überhaupt keinen Reim machen konnte, und milde antwortete ich:
    "Ich hab noch zu tun, Stellula. Wir sehen uns später."
    Flavus, das fiel mir nebenbei auf, sah recht unglücklich aus. Er hatte sich diesen Ausflug wohl anders vorgestellt... - Ich fand es ausserdem beachtlich, wie Iulius die Contenance wahrte, und sich von allen erst noch ganz höflich verabschiedete. Oder wollte er womöglich Zeit schinden? Iunius und Tanusius waren schon zackig unterwegs, und ich wollte nun auch nicht länger säumen.
    "Das Scriptorium. In Ordnung." sagte ich, raffte meine Toga und ließ mich von Iulius dorthin führen.


    Dort angekommen trat ich forsch ein, und sogleich war da wieder meine Faszination für die Theaterkunst. Hier im Allerheiligsten zu stehen, umgeben von all diesen Stücken, die, wie Schlafende, nur darauf warteten, dass einer sie zum Leben erweckte, dass die Figuren, die in all diesen unzähligen Seiten ihrer Stunde harrten, auferstanden, dass sie in buntem Gewand auf die Bühne da unten traten und lebten und litten, und kämpften und triumphierten, und untergingen und starben, überlebensgroß, in einem Spiel das wahrer als die Wirklichkeit war, einem Spiel das die Herzen der Zuschauer mit der größten Freude und der entsetzlichsten Trauer erfüllen konnte, das zur Erkenntnis führte, das die Sinne raubte, das entsetzte, betörte......
    Tief atmete ich die Luft ein (die nach Papyrus und ein wenig nach Staub roch), und nahm eine Rolle aus dem nächsten Regal, öffnete sie. Zufällig war es auch etwas von Aischylos. Ich lehnte mich halb gegen, setzte mich halb auf eines der Schreibpulte, und überflog die Verse, dann las ich laut, und mit der gebührenden Intonation, eine Stelle, die mir recht passend dünkte:
    ".... Doch sag ich laut: Übertreter, Trotzes frech,
    Die alles wild vermischen sonder Fug und Recht,
    Gewaltsam werden die versinken
    Einst, wenn die Segel Bruch und Sturz
    Faßt der zerschellten Masten!"

    Ergriffen vom Schwung dieses Verses ließ ich die Rolle wieder sinken, wandte mich zu dem schönen Delinquenten. Iulius Dives... bist du so unschuldig wie du aussiehst? Oder bist du bloß ganz besonders abgefeimt? Ich ließ seine bisherigen Erklärungen/Ausflüchte einfach mal beiseite, und forderte, mit leicht erhobenen Brauen, mein Gegenüber intensiv fixierend:
    "Dann erklär mir doch bitte, welcher Wahnsinn dich geritten hat, dieses Stück auf die Zuschauer los zu lassen."

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  • Also auf ins scriptorium... Selbstredend ging Dives voran und würde sie dorthin führen und er würde außerdem versuchen dabei nicht allzu sehr nach einem zum Verhör abgeführten Schwerverbrecher auszusehen. Verunglimpfung des Imperator Caesar Augustus wurde schließlich in der Regel mit sieben bis neun Monaten Kerker bestraft, vielleicht nur mit fünf oder sechs, wenn Dives nur eine Teilverantwortung angelastet werden würde. Dass es immerhin kein Hochverrat war, der ja sowohl Palma, als auch bezüglich des Testaments hinter vorgehaltener Hand Salinator vorgeworfen wurde, beruhigte den Iulier da nur wenig. Der Weg zog sich hin. Ihm kam der Gedanke, dass es wohl nurnoch eine üble Nachrede sein würde, wenn man Salinator als Hochverräter aburteilen würde. Hoffentlich kamen dieser Cornelier und seine Verbündeten bald in die Puschen und bereiteten diesem ganzen Spuk ein Ende!


    Vor dem scriptorium angekommen, schloss Dives jenes auf, bevor er dem Decimer den Vortritt in den Raum ließ (und natürlich den Schlüssel aushändigte, damit niemand befürchten müsste eingeschlossen zu werden). Der Iulier machte die Tür hinter sich zu und trat zwei Schritte in den Raum. Ja, dies war das 'Heiligtum' des Theaters von Ostia. Wände suchte man hier übrigens vergebens, denn wo man hinsah, standen unzählige Regale mit ihren kleinen Nischen, in denen alle Stücke in Textform aufbewahrt wurden, die jemals in diesem Theater auf die Bühne gebracht worden waren. Verglichen hiermit war der Fundus an Masken und Kostümen beinahe beschämend. Aber auch wirklich nur beinahe, denn in der Regel hatte das fahrende Volk ja durchaus seine eigene Garderobe.


    Dives merkte, wie der Decimer in den Bann gezogen wurde von der Umgebung. Da hatte ihn sein iulischer Instinkt wohl genau richtig geleitet! Hoffentlich würde das die Verhandlung darüber, was der Praetorianertribun nun für sein Schweigen haben wollte, etwas zu Dives Gunsten beeinflussen. Serapio bediente sich am Regal: '... Übertreter, Trotzes frech, ...' Der Iulier blickte zu Boden. Was sollte er dazu sagen? Er hatte ja bereits die Teilschuld eingestanden, die er als Veranstalter trug... und für einen kurzen Moment meldete sich auch die andere Schuld. Jene jedoch verflog schnell wieder, als er 'Die Eumeniden' von Aischylos erkannte. Ein kurzes Lächeln huschte über die Lippen des Iuliers. Hatte der Litteraturkurs an der Schola doch tatsächlich etwas gebracht (!), wenngleich die Ergebnisse der Abschlussarbeit - bei solchem Stoff (Litteratur) verständlicherweise - noch auf sich warten ließen.
    Schnell versiegte das Lächeln jedoch wieder, als Serapio seinen Vortrag stoppte. Er sah Dives an und dachte offensichtlich kurz nach. Wahrscheinlich fragte er sich, ob sich das iulische Grinsen auf seinen Vortrag bezog, was es ja schon irgendwie tat... aber nicht so. Nicht so, wie er den Decurio anschaute und im Anschluss zum Reden aufforderte...


    "... Ich... Aber das hab ich dir doch erzählt! Ich bin frisch ernannter Decurio von Ostia und will, dass die Menschen hier meinen Namen kennen, damit ich eine Chance habe zum Duumvir gewählt zu werden." Gut, das hatte er nicht erzählt, aber den Rest:
    "Deshalb wollte ich eine Tragödie auf die Bühne bringen und keine 0-8-15-Komödie, wie jeder andere Decurio auch. Und weil heute Tubilustrum ist und Vulcanus darüber hinaus der Hauptgott von Ostia ist, hatte ich mir überlegt, dass dieser Gott doch bitte auch mit vorkommen sollte. Und dann bin ich auf diese Truppe des Lucius Paris gestoßen, die mir sofort ein Angebot gemacht haben, das all das vereint hat...", erklärte Dives halb aufgebracht, halb verzweifelt. Er zog die Nase hörbar hoch und fixierte mit einem Blick, der neben Aufgebrachtheit und Verzweiflung auch etwas Enttäuschung zeigte, nun seinerseits Serapio.


    "Er ruft und fleht, aber keiner höret ihn (!)
    Tief im wilden Strudel..."


    So ergänzte er kleinlaut die nächsten beiden Verse des von Serapio gefundenen Stücks. Die schienen ihm nämlich wiederum ganz passend. Gut, dass er sich in Vorbereitung auf den heutigen Tag auch mit anderen Werken dieses Autors einigermaßen gut beschäftigt hatte, um bei eventuellen Fragen seiner Gäste nicht vollkommen aufgeschmissen zu sein. Anschließend schaute Dives wieder zu Boden. Er ahnte, wie es jetzt weiter ginge: Erst Schmerzen, dann das Geständnis, ob nun voll oder halb, spielte eigentlich keine Rolle, denn letztlich würde der Decimer auf beiden Wegen alles bekommen... alles, was der Iulier ihm nur irgend geben könnte.

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  • Zitat

    Original von Marcus Iulius Dives
    | Lucius Paris


    Seneca nickte nur kurz, "Glaub nicht dass das vorbei ist, wir haben dich im Auge.", gab ihm Seneca nochmal zu bedenken und klopfte ihm dann kurz auf die Schulter, als wäre es ein sehr unmotivierter Versuch den Hintergrund des Gespräches zu verschleiern, "Dann wären wir hier fertig.", fügte der Optio an, und verließ mit seinem Begleiter die Kulisse..

  • | Lucius Paris


    Der Kopf der Theatertruppe stand einfach nur regungslos da, noch immer mit den beiden Händen in Abwehrhaltung. Eine weitere Drohung wurde ausgesprochen. Sie würden ihn im Auge behalten. Der Peregrinus beschloss, dass er besser kein allzu großes Risiko eingehen sollte und nicht, wie ursprünglich geplant, auf Folgeaufträge in Italia hoffen sollte. Nein, er würde besser weiterreisen nach Hispania oder Africa, wenngleich eine Rückkehr in einigen Jahren keinesfalls ausgeschlossen schien.


    Dann schlug dieser grobe Rüpel ihm, einem feinfühligen Künstler, mit einer Wucht auf die Schulter, dass jene auch gleich ein ganzes Stück nachgab. Oder war das nur der Schreck, der Paris zusammenzucken ließ, als der Praetorianer ihn anfasste? Egal. Die Soldaten ließen ihn scheinbar erstmal wieder in Ruhe. Bis sie außer Sichtweite waren, blieb er einer Statue gleich (allerdings keiner so fetten, wie der heute gesehenen) stehen. Dann erst löste er sich, atmete erleichtert auf und würde die nächsten drei Tage mindestens Phantomschmerzen in seiner Schulter haben. Im Weggehen dachte er sich:
    "Hm... Vielleicht ist dieser Iulius doch nicht so talentfrei wie er zunächst aussah. Oder zumindest nicht absolut talentfrei. Zumindest dass es nicht seine Idee gewesen ist, scheinen sie ihm ja auch ohne meine Hilfe abgenommen zu haben..."



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  • Na so was! Überrascht blickte ich wieder auf den Text in meiner Hand, ja, er hatte das eindeutig zitiert. Ich war verblüfft... - ein Theaterliebhaber, einer der diese Verse so liebte, dass er sie auswendig hersagen konnte! So jemanden traf man selten. Leider. Also, eigentlich nie in den Kreisen, in denen ich mich normalerweise bewegte. Ach seufzte ich in der Tiefe meiner Seele, ach wäre ich ihm doch unter ganz anderen Umständen begegnet...!
    "Und sein, des Trotzglühnden, lacht die Gottheit,
    Ihn so zu sehn, der sich rühmte, nimmer sei
    Gefahr ein Zwang, noch nie das hohe Meer befuhr..."

    deklamierte ich (ablesend) weiter, meine Wehmut unter grimmiger Miene verbergend. Ich grinste abgründig wie die lachende Gottheit, legte das Stück weg und machte einen Schritt auf ihn zu.
    "Und da hast du dir also gedacht: was bleibt besser in Erinnerung als ein Stück, in dem dreist gegen den Kaiser gehetzt wird!! Was findet mehr Anklang, als der Vergleich zwischen dem Feuerbringer und den aus gutem Grunde verfemten Feinden des Imperators?!" Und ein weiterer Schritt auf ihn zu, ich wollte, dass er verdammt noch mal wenigstens kapierte wie sehr ein solches Stück... zündelte.... oder sollte ich sagen Brandstiftung war. Etwas Angst auszustehen geschah ihm recht und würde ihm nur gut tun.
    "Ist dir eigentlich klar dass du dich damit zum Unterstützer von Kaisermördern machst?!" drang ich ohne Unterlass weiter mit Fragen wie Schwerthiebe auf ihn ein, "Von Giftmischern, von Aufrührern, von niederträchtigen Subjekten, die nur um ihre persönliche Machtgier zu stillen dieses Reich in einen Bruderkrieg gestützt haben?!" Zornentbrannt packte ich ihn bei den Schultern, drückte ihn gegen das Regal in seinem Rücken – wobei mein rechter Arm protestierte, er war noch immer etwas steif und schwächer als der linke – mehr mit der Wucht meiner Wut als mit Körperkraft.
    "IST DIR DAS KLAR, IULIUS DIVES??!!!"
    Mein Zorn war real, nicht gespielt. Ich fand es absolut unverantwortlich, in diesen schweren Zeiten leichtsinnig oder gar gewollt solche Anspielungen vor das Publikum zu bringen. Wie sollte der Kaiser ein guter Kaiser sein, wenn ihm von allen Seiten nur Renitenz entgegenschlug?! - Doch zugleich spukte das "ich tue alles" wild in meinem Kopf herum, und so nahe... so ganz nahe... wurde der Wunsch diese Situation auszunutzen immer stärker. Was natürlich völlig daneben wäre, schließlich war er ein Bürger, kein Sklave, kein Fremder, nein, es wäre wirklich nicht in Ordnung... gar nicht... es wäre sehr verboten... Mit nicht nur vor Wut bebenden Nasenflügeln drückte ich ihn fester gegen das Holz, fixierte ihn mit nicht nur vor Wut glühendem Blick.

  • Sein Blick war bereits zu Boden gerichtet, sodass ihm entging, dass Serapio überrascht war. Viel mehr beschäftigte ihn außerdem auch die Frage nach dem Kommenden. Dives hatte nicht viel Erfahrung mit Gewalt gemacht in seinem Leben bisher. Schon in seiner Kindheit hatte er lieber den palavernden Senator gespielt, als einen kämpfenden und kriegenden Soldat. Einzig den für Paraden oder ähnliches blankgeputzten Uniformen, denen konnte er etwas abgewinnen. Aber sonst? Gut, dieser Tage kamen nun auch noch die gestählten Körper unter den Rüstungen dazu. Doch das änderte nichts daran, dass er eben keine Ahnung hatte von... wirklichem Schmerz, wie man so schön sagte. Angesichts der Tatsache, dass er ebenjenen nun erwartete, bereitete ihm das nicht nur Sorge, sondern machte ihm schlichtweg Angst!


    Der Iulier hörte die nächsten drei Verse und sah nicht auf. Serapio verstand sein Handwerk wirklich gut. Dives erkannte zwar, dass es sich um eine Art psychologische Kriegsführung handelte - denn wie anders sollte es wohl zu interpretieren sein, dass der Decimer hier Theater spielte, während er selbst eine mitunter gewaltsame Befragung befürchtete und erwartete. Aber einen Nutzen konnte er aus diesem Wissen nicht ziehen. Es wirkte. Es begann ihn fertig zu machen.
    Dann setzte der Praetorianertribun erneut aus und Dives hörte den Schritt. Er hielt die Luft an. Während Serapio sprach, blickte er wieder langsam zu diesem auf. Die Anspannung des Iuliers nahm zu. Er brachte keinen Ton heraus, wagte es nicht seine Lippen zu bewegen. Auf die Frage hin schüttelte er nur seinen Kopf, doch... ein weiterer Schritt in seine Richtung! Dives atmete wieder, leise und schneller als zuvor. Vorsichtig machte er einen kleinen Schritt nach hinten, um den Abstand zwischen ihnen erneut zu vergrößern. Viel war es nicht und viel brachte es auch nicht.


    Im nächsten Moment packte der Decimer Dives an den Schultern, dass der jene schützend hochzog und seine Augen zusammenkniff. Ein rechts und links nahm er jetzt genauso wenig wahr, wie ein oben und unten oder ein vorn und hinten. Er fühlte nur den Druck, physisch wie auch psychisch, während er mehr zurück stolperte, als dass er ging. Um nicht zu fallen, hielt er sich verkrampft an Serapios Unterarmen, nahe der Handgelenke fest. Das nächste Regal stoppte ihn äußerst unsanft und zwei oder drei Textrollen fielen von oben neben sie herab. Den Schmerz nach dem Aufprall spührte der Iulier aber nur kurz. Viel zu groß war die Anspannung.
    Er versuchte sich in andere Gedanken zu flüchten:


    'Doch spät jetzt strandet er mit allem Gut
    Gegen das Felsenriff des Rechts'

    "Keiner beweint, vermißt... mich..."


    , wisperte er den leicht abgewandelten letzten Vers. Es war nicht mehr als ein leises Hauchen, ein an die hörbare Oberfläche getretener Gedanke. Der Druck erhöhte sich abermals, als Serapio ihn so harsch anfuhr. Noch stärker als zuvor versuchte Dives nun die Augen vor all dem zu verschließen und sein Griff verkrampfte ebenfalls weiter. Er begann leicht zu zittern und war doch unfähig sich zu bewegen, mit dem Kopf zu nicken oder den Mund zu öffnen. Es dauerte ein bisschen, ehe er schließlich letzteres doch schaffte:
    "H...h ... h...h ... h...jah ... h...h ...", kam die Antwort dann irgendwo zwischen den aufgeregten und durch den geöffneten Mund natürlich deutlich klarer wahrnehmbaren Atemzügen. Ja, er hatte verstanden, nur bitte ließ der Decimer nun wieder von ihm ab! Er begann in Gedanken zu beten und niemand würde es hören, niemand könnte es hören - nicht einmal die Götter. Zwar war sein Mund noch immer genauso offen, wie seine Augen auch noch immer geschlossen waren, doch ließ die eigene Anspannung nicht eine einzige kontrollierte Bewegung zu. Aussichtslos, er war allein...

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