Decima Valeria

  • "Nein. Man konnte nichts für ihn tun."


    Meridius blickte sie an und dachte nach. Sie wollte also Priesterin werden.


    "Ich würde es begrüssen, wenn Du hier bleibst. Aber ich überlasse die Entscheidung Dir. Ich wünsche Dir alles Gute..."


    Er erhob sich wieder, hatte er doch einiges zu tun.

  • Nun war Valeria vollkommen durcheinander. Sie blinzelte verwirrt und fragte nach.
    "Ähm....Meridius? Ich glaube, ich verstehe dich nicht. Warum siehst du es nicht gern, wenn ich nach Rom gehe? Es sind nur wenige Tage, die ich dort bleiben würde. Ich möchte mich wirklich nur zur Discipula ernennen lassen und dann wieder nach Hause kommen. Schließlich kann ich die Schola auch nicht so lange ohne Vertretung lassen."

  • Meridius hielt inne.


    "Hatte ich etwas von nicht gerne sehen gesagt? Nein. Du kannst selbstverständlich nach Rom fahren. Vielleicht habe ich mich falsch ausgedrückt. Es tut mir leid."


    Er lächelte sie an.


    "Wie auch immer, ich muss los. Mach es gut und pass auf Dich und Dein Kind auf. Es ist ein Decima. Du bist eine Decima!"


    Dann wandte er sich um und ging.

  • Valeria hatte den Sklaven hereingebeten und sah nun von ihrer Arbeit auf.
    "Hallam?" wunderte sie sich. Seltsam. Sie kannte gar keinen Hallam.
    "Hat er gesagt, was er wünscht?" fragte sie daher nach, während sie sich schon erhob und auf den Sklaven zuging.

  • "Nein Herrin, das hat er nicht. Er hat nur nach dir verlangt." sagte ich und schloss die Tür hinter Valeria, als sie hinausgetreten war. Dann ging ich weiter meiner Arbeit nach.

  • Es regnete. Valeria hasste Regen. Andererseits hatte sie einem Gewitter zu verdanken, dass sie Maximian näher gekommen war. Trotzdem. Regen war Regen. Und in der Ferne grummelte es schon.


    Bei Kerzenschein und eingepackt in eine warme Decke, schrieb sie an einem Cursus für die Schola. Hin und wieder hielt sie inne in ihrem Tun und fuhr sich nachdenklich mit dem weichen Ende der Feder über die Lippen, nur um dann recht bald wieder mit dem Schreiben fortzufahren. Eine ganze Rolle Pergament hatte sie nun schon fast vollgeschrieben - und dabei waren es nur Stichworte. Draußen wurde es immer dunkler, obwohl es erst Nachmittag war. Und der Donner kam auch immer näher. Missmutig sah sie nach draußen, die Decke unwillkürlich immer fester um die Schultern ziehend.

  • Das Regenwetter hatte auf Maximians Tagesablauf keine Auswirkungen gehabt. Er hatte Unterricht von Apollonius bekommen, wie jeden Tag. Aber der Regionarus war heut ausgefallen, sodass Maximian endlich mal ein wenig durchatmen konnte. Er war seit dem Weggang seines Vaters zurück in die Germania seiner Mutter zur Hand gegangen, wo er nur gekonnt hatte. Allem Anschein nach trug er sich allmählich tatsächlich mit der Absicht erwachsen werden zu wollen.
    Summend lief er zielstrebig auf ein Cubiculum zu, in einer Hand ein schon halb gegessenes Stückchen Brot, das sich zur Hälfte in seinem Mund aufzuhalten zu schien, denn er kaute mit dicken Backen. Kein seltener Anblick im Hause Decima.
    Als er vor der Tür jenes Cubiculums ankam, das seiner C.... G.... Valeria! gehörte, lopfte er und brubbelte zwischen dem brotigen Brei hervor:
    "Mareria, ist mu ma?"

  • Valeria erschreckte sich, als es plötzlich schon wieder donnerte - direkt vor der Tür ihres Cubiculums. Dann erst merkte sie, dass das doch kein Donner war, sondern jemand, der um Einlass bat. Und zwar entweder mit einer erstaublich dicken Erkältung im Leibe oder aber mit vollem Mund. Sie schmunzelte und vermutete schon jemand ganz bestimmten hinter dem Holz der Tür.
    "Herein!" rief sie daher und hielt den letzten Gedanken, den sie gehabt hatte, noch eben schriftlich auf ihrem Pergament fest, während der Besucher eintrat.

  • Der Besucher war kein anderer als Maximian. Den trockenen Brotbrei in die Backen quetschend, lächelte er Valeria an, die, wie es zu erwarten gewesen war, über irgendwelchen Schriften brütete, bevor er die Tür hinter sich wieder zuschob und zu ihr hinüber ging. Sie schrieb gerade noch, sodass er ihr über die Schulter gucken konnte.
    "Mas masst mu memm ma?", fragte er und musste selber grinsen.
    Er las mehr oder weniger nur Stichpunkte, die ihm so, wie er las (nämlich mal oben und mal unten), überhaupt keinen Sinn ergaben. Er grinste und legte Valeria eine Hand auf die Schulter, die unter der Decke verborgen war. Und während er das tat, fiel ein Krümel auf ihr Pergament.

  • Valeria schrieb schmunzelnd weiter, als es wirklich Maximian war, der eintrat. Sie wusste noch immer nicht genau, wie sie sich ihm gegenüber nun verhalten sollte, also zog sie eine defensive Haltung vor und beendete zuerst einmal ihre Aufzeichnungen. Geschwungene Schrift zierte den Großteil des Pergaments - und ein Krümel.
    Valeria hielt inne und drehte den Kopf nach schräg oben. So von unten nach oben sah Maximian seltsam verzerrt aus. Der Adamsapfel war überdimensional groß und sie hatte direkten Blick in seine Nasenlöcher. :D
    Valeria sah ihn gespielt fragend an.
    "Das", sagte sie, "wird ein neuer Kurs für die Schola...."
    Nur mühsam konnte sie ein breites Grinsen unterdrücken.

  • Uiuiui.... und dazu noch die unnatürlich dicken Backen! Ein Glück sah Maximian sich so nicht selbst, sonst hätte er sich vielleicht noch erschreckt!
    Er grinste, als sie ihm sagte, was der Krümel werden würde. Ein neuer Kurs für die Schola, also. Maximian nickte und grinste besser nicht, weil sich dann die Lippen ein Stückchen weit öffnete. Er kaute und schluckte schnell etwas herunter.
    "Gut, gut", sagte er dann. "Vor allem die Stelle da ist äußerst interessant, wirklich sehr gut...." Er deutete auf den Krümel, grinste nun doch und drückte sanft Valerias Schulter, ehe er sich einen Sessel heranzog und sich setzte. Schweigend sah er Valeria zu, wartete geduldig, bis sie nicht mehr schrieb und kaute und schluckte derweil die Hamsterbacken leer.

  • Valeria grinste ihn an und verdrehte dann ebenso grinsend die Augen, ehe sie den Krümel schlicht vom Pergament pustete und den Satz noch fertig schrieb. Ihm folgten einige weitere Stichpunkte; dann legte sie die Feder weg und drehte sich halb herum, Maximian musternd. Im Laufe der Schwangerschaft war Valeria aufgeblüht. Ihre Konturen wirkten irgendwie weicher; und auch wenn man den Bauch noch nicht sehen konnte, so war ihr förmlich anzusehen, dass sie ein Kind in sich trug, das stark sein würde. So musterte sie als Maximian eine Weile, das blonde Haar sanft über ihre Schutler gewellt, ehe sie leise fragte:
    "Sag, was machst du eigentlich hier?"

  • Dass Valeria sich veränderte, fiel Maximian gewiss auf, während er sie so musterte. Sie war so wunderschön und sie war all das, was er sich wünschte. Mehr noch. Aber durfte sie nicht bekommen. Wehmütig senkte er kurz den Blick, ehe Valeria sich ihm zuwandte. Er legte das Brot auf den Tisch, den Kopf ein wenig schräg und zog die Hand nicht etwa zurück, sondern legte sie zögernd auf ihren Arm. Lange hatte er ihre Haut nicht mehr berührt, sodass sie ihm so viel weicher vorkam als alles andere, das er zuletzt berührt hatte. Sein Daumen fuhr sanft darüber, als er sie wieder ansah.
    In letzter Zeit hatten sie nicht sehr viel Zeit füreinander gehabt. Valeria hatte viel zu lernen und zu arbeiten gehabt und er war nur so hungrig, weil Geist und Körper seither mehr gefordert wurden als jemals zuvor. Er vermutete, dass das alles Nachwirkungen Meridius' Besuches waren und auch Vorbereitung auf den kommenden Lebensabschnitt - in beider Leben.
    "Hmmm, ich wollte dich einfach sehen. Allein, nicht unter zahlreichen Menschen. Wie geht es dir? Ist dir noch.... noch übel? Ich muss sagen, du siehst toll aus..."
    Das sah sie wirklich. Maximian schluckte und lächelte ein wenig.

  • Valeria sah auf Maximians Hand herab, die ihren Arm berührte, dann hob sie den Blick und sah ihm in die Augen. In letzter Zeit hatte sie die Erfahrung gemacht, dass ihr ihrer beider Schicksal weniger zu schaffen machte, wenn sie sich förmlich in Arbeit kniete. Deswegen hatte sie sich immer wieder förmlich Arbeit gesucht. Sie lächelte ihren Geliebten schief an, überging das Kompliment einfach und schüttelte den Kopf.
    "Nein, nicht mehr. Apollonius ist ein sehr fähiger Mann, das habe ich spätestens beim Cursus gemerkt. Das Pulver, das er mir gegeben hatte, ist inzwischen aufgebraucht, aber seine Wirkung hat es nicht verfehlt. Nur...in letzter Zeit zieht es ab und an", erzählte sie, während sich ihre Hand unbewusst auf den flachen Bauch legte.
    "Aber wie geht es DIR? Wann wirst du.....gehen? Wir haben wahrlich nicht mehr viel Zeit miteinander verbracht und ich muss sagen..."
    Sie sah ihn an und versuchte ein tapferes Lächeln.
    "...du fehlst mir."

  • Kaum merklich zogen sich Maximians Brauen zusammen.
    "Was sagt Apollonius zu dem Ziehen? Und ist es gut, dass dir nicht mehr übel ist?", fragte er und hielt im Streicheln inne. "Hast du ihm gesagt, dass das Pulver alle ist? Ich kann dir auf der Stelle neues besorgen, würde auch nicht lange dauern, wenn du es brauchst." Etwas unsinnig war sein Gedankenlauf ja schon, denn Valeria sah den Medicus sicherlich nicht viel seltener als er, aber naja... Mann eben. Er seufzte.
    "Mir geht es gut. Mir schmerzt zwar regelmäßig alles, wenn der Regionarus mich richtig drannimmt, aber so merke ich erst, dass die Übungen sich auszahlen." Ja, das taten sie. Sein Körper wurde langsam kräftiger, das Kreuz wuchs anstatt immer nur in die Länge allmählich auch in die Breite und vor allem auch die Arme nahmen stetig an Umfang zu. Doch das war Valeria alles verborgen geblieben, führten sie ihr Leben seither doch eher aneinander vorbei.
    Dann dieses Lächeln. Maximian hielt Valerias Blick noch einen Moment lang stand, aber dann senkte er den Kopf. Seine Hand suchte ihre, legte sich auf ihre Handfläche und zog sie auf dem Tisch ganz langsam weiter zu sich.
    "Ja, du fehlst mir auch", sagte er und hob den Blick wieder an. Er sah in Valerias wunderschöne Augen und wollte wie in der Vergangenheit einfach in ihnen ertrinken, doch er konnte sich nicht einfach fallen lassen. Er sah auf die beiden Hände und fuhr sich dann rasch mit der anderen Hand über die Augen.
    "Ich gehe im Frühjahr, sobald die Risiken für eine Reise mit meiner Mutter tragbar werden." Seine Stimme war ruhig, gar ein wenig tonlos und er sah Valeria ein klein wenig zerknirscht an. "Was wirst du dann tun?"

  • Valeria lächelte, und dabei traten ihre Pausbäcken leicht gerundet hervor, denn sie aß jetzt für zwei und hatte sicher schon etwas zugenommen.
    "Er sagt, wir müssen es beobachten. Und wenn du mich fragst: dass mir nicht mehr so schnell übel wird, ist gut. So kann ich wenigstens wieder normal essen, auch wenn ich praktisch immer hungrig bin und inzwischen fast so viel esse wie du", fügte sie mit einem schiefen Blick auf den Brotrest auf dem Tisch hinzu. Sie musste schmunzeln und betrachtete Maximian eine Weile aufmerksam.


    "Wie ist er so, der Regionarius?" fragte sie, den Blick auf Maximians Oberarme geheftet, die nur leicht erkennbar waren unter seiner Tunika. Sie fragte sich, wann sie sie das letzte Mal ohne störenden Stoff hatte betrachten können, doch verbot sie sich, diesen Gedanken auch nur zu Ende zu denken. Als er nun sichtbar bedrückt auf ihre Worte antwortete, zeigten ihre Augen einen matten Glanz. Sie beugte sich vor, hob die Hände und legte sie an Maximians Wangen. Valeria richtete sich leicht auf und küsste Maximian auf die Stirn, um anschließend ihre an die seine zu legen und leise zu sagen:


    "Ich werde warten, bis es keine Schande mehr ist, meine Gefühle offen zu zeigen."
    Dann zog sie sich wieder zurück, die Hände locker im Schoß aufeinandergelegt. Sie dachte kurz an die Zukunft, zuckte dann mit den Schultern.


    "Ich denke, ich werde mir die Zeit mit noch mehr Arbeit vertreiben. Apollonius schlug mir vor, ein Praktikum zu machen. Du weißt doch schon, dass ich den Cursus Medicinae als Medica bestanden habe? Naja...und dann werde ich wohl noch mehr lernen als zuvor. Und außerdem werde ich an verschiedenen weiterführenden Cursi teilnehmen. Ich habe mich für den Architektursursus eingeschrieben und bin gespannt, wie er wird...."

  • Sie aß inzwischen beinahe so viel wie er? Skeptisch zog Max eine Augenbraue hoch und musterte sie mit schiefgelegtem Kopf. Ihre Züge wirkten irgendwie ein wenig weicher, was womöglich daran lag, dass sie mehr in sich hineinschaufelte. Aber das bezweifelte der junge Mann doch sehr. Er kannte seine Valeria und sie war keine sonderlich große Esserin gewesen. Andererseits hatte er schon ewig nicht mehr mit ihr gemeinsam gegessen. Unsicher nickte er.
    "Ist das so? Du wirst mir doch nicht etwa Konkurrenz machen wollen?"
    Aber er zwinkerte kaum merklich, Valerias Hand leicht drückend, während ihr Blick sich ein wenig verlor. Sie fragte ihn nach seinem Fechtlehrer und er nahm die zweite Hand dazu, um mit ihren Fingern zu spielen.
    "Er ist... streng, hart und sehr genau. Und wirklich gut."
    Maximan nickte anerkennend, aber in seinen Augen funkelte es.
    "Aber irgendwann, wenn ich ausreichend viele Stunden geübt habe, kann ich ihm vielleicht ein ebenbürtiger Gegner sein. Wobei die Zeit dafür wahrscheinlich zu knapp sein wird."


    Bei dem unverhofften Kuss dann schloss Maximian die Augen. Wie sehr er sich nach Valeria sehnte - jetzt schwappten die Gefühle in einer Welle über ihn her. Er schluckte und öffnete die Augen, sah sich einen Moment lang noch an einem Ort, der fernab vom Hier und Jetzt war, wohin ihn Valerias Augen aber zu entführen wussten; ein trügerischer Ort, der eine trügerische Sicherheit ausstrahlte. Aber ehe er etwas sagen oder tun konnte, setzte sie sich schon wieder zurück in ihren Sessel und ließ warme Flecken auf seiner Haut zurück, wo ihre Hände ihn berührt hatten. Warme Flecken, die schnell wieder auskühlen würden.
    Zerstreut guckend versuchte Maximian sich auf Valerias Worte zu konzentrieren, aber sie kamen von so weit weg. Er verstand etwas von Arbeit, Erfolg, Praktikas, Architektur...
    "Nein, das wusste ich noch nicht. Meinen Glückwunsch, Valeria", sagte er und seltsam belegter Stimme, weshalb er sich räusperte. Sein Blick war dennoch nicht ganz klar... er war nicht ganz da. "Weitere Cursi, Architektur... Sind das nicht Dinge, die eigentlich nur Männer lernen? Und... solltest du nicht lieber Kräfte sammeln? Wenn... wenn du zu verschwenderisch mit deinen Kräften umgehst, wovon soll das... das... Kind wachsen? Und die Niederkunft... du..." Deutlich war zu sehen, wie Maximian schluckte und ein wenig bleich wurde. Er kannte sich in diesen Dingen ja nicht aus, aber seine Mutter hatte in Valentia einem Kind das Leben geschenkt und das wäre beinahe nicht so gut ausgegangen.
    Er würde weit weg sein, wenn bis dahin alles gut verlief und Valeria das Kind tatsächlich gebähren sollte. Was, wenn sie es nicht überstehen würde?

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