Beiträge von Manius Flavius Gracchus

    Ob dessen ich keinen neuen Thread eröffnen möchte, erdreiste ich mich schlichtweg diesen zu kapern, da er vom Titel her zumindest schon einmal passt.


    Ich bin auf der Suche nach den SimOff-Aufgaben, welche parallel zu den SimOn-Ämtern des Cursus Honorum zu erfüllen sind, insbesondere welche dies sind und welchem Amt sie zugehören. In den Spielregeln oder dem Handbuch konnte ich dies nicht finden, und die SimOff-Anleitungen sind alle als [alt] gekennzeichnet. Gibt es sonstig noch irgendwo eine Übersicht darüber?

    Zitat

    Original von Aurelia Drusilla
    ...
    „Eine Tür.“ Sagte sie aber dann doch etwas lauter als sie es beabsichtigt hatte.
    ...


    Weitaus schneller als das vorherige Rätsel war jenes gelöst.
    "Herrvorragend! Eine Tür, dies ist korrekt!"
    bestätigte Gracchus in Richtung Aurelia Drusillas und erkannte nun erst die Verwandte seiner Gemahlin, auf dass er sie mit einem erfreuten Lächeln bedachte.* Indes wurde seine Aufmerksamkeit alsbald von ihrem Begleiter in Beschlag genommen, einem jungen Manne - welcher diese Titulatur gerade erst wohl verdiente -, genau genommen von dessen blaufarbene Augen, die sein wohlgeformtes Gesicht dominierten. Vor einigen Jahren noch hätte diese Erscheinugn zweifelsohne dazu gereicht, Gracchus in ihren Bann zu ziehen, doch sein Blickt wandte sich unwillkürlich in Richtung der Kline, auf welcher Serapio lag - zu seinem Bedauern noch immer neben seiner Verlobten, was ihn veranlasste, sich zurück zu Drusilla zu wenden und statt sich in törichten Gedanken zu verlieren, lieber des nächsten Rätsels zu harren.



    Sim-Off:

    *Ich gehe davon aus, dass sich die beiden bereits auf der Hochzeit zumindest flüchtig kennengelernt haben.

    Ganz ohne sich dessen bewusst zu sein wanderte Gracchus‘ linke Braue ein wenig empor als er suchte dem Zusammenhang der Worte Cascas zu folgen, gleichwohl er nach deren Ende einige Augenblicke schwieg, um das Gehörte zu ordnen und mit Serapio, wie seiner eigenen Position in eine Relation zu bringen.
    "Du strebst also ein Amt im Cultus Deorum an?"
    suchte er ein wenig zögerlich nach, nahm dies indes sodann als gegeben hin und wies Casa Platz zu nehmen, ehedem er dies selbst wieder tat.
    "Eine überaus kluge Wahl in Anbetra'ht der Gegebenheiten. Es hat sich mir nie gänzlich erschlossen, weshalb deine Familie ihr Augenmerk stets nur auf militärischen Diligenz konzentriert."
    Immerhin war der Familienverbund der Decima um Livianus und seine Brüder nicht eben klein, so dass eine geschickte Streuung ihrer Mitglieder zumindest keine Frage der Quantität war. Im Wandel dieser Strategie indes eine Gefahr welcher Art auch immer zu sehen, lag Gracchus fern, welcher weder von Natur aus misstrauisch war - sofern eine potentielle Gefahr nicht seine Familie betraf -, gleichwohl selbst mit dem Leitbild aufgewachsen, dass eine Familie ihr Wirken zum Wohle Roms stets in alle denkbaren Richtungen auszuweiten hatte. Mit einem unscheinbaren Nicken wies er einen herumstehenden Sklaven an, dem Gast ein wenig verdünnten Wein einzuschenken.
    "Hast du, respektive habt ihr bereits überda'ht, in welcher Art und Weise dies geschehen soll? In Frage kommen allfällig ein Septemvirat, ein Quindecimvirat oder ein Augurat, wobei all diese Collegien ihre Vor- und Nachteile mit sich bringen, be..gonnen von der Art ihrer Aufnahme, bis hin zu den Aufgaben, welche sie erfüllen. Gleichwohl bringt ein solches Amt großes Ansehen, ob dessen die Aufnahme zweifelsohne eine erste Hürde sein wird und die erste Frage, welche stets gestellt wird ist jene, nach dem, was du vorweisen kannst und wie du dich bereits ausgezei'hnet hast."
    Gegenwärtig war Gracchus dies nicht präsent, doch er kannte Casca wiederum nicht gut genug, um der Details dessen Werdegangs inne zu sein.

    Nachdem die Weihezeremonie abgeschlossen und die Soldaten vereidigt worden waren, ließ Gracchus sich eine neue Toga drapieren, wohl wissend, dass sein Leibsklave das mit dem Blut der Opfertiere verschmutzte Tuch sorgfältig würde aufbewahren. Hernach begab er sich zu einem frei gehaltenen Platz in der vorderen Reihe der Zuschauer und genoss die Parade der Praetorianer - durch die zur Schau gestellte geballte Manneskraft dabei nicht einen Herzschlag lang gelangweilt. Als das Chaos über das Marsfeld hinwegwehte vergaß er gar einige Augenblicke den Anschein von Gravitas zu wahren und blickte mit vor Bangen leicht geöffnetem Mund über das Durcheinander, nur um im Entstehen des Skorpionenstachels um so größeres Entzücken zu empfinden und in den lauten Applaus einzufallen.

    Erwartungsvoll lauerte Gracchus auf die passende Antwort zu seinem Rätsel, doch obgleich die ein oder andere Vermutung angestellt wurde, mochte doch der rechte Begriff nicht fallen. Er grübelte bereits selbst, ob er - durch den Wein evoziert - allfällig einen wichtigen Hinweis hatte vergessen, doch erschien ihm die Lösung durchaus erdenklich - indes dies für den Rätselsteller wohl kaum je verwunderlich war. Dennoch mochte er noch nicht die Auflösung verraten, gleichwohl er bereits abgelenkt wurde durch ein weiteres Ratespiel, welchem er sich mit Begeisterung hingab - denn seinen Geist in solch genüsslicher Manier zu beflügeln, war durchaus ein Zeitvertreib, welchem der Flavier mehr als zugeneigt war.


    Zitat

    Original von Faustus Decimus Serapio
    Ein flamboyanter Zecher auf der anderen Seite des Saales (den man ausserhalb der tollen Tage als staubtrockenen Bürokraten in der Stadtpräfektur kannte) warf schon ein weiteres Rätsel in die Runde:
    "Ich habe Flügel, aber ich fliege immer nur im Kreis, ich singe, aber nur wenn der Wind mir was vorpfeift, und ich kaue, aber nur das was Ceres euch schenkt. Was mir durch die Gurgel rinnt, das endet bei euch auf dem Tisch. Was bin ich?"


    "Flügel im Kreis ... der Wind ... Ceres ... auf dem Tisch ..."
    , kaute Gracchus die Worte buchstäblich leise vor sich hin und verdichtete sukzessive seine Gedanken, ehedem er mit leuchtenden Augen emporblickte und rief:
    "Die Windmühle! Angetrieben durch ihre Flügel, durch welc‘he der Wind streicht, mahlt sie das Korn, die Gabe Ceres‘, dass es in be..kömmlicher Weise auf unserem Tische serviert werden kann!"
    Er rieb sich entzückt die Hände, denn die Bildhaftigkeit dieses Rätsels erfreute ihn beinahe noch mehr als die Lösung, wiewohl die Flügel ihn bereits zu neuem inspirierten.
    "Ein einfaches noch, ein ganz einfa‘hes: Ich besitze ein Schloss, doch bin ich kein König. Mit meiner Angel fange ich keine Fische. Und auf ... meinem Blatt schreibt niemand Worte nieder. Wer bin ich?"

    Erwartungsvoll lauschte Gracchus den Worten seiner frisch angetrauten Gemahlin - Prisca als gütige Königin, dies war zweifelsohne eine Vorstellung, welche er sich durchaus lebhaft konnte imaginieren, wiewohl dieser kindliche Wunsch ihm gleichwohl nicht sonderbar erschien - einzig allfällig die Scharen von Ehefrauen, an deren Spitze sie sich sah.
    "Dies kling keinesfalls dumm. Wahrhaftig klingt es weitaus auf..regender als meine eigene kindliche Utopie."
    Es war dem Flavier ein wenig unangenehm nun eben diese ausbreiten zu sollen, denn wiewohl die eigene Frage ihm überaus adäquat erschienen war, von den weiteren Pflichten der Ehenacht abzulenken, so hatte er in seiner Anspannung nicht die unausweichliche Konsequenz bedacht. Er sog unbewusst seine Unterlippe zwischen die Zähne und ließ sie langsam wieder daraus hervor, ehedem er zögerlich ansetzte:
    "Ich wollte ... Schauspieler werden, ... respektive Tänzer. Mein Onkel Corvinus, Felix' Vater, besaß ein paar Sklaven, welche diese Kunst vorzügli'h beherrschten. Ich war gänzlich fasziniert davon wie sie es nach den Cenae vermochten ohne ein Wort, einzig durch die Bewegungen ihres Körpers zu den Klängen einer Melodie eine Geschichte zu erzählen, so immersiv, dass ich mich regelmäßig darin verlor. Sie konnten Götter sein oder Tiere, Könige oder Bauern, Heroen oder Diebe, Männer oder Frauen, ja sogar Bäume oder Felsen. Die Bühne schien mir der Schlüssel zu sein, sich nicht fest..legen zu müssen und gleichsam alles sein zu können außer man selbst."
    Wie jene Sklaven zwischen ihren Auftritten lebten, dies wusste er damals selbstredend nicht.
    "Als mein Vater eines Tages mich dabei überraschte wie ich suchte den Tanz des Polydeukes na'hzuahmen, war er überaus wütend. Ich habe sehr lange geglaubt, dies wäre der Grund gewesen, weshalb er mich so früh schon nach Achaia sandte."
    Ein schmales Lächeln, weniger amüsiert als vielmehr wehmütig, kräuselte Gracchus' Lippen. Hätte er die Gründe seines Vaters damals verstanden, hätte jener nur später sie ein einziges Mal ihm elaboriert - vermutlich hätte er weit weniger gegen all dessen Entscheidungen rebelliert als es geschehen war.
    "Ein Königrei'h habe ich nicht zu bieten"
    , brachte Gracchus das Thema zurück auf Priscas Traum. Beinahe hätte er ihr ein Kaiserreich offerieren können, doch so sehr sie auch als Kaiserin zweifelsohne hätte brilliert, so wenig hätte er dies als Kaiser selbst.
    "Die Position einer Königin indes wäre dur'haus dereinst erdenklich, jene der regina sacrorum."
    Vor einem weiteren Schritt im Cultus Deorum müsste er im Grunde zuvor das Konsulat absolvieren, denn hernach wäre dies ausgeschlossen. Gleichsam spielte Gracchus immer öfter mit dem Gedanken, diese strapaziöse Verpflichtung schlichtweg zu umgehen, wiewohl letztlich ohnehin alles von Menenius Lanatus würde abhängen.
    "Wäre dir dies ... erstrebenswert?"
    suchte er herauszufinden, was sie von ihrer jetzigen Zukunft erwartete.

    Zum Freifahrtschein:
    Ich bin ebenfalls der Meinung, dass vor allem veränderte Lebensumstände (Einstieg ins Berufsleben, Ehe, Kinder, ...) und darob verändertes Freizeitverhalten ein Hauptgrund sind, weshalb langjährige Spieler gegangen sind - und ebenso ein Grund, weshalb sie kaum zurückkehren. Der andere Grund waren SimOff-Differenzen, deren Auslöser oftmals noch immer existieren, ob dessen die betroffenen Spieler (zumindest jene, welche ich kenne) kaum einen Hang zur Rückkehr verspüren.


    Zum Mitgliederschwund:
    Auch wenn dies ein wenig pessimistisch sein mag - ich bin der Ansicht, dass das IR nur daher eine Blütezeit erleben konnte, da es zu dieser Zeit im deutschsprachigen Raum eine Lücke für zwei Bereiche ausfüllte: ein Multiplayer-Onlinespiel mit Belohnungs-/Aufstiegssystem, gleichsam ein Foren-Text-Rollenspiel. Mittlerweile jedoch gibt es für die um virtuelle Belohnung bemühte Spiellerschaft WoW und Konsorten, sowie zahllose MMPO-Browsergames und andere virtuelle Welten, für die schreibwütigen Rollenspieler indes die freie Auswahl an RPG-Foren aller Genres, Zeiten und vor allem Charakter-Möglichkeiten. Jene Spieler, welche das eine oder das andere hier erwarten, merken schlichtweg alsbald, dass das IR keines von beidem zufriedenstellend bietet.


    Zur Mitgliedergewinnung:
    Um herauszufinden, was das IR spielenswert macht, sollten wir allfällig die Frage stellen, weshalb jene, welche (noch immer) hier sind, hier sind. Wiederum etwas pessimistisch befürchte ich jedoch, dass dies kaum zur Mitgliedergewinnung taugt - und das IR als Phänomen seiner Zeit somit zum Stillstand, respektive sukzessiven Untergang verdammt ist.

    Zitat

    Original von Faustus Decimus Serapio
    ...
    Wer fand wohl zuerst des Rätsels Lösung?

    Dem Saturnalienfürst selbst gleich erhob sich Faustus über die Menge und zweifelsohne strahlte er kaum nur weniger - mit dem Ähren-gerkänzten Pileushaupt und der freien Schulter -, und zweifelsohne konnte er in Gracchus' Augen tragen was er wollte - selbst nichts - stets würde der kühne Hauch des Heroen ihn umwehen. Kein Auge hatte der Flavier für die kostbare Krone, gab es doch nichts kostbareres als das Unerreichbare, gab es für ihn nichts kostbareres mehr als den genussvollen Anblick, mit welchem er sich musste begnügen. Als Serapio sein Rätsel hatte beendet wurden Gracchus' Augen indes für einen Herzschlag groß - hatte er dies für ihn gestellt? War dies eine klandestine Botschaft, die Aufforderung etwa, die Herrscherin an diesem Tage vom Throne zu stürzen - wie es doch ohnehin bereits der Fall war - und dem König zu folgen? 'Die absolute Macht' - wollte Faustus damit andeuten, dass der Saturnalienfürst auch über ihn würde verfügen können? Gracchus sog scharf die Luft ein, doch ehedem er die Antwort auf das Rätsel in den Raum warf, hielt er inne. Es war ein törichter Gedanke und er würde sich nur zum Narren machen, zum rex fatui, würde er ihm nachgeben.


    Zitat

    Original von Lycidas

    Lycidas Hand geht zu dem Tisch neben der Kline. Dort steht ein silbernes Serviertablett. Er legt die Reste darauf beiseite. Fährt mit einem Zipfel seines Himation einmal darüber. Sieht sein Ebenbild in der blanken Fläche kaum verzerrt wiedergespiegelt. Eine aufsteigende Tonfolge von fragendem Klang spielt er auf der Lyra. Die Aufmerksamkeit so auf sich gezogen. Hebt er schüchtern jenen Spiegel. Zu dem heiteren Urheber des Rätsels blickend.

    Die Antwort kam überaus lautstark und bereits ein wenig schwer zu verstehen, wie auch das nachfolgende Rätsel, über welches Gracchus noch nachsann, als eine Antwort gänzlich besonderer Art den Raum durchdrang.
    "Ein Spiegel? Aber nein, dies könnte nur die Antwort des eitlen Narcissus sein! Viel eher scheint mir die Lösung der Wunsch..traum zu sein, denn was sonst zeigt uns, was wir lieben? Glei'hwohl sehen wir nicht das Konstrukt als solches ... obgleich ich zugeben muss, ... dass sich mir nicht er..schließen mag, in welcher Relation der Proteus nun dazu stehen mag?"
    Verwirrt nippte der Flavier an seinem Weinbecher, als bereits das nächste Rätsel folgte.


    Zitat

    Original von Quintilia Valentina/]Publius Fidiculanius Imbrex
    "Mit einer Silb' ist's abgetan.
    Was ist es?
    Flügel hat's am Leib.
    Mit einem A ist es ein Mann, mit einem U desselben Weib."

    Da weder die Silbe, noch die Buchstaben Gracchus' Gedanken auf eine Spur zu bringen vermochten, suchte er sich auf die Flügel zu konzentrieren und zu jeder Vermutung sodann die weiteren Prämissen zu prüfen. Begonnen bei Hermes und Mercur, über Ikarus und Dädalus, einen Pfau, einen Fasan, die Nachtigall und die Lärche, den Spatz und den Sperber, den Schwan, eine Gans oder Ente, gelangte er schlussendlich zu:
    "Ein Hahn und ... ein Huhn!"
    Und warf sodann ebenfalls noch ein neues Rätsel in die Runde.
    "Keine Hülle ist ihm an..zusehen, gleichwohl ist es existent.
    Es hat kein Gewicht, doch fügst du es einem Objekt zu, wird dieses lei'hter.
    Was ist dies?"

    Das Rätselraten war Gracchus eine durchaus vergnügliche Pläsier, wenn auch ihm allmählich ein wenig warm wurde - nicht zuletzt durch den Fluss des Weines, welcher naturgemäß bei solchem Wettstreit die Kehle feucht und die Gedanken flüssig hielt.

    Zitat

    Original von Avianus, Sibel, Serapio


    Das Rätsel war augenscheinlich genau im rechten Maße gewählt, um die Hirne der Ratenden ein wenig intensiver in Bewegung zu bringen. Die Frage nach dem Vesuv quittierte Gracchus mit einem Kopfschütteln und musste sodann feststellen, dass deplorablerweise wohl niemand um ihn her auf die Lösung kam. Schon wollte er einen weiteren kleinen Hinweis einstreuen als endlich ein wenig entfernt ein traute Stimme die Antwort mitsamt der logischen Herleitung offerierte.
    “In der Tat, der Funke! Her..vorragend!“
    wies er anerkennend in Richtung des Lösenden und wurde im gleichen Augenblicke sich gewahr, weshalb diese Stimme so vertraut ihm war. Der Überschwang auf seinem Antlitz erstarb in gleicher Weise wie seine Hand sich senkte, doch nur einen Herzschlag später hob sich sein Mundwinkel zu einem schiefen Lächeln, geleitet von verklärtem Blicke als das Fest um ihn herum sich zerstreute in eine belanglose Kulisse, welche einzig dazu geschaffen war ihre Verbundenheit zu umgeben. Ein Funke nur und alle Opfer waren vergessen - denn was würden Cupido und Eros anderes entfachen als die einzig wahrhaftige Liebe, jene, welche längst und noch immer in ihm schwelte, von Anbeginn bis zum Ende seiner Zeit?
    “So gebe ich ab an diesen klugen Geist, ein neues Rätsel zu ersinnen!“

    Ein Schlag mit dem malleus auf den Hinterkopf brachte den Löwen beinahe um seine Besinnung, so dass er den im nächsten Herzschlag folgenden Kehlschnitt allfällig nicht einmal mehr registrierte. Einen letzten Augenblick wehten einige Strähnen der prächtigen Mähne um sein Haupt ehedem der Körper der Raubkatze auf der Seite aufschlug und ein Schwall des dunkelrotfarbenen Blutes sich auf den bereits befleckten steinernen Grund ergoss. Rasch wurde eine patera angereicht, um den Lebenssaft aufzufangen, zwei weitere noch folgten dieser hernach, das übrige Blut sammelte sich sodann um den toten Löwen als der Schlächter ihn ausnahm und die vitalia aus seinem Inneren schnitt. Gracchus musste wohl eingestehen, dass dieses Ende als Gabe für die Götter einem solch majestätischen Tier weitaus angemessener war - wenn auch aus Sicht der Raubkatze nicht minder deplorabel - als jenes langsame Hinscheiden, welches seinen eigenen Löwen einst hatte ereilt. Bedächtig begutachtete er die Innereien, suchte nach Makeln auf der glitschigen Oberfläche, nach Verfärbungen und Knoten oder sonstig abnormalen Zeichen. Letztlich blickte der Pontifex auf und verkündete:
    "Litatio!"
    Eilig wurden die Überreste des Opfertieres beiseite geschafft, um Platz zu machen für das Zeremoniell das nun folgte, denn die vitalia würden erst nach dem Kochen dem Opferfeuer übergeben. Eine tragbare Feuerstelle mit glimmenden Kohlen wurde herbeigetragen, darüber eine große, golden glänzende Schale platziert, ehedem Fanfarenstöße ertönten, um noch einmal Ruhe einzufordern. Gracchus trat hervor, noch immer das Haupt mit einem Zipfel seiner weißfarbenen Toga bedeckt, und erhob die Stimme - zu den Opferherren und Zuschauern, doch mehr noch zu den Prätorianern.
    "Die Götter haben entschieden! Mit Wohlgefallen haben Mars, Fides und Honos unsere Gaben angenommen und konsentieren der prätorianischen Garde ihren göttli'hen Schutz und ihre göttliche Gunst zu gewähren, die Herzen der Praetorianer mit Stärke, Treue und Ehrenhaftigkeit zu erfüllen, auf dass sie das das Wohl des Imperator Casesar Tiberius Aquilius Severus Augustus und seiner Familie - das Wohle Roms - zu schützen vermögen! Durch die Kraft des ihnen geopferten Lebens wird ihre göttliche Stärke in jedem Augenblicke eures Tuns präsent sein und euch ermä'htigen, eure Pflicht zu erfüllen, euch gemahnen an euren Eid, aber auch an das Ver..trauen und die Zuversicht, welche Rom in euch setzt!"
    Zu seiner Seite hatten sich die ministri eingefunden, die auf ledernen Tüchern die warmen Schalen mit dem aufgefangenen Blut der Opfertiere trugen. Während ein leises Trommeln einsetzte nahm Gracchus die erste Schale - eine von jenen, welche das Blut des Stieres enthielten, und goss den roten Lebenssaft weihevoll in die große goldfarbene Schale hinein, dabei einige altlatinische Worte raunend, um die Kraft des Opfers zu binden. Auf diese Weise wurde auch das weitere Blut des Stieres, des Löwen und der Löwin beigefügt und zuletzt mit einem goldenen Stab ein wenig vermengt. Sodann marschierte eine Riege kaiserlicher Beamten auf, allesamt in weißfarbenen Tuniken mit goldenen Rändern und efeubekränzten Köpfen, in ihren Händen purpurfarbene, samtige Kissen, auf welchen die neuen Imagines noch unberührt glänzten. Einer um den anderen trat vor den Pontifex pro magistro hin, der ein zu einem Pinsel geformten Büschel aus weißfarbenem Pferdeschwanzhaar in das vermengte Blut tunkte und sodann die Bildnisse der kaiserlichen Familie damit besprengte - so dass das erste Blut, welches die Imagines benetzte stets das den Göttern geweihte war. Die Beamten waren beinahe schon alle an ihm vorbeigegangen als Gracchus bei der Weihe seinen Arm ein wenig ungeschickt über die Schale hielt und beim Zurückziehen - ganz wie zufällig - ein Zipfel der Toga sich in den roten Lebenssaft hin eintauchte. Gänzlich professionell ignorierte er dieses vermeintliche Malheur, denn letztlich war es nicht weiter ungewöhnlich, dass das Gewand des Pontifex oder des Opferherren während eines Ritus Spuren des Opfers erhielt. Nachdem alle Beamten samt ihrer Kissen voll Imagines an ihm waren vorübergeschritten - weiter zur kaiserlichen Familie hin - traten nun unter militärisch knappem Kommando und Fanfarenstoß die Standartenträger der Prätorianer hervor. Nur vor der göttlichen Macht oder dem Imperator Augustus war es ihnen erlaubt, ehrenvoll ihre Standarte zu senken - und an diesem Tage taten sie beides. Zuerst zogen sie an Gracchus vorbei, welcher nun auch Standarte um Standarte mit dem Opferblut benetzte und der Kraft der Götter weihte, und der dabei nicht umhin kam durchaus ein wenig persönlichen Gefallen zu finden an dem prächtigen Anblick der herausgeputzten Signiferi. Sodann traten sie zur kaiserlichen Familie hin, um die Imagines aus deren Hände zu empfangen.

    Zitat

    Original von Prisca, Avianus, Sibel und Scato


    Mit einem Nicken und einem pikaresken Lächeln um die Lippen quittierte Gracchus die Worte Avianus', schien dieser doch bereits auf der richtigen Spur, indes kam augenscheinlich seine Begleiterin ihm mit der Antwort vorweg.
    "Ausgezei'hnet! Nichts ist in der Tat des Rätsels Lösung! Nun, wie es mir scheint bedingt der scharfsinnige Ver..stand dieser Gesellschaft ein etwas diffizileres Rätsel."
    Da es dem Flavier bereits auf der Zunge lag, fügte er dies auch sogleich an:
    "Er schläft tief verborgen in einem steinernen Haus, eine eherne Waffe fordert ihn heraus. Unscheinbar klein und schwach kann jeder Atemzug ihn be..zwingen, selbst der Tropfen des Regens kann ihn verschlingen. Doch wä'hst er durch seinen gierige Fraß empor tritt aus ihm der schlimmste Feind der Stadt hervor."
    Während das Rätsel seine Wirkung entfaltete ließ Gracchus beiläufig seinen Blick durch den Raum schweifen, blieb einen Moment hier an den fein geschwungenen Lippen eines markanten Gesichtes hängen, schweifte da über einen athletischen Körper hinweg, und visierte dort das ebenmäßige Antlitz eines fremdländischen jungen Mannes, ehedem er unwillkürlich sich an jenen Tisch hin verirrte, an welchem Serapio lag - neben einer jungen Frau, welcher er neckisch einen Spieß andiente. Er schien nicht unglücklich mit seiner Verlobten - ganz im Gegenteil. Aus zusammengekniffenen Augen visierte der Flavier die übrigen Gäste um diesen Tisch auf der Suche nach einem Manne, welcher den Namen Borkan verdiente - ein homo novus zweifelsohne, allfällig aus Raetia oder Noricum stammend, groß und muskulös, doch eher grobschlächtig und plumb in seiner Art (obgleich dies selbstredend in keinem Falle zu Faustus' exquisitem Geschmack mochte passen, doch ein Mann, der nicht nur den Namen Borkan trug, sondern Faustus in seinen verderbten Bann hatte geschlagen, konnte schlechterdings kein Adonis sein). Er fand keinen solchen Mann, doch zweifelsohne war er irgendwo unter den Anwesenden. Mit einem unterdrückten Seufzen wandte Gracchus sich wieder seinem Weinbecher zu. Er hätte die Einladung nicht annehmen sollen, er hätte zuhause bleiben und gemeinsam mit Scato die Vorräte des flavischen Weinkellers dezimieren sollen. Was nur hatte er erwartet? Eine Wiederholung der unvergesslichen Meditrinaliennacht, in welcher alles begonnen hatte? Sein Blick fiel auf Priscas' Hand, glitt von dort ihren Arm entlang zu ihrem Antlitz - Aphrodites Tochter gleich lag sie neben ihm, eine Augenweide welche jedem Mann die Sinne musste rauben. Eingehend betrachtete er ihre Rundungen, den Schwung ihrer vollen Lippen, ihre makellose, helle Haut und ihr perfektes Ebenmaß. Allfällig sollte er noch einmal Meister Fasiri aufsuchen. Oder den Göttern ein Opfer bringen. Einen Tempel für Cupido bauen. Eine Wallfahrt unternehmen zum Heiligtum des Eros nach Athenae. Das mare internum austrinken. Vorerst indes begnügte er sich damit, seinen Becher erneut zu leeren. Dieser überaus süffige Wein würde ihm zweifelsohne an diesem Abend noch zum Verhängnis werden.

    Ein wenig Skepsis lag in Gracchus' Blick über die Wahrheit, welche sie beide verband - war es doch nur ein geringer Anteil der Wahrheit, welche so weit umfassender war, gleichwohl konnte er diese, was auch immer würde geschehen, niemals mit ihr teilen. Priscas Desillusion indes entging ihm vornehmlich, denn wie so oft fehlte dem Flavier in diesem Augenblicke schlichtweg jegliches Gespür für das Sentiment seines Gegenübers, war er selbst indessen viel zu sehr eingeschüchtert durch ihre körperliche Präsenz. Als ihre Hände sodann seine Schultern berührten zuckte er zusammen - er konnte es schlichtweg nicht verhindern, obgleich ihm zugleich der Gedanke kam, dass sie so vollkommen anders war als Antonia. Er suchte sich zu entspannen, doch sein Herz schlug ihm bis zum Halse, und als er auch noch ihre Brüste in seinem Rücken spürte versteifte er sich vollends. Vollkommen anders.
    “Nichts ...“
    , setzte er an, um sodann noch einmal etwas gefestigter hinzuzufügen:
    “Nichts spri'ht dagegen.“
    Er hob seine Hand und gebot damit einer der ihren Einhalt, ehedem er sich ein Stück weit zu ihr umwandte, um der Berührung ihres Oberkörpers zu entkommen, welcher damit indes ihm wieder vis-a-vis lag, was seiner Situation ebenfalls nicht dienlich war.
    “Es ist mir nicht zuwider“
    , dementierte er.
    “Es ist ... verstörend und ... nicht enthusiasmierend im ... Verglei'h ...“
    Einen Augenblick schien Gracchus den Vergleich anfügen zu wollen, doch letztendlich unterließ er dies, senkte den Kopf - jene Männer hatten nichts zu suchen in seiner Hochzeitsnacht, gleich wie sehr er sich nach ihrer Anwesenheit sehnte.
    “Am Ende ist mein Leib nur ein Leib, den man ... in gewissem Maße trügen kann so die Not..wendigkeit es bedingt.“
    Er entließ Priscas Hand aus der Seinen, nahm den Zipfel einer der Decken - ein edles Gemisch aus Seide und Wolle - und zog sie über ihre Schultern. Es war nicht kalt im Raume, doch irritierte ihn schlichtweg ihre Nacktheit in Anbetracht des Gespräches.
    "Diese Zeit für- und ... miteinander mit Reden und La'hen zu verbringen wäre mir weitaus agreabler."
    Irgendwo in seinem Hinterkopf protestierte die Stimme Serapios, dass Gracchus' Augen sich ein wenig zusammenzogen und er für einen Moment intensiv nach dieser Harpyie in Priscas Antlitz forschte, ehedem er dieser Bedenken mit einem leichten Kopfschütteln sich entledigte. Er musst irgendwie dieses Beisammensein in einer andere Richtung lenken, insbesondere nachdem sie es regelrecht hatte angeboten.
    "Als du noch jung warst ... ein Kind, meine ich, ... wie hast du dir damalig deine Zukunft imaginiert, gänzli'h frei von aller Pflicht und aller Erwartung?"
    schlug er einen zugegebenermaßen recht großen Bogen, doch Gracchus glaubte daran, dass der unverdorbene Kern eines Menschen im Kinde lag und je länger er auf der Welt weilte, desto mehr er sich durch Pflichten, Zwänge und die Gewalt der Parzen von sich selbst entfernte.



    [size=7]edit: Tippfehler...[/size]

    Am kommenden Abend, im Anschluss an den Hauptgang der Cena, unterrichtete Gracchus die Familie vom Ableben seiner Tochter, erwähnte nur, dass sie in Lavinium einer Krankheit erlegen sei, und entzog sich weiteren Fragen - wiewohl weiteren Lügen - dadurch, dass er sich ob der deplorablen Angelegenheit sogleich entschuldigen ließ und zurückzog. Die Nacht war ihm eine Qual, torquierte doch ein Alb nach dem nächsten ihn gänzlich hindurch, und verfolgten ihn noch in den Tag hinein, dass es schlimmer kaum noch hätte kommen können. Doch selbstredend kam es schlimmer - als ein hagerer Sklave - Sciurus war längst auf dem Wege nach Lavinium - in sein Officium trat und vermeldete:
    "Herr, ein Brief wurde für dich abgegeben, nicht adressiert, doch der Postbeamte ist sich sicher, dass du der Empfänger bist, da die Nachricht aus Alexandria stammt."
    Sorgenvoll zogen Gracchus‘ Brauen sich zusammen als er sucht, ein Aufstöhnen zu unterdrücken. Ein nicht adressierter Brief aus Alexandria - dies konnten nur unangenehme oder entsetzliche Nachrichten bedeuten, oder gar beides zugleich.
    "Lege ihn hier auf den Tisch und ... dann lasse mich allein"
    , wies er den Sklaven an, denn obgleich er sonstig niemals selbst seine Post las, so traute er doch an diesem Tage niemandem im Haus. Der Sklave legte die Rolle ab und als er den Raum verlassen hatte brach Gracchus das Siegel, welches unbezweifelt ein flavisches war.
    "Manius patri suo salutem dicit"
    , las er leise und fand auch den Namen seines Sohnes zum Abschluss des Textes. Einen Moment lang schloss er die Augen, atmete tief durch, um sodann mit zittriger Hand das filigrane bronzene Lineal von seinem Schreibtisch zu nehmen und dies Zeile um Zeile zu schiebend den Brief zu lesen. Gut angelangt war sein Ältester immerhin in Alexandria, auch untergekommen bei Sulpicius, und hatte sich bereits eingeschrieben im berühmten Museion. Obgleich die befürchtete Schreckensbotschaft bis zum Ende hin ausblieb - vermutlich war der fehlende Empfänger nur der Nachlässigkeit eines Sulpicius' Sklaven geschuldet - so bohrten die letzten Worte Minors sich doch einem Dolch gleich in Gracchus' Herz. Lange Zeit starrte er nurmehr auf den Namen seines Sohnes, starrte auf den Namen seiner Familie, versank in dem Grauen, welches dieses Erbe mit sich brachte, welches das Erbe seiner Mutter mit sich brachte, haderte ob der Wahrheit oder Lüge. Doch Minor war zweifelsohne alt genug, die Wahrheit zu erfahren, letztlich war es gar unabdingbar, dass er davon erfuhr - denn wer mochte ihn eines Tages vor einer Tochter bewahren? Am frühen Abend noch diktierte er darob einen Brief, die Wahrheit nicht gänzlich enthaltend, doch zumindest ohne eine Lüge.


    Manius Flavius Gracchus Minor, Domus Sulpicia, Polis Alexandreia, Oikiai tes Alexandreias
    Provincia Alexandria et Aegyptus


    Mein Sohn,


    nur allzu gerne würde ich dir noch einmal erfreuliche Neuigkeiten berichten aus deiner Heimat, doch muss ich dir deplorablerweise mitteilen, dass deine Schwester in das Elysium übergetreten ist. Hier wie dort in der Ferne deines Aufenthaltes bleibt nicht mehr als ihrer Iuno ein Opfer zu bringen, auf dass sie Frieden finden mag.


    Mögen die Götter über dich wachen und dich beschirmen!



    Hatte so manch ein Zuschauer wohl geglaubt die Löwin stelle bereits den Höhepunkt der Exotik dieses Rituales dar, so musste diese Ansicht zweifelsohne revidiert werden - wurde doch nun an einer Kette ein Löwe herbeigeführt. Stattlich bauschte seine sandfarbene Mähne sich um den Kopf, durchzogen von den rot- und weißfarbenen Bändern des Opferschmuckes, wehten einzelne Strähnen im lauen Wind, dass Gracchus sich für einen kurzen Augenblick die Frage stellte, ob gar ein Tonsor herangezogen worden war, das Opfertier vorzubereiten. Obgleich auch der Löwe selbstredend zuvor ein wenig ruhig gestellt worden war, musste der Tierbänder nicht erst nachhelfen, um seine beeindruckende Stärke vorzuführen, denn angeregt durch den Duft aus frischem Blut und Fleisch brüllte das Tier auf halbem Wege auf, dass dies zweifelsohne bis in die letzten Reihen der Zuschauer zu vernehmen war, während die vorderen Ränge sich auch der furchteinflößenden Zähne des Löwen konnten versichern. Da es aus kultischer Sicht nicht zulässig war zum Schutz des Opferherren einem Tier seine charakterlichen Züge zu nehmen etwa durch das entfernen der Reißzähne oder das Ziehen der Klauen, indes an diesem Tage nichts geringeres auf dem Spiel stand als die Sicherheit des Caesars, respektive der gesamten kaiserlichen Familie, wurde der Löwe nicht nur an seiner Kette um den Hals auf dem Opferplatz befestigt, sondern ihm gleichsam auch um die Klauen eherne Fesseln gelegt. Mit ruhigen, bedachten Bewegungen - um das Tier nicht weiter anzuregen - wurden die notwendigen rituellen Handlungen durch die Kulthelfer unterstützt, und als Aquilius Bala schlussendlich mit dem Opfermesser über den Rücken des Tieres gefahren war, trat auch Gracchus ein wenig näher an den Löwen - welcher ihn weit weniger schreckte als die Löwin zuvor -, um dem Caesar das Opfergebet zu soufflieren.
    “Honos populi romani, Würde des römischen Volkes, Herr der rechtschaffenen Taten, der Du Rom zu wahrer Größe führst!
    Dieser Löwe sei Dir gegeben aus freien Stücken, Dein Wohlwollen zu erbitten, Deinen Schutz und Deine Stärke für die treuen Streiter des Imperium Romanum, eingefasst im Abbilde Roms Herrschers und seiner Familie!
    Honos divinus, Ehre und Hehrheit des römischen Staates, der du die Erhabenheit des Imperium in Deinen Händen trägst,
    Dieser Löwe sei Dir gegeben aus freien Stücken, dass Du das Abbild Roms Herrschers und seiner Familie unter Deine Gunst stellst, dass es Deinen Streitern vorangetragen Roms Söhne beschirmen mag!
    Honos exercitus, Herr des kriegerischen Ruhmes, Lenker triumphaler Siege, der Du die Herzen unserer Soldaten mit Ehrenhaftigkeit erfüllst,
    Dieser Löwe sei Dir gegeben aus freien Stücken, dass Du das Abbild Roms Herrschers und seiner Familie mit Deiner Würde und Deiner Stärke beseelst, dass es Deinen Streitern vorangetragen Roms Feinde bezwingen mag!
    Allgewaltiger Honos, nimm Du unsere Gabe für Dein Wohlwollen, Deinen Schutz und Deine Stärke!“

    Zitat

    Original von Caius Flavius Scato und Aulus Iunius Avianus


    Mit einem schelmischen Zwinkern hielt Gracchus das Mädchen, welches bereits zum nächsten Becher weitergehen wollte, kurzerhand auf.
    “Du hörst es holde Goldene aus einem fernen Zeitalter, noch ein wenig mehr des Weines brau'ht der junge Mann, um seine tristen Gedanken zu zerstreuen! Geselle dich also zu ihm und schenke nur reichlich ein, wenn sein Becher leer ist! “
    Zu Scato gewandt hob er sein eigenen Becher, dessen tönerne Form ein faunisches Gesicht zierte.
    “Wusstest du, dass dein Onkel Marcus Aristides nahezu auf jeder Saturnalien..feier zum rex bibendi gekürt wurde? Du musst dich schon ein wenig mehr anstrengen, um ihn in den Schatten zu stellen.“
    Kurz durchzog ein melancholischer Zug seinen Blick in Erinnerung an jene Tage, gefolgt indes von einem klandestinen Schmunzeln, denn zweifelsohne übertraf Aristides just in diesem Moment im fernen Baiae jeden einzelnen der Gäste dieser Feierlichkeit. Im Gedanken an seinen Vetter trank er einen Schluck auf dessen Wohl.
    “Allfällig sollten wir nach all dem Essen unseren Geist ein wenig inner..vieren. Wie wäre es mit einem saturnischen Rätsel?“
    Er blickte durch die Runde am Tisch, welche neben Prisca und Scato auch Iunius Avianus inkludierte, dann hob er seine Hand, um anzudeuten, dass er ein solches im Sinne hatte.
    “Es ist gewaltiger als Iuppiter Optimus Maximus und destruierender als Pluto selbst. Die Armen haben es reichlich, die Glücklichen be..gehren es. Und wer es isst, der geht daran zugrunde. Was ist es?“

    Als Gracchus die Einladung Serapios zu dieser Feierlichkeit erhalten hatte, hatte er tatsächlich gezögert, sie anzunehmen - indes nur einen einzigen Augenblick lang. Einen weiteren Augenblick hatte er der Hoffnung nachgegeben, dies könne mehr werden als nur eine Saturnalienfeier, ehedem er sich sogleich wieder von dieser albernen und närrischen Hoffnung hatte abgewandt. Um ganz sicher zu gehen, dass es nicht mehr würde werden - denn letztlich konnte dies nur in einer kleinen oder großen Katastrophe enden -, hatte er Prisca dazu angehalten, ihn zu begleiten. Ob es bewusst geschehen war oder schlichtweg da ihm dies nicht von Belang erschien, dass er nicht erwähnt hatte, in wessen Haus die Einladung erfolgte, bleibt wohl vorerst im Dunkeln. Darüberhinaus hatte er seinen Neffen Scato mehr oder minder verpflichtet, ihn ebenfalls zu begleiten - denn seit seiner Kandidaturen im Cursus Honorum schien den jungen Mann kaum noch etwas anderes umzutreiben als die Politik, was zwar durchaus löblich, doch spätestens zu den Saturnalien in keinem Falle angemessen war. Das Gastmahl der Decimer war überaus vorzüglich und auch das gebotene Amüsement durchaus gelungen, so dass Gracchus zum Nachtisch hin bereits in eine recht gelöste Stimmung verfallen war, welche sonstig eher untypisch für ihn war. Doch es waren schließlich die Saturnalien und als Anhang seiner Vettern hatte Gracchus diesen Feiertag bereits in früher Jugend ausgiebig als gänzlichen Gegensatz zu den üblichen Zwängen seines Lebens kennen gelernt, wiewohl dies über alle Jahre hinweg weiter kultiviert. Waren diese Tage eigentlich die Möglichkeit der Sklaven, einmal den Fesseln und Zwängen ihrer Herren zu entkommen, so waren sie doch durchaus gleichsam jedem Stande dazu geeignet, den eigenen Fesseln und Zwängen zu entkommen. Bis auf eine etwas förmlich ausgefallene Begrüßung hatte er es zudem bisher vermieden, in die Nähe Serapios zu gelangen oder auch nur dessen Blick zu suchen, wiewohl das Wissen um dessen Anwesenheit ihn dazu animierte dieses Wissen beständig in Wein zu versenken.
    "Noch ein wenig Wein und no'h ein wenig mehr Wein für meinen Neffen!"
    wandte er sich jovial an eine der spärlich bekleideten Schönheiten, die mit großen Karaffen großzügig das roterarbene Gold verteilten, und hielt dieser seinen Becher hin, während er mit der anderen Hand den pileus auf seinem Kopf wieder gerade rückte.
    "Das goldene Zeitalter währt nicht lange, mein guter Scato, ehe du dich versiehst ist es vor..bei. Nutze die Gelegenheit deinen Horizont zu weiten!"
    Mit einem verschwörerischen Blick wandte er sich an Prisca.
    "Was meinst du, meine liebe Prisca, was könnte unserem jungen Scato hier ein wenig die ernst..haften Gedanken an Politik und Pfli'ht austreiben? Womöglich eine von diesen goldfarbenen Nymphen auf seinem Schoße?"

    Eine kühle, eisige Hand brachte Gracchus zurück in die grausame Realität. Sein Schädel schmerzte - vermutlich hatte er ihn irgendwo angeschlagen, als die Ohnmacht ihn hatte überkommen -, doch war dies belanglos verglichen mit dem Schmerz, welcher seine Seele zerriss.
    „Der Verwalter hat der Urne eine Nachricht beigelegt, Herr. Sie haben Flammas Leib nach Sitte und Tradition verbrannt wie es ihr Wunsch gewesen ist.“
    "Nein..."
    Gracchus Leib krümmte sich unter der Qual der Realität. Er wollte dies alles nicht hören, er wollte zurückkehren in die belanglose Düsternis, in welcher aller Tod nichtig war.
    "Herr", Sciurus packte den Flavier an den Schultern, seine Stimme eindringlich. "Besinne dich! Du weißt besser als jeder andere, dass die Wahrheit nicht nur eine einzige Seite hat. Auch ihre Wahrheit nicht!"
    “Sciurus!“
    Gracchus packte die Hand des Sklaven und er blickte ihn aus großen, furchtvollen Augen an.
    “Du musst nach La..vinium! Du musst dafür Sorge tragen, dass ... niemals jemand hiervon erfährt! Hörst du, niemand ... darf jemals erfahren, was sie ge..tan hat!“
    „Und wenn der ganze Haushalt bereits davon weiß?“
    “Dann ... dann tue ... was du tun musst.“
    Tränen stahlen sich allmählich in die Augen des Flaviers, nicht einzig Ausdruck der Trauer über den Verlust, sondern gleichsam über das Ausmaß der Tragödie. Blut, mehr Blut noch an seinen Händen, mehr Lug und Trug.

    Da der Weg in das Untergeschoss ihm endlos fern erschien bog Gracchus einige Zimmer weiter in sein Cubiculum ein und vomierte schlichtweg in seinen Nachttopf. Konvulsiv zuckte sein Magen, suchte der galligen Melange sich zu entledigen, krampfte auch dann noch als er beinahe leer war und eine ungustiöse Mischung aus dem Festmahl - vorwiegend der Nachtisch -, einige der hastig geschluckten Pilzstücke und Wein - viel mehr als Gracchus sich konnte erinnern überhaupt getrunken zu haben -, in dem bronzenen Pott schwappte. Einige Male noch musste der Flavier würgen, doch außer einem sauren Nachgeschmack war nichts mehr in ihm verblieben. Mit einem Stöhnen erhob er sich und ließ sich auf sein Bett fallen, während ein geflissentlicher Sklaven bereits die degoutanten Überreste entfernte, und Sciurus mit einem kalten, nassen Tuch an ihn herantrat, welches er ihm kommentarlos reichte.
    “Welch eine ... Schmach ...“
    , seufzte Gracchus und verbarg das Gesicht in dem kühlen Tuch. Er hatte das Gefühl als hätte er seine Ehe am ersten Tage bereits vergewaltigt.
    „Du hast deine Pflicht erfüllt, Herr.“
    “Ja ..."
    , entgegnete der Flavier nicht gänzlich überzeugt und holte tief Luft.
    "Ich muss ... zurück zu Prisca ...“
    Im Grunde wollte er nurmehr seine Augen schließen und diesem Tage entrinnen, so tun als hätte er Priscas Worte, dass sie auf ihn würde warten, nicht mehr gehört.

    ~~~


    Einige endlose Augenblicke hernach - Gracchus hatte mit Essigwasser gegurgelt und den schalen Geschmack mit einem Schluck Wein hinabgespült, sich Gesicht und Hände in kühlem Wasser gewaschen - kehrte der Flavier in das Cubiculum zurück, in welchem Prisca seiner harrte. Mit einem Seufzen setzte er sich auf die Bettkante und betrachtete sie.
    "Wie schön du bist."
    Allfällig hatte Meister Fasiri doch recht, allfällig war es eine Krankheit, dieser Schönheit, diesen Reizen nicht zu erliegen. Gracchus wandte seinen Blick ab, ließ ihn im Fußboden versinken.
    "Früher einmal war ich stolz auf meine In..tegrität. Meiner Familie, der Wahrheit und Rom habe ich die Treue gehalten, habe diejenigen vera'htet und für schwächlich befunden, welche dies nicht taten, und habe die Lüge als ebenso niederträchtig erachtet wie den ... Mord. Damals ... war es noch einfach, stark zu sein."
    Eine kurze Pause folgte, ehedem er fortfuhr.
    "Im Bürgerkrieg haben zweifels..ohne einige Männer ihre Prinzipientreue relativiert. Ich dagegen ... ich habe sie ... schli'htweg negiert. Meine Lüge wurde zur Wahrheit, und die Wahrheit wurde Lüge. Ich bin des Lügens leid, Prisca."
    Nun suchte er Priscas Blick. Auch ihre Ehe war letztlich ein Resultat, die größte Lüge seines Lebens aus diesem Bürgerkrieg zu schützen.
    "Die Wahrheit ist - die Natur hat vorgesehen, dass Männer und Frauen einander begehren. Mich hat sie dabei vergessen. Ich kann nicht na'hvollziehen, wie ein Mann im Anblicke einer Frau die Sinne verliert, wie er ihr mit Freude beiliegen kann. Ich ... ich habe ver..sucht, dies zu ändern ... deinetwegen ... doch ..."
    Er zuckte ein wenig ratlos mit den Schultern.
    "Ich ... ich kann meine Natur nicht ändern."
    Als dies ausgesprochen war verspürte Gracchus beinahe ein wenig Erleichterung um sein Herz. Jahrelang hatte die Furcht vor der Wahrheit gegenüber Antonia ihn umgetrieben und in seinen Träumen torquiert.
    "Glei'hwohl verlange ich auch dies nicht von dir. Dass du keine Kinder gebären kannst ist wohl unser Vorteil, darüberhinaus möchte ich dich nur bitten, stets Sorgfalt und Diskretion walten zu lassen - im Interesse der Flavia und der Aurelia."
    Er hatte die Situation schlichtweg ein wenig relativieren wollen, doch als die letzten Worte nun ausgesprochen waren und zwischen ihnen hingen, war er sich nicht mehr sicher, ob dies korrekt gewesen war. Neuerlich drängte seine innere Zerrissenheit ihn zur Flucht, sehnte er sich danach vor langer, langer Zeit schlichtweg die Gelegenheit ergriffen zu haben mit Serapio der Welt zu entfliehen. Doch seine Entscheidungen hatten ihn an diesen Punkt geführt, alles hatte irgendwie am Ende zu dieser Ehe geführt - und er war nicht bereit, sie verkümmern zu lassen noch ehedem sie erblüht war.

    Wiederum wurden einige Schalen vom Blute des Opfertieres aufgefangen, etwas weniger zwar als bei dem Stier, was schlichtweg der unterschiedlichen Größe der Tiere geschuldet war, doch hinlänglich genügend als dass es ein schlechten Omen mochte darstellen. Auch die vitalia der Löwin waren ein wenig kleiner als die des Rindes, und es war das erste mal überhaupt, dass Gracchus die Innereien einer Raubkatze begutachtete. Viel Unterschied zu denen eines Schafes oder eines Schweines konnte er indes nicht entdecken, was ihn ein wenig verwunderte, hätte er doch geglaubt das Herz einer Löwin etwa wäre gewiss viel größer als das eines Schafes. Die Similarität jedoch half ihm zumindest dabei ausschließen zu können, dass die Organe nicht annehmbar waren, so dass er schlussendlich auch für dieses Opfer verkünden konnte:
    "Litatio!"
    , so dass nun das letzte Opfertier - jenes für Honos - an der Reihe war in die göttlichen Gefilde überzugehen.